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MUSTER: Richtlinien für den Beizug von interkulturell ... - INTERPRET

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Schweizerische Interessengemeinschaft für <strong>interkulturell</strong>es Dolmetschen und Vermitteln<br />

Association suisse pour l‘interprétariat communautaire et la médiation interculturelle<br />

Associazione svizzera per l‘interpretariato e la mediazione interculturale<br />

<strong>MUSTER</strong>: <strong>Richtlinien</strong> für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> im Sozialbereich<br />

Sie haben ein Gesprächsziel vor Augen, das Sie erreichen<br />

wollen. Auch wenn Ihr Gegenüber der Deutschen Sprache zu<br />

wenig mächtig ist, soll sie oder er Ihr Anliegen verstehen.<br />

Welche Situationen erlauben eine Gesprächsführung ohne<br />

professionelle Übersetzung? Wann ist es hingegen angezeigt,<br />

die Zusammenarbeit mit einer oder einem professionellen<br />

<strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> in Anspruch zu nehmen? Und wie<br />

kann diese Zusammenarbeit erfolgreich gestaltet wer<strong>den</strong>?<br />

Die vorliegen<strong>den</strong> <strong>Richtlinien</strong> helfen Ihnen, die passen<strong>den</strong><br />

Antworten auf diese Fragen zu fin<strong>den</strong>.<br />

Grundsätzliches zum <strong>interkulturell</strong>en Dolmetschen<br />

Interkulturelles Dolmetschen findet in einer Trialogsituation – einem „Dialog zu Dritt“ – statt.<br />

Es bezeichnet die mündliche Übertragung (Konsekutivdolmetschen) des Gesprochenen <strong>von</strong><br />

einer Sprache in die andere unter Berücksichtigung des sozialen und kulturellen<br />

Hintergrunds der Gesprächsteilnehmen<strong>den</strong> (gemäss Definition <strong>von</strong> <strong>INTERPRET</strong>, Factsheet,<br />

März 2013).<br />

Professionelle <strong>interkulturell</strong> Dolmetschende verfügen über folgendes Kompetenzprofil:<br />

• Nachgewiesene Sprachkenntnisse in der Dolmetsch- wie in der Amtssprache<br />

• Arbeitstechniken und Instrumente (allen voran die grundlegen<strong>den</strong> Dolmetschtechniken)<br />

um eine korrekte und angemessene Übersetzung sicherzustellen<br />

• Grundkenntnisse im jeweiligen Einsatzgebiet, namentlich in <strong>den</strong> Bereichen Soziales,<br />

Bildung und Gesundheit<br />

Interkulturell Dolmetschende<br />

• übertragen das Gesprochene <strong>von</strong> einer Sprache in die andere unter Berücksichtigung<br />

des sozialen und kulturellen Hintergrunds der Gesprächsteilnehmen<strong>den</strong>.<br />

• befolgen berufsethische Grundsätze gemäss dem Berufskodex <strong>von</strong> <strong>INTERPRET</strong> (z.B.<br />

Schweigepflicht, Allparteilichkeit, Chancengleichheit und Offenheit).<br />

• können kontextuelle Bezüge zum besseren Verständnis <strong>von</strong> komplexen Inhalten<br />

herstellen.<br />

• erkennen <strong>interkulturell</strong>, strukturell, sozial oder anderweitig begründete<br />

Kommunikationsschwierigkeiten und Konfliktpotentiale und können angemessen darauf<br />

reagieren.<br />

Tipps bei Verständigungsschwierigkeiten in Gesprächen mit<br />

einfachen Sachverhalten<br />

Auch bei einfachen Sachverhalten können Verständigungsschwierigkeiten mit Klientinnen<br />

und Klienten auftreten. Diese können auf begrenzte Sprachkenntnisse zurückzuführen sein<br />

oder aber auf einem generellen Unverständnis bezüglich Funktionsweisen und Abläufen in<br />

