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Tanzkunst Wandfahnen

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TanzKunst<br />

TanzKunst<br />

Von Von Von der der der klassischen klassischen klassischen Ballerina Ballerina Ballerina zum zum zum Lichtballett Lichtballett Lichtballett Lichtballett<br />

Der Tanz wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein bevorzugtes Thema in der<br />

bildenden Kunst. Ausgehend von Paris erfasste die Tanzbegeisterung ganz Europa. Das<br />

Spektrum der Tänze war breit gefächert: Im 1875 eingeweihten Opernhaus von<br />

Charles Garnier pflegte man das traditionelle, klassische Ballett. In den zahlreichen<br />

Vergnügungslokalen am Montmartre hingegen überboten sich die Tänzerinnen mit<br />

neuen, immer freizügigeren Darbietungen.<br />

Die wilden Cancan-Aufritte im 1889 eröffneten Moulin Rouge zogen bald nicht mehr<br />

nur das Arbeiter- und Künstlerpublikum, sondern auch die Bourgeoisie und den Adel<br />

an – der Montmartre wandelte sich zu „dem“ Vergnügungsviertel der Belle Epoque.<br />

Die Varietés und Ballsäle wurden neben den Boulevards zu den bedeutendsten<br />

Schauplätzen des modernen Lebens. Hier entstanden neue, moderne Tänze. Die<br />

Tänzerinnen boten den bildenden Künstlern ein faszinierendes Motiv und forderten<br />

sie geradezu heraus, Bewegung sichtbar zu machen.<br />

Aber wie veranschaulichten die Künstler die flüchtige Aktion der Tanzenden im<br />

Raum? Wie übersetzten sie Rhythmus und Dynamik in die statischen Gattungen der<br />

Zeichnung, Druckgrafik, Malerei und Skulptur und welche neuen Möglichkeiten<br />

eröffneten ihnen die modernen Medien? Um diese Fragen kreist die Ausstellung<br />

TanzKunst.<br />

1


Tanzfiguren<br />

Tanzfiguren Tanzfiguren – Ballett Ballett und und Cancan Cancan in in Malerei Malerei und und Künstlerplakat<br />

Künstlerplakat<br />

Um 1900 suggerierten die Künstler Bewegung vor allem durch schnellen Strich und<br />

exaltierte Posen. Aber auch spannungsvolle Kompositionen aus gestaffelten Figuren<br />

und gegenläufigen Diagonalen vermittelten die Bewegung auf der Bühne.<br />

Albert André und Henri de Toulouse-Lautrec zeigen jeweils eine Gruppe von<br />

Tänzerinnen, allerdings aus unterschiedlichen Perspektiven – hier der distanzierte<br />

Blick in einem klassischen Theatersaal, dort die Cancan-Truppe aus nächster Nähe.<br />

Beide Künstler reihen die Tänzerinnen hintereinander, in einer dynamischen<br />

Diagonale, auf. Toulouse-Lautrec verstärkt den Eindruck der Bewegung, indem er die<br />

schwingenden Unterröcke, die Froufrous, weit ausbreitet und die schwarz<br />

bestrumpften Beine rhythmisierend einsetzt.<br />

Toulouse-Lautrec und Maurice Biais inszenieren auf ihren Plakaten die Tänzerin Jane<br />

Avril (eigentlich Jeanne Richepin, 1868–1943) als Star aus dem Moulin Rouge: Mit<br />

erhobenem Bein präsentiert sie sich in einer charakteristischen Cancan-Pose. Die<br />

Ballerina Cléo de Mérode posiert hingegen in einer klassischen Ballettfigur. Der<br />

berühmte Plakatkünstler Jules Chéret umreißt ihre Silhouette mit festen Konturen und<br />

steigert den Eindruck der Bewegung durch flirrende Farben und splittrige Linien. Auf<br />

seinem Plakat im extremen Hochformat setzt die Tänzerin mit anmutig erhobenen<br />

Armen zur Pirouette an. Die Ballerinen hinter ihr übernehmen die Pose und<br />

veranschaulichen so eine Bewegungssequenz.<br />

2


Bewegungsabläufe Bewegungsabläufe – Die klassische klassische Ballerina Ballerina<br />

Seit 1860 waren Tänzerinnen in ihren unterschiedlichen Bewegungsabläufen ein<br />

bevorzugtes Motiv von Edgar Degas. In mehr als 1500 Arbeiten stellte er sie dar.<br />

