Schwimmendes Labor - Greenpeace
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2 3<br />
1971 tut sich ein Dutzend kanadischer<br />
Antikriegsaktivisten zusammen, um gegen<br />
Atomwaffen zu protestieren. Die US-Regierung<br />
plant einen Atombombentest bei der<br />
Aleuten-Insel Amchitka vor Alaska. Den wollen<br />
die kanadischen Aktivisten durch friedlichen<br />
Widerstand verhindern: Die Männer<br />
beschließen, nach Amchitka zu fahren und<br />
sich so lange im Sperrgebiet aufzuhalten,<br />
bis die USA ihre militärischen Pläne ändert.<br />
Als Aktionsschiff muss ein alter, klappriger<br />
Fischkutter namens „Phyllis Cormack“ herhalten.<br />
Am 15. September sticht eine zwölfköpfi<br />
ge Crew im Hafen von Vancouver in<br />
See. Da die Aktivisten sowohl für die Umwelt<br />
als auch für den Frieden eintreten, taufen<br />
sie ihre Expedition und später sich selbst<br />
„Grüner Frieden“ – „<strong>Greenpeace</strong>“.<br />
Als die „Phyllis Cormack“ nur zwei Wochen<br />
Inhalt:<br />
2/3 No Bombs – Green Peace! Die ersten Taten von <strong>Greenpeace</strong><br />
Editorial: Geburtstagsgrüße aus der Geschäftsführung<br />
4/5 Nordsee in Not: Start von <strong>Greenpeace</strong> Deutschland<br />
6/7 Dicke Luft: Chemiefabrik bekommt Gegenwind<br />
Ballonfl ug in „die Zone“: <strong>Greenpeace</strong> gegen Atomwaffentests<br />
Auckland 1985: Der Anschlag auf die „Rainbow Warrior“<br />
8/9 <strong>Schwimmendes</strong> <strong>Labor</strong>: „Beluga“ auf Schmutzfl üssen<br />
Gegen versalzene Flüsse: Salz in die Wunde<br />
10/11 Achtung, Ozonloch! Aufstand gegen FCKW<br />
Coole Erfi ndung: Der „Greenfreeze“<br />
„Return to sender!“ Giftmüll-Skandal entdeckt<br />
Mit Peace-Zeichen und<br />
Siegerpose: die Teilnehmer<br />
der ersten <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Aktion, 1971.<br />
12/13 Ausnahme-Aktion: Die Besetzung der „Brent Spar“<br />
14/15 3-Liter-Auto: Der „SmILE“<br />
Endlich grüner Strom: <strong>Greenpeace</strong> Energy<br />
Schiffsanstrich: „God Save the Queen from TBT“<br />
No Bombs – Green Peace!<br />
Die ersten Taten im<br />
Namen von <strong>Greenpeace</strong><br />
nach Abreise von der Küstenwache gestoppt<br />
und beschlagnahmt wird, scheint die Aktion<br />
gescheitert. Schnellstmöglich treiben<br />
die Umweltschützer ein zweites Schiff auf<br />
– doch sie schaffen es nicht mehr nach<br />
Amchitka. Am 6. November 1971 wird die<br />
Atombombe gezündet. Trotz dieser Niederlage<br />
haben die <strong>Greenpeace</strong>-Pioniere eine<br />
Menge erreicht: Ihre mutige Aktion interessierte<br />
die Medien brennend und erreichte<br />
so hunderttausende Menschen. 1972 bricht<br />
die US-Atomenergiebehörde die Testserie<br />
bei den Aleuten ab.<br />
Auch noch in den folgenden Jahren macht<br />
sich <strong>Greenpeace</strong> gegen Atomwaffen stark<br />
– mit Aktionen und politischer Arbeit. 1975<br />
kommen erstmals weitere Themen dazu,<br />
deren sich <strong>Greenpeace</strong> annimmt. Erstens<br />
der Schutz der Wale, die schon seit Jahr-<br />
16/17 Jeder Baum zählt: Rettung der letzten Urwälder<br />
„Amazon Crime“<br />
Vom Schlauchboot zum Verhandlungstisch<br />
„Waldkindergarten“ mal anders<br />
18/19 „SOS Weltmeer“-Tour Mission: Meeresschutz<br />
20/21 Große Liebe: <strong>Greenpeace</strong> kämpft für Wale<br />
Die letzte Reise eines Finnwals<br />
1:1 Riesen der Meere im Ozeaneum<br />
22/23 Sylter Außenriff: Erst Worte, dann Steine<br />
Energie-Kampagne: Gegen Atom- und Kohlekraft<br />
24/25 Heiß-kalte Abenteuer: Zwei Frauen auf Expedition<br />
Iris Menn im Eis<br />
Corinna Hölzel im Urwald<br />
„Klimagipfel“: CO ² penhagen<br />
26/27 Gen-Pfl anzen sind tabu: Gegen Gentechnik<br />
„Amfl ora“, mach dich vom Acker!<br />
Bittersüße Schokolade: „Give the Orang-Utan a break!“<br />
Späte Einblicke: Die Gorleben-Akten<br />
28 Impressum<br />
hunderten auf grausame Weise gejagt und<br />
getötet werden. Und zweitens die Rettung<br />
von Robbenbabys, die in Nordkanada zu<br />
Tausenden für ihr weißes Fell erschlagen<br />
werden.<br />
Binnen weniger Jahre entwickelt sich <strong>Greenpeace</strong><br />
zu einer internationalen Non-Profi t-<br />
Umweltorganisation, gewinnt einen hohen<br />
Bekanntheitsgrad und viele Fans und Unterstützer.<br />
Es entstehen <strong>Greenpeace</strong>-Gruppen<br />
in den USA, Dänemark, Frankreich, Großbritannien,<br />
Neuseeland und Australien. Im<br />
holländischen Amsterdam richtet <strong>Greenpeace</strong><br />
1979 seine Zentrale ein.<br />
Auch in Deutschland hört man von den<br />
tatkräftigen Umweltschützern und will<br />
sich ihnen anschließen …<br />
Editorial:<br />
Geburtstagsgrüße<br />
aus der Geschäftsführung<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
liebe Freunde, Förderer und<br />
Mitstreiter von <strong>Greenpeace</strong>!<br />
Anfang der 1980er Jahre waren Umweltschutz<br />
und Umweltbewusstsein in Deutschland kaum<br />
bekannte Begriffe. Wer sich für die Natur engagierte,<br />
wurde als Romantiker oder Hippie<br />
belächelt. Die Liste gängiger Umweltsünden<br />
war lang. Ein paar Beispiele:<br />
Flüsse dienten als Abwasserkanäle der Industrie,<br />
auf See wurden Dünnsäure verklappt,<br />
Atommüll entsorgt und Chemikalien verbrannt.<br />
Autos hatten weder „Kat“, noch bleifreien<br />
Sprit, und Vielfl iegerei galt als schick.<br />
Strom erzeugte man nur aus fossilen Brennstoffen<br />
und in Atomkraftwerken. Für die<br />
meisten Menschen kam er einfach aus der<br />
Steckdose. FCKW zerstörten die Ozonschicht,<br />
Dioxin und andere Gifte aus Fabrikschloten<br />
bescherten uns sauren Regen. Und wer Eier<br />
von glücklichen Hühnern oder Früchte ohne<br />
Pestizide wollte, musste sich als Hobbyfarmer<br />
betätigen.<br />
Es herrschte offenbar die Meinung vor, unser<br />
Planet sei so etwas wie ein Discounter, in dem<br />
sich jeder bedienen könne, ohne auf den Preis<br />
zu achten. Viele Menschen dachten naiv, die<br />
Erde sei unverwüstlich, und ihre Ressourcen<br />
seien unerschöpfl ich. Heute weiß man es besser.<br />
Mittlerweile ist die Umweltbewegung groß<br />
und stark geworden – und in etwa so alt wie<br />
<strong>Greenpeace</strong> Deutschland: 30 Jahre.<br />
Mit 30 sind auch wir nicht mehr grün hinter<br />
den Ohren, aber im Herzen grüner denn je.<br />
Unsere Banner sind nach wie vor handgemalt,<br />
aber unsere Flyer nicht mehr schwarzweiß.<br />
Und wir sind so mutig, kämpferisch und kreativ<br />
wie zu Beginn. Mit vielen ungewöhnlichen<br />
Aktionen und mit hartnäckiger politischer<br />
Arbeit hat <strong>Greenpeace</strong> dazu beigetragen,<br />
dass Umwelt- und Klimaschutz heute in aller<br />
Munde sind und auf der Tagesordnung quasi<br />
jedes Unternehmens stehen: vom Autobauer<br />
bis zur Modefi rma, von der Versicherung bis<br />
zum Ferienressort.<br />
Unser Erfolg ließ uns wachsen: Mit Büros in<br />
mehr als 40 Ländern sind wir heute weltweit<br />
vertreten und bekannt. Wir werden von Politikern<br />
und Konzernen respektiert und zu Gesprächen<br />
eingeladen. Für Verbraucher sind<br />
wir in Umweltfragen von A bis Z der erste<br />
Ansprechpartner.<br />
<strong>Greenpeace</strong> hat Gewicht: Die Unterstützung<br />
unserer aktuell rund 3.000 Ehrenamtlichen<br />
und 560.000 Fördermitglieder in Deutschland<br />
schenkt uns Handlungsspielraum und<br />
hilft uns, den notwendigen Druck auf Verantwortliche<br />
auszuüben. Und – sie sichert<br />
unsere Unabhängigkeit. <strong>Greenpeace</strong> nimmt<br />
kein Geld von Industrie, Politik oder von Parteien.<br />
Ohne unsere zahlreichen Unterstützer<br />
hätten wir zum Beispiel keinen umfassenden<br />
Schutzvertrag für die Antarktis (1991), kein<br />
Versenkungsverbot für Ölplattformen in der<br />
Nordsee (1998) und keinen Einschlagstopp für<br />
28 Millionen Hektar Wald in Kanada (2010)<br />
erreicht. Ohne sie würde man uns immer noch<br />
als Romantiker oder Hippies belächeln.<br />
Dank Ihrer Hilfe haben wir in 30 Jahren großartige<br />
Erfolge erreicht. Leider bleibt noch genug<br />
zu tun: Engagieren Sie sich mit uns gegen die<br />
Ausbeutung der Meere und für eine schonende<br />
Fischerei. Unterstützen Sie unsere Aktionen<br />
gegen Urwaldvernichtung und für eine nachhaltige<br />
Forstwirtschaft. Stärken Sie unsere<br />
Kampagnen gegen gefährliche Atomkraft, gegen<br />
klimaschädliche Kohlekraft und für den<br />
Klimaschutz sowie den Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien. Machen Sie mit bei unserer<br />
Arbeit gegen Gentechnik und Pestizide und für<br />
eine ökologische Landwirtschaft. Bitte helfen<br />
Sie uns weiterhin, unsere Erde grün, artenreich<br />
und lebenswert zu erhalten. Vielen Dank!<br />
Ihre Brigitte Behrens und Roland Hipp<br />
Brigitte Behrens, Geschäftsführerin Roland Hipp, Kampagnengeschäftsführer
4 5<br />
5<br />
Gründer Gründer (v. (v. li.): li.): Heinrich Heinrich Bauer, Bauer, Gerhard Gerhard<br />
Wallmeyer, Wallmeyer, Monika Monika Griefahn, Griefahn, Harald Harald Zindler, Zindler,<br />
Wolfgang Fischer und Gerd Leipold.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Anwalt: Ja, „Kronos“, hier ist die<br />
„Sirius“, wir fordern Sie auf, das Dumpen in diesem<br />
Gebiet einzustellen und uns Proben auszuhändigen. (...)<br />
Giftmüll-Kapitän: (...) Nehmen Sie die Boote von<br />
meinem Steven weg. Ich hafte für keine Sache, die Sie<br />
sich selber zufügen.<br />
Lutz: (...) Wenn Sie so weitermachen, sehen Sie, dass<br />
Sie Menschenleben gefährden. Wenn Sie das in Kauf<br />
nehmen, müssen Sie sich hinterher auch gefallen lassen,<br />
dass es einer juristischen Wertung unterzogen wird.<br />
Kronos: Sie kommen doch auf mein Schiff.<br />
Lutz: Wir wollen nicht auf Ihr Schiff kommen, (...) das<br />
haben wir gestern schon versucht klarzustellen, dass<br />
wir nicht versuchen, Sie zu entern, und dass wir keine<br />
Gewalt gegen Sie anwenden.<br />
Kronos: Und wenn ich stoppe, muss ich das Pumpen<br />
einstellen.<br />
Lutz: Das ist Ihr Problem, ja.<br />
Kronos: (...) Also muss ich weiterfahren, solange ich<br />
verklappe. (...)<br />
Lutz: Sie nehmen es in Kauf, Menschen zu gefährden,<br />
eventuell zu töten. Die Leute machen von ihrem Recht<br />
Gebrauch, in der Nordsee zu schwimmen. Sie gefährden<br />
Nordsee in Not:<br />
Start von <strong>Greenpeace</strong><br />
Deutschland<br />
<strong>Greenpeace</strong> Deutschland hat verschiedene<br />
Wurzeln: 1979 gründet sich in Bielefeld<br />
der „Verein zur Rettung und Erhaltung<br />
von Walen und Robben“ – er<br />
sieht sich als deutscher Ableger der<br />
Umweltorganisation. Doch auch der<br />
„Kölner Arbeitskreis Chemische<br />
Industrie“ und Gruppen in Kiel,<br />
Hamburg, Bremen und Münster<br />
identifi zieren sich mit <strong>Greenpeace</strong><br />
und pfl egen Kontakte zum holländischen<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Büro, das es<br />
bereits seit 1978 gibt. Alle Aktiven<br />
teilen zu dieser Zeit ein Ziel: Sie<br />
wollen das Meer schützen.<br />
1980 formiert sich ein Team, das an<br />
einer <strong>Greenpeace</strong>-Kampagne gegen<br />
die damals noch legale Dünnsäure-Verklappung<br />
in der Nordsee<br />
mitwirkt. Im Visier stehen<br />
die deutsche Bayer AG und der US-Chemiekonzern<br />
Kronos Titan, der Werke in LeLeverkusen und Nordenham betreibt. Beide<br />
Konzerne leiten giftige Dünnsäure in<br />
die Nordsee und verursachen Plankton-<br />
Sterben und totkranke Fische. Flundern<br />
mit Flossenfäule und Kabeljau mit Geschwüren<br />
bieten einen ekeligen Anblick.<br />
Fischer müssen bis zu ein Drittel ihres<br />
Fangs wieder über Bord werfen.<br />
Die Umweltschützer handeln: Sie beset-<br />
zen die Dünnsäure-Verladebrücken von<br />
Kronos Titan und Bayer, leinen Rettungsinseln<br />
am Verklappungsschiff „Kronos“ an,<br />
um es am Auslaufen zu hindern. Weitere<br />
