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1 Dr. Horst Kämpfer kaempfer@iworld.de Wie kommt die Seele in das

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Diesen Austauschprozess hat man auch „psychisches Atmen“ genannt; <strong>die</strong> Psychoanaly-­se<br />

hat schließlich <strong>die</strong> wissenschaftlichen Begriffe Projektion und Introjektion dafür ge-­fun<strong>de</strong>n,<br />

was ihr schließlich ermöglichte, <strong>die</strong>se hoch differenzierten Wechselprozesse <br />

genauer zu beschreiben. <br />

Der Begriff psychisches Atmen – also Introjektion und Projektion – macht <strong>de</strong>utlich, <strong>das</strong>s <br />

alle Erfahrungen – gute wie schlechte -­‐ eben wie <strong>de</strong>r Atem, nach <strong>in</strong>nen gehen, sich <strong>in</strong> <br />

<strong>de</strong>m Neugeborenen nie<strong>de</strong>rschlagen, sie wesentlich <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Man<strong>de</strong>lkern unseres Gehirns <br />

gespeichert wer<strong>de</strong>n. Dabei darf man sich nicht vorstellen, <strong>das</strong>s Erfahrungen wie auf ei-­ner<br />

Festplatte im Computer gespeichert wer<strong>de</strong>n, vielmehr unterliegt je<strong>de</strong> Erfahrung ei-­ner<br />

ganz persönlichen Modulation, e<strong>in</strong>er persönlichen Verarbeitung. Weil <strong>das</strong> so ist, <br />

möge man sich hüten vor allzu schnellen Schlüssen nach <strong>de</strong>m Motto: Immer wenn je-­mand<br />

<strong>die</strong>s o<strong>de</strong>r jenes erlebt hat, dann <strong>kommt</strong> <strong>die</strong>se o<strong>de</strong>r jene Schwierigkeit o<strong>de</strong>r Per-­sönlichkeit<br />

heraus, so wie es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Popularpsychologie so gern getan wird. <br />

Gera<strong>de</strong> <strong>die</strong> mehr und mehr bekannt wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Resilienzforschung macht uns darauf <br />

aufmerksam, mit welchen Kräften, Kompetenzen und Begabungen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r ausgestattet <br />

s<strong>in</strong>d, um Defizite <strong>in</strong> ihrer Entwicklungsgeschichte zu kompensieren. Resilienz bezeich-­net<br />

<strong>die</strong> psychische Wi<strong>de</strong>rstandsfähigkeit von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn gegenüber biologischen, psycho-­logischen<br />

und psychosozialen Entwicklungsrisiken. Säugl<strong>in</strong>ge kommen mit e<strong>in</strong>er enor-­men<br />

Ausstattung auf <strong>die</strong> Welt – und selbst wenn <strong>die</strong> primäre Familiensituation extrem <br />

<strong>de</strong>solat war, s<strong>in</strong>d manche K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lage, sich an<strong>de</strong>re menschliche wie kulturelle <br />

Objekte zu suchen, mit <strong>de</strong>nen sie traumatisches kompensieren können. Auch aus <strong>die</strong>sem <br />

Grun<strong>de</strong> ist Vorsicht gegenüber allen schnellen „Wenn –Dann – Formulierungen“ gebo-­ten.<br />

<br />

Zurück zum psychischen Atmen: Der zuvor beschriebene Austauschprozess ist uns nicht <br />

bewusst, niemand hat e<strong>in</strong>e Er<strong>in</strong>nerung an se<strong>in</strong>e ersten Lebensjahre. Sie s<strong>in</strong>d, wie man <br />

sagt, verdrängt und unbewusst. Und doch bestimmen <strong>die</strong>se modulierten Nie<strong>de</strong>rschläge <br />

von Erfahrungen, also <strong>das</strong> Verdrängte, unser Denken, Fühlen und Verhalten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Welt <br />

und somit auch <strong>die</strong> jeweils neuen Wahrnehmungen und Erfahrungen. <br />

Wir wollen hier nicht verschweigen, <strong>das</strong>s es auch Unbewusstes gibt, <strong>das</strong> nicht verdrängt <br />

ist. So weiß man heute, <strong>das</strong>s z.B. <strong>die</strong> Art <strong>de</strong>s „Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rse<strong>in</strong>s“ aus unserer frühesten <br />

Zeit <strong>in</strong> uns e<strong>in</strong>e Suche nach ähnlichen Formen <strong>de</strong>s „Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rse<strong>in</strong>s“ grundgelegt hat. <br />

Diese psychische Matrix nennt man <strong>das</strong> „ungedachte Bekannte“ – wir er<strong>in</strong>nern uns nicht, <br />

können es nicht <strong>de</strong>nken, und doch ist es uns bekannt, vertraut und macht uns, wenn wir <br />

e<strong>in</strong>e annähern<strong>de</strong> Erfahrung mit Menschen o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Kunst, <strong>de</strong>r Musik o<strong>de</strong>r Religion <br />

machen, zufrie<strong>de</strong>n, vorsichtig, schau<strong>de</strong>rnd, ängstlich o<strong>de</strong>r neugierig o<strong>de</strong>r auch glücklich. <br />

Wir alle suchen also aufgrund erlebter und verschie<strong>de</strong>ner Formen <strong>de</strong>s frühen „Mite<strong>in</strong>-­an<strong>de</strong>rse<strong>in</strong>s“<br />

nach ähnlichen Formen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r aktuellen Lebenszeit. <br />

Etwas vergröbert ließe sich sagen, man sucht <strong>die</strong> gut erlebten Formen auf, um sich gut <br />

zu fühlen, <strong>die</strong> schlecht erlebten, um sie letztlich zu bearbeiten. Die psychoanalytische <br />

Therapie macht sich schließlich <strong>die</strong>se Tatsache zu nutze. Sie versucht <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Formen <strong>de</strong>s <br />

therapeutischen Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rse<strong>in</strong>s <strong>die</strong> frühen Formen wie<strong>de</strong>r zu beleben, zu ent<strong>de</strong>cken <br />

und <strong>die</strong>sem „ungedachten Bekannten“ Sprache und Ausdruck zu verleihen. <br />

Aus <strong>de</strong>r wechselseitigen Inspiration o<strong>de</strong>r Beatmung und aus <strong>de</strong>n frühen Formen <strong>de</strong>s <br />

Mite<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rse<strong>in</strong>s entwickelt sich also im geistigen Innenleben <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s <strong>das</strong>, was wir

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