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2008 Facharbeit Heilerziehungspfleger - ICE-BREAKERZ.DE

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<strong>Facharbeit</strong> <strong>Heilerziehungspfleger</strong><br />

Claudia Tischow<br />

<strong>2008</strong><br />

Berufsbildungswerk Leipzig<br />

Fachschule für Sozialwesen<br />

Fachbereich Heilerziehungspflege<br />

Witzgallstr. 20<br />

04317 Leipzig<br />

Vorgelegt von:<br />

Claudia Tischow<br />

Königsteinstr. 25<br />

04207 Leipzig<br />

Datum: 28.03.<strong>2008</strong><br />

In der vorliegenden <strong>Facharbeit</strong> im Jahrespraktikum zur<br />

Zulassung als <strong>Heilerziehungspfleger</strong> beschreibe ich die<br />

Förderung eines Klienten im Bereich Feinmotorik und der<br />

damit verbundenen Auge‐Hand‐Koordination. Aufbauend<br />

auf die vorhandenen Ressourcen entstand ein<br />

Gesellschaftsspiel, welches auch für Personen mit<br />

eingeschränkter Sehfunktion anwendbar ist und der<br />

Förderung von Konzentration und Ausdauer dient.<br />

Förderung der Feinmotorik inklusive<br />

Auge‐Hand‐Koordination


[1]<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

0 Vorwort................................................................................................................. 2<br />

Theorie............................................................................................................................ 3<br />

1 Theoretische Grundlagen..................................................................................... 4<br />

1.1 Das Klientel der Förderschule ......................................................................... 4<br />

1.2 Was bedeutet Behinderung?........................................................................... 5<br />

1.3 Geistige Behinderung in Literatur und Gesellschaft ....................................... 6<br />

1.4 Das Noonan-Syndrom................................................................................... 12<br />

1.5 Auge-Hand-Koordination............................................................................... 13<br />

Praxis............................................................................................................................ 15<br />

2 Den Klienten im Fokus....................................................................................... 16<br />

2.1 Biographische Daten ..................................................................................... 16<br />

2.2 Die Einschulung in die Förderschule Rosenweg ........................................... 16<br />

3 Ziele der Förderung............................................................................................ 17<br />

3.1 Grobziel ......................................................................................................... 17<br />

3.2 Feinziel .......................................................................................................... 18<br />

4 Material und Methoden ..................................................................................... 18<br />

5 Durchführung der Förderung.............................................................................. 19<br />

5.1 Die erste Fördereinheit – Vorstellung des Projektes ..................................... 20<br />

5.2 Die zweite Einheit – Schulung der Auge-Hand-Koordination ........................ 20<br />

5.3 Einheit 3 – Linien schneiden.......................................................................... 20<br />

5.4 Die vierte Einheit – ein Clown zum Fasching ................................................ 21<br />

5.5 Einheit Fünf – Fensterdekoration mit Fingerfarben ....................................... 21<br />

5.6 Die sechste Fördereinheit - Osterkörbchen................................................... 22<br />

Reflexion – erste Zwischenauswertung ........................................................................ 23<br />

6 Ein erster Soll-Ist-Vergleich................................................................................ 24<br />

7 Ausblick auf die weitere Förderung.................................................................... 24<br />

Quellenverzeichnis ....................................................................................................... 26<br />

Anlagen......................................................................................................................... 28<br />

Anlage 1 – Beobachtungsnotizen von 2005..............................................................A1<br />

Anlage 2 – Einschätzung im Schuljahr 2006/2007....................................................A2<br />

Anlage 3 - Erklärung zur Verwendung persönlicher Daten und Fotos in der<br />

<strong>Facharbeit</strong> .................................................................................................................A3<br />

Eidesstattliche Versicherung.....................................................................................A4


0 Vorwort<br />

[2]<br />

Als ich 1997 meine Vorausbildung zum Sozialassistenten begann, wusste ich<br />

noch nicht, auf welchen Schwerpunktbereich ich mich festlegen werde. Meine<br />

Interessen für die Pflegemaßnahmen ließen mich in Richtung Altenpflege<br />

tendieren. Einige Jahre später wurde ich Mutter einer kleinen Tochter. Die<br />

pränatalen Untersuchungen blieben stets ohne Befund. Je näher der Geburtstermin<br />

rückte, quälten mich Fragen. Was ist, wenn mein Kind nicht gesund ist?<br />

Würde mein Kind ohne größere Probleme in der Gesellschaft klarkommen? Wie<br />

könnten wir mit einer möglichen Behinderung umgehen?<br />

Die Entwicklung meiner Tochter verlief nach einer anfänglichen Verzögerung<br />

normal. Die Sprache und Feinmotorik entsprach jedoch nicht dem Stand eines<br />

Gleichaltrigen. Eine kurzzeitige Ergotherapie und mehrjährige Logopädie bewirkten<br />

jedoch ein Nachholen der geforderten Fähigkeiten.<br />

Die Erlebnisse seit der Geburt meines Kindes veränderten meine Prioritäten im<br />

Beruf. Schon das zweite Praktikum in einer Förderschulklasse stärkte mich in<br />

der Entscheidung, künftig vermehrt mit Kindern zu arbeiten. Ihre Offenheit und<br />

Freiheit von Vorurteilen eröffnen mir die Realisierung kreativer Fördermöglichkeiten.