Aktivisten kippen missgebildete Fische<br />
vor das Bayer-Werk in Brunsbüttel und das<br />
Hydrographische Institut in Hamburg, das<br />
die Verklappung genehmigte.<br />
Das Presseecho ist groß, die frechen, aber<br />
friedlichen Aktionen – typisch für <strong>Greenpeace</strong><br />
– ernten Anerkennung. Motiviert<br />
beschließen die Aktivisten, sie wollen offi<br />
ziell <strong>Greenpeace</strong>r werden! Im November<br />
1980 gründen sie die deutsche Vertretung<br />
der Organisation, das neunte <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Büro nach Kanada, Holland, den USA, Dänemark,<br />
Frankreich, Großbritannien, Neuseeland<br />
und Australien.<br />
Im Oktober 1981 wagt <strong>Greenpeace</strong> eine<br />
weitere Konfrontation mit Kronos Titan.<br />
In Amsterdam geht ein internationales<br />
Team mit einigen Journalisten an Bord des<br />
Aktionsschiffs „Sirius“. In einem Verklappungsgebiet<br />
nordwestlich der Insel Helgoland<br />
wollen sie den Chemiemüllfrachter<br />
„Kronos“ durch eine lebende Sperre aus<br />
Schwimmern und Aktivisten in Schlauchbooten<br />
zwingen, das Dumpen einzustellen.<br />
Über Funk streitet sich der <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Rechtsanwalt Lutz von Arnstedt mit dem<br />
„Kronos“-Kapitän. Auszüge des Gesprächs:<br />
sie mit dem Propeller des Schiffs und mit der Säure,<br />
die Sie verklappen.<br />
Kronos: Die Leute haben bewusst in meiner Dünnsäure<br />
gebadet, also scheint’s ihnen gar nicht zu schaden.<br />
Lutz: Sie legen einen Zynismus an den Tag, den ich<br />
nicht gutheißen kann. (...)<br />
Kronos: Sie stören erheblich meine Manövrierfähigkeit,<br />
wenn wir uns ständig unterhalten. (...)<br />
Lutz: Ja, das ist richtig. (...) Wir weisen Sie darauf<br />
hin, dass das, was wir hier machen, heute Abend in der<br />
Tagesschau sein wird, in Tagesthemen, dass wir von<br />
der schreibenden Presse viele Leute haben, dass ein<br />
Helikopter da ist, und auch die Gespräche mit Ihnen sind<br />
aufgezeichnet worden. (...)<br />
Kronos: Ich gehe jetzt südlich aus dem Verklappungsgebiet<br />
raus, stelle die Verklappung ein und fahre wieder<br />
nach Nordenham.<br />
Lutz: Ja, okay, wir wollen dann keine Schwimmer mehr<br />
vor Ihnen aussetzen. (...)<br />
Kronos: Die Pumpen werden abgestellt.<br />
Dünnsäure<br />
Mit Mit Ausblick Ausblick auf auf das das Abfl Abfl ussrohr ussrohr hat hat sich sich <strong>Greenpeace</strong>-Aktivist <strong>Greenpeace</strong>-Aktivist Harald Harald Zindler Zindler<br />
per per Rettungsinsel Rettungsinsel an an ein ein Verklappungsschiff Verklappungsschiff von von Kronos Kronos Titan Titan gekettet. gekettet.<br />
Die Schwimmer klettern etwas benommen<br />
zurück an Bord der „Sirius“. Einer hat<br />
Dünnsäure geschluckt, ein anderer etwas<br />
davon ins Auge bekommen. Es brennt. Ein<br />
dritter steht noch unter Schock, da er gefährlich<br />
dicht an der Schiffsschraube der<br />
„Kronos“ vorbeischwimmen musste. Monika<br />
Griefahn, erste Geschäftsführerin von<br />
<strong>Greenpeace</strong> Deutschland und später SPD-<br />
Politikerin, schreibt in ihrem 1983 erschienenen<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Buch:<br />
Ungefähr 40 Minuten hat die Aktion gedauert,<br />
doch sie ist ein großer Erfolg. Die ,Kronos‘<br />
musste mit einem Drittel ihrer Ladung<br />
zurückfahren. Siegerstimmung will jedoch<br />
nicht so recht aufkommen, denn wir wis-<br />
Dünnsäure ist verdünnte Schwefelsäure,<br />
die u.a. als Abfall bei der Titanoxid-<br />
(einem Weißmacher) und der Farbstoffherstellung<br />
entsteht. Im Abfall sind Eisen<br />
und Erzrückstände in hoher Konzentration<br />
enthalten, außerdem teils hochgiftige<br />
Schwermetalle wie Arsen, Blei, Chrom,<br />
Kadmium, Kupfer, Nickel, Titan und Zink.<br />
sen, wenn wir wegfahren, fährt die ,Kronos‘<br />
gleich wieder hinaus. Was tun? Hierbleiben<br />
und auch noch das nächste und übernächste<br />
Mal behindern? Oder nach Hamburg fahren<br />
und weiterhin Druck auf die Behörden und<br />
die Firma machen? Nach einigem Hin und<br />
Her entscheiden wir uns, erst mal nach Hamburg<br />
zu fahren und abzuwarten, wie das<br />
DHI (Deutsches Hydrographisches Institut)<br />
seine nächste Verklappungsgenehmigung<br />
aussprechen wird. Wiederkommen können<br />
wir allemal.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Seit dem 1. Januar 1990<br />
ist die Verklappung von Dünnsäure in der<br />
Nordsee verboten.<br />
1980<br />
Gründung<br />
von <strong>Greenpeace</strong><br />
Deutschland e.V.<br />
1981<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
Deutschland wird als<br />
gemeinnützig anerkannt.<br />
Das Büro zieht<br />
von Bielefeld nach<br />
Hamburg in das „Haus<br />
der Seefahrt“. (Foto:<br />
<strong>Greenpeace</strong>r absolvieren<br />
ein Klettertraining<br />
im Treppenhaus.)<br />
Zu dieser Zeit unterstützen<br />
rund 1.500<br />
Förderer <strong>Greenpeace</strong><br />
mit Spenden. Die<br />
Arbeit wird noch ehrenamtlich<br />
bewältigt.<br />
Aktion gegen<br />
Boehringer in Hamburg,<br />
26 Stunden harren<strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten<br />
auf dem Schlot<br />
der Chemiefabrik aus.<br />
Auf Neufundland besprühen<br />
<strong>Greenpeace</strong>r<br />
Jungrobben mit grüner<br />
Farbe, so dass ihr Fell<br />
für die Jäger wertlos ist.
6<br />
Die Die „Eintrittskarte“,<br />
„Eintrittskarte“,<br />
ein ein Lieferschein Lieferschein der der<br />
frei frei erfundenen erfundenen Firma Firma<br />
„Friedemann „Friedemann Grün“. Grün“.<br />
Dicke Luft:<br />
Chemiefabrik<br />
bekommt Gegenwind<br />
Zu Wasser und zu Lande kämpft <strong>Greenpeace</strong><br />
gegen chemische Umweltverschmutzung,<br />
so ab 1981 gegen die Chemiefabrik<br />
Boehringer in Hamburg-Billbrook. Boehringer<br />
stellt Unkraut- (HCH) und Insektenvernichter<br />
(2,4,5-T) her und entlässt giftige<br />
dioxinhaltige Emissionen. Krebserregende<br />
Rückstände aus der Produktion der Pes<br />
tizide und Insektizide waren im Grundwasser<br />
und auf Wiesen und Äckern rund<br />
um das Werksgelände gefunden worden.<br />
Als Protest gegen die Dioxin-Schleuder<br />
Boehringer besetzen zwei <strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten<br />
im Juni 1981 26 Stunden lang einen<br />
Schlot der Fabrik. Getarnt als Firma „Friedemann<br />
Grün“ und mit falschen Papieren<br />
gelangten sie mit einem Lieferwagen auf<br />
das Werksgelände.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Nach jahrelangem<br />
Kampf reagieren Hamburgs Behörden und<br />
Politiker: Boehringer bekommt die Aufl age,<br />
seinen Dioxin-Ausstoß drastisch zu verringern.<br />
Als dies nicht geschieht, wird die Fabrik<br />
geschlossen.<br />
Links die Schornstein-Besteiger<br />
von <strong>Greenpeace</strong>,<br />
Harald Zindler<br />
und Peter Krichel,<br />
rechts die<br />
Mitarbeiter von<br />
Boehringer.<br />
Ballonfl ug<br />
in „die Zone“:<br />
<strong>Greenpeace</strong> protestiert<br />
gegen Atomwaffentests<br />
Gegen die Atomwaffentests der vier Mächte<br />
USA, Großbritannien, Russland und Frankreich<br />
protestiert <strong>Greenpeace</strong> im August 1983<br />
aus der Luft: Der <strong>Greenpeace</strong>r Gerd Leipold<br />
und der Pilot John Sprange starten mit dem<br />
Gesprengt und halb versenkt: die zerstörte „Rainbow Warrior“ im Hafen von Auckland.<br />
Auckland 1985:<br />
Der Anschlag auf<br />
Heißluftballon „Trinity“ (Dreifaltigkeit) von<br />
einem Sportplatz in Berlin-Wilmersdorf,<br />
überfl iegen die Mauer und landen in der<br />
DDR. Dort werden die beiden Männer nach<br />
fünfstündigem Verhör abgeschoben.<br />
die „Rainbow Warrior“<br />
Ein Schock für <strong>Greenpeace</strong>: Um gegen<br />
französische Atomtests zu protestieren,<br />
sind <strong>Greenpeace</strong>r mit dem Aktionsschiff<br />
„Rainbow Warrior“ auf dem Weg zum Moruroa-Atoll<br />
im Südpazifi k. In Auckland,<br />
Neuseeland, explodiert am 10. Juli 1985<br />
eine Sprengladung an Bord und tötet einen<br />
portugiesischen <strong>Greenpeace</strong>-Fotografen,<br />
Fernando Pereiras. Zum Attentat bekennt<br />
sich später der französische Geheimdienst.<br />
Vor Gericht werden zwei verantwortliche<br />
Gerd Leipold &<br />
John Sprange<br />
Hei luftballon Trinity<br />
französische Agenten zu Gefängnisstrafen<br />
verurteilt, Frankreichs Geheimdienstchef<br />
Lacoste und Verteidigungsminister<br />
Hernu müssen zurücktreten, Frankreich<br />
muss <strong>Greenpeace</strong> und der Familie des Toten<br />
Schadenersatz zahlen. Vorerst schließt<br />
<strong>Greenpeace</strong> sein Büro in Frankreich. Nach<br />
dem Motto „Einen Regenbogen kann man<br />
nicht versenken“, erwirbt <strong>Greenpeace</strong> eine<br />
Nachfolgerin: Aus einem schottischen<br />
Fischtrawler wird die „Rainbow Warrior II“.<br />
1982<br />
Die Europäische Gemeinschaft<br />
(heute: EU)<br />
verbietet die Einfuhr<br />
von Jungrobbenfellen.<br />
Die Internationale<br />
Walfangkommission<br />
(IWC) beschließt einen<br />
Walfangstopp ab 1986.<br />
1983<br />
Die London Dumping<br />
Convention beschließt,<br />
für zehn Jahre keinen<br />
Atommüll mehr im<br />
Meer zu versenken.<br />
Start der Antarktis-<br />
Kampagne. <strong>Greenpeace</strong><br />
fordert einen<br />
„Weltpark Antarktis“,<br />
um den Kontinent vor<br />
einem Ressourcen-Abbau<br />
zu schützen.<br />
1984<br />
Das Aktionsschiff<br />
„Sirius“ und 50 Fischkutter<br />
protestieren an<br />
der Pier der Dünnsäureverklappungs-Schiffe<br />
von Kronos Titan.<br />
Im Hamburger<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Büro<br />
arbeiten 14 Festangestellte.<br />
Der Verein hat<br />
mittlerweile 65.000<br />
Förderer.<br />
1985<br />
Das deutsche Schiff<br />
„Beluga I“ startet seine<br />
Forschungstour über<br />
verschmutzte Flüsse.<br />
7
Im September 1986 kippen <strong>Greenpeace</strong>r<br />
aus Ost- und Westdeutschland einen<br />
Zentner Salz vor das damalige DDR-Umweltministerium.<br />
Das Salz ist aus Werra-<br />
und Weserwasser destilliert und stammt<br />
aus Kali-Bergwerken der DDR. Es hatte<br />
die Flüsse versalzen und Süßwasserfi<br />
sche aussterben lassen. Nach<br />
der Wende wurden die Salzeinleitungen<br />
drastisch reduziert.<br />
Aktuell beantragen die Werke<br />
wieder eine Erhöhung…<br />
Die „Beluga I“ auf der Weser: <strong>Greenpeace</strong>-Taucher<br />
befördern die giftigen<br />
Abwässer der Firma Knoll (heute<br />
BASF) an die Oberfl äche.<br />
Gegen versalzene Flüsse:<br />
Salz in die Wunde<br />
<strong>Schwimmendes</strong> <strong>Labor</strong>:<br />
„Beluga“ im Einsatz<br />
auf Schmutzfl üssen<br />
Anfang Anfang der der 80er 80er Jahre Jahre sind sind Europas Europas Flüsse Flüsse<br />
– – darunter darunter Rhein, Rhein, Weser, Weser, Elbe, Elbe, Donau Donau und und<br />
Seine Seine – – zu zu Kloaken Kloaken verkommen. verkommen. Viele Viele FaFabrikenbriken haben haben sich sich an an Flüssen Flüssen angesiedelt angesiedelt<br />
und und benutzen benutzen diese diese als als billige billige „Müllab„Müllabfuhr“.fuhr“. Besonders Besonders schlimm schlimm sündigen sündigen nenebenben Chemiefabriken Chemiefabriken wie wie Bayer Bayer und und BASF BASF<br />
die die Papierhersteller, Papierhersteller, die die Chlorbleiche-AbChlorbleiche-Abwässerwässer<br />
einleiten. einleiten. Außerdem Außerdem landen landen im im<br />
Wasser Wasser Gifte Gifte wie wie Arsen, Arsen, Schwermetalle<br />
Schwermetalle<br />
wie wie Blei, Blei, Cadmium, Cadmium, Chrom Chrom und und QueckQuecksilbersilber sowie sowie Dünger, Dünger, Unkraut- Unkraut- und und InInsektenvernichtungsmittelsektenvernichtungsmittel aus aus der der LandLandwirtschaft.wirtschaft. Die Die Verschmutzung Verschmutzung des des Rheins Rheins ist ist kataskatastrophal.trophal. Die Die Wasserwerke Wasserwerke haben haben große große<br />
