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Die Wirkung von Antidepressiva - IPPM

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dauertraining, das eingebettet ist in eine psychotherapeutische Behandlung, eine ähnliche<br />

Wirksamkeit erzielt werden kann wie durch die Pharmakotherapie. Es können sich auch deutliche<br />

Verbesserungen eines depressiven Zustandsbildes zeigen, wenn ein Patient z.B. in der<br />

Beratung bei einem Sozialarbeiter entscheidende Hilfen erfahren hat oder wenn er in der Ergotherapie<br />

wieder Zugang zu seinen Fähigkeiten finden konnte.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung der einzelnen Therapieansätze soll hier nicht vertieft werden. Es geht nur<br />

darum, Folgendes deutlich zu machen: <strong>Die</strong> Reduktion der Behandlung depressiver Störungen<br />

auf die Pharmakotherapie wird den vielfältigen Möglichkeiten der Behandlung und deren Erfordernissen<br />

im Einzelfall nicht gerecht und ist dem Verständnis psychischer Störungen nicht<br />

angemessen.<br />

<strong>Die</strong> Behandlungsführung auf solchen Stationen, die Verordnung der einzelnen Maßnahmen<br />

und die Einbindung der verschiedenen Behandlungselemente in ein gemeinsames Konzept<br />

obliegt heute noch alleine den Ärzten. <strong>Die</strong>s ist in der Behandlung psychischer Störungen und<br />

insbesondere der Depression aus fachlicher Sicht nicht mehr nachvollziehbar. <strong>Die</strong> Behandlung<br />

einer Depression im stationären Rahmen und insbesondere auf einer Depressionsstation<br />

ist im Schwerpunkt geprägt <strong>von</strong> psychotherapeutischen Konzepten. Dementsprechend sollten<br />

auch Psychotherapeuten für das Konzept solcher Stationen, die Verordnung einzelner Maßnahmen<br />

und die Einbindung der Mitarbeiter der Station in einen Gesamtbehandlungsplan verantwortlich<br />

sein können.<br />

5. "Es gibt keine Pillen gegen Schulden"<br />

Der Begriff "Schulden" ist eher etwas plakativ zu verstehen und nicht alleine auf die finanzielle<br />

Situation zu beziehen. Es geht hier um das Verständnis der "Ursachen" einer depressiven<br />

Störung und der Zielsetzung der Behandlung. <strong>Die</strong> Pharmakotherapie sieht in der Depression<br />

verkürzt ausgedrückt eine Stoffwechselstörung und zielt darauf, die psychische Befindlichkeit<br />

eines Patienten zu verbessern, indem sie diese Störung durch chemische Mittel zu beheben<br />

versucht. Es soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden, dass die biologische Sichtweise<br />

einer Depression noch nicht geklärt ist 15 und sich die Pharmakotherapie im konkreten Einzelfall<br />

immer noch in einem Versuchsstadium befindet. Aber auch dann, wenn die wissenschaftliche<br />

Entwicklung schon viel weiter wäre, ist doch zu fragen, was mit der Pharmakotherapie<br />

bei depressiven Störungen überhaupt zu erreichen ist.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung einer Depression ist multifaktoriell bedingt (siehe Berger 16 ) und wird aus<br />

heutiger Kenntnis in Abhängigkeit gesehen zu biologischen Faktoren und einer psychischen<br />

Vulnerabilität. <strong>Die</strong>se Vulnerabilität ergibt sich neben genetischer Disposition aus der unzureichenden<br />

Verarbeitung frühkindlicher Traumata, besonderer Verlusterlebnisse, prägenden<br />

Bindungserfahrungen im Rahmen der frühkindlichen Entwicklung (Bowlby) und weiteren<br />

Lernerfahrungen (siehe auch "Depression, ihre Ursachen und ihre Behandlung" bei Stecker 17 ).<br />

Sowohl im positiven wie im negativen Sinne entwickeln sich daraus die besonderen Strukturen<br />

der Persönlichkeit und ihre speziellen Kompetenzen, Defizite, Ängste, Verhaltensmuster,<br />

Denk- und Beurteilungsschemata. <strong>Die</strong>se steuern die Verarbeitungsprozesse eines Patienten,<br />

die ihn seine gegenwärtige Situation erleben lasen. Hier können einige Menschen im übertragenen<br />

Sinne reichlich Kapital ansammeln und weiter mehren, während andere eher "zu<br />

Schulden kommen". Vulnerable Personen sind besonders empfindlich gegenüber Kränkungen,<br />

Verlust <strong>von</strong> Bestätigung und zwischenmenschlichen Kontakten und verarbeiten diese<br />

depressiv, weil ihnen andere Verarbeitungsmuster nicht zur Verfügung stehen. <strong>Die</strong>ser Verarbeitungsprozess<br />

führt zu dem aktuellen depressiven Zustandsbild, das Gegenstand der Behandlung<br />

ist. Es erscheint als unsinnig, wollte man die grundlegenden Faktoren im Verarbeitungsprozess<br />

eines Menschen mit den Mitteln der Pharmakotherapie in der notwendigen Weise<br />

gezielt verändern. Das ähnelt dem Versuch, unzureichende Kenntnisse und Fähigkeiten wie<br />

z.B. soziale Kompetenzen und Problemlösefähigkeiten per Infusion einträufeln zu wollen<br />

(wie beim "Nürnberger Trichter"). Wenn Pharmakotherapie in der Behandlung einer Depression<br />

wirksam ist, dann nur in einem Teilbereich dessen, was als die Ursache der Depression<br />

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