[3]<br />

Theorie


1 Theoretische Grundlagen<br />

[4]<br />

Die 1993 eröffnete Förderschule am Rosenweg in Leipzig Grünau bietet viele<br />

Möglichkeiten zur individuellen Förderung. Bis 1991 wurde das 1978 erbaute<br />

Gebäude als Kindergrippe und Kindergarten genutzt. In der näheren Umgebung<br />

befinden sich weitere Bildungseinrichtungen wie Grund- und Mittelschulen, ein<br />

Gymnasium, eine Förderschule für Blinde und Sehschwache, der Jugendclub<br />

„Völkerfreundschaft“ mit einem reichhaltigen Kulturangebot, das Allee-Center<br />

sowie zwei kleinere Parks, von denen sich einer direkt an das Schulgelände anschließt<br />

und zu Spaziergängen zur Entspannung einlädt.<br />

Mit anfangs nur 64 Schülern, ist die Schule in diesem Schuljahr mit 96 Schülern<br />

im Alter von 6-18 Jahren gut besucht. Aufgeteilt in 12 Klassen, arbeiten und lernen<br />

die Schüler in kleinen Gruppen. Jede Klassenstufe umfasst drei der festgelegten<br />

zwölf Schuljahre. Die Schule verfügt nach den umfangreichen Umbaumaßnahmen<br />

vor der Eröffnung und während des Schuljahres 2002/2003 über<br />

ein großzügiges Raumangebot, einen Personenaufzug, ein Bewegungsbecken,<br />

Snoozelraum, Töpferwerkstatt sowie für die älteren Schüler eine Lehrküche,<br />

Wäscheraum und einen Medienraum.<br />

Neben den 19 Lehrern sichert in jeder Klasse eine Pädagogische Unterrichtshilfe<br />

(PU) die individuelle Förderung der Schüler ab.<br />

1.1 Das Klientel der Förderschule<br />

Die Vielzahl der unterschiedlichen Diagnosen bei den Schülern an der Förderschule<br />

für geistig Behinderte erfordert eine individuelle Einstellung auf jedes<br />

Kind der Klasse, vor allem auf dessen Ressourcen.<br />

Entsprechend dem Profil der Schule sind die Schüler geistig behindert. Neben<br />

den Defiziten bei der geistigen Entwicklung sind häufig auch körperliche Einschränkungen<br />

zu beobachten. Ich absolviere mein Jahrespraktikum in einer<br />

Unterstufenklasse mit acht Schülern, die sich aus fünf Jungen und drei Mädchen<br />

zusammensetzt. Neben mittelgradigen bis schweren Intelligenzminderungen,<br />

Verdacht auf Hirnorgan – Psychosyndrom und hyperaktiver Verhaltensstörung<br />

sind häufig weitere Diagnosen mit unterschiedlicher Ausprägung in den


[5]<br />

Akten dokumentiert. Die weiteren Diagnosen umfassen u.a. cerebrale Bewegungsstörungen,<br />

epileptisches Anfallsleiden, Sehbehinderungen, Hyperaktivität,<br />

Autismus und Muskelhypotonie. Zwei Schüler der Klasse zeigen<br />

verschiedene Syndromerkrankungen. Im ersten Fall handelt es sich um ein<br />

Fehlbildungs-Retardierungs-Syndrom und bei dem zweiten Schüler um das<br />

Morbus L. Down-Syndrom.<br />

Allen Schülern soll neben einem Schulabschluss eine Integration in ein weitgehend<br />

„normales“ gesellschaftliches Leben ermöglicht werden. Neben dem<br />

Training der Konzentration und Ausdauer erfolgen häufig ein Ausbau der<br />

körperlichen Fähigkeiten und die Gewinnung größtmöglicher Selbständigkeit in<br />

allen Lebensbereichen. Weiterhin werden die Kommunikationsfähigkeit, lebenspraktische<br />

Bildung, Verhaltenserziehung und die Grob- und Feinmotorik geschult.<br />

Die Bildungs- und Erziehungsziele orientieren sich am Lehrplan und<br />

dem sonderpädagogischen Förderbedarf der einzelnen Schüler.<br />

Neben der täglichen Förderung in der Gruppe habe ich mich auf eine Intensivförderung<br />

eines Schülers spezialisiert, welcher mir durch eine verminderte<br />

Feinmotorik und gestörte Auge-Hand-Koordination auffiel. Bisher erhielt er nur<br />

eine Förderung von 45 Minuten pro Woche und eine ergänzende Physio- und<br />

Ergotherapie. Von den Übungen mit meiner Tochter inspiriert, überlegte ich mir<br />

eine Fördermethode für ihn. Bis zur Umsetzung der Förderung waren jedoch<br />

zahlreiche Überlegungen zu den Materialien, vorhandenen Ressourcen und<br />

deren Nutzung nötig.<br />

1.2 Was bedeutet Behinderung?<br />

Das Profil der Förderschule am Rosenweg ist auf geistig Behinderte ausgelegt.<br />

Bei den Spaziergängen im nahegelegenen Park trifft man häufig auf verunsicherte,<br />

mitleidige aber ebenso vorurteilsvolle Blicke und Bemerkungen von<br />

Passanten, die das Selbstwertgefühl der Kinder teilweise stark verletzen<br />

können. Man kann sich jedoch heute leichter als vor einigen Jahren oder<br />

Jahrzehnten über Behinderungen informieren. Viele Menschen verdrängen das<br />

Thema aus Angst vor dem „anders sein“. Dabei gibt es neben zweifelhaften<br />

Onlineinhalten auch wissenschaftliche Informationen im Internet. Für die ein-


[6]<br />

zelnen Behinderungsarten und Stufen gibt es unterschiedliche Definitionen.<br />

Zum einen gilt die allgemeine Definition nach der WHO, zum anderen zahlreiche<br />

Definitionen von Spezialisten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen.<br />