Probleme, Probleme, aus aus dem dem Grundwasser Grundwasser des des<br />
Rheintals Rheintals Trinkwasser Trinkwasser zu zu machen. machen. Der Der<br />
Elbe Elbe ergeht ergeht es es kaum kaum besser. besser. Gerhard Gerhard<br />
Wallmeyer, Wallmeyer, Fundraising-Leiter Fundraising-Leiter und und<br />
Gründungsmitglied Gründungsmitglied von von <strong>Greenpeace</strong>,<br />
<strong>Greenpeace</strong>,<br />
erinnert erinnert sich sich an an den den Zustand Zustand der der Elbe Elbe<br />
in in Hamburg: Hamburg: „Das war kein Wasser mehr,<br />
sondern sondern eine eine einzige einzige Drecksbrühe. Drecksbrühe. Die Die<br />
Elbe Elbe stank stank zum zum Himmel. Himmel. Besonders Besonders heftig heftig<br />
war der stechende Phenol-Geruch. Baden<br />
in der Elbe war verboten, Angeln ebenso.“<br />
Kläranlagen sind damals Mangelware,<br />
oder sie fi ltern nur grob. Zwar gibt es Einleitbegrenzungen<br />
seitens der Wasserbehörden<br />
der einzelnen Länder, doch diese<br />
werden oft nicht eingehalten. Zudem sind<br />
die Angaben damals noch geheime Verschlusssache.<br />
Ein Fall für <strong>Greenpeace</strong>. Die Umweltschützer<br />
fordern das „Gläserne Abfl ussrohr“:<br />
Was in die Flüsse gelangt, soll öffentlich<br />
werden. <strong>Greenpeace</strong> beschließt, nach übermäßigen<br />
Gifteinleitungen zu fahnden,<br />
Wasserproben zu nehmen und diese chemisch<br />
zu untersuchen. Mit wissenschaft-<br />
Klein, aber wirkungsvoll:<br />
Das Chemielabor unter<br />
Deck auf der „Beluga I“.<br />
Gerhard Wallmeyer,<br />
Fundraising-Chef,<br />
seit 30 Jahren bei<br />
<strong>Greenpeace</strong>.<br />
8 9<br />
Die exakte Menge destilliertes<br />
Salz wirkt harmlos. Heute<br />
arbeitet <strong>Greenpeace</strong> plakativer,<br />
würde symbolisch eine ganze<br />
Wagenladung Salz auskippen.<br />
lich fundiertem Beweismaterial sollen die<br />
Umweltsünder öffentlich unter Druck gesetzt<br />
und zum Handeln bewegt werden.<br />
Dazu braucht <strong>Greenpeace</strong> ein Schiff: Ein<br />
Spendenaufruf bringt 1,4 Millionen Mark<br />
ein. Es reicht für ein ausrangiertes Feuerlöschboot<br />
Baujahr 1961, das <strong>Greenpeace</strong>r<br />
und freiwillige Helfer in hunderten Arbeitsstunden<br />
in ein Aktionsschiff mit<br />
Chemielabor umwandeln. Nach dem weißen<br />
Flusswal taufen sie es „Beluga“. Zwischen<br />
1985 und 1987 ist die „Beluga“ mit<br />
Aktivisten und Wissenschaftlern unter<br />
anderem auf Elbe, Weser und Rhein unterwegs.<br />
Gerhard Wallmeyer: „Für unsere Kontrollen<br />
beschafften wir uns zunächst die geheimen<br />
Listen mit den behördlichen Einleitgenehmigungen,<br />
da hatten wir gute<br />
Kontakte. Um zu den Abwasserrohren zu<br />
gelangen, die sich in der Regel tief unter<br />
Wasser befanden, mussten wir Taucher<br />
einsetzen. Die Wasserproben haben wir<br />
dann gleich an Bord der ,Beluga‘ untersucht<br />
– und fast immer illegale Mengen an<br />
Chemiekalien und sonstigen gefährlichen<br />
Stoffen gefunden. Quasi täglich deckten<br />
wir einen Skandal auf.“<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Durch Kampagnen<br />
und die „Beluga“-Einsätze trug <strong>Greenpeace</strong><br />
wesentlich dazu bei, dass neue und bessere<br />
Kläranlagen gebaut wurden und das<br />
Einleiten von Industrieabwässern in Flüsse<br />
mittlerweile besser kontrolliert wird.<br />
Außerdem sind die Unterlagen der Wasserbehörden<br />
heute für jeden einsehbar – und<br />
zwar nicht nur in Deutschland, sondern in<br />
ganz Europa.<br />
1986<br />
Das 1982 von der<br />
IWC beschlossene<br />
Moratorium gegen den<br />
kommerziellen Walfang<br />
tritt in Kraft.<br />
Im AKW Tschernobyl,<br />
Ukraine, kommt<br />
es zum Super-GAU.<br />
Seitdem protestiert<br />
<strong>Greenpeace</strong> vehement<br />
gegen die Nutzung der<br />
Atomenergie.<br />
1987<br />
<strong>Greenpeace</strong> eröffnet<br />
eine Station in der Antarktis<br />
zur Dokumentation<br />
von Umweltproblemen.<br />
Bäume pfl anzen gegen<br />
das Waldsterben:<br />
<strong>Greenpeace</strong> gründet<br />
das Bergwaldprojekt.<br />
Nach langjährigen<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Protesten<br />
wird die Giftmüllverbrennung<br />
auf der<br />
Nordsee eingestellt.<br />
1988<br />
Start der Kampagne<br />
gegen illegale Giftmüllexporte<br />
aus Industrieländern<br />
nach Afrika,<br />
Südamerika und<br />
Osteuropa.<br />
1989<br />
Das <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Schiff „Rainbow<br />
Warrior II“ wird in<br />
Hamburg eingeweiht.
10<br />
Achtung, Ozonloch!<br />
Aufstand gegen FCKW<br />
Noch vor dem Klimawandel beherrscht<br />
das „Ozonloch“ über der Antarktis die<br />
Umweltdiskussion: eine Ausdünnung der<br />
Ozonschicht in der Stratosphäre in 10 bis 50<br />
Kilometern Höhe. Wo Ozon fehlt, erreicht<br />
mehr zellschädigende UV-B-Strahlung die<br />
Erde. Den Menschen drohen Hautkrebs und<br />
Augenerkrankungen.<br />
Als „Ozonkiller“ identifi zierte man schon im<br />
Jahr 1974 Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe<br />
(FCKW). Diese chemischen Verbindungen<br />
dienen vor allem als Kältemittel, außerdem<br />
sind sie eingesetzt als Treibgas für Spraydosen,<br />
als Treibmittel für Schaumstoff und<br />
als Reinigungsmittel.<br />
Im Frühjahr 1989 kassiert Hoechst eine<br />
verbale Ohrfeige von <strong>Greenpeace</strong>.<br />
Der Konzern soll endlich aus der<br />
FCKW-Produktion aussteigen. Das Banner<br />
hägen Kletterer schön exponiert an<br />
einen Hafenkran von Hoechst in Frankfurt.<br />
„Return to sender!“<br />
Giftmüll-Skandal entdeckt<br />
Im Frühjahr 1992 fi ndet <strong>Greenpeace</strong> heraus,<br />
dass sich Giftmüll aus Deutschland auf illegalen,<br />
völlig unzureichend gesicherten<br />
Deponien im Ausland befi ndet, etwa in Rumänien<br />
und Albanien. <strong>Greenpeace</strong> bringt<br />
die gefährlichen Fässer teilweise zurück<br />
nach Deutschland oder organisiert einen<br />
Transport. Nach anfänglichem Zögern übernimmt<br />
der damalige Umweltminister Klaus<br />
Töpfer Verantwortung und lässt 425 Tonnen<br />
Chemieabfälle im Ausland abholen.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: 1994 verbietet die Basler<br />
Konvention sämtliche Giftmüllexporte<br />
aus OECD- in Nicht-OECD-Länder.<br />
In einem Schuppen in Rumänien rosten Fässer<br />
mit Altpestiziden vor sich hin. Der Giftmüll<br />
stammt aus Deutschland. <strong>Greenpeace</strong>r in<br />
Schutzanzügen organisieren den Rücktransport.<br />
Coole Erfi ndung:<br />
Der „Greenfreeze“<br />
Anfang der 1990er Jahre protestiert <strong>Greenpeace</strong> gegen die<br />
Chlorchemie-Riesen wie Kali-Chemie und Hoechst. Parallel<br />
arbeitet die Organisation an einer praktischen Lösung.<br />
<strong>Greenpeace</strong> weiß, dass man so ein „Teufelszeug“ wie FCKW<br />
am besten bekämpft, indem man dessen Überfl üssigkeit<br />
beweist:<br />
Mit der sächsischen Firma dkk Scharfenstein (später<br />
Foron) entwickelt <strong>Greenpeace</strong> 1992 einen Kühlschrank, der ohne ohne<br />
ozonschädliches FCKW und klimaschädliches FKW auskommt. Der „Greenfreeze“ kühlt mit<br />
reinen Kohlenwasserstoffen, einem Propan-Butan-Mix. Anfangs leisten die Chemiefi rmen und<br />
großen Weißware-Hersteller AEG, Bauknecht, Bosch, Elektrolux, Liebherr, Miele und Siemens erbitterten<br />
Widerstand. Sie warnen vor einer „Bombe in der Küche“, da Butan und Propan brennbar<br />
sind. Doch in einem Kühlschrank steckt nicht viel mehr Gas als in einem Feuerzeug – die plumpe<br />
Panikmache hat keinen Erfolg. In wenigen Jahren setzt sich der „Greenfreeze“ durch, alle genannten<br />
Firmen stellen auf die „grüne Kälte“ um.<br />
Fragen an Wolfgang Lohbeck, Dipl.-Ing. Architekt, seit 1983 bei <strong>Greenpeace</strong>, Klimaexperte und<br />
Beauftragter für Sonderthemen.<br />
Wie erfolgreich ist der „Greenfreeze“?<br />
Er ist ein Welthit. Seit 1993 wurden von diversen<br />
Herstellern rund um den Globus etwa<br />
400 Millionen „Greenfreeze“-Geräte gebaut,<br />
aktuell sind es etwa 40 Millionen im Jahr. Nur<br />
in den USA sind Butan und Propan in Kühlschränken<br />
leider verboten. Vermutlich stecken<br />
Chemieriesen wie DuPont und Honeywell dahinter,<br />
die ihre FKW-Kühlmittel wie R134a<br />
weiter verkaufen wollen.<br />
Aber gerade tut sich Positives: Bosch und General<br />
Electric habaen erklärt, „Greenfreeze“-<br />
Schränke auf den US-Markt bringen zu wollen.<br />
Hoffentlich bekommen sie dort rechtlich<br />
grünes Licht.<br />
Was steckt hinter dem Projekt „RefrigerantsNaturally!“,<br />
das <strong>Greenpeace</strong> 2003 mitinitiiert hat?<br />
Fünf Riesen, Coca-Cola, PepsiCo, Unilever,<br />
Carlsberg Group und McDonald’s, haben sich<br />
verpfl ichtet, am point-of-sale von Gastronomie<br />
und Handel aus der FKW-Kühlung auszusteigen,<br />
z.B. bei Getränkeautomaten und Eiscremebereitern.<br />
Keine kleine Sache, es handelt<br />
sich um Millionen Geräte weltweit.<br />
Wie gelangen FKW und FCKW eigentlich an<br />
die Luft?<br />
Bei allen Kälteanlagen – vom Kühlschrank bis<br />
zur Klimaanlage – sind Leckagen unvermeid-<br />
lich. Spätestens aber auf der Mülldeponie<br />
gelangen die Gase dann vollständig in die Atmosphäre.<br />
Das Kältemittel in Auto-Klimaanlagen<br />
kann bei der Verschrottung oder zuvor bei<br />
einem Unfall komplett entweichen.<br />
Gibt es außer der „Greenfreeze“-Technik<br />
weitere grüne Alternativen?<br />
Ja, es gibt als natürliche Kältemittel z.B. Ammoniak<br />
und CO2. Ammoniak ist allerdings giftig<br />
und stinkt, für den Lebensmittelbereich ist<br />
es eher ungeeignet.<br />
CO2-Anlagen sind etwas teurer. Sie müssen höhere<br />
Drücke aushalten, da sind bessere Materialien<br />
und Verarbeitung gefragt. Dafür ist das<br />
System sparsam im Energie-Verbrauch. Aldi<br />
Süd und Lidl sind schon auf den Geschmack<br />
gekommen, sie statten alle neuen Märkte mit<br />
CO2-Kühlung aus.<br />
Aber CO<br />
²<br />
ist doch auch ein „Klimakiller“, warum<br />
ist es FKW vorzuziehen?<br />
Erstmal ist CO2 im Vergleich zu FKW viel<br />
harmloser, es hat nur ein Tausendstel des Treibhauspotentials<br />
von FKW, oder weniger. Außerdem<br />
wird das CO2 für die Kälteanlagen nicht<br />
extra chemisch produziert. Es ist als chemischer<br />
Abfall im Überfl uss vorhanden und wird in verschwindend<br />
geringen Mengen eingesetzt.<br />
1990<br />
Nach der Wiedervereinigung<br />
eröffnet<br />
<strong>Greenpeace</strong> ein Büro<br />
im Ostteil Berlins.<br />
1991<br />
<strong>Greenpeace</strong> präsentiert<br />
„Das Plagiat“, eine<br />
Kopie des Magazins<br />
„Der Spiegel“ – als<br />
weltweit erste Tiefdruck-Zeitschrift<br />
auf<br />
chlorfrei gebleichtem<br />
Papier. Heute ist dieses<br />
Papier Standard.<br />
Der Antarktis-Vertrag<br />
von 1961 wird<br />
um weitere 50 Jahre<br />
verlängert und um<br />
eine wichtige Regel ergänzt:<br />
In der Antarktis<br />
dürfen keine Rohstoffe<br />
abgebaut werden.<br />
1992<br />
Aktionen in Stinnes-<br />
Baumärken gegen den<br />
Verkauf von Tropenholz.<br />
Stinnes reagiert<br />
und beendet sein<br />
Tropenholzgeschäft.<br />
1993<br />
11<br />
1983 beschloss die<br />
„London Dumping<br />
Convention“, zehn<br />
Jahre dürfe kein Atommüll<br />
im Meer versenkt<br />
werden. Jetzt verbietet<br />
sie die Entsorgung<br />
gänzlich!<br />
Internationale Aktion<br />
gegen den Holzkonzern<br />
MacMillan<br />
Bloedel (seit 1999<br />
Weyerhaeuser) wegen<br />
dessen Waldvernichtung<br />
am kanadischen<br />
„Clayoquot Sound“.<br />
Sieben <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Geschäftsführer,<br />
darunter der deutsche<br />
Thilo Bode, versperren<br />
eine Brücke am Waldgebiet<br />
und werden<br />
verhaftet.