Degas besaß ein Abonnement für die neu erbaute Pariser Oper, was ihm ermöglichte,<br />

auch das Geschehen hinter der Bühne zu studieren. In seinen Skizzen und Pastellen<br />

zeigt er vielfältige Facetten einzelner Bewegungsabläufe. Zu diesem geradezu<br />

analytischen Verfahren könnten ihn die Chronofotografien des Fotopioniers<br />

Eadweard Muybridge angeregt haben.<br />

Muybridge versuchte seit den 1870er Jahren mithilfe neuer fotografischer Techniken,<br />

die Abfolge einzelner Bewegungen sichtbar werden zu lassen. Schließlich gelang es ihm<br />

durch extrem kurze Belichtungszeiten, den Bewegungsfluss in Einzelmomente<br />

aufzuspalten und so bislang unbekannte Haltungen zu visualisieren. Seine Aufnahmen<br />

offenbarten auch, dass jedes Bild einer Folge isoliert betrachtet statisch erscheint und<br />

nicht den Ablauf der Gesamtbewegung wiedergeben kann. Um solch eine starre<br />

Wirkung zu vermeiden, erzeugte Degas Spannung durch ungewöhnliche Blickwinkel<br />

und Ausschnitte. Das Spiel aus Asymmetrie, Anschnitt und diagonal in den Raum<br />

vorstoßenden Tänzerinnen verleiht seinen Kompositionen einen dynamischen<br />

Charakter und den Eindruck einer Bewegungssequenz.<br />

Außerdem modellierte Degas an die 150 Plastiken aus Wachs, darunter zahlreiche<br />

Tänzerinnen. Sie dienten ihm als Modelle für seine Gemälde, um Licht, Schatten und<br />

Raumwirkungen studieren zu können. Der Künstler hat die Wachsplastiken nie<br />

ausgestellt, und sie tragen weder Signaturen noch Datierungen. Erst nach seinem Tod<br />

wurden sie einem größeren Publikum bekannt, indem man die gut erhaltenen Stücke<br />

1920 in Bronze goss. Seine Tänzerin in Ruhestellung verharrt in einer zugleich<br />

geschmeidigen und ausdrucksstarken Pose vor oder nach der Ballettstunde – der<br />

Betrachter spürt förmlich, wie sich die junge Frau den Rücken dehnt. Die raue<br />

Oberflächenbehandlung zeigt reiche Lichtreflexe, die an die Arbeiten von Auguste<br />

Rodin erinnern. Dessen Tänzerin ‚H‘ unterscheidet sich in der Auffassung der Figuren<br />

jedoch grundlegend von Degas’ Tänzerin in Ruhestellung: Die exaltierte Pose mitten<br />

im Sprung und der Verzicht auf einen Kopf wie auch auf einen Sockel schaffen ein<br />

Sinnbild von Bewegung an der Grenze zur Karikatur.<br />

3


Starkult Starkult – die Tänzerinnen vom Montmartre<br />

Die zur Weltausstellung 1889 neu eröffneten Pariser Vergnügungslokale standen in<br />

einem harten Konkurrenzkampf um die Besucher. Um ihre Attraktionen in der Stadt<br />

wirkungsvoll in Szene zu setzen, entdeckten sie das Plakat als preiswertes Werbemittel.<br />

Anschlagsflächen gab es in Paris aufgrund der zahlreichen Bauzäune genug, denn die<br />

unter Napoleon III. begonnene Modernisierung der Stadt war längst nicht<br />

abgeschlossen: Noch immer wichen die beengten mittelalterlichen Straßen neuen<br />

großzügigen Parkanlagen, Avenuen und Boulevards.<br />

Die beiden bedeutendsten französischen Plakatkünstler, Jules Chéret und Henri de<br />

Toulouse-Lautrec, schufen zahlreiche farbintensive Affichen, auf denen sie<br />

insbesondere die Tanzstars der Folies Bergère und des Moulin Rouge mit ihren<br />

charakteristischen Posen in Szene setzten.<br />

Den Besitzern des Moulin Rouge gelang zur Eröffnung ein Coup – sie konnten die<br />

damals berühmteste Chahut-Tänzerin La Goulue (eigentlich Louise Weber, 1866–<br />

1929) aus dem Elysée-Ménilmontant abwerben. La Goulue war eine der ersten, die<br />

die Quadrille naturaliste, wie der wilde Cancan der frühen Jahre genannt wurde,<br />

tanzte. Im Moulin Rouge trat sie als Eintänzerin scheinbar spontan inmitten der<br />

