downloaden - Deutsche Employer Branding Akademie
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Herausforderungen & Chancen<br />
Herausforderungen & Chancen<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> – das passt genau zum Mittelstand<br />
Wie können Unternehmen die besten Mitarbeiter erfolgreich an sich binden? Wie schaffen sie es, unter immer<br />
weniger Kandidaten die passenden für sich zu interessieren und schließlich auch einzustellen? Eine vielversprechende<br />
Antwort auf diese Fragen lautet <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> – die Entwicklung einer starken Arbeitgebermarke.<br />
Der Fachkräftemangel<br />
wird für Deutschlands<br />
Unternehmen zu einem<br />
immer größeren Problem.<br />
Arbeitgeber müssen sich<br />
verstärkt profilieren, um<br />
trotz des demografischen<br />
Wandels auch in Zukunft<br />
noch alle freien Stellen<br />
mit passenden Kandidaten<br />
zu besetzen.<br />
Monat für Monat zieht der Verein<br />
<strong>Deutsche</strong>r Ingenieure e.V.<br />
in Kooperation mit dem Institut<br />
der deutschen Wirtschaft Köln eine<br />
erschreckende Bilanz des Mangels. Im<br />
sog. „Ingenieurmonitor“ werden die noch<br />
unbesetzten Stellen in deutschen Unternehmen<br />
aufgelistet. Sortiert nach Bundesländern<br />
und Berufen bietet sich seit langem<br />
schon das gleiche Bild: Die Kluft<br />
zwischen Stellenangeboten und Kandidaten<br />
klafft immer weiter. Im Juli dieses<br />
Jahres wies die Statistik eine Ingenieurlücke<br />
in Höhe von 36.800 Personen auf –<br />
im Monatsvergleich betrug der Anstieg<br />
vier Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist<br />
die Zahl der unbesetzten Stellen gar um<br />
12 Prozent gewachsen. Und die Tendenz<br />
sieht weiter düster aus.<br />
Das gilt allerdings nicht allein für die<br />
Berufsgruppe der Ingenieure. Vielerorts<br />
gehen den deutschen Unternehmen die<br />
Fachkräfte aus. Der demografische Wandel<br />
dürfte das Problem in Zukunft noch<br />
verschärfen. Und auch bei den Berufsanfängern<br />
bleiben immer mehr Ausbildungsplätze<br />
unbesetzt. Fachkräftemangel, Lehrlingslücke<br />
– die Kerze brennt von beiden<br />
Seiten. Längst ist der „war for talents“<br />
ausgebrochen. Die Frage ist: Was können<br />
Unternehmen tun, um diesen Krieg<br />
um die Talente als Sieger zu beenden?<br />
Eine echte Arbeitgebermarke werden<br />
Stellt man Wolf Reiner Kriegler die<br />
Frage nach der besten Strategie in diesem<br />
Kampf um kluge Köpfe, lautet die<br />
Antwort „<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong>“. Der Chef<br />
der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> <strong>Akademie</strong><br />
(DEBA) kümmert sich seit Jahren<br />
intensiv darum, dass Unternehmen die<br />
besten und vor allem die passenden neuen<br />
Mitarbeiter finden (siehe auch das Interview<br />
ab Seite 28). Sein Credo ist, dass<br />
Unternehmen dafür eine starke Arbeitgebermarke<br />
werden müssen. Insbesondere<br />
gilt das für den Mittelstand. Denn<br />
der hat es besonders schwer im Wettbewerb<br />
mit der Strahlkraft der großen und<br />
zumeist globalen Brands.<br />
Hübsche Stellenanzeigen und ein paar<br />
wohlgesetzte Worte reichen längst nicht<br />
mehr aus, um als Arbeitgeber auf sich<br />
aufmerksam zu machen. Fundiertes <strong>Employer</strong><br />
<strong>Branding</strong> ist sehr viel mehr. Es zielt<br />
auf die Verbesserung der Arbeitgeberqualität<br />
und gibt Orientierung für die<br />
Weiterentwicklung einer Organisation.<br />
„<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> hilft einem Unternehmen,<br />
seine strategischen Ziele besser<br />
zu realisieren – und das mit den am<br />
besten geeigneten Mitarbeitern“, erklärt<br />
Wolf Reiner Kriegler diesen Ansatz. Drehund<br />
Angelpunkt sei dabei die Definition<br />
der Positionierung, die dem Arbeitgeber<br />
ein treffendes, unverwechselbares Profil<br />
gibt, das ihn von seinen Wettbewerbern<br />
differenziert.<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> ist also mehr als<br />
bloß intelligentes Personalmarketing. Es<br />
geht darum herauszufinden, was ein<br />
Unternehmen im besten Sinne von<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> – strategische Entscheidung mit Ausstrahlung<br />
Unternehmen, die sich für ein strategiebasiertes <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> entscheiden,<br />
können davon in fünf Wirkungsdimensionen profitieren. So wird die Ausformung<br />
eines starken Arbeitgebermarkenkerns zum Mittelpunkt eines ganzheitlichen<br />
Optimierungsprozesses.<br />
Arbeitgebermarke<br />
Unternehmensmarke<br />
Mitarbeitergewinnung<br />
Mitarbeitergewinnung<br />
Mitarbeiterbindung<br />
Unternehmenskultur<br />
Leistung und<br />
Ergebnis<br />
Quelle: DEBA<br />
24 Perspektiven 3 · 2010 Perspektiven 3 · 2010 25
Herausforderungen & Chancen<br />
Herausforderungen & Chancen<br />
seinen Mitbewerbern unterscheidet. Diese<br />
individuelle Positionierung wirkt auf<br />
den Bewerbermärkten dann wie ein Filter.<br />
Sie zieht speziell die von ihrer Persönlichkeit<br />
her zum Unternehmen passenden<br />
Kandidaten an. Und gleichzeitig,<br />
das ist dem DEBA-Chef besonders wichtig,<br />
„dient sie als Richtschnur für die Entwicklung<br />
von Unternehmenskultur, Prozessen<br />
und Strukturen“.<br />
Langer Atem ist gefordert<br />
Für all das braucht es einen langen<br />
Atem. Bei der DEBA vergleicht man den<br />
Prozess gern mit dem Pflanzen eines Baumes.<br />
Die Analyse eines Unternehmens und<br />
die Entwicklung der passenden <strong>Employer</strong>-<br />
<strong>Branding</strong>-Strategie ist Wurzelarbeit. Da<br />
werden Identität und Werte eines Unternehmens<br />
herausgearbeitet und schließlich<br />
seine exakte Positionierung definiert. Eine<br />
Aufgabe für Strategie- und Unternehmensberater,<br />
am besten mit kombinierter Marken-<br />
und Human-Resources-Erfahrung. Auf<br />
dieser normativen Ebene, die mindestens<br />
für fünf Jahre tragfähig sein soll, kann der<br />
Baum wachsen.<br />
»<br />
Damit sich Mitarbeiter<br />
für das Erreichen eines Ziels<br />
engagieren, müssen sie es<br />
akzeptieren und sich mit ihm<br />
identifizieren können.«<br />
Hartmut Laufer,<br />
Dipl.-Ing., Führungskräftetrainer<br />
und Managementautor<br />
Strategische Planung bildet dann den<br />
Stamm, aus dem die einzelnen operativen<br />
Maßnahmen – das weit verzweigte Blätterdach<br />
–entspringen. Treffende Botschaften<br />
und ein passendes Kreativkonzept prägen<br />
den Auftritt des Arbeitgebers maßgeblich<br />
mit. Sie sollen, ebenso wie eine<br />
crossmediale Budget- und Maßnahmenplanung,<br />
mittelfristig (2 bis 3 Jahre) wirken.<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> zahlt sich aus<br />
Dass sich die Investitionen in einen solchen<br />
Prozess der Identitätsfindung und<br />
Markenbildung lohnen, daran hat Wolf<br />
Reiner Kriegler keinen Zweifel. Die Effizienz-<br />
und Wertschöpfungseffekte seien vielfach<br />
empirisch belegt. Der Experte hat fünf<br />
Wirkungsfelder identifiziert, in denen sich<br />
nachhaltige Nutzeffekte erzielen und auch<br />
nachweisen lassen:<br />
Mitarbeitergewinnung – eine klare<br />
Arbeitgebermarke zieht potenziell passende<br />
Kandidaten an und hält andere fern.<br />
Das reduziert den Aufwand bei der Personalbeschaffung<br />
deutlich. Zudem werden<br />
die Bewerberpassung erhöht und Risiken<br />
von Nicht- oder Fehlbesetzungen minimiert.<br />
Mitarbeiterbindung–<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
beugt der Abwanderung von Leistungsträgern<br />
im Unternehmen vor. So werden<br />
unerwünschte Fluktuation und damit<br />
verbundene Kosten reduziert, die Mitarbeiterzufriedenheit<br />
verbessert, Identifikation<br />
gestärkt und Know-how langfristig<br />
gebunden. All das hat positive Effekte auf<br />
den Return on Development.<br />
Leistung und Ergebnis – eine gute<br />
Positionierungsstrategie wirkt sich positiv<br />
auf die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft<br />
im Unternehmen aus. Mitarbeiter und auch<br />
Führungskräfte lassen sich besser auf die<br />
strategischen Ziele des Unternehmens hin<br />
ausrichten. Commitment und Identifikation<br />
mit dem Arbeitgeber werden gestärkt.<br />
Das führt zu verbesserter Motivation, erhöhter<br />
Loyalität, mehr Eigenverantwortung<br />
und geringerem Führungsaufwand.<br />
Unternehmenskultur–umfassendes<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> trägt dazu bei, Unternehmensziele<br />
und Unternehmenskultur<br />
besser aufeinander abzustimmen. So fällt<br />
es leichter, eine Organisation zielgerichtet<br />
weiterzuentwickeln. Unternehmenswerte<br />
werden erlebbar, das Arbeitsklima wird verbessert,<br />
der Krankenstand sinkt, der Zusammenhalt<br />
wird gestärkt und interne Kommunikationsprozesse<br />
laufen effektiver ab.<br />
Image/Marke – eine glaubwürdige<br />
und unverwechselbare Arbeitgebermarke<br />
fördert die Reputation eines Unternehmens<br />
bei all seinen Stakeholder-Gruppen.<br />
So wird das Image des Unternehmens gestärkt,<br />
es lassen sich Synergien im Marketing<br />
erschließen und der Unternehmenswert<br />
insgesamt wird gesteigert.<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> – interne und externe Handlungsfelder<br />
Arbeitgeberqualität – hinein ins Unternehmen<br />
Internes <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> sorgt dafür, dass sich ein Arbeitgeber mit seinen<br />
HR-Investitionen unverkennbar profiliert. Die Positionierung dient dabei als<br />
Wegweiser für die Weiterentwicklung der Organisation. Es entsteht eine Kultur<br />
der Glaubwürdigkeit, in der Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden. Aus<br />
der Positionierungsstrategie wird täglich erlebbare Arbeitgeberqualität.<br />
Das sind die vier internen Handlungsfelder:<br />
Führung: Die Arbeitgeberpositionierung wird in Managementpraxis, im Führungsstil<br />
sowie in der Führungskräfteentwicklung zur Geltung gebracht; z.B.<br />
durch Führungsleitlinien, Führungskräfte-Beurteilung, Ausbildung und Coachings.<br />
Interne Kommunikation: Sie umfasst die klassischen Medien wie Intranet<br />
oder Mitarbeiterzeitschrift. Dazu gehören aber u.a. auch Betriebsversammlungen,<br />
Raumgestaltung oder die informelle Mitarbeiterkommunikation („Flurfunk“).<br />
Der perfekt passende<br />
Kandidat für eine freie<br />
Stelle im Unternehmen<br />
weiß vielleicht noch<br />
nichts von seiner Chance.<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> verbessert<br />
die Aussichten,<br />
diesen Menschen kennenzulernen.<br />
Eine Chance für den Mittelstand<br />
Mittelständischen Unternehmen bieten<br />
diese fünf Wirkungsfelder hervorragendes<br />
Wertschöpfungspotenzial. Und diese<br />
Unternehmen selbst bieten beste Voraussetzungen<br />
für die Umsetzung konsequenter<br />
<strong>Employer</strong>-<strong>Branding</strong>-Strategien. Denn:<br />
Viele Mittelständler sind inhaber- oder auch<br />
familiengeführt, verfügen bereits über eine<br />
ausgeprägte Werteorientierung und<br />
werden daher besonders häufig nachhaltig<br />
geführt. „Das ist der ideale Nährboden<br />
für gezielte Analyse und Definition einer<br />
<strong>Employer</strong>-<strong>Branding</strong>-Strategie“, sagt Wolf<br />
Reiner Kriegler.<br />
Auf dem Weg zu einer Arbeitgebermarke<br />
kommt es nicht auf die Größe an.<br />
Sehr wohl aber auf die Fähigkeit und den<br />
Willen eines Unternehmens, ehrlich über<br />
sich nachzudenken und zu sich entsprechend<br />
zu positionieren. Rund 70 Prozent<br />
der Effekte entfalten ihre Kraft nach innen,<br />
hinein ins Unternehmen – wenn die Werte<br />
dort nachhaltig gelebt werden, wirkt die<br />
Arbeitgebermarke auch nach außen. n<br />
HR-Portfolio: Alle mitarbeiterorientierten Produkte und Prozesse entlang der<br />
HR-Wertschöpfungskette. Zum Beispiel: Karriere, Weiterbildung, Sozialleistungen,<br />
Förderprogramme usw. sowie die dahinter liegenden HR-Prozesse.<br />
Gestaltung der Arbeitswelt: Gemeint sind aufgabenbezogene Gestaltungsspielräume.<br />
Denn die Arbeitswelt ist Quelle von Stolz, Selbstwertgefühl und Teamerlebnis.<br />
Ansatzpunkte können Teamorganisation und Arbeitszeitmodelle sein.<br />
Arbeitgebermarke – nach außen erlebbar machen<br />
Externes <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> baut die Arbeitgebermarke im Rekrutierungsmarkt auf.<br />
Ziel sind die Positionierung als Arbeitgeber und ein attraktives, glaubwürdiges Image.<br />
Das sind die vier externen Handlungsfelder:<br />
Arbeitsmarktkommunikation: Diese operative Maßnahme erstreckt sich u.a.<br />
auf Personalwerbung, Hochschulmarketing, Internet, Recruiting-Veranstaltungen.<br />
Networking: Hierzu zählen u.a. Empfehlungs-Programme, Alumni-Programme<br />
oder Social Networks und Web-2.0-Aktivitäten.<br />
Bewerbermanagement: Ziel ist, dass alle Informationsquellen für Bewerber<br />
ein konsistentes Erleben der Arbeitgebermarke gewährleisten – vom<br />
entsprechenden Internetauftritt bis hin zu den Bewerbungsgesprächen.<br />
Corporate Reputation: Gemeint ist der Transfer zwischen Unternehmens- und<br />
Arbeitgeberimage. Themenfelder sind u.a. Arbeitgeber-PR oder Corporate Social<br />
Responsibility.<br />
Quelle: DEBA<br />
26 Perspektiven 3 · 2010 Perspektiven 3 · 2010 27
Interview<br />
Interview<br />
„Die Effektivität der Ehrlichkeit“<br />
Perspektiven: Seit es Unternehmen gibt,<br />
ist man dort auf der Suche nach den passenden<br />
Mitarbeitern. Was unterscheidet<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> von den üblichen<br />
Bemühungen auf diesem Gebiet?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Das Personalmarketing<br />
hat sich in der Vergangenheit stark professionalisiert.<br />
Da sind zuerst die großen Unternehmen<br />
mit gutem Beispiel vorausgegangen. Aber<br />
man trifft auch auf immer mehr Mittelständler,<br />
die mit Karriere-Websites, exzellenten Personalanzeigen<br />
oder Messeauftritten „state of the art“<br />
agieren. Personalmarketing ist aber noch kein<br />
<strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong>. Den Arbeitgeberauftritt technisch,<br />
grafisch oder kreativ zu professionalisieren,<br />
ist richtig. Aber die meisten Unternehmen<br />
Fakten<br />