Ausnahme-Aktion:<br />
Die Besetzung der<br />
„Brent Spar“<br />
Der Biologe Dr. Christian Bussau leitet das Team<br />
für Sonderprojekte bei <strong>Greenpeace</strong>. 1995 war er als<br />
Öl-Experte unter den Besetzern der „Brent Spar“. Er<br />
erinnert die Aktion, als wäre es gestern gewesen.<br />
Großstadtflair auf dem Meer<br />
13. Mai 1995. Seit zwei Wochen besetzen<br />
wir – 15 <strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten – eine<br />
verlassene Öltank- und Verladeplattform,<br />
die Shell im Atlantik versenken will: die<br />
„Brent Spar“. Der 14.500-Tonnen-Koloss<br />
aus rostigem Stahl ist 140 Meter hoch und<br />
ragt 30 Meter aus dem Wasser heraus. Er<br />
darf nicht in der Tiefsee verschwinden.<br />
Das Meer ist keine Müllkippe.<br />
Solange Menschen auf der Plattform sind,<br />
so unsere Taktik, wird Shell sie nicht<br />
versenken können. Von unserem Schiff<br />
„Moby Dick“ aus versorgen uns Schlauchboote<br />
mit Lebensmitteln. Auch Shell ist<br />
mit Schiffen da, man bewacht uns rund<br />
um die Uhr.<br />
Wir sind mitten im Meer, irgendwo zwischen<br />
den britischen Shetland-Inseln und<br />
Bergen in Norwegen, doch von einem Naturerlebnis<br />
kann nicht die Rede sein. Öl-<br />
und Gasfi rmen haben die See hier in ein<br />
Industriegebiet verwandelt. Zahlreiche Ölplattformen<br />
umgeben die „Brent Spar“. Es<br />
riecht nach Ruß und Öl, auf dem Wasser<br />
Shell kämpft mit Wasserkanonen gegen <strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten im Schlauchboot.<br />
Im Hintergrund ragt die rostige „Brent Spar“ aus der Nordsee.<br />
treiben schwarze Klumpen. Nachts, wenn<br />
die Gasabfackelungsfl ammen die Wolken<br />
rötlich färben, sieht der Himmel aus wie<br />
in der Großstadt.<br />
„Brent Spartanisch“<br />
Christian<br />
Bussau<br />
Unser Job ist kein Wellness-Urlaub und<br />
die „Brent Spar“ ein Null-Sterne-Hotel.<br />
Draußen sind es knapp über null Grad<br />
bei eisigem Wind, drinnen ist es kaum gemütlicher.<br />
Wir heizen nur einen kleinen<br />
Aufenthaltsraum, der immer proppevoll<br />
ist. Es gibt keine intakten Waschräume,<br />
kein Süßwasser zum Waschen, nur kleine<br />
Mengen zum Kochen und Trinken. Auch<br />
die Toiletten funktionieren nicht mehr, als<br />
Ersatzklo dienen Eimer.<br />
20. Mai 1995. Seit vielen Tagen stecke ich<br />
nonstop in einem dicken Arbeitsanzug und<br />
Stiefeln, wasche mich nicht mehr, nicht<br />
mal meine Haare. Keiner achtet hier noch<br />
auf sein Äußeres, doch mein Kopf juckt so<br />
stark, dass ich fast durchdrehe. Also hole<br />
ich mir einen Küchen-Abwascheimer, bin-<br />
de ihn an eine Schnur und hole Meerwasser<br />
damit hoch. Dann gehe ich mit Eimer,<br />
einem angeblich total tollen Spezial-Salzwassershampoo<br />
und Handtuch auf das<br />
Helikopter-Deck, denn hier bin ich allein.<br />
Na ja, fast: Die Shell-Leute haben mich<br />
im Blick.<br />
Es ist ein elendes Geschäft: Zuerst schäumt<br />
das Shampoo nicht, sondern verschmiert<br />
nur dickcremig meine Haare, dann lässt<br />
es sich nicht ausspülen. Langsam gefriert<br />
mein Kopf, und ich breche das Desaster ab.<br />
Ich gehe in die Küche und sage unserem<br />
Koch, dass ich den sauberen Eimer zurückbringe.<br />
Er bedankt sich, bittet mich dann<br />
aber, das Ding wieder mitzunehmen. Und<br />
steckt mir erst jetzt, dass ich einen Toiletteneimer<br />
erwischt hatte…<br />
Die Räumung, alles aus?<br />
23. Mai 1995. Seit zwei Tagen rückt uns<br />
Shell mit einer riesigen Arbeitsplattform<br />
„Stadive“ auf die Pelle. Jetzt wird‘s ernst.<br />
Einer der Kräne manövriert einen Draht-<br />
korb voller Menschen auf die „Brent Spar“.<br />
Mit einem Schlag sind an die 30 Polizisten<br />
und recht aggressive Sicherheitsleute von<br />
Shell an Bord. Wir wehren uns, ketten uns<br />
an Treppen, versperren den Eindringlin-<br />
gen den Weg, doch es nützt nichts. Nach<br />
einigen Stunden ist die „Brent Spar“ leer.<br />
Ein Regenbogen für die Sieger<br />
20. Juni 1995. Seit einer Woche zieht Shell<br />
die Plattform zu ihrem Versenkungsort, wir<br />
begleiten den Schleppzug mit dem <strong>Greenpeace</strong>-Schiff<br />
„Altair“. Am frühen Abend,<br />
gerade sind wir südlich der Faröer-Inseln,<br />
stehe ich mit einigen Kollegen und unserem<br />
Kapitän auf der Brücke und schaue<br />
zur „Brent Spar“ rüber. Die Sonne scheint,<br />
doch wir haben hohe Wellen, unser Schiff<br />
schwankt stark. Auch ich bin hin- und hergerissen:<br />
einerseits froh, dass wieder Aktivisten<br />
auf der Plattform sind, die wir per<br />
Hubschrauber abgesetzt haben, denn so<br />
wird Shell Zeit verlieren, andererseits traurig,<br />
ich bezweifl e, dass wir die Versenkung<br />
noch stoppen können. Plötzlich schreit jemand<br />
„Leise!“ und dreht das Radio auf. Ein<br />
englischer News-Sprecher verkündet:<br />
Shell wird die „Brent Spar“ nicht versenken.<br />
Es ist auf einmal totenstill, und wir starren<br />
uns alle an. Dann bricht Begeisterung und<br />
Jubel los. Einige schreien und hopsen herum,<br />
andere umarmen sich mit Tränen in<br />
den Augen. Die Brücke der „Altair“ ist ein<br />
„Tollhaus“!<br />
Ich mache nicht mit, fühle mich irgendwie<br />
leer. Nach diesem langen Kampf ist<br />
Zur Räumung der „Brent Spar“ rückt Shell mit einer schwimmenden<br />
Arbeitsplattform an. Ein Kran hievt eine Gondel voller<br />
Polizisten und Sicherheitskräfte auf die Stahlinsel.<br />
jetzt plötzlich<br />
Schluss?! Ich Ich<br />
gehe raus an<br />
Deck. Ein Kol-<br />
lege kommt hinterher,<br />
haut mir auf den Rücken und<br />
schreit mir „Ist das nicht toll?!!“ ins Ohr.<br />
„Idiot“, denke ich. Ich blicke aufs Wasser,<br />
lasse meine Augen ihren Weg fi nden, bis sie<br />
an der „Brent Spar“ hängen bleiben – und<br />
etwas Unglaubliches bemerken: einen Regenbogen!<br />
Dick und fett hängt er über der<br />
Plattform! Grüßt da der Meeresgott Poseidon<br />
mit unserem <strong>Greenpeace</strong>-Symbol? Auch der<br />
Kapitän steht an der Reling. Wir schauen<br />
uns nur an und denken dasselbe: „Wir haben<br />
gewonnen, die Meere haben gewonnen, es<br />
hat sich gelohnt!“<br />
Obwohl ich keinen Kitsch mag: Der Regenbogen<br />
hat mich umgehauen, endlich kann<br />
auch ich mich richtig freuen.<br />
Christian Bussau<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Nach 52 Tagen Auseinandersetzung<br />
mit Shell gibt der Öl-Multi<br />
nach und entscheidet, die „Brent Spar“ umweltschonend<br />
an Land zu entsorgen.<br />
Im Juli 1998 beschließen die Umweltminister<br />
von 15 europäischen Staaten ein<br />
Versenkungsverbot für Öl- und Gasplattformen<br />
in Nordsee und Nordostatlantik.<br />
1994<br />
Erfolg nach langer<br />
Kampagnenarbeit: Die<br />
Baseler Konvention<br />
verbietet Giftmüllexporte<br />
aus Industriestaaten<br />
nach Osteuropa<br />
und in die Dritte Welt.<br />
Die IWC richtet ein<br />
Schutzgebiet für Wale<br />
im Südpolarmeer ein.<br />
Leider halten sich die<br />
Fischer aus Japan<br />
nicht daran.<br />
<strong>Greenpeace</strong> demonstriert<br />
erstmals<br />
gegen Castor-Atomtransporte.<br />
Mit dem Stadtforst<br />
Lübeck präsentiert Initiator<br />
<strong>Greenpeace</strong> das<br />
erste deutsche Waldgebiet,<br />
das nachhaltig<br />
bewirtschaftet wird.<br />
1995<br />
13<br />
Zum Klimagipfel<br />
in Berlin besetzen<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten<br />
den Schlot des<br />
Braunkohlekraftwerks<br />
in Frimmersdorf und<br />
fordern den Einstieg<br />
Deutschlands in die<br />
Solarenergie.
14<br />
3-Liter-Auto:<br />
Der „SmILE“<br />
Nicht nur Probleme aufzeigen, sondern<br />
auch Lösungen präsentieren, lautet ein<br />
wichtiges Credo von <strong>Greenpeace</strong>. Also<br />
schimpfen die Umweltschützer während<br />
der Internationalen Automobilausstellung<br />
(IAA)1995 in Frankfurt nicht bloß über<br />
schwere klimaschädliche „Dinosaurier“-Autos,<br />
sondern präsentieren auch eine Alternative:<br />
Im Auftrag von <strong>Greenpeace</strong> bauten<br />
Schweizer Techniker einen Kleinwagen so<br />
um, dass er nur die Hälfte an Sprit verbraucht<br />
– bei gleicher Leistung. Aus einem<br />
Renault Twingo Easy wurde der „SmILE“<br />
(= small, intelligent, light, effi cient).<br />
<strong>Greenpeace</strong> zeigt der Autoindustrie und<br />
Öffentlichkeit, was technisch möglich ist.<br />
Der SmILE löst Erstaunen und Anerkennung<br />
aus. Das Sparmobil hat statt des Vierzylinder-Motors<br />
einen Zweizylinder-Viertakt-Ottomotor,<br />
ist 195 Kilo leichter und<br />
windschnittiger als das Serienmodell. Statt<br />
6,7 Liter auf 100 Kilometern verbraucht es<br />
nur 3,3 Liter, statt 154 Gramm stößt es nur<br />
76 Gramm CO2 aus.<br />
Bis heute setzen die Autobauer bei ihren<br />
Modellen nicht auf größtmögliche<br />
Sparsamkeit. Noch immer bauen BMW,<br />
Mercedes, Volkswagen & Co. zu große und<br />
schwere Spritfresser.<br />
Dass es auch anders geht, beweist <strong>Greenpeace</strong><br />
mit dem Sparmobil „SmILE“.<br />
Auf der IAA in Frankfurt präsentiert <strong>Greenpeace</strong><br />
die Neuwagen diverser Hersteller als Dinosaurier:<br />
„Zu schwer. Zu gefräßig. Von vorgestern.“<br />
An einem eisigen Novembertag 1999: Als<br />
die „Queen Elizabeth II“ in einem Dock in<br />
Bremerhaven einen neuen Unterwasseranstrich<br />
bekommen soll, der das Dauergift<br />
TBT (Tributylzinn) enthält, versperren<br />
rund 70 Aktivisten dem Kreuzfahrtschiff<br />
den Weg. Timo Liebe war als Aktivist in<br />
einem Schlauchboot dabei: „Mit Spraydosen<br />
haben wir den Schiffsrumpf beschriftet:<br />
,God Save the Queen from TBT‘. Und<br />
Endlich grüner Strom:<br />
<strong>Greenpeace</strong> Energy<br />
Bis zum Frühjahr 1998 konnte sich niemand<br />
in Deutschland seinen Strom aussuchen.<br />
Alle Privathaushalte und Unternehmen<br />
waren an einen bestimmten<br />
Lieferanten gekettet, etwa die Hamburger<br />
an die HEW (Hamburgische Elektrizitätswerke,<br />
seit 2002 Vattenfall Europe AG).<br />
Dann endlich wurde der Strommarkt liberalisiert,<br />
und mit der über 60-jährigen Monopolstellung<br />
der Stromversorger war es<br />
vorbei. Noch immer beherrschen wenige<br />
Große den Markt – aktuell Vattenfall, Eon,<br />
EnBW und RWE, die hauptsächlich mit<br />
Atomkraft und Kohlekraft arbeiten. Dafür<br />
gründeten sich seit 1998 auch einige Ökostromanbieter,<br />
darunter Lichtblick, Naturstrom<br />
und <strong>Greenpeace</strong> Energy.<br />
<strong>Greenpeace</strong> Energy entstand genau genommen<br />
aus einer Not heraus. Nachdem<br />
<strong>Greenpeace</strong> seine Fördermitglieder bei der<br />
Aktion „Stromwechsel“ befragt hatte, ob<br />
sie gern Ökostrom beziehen würden, kamen<br />
gut 60.000 positive Rückmeldungen.<br />
Leider konnte <strong>Greenpeace</strong> dann aber<br />
keinen passenden Energieversorger<br />
auftreiben, der seinen strengen ökologischen<br />
Kriterien entsprach. Also<br />
nahm <strong>Greenpeace</strong> das Thema selbst in<br />
die Hand:<br />
Am 28. Oktober 1999 entsteht die<br />