Besucher auf. 1891, für die dritte Saison, beauftragten die Besitzer des Lokals den<br />

Künstler Henri de Toulouse-Lautrec mit dem Entwurf eines Plakats. Seine Idee, mit<br />

Porträts der populären Stars zu werben, wurde ein voller Erfolg. So inszenierte er die<br />

akrobatische Tanzbewegung von La Goulue mit ihren weißen Unterröcken im<br />

Mittelpunkt der Menschenmenge: Ihr rechtes Bein hat sie schwungvoll bis zur Nase<br />

ihres Tanzpartners Valentin le Désossé erhoben.<br />

Anfang November 1892 erlebte Paris eine weitere Sensation. Die amerikanische<br />

Ausdruckstänzerin Loïe Fuller (1862–1928) trat mit ihrem Serpentinentanz in den<br />

Folies Bergère auf: Sie betrat die dunkle Bühne in einem voluminösen weißen<br />

Seidengewand, das sie mithilfe von eingenähten Bambusstöcken in großen<br />

schlangenartigen Windungen um ihren Körper wehen lassen konnte. Mithilfe einer<br />

neuen Lichtanlage, die extra in den Folies Bergère eingerichtet worden war, wurde ihr<br />

Gewand von unten und von den Seiten in farbiges Licht getaucht. Ein imposantes<br />

Spiel aus bewegten Farben bot sich dem Besucher.<br />

4


Jules Chéret griff diesen spektakulären Serpentinentanz mit seinem Plakat für die<br />

Folies Bergère auf: Vor dunklem Hintergrund und inmitten von farbig leuchtenden,<br />

flatternden Tüchern scheint die Tänzerin beinahe zu schweben. Obwohl die Arme und<br />

Beine der Tänzerin bei den Aufführungen nicht zu sehen waren, gibt Chéret sie in<br />

einer dynamischen Haltung wieder. Auch Bernhard Hoetgers kleine Bronzeplastik<br />

zeigt den Körper der Serpentinentänzerin, dessen zierliche Form einen Kontrast zu<br />

den voluminösen Gewandmassen bildet: Beide verschmelzen in einer schwingenden<br />

Bewegung, die der Betrachter beim Umrunden der Figur nachvollziehen kann.<br />

5


„… „… dass dass der der Pinsel Pinsel nur nur so so tanzt tanzt aauf<br />

aa<br />

uf der Leinwand.“ – Tanz im Expressionismus<br />

Unter den deutschen Expressionisten befassten sich insbesondere die jungen Künstler<br />

der 1905 in Dresden gegründeten Vereinigung Die Brücke mit dem Thema Tanz. Die<br />

nach Ursprünglichkeit und Unmittelbarkeit strebenden Maler faszinierte der freie<br />

Ausdruckstanz, der um 1900 mit der Lebensreformbewegung aufkam. Ebenso<br />

interessierten sie die neuen Formen des Tanzes in den Varietés und Nachtcafés. Max<br />

Pechstein griff mit seinem Tanz (Tanzenden und Bandenden am Waldteich) das um<br />

die Jahrhundertwende beliebte Motiv des Reigens auf, das man auch bei Henri<br />

Matisse findet: Die kreisförmige Anordnung der Figuren vermittelt eine Bewegung der<br />

Tänzer im Raum. Der Nackttanz ist charakteristisch für das Interesse der Brücke-<br />

Künstler am Akt. Sie betrieben das Zeichenstudium mit ihren sogenannten<br />

Viertelstundenakten und nutzten dieses Verfahren für das rasche Festhalten einer<br />

Bewegung und die Wiedergabe eines Gesamteindrucks.<br />

August Macke war seit seiner Düsseldorfer Studienzeit von 1905 bis 1906 vom Tanz<br />

fasziniert. Er verkehrte in Schauspielerkreisen und beschäftigte sich mit Bühnen- und<br />

Kostümentwürfen für das Schauspielhaus. Die Schwere des Lebens tänzerisch zu<br />

überwinden, wurde Ziel seiner Kunst: „So eine Tänzerin hier im Theater tanzt wie das<br />