Verwaltung und Institutionen beruhen. Hat Ihr Gegenüber negative Erfahrungen mit<br />

<strong>MUSTER</strong>: <strong>Richtlinien</strong> für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> in der Sozialen Arbeit 1


Schweizerische Interessengemeinschaft für <strong>interkulturell</strong>es Dolmetschen und Vermitteln<br />

Association suisse pour l‘interprétariat communautaire et la médiation interculturelle<br />

Associazione svizzera per l‘interpretariato e la mediazione interculturale<br />

vergleichbaren Institutionen im Herkunftsland gemacht, kommen zusätzliche Vorbehalte<br />

hinzu.<br />

In diesen Fällen können Ihnen folgende Tipps weiterhelfen:<br />

• Sprechen Sie in einfachen, kurzen und vollständigen Sätzen.<br />

• Vermei<strong>den</strong> Sie Fremdwörter und Fachausdrücke. Sind diese notwendig, erklären Sie<br />

deren Bedeutung.<br />

• Bemühen Sie sich, klar aufzuzeigen, was Ihre Ziele, Ihre Rolle, Ihre Möglichkeiten und<br />

Grenzen sind.<br />

• Signalisieren Sie Bereitschaft, Fragen zu beantworten und zusätzliche Erklärungen zu<br />

Abläufen etc. zu geben.<br />

Handelt es sich um Gespräche mit geringer Komplexität und ohne grössere Tragweite,<br />

können auch nicht-professionelle Übersetzungshilfen (aus dem privaten Umfeld Ihres<br />

Gegenübers oder aus Ihrer Institution) beigezogen wer<strong>den</strong>. Allerdings sind auch bei diesen<br />

einfachen Gesprächen die Fragen bezüglich Schweigepflicht, Parteilichkeit, Rollenklarheit,<br />

Professionalität und Qualitätssicherung sorgfältig abzuwägen.<br />

Keine Alternative bildet der <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> Kindern und Jugendlichen, auch wenn sie aufgrund<br />

ihrer Sprachkompetenzen häufig dafür geeignet scheinen! Sie sind der komplexen und<br />

herausfordern<strong>den</strong> Aufgabe sowie dem damit einhergehen<strong>den</strong> Rollen- und Positionswechsel<br />

innerhalb des sozialen und familiären Gefüges nicht gewachsen.<br />

Kriterien für <strong>den</strong> Einsatz des professionellen <strong>interkulturell</strong>en<br />

Dolmetschens<br />

Die Zusammenarbeit mit professionellen <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> ist in <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong><br />

Situationen angezeigt:<br />

• Es wer<strong>den</strong> amtliche Informationen, Entscheide oder konkrete Rechte und Pflichten<br />

vermittelt, die verstan<strong>den</strong> und umgesetzt wer<strong>den</strong> müssen.<br />

• Das rechtliche Gehör muss gewährleistet sein.<br />

• Die Inhalte sind komplex und schwer zu vermitteln oder das Gespräch weist einen<br />

hohen sachlichen Schwierigkeitsgrad auf.<br />

• Es muss damit gerechnet wer<strong>den</strong>, dass kulturelle und/oder religiöse Aspekte wirksam<br />

sind.<br />

• Der Gesprächsinhalt ist belastend und/oder es muss mit emotionalen Reaktionen<br />

gerechnet wer<strong>den</strong>.<br />

• Das Gespräch greift in die persönliche Sphäre des Gegenübers ein, z.B. bezüglich<br />

Lebensgestaltung, beruflicher Laufbahn, familiärer oder finanzieller Situation etc.<br />

Tipps für die Zusammenarbeit im Trialog<br />

• Informieren Sie die <strong>interkulturell</strong> dolmetschende Person in einem kurzen Vorgespräch<br />

über die beteiligten Personen (Herkunft, Alter, beruflicher und sozialer Hintergrund),<br />

<strong>den</strong> Sachverhalt und das Ziel des Gesprächs. Teilen Sie der oder dem<br />