<strong>Greenpeace</strong> Energy eG als Genossenschaft,<br />
im Januar 2000 startet das Geschäft<br />
mit den ersten 186 Kunden. Die<br />
Arbeitsumstände sind anfangs noch etwas<br />
chaotisch: Energy hatte sich auf den<br />
Schiffsanstrich:<br />
„God Save the Queen from TBT“<br />
im Hafenbecken waren <strong>Greenpeace</strong>r mit<br />
allem unterwegs, was schwimmt, um das<br />
Schiff irgendwie aufzuhalten: in Schlauchbooten,<br />
Kanus, Kajaks, Bojen und sogar<br />
mit so albernen aufgeblasenen Badeinseln<br />
– mit Palme dran!“ Die Reederei Cunard<br />
fi ndet die Aktion gar nicht lustig und<br />
nimmt sich den Aufruf zu Herzen: Noch<br />
am gleichen Tag vermeldet sie den Verzicht<br />
auf TBT-Anstriche bei ihrer gesamten<br />
Fluren von <strong>Greenpeace</strong> zur Untermiete<br />
einquartiert, dann bezogen die Kollegen<br />
ein Büro in Bahnhofsnähe, das aber schon<br />
im ersten Jahr zu klein wurde.<br />
Im Januar 2001 gründet die Genossenschaft<br />
ihre Tochter Planet energy GmbH, die saubere<br />
Kraftwerke bauen und betreiben soll.<br />
Denn <strong>Greenpeace</strong> Energy will nicht nur<br />
Ökostrom liefern, sondern auch erzeugen.<br />
Bis heute wurden neun Windparks und<br />
Fotovoltaik-Kraftwerke mit zusammen 34<br />
Megawatt Leistung errichtet und dafür 72<br />
Millionen Euro investiert.<br />
Noch immer genügt einzig der Ökostrom<br />
von <strong>Greenpeace</strong> Energy den strengen<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Kriterien.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: 2010 beliefert <strong>Greenpeace</strong><br />
Energy 95.000 Kunden, die Genossenschaft<br />
zählt 18.000 Mitglieder und hat<br />
60 feste Mitarbeiter.<br />
Flotte. Seit 2004 gehört auch die „Queen<br />
Mary 2“ dazu. Timo Liebe: „Da war der<br />
Jubel riesig! Dass die Reederei direkt auf<br />
unsere Forderung reagiert hat, fand ich<br />
außergewöhnlich!“<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Ende 2001 beschließen<br />
die Mitgliedsländer der Internationalen<br />
Schifffahrtsorganisation ein globales Verbot<br />
von TBT in Schiffsfarben.<br />
1996<br />
www.greenpeace.de<br />
geht online.<br />
1997<br />
<strong>Greenpeace</strong> gründet<br />
die Initiative „Einkaufs<br />
Netz“ für gesunde<br />
Produkte ohne Gentechnik.<br />
Die „Arctic Sunrise“<br />
fährt vier Wochen in<br />
die Arktis zur Dokumentation<br />
der Klimaerwärmung.<br />
1998<br />
Auftakt des<br />
genetiXprojects. Es<br />
bietet Jugendlichen<br />
ein Forum, gegen Gen-<br />
Food, darunter Nestlés<br />
„Butterfi nger“, zu<br />
protestieren. Mit einem<br />
Kleinbus geht genetiX<br />
auf eine bundesweite<br />
Info- und Foto-Tour. Im<br />
Juli 1999 nimmt Nestlé<br />
auf Druck von <strong>Greenpeace</strong><br />
und vorwiegend<br />
jungen Verbrauchern<br />
den „Butterfi nger“<br />
wieder vom deutschen<br />
Markt.<br />
Aktion gegen Unilever<br />
unter dem Motto:<br />
„Wir sind keine Versuchskaninchen!“<br />
Das<br />
Unternehmen produziert<br />
Lebensmittel, die<br />
genmanipuliertes Soja<br />
enthalten.<br />
1999<br />
Start einer Kampagne<br />
zur Rettung des<br />
Amazonas-Urwalds.<br />
15
16 17<br />
Jeder Baum zählt:<br />
Rettung der letzten Urwälder<br />
Ein Urwald ist ein ursprünglicher, natürlich<br />
gewachsener Wald, der vom Menschen<br />
wenig beeinfl usst und nicht wirtschaftlich<br />
genutzt wird. In tropischen<br />
Regenwäldern wimmelt es vor Leben in<br />
sagenhafter Vielfalt. Doch auch in kühlen<br />
und gebirgigen Regionen gibt es noch artenreiche<br />
Urwälder. Die einstigen Urwälder<br />
Mitteleuropas sind bis auf winzige<br />
Reste verschwunden.<br />
Tropentörn statt Arktistour:<br />
Mit der „Arctic Sunrise“<br />
( arktischer Sonnenaufgang)<br />
unternimmt <strong>Greenpeace</strong><br />
2001 eine Expeditionsfahrt<br />
auf dem Amazonas.<br />
„Amazon Crime“<br />
Der über vier Millionen Quadratkilometer<br />
große Regenwald in Südamerika wird einerseits<br />
zum Gewinn kostbarer Edelhölzer,<br />
andererseits für neue Äcker und Viehweiden<br />
gerodet – vor allem für Soja-Monokulturen<br />
und Rinderherden zur Fleisch- und Lederproduktion.<br />
Die Sojabohnen wiederum landen<br />
im Futtertrog von Hühnern, Schweinen &<br />
Co. in Europa. „Wir essen Amazonien auf“,<br />
betitelt <strong>Greenpeace</strong> die Misere. In nur 40<br />
Jahren wurden knapp 20 Prozent des Waldes<br />
vernichtet, vielfach auf illegale Weise.<br />
1993 startet <strong>Greenpeace</strong> seine internationale<br />
Wälder sind nicht nur ökologisch, sondern<br />
auch für das Klima bedeutsam: Bäume<br />
speichern viel Kohlenstoff. Werden<br />
sie abgeholzt oder verbrannt, gelangt ein<br />
Großteil davon als klimaschädliches CO2<br />
in die Atmosphäre. Wälder funktionieren<br />
auch als natürliche „Klimaanlage“. Wenn<br />
Bäume der Sonne ausgesetzt sind, lassen<br />
sie über ihre Blattporen Wasserdampf ab.<br />
Damit kühlen sie sich – und die Luft.<br />
Amazonas-Arbeit mit vielfältigen Kampagnen<br />
und Einzelaktionen, drei Beispiele:<br />
Basis mitten im Amazonas: 1998 eröffnet<br />
<strong>Greenpeace</strong> ein Büro in Manaus und fi ndet<br />
heraus, wo und von wem illegal Wald gerodet<br />
wird. Die brasilianische Regierung wird<br />
aufgefordert, dieses zu bekämpfen.<br />
Ran an die Schiffe: Aktivisten protestieren<br />
immer wieder gegen Schiffe, die illegales<br />
Mahagoni-Tropenholz geladen haben – zum<br />
Beispiel 2003 im Hamburger Hafen gegen<br />
die „MV Enif“ aus Santarém.<br />
„Scorpions“ als Urwaldbotschafter: Gemeinsam<br />
mit <strong>Greenpeace</strong> ruft die deutsche Band<br />
2008 bei einem Konzert in Manaus zur Rettung<br />
des Amazonas auf.<br />
Waldschutz-Camp<br />
2005 in Lappland –<br />
zu kalt für Romantik.<br />
Seit 1991 engagiert sich <strong>Greenpeace</strong><br />
für den Urwald, zunächst in<br />
West-Kanada, dann am südamerikanischen<br />
Amazonas, in Finnland und<br />
Russland, im afrikanischen Kongo<br />
sowie in Papua-Neuguinea und Indonesien.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolge – eine Auswahl:<br />
2002 beschließt die brasilianische Umweltbehörde<br />
den Schutz von Mahagoni-Bäumen<br />
und stimmt Handelsbeschränkungen zu.<br />
2004/2005 stellt Brasiliens Präsident Lula<br />
8 Mio. Hektar des Amazonas unter Schutz,<br />
2006 erweitert er um 6,5 Mio. Hektar.<br />
2006 Soja-Moratorium: Soja-Exporteure<br />
beschließen, zwei Jahre kein Soja von neu<br />
angelegten Feldern im Regenwald zu handeln.<br />
Das Moratorium wurde schon zwei<br />
Mal verlängert.<br />
2009 Rinder-Moratorium: Die vier größten<br />
Fleischkonzerne Brasiliens beschließen, keine<br />
Rinder mehr zu kaufen, die von neuen<br />
Weidefl ächen im Regenwald stammen.<br />
Vom Schlauchboot<br />
zum Verhandlungstisch<br />
von Oliver Salge, Leiter der Wald- und Meereskampagne<br />
Frühling 2005, Ostsee<br />
Per Schlauchboot verfolge ich den fi n-<br />
nischen Frachter „Antares“ auf dem Weg<br />
nach Lübeck. Er hat Papier aus Urwaldzerstörung<br />
geladen. Ich habe Kameraleute und<br />
Fotografen an Bord. Aus dem Schlauchboot<br />
vor mir klettern Aktivisten auf die Lade-<br />
luke des Frachters. Wir wollen das Schiff<br />
aufhalten und die Öffentlichkeit auf die<br />
Urwaldvernichtung in Lappland hinweisen.<br />
Bereits seit 2000 kämpft <strong>Greenpeace</strong> für<br />
den Schutz der fi nnischen Wälder.<br />
Kiefern und Fichten, viele davon mehrere<br />
100 Jahre alt, fallen für die Herstellung<br />
deutscher Zeitschriften. Noch ein Ansatz-<br />
punkt für uns, etwas zu verändern: Ich te-<br />
lefoniere mit Managern deutscher Verlage<br />
und fordere sie auf, kein Papier mehr aus<br />
Urwaldzerstörung zu kaufen. Sie versichern<br />
mir, mit ihren Lieferanten zu sprechen …<br />
Mit zahlreichen Protesten erreichen wir<br />
2005 einen Einschlagstopp in einigen<br />
Gebieten Lapplands – doch noch keinen<br />
Schutzvertrag.<br />
„Waldkindergarten“<br />
mal anders<br />
Die „Kids for Forests“ organisieren 1998<br />
eine Banner-Malaktion zur Rettung des<br />
kanadischen „Great Bear“-Regenwalds.<br />
Heute nennen sie sich „Kids for Earth“.<br />
Greenteams sind mit kreativen Aktionen<br />
in der Schule, auf der Straße und mit politischer<br />
Arbeit aktiv. Auf dem Urwaldgipfel<br />
2008 in Bonn demonstrieren 500 Kids<br />
für den Urwald- und Klimaschutz. Dem<br />
damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel<br />
überreichen sie 115.000 Unterschriften<br />
für ihr Anliegen.<br />
Sommer 2009, Fischmarkt von Helsinki<br />
Vor der Zentrale von Stora Enso treffe ich<br />
eine fi nnische Kollegin. Wir sind mit dem<br />
Konzernchef verabredet, wollen über Lö-<br />
sungen des Urwaldkonfl ikts reden. Ich denke<br />
an die Schlauchboot-Einsätze in Lübeck zurück.<br />
Statt im gelben Überlebensanzug trete<br />
ich Stora Enso nun im Jackett gegenüber. Un-<br />
serem Gespräch folgen noch einige weitere.<br />
Herbst 2009, Peurakaira-Urwald in Lappland<br />
Mit dem Geschäftsführer von Stora Enso,<br />
fi nnischen Forstbeamten, lokalen Sami-Ren-<br />
tierhaltern und meiner fi nnischen Kollegin<br />
stapfe ich durch hohen Neuschnee durch<br />
den Wald. Eigentlich war geplant, bei die-<br />
sem Waldbesuch über den Urwaldschutz zu<br />
sprechen. Doch – nicht mehr nötig!<br />
Einige Wochen zuvor hatten kurzfristig<br />
anberaumte Verhandlungen zwischen dem<br />
Forstamt, <strong>Greenpeace</strong>, den Rentierhaltern<br />
und der Holzindustrie ergeben: 96.700 Hektar<br />
Urwald in Nordlappland sind ab sofort<br />
geschützt. Sie können nun nicht mehr in Zell-<br />
stoff und Papier verwandelt werden.<br />
Eine Tigerdame<br />
der „Kids for<br />
Forests“ beim<br />
Urwaldgipfel (CBD)<br />
in Den Haag 2002.<br />
Im fi nnischen<br />
Urwald wachsen<br />
hunderte Jahre<br />
alte Nadelbäume.<br />
Oliver Salge auf der Ostsee, hinter<br />
ihm der Papierfrachter „Antares“.<br />
2000<br />
<strong>Greenpeace</strong> protestiert<br />
am Europäischen<br />
Patentamt, München,<br />
mit der Mahnung<br />
„Lebewesen und<br />
ihre Gene sind nicht<br />
patentierbar“. Zuvor<br />
deckte <strong>Greenpeace</strong><br />
auf: Patente wurden<br />
auf Pfl anzen, Tiere und<br />
sogar menschliche<br />
Embryonen erteilt.<br />
2001<br />
Mit der „Arctic Sunrise“<br />
fährt <strong>Greenpeace</strong><br />
ins Südpolarmeer und<br />
spürt die japanische<br />
Walfangfl otte auf. Die<br />
Rettung vieler Tiere<br />
gelingt.<br />
2002<br />
Eine Kampagne gegen<br />
Krebs erregenden<br />
Dieselruß drängt<br />
deutsche Autobauer,<br />
Dieselrußfi lter in ihre<br />
Wagen einzubauen.<br />
2003<br />
<strong>Greenpeace</strong> demonstriert<br />
gegen den Irak-<br />
Krieg und appelliert an<br />
die Bundesregierung,<br />
im UN-Sicherheitsrat<br />
bei ihrem „Nein“ zu<br />
bleiben.<br />
Mit „Mais-Fratzen“<br />
protestiert <strong>Greenpeace</strong><br />
vor dem Bundestag<br />
gegen die gefährliche<br />
Gentechnik und warnt<br />
vor unkontrollierter<br />
Ausbreitung genmanipulierter<br />
Pfl anzen.