Wasser in der Sonne, weiß nicht weshalb. Und wenn ich einmal Talent habe, […] dann<br />

will ich malen, dass der Pinsel nur so tanzt auf der Leinwand.“ Diesen Wunsch setzte<br />

er 1912 um, nachdem er in Köln die Carnaval-Aufführung des berühmten Ballet Russe<br />

gesehen hatte. Macke war von dieser Aufführung so fasziniert, dass er das Ballett<br />

mehrfach besuchte und vier Gemälde, eine Plastik und vierzig Zeichnungen zu dem<br />

Sujet schuf. Die Studien zeigen, wie er einzelne Posen oder Bewegungsabläufe<br />

während der Aufführungen mit schnellen Strichen direkt festhielt.<br />

Der Erste Weltkrieg stellte auch für viele Künstler eine Zäsur dar. Nach seinem<br />

Kriegseinsatz als Sanitäter erlebte Max Beckmann in Frankfurt am Main die<br />

Zwanziger Jahre, die von sozialer Not, wirtschaftlicher Stagnation und einer instabilen<br />

politischen Lage geprägt waren. Um sich von den Sorgen des Alltags abzulenken,<br />

stürzten sich die Menschen in das hemmungslose Vergnügen des Nachtlebens. Der<br />

Tanz wird in Beckmanns Bildern zum Symbol eines intensiven Lebensgefühls, dessen<br />

sozialen Kontext der Künstler kritisch beobachtete. In seinem Blatt Nackttanz<br />

thematisiert er den Voyeurismus der zumeist männlichen Besucher der Varietés. Das<br />

Gemälde Apachentanz veranschaulicht das gewalttätige und zugleich erotische<br />

Verhältnis zwischen einem Zuhälter und einer Prostituierten.<br />

6


„Tanz Tanz ist rhythmisch im Raum bewegte Plastik“<br />

Ernst Grünthal, Der Tanz als Kunstwerk, 1920<br />

Die <strong>Tanzkunst</strong> steht der Bildhauerei nahe: Beide befassen sich mit dem Körper im<br />

Raum. Während sich aber beim Tanz Menschen im Raum bewegen, ist die<br />

Überwindung des Statuarischen eine große Herausforderung an den bildenden<br />

Künstler. Auguste Rodin hatte mit seiner Tänzerin ‚H‘ Bewegung in die klassische<br />

Bronzefigur gebracht. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts standen den<br />

Künstlern mit Video und Lichtinstallationen neue Wege offen.<br />

Bewegte ewegte ewegte Skulptur Skulptur und und bewegte bewegter bewegte<br />

Betrachter Betrachter<br />

Otto Piene und Günther Uecker, zwei Künstler der 1958 gegründeten Gruppe ZERO,<br />

lösten sich von der klassischen Leinwand und der statischen Plastik und arbeiteten<br />

stattdessen mit Licht und Bewegung im Raum. Uecker verwendete 1964 erstmals den<br />

Nagel als künstlerisches Material, um ein dynamisches Wechselspiel von Licht und<br />

Schatten zu erzeugen. Auch bei seinen Klangskulpturen spielen die Nägel eine zentrale<br />

Rolle. Wie zum Beispiel beim New York Dancer III: Ein eingebauter Motor versetzt<br />

das mit Nägeln gespickte Tuch, das über einer Stele hängt, in kreisende Bewegung.<br />

Die schwarze Bemalung an der Spitze erinnert an einen Kopf und somit an einen<br />

Tänzer. Die abstehenden Nägel erzeugen in der Drehbewegung nicht nur lichtflirrende<br />

Momente, sondern auch scheppernde Geräusche. So entsteht der Eindruck eines<br />

exzessiven Ausdruckstanzes.<br />

Auch Otto Piene arbeitet mit Licht und Bewegung, er verzichtet jedoch auf Töne.<br />

Piene brachte in seinen frühen Arbeiten wie Surface zunächst weiße Farbe durch<br />

Rasterschablonen auf die Leinwand, um darauf Licht- und Schattenspiele zu erzeugen.<br />

Dann entdeckte er, dass sich rätselhafte Bilder ergaben, wenn man durch diese<br />

Schablonen Licht an die Wand projizierte. Sein Salon de lumière, entführt den<br />

Besucher in eine poetisch-magische Welt. Das Licht aus einer mit Schlitzen<br />

versehenen, beweglichen Stoffkugel tanzt darin auf den Wänden sein Lichtballett.<br />

Während Uecker und Piene die Skulptur und das Licht im Raum in Bewegung<br />

versetzen, animiert Markus Raetz den Betrachter zur Bewegung. Seine Plastik Der<br />