Die Quelle der Definition bestimmt dabei die Eingrenzung auf einzelne<br />

Bereiche oder eine Allgemeingültigkeit. Die Bezeichnung „Behinderung“<br />

erweckt einen etwas abwertenden Eindruck. Einschränkungen oder Beeinträchtigungen<br />

beschreiben die Situation treffender.<br />

Definition von „Behinderung“ nach<br />

WHO SGB IX<br />

Aufgrund einer Erkrankung, angeboren-<br />

en Schädigung oder eines Unfalls als<br />

Ursache entsteht ein dauerhafter ge-<br />

sundheitlicher Schaden.<br />

Der Schaden führt zu einer funktionalen<br />

Beeinträchtigung der Fähigkeiten und<br />

Aktivitäten des Betroffenen.<br />

Die soziale Beeinträchtigung (handicap)<br />

ist Folge des Schadens und äußert sich<br />

in persönlichen, familiären und gesell-<br />

schaftlichen Konsequenzen.<br />

Menschen sind behindert, wenn ihre<br />

körperliche Funktion, geistige Fähig-<br />

keit oder seelische Gesundheit mit<br />

hoher Wahrscheinlichkeit länger als<br />

sechs Monate von dem für das<br />

Lebensalter typischen Zustand ab-<br />

weichen und daher ihre Teilhabe am<br />

Leben in der Gesellschaft beein-<br />

trächtigt ist. Sie sind von Behinder-<br />

ung bedroht, wenn eine Beein-<br />

trächtigung zu erwarten ist.<br />

(Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, 2001)<br />

(WHO: ICIDH-2, 1998)<br />

Gegenüberstellung der Definitionen nach WHO und SGB IX<br />

1.3 Geistige Behinderung in Literatur und Gesellschaft<br />

Analog des allgemeinen Begriffs Behinderung bedient man sich in den verschiedenen<br />

Behinderungsarten auch abweichender Definitionen aufgrund<br />

unterschiedlichster Betrachtungswinkel. Geschichtlich gesehen dienten die Einstufungen<br />

und diskriminierenden Bezeichnungen nicht nur der Einstufung bei<br />

Behörden, die über einen Pflegezuschuss entschieden, sondern vor allem im<br />

Dritten Reich der Rechtfertigung für Aktivitäten der Euthanasie. Behinderte<br />

wurden für die Erforschung effizienter Vernichtungstechniken missbraucht bzw.


[7]<br />

„zur Sicherung der Evolution der deutschen Rasse“ eliminiert. Erst in den<br />

folgenden Jahren gelang der Durchbruch für eine würdige Behandlung von behinderten<br />

Menschen. Gesetzliche Vorschriften regeln heute die Behandlung von<br />

Menschen, gleich welcher Art von Einschränkung sie unterliegen.<br />

1.3.1 Definition der WHO<br />

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2001 die Definition für geistige<br />

Behinderung von 1980 (ICIDH) aktualisiert. Bisher bediente man sich der<br />

Begriffe Schädigung (impairment), dem körperlichen oder mentalen „Defekt“,<br />

Funktionsbeeinträchtigung (disability), die individuellen Auswirkungen der<br />

Schädigung und der sozialen Beeinträchtigung (handicap), der gesellschaftlichen<br />

Benachteiligung durch Barrieren. Alle 3 Bereiche beschrieben die<br />

Behinderung. Im Jahr 2001 wurde die neue Einteilung verabschiedet und liegt<br />

seit 2004 auch in deutscher Sprache vor. Die sogenannte „Internationale<br />

Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ (ICF) soll<br />

eine verbesserte Rehabilitation ermöglichen. Die WHO hält an der Dreiteilung<br />

fest, hat jedoch die Begrifflichkeiten und die damit einhergehenden Definitionen<br />

geändert.<br />

1. körperliche Schädigung<br />

2. individuelle Aktivitätsbeeinträchtigung<br />

3. gesellschaftliche Partizipationseinschränkung (z.B. gesellschaftliche Normen)<br />

Die Neuerung in der WHO-Definition liegt auch in der Einbeziehung von<br />

Umweltfaktoren wie Assistenz- oder Heilmittelbedarf, Alter und Geschlecht. In<br />

jeder Kategorie wird jeweils eingeteilt, ob die körperliche, individuelle und<br />

gesellschaftliche Behinderung kein, ein geringes, ein gemäßigtes, ein schweres<br />

oder vollständiges Problem darstellt. Gemessen wird jedoch an der Norm von<br />

Menschen ohne Behinderung, was von Behindertenbewegungen kritisiert wird.<br />

Die Ergebnisse ergeben ein umfassendes Bild über die Gesundheitscharakteristik.<br />

Nach dieser Definition wird die Bezeichnung „behinderter<br />

Mensch“ durch „Mensch mit Aktivitätsbeeinträchtigung“ abgelöst. Der Grundsatz<br />

der WHO besagt jedoch: “Menschen haben ein Recht darauf, so genannt<br />

zu werden, wie sie es wünschen!“. In der ICF wurde auf den Begriff „geistig


[8]<br />

behinderte Person“ bewusst verzichtet und durch „Person mit einem Problem<br />

im Lernen“ ersetzt. Die ICF stellt einen Kompromiss zwischen dem medizinischen<br />

und dem sozialen Modell von Behinderung dar. Während das medizinische<br />

Modell die Behinderung als ein persönliches Problem begrenzt und die<br />

Einschränkung an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eine Folge der<br />

Schädigung darstellt. Beim sozialen Modell von Behinderung wird jedoch das<br />

Problem in der Umwelt, durch die der Mensch behindert wird, gesehen. Die<br />

WHO vereint beide Ansichten, indem eine Behinderung aus Barrieren in der<br />

Umwelt oder aus einer Schädigung resultieren kann. Die Umsetzung der ICF in<br />

die soziale Gesetzgebung ist jedoch bisher nicht ausreichend realisiert wurden.<br />

1.3.2 Definition des BSHG<br />

Häufig wird die körperliche Einschränkung priorisiert. Im Bundessozialhilfegesetz<br />

(BSHG) heißt es noch immer: „Geistig wesentlich behindert …<br />

sind Personen, bei denen in Folge einer Schwäche ihrer geistigen Kräfte die<br />

Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft in erheblichem Umfang beein-<br />

trächtigt ist.“. (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, 2001) In der Medizin bedient man<br />

sich der Beschreibung vererbter oder frühzeitig erworbener psychischer<br />

Zustände, die hauptsächlich die Intelligenz betreffen und durch den Fachbegriff<br />

Oligophrenie bezeichnet werden.<br />

1.3.3 geistige Behinderung aus medizinischer Sicht<br />

In der Psychologie spricht man von einer Retardierung der Intelligenz (IQ unter<br />

65) und geht häufig von einer allgemeinen Retardierung aus, obwohl manchmal<br />

nur bestimmte geistige Fähigkeiten betroffen sind. In der Internationalen statistischen<br />

Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme,<br />

10. Revision (ICD-10) unterteilt man sechs Formen der Intelligenzminderung<br />

(F70-79) mit jeweils vier Unterteilungen des Ausmaßes der Verhaltensstörungen.<br />

F70 Leichte Intelligenzminderung (IQ 50-69):<br />

Bei einem Erwachsenen entspricht dies einem Intelligenzalter von neun bis<br />

unter zwölf Jahren. Es kommt zu Lernschwierigkeiten in der Schule. Viele<br />

Erwachsene können arbeiten und gute soziale Beziehungen unterhalten.


[9]<br />

F71 Mittelgradige Intelligenzminderung (IQ 35-49):<br />

Diese Stufe entspricht bei einem Erwachsenen einem Intelligenzalter von sechs<br />

bis unter neun Jahren. Nach einer deutlichen Entwicklungsverzögerung in der<br />

Kindheit können die meisten ein gewisses Maß an Unabhängigkeit erreichen<br />

und eine ausreichende Kommunikationsfähigkeit und Ausbildung erwerben.<br />

F72 Schwere Intelligenzminderung (IQ 20-34):<br />

Es ist eine andauernde Unterstützung nötig, da das Intelligenzalter eines Erwachsenen<br />

bei 3 bis unter 6 Jahren liegt.<br />

F73 Schwerste Intelligenzminderung (IQ unter 20):<br />

Dies entspricht einem Intelligenzalter von unter drei Jahren. Die eigene Versorgung,<br />

Kontinenz, Kommunikation und Beweglichkeit sind hochgradig beeinträchtigt.<br />

Zu den Diagnosen F70 bis F79 kann das Ausmaß der Verhaltensstörung durch<br />

eine 4. Stelle angegeben werden.<br />

.0 keine oder geringfügige Verhaltensstörung<br />

.1 deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert<br />

.8 sonstige Verhaltensstörung<br />

Die einzelnen Entwicklungsstörungen können entsprechend den betroffenen<br />

Bereichen durch die Diagnosenschlüssel F80-F89 beschrieben werden.<br />

1.3.4 geistige Behinderung aus der Sicht der Pädagogik<br />

Etwas neutraler fällt die Definition in der Pädagogik durch die Bildungskommission<br />

des Deutschen Bildungsrates 1973 aus: „geistig behindert ist, wer<br />

infolge einer organisch-genetischen oder anderweitigen Schädigung in seiner<br />

psychischen Gesamtentwicklung und seiner Lernfähigkeit so beeinträchtigt ist,<br />

daß er voraussichtlich lebenslanger sozialer und pädagogischer Hilfen bedarf.<br />

Mit den kognitiven Beeinträchtigungen gehen solche der sprachlichen, sozialen,<br />

emotionalen und der motorischen einher. Eine „untere Grenze“ sollte weder<br />

durch Angabe von IQ-Werten noch durch Aussprechen einer Bildungsunfähigkeit<br />

festgelegt werden, da grundsätzlich bei allen Menschen die Bil-


[10]<br />

dungsfähigkeit angenommen werden muß.“. (<strong>DE</strong>UTSCHER BILDUNGSRAT zitiert<br />

nach HENSLE, 1988, 16 f.)<br />

1.3.5 Einteilung nach Gustav-Peter Hahn<br />

Einen wichtigen Stellenwert bei der Arbeit mit Behinderten nimmt der Pädagoge<br />

und Theologe Gustav-Peter Hahn mit seiner Einstufung der Klienten nach<br />

Ressourcen ein. Dabei werden neben den Beeinträchtigungen die vorhandenen<br />

Ressourcen zur Beurteilung in den Vordergrund gesetzt. In seiner Publikation<br />

„Hilfen für das Zusammenleben mit geistig Behinderten“ definiert er in der<br />

Edition Marhold: „Geistig Behinderte sind Menschen, die in der unmittelbaren<br />

Lebensbewältigung auf Hilfe bzw. spezielle Begleitung angewiesen sind.<br />

Entsprechend dem Grad der Behinderung wird diese Hilfe recht unterschiedlich<br />

aussehen. Sie reicht von der Pflege mit pädagogischen Akzenten bis zur<br />

Pädagogik mit pflegerischen Akzenten.“ Damit betont er, dass Hilfe nur dort<br />

erfolgen soll, wo sie unbedingt notwendig ist. Der behinderte Mensch soll<br />

jedoch Tätigkeiten, die er autonom durchführen kann, selbst bewältigen. Ein<br />

Eingriff in die Möglichkeiten des Behinderten würde ihn in seiner eigenen<br />

Persönlichkeit einschränken. In seinen Überlegungen, die bisher noch nicht<br />

vollständig in der Praxis umgesetzt werden, geht er von einer Entwicklung mit<br />

Zunahme an Fähigkeiten aus. Seine eigenen Erfahrungen mit geistig Behinderten<br />

zeigten eine Entwicklung der Motorik, Motivation und kognitiven Fähigkeiten.<br />