18<br />
Nanu, was steht denn da? Im Golf von<br />
Kalifornien vor Mexiko werben <strong>Greenpeace</strong>-Taucher<br />
für den Meeresschutz.<br />
Ein Seelöwe ist ganz auf ihrer Seite.<br />
1 Südpolarmeer<br />
Grausamer Walfang<br />
Dez. 2005/Jan. 2006: Im Südpolarmeer gehen<br />
japanische Walfänger angeblich zu „Forschungszwecken“<br />
auf die Jagd. Eine Lüge.<br />
<strong>Greenpeace</strong> gelingt es, die Fangfl otte zu stören<br />
und 82 Wale zu retten. Bilder des grausamen<br />
Geschehens werden weltweit gezeigt.<br />
2 Atlantik/Westafrika<br />
Piratenfi scher auf Beutezug<br />
März/April 2006: Piratenfi scher beuten<br />
Meere und Menschen aus. Darunter leidet<br />
z.B. die Küstenbevölkerung Westafrikas,<br />
die vom Meer als Nahrungsquelle abhängig<br />
ist. <strong>Greenpeace</strong> dokumentiert vor Guinea<br />
die Untaten von Piratenfi schern, aber auch<br />
ihre unwürdigen Lebensbedingungen. Ein<br />
illegaler Fischfrachter wird bis zu den Kanarischen<br />
Inseln verfolgt und dort von den<br />
Behörden festgesetzt.<br />
3 Atlantik/Azoren<br />
Zerstörerische Tiefseefi scherei<br />
Mai 2006: Bei den Azoren fi lmt und fotografi<br />
ert <strong>Greenpeace</strong> in der Tiefsee wundersames<br />
Leben und Spuren der Zerstörung<br />
durch schwere Grundschleppnetze. <strong>Greenpeace</strong><br />
kämpft für ein Verbot der Tiefseefi<br />
scherei, bisher vergeblich.<br />
„SOS Weltmeer“-Tour<br />
Mission: Meeresschutz<br />
Sie werden leer gefi scht, mit Müll, Abwässern und Öl<br />
verdreckt, durch Industrie- und Militärlärm erschüttert<br />
und vom Klimawandel bedroht. Die Ozeane sind in<br />
der Krise. Unter dem Motto „SOS Weltmeer“ startet<br />
<strong>Greenpeace</strong> Ende 2005 mit dem Schiff „Esperanza“<br />
eine 14-monatige Expedition rund um die Welt.<br />
4 Mittelmeer<br />
Letzter Ausweg: Schutzgebiete<br />
Mai/Juli 2006: Das Mittelmeer ist überfi scht.<br />
Aqua-Kulturen, z.B. zur Thunfi sch-Zucht,<br />
verschärfen das Problem, denn sie verbrauchen<br />
viel Futter aus Wildfi sch. <strong>Greenpeace</strong><br />
dokumentiert die Missstände und setzt sich<br />
für Schutzgebiete im Mittelmeer ein.<br />
5 Rotes Meer<br />
Zerbrechliche Schönheit der Riffe<br />
Juli/Aug. 2006: <strong>Greenpeace</strong>-Taucher erkunden<br />
und dokumentieren die zerbrechliche<br />
Schönheit der Korallenriffe im Roten<br />
Meer. Unterstützung erhält <strong>Greenpeace</strong><br />
von einer Vereinigung von Tauchzentren,<br />
die sich für den Riffschutz engagiert.<br />
6 Indischer Ozean/Indien<br />
Schildkröten in Not<br />
Aug. 2006: Nicht nur die Meere, auch die<br />
Küstengebiete Indiens leiden: Z.B. bedroht<br />
dort der Bauboom seltene Schildkröten, und<br />
Mangrovenwälder weichen für Shrimpfarmen.<br />
<strong>Greenpeace</strong> übergibt der Regierung<br />
einen umfassenden Schutzplan.<br />
7 Pazifi k/Philippinen<br />
Gold- und Silberrausch<br />
Aug./Sept. 2006: <strong>Greenpeace</strong> wird von<br />
einem Tankerunglück „begrüßt“ und hilft,<br />
den Ölteppich zu beseitigen. Die eigentliche<br />
Mission richtet sich gegen Gold- und<br />
Silberabbau vor den Philippinen, wobei<br />
giftige Chemikalien austreten. Bei einer<br />
Demo auf See führt die „Esperanza“ eine<br />
Flotte von 70 Booten an.<br />
8<br />
Die wichtigsten<br />
Stationen:<br />
9<br />
3<br />
10<br />
8 Pazifi k/Hawaii<br />
Müllstrudel vor den Trauminseln<br />
Okt. 2006: Ein Müllstrudel, so groß wie Mitteleuropa<br />
(!), hat sich im Nordpazifi k nahe<br />
Hawaii gebildet. Besonders Plastikmüll ist<br />
bedrohlich für die Tierwelt. Meerestiere und<br />
Seevögel verfangen sich oft in Plastikteilen<br />
oder füllen sich damit den Magen.<br />
<strong>Greenpeace</strong> macht das Problem weltweit<br />
publik und fordert Maßnahmen dagegen.<br />
2<br />
4<br />
Es wird<br />
weltweit zu<br />
viel Fisch<br />
gefangen.<br />
5<br />
Fisch-Dieb!<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
markiert<br />
einen Piratenfi<br />
scher.<br />
9 Pazifi k/Mexiko<br />
Viele Menschen, viele Probleme<br />
Nov./Dez. 2006: Das Meer vor Mexiko leidet<br />
unter Massentourismus und Überfi schung,<br />
die auch den dort heimisc hen Kleinwal<br />
„Vaquita“ bedroht. <strong>Greenpeace</strong> engagiert<br />
sich gegen illegale Hotel-Bauvorhaben am<br />
Golf von Kalifornien. Außerdem setzt sich<br />
<strong>Greenpeace</strong> für ein Meeresschutzgebiet am<br />
Espíritu Santo Archipel ein – mit Erfolg!<br />
10 Südpolarmeer/Antarktis<br />
Klimawandel: Das Eis schmilzt<br />
Jan./Feb. 2007: In der Antarktis dokumentiert<br />
<strong>Greenpeace</strong> die gut sichtbaren<br />
Folgen der globalen Klimaerwärmung:<br />
Das Schelfeis schmilzt und lässt den<br />
Meeresspiegel steigen. Flache Küstengebiete<br />
und Inseln werden weltweit eines<br />
Tages versinken.<br />
66<br />
1<br />
7<br />
2004<br />
11 19<br />
„Solar Generation“:<br />
Jugendliche <strong>Greenpeace</strong>r<br />
(JAGs) sind<br />
weltweit für saubere<br />
Energien aktiv. Für ein<br />
indisches SOS-Kinderdorf<br />
organisieren sie<br />
eine Solaranlage. In<br />
Deutschland werben<br />
JAGs auf politischen<br />
Veranstaltungen und<br />
Jugendfestivals für ihr<br />
Anliegen.<br />
Der Kellerwald in<br />
Hessen wird zum<br />
„Nationalpark Kellerwald-Edersee“<br />
erklärt<br />
– dank des Engagements<br />
von <strong>Greenpeace</strong><br />
und anderer Umweltorganisationen.<br />
„Leben ist kein<br />
Abfall“: In Berlin, München<br />
und Köln präsentiert<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
der Öffentlichkeit auf<br />
langen Tafeln Beifänge<br />
der Fischerei: rund<br />
11.000 tote Tiere.<br />
2005<br />
<strong>Greenpeace</strong> veröffentlicht<br />
zwei Verbraucher-Ratgeber:<br />
„Essen<br />
ohne Pestizide“ sowie<br />
„Pestizide aus dem<br />
Supermarkt“. Getestet<br />
wurden Obst und<br />
Gemüse, viele Sorten<br />
wiesen Giftrückstände<br />
auf. Einige Handelsketten<br />
reagieren sofort<br />
mit Maßnahmen zur<br />
Pestizidreduktion.
20 21<br />
Regine Frerichs<br />
David gegen Goliath 1976:<br />
<strong>Greenpeace</strong>r im Schlauchboot vor<br />
dem Bug eines Walfängers.<br />
Große Liebe:<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
kämpft für Wale<br />
Bereits seit den 70er Jahren setzt sich<br />
<strong>Greenpeace</strong> für die bedrohten Wale ein,<br />
am Schreibtisch und auf See: 1975, bei<br />
einem Protest gegen russische Walfänger<br />
im Südpazifi k, manövrieren <strong>Greenpeace</strong>-<br />
Aktivisten erstmals ihre kleinen Schlauchboote<br />
zwischen Wal und Harpune. Ein<br />
Jahr später verfolgt die Crew der „Rainbow<br />
Warrior“ 20 Tage eine isländische Fangfl otte<br />
und stört ihre blutige Arbeit. Der Kampf<br />
à la „David gegen Goliath“ macht <strong>Greenpeace</strong><br />
weltberühmt.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Nachdem <strong>Greenpeace</strong><br />
seit 1978 „Beobachterstatus“ bei der Internationalen<br />
Walfangkommission (IWC) innehat,<br />
wird 1982 ein Walfangmoratorium<br />
ausgesprochen, das 1986 in Kraft tritt. Zwei<br />
Schutzgebiete für Wale werden eingerichtet,<br />
im Indischen Ozean und Südpolarmeer.<br />
Drei Nationen ignorieren die Verbote:<br />
Island, Norwegen und Japan. Die japanischen<br />
Walfänger nutzen eine Ausnahmeregel<br />
der IWC und töten Wale angeb-<br />
Der tote Finnwal ist ein Publikumsmagnet<br />
und wird hundertfach fotografi ert.<br />
lich zu „Forschungszwecken“. Tatsächlich<br />
wird jedes erbeutete Tier vom Fang- auf<br />
ein Fabrikschiff umgeladen, zerlegt und<br />
verkaufsfertig verpackt.<br />
<strong>Greenpeace</strong> gibt nicht auf. Die Umweltschützer<br />
schicken immer wieder Schiffe<br />
in die Jagdgebiete, zuletzt 2007, sammeln<br />
Unterschriften gegen den Walfang, schöpfen<br />
alle Möglichkeiten der politischen Einfl<br />
ussnahme aus. Dabei sterben Wale nicht<br />
nur durch Harpunen. Auch Lärm durch<br />
Industrie und Militär, Wasserverschmutzung,<br />
Überfi schung sowie der Klimawandel,<br />
der das Meer aus der Balance bringt,<br />
bedrohen die Meeressäuger.<br />
Regine Frerichs ist Geologin, Paläontologin,<br />
Forschungstaucherin und seit 2003<br />
Schlauchboot-Fahrerin und -Trainerin bei<br />
<strong>Greenpeace</strong>. Zwischen 2005 und 2008<br />
fährt sie dreimal mit ins Südpolarmeer, wo<br />
japanische Walfänger auf die Jagd gehen.<br />
Ein Kapitel ihres Buchs „Im Fadenkreuz<br />
der Walfänger“ (2008):<br />
Letzte Reise eines Finnwals:<br />
Protest gegen Walfang<br />
Im Januar 2006 birgt <strong>Greenpeace</strong><br />
einen vor Rostock gestrandeten<br />
17 Meter langen Finnwal<br />
und transportiert ihn nach Berlin vor die japanische<br />
Botschaft, um gegen den Walfang<br />
Japans zu protestieren. Tausende Berliner<br />
pilgern zu dem toten Wal, machen Fotos,<br />
berühren das riesige Tier. Über Fernsehberichte<br />
und Zeitungsmeldungen erreicht<br />
die spontane Aktion Millionen Menschen.<br />
Nachdem der Finnwal seine Botschaft<br />
überbracht hat, wird er dem Deutschen<br />
Meeresmuseum Stralsund übergeben. Die<br />
Wissenschaftler und Präparatoren des Mu-<br />
1:1 Riesen der Meere:<br />
Ausstellung im Ozeaneum<br />
Die wenigsten Menschen bekommen je<br />
einen Wal zu Gesicht. Schließlich passen<br />
Wale in kein Aquarium, und selbst Whale-Watcher<br />
kommen den Meeresgiganten<br />
nicht richtig nahe. Seit Sommer 2008 kann<br />
man die Dimensionen der größten Tiere<br />
unserer Erde am eigenen Leib erfassen:<br />
Zusammen mit dem Deutschen Meeresmuseum<br />
Ozeaneum in Stralsund kreiert<br />
<strong>Greenpeace</strong> die Ausstellung „1:1 Riesen der<br />
Meere“. Modelle von Meeresriesen in Originalgröße<br />
hängen an Stahlseilen in einer<br />
seums erhalten das Herzstück des Wals für<br />
ihre Besucher: Das 61 kg schwere Finnwalherz<br />
ist zum Vergleich neben einem Menschenherz<br />
im Ozeaneum präsentiert.<br />
Björn Jettka, <strong>Greenpeace</strong>-Pressesprecher,<br />
der die Aktion begleitete:<br />
„Das hatte schon einen Happening-Charakter<br />
– diesen Wal in Berlin vor der Botschaft<br />
umrundet von Menschen zu erleben,<br />
die ihn angefasst haben, die ihn fotografi<br />
ert haben, die mit Handys ihre Nachrichten<br />
an Freunde und Verwandte geschickt<br />
haben – ,Wart Ihr schon beim Wal?!‘“<br />
Sechs Meeresriesen hängen wie ein überdimensionales Mobile von der Decke im Ozeaneum.<br />
2010 kommen ein Riesenhai, Manta, Mondfi sch und ein Riemenfi sch zur Ausstellung dazu.<br />
20 Meter hohen Halle: z.B. ein 26 Meter<br />
langer Blauwal, ein Buckelwal mit Kalb,<br />
ein Schwertwal und ein Pottwal im Kampf<br />
mit einem Riesenkalmar. Die Exponate<br />
werden mit Lichteffekten, Walgesängen,<br />
Musik und Erzählungen in Szene gesetzt.<br />
Mit diesem Projekt ergänzt <strong>Greenpeace</strong><br />
auf künstlerische Weise sein Engagement<br />
für Wale, das bisher auf politischer Ebene<br />
und mit Aktionen auf See geführt wurde.<br />
Durch die Ausstellung gewinnt <strong>Greenpeace</strong><br />
viele neue Unterstützer.<br />
2006<br />
<strong>Greenpeace</strong>r nehmen<br />
Proben gentechnisch<br />
veränderter Maispfl anzen<br />
auf einem Feld in<br />
Nordrhein-Westfalen.<br />
Der Mais der Firma<br />
Monsanto enthält Gift,<br />
der nicht nur Schädlinge<br />
tötet.<br />
2007<br />
Mit der Studie<br />
„Plan B“ stellt <strong>Greenpeace</strong><br />
ein Energie- und<br />
Klimaschutzkonzept<br />
für Deutschland<br />
bis 2020 vor.<br />
Der Einkaufsratgeber<br />
Fisch erscheint in erster<br />
Aufl age von 50.000<br />
Exemplaren. Er listet<br />
beliebte<br />
Fischarten<br />
auf und gibt<br />
an, welche<br />
überfi scht<br />
sind und<br />
welche man<br />
bedenkenlos<br />
essen<br />
kann.<br />
2008<br />
Aktionen gegen<br />
„Klimaschweine“. Vor<br />
Mercedes-Autohäusern<br />
protestiert <strong>Greenpeace</strong><br />
mit dicken, klimaschädlichen<br />
Modellen – pink<br />
bemalt und mit Schweineohren<br />
und -nase.<br />
In Johannesburg eröffnet<br />
<strong>Greenpeace</strong> das<br />
erste Büro der Umweltorganisation<br />
in Afrika.