Kontorsionist (Der Schlangenmensch) zeigt in der Frontalansicht einen rechtwinkligen<br />

Körper aus filigranem Chromnickelstahldraht. Sobald sich aber der Blickpunkt des<br />

Betrachters verändert, scheint sich dieser Drahtkörper zu verformen. So erhält auch<br />

die Skulptur eine optische Dynamik. Die sichtbare Veränderung der Figur ist rational<br />

schwer nachvollziehbar, erscheint unwirklich und verblüffend. Durch eine geschickte<br />

Augentäuschung verdreht Raetz’ Schlangenmensch die herkömmliche Wahrnehmung<br />

der meist statischen Skulptur.<br />

7


Bewegte Bewegte Bilder Bilder, Bilder , manipulierte Bilder –Tanz Tanz in der Videokunst<br />

Die beiden Videoarbeiten von Ulrike Rosenbach und Marikke Heinz-Hoek geben die<br />

realen Bewegungen einer Tanzenden wieder, die jedoch mit filmischen Mitteln<br />

verfremdet sind und den augenscheinlich schönen Tanz in Frage stellen.<br />

In Rosenbachs Videoarbeit Tanz für eine Frau erklingt der Walzer Ich tanze mit Dir in<br />

den Himmel hinein, zu dem sich eine Tänzerin beschwingt, aber ohne Partner, im<br />

Kreis dreht. Nach sieben Minuten intensiver Drehungen und zunehmend<br />

nervenaufreibender Musik bricht die Tänzerin erschöpft zusammen. Die Künstlerin<br />

verunsichert den Betrachter durch eine überraschende Perspektive: Sie filmte die<br />

Tänzerin von unten in einem über ihr angebrachten, leicht beweglichen Spiegel, der<br />

somit wie ein schwankender Tanzboden erscheint.<br />

In Marikke Heinz-Hoeks Video Last Rondo wiederholt sich ein kurzer Filmausschnitt:<br />

Eine blonde schlanke Frau tanzt barfuß in einem Garten. Der Tanz der schönen Frau<br />

erinnert an das Rotieren eine Hamsterrades, sie scheint gefangen in einem<br />

fantastischen Paradiesgarten. Für Last Rondo verwendete Heinz-Hoek eine kurze<br />

Sequenz des Hollywoodfilms The Misfits (Nicht gesellschaftsfähig, 1960), in dem<br />

Marilyn Monroe und Clark Gable die Hauptrollen spielen. Musikalisch unterlegte sie<br />

den sich stetig wiederholenden Tanz mit der Melodie eines weiteren Filmklassikers<br />

des gefeierten Weltstars, dem River of No Return (Fluss ohne Wiederkehr) (1954)<br />

und schuf so ein Sinnbild für die Vergänglichkeit der Stars in der Traumfabrik<br />

Hollywood.<br />

8


Alte Alte Technik Technik und und neue neue neue Medien Medien – Radierungen in Bewegung<br />

Die junge koreanische, in New York lebende Künstlerin Kakyoung Lee nutzt in ihrer<br />

Arbeit Dance, Dance, Dance das langwierige Verfahren der Stop-Motion-Animation,<br />

um die flüchtigen Bewegungen eines Tanzes darzustellen. Diese „Filmtechnik“ wurde<br />

bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Sie basiert auf nur geringfügig veränderten<br />

Einzelbildern, die erst durch die anschließende Montage den Eindruck eines zeitlichen<br />

Verlaufs vermitteln. Kakyoung Lee schafft ihre Bilder in der traditionellen Technik der<br />

Kaltnadelradierung. Für den zweieinhalb Minuten dauernden Film Dance, Dance,<br />

Dance fertigte sie 342 Radierungen nach der Videovorlage einer ihrer<br />

Tanzperformances an. Diese Grafiken wurden anschließend digitalisiert und am<br />

Computer montiert. Durch diese Arbeitsweise gelingt es Kakyoung Lee, die grafische<br />

Darstellung zu „beleben“. Typisch für ihre Arbeitsweise ist, dass alle Einzelbilder<br />

sichtbar bleiben. Auf diese Weise entstehen mehr und mehr Schichten, die sich<br />

überlagern und dadurch immer dunklere Spuren hinterlassen. Diese Spuren vermitteln<br />

sehr plastisch den flüchtigen aber dynamischen Charakter des zeitgenössischen Tanzes.<br />

9

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