Er teilt die Menschen nach dem Entwicklungsstand ein und entwickelte<br />

entsprechende Förderprogramme. Hahn betrachtet die Entwicklung in Richtung<br />

Normalität und beschreibt nicht den aktuellen Stand der Fähigkeiten. Seine<br />

Einteilung beruht auf vier Ebenen. Die Steigerungen der vorhandenen<br />

Ressourcen, die ich mit „*“ kennzeichne, werden in den detaillierten Beschreibungen<br />

der einzelnen Gruppen durch Gustav-Peter Hahn erkenntlich.<br />

* ein- und ausdrucksfähige geistig Behinderte<br />

** gewöhnungsfähige geistig Behinderte<br />

*** erfahrungsfähige geistig Behinderte<br />

**** sozial handlungsfähige geistig Behinderte<br />

Die Einstufung nach Hahn weicht von der ursprünglichen Einteilung in der


Psychiatrie deutlich ab.<br />

Psychiatrie Pädagogik<br />

Idiotie<br />

Imbezillität<br />

Debilität<br />

[11]<br />

ein- und ausdrucksfähige geistig Behinderte<br />

Der Ausdruck erfolgt nicht über Sprache, sondern durch Mimik und<br />

Gestik. Bei wiederkehrenden Situationen ist ein Wortverständnis<br />

feststellbar.<br />

gewöhnungsfähige geistig Behinderte<br />

Sie sind zu Kontakt und Aktivität fähig, wenn diese vom Erzieher<br />

entgegengebracht werden. Sie können jedoch nicht von sich aus<br />

auf andere Personen in sinnvoller Weise zugehen oder aktiv<br />

werden. Durch ständige Wiederholungen kann man Dinge von den<br />

Behinderten verlangen, die über die Erfüllung primärer Bedürfnisse<br />

hinausgehen. Diese Aktivitäten können nur bei Anwesenheit des<br />

Erziehers und nach ständiger Aufforderung erwartet werden.<br />

erfahrungsfähige geistig Behinderte<br />

Die Behinderten fallen durch selbständige Kontaktaufnahme und<br />

Aktivitäten in der vertrauten Umgebung auf. Dabei greifen sie auf<br />

eigene Erfahrungen zurück und nutzen ihre Fähigkeit, Vergleiche<br />

anzustellen und Unterschiede zu erkennen.<br />

sozial handlungsfähige geistig Behinderte<br />

Mit zunehmendem Alter passen sich diese Personen an normale<br />

Verhaltensweisen an und erfragen die Umgebung über die<br />

Wohnung, Gruppe und vertraute Umgebung hinaus. Mit Hilfe der<br />

Sprache drückt er sich nicht nur über alltägliche Dinge aus,<br />

sondern beschäftigt sich auch mit der Gestaltung seiner Zukunft.<br />

Gegenüberstellung derEinteilung in Psychiatrie und Pädagogik nachGustav-Peter Hahn<br />

Die einzelnen Stufen überschneiden sich aufgrund der Betrachtung vorhandener<br />

Ressourcen. Anhand der vorliegenden Einteilungen nach Hahn ist es


[12]<br />

möglich, die Grundlagen für die Förderung einer Person zu legen. Die Betrachtung<br />

der Diagnosen und gegebenen Ressourcen meines Klienten für eine<br />

Förderung erforderten jedoch auch das Auseinandersetzen mit seiner Syndromerkrankung<br />

und dem möglichen Zusammenhang mit seiner gestörten Auge-<br />

Hand-Koordination.<br />

1.4 Das Noonan-Syndrom<br />

Genetisch bedingte, komplexe Entwicklungsstörungen, die dem Ullrich-Turner-<br />

Syndrom ähnlich sind, werden als Noonan-Syndrom bezeichnet. Es wird durch<br />

eine Vielzahl von Fehlbildungen an den inneren Organen und äußeren Erscheinungen<br />

gekennzeichnet. Die Bezeichnung des Syndroms geht auf die USamerikanische<br />

Kinderkardiologin Jaqueline Noonan zurück, die 1963 der Erkrankung<br />

den Namen verlieh. Im Gegensatz zum U.-Turner-Syndrom sind keine<br />

Chromosomenanomalien in Form von veränderter Anzahl oder Struktur<br />

nachweisbar. Bei ca. 40-50% der Betroffenen wurde ein Defekt am PTPN 11-<br />

Gen auf dem langen Arm des Chromosoms 12 festgestellt. Das PTPN 11-Gen<br />

codiert das SHP-2 Protein, das eine wichtige Regulationsfunktion bei der<br />

Signalübertragung von Wachstumsfaktoren hat. Dieser Gendefekt wird<br />

autosomal-dominant vererbt und ist mit einer Häufigkeit von 1 Erkrankung pro<br />

1000-1500 Geburten, unabhängig vom Geschlecht, recht weit verbreitet. Ein<br />

Einfluss von äußeren Fakturen wie verschiedene Medikationen oder Infektionen<br />

während der Schwangerschaft können nicht sicher ausgeschlossen werden.<br />

Die Diagnose erfolgt meist aufgrund der Symptome. Ein genetischer Test und<br />

die vorgeburtliche Untersuchung sind inzwischen möglich. Eine Behandlungsmöglichkeit<br />

der Krankheit existiert derzeit noch nicht. Man beschränkt sich auf<br />

die symptomatische Therapie, z. B. durch operative Korrekturen an Organen.<br />

Die typischen Symptome sind der weniger ausgeprägte Kleinwuchs gegenüber<br />

dem U.-Turner-Syndrom, ein tiefer Haaransatz im Nacken sowie Organfehlbildungen<br />

an Herz, Nieren und Skelett. Bei männlichen Betroffenen ist eine<br />

gestörte Entwicklung der Geschlechtsorgane z. B. ein fehlender Eintritt des<br />