Sylter Außenriff:<br />
Erst Worte, dann Steine<br />
Immer wieder hatte sich <strong>Greenpeace</strong> mit<br />
Fischern, Unternehmern und Politikern an<br />
einen Tisch gesetzt. Doch das jahrelange<br />
Reden nützte nichts. Obgleich das Sylter<br />
Außenriff in der Nordsee als „Natura-<br />
2000“-Meeresschutzgebiet ausgewiesen ist,<br />
wurde dort weiterhin gefi scht, zum Teil mit<br />
zerstörerischen Grundschleppnet-<br />
zen, außerdem Sand und<br />
Kies abgebaut.<br />
Notgedrungen beschließt<br />
<strong>Greenpeace</strong>, Worten Steine<br />
folgen zu lassen: Die Umweltschützer<br />
beschaffen<br />
sich 1000 tonnenschwere Granitsteine aus<br />
Deutschland, Schweden und Norwegen,<br />
chartern ein Arbeitsschiff und versenken<br />
knapp ein Drittel der Steine in der Nordsee<br />
– bis die deutschen Behörden die Aktion<br />
stoppen. Angeblich würden die Felsbrocken<br />
das Meer schädigen, so ihre Begründung.<br />
Das Gegenteil stimmt. Die steinernen<br />
Schutzschilde vor Fischernetzen und<br />
Saugbaggern sind mittlerweile zu kleinen<br />
Unterwasser-Oasen geworden.<br />
Timo Liebe, Erster Steuermann der „Beluga<br />
II“, schildert seine Eindrücke:<br />
Eine Samtkrabbe fühlt sich auf einem der <strong>Greenpeace</strong>-Steine<br />
wohl. Ein Jahr nach ihrer Versenkung haben Taucher die Steine zur<br />
Dokumentation fotografi ert. Alle sind bewachsen und bewohnt.<br />
WRUSCHHHH!!! Es ist ein lautes und<br />
durchdringendes Geräusch, wenn der<br />
Bagger seinen stahlharten Griff um den<br />
Granitstein löst, der sogleich seinen Weg<br />
auf den Meeresgrund antritt. Bei circa 30<br />
Metern Wassertiefe dauert dieser Weg natürlich<br />
nicht lange, aber mir kommen diese<br />
Sekundenbruchteile<br />
sehr viel länger vor:<br />
Meine Gedanken<br />
scheinen für einen<br />
Moment stillzustehen,<br />
und ich starre<br />
in das vom weißen<br />
Schaum aufgewühlte Wasser neben der<br />
„Noortland“, unserem gecharterten Arbeitsschiff.<br />
Die Gewissheit, dass dieser Stein nun das<br />
Riff schützt, dass in Zukunft die zerstörerischen<br />
Grundschleppnetze den Meeresboden<br />
hier nicht mehr umgraben und kaputt<br />
machen können, diese Gewissheit tut gut.<br />
Vor allem die Nachhaltigkeit des Einsatzes<br />
ist etwas ganz Besonderes für mich: Wer<br />
sollte diesen mehrere Tonnen schweren<br />
Stein wieder aus der Nordsee heben?<br />
Wahrscheinlich niemand, der Aufwand<br />
Das rund 5.300 Quadratkilometer große<br />
Gebiet beginnt etwa 30 Seemeilen vor<br />
der Küste Schleswig-Holsteins und liegt<br />
auf Höhe der Inseln Sylt und Amrum.<br />
wäre einfach zu groß. Und da der Stein<br />
bei einem ehemaligen Steinriff (Sylter Außenriff)<br />
liegt, wird er auch nicht rasch im<br />
Sand versinken – nein, er wird dort liegen<br />
bleiben, und er wird dazu beitragen, das<br />
Riff und dessen Bewohner zu schützen.<br />
Insgesamt haben wir 320 Steine versenkt<br />
– sie schützen bis heute einen circa 300<br />
Quadratkilometer großen Bereich des Sylter<br />
Außenriffs. Taucher haben nach ungefähr<br />
einem Jahr einige der Steine untersucht<br />
und in Zusammenarbeit mit einem<br />
wissenschaftlichen Gutachterbüro festgestellt,<br />
dass sie gut in ihrer neuen Umwelt<br />
angekommen sind – in doppelter Hinsicht:<br />
Denn die Granitbrocken sind mittlerweile<br />
bewachsen, zum Beispiel mit Anemonen,<br />
Schwämmen, Seenelken und Seepocken.<br />
Und rundherum lassen sich viele verschiedene<br />
Tiere blicken, neben Fischen zum<br />
Beispiel Krebse, Garnelen, Schnecken und<br />
Seesterne. Im Gegenzug sind keine Spuren<br />
von Grundschleppnetzen mehr zu sehen.<br />
Es hat sich gelohnt!<br />
Timo Liebe<br />
Starker Helfer beim<br />
Steineversenken:<br />
ein Bagger.<br />
Dezember 2008, Hamburg: Mit einem brennenden<br />
CO ² -Zeichen warnt <strong>Greenpeace</strong> vor<br />
dem Neubau eines klimaschädlichen Vattenfall-Kohlekraftwerks<br />
in Hamburg-Moorburg.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten auf der Kuppel des AKW Unterweser<br />
fordern die sofortige Stilllegung des über 30 Jahre<br />
alten Reaktors und sechs weiterer deutscher AKW.<br />
Sie sind weder gegen einen Flugzeugabsturz noch<br />
gegen einen Terroranschlag ausreichend geschützt.<br />
Dezember 2008, Jaenschwalde:<br />
Dicht vor dem Schaufelrad<br />
eines Braunkohlebaggers protestieren<br />
<strong>Greenpeace</strong>r gegen<br />
neue Tagebaue in Brandenburg.<br />
September 2009, Berlin:<br />
50.000 Menschen kommen<br />
zur Anti-Atom-Demo,<br />
<strong>Greenpeace</strong> ist auch dabei.<br />
Energie-Kampagne:<br />
Protestwelle gegen<br />
Atom- und Kohlekraft<br />
November 2008, Wolfenbüttel: Protest<br />
auf dem Förderturm des Salzbergwerks<br />
Asse. <strong>Greenpeace</strong> fordert die<br />
Rückholung von 126.000 Fässern<br />
Atommüll aus dem unsicheren<br />
Versuchsendlager Asse II.<br />
2008<br />
Aktion in Tokio:<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Geschäftsführer<br />
aus<br />
aller Welt, darunter<br />
die deutsche Brigitte<br />
Behrens, erklären<br />
ihre Solidarität für die<br />
zwei unschuldigen<br />
japanischen Aktivisten<br />
Junichi Sato und Toru<br />
Suzuki. Sie hatten illegalen<br />
Walfl eisch-Handel<br />
aufgedeckt und<br />
eine Kiste Fleisch zum<br />
Beweis sichergestellt.<br />
Wegen angeblichen<br />
Diebstahls wurden sie<br />
verhaftet.<br />
2009<br />
23<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Protest<br />
gegen Gen-Mais<br />
vor dem bayerischen<br />
Landtag. Im April wird<br />
der Anbau des genmanipulierten<br />
Maises<br />
MON810 in Deutschland<br />
verboten.<br />
Das Verhalten der<br />
Bundesregierung in<br />
der Bankenkrise kommentiert<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
mit einem Banner an<br />
der Deutschen Bank<br />
in Frankfurt: „Wäre die<br />
Welt eine Bank, hättet<br />
ihr sie längst gerettet.“
24 25<br />
Schöne Kulisse, ernste Lage: Forscher der<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Arktistour sind mit Kajaks im<br />
Schmelzwasser eines Gletschers unterwegs.<br />
Sie untersuchen das Abschmelzen des Eises.<br />
Heiß-kalte Abenteuer:<br />
Zwei Frauen auf Expedition<br />
Gleich zwei wichtige Klimaschutz-Expeditionen unternimmt <strong>Greenpeace</strong> 2009 – nach Grönland<br />
und Indonesien. Zwei deutsche Kampaignerinnen sind vor Ort dabei.<br />
Iris Menn im Eis<br />
Mit einer Forschungsreise in die Arktis<br />
erfüllt sich die Meeresbiologin Iris Menn<br />
einen langjährigen Traum. Sie freut sich<br />
auf „unendliche Weite, irres Licht und<br />
schöne Eisformationen“ und hofft, einen<br />
Eisbären zu sehen.<br />
Ende August 2009 geht sie als Expeditionsleiterin<br />
an Bord der „Arctic Sunrise“, die<br />
seit Juni mit Wissenschaftlern unterwegs<br />
ist. Für sieben Wochen wird das <strong>Greenpeace</strong>-Schiff<br />
ihr Arbeitsplatz und Zuhause<br />
sein. Im Gepäck hat sie auch „Seelenfutter“<br />
für ihr Team: „Rund 50 Tafeln Schokolade<br />
und zwei Flaschen Whiskey!“<br />
Zu den Stationen der insgesamt viermonatigen<br />
Tour entlang Grönlands Küste zählen<br />
die Gletscher „Petermann“ (Westküste),<br />
„Kangerdlussuaq“ und „79.5° Nord“ (Ostküste).<br />
Die Forscher bestücken Gletscher<br />
mit GPS-Sendern, um ihre Bewegungen<br />
aufzuzeichnen. Außerdem messen sie<br />
Temperatur, Salzgehalt und Strömung des<br />
Polarmeers in verschiedenen Wassertiefen.<br />
Sie wollen klären, ob warme subtropische<br />
Strömungen die Gletscher Grönlands erreichen<br />
und schneller schmelzen lassen.<br />
Zu den Aufgaben von Iris Menn gehört<br />
unter anderem die Presse-Betreuung. Acht<br />
TV-Teams kommen zu Besuch, sogar eines<br />
aus Indien. Per Weblog erfährt man noch<br />
persönlicher vom Abenteuer Arktis – Iris<br />
Menn bloggt in jeder freien Minute. Eines<br />
ihrer schönsten Erlebnisse:<br />
| 19. September 2009 |<br />
Ich stehe in der Dusche mit Shampoo in den<br />
Haaren und höre über die Sprechanlage der<br />
„Arctic Sunrise“ die Ansage: Polar bear on the<br />
starboard side! Ich bin jetzt defi nitiv am falschen<br />
Platz! (...) Aber der Eisbär ist schläfrig, und ich<br />
schaffe es noch rechtzeitig nach oben. (…) Mal<br />
wandert er ein kleines Stück und schaut in unsere<br />
Richtung. Mal legt er sich hin, die Arme<br />
und Beine weit ausgebreitet. Mal wälzt er sich<br />
auf dem Rücken. Ich kann mich nicht dagegen<br />
wehren, er weckt in mir ein „Kuscheltier-Gefühl“.<br />
Wirklich nahe kommen möchte ich ihm trotzdem<br />
nicht …<br />
Die Expedition gelingt, die Forscher können<br />
ihre Theorie beweisen – sie fi nden subtropisches<br />
Wasser an der Front aller drei<br />
untersuchten Gletscher. Leider heißt dies:<br />
Die Prognosen des UN-Klimarats über die<br />
Schmelze des Eisschelfs von Grönland und<br />
den resultierenden Meeresspiegel-Anstieg<br />
werden von der Realität rasant überholt.<br />
Iris Menn<br />
Corinna Hölzel<br />
im Urwald<br />
Indonesiens Urwälder fallen der Palmöl- und<br />
Papierindustrie zum Opfer – aus kostbarem<br />
Wald werden Monokulturen. Viele Tiere, darunter<br />
die bedrohten Orang-Utans, verlieren<br />
ihre Heimat. Auch die lokale Bevölkerung<br />
wird rücksichtslos vertrieben. Die Entwaldung<br />
ist Gift fürs Klima. Denn der Wald<br />
wächst auf kohlenstoffhaltigen Torfböden.<br />
Werden sie für den Anbau von Ölpalmen<br />
oder Akazien trockengelegt, setzt dies Unmengen<br />
CO2 frei. Hauptverantwortlich im<br />
Land sind der Palmölproduzent Sinar Mas<br />
und der Papierkonzern April.<br />
Im November 2009 reist die Waldkampaignerin<br />
Corinna Hölzel nach Teluk Meranti<br />
auf Sumatra, wo <strong>Greenpeace</strong> ein „Urwaldschutzcamp“<br />
errichtet hat. Auch sie nutzt<br />
das Medium Blog, um die Welt brühwarm<br />
– oder besser: schwülwarm an allem teilhaben<br />
zu lassen.<br />
| 8. November 2009 |<br />
Seit gestern lebe ich mit rund 60 Menschen<br />
aus bestimmt 15 Ländern in dem kleinen Hüttendorf.<br />
(...) Die Stimmung hier ist fantastisch:<br />
Alle kämpfen gemeinsam für den Erhalt der<br />
indonesischen Torfwälder! Und dafür nehmen<br />
sie Hitze, Mücken, permanente Polizeikontrollen<br />
und schwerste Arbeit in Kauf. Wie hart die<br />
Bedingungen hier sind, habe ich heute beim<br />
Weiterbau an unserem ersten Damm am eigenen<br />
Leib erfahren. (...)<br />
Unschöne Kulisse, ernste Lage:<br />
Der Urwald Indonesiens wird für<br />
Palmöl-Plantagen zerstört.<br />
„Klimagipfel“: CO ² penhagen<br />
Vor und während des UN-Klimagipfels<br />
im Dezember 2009 demonstrieren <strong>Greenpeace</strong>r<br />
aus aller Welt für den Klimaschutz.<br />
Sie fordern von den Industrieländern,<br />
Treibhausgase massiv zu reduzieren, aus<br />
fossilen Energien auszusteigen und jähr-<br />
Corinna Hölzel<br />
Mit dem Dammbau in Entwässerungskanälen<br />
will <strong>Greenpeace</strong> verhindern, dass das<br />
Wasser abfl ießt und der Torf austrocknet.<br />
| 10. November 2009 |<br />
Heute heißt es Sandsäcke schleppen. (...) Der<br />
Weg über Wurzeln von brandgerodeten Bäumen<br />
auf dem glitschigen Torfboden bei voller Sonne<br />
ist für Stadtmenschen wie mich schon ohne<br />
Last eine Herausforderung. (...) Aber die hohe<br />
Motivation all der Leute hier und die Gewissheit,<br />
wenigstens ein bisschen Torfboden zu retten,<br />
macht alle Strapazen wett und die Sandsäcke<br />
irgendwie auch leichter und sympathischer.<br />
Die <strong>Greenpeace</strong>rin erlebt bewegende und<br />
schockierende Momente. Sie spricht mit verzweifelten<br />
Dorfbewohnern, die den Wald<br />
dringend brauchen – er gebe ihnen kostenlos<br />
Nahrung, Baumaterial und Medizin. Sie steht<br />
40 Aktivisten bei, die sich an Bagger gekettet<br />
haben, um die Waldzerstörung aufzuhalten<br />
– bis die Polizei die Aktion abbricht. Und als<br />
die später kommt, um das Camp zu räumen,<br />
wird Hölzel festgenommen und verhört.<br />
Zurück in Deutschland kämpft sie weiter<br />
um den Urwald Indonesiens. Auch die Bewohner<br />
von Teluk Meranti geben nicht auf,<br />
wahrscheinlich niemals.<br />
lich 110 Milliarden für den Klima- und<br />
Urwaldschutz zu investieren. Doch ein<br />
neues, rechtlich verbindliches Abkommen<br />
für weltweiten Klimaschutz kommt nicht<br />
zustande! Kopenhagen wird zum Symbol<br />
für politisches Versagen.<br />
2009<br />
Der Südafrikaner<br />
Kumi Naidoo wird<br />
neuer Chef von <strong>Greenpeace</strong><br />
International in<br />
Amsterdam.<br />
Der Biologe, Menschenrechtler<br />
und<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Mitarbeiter<br />
René Ngongo aus<br />
der Demokratischen<br />
Republik Kongo erhält<br />
für seinen langjährigen<br />
Einsatz für den Urwaldschutz<br />
und soziale<br />
Gerechtigkeit in seiner<br />
Heimat den Alternativen<br />
Nobelpreis.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Aktivisten<br />
übergeben<br />
mehr als 10.000<br />
Protestbriefe gegen<br />
Gen-Milch an Weihenstephan<br />
(Müller Milch).<br />
Dafür installieren sie<br />
einen zweieinhalb Meter<br />
hohen Briefkasten<br />
vor der Zentrale der<br />
Molkerei.<br />
Schockierende<br />
Ergebnisse eines<br />
Gewürze-Tests, den<br />
<strong>Greenpeace</strong> in Auftrag<br />
gab: Es kommt heraus,<br />
dass etwa in einer Prise<br />
Paprika oder Curry<br />
ein Giftcocktail von bis<br />
zu 20 verschiedenen,<br />
teilweise krebserregenden<br />
Chemikalien<br />
steckt.<br />
<strong>Greenpeace</strong> gründet<br />
die Kampagnen-Plattform<br />
„GreenAction“.<br />
In der Internet-Community<br />
sind nicht nur<br />
<strong>Greenpeace</strong>r aktiv, die<br />
Plattform ist für alle<br />
Umweltthemen offen.