Dolmetschen<strong>den</strong> mit, was Sie <strong>von</strong> ihr / ihm erwarten (nur exakte Übersetzung oder<br />

allenfalls explizite Zusatzinformationen etc.).<br />

• Achten Sie beim Gesprächsbeginn auf die Sitzordnung: Ein Dreieck ermöglicht allen<br />

Gesprächsteilnehmen<strong>den</strong> <strong>den</strong> direkten Augenkontakt. Stellen Sie die dolmetschende<br />

Person vor und holen Sie das Einverständnis zur Wahl der oder des <strong>interkulturell</strong><br />

<strong>MUSTER</strong>: <strong>Richtlinien</strong> für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> in der Sozialen Arbeit 2


Schweizerische Interessengemeinschaft für <strong>interkulturell</strong>es Dolmetschen und Vermitteln<br />

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Dolmetschen<strong>den</strong> ein. Erklären Sie die Rollen und weisen Sie auf die Schweigepflicht<br />

hin.<br />

• Während des Gesprächs sind Sie als Fachperson zuständig für <strong>den</strong> Verlauf und die<br />

Leitung des Gesprächs. Sprechen Sie ihr Gegenüber direkt an und wen<strong>den</strong> Sie sich<br />

auch körperlich primär diesem zu. Seien Sie geduldig – die Übersetzung braucht Zeit.<br />

Verwen<strong>den</strong> Sie eine einfache und gut verständliche Sprache. Beachten Sie, dass<br />

jederzeit für alle klar sein muss, was gerade gesprochen wird.<br />

• Ein kurzes Nachgespräch mit der oder dem <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> dient der<br />

Klärung allfälliger Fragen und gibt Gelegenheit zu Rückmeldungen. Das weitere<br />

Vorgehen kann besprochen wer<strong>den</strong>.<br />

Ablauf für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong><br />

Der Ablauf für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> gestaltet sich je nach<br />

Gemeinde, Institution und regionale Vermittlungsstelle unterschiedlich. <strong>INTERPRET</strong><br />

empfiehlt <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong> und privaten Institutionen die Zusammenarbeit mit der regionalen<br />

Vermittlungsstelle mittels eines Leistungsvertrags zu regeln. Dafür hat <strong>INTERPRET</strong><br />

beispielhaft einen Vertrag für die Leistungserbringung erarbeitet, welchen wir Ihnen gerne<br />

zur Verfügung stellen.<br />

Folgende Punkte zur Zusammenarbeit mit <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> können generell<br />

festgehalten wer<strong>den</strong>:<br />

• Feststellen des Bedarfs durch die Fachperson<br />

• Allenfalls: Beantragung <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong>em Dolmetschen bei der Amtsleitung<br />

• Auftragserteilung an die regionale Vermittlungsstelle per Telefon / Mail /<br />

Antragsformular<br />

• Benötigte Informationen für die Auftragserteilung:<br />

Einsatzdatum und Zeit<br />

Ungefähre Einsatzdauer<br />

Einsatzort (Adresse, Stockwerk, Zimmernummer)<br />

Inhalte und Ziele des Gesprächs<br />

Gewünschte Sprache und Herkunftsland der Klientin oder des Klienten<br />

Kontaktperson bzw. auftragsgebende Person, inkl. Telefonnummer und Email-<br />

Adresse<br />

• Kurzes Vorgespräch mit der oder dem <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong><br />

• Vereinbartes Gespräch im Trialog<br />

• Kurzes Nachgespräch mit der oder dem <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong><br />

• Einsatzbestätigung der effektiven Gesprächsdauer und Visierung<br />

• Weiterleitung des Einsatzformulars an die entsprechende Stelle<br />

<strong>MUSTER</strong>: <strong>Richtlinien</strong> für <strong>den</strong> <strong>Beizug</strong> <strong>von</strong> <strong>interkulturell</strong> Dolmetschen<strong>den</strong> in der Sozialen Arbeit 3

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