Hodens in den Hodensack, als Kryptorchismus bezeichnet, oder sogar eine<br />

Hodenaplasie, das Fehlen eines Hodens, erkennbar. Die Geschlechtsentwick-


[13]<br />

lung verläuft bei Mädchen, abgesehen von einer zeitlichen Verzögerung, meist<br />

normal.<br />

Erbanlagen der Mutter<br />

1.5 Auge-Hand-Koordination<br />

Vererbungsschema des autosomal dominanten Erbgangs<br />

Das Zusammenspiel der optischen Wahrnehmung und der gezielten und kontrollierten<br />

Bewegung der Arme und vor allem der Hände ist die Grundlage für<br />

die Feinmotorik. Um diese Einheit zu verstehen, muss man sich mit den einzelnen<br />

Begriffen visuelle Wahrnehmung, Reizverarbeitung, Motorik und Koordination<br />

auseinandersetzen.<br />

1.5.1 visuelle Wahrnehmung<br />

Die optischen Reize aus der Umwelt werden über zahlreiche Sinneszellen in<br />

der Netzhaut (Retina) des Auges aufgenommen. Die dabei entstehenden elektrischen<br />

Impulse werden über den Sehnerv (Nervus opticus) vertikal gespiegelt<br />

in die Sehrinde im Hinterhauptlappen des Gehirns (Cerebrum) weitergeleitet.<br />

1.5.2 Reizverarbeitung<br />

Erbanlagen des Vaters<br />

gesundes Gen defektes Gen<br />

gesundes Gen gg gd<br />

defektes Gen dg dd<br />

Ein autosomal dominanter Erbgang bewirkt den Ausbruch<br />

einer Krankheit bei Auftreten eines defekten Chromomes<br />

im diploiden Chromosomensatz.<br />

Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung liegt bei 3:1, dies<br />

entspricht einer Quote von 75%.<br />

Die im Gehirn ankommenden elektrischen Impulse werden mit eventuell vorhandenen<br />

Informationen abgeglichen und gespeichert. Ist eine motorische


[14]<br />

Reaktion notwendig, wird über die absteigenden (efferenten) Nervenbahnen<br />

des Rückenmarks (Medulla spinalis) ein Impuls entlang der Membranoberfläche<br />

zu den entsprechenden Muskelzonen gesendet. Erregt durch diese Impulse finden<br />

in den Muskeln chemische Reaktionen statt, die zu einer Kontraktion und<br />

anschließender Erschlaffung der Muskelfasern führen.<br />

1.5.3 Motorik<br />

Motorik umfasst alle Bewegungsabläufe eines Organismus durch Muskelarbeit.<br />

Während die Bewegungen des Kopfes, der Arme und Beine, des Rumpfes etc.<br />

unter den Begriff Grobmotorik fallen, zählen die Bewegungen der Finger, Zehen<br />

und des Gesichtes zur Feinmotorik. Unabhängig von den Körperregionen<br />

versteht man Motorik als kontrollierte, willkürliche Bewegung durch ein harmonisches<br />

Zusammenspiel der für eine Bewegung notwendigen Muskeln.<br />

1.5.4 Koordination<br />

Die ersten gesteuerten Bewegungen beginnen beim Menschen bereits im<br />

vierten Lebensmonat. Das anfangs noch etwas unkontrollierte Greifen bildet<br />

sich im Laufe der Zeit zu einem gezielten Griff aus. Man bezeichnet diese Entwicklung<br />

auch als Differenzierung. Dabei kommt es zu einer Verbindung von<br />

sensorischen und motorischen Funktionen. Diese Sensomotorik ist jedoch nur<br />

uneingeschränkt möglich, wenn die Bewegung aufgrund von ungestörten<br />

Sinnesrückmeldungen gesteuert und kontrolliert werden kann.<br />

Aufbauend auf die theoretischen Grundlagen kann man das eigene Klientel<br />

besser beurteilen und eine entsprechende Förderung planen. Neben den<br />

Krankheitsbildern ist eine Betrachtung der Klienten als einzelne Individuen<br />

nötig. Die Individualität jedes Menschen soll gewahrt und gefördert werden.


[15]<br />

Praxis


3.2 Feinziel<br />

[18]<br />

Um der Arbeit in der Mittelstufe gerecht zu werden, muss Malvyn konzentrierter<br />

arbeiten. Daraus ergibt sich als Feinziel, dass er bei den Übungen konzentriert<br />

auf die Arbeitsblätter schaut, ohne sich von seiner Umwelt ablenken zulassen.<br />

Malvyn lernt, vorgegebenen Linien zu folgen und Formen innerhalb ihrer<br />

Grenzen ordentlich auszumalen. Erschwerend wirkt sich dabei seine Erkrankung<br />

aus, bei der sich seine Augen schnell zur Seite bewegen.<br />

4 Material und Methoden<br />

Malvyns Neugier nach neuen, ausgefallenen Dingen in seiner Umgebung lässt<br />

sich gut für eine individuelle Förderung nutzen. Es entstand die Idee, ein<br />

Brettspiel zu gestalten, das auch von den anderen Schülern seiner Klasse<br />

genutzt werden kann. Dabei stand die Überlegung im Raum, dass einzelne<br />

Mitschüler von Malvyn zum Teil eine stark ausgeprägte Sehstörung haben und<br />

das Spielbrett trotzdem gut erkennen sollen, sowie durch unkontrollierte Bewegungen<br />

die Spielfiguren nicht verschoben werden • •<br />

können. Diese Anforderungen an das Spiel ließen • •••<br />

•••<br />

•<br />

mich zu dem Entschluss kommen, das Spielbrett des •••••••<br />

••• •••<br />

von den Spielregeln leicht verständlichen „Mensch •••••••<br />

ärgere dich nicht“ leicht abzuwandeln und durch kleine •••<br />

• ••• •<br />

Hilfsmittel an die Bedürfnisse der Gruppe anzupassen.<br />

• •<br />

Abgewandeltes Spielbrett von „Mensch ärgere dich nicht“<br />

Die Auswahl der Materialien gestaltete sich anfangs schwierig, da eine leichte<br />

Verarbeitung möglich sein sollte und farblich eine gute Erkennbarkeit sowie<br />

eine gute Handhabung gewährleistet werden musste. Für ein festes Haften der<br />

Spielfiguren habe ich mich für farbiges Klettband entschieden. Bei unkontrollierten<br />

Bewegungen über das Spielfeld fallen dadurch die Figuren nicht um.<br />

Die individuelle Förderung von Malvyn musste in einem separaten Raum durchgeführt<br />

werden, da er sich leicht von seinen Mitschülern ablenken lässt und<br />

seine Konzentration darunter erheblich leidet. Die Fördereinheiten habe ich auf<br />

jeweils 30 Minuten begrenzt, um seine Konzentration langsam zu steigern. In<br />

jeder Fördereinheit werden verschiedene Arbeiten durchgeführt, um die Arbeit


[19]<br />

abwechslungsreich zu gestalten und Malvyn ausreichend Zeit für Überlegungen<br />

zur Gestaltung des Spieles zu gewähren. Mit Unterstützung durch den <strong>Heilerziehungspfleger</strong><br />

muss Malvyn zum Beispiel die Ränder der Kreise nachziehen<br />

und farbig ausmalen. Anschließend wird das Spielbrett um die Kreise farbig<br />

gestaltet.<br />

Angepasst an die aktuellen Projekte in der Klasse wurde die Arbeit an dem<br />

Brettspiel zwischenzeitlich unterbrochen und durch jahreszeitlich entsprechende<br />

Aktivitäten ergänzt.<br />

In der zweiten Januarhälfte begannen wir mit der Faschingsdekoration. Dabei<br />

trainierte ich mit ihm das Linienschneiden. Es entstanden Girlanden, die der<br />

Dekoration des Klassenzimmers dienten. Weiterhin wurde von Malvyn mittels<br />

einer Schablone ein Clown auf Papier gebracht und anschließend ausgeschnitten.<br />

In einer weiteren Fördereinheit habe ich gemeinsam mit Malvyn die Zimmerfenster<br />

entsprechend der bevorstehenden Faschingsfeier dekoriert. Dabei hat<br />

er mit Fingermalfarben Kreise an den Fenstern aufgetragen.<br />

5 Durchführung der Förderung<br />

Nach dem Faschingsprojekt und Bastelarbeiten für Ostern widmeten wir uns<br />

wieder der Gestaltung des Brettspieles. Bis zum heutigen Zeitpunkt ist die<br />

Arbeit an dem Spiel noch nicht abgeschlossen wurden. Bis zum Schuljahresende<br />

wird die Förderung weiter fortgesetzt. Die Dauer einer Fördereinheit ist<br />

noch auf 30 Minuten begrenzt, wobei Malvyns Konzentration von anfangs 10-15<br />

Minuten auf die vollständige Fördereinheit ausgebaut werden konnte. Durch<br />

den Einbau der Faschingsvorbereitungen und seiner anfänglich stark eingeschränkten<br />

Konzentration hat sich der Abschluss der Gestaltungsarbeiten an<br />

dem Spiel um einige Einheiten zum Schuljahresende hin verschoben.<br />

In der Zeit von Anfang Januar bis Ende Februar wurden sechs Fördereinheiten<br />

durchgeführt, die weiterhin einmal wöchentlich stattfinden sollen.


[21]<br />

konzentrierte er sich mehr auf die Linien und die Streifen wurden zunehmend<br />

gleichmäßiger. Nachdem er einige Streifen in unterschiedlichen Farben<br />

geschnitten hatte, klebte ich die Streifen mit ihm zu kleinen ineinander<br />

verbundene Kreise zusammen. Es entstand eine bunte Girlandenkette. Von<br />

dem Erfolg begeistert, wollte er anschließend weitere Streifen schneiden. Voller<br />

Begeisterung und Stolz schnitt er konzentriert eine Vielzahl von Streifen. Am<br />

Ende der Fördereinheit, die sogar die geplanten 30 Minuten überschritt, hatte er<br />

drei lange Ketten fertig gestellt, die er im Klassenzimmer aufhängen durfte.<br />

5.4 Die vierte Einheit – ein Clown zum Fasching<br />

Malvins Begeisterung bei der Faschingsvorbereitung in der vergangenen<br />

Woche wollte ich für eine neue Aufgabe nutzen. Mit Hilfe einer Schablone<br />

musste Malvyn einen Clown auf Papier übertragen. Etwas unsicher zog er die<br />

Umrandungen nach. Anschließend durfte er den Clown nach seinen Vorstellungen<br />

farbig gestalten. Das Ausmalen gelang ihm anfangs recht gut. Nach<br />

20 Minuten lies er sich jedoch von Kindern, die vor dem Zimmer umherliefen<br />

ablenken. Er hatte Schwierigkeiten, wieder zur Konzentration zurückzufinden.<br />

Ich konnte ihn jedoch nach einigen Minuten wieder zum konzentrierten<br />

Ausschneiden des Clowns animieren. Die fertige Figur hat er mit meiner<br />

Unterstützung am Fenster angebracht.<br />

5.5 Einheit Fünf – Fensterdekoration mit Fingerfarben<br />

Nachdem das Zimmer mit den Ketten und weiteren Girlanden geschmückt<br />

wurde, fiel die leere Fensterfront auf. Ich fragte Malvyn, ob er eine Vorstellung<br />

hat, wie man die Fenster gestalten könnte. Er wollte sie farbig anmalen. Um<br />

eine sinnvolle Dekoration zu erhalten und gleichzeitig seine Feinmotorik und<br />

Auge-Hand-Koordination zu schulen, entschied ich mich für die Gestaltung von<br />

Kreisen. Allen Kindern seiner Klasse machte es immer Spaß, mit Fingermalfarben<br />

zu arbeiten. Sie sind leicht wieder abwaschbar und bei einem versehentlichen<br />

Kontakt mit Textilien gut entfernbar. Während seine Mitschüler in<br />

einem anderen Raum waren, konnten wir ungestört an den Fenstern arbeiten.<br />

Die ersten Kreise waren anfangs noch unförmig. Mit jeder Wiederholung<br />

gelangen ihm die Rundungen besser. Die Arbeit mit den Fingerfarben bereitete


[22]<br />

ihm viel Freude, dass er nach einiger Zeit die Konzentration verlor und lieber<br />

seine Handabdrücke am Fenster hinterlassen wollte. Wir einigten uns auf den<br />

Kompromiss, das Fenster fertig zu gestalten und er durfte nach den fertigen<br />

Kreisen seine Arbeit mit einem Handabdruck signieren.<br />

5.6 Die sechste Fördereinheit - Osterkörbchen<br />

Im Unterricht bastelte die ganze Klasse kleine Osternester. Die Schüler erhielten<br />

einen aufgemalten Osterhasen, der entlang der durchgezogenen Linien<br />

ausgeschnitten wurde. Ich nutzte die Gelegenheit und griff die Aktivität für<br />

Malvyn auf. Ich gab ihm nur eine geringe Hilfestellung, indem ich ihm zeigte, an<br />

welchen Linien er schneiden muss. Bei den anschließenden Faltarbeiten<br />

musste ich ihm verstärkt helfen, da er nicht gerade entlang der Linien falten<br />

kann. Malvyn arbeitete längere Zeit konzentriert mit. Während ich ihm beim<br />

Kleben der Kanten half, lies er sich aber von seinen<br />

Mitschülern ablenken und beobachtete sie, statt auf<br />

meine Hinweise zu achten. Nachdem ich ihn aber aufforderte,<br />

die Klebestellen zusammenzupressen, fand<br />

er schnell wieder zu seinem Arbeitsplatz zurück.<br />

Osterkörbchen<br />

In den folgenden Wochen werde ich mit Malvyn die Arbeit an dem ursprünglich<br />

geplanten Brettspiel fortsetzen. In den einzelnen bevorstehenden Fördereinheiten<br />

wird er mit unterschiedlichen Tätigkeiten und Materialien konfrontiert, die<br />

ihm eine abwechslungsreiche und interessante Förderung ermöglichen. Dabei<br />

werden das Schneiden von Klettband und das Formen der Spielfiguren aus Ton<br />

im Mittelpunkt stehen. Die ausgehärteten Tonfiguren werden anschließend mit<br />

leuchtender Acrylfarbe entsprechend der farbigen Kreise auf dem Spielbrett<br />

bemalt. Aus dem ebenfalls farbigen Klettband werden Quadrate geschnitten,<br />

die etwa eine Größe von 2x2cm haben. Eine Seite wird mit Leim auf den<br />

Kreisen fixiert, während die zweite Seite an den Spielfiguren befestigt wird.


Quellenverzeichnis<br />

Bücher und Zeitschriftenartikel:<br />

Bundesministerium der Justiz:<br />

[26]<br />

Sozialgesetzbuch : Neuntes Buch / Bundesminist. f. Justiz.- Berlin:2001.- §2(1)<br />

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI:<br />

ICD-10 : Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und<br />

verwandter Gesundheitsprobleme / DIMDI.- 10. Revision.- München: Urban &<br />

Schwarzenberg, Aug. 1994<br />

ISBN 3-541-18701-8<br />

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI:<br />

Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit<br />

: Final Draft / DIMDI : WHO-Kooperationszentrum f. d. Familie Internationaler<br />

Klassifikationen, Okt. 2004<br />

Hahn, Gustav-Peter:<br />

Hilfen für das Zusammenleben mit geistig Behinderten : Erfahrungen aus<br />

jahrzehntelanger Tätigkeit / G.-P. Hahn.- 6., überarb. Aufl.- Berlin: Wiss.-Verl.<br />

Spiess, 1995.- S. 22-37<br />

ISBN 3-89166-062-6<br />

Hobmair, Hermann:<br />

Psychologie für Fachoberschulen / H. Hobmair.- 1. Aufl.- Troisdorf: Bildungsverl.<br />

Eins-Stam, 1996.- S. 263ff<br />

ISBN 3-8237-5010-0<br />

Pschyrembel, Willibald:


[27]<br />

Pschyrembel Klinisches Wörterbuch / W. Pschyrembel.- 61.-84. Aufl.- Berlin: de<br />

Gruyter, 1944.- S. 387<br />

Pschyrembel, Willibald:<br />

Pschyrembel Klinisches Wörterbuch.-257., neu bearb. Aufl.- Berlin; New York:<br />

de Gruyter, 1994.- S. 993, 1083<br />

ISBN 3-11-014183-3<br />

Staatsministerium für Kultus (SMK):<br />

Schulen in Leipzig 2006/2007 / Staatsminist. f. Kultus.- S. 139<br />

Internetmedien:<br />

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information, DIMDI:<br />

ICF-Endfassung / DIMDI: 2005,<br />

http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfa<br />

ssung-2005-10-01.pdf


Eidesstattliche Versicherung<br />

[35] A4<br />

Hiermit erkläre ich, Claudia Tischow - geb. Abramow - an Eides Statt, dass die<br />

vorliegende Arbeit selbständig von mir angefertigt wurde, nur die angegebenen<br />

Hilfsmittel von mir benutzt wurden und Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinn<br />

nach anderen Werken entnommen, von mir durch Quellen als Anlehnung<br />

kenntlich gemacht wurden.<br />

Leipzig, den

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