26<br />
Gen-Pfl anzen sind tabu:<br />
<strong>Greenpeace</strong><br />
gegen Gentechnik<br />
Gentechnik birgt Gefahren für unsere<br />
Gesundheit und die Umwelt. Erstens: Fremde<br />
Gene in Lebensmitteln können neue Giftstoffe<br />
und Allergien verursachen. Zweitens:<br />
Der Anbau von Gen-Pfl anzen gefährdet die<br />
biologische Vielfalt und führt zu einem erhöhten<br />
Pestizideinsatz. Und drittens: Für<br />
Landwirte wird die Produktion gentechnikfreier<br />
Lebensmittel immer schwieriger. Das<br />
veränderte Erbgut von Gen-Pfl anzen kann<br />
sich unkontrolliert ausbreiten – ein Acker<br />
ist keine Isolierstation. Durch Pollenfl ug<br />
oder Insekten können die Samen herkömmlicher<br />
Pfl anzen „verunreinigt“ werden.<br />
Aus diesen Gründen kämpft <strong>Greenpeace</strong> gegen<br />
Gen-Pfl anzen und deren Verfütterung<br />
an Nutztiere der Milch-, Ei- und Fleischproduktion.<br />
Damit ist die Umweltorganisation<br />
auch Sprachrohr der Verbraucher. Laut<br />
Mit einem Bio-Kartoffelessen<br />
am Brandenburger<br />
Tor fordern <strong>Greenpeace</strong>r<br />
das Aus für Gen-Pfl anzen.<br />
„Grüne Woche“<br />
Berlin: Eine <strong>Greenpeace</strong>-Aktivistin<br />
kippt<br />
Agrarministerin Aigner<br />
Gen-Kartoffeln vor<br />
die Füße. Sie soll<br />
„Amfl ora“ verbieten.<br />
Umfragen – etwa über das Meinungsforschungsinstitut<br />
Emnid – lehnen die meisten<br />
Deutschen Gentechnik in Landwirtschaft<br />
und Lebensmitteln ab.<br />
Mit den Einkaufsratgebern für gentechnikfreien<br />
Genuss „Essen ohne Gentechnik“ und<br />
„Milch für Kinder“ bietet <strong>Greenpeace</strong> einen<br />
Service für umweltbewusste Verbraucher.<br />
Der erste Ratgeber gibt Infos, ob Firmen mit<br />
oder ohne Gen-Pfl anzen im Tierfutter produzieren<br />
– oder sich in der Umstellung befi<br />
nden. Der zweite informiert nach gleichem<br />
Muster über Milchprodukte für Kinder.<br />
Konsumenten haben Macht, ihre Nachfrage<br />
bestimmt das Angebot. Viele Firmen haben<br />
auf Druck von <strong>Greenpeace</strong> und Verbrauchern<br />
ihre Produktion umgestellt und verwenden<br />
nur noch Erzeugnisse von Tieren,<br />
die gentechnikfrei gefüttert wurden.<br />
„Amfl ora“, mach<br />
dich vom Acker!<br />
Service für Verbraucher:<br />
die <strong>Greenpeace</strong>-Ratgeber<br />
für gentechnikfreien<br />
Genuss.<br />
Erst 2009 hatte Bundesagrarministerin<br />
Ilse Aigner (CSU) den Anbau der Gen-<br />
Maissorte MON810 in Deutschland verboten.<br />
Dafür akzeptiert sie jetzt eine andere<br />
Gen-Pflanze: die Stärke-Kartoffel<br />
„Amflora“, entwickelt von BASF. Ihre<br />
Stärke soll in technische Produkte wie<br />
Kleister fl ießen – kann aber auch ungewollt<br />
in Lebensmitteln landen. Das Risiko:<br />
„Amfl ora“ enthält Gene für eine Antibiotika-Resistenz.<br />
Möglicherweise überträgt<br />
sich diese Resistenz auf Bakterien und<br />
reduziert so die Wirkung von Antibiotika<br />
beim Menschen.<br />
Eine Emnid-Umfrage im Auftrag von<br />
<strong>Greenpeace</strong> im Januar 2010 ergibt: Von<br />
über 1000 Bürgerinnen und Bürgern<br />
stimmen 77 Prozent für ein Verbot der<br />
„Amflora“ in Deutschland. Doch<br />
Aigner unternimmt nichts gegen die<br />
gefährliche Knolle mit dem schönen<br />
Namen. Im März genehmigt die<br />
EU-Kommission den Anbau von<br />
„Amfl ora“ und deren Einsatz in Futtermitteln.<br />
Verunreinigungen in<br />
Lebensmitteln werden toleriert.<br />
Bittersüße Schokolade:<br />
„Give the Orang-Utan a break!“<br />
In Indonesien zerstören Palmöl-Konzerne<br />
wie Sinar Mas riesige Flächen Urwald für<br />
neue Ölpalmen-Plantagen. Ein Großabnehmer<br />
von Palmöl ist Nestlé, der den Rohstoff<br />
unter anderem für seinen „KitKat“-Riegel<br />
verwendet.<br />
<strong>Greenpeace</strong> startet eine internationale Kampagne<br />
gegen Nestlé. Als Symbol für den<br />
sterbenden Urwald setzt <strong>Greenpeace</strong> den<br />
vom Aussterben bedrohten Orang-Utan in<br />
seinen Medien ein. Provokante Videos nach<br />
dem Motto „Give the Orang-Utan a break“<br />
lösen im Internet eine Welle der Empörung<br />
aus. Tausende User beschweren sich auf den<br />
Facebook-Seiten von Nestlé und fordern Pro-<br />
Späte Einblicke:<br />
Die Gorleben-Akten<br />
Seit 1977 wird der Gorlebener Salzstock<br />
als mögliches Endlager für hoch radio-<br />
aktive Abfälle gehandelt. Jahrelange Erkun-<br />
dungen folgen. Zwischen 2000 und 2010<br />
verhindert ein Moratorium diese Arbeiten.<br />
Nun wird weiter geforscht – ergebnisoffen,<br />
wie es heißt.<br />
Warum fi el die Wahl damals überhaupt<br />
auf Gorleben? 2009 stellt <strong>Greenpeace</strong> bei<br />
zwölf Ministerien und Behörden Antrag<br />
auf Akteneinsicht. Es dauert Monate,<br />
bis tausende Originaldokumente gesich-<br />
tet und ausgewertet sind. Die erste Bilanz<br />
ist vernichtend.<br />
Die Akten der 1970er Jahre offenbaren:<br />
Zwischen der ersten Nennung von Gorleben<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Atomexperte<br />
Matthias<br />
Edler studiert die<br />
Gorleben-Akten.<br />
dukte ohne Palmöl aus Urwaldzerstörung.<br />
Im April bauen <strong>Greenpeace</strong>r ein Banner und<br />
eine Twitterwall vor der deutschen Nestlé-<br />
Zentrale in Frankfurt auf. Viele Verbraucher<br />
nutzen die Chance, Nestlé ihren Protest direkt<br />
vor die Haustür zu schicken. Im Mai<br />
klären <strong>Greenpeace</strong>-Gruppen aus über 40<br />
Städten in Supermärkten über die urwaldschädlichen<br />
„KitKat“-Riegel auf.<br />
<strong>Greenpeace</strong>-Erfolg: Am 17.5.2010 verkündet<br />
Nestlé, zukünftig keine Produkte aus<br />
Urwaldzerstörung mehr beziehen zu<br />
wollen und stellt hierzu einen Aktionsplan<br />
vor. <strong>Greenpeace</strong> wird die Umsetzung sehr<br />
genau verfolgen.<br />
und der endgültigen Festlegung liegen<br />
nur wenige Wochen, und die Standort-<br />
wahl war eindeutig politisch motiviert. Das<br />
Gebiet nahe der früheren DDR-Grenze<br />
war nur wenig besiedelt und bot kaum<br />
Arbeitsplätze.<br />
Ein wissenschaftliches Auswahlverfahren<br />
gab es nicht. Ergebnisse geologischer Un-<br />
tersuchungen sprechen sogar gegen den<br />
Salzstock als künftiges Endlager, so z.B.<br />
der Kontakt zu wasserführenden Schichten.<br />
Dass Salz und Wasser nicht gut zusammen-<br />
passen, wenn es um die Lagerung von ra-<br />
dioaktiven Abfällen geht, zeigt bereits das<br />
marode Atommülllager Asse.<br />
<strong>Greenpeace</strong> bleibt 2010 weiter am Ball und<br />
sichtet Akte um Akte. Für alle Interessierten<br />
sind die brisantesten Doku-<br />
mente im Internet veröffent-<br />
licht. Die Datenbank wird<br />
kontinuierlich erweitert.<br />
Protest-Aufkleber<br />
gegen Nestlé:<br />
Der Orang-Utan<br />
steht als Symbol<br />
für den Untergang<br />
des Urwalds.<br />
2010<br />
Mit der „Beluga II“<br />
startet <strong>Greenpeace</strong><br />
eine Tour über Russlands<br />
Flüsse zum Test<br />
der Wasserqualität.<br />
Auf Druck von<br />
<strong>Greenpeace</strong> und anderen<br />
NGOs vereinbaren<br />
kanadische Papierhersteller<br />
einen mehrjährigen<br />
Einschlagstopp<br />
auf 28 Millionen Hektar<br />
Wald in Kanada.<br />
2013<br />
Die neue schwarzgrüne<br />
Koalition<br />
beschließt eine AKW-<br />
Laufzeitverkürzung<br />
bis 2015.<br />
2014<br />
Audi und BMW<br />
bringen serienmäßig<br />
3-Liter-Autos auf<br />
den Markt.<br />
2022<br />
Weltpremiere: Ein<br />
ganzes Meer wird<br />
unter Schutz gestellt,<br />
die Ostsee.<br />
2028<br />
Ade Bio-Siegel: Ökologische<br />
Landwirtschaft<br />
mit artgerechter Tierhaltung<br />
ist Standard.<br />
2034<br />
Alle Urwälder der<br />
Erde werden zu<br />
Nationalparks erklärt.<br />
2049<br />
27<br />
Deutschlands Strom<br />
und Heizenergie stammen<br />
zu 100 Prozent aus<br />
ökologischen Quellen.
<strong>Greenpeace</strong> ist eine internationale Umweltorganisation, die mit gewaltfreien Aktionen für den<br />
Schutz der Lebensgrundlagen kämpft. Unser Ziel ist es, Umweltzerstörung zu verhindern,<br />
Verhaltensweisen zu ändern und Lösungen durchzusetzen. <strong>Greenpeace</strong> ist überparteilich, politisch<br />
und finanziell unabhängig und nimmt keine Gelder von Regierungen, Parteien oder der Industrie.<br />
Impressum <strong>Greenpeace</strong> e.V., Große Elbstraße39, 22767 Hamburg, Tel. 040/30618-0, mail@greenpeace.de, www.greenpeace.de Politische Vertretung Berlin Marienstraße 19-20,<br />
10117 Berlin, Tel. 030/308899-0 V.i.S.d.P. Michael Pauli Text und Redaktion Nicoline Haas Bildredaktion Conny Böttger Gestaltung Henriette Jakubik Produktion Christiane Bluhm Fotos Titel:<br />
Logo Carsten Raffel, Jeremy Sutton-Hibbert; S. 2/3: Keziere, Thomas Duffé, Samuel Zuder; S. 4/5: Holger Luebkert, Diether Vennemann, Pierre Gleizes; S. 6/7: Wolfgang Hain, Ali Paczenski (2), Miller,<br />
Pierre Gleizes (2); S. 8/9: Diether Vennemann (4), Mauricio Bustamante, Thomas Einberger; S. 10/11: Diether Vennemann, Sabine Vielmo (2), Noel Matoff; S. 12/13: Dave Sims (2), Linda Putzenhardt,<br />
Paul Hilton, Sabine Vielmo; S. 14/15: Fred Dott, Bert Bostelmann, Roman Schramm, Christoph Engel; S. 16/17: Daniel Beltra, Matti Snellman, Markus Mauthe, Fred Dott, Ben Deiman, Paul Langrock (2);<br />
S. 18/19: Alex Hofford, Natalie Behring, Pierre Gleizes, Shailendra Yashwant; S. 20/21: Rex Weyler, Jiri Rezac, Paul Langrock, Frank Hormann, Heiko Meyer, Dörthe Hagenguth; S. 22/23: Wolf<br />
Wichmann, Marcus Meyer, Fred Dott (2), Daniel Rosenthal, Bente Stachowske (2), Paul Langrock, Thomas Einberger, Bert Bostelmann; S. 24/25: Nick Cobbing (2), Will Rose, Ardiles Rante, Marco<br />
Okhuizen, Thomas Einberger; S. 26/27: Paul Langrock (2), Michael Löwa, Kadir van Lohuizen; Rücktitel:Fred Dott, Paul Langrock, Ricardo Beliel, Bas Beentjes, Paul Hilton, Dörthe Hagenguth; Stills:<br />
Sabine Moeller, alle © <strong>Greenpeace</strong> Litho Gass Medientechnik, Hamburg Druck Hartung Druck + Medien GmbH, Asbrookdamm 38, 22115 Hamburg Auflage 10.000 Exemplare. Stand 5/2010<br />
Zur Deckung unserer Herstellungskosten bitten wir um eine Spende: Postbank Hamburg, BLZ 200 100 20, KTO 97 338-207<br />
Gedruckt auf 100% Recyclingpapier<br />
www.greenpeace.de<br />
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