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Steuerrecht // Entscheidungen<br />

Schulze Grotthoff · BB-Kommentar<br />

Soweit in einem EAV auf § 302 AktG verwiesen wird, reicht es aus, wenn<br />

die Verpflichtung zur Verlustübernahme – ohne jegliche Einschränkung –<br />

„entsprechend den Regelungen des § 302 AktG“ vereinbart wird (R 66<br />

Abs. 3 KStR 2004; Witt/Dötsch, in: Dötsch/Jost/Pung/Witt, KSt, Oktober<br />

2004, § 17, Rn. 25).<br />

Verwaltungsanweisung der OFD Rheinland und Münster Die Finanzverwaltung<br />

beabsichtigt nunmehr – nach bundeseinheitlich abgestimmter<br />

Rechtsauffassung – ertragsteuerliche Organschaftsverhältnisse<br />

mit einer GmbH als Organgesellschaft nicht mehr anzuerkennen, wenn<br />

im zugrunde liegenden EAV folgende Vertragsklausel verwendet wird:<br />

„Die A-GmbH verpflichtet sich, entsprechend § 302 AktG jeden während<br />

der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag der B-GmbH<br />

auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den<br />

freien Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der<br />

Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.“<br />

Die bemängelte und in der Praxis nicht seltene Vertragsklausel erweist sich<br />

nachAuffassungderFinanzverwaltungalsproblematisch,dazwarallgemein<br />

auf § 302 AktG verwiesen wird, sich der nachfolgende Wortlaut aber an<br />

§ 302 Abs. 1 AktG orientiert. Insofern werde im einleitenden Satzteil zwar<br />

§ 302 AktG in Gänze erwähnt. Bei der Auslegung einer entsprechenden vertraglichen<br />

Vereinbarung müsse aber berücksichtigt werden, dass der erste<br />

Satzteil nur im Gesamtzusammenhang des nachfolgenden Satzteils sprachlich<br />

und inhaltlich verständlich sei. Der nachfolgende Satzteil beinhalte jedoch<br />

nur die wörtliche Wiedergabe des Regelungsinhalts von § 302 Abs. 1<br />

AktG. Einer solchen inhaltlich beschränkten Wiedergabe des Wortlauts von<br />

§ 302 AktG bedürfe es gerade nicht, wenn die gesamte Geltung von § 302<br />

AktG vereinbart werden solle. Die Wiedergabe des Wortlauts von Abs. 1<br />

schränke daher den Verweis dergestalt ein, dass von ihm nur § 302 Abs. 1<br />

AktGerfasstwerde.<br />

Praxisfolgen Aus der Ansicht der Finanzverwaltung folgt, dass in einem<br />

EAV mit einer entsprechenden Formulierung kein Verweis auf<br />

§ 302 Abs. 3 und Abs. 4 AktG enthalten ist. Ein solcher EAV erfüllt demnach<br />

folgerichtig nicht die Voraussetzungen, die von der Rechtsprechung<br />

des BFH an einen Ergebnisabführungsvertrag für die Anerkennung<br />

einer steuerlichen Organschaft gestellt werden. Dies gilt nicht nur<br />

für Neuverträge, sondern auch für Altverträge.<br />

Für den Fall der Nichtanerkennung, die sog. „verunglückte Organschaft“, ist<br />

dem Organträger das Einkommen der Organgesellschaft steuerlich nicht zuzurechnen.<br />

Die Organgesellschaft ist selbst zur Körperschaft- und Gewerbesteuerzuveranlagen.BereitserfolgteGewinnabführungensindalsverdeckte<br />

Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger, die § 8b<br />

Abs. 1 KStG bzw. § 3 Nr. 40 EStG unterliegen, bereits erfolgte Verlustübernahmenals<br />

verdeckteEinlagendes Organträgersindie Organgesellschaft zu<br />

qualifizieren(Neumann,in:Gosch,KStG,2.Auflage2009,§ 14Rn. 540ff.).Verdeckte<br />

Einlagen führen zu nachträglichen Anschaffungskosten des OrganträgersaufdieBeteiligunganderOrgangesellschaftundsindaufdemsteuerlichen<br />

Einlagekonto (§ 27 KStG) zu erfassen. Zu den weiteren Auswirkungen<br />

der Nichtanerkennung gehört auch, dass kein einheitlicher Betrieb im RahmenderZinsschrankevorliegt(§<br />

15Satz1Nr. 3KStG).<br />

Die Finanzverwaltung stützt ihre Ansicht allein auf die Auslegung der<br />

begutachteten Vertragsklausel. Dem von der Finanzverwaltung gefundenen<br />

Auslegungsergebnis kann m.E. jedoch nicht zugestimmt werden.<br />

Bei einem EAV handelt es sich um einen Unternehmensvertrag i.S.d.<br />

§ 291 Abs. 1 AktG. Unternehmensverträge sind nach ganz herrschender<br />

Ansicht als sog. Organisationsverträge zu qualifizieren (Hüffer, Aktiengesetz,<br />

8. Aufl. 2008, § 291, Rn. 17). In Bezug auf Regelungen dieser Verträge,<br />

die die innere Organisationsstruktur der Gesellschaft sowie Rechte<br />

und Pflichten der Gesellschafter bestimmen, gelten dabei die Grundsätze<br />

der „objektivierten Auslegung“ (Altmeppen, in: Münchener Kommentar<br />

Aktiengesetz, 2. Aufl. 2000, § 291, Rn. 33f.). Demnach kann die<br />

Auslegung nur nach objektiven Maßstäben unter Bezugnahme auf allgemein<br />

zugängliche Unterlagen vorgenommen, in erster Linie also auf<br />

den Wortlaut und Sinnzusammenhang der vertraglichen Regelungen<br />

gestützt werden. Auch der systematische Bezug einer Klausel zu anderen<br />

Regelungen und der erkennbare Zweck einer Regelung sind zu berücksichtigen<br />

(OLG München, 9.12.2008 – 31 Wx 106/08, BB 2009, 631;<br />

BGH, 11.10.1993 – II ZR 155/92, NJW 1994, 51).<br />

Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung geht aus dem Wortlaut der bemängelten<br />

Vertragsklausel jedoch keine Einschränkung des § 302 AktG hervor.<br />

Die Finanzverwaltung übersieht, dass bei der Auslegung über den Wortlaut<br />

des EAVs hinaus auf den Inhalt des § 302 AktG zurückgegriffen werden<br />

kann.Ausdiesemergibtsich,dassderzuübernehmendeVerlust,derin§ 302<br />

Abs. 1 AktG näher geregelt ist, auch Anknüpfungspunkt der Regelung über<br />

denVerzichtaufdenAusgleichsanspruchinAbs. 3 undderVerjährungsregelung<br />

in Abs. 4 ist. Ein Gegensatz zu den Absätzen 3 und 4 und damit ihr AusschlusskanndemWortlautdesAbs.<br />

1nichtentnommenwerden.DerFinanzverwaltung<br />

ist zwar zuzustimmen, dass eine redundante Wiedergabe des<br />

Abs. 1 nach einem allgemeinen Verweis auf § 302 Akt nicht notwendig ist.<br />

Ein zwingender Umkehrschluss, dass andere Abätze des § 302 AktG durch<br />

die Wiedergabe ausgeschlossenwerden sollen, drängt sich jedoch nicht auf.<br />

Schneider/Hinz(Ubg2009,738)weisenindiesemZusammenhangzutreffend<br />

daraufhin,dass–nachderArgumentationderFinanzverwaltung–derallgemeine<br />

Verweis auf § 302 AktG bei wörtlicher Wiedergabe des § 302 Abs. 1<br />

AktG gerade sinnlos wäre, wenn ihm keine eigenständige Bedeutung zukäme.<br />

Insofern stellt sich zu Recht die Frage, ob die enge Auslegung der Finanzverwaltung<br />

nicht sogar dem objektiven Sinn und Zweck der Verlustübernahmeverpflichtung<br />

widerspricht, da die ausdrückliche Verlustübernahmeverpflichtung<br />

unter Verweis auf § 302 AktG regelmäßig nur dazu<br />

dient, den steuerlichen Erfordernissen aus § 17 S. 2 Nr. 2 KStG Rechnung zu<br />

tragen (so Schneider/Hinz, Ubg 2009, 738). Eben darin besteht die eigenständige<br />

Bedeutung des allgemeinen Verweises auf § 302 AktG. Dies gilt insbesondere<br />

vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Rechtslage, nach der ein<br />

vertraglicher Ausschluss von § 302 AktG nicht möglich ist (vgl. Emmerich,<br />

a.a.O., § 302, Rn. 25). Die Finanzverwaltung nimmt m. E. sogar eine unzulässige<br />

Auslegung gegen den Wortlaut (BFH, 28.11.2007 – I R 94/06, DStRE<br />

2008,878,BB2008,2606m.Anm.Hölzerkopf)vor.<br />

Auch wenn die Finanzverwaltung daher mit einer übertrieben engen Auslegung<br />

unbegründet die Nichtanerkennung einer Vielzahl von ertragsteuerlichen<br />

Organschaftsverhältnissen betreibt, ist jedem dringend anzuraten,<br />

sich mit dem aus der Verfügung der Oberfinanzdirektionen Rheinland und<br />

Münstererwachsenen Risiko schnellstmöglichauseinanderzusetzen. Es wird<br />

sich regelmäßig empfehlen, betroffene EAVs zu ändern. Der geänderte EAV<br />

sollte eine (neue) Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorsehen. Zivilrechtlich ist<br />

sicherzustellen, dass eine Vertragsänderung und nicht eine Aufhebung des<br />

Altvertrages mit anschließendem Neuabschluss vorgenommen wird. Die<br />

Kostenbelastung, die durch die notarielle Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses<br />

der Organgesellschaft und die Handelsregisteranmeldung des<br />

Ergebnisabführungsvertrages ausgelöst wird, erscheint gegenüber den erheblichen<br />

Folgen, die die Nichtanerkennung einer Organschaft auch in zukünftigenJahrenauslösenkann,vertretbar.<br />

102 Betriebs-Berater // BB 3.2010 // 11.1.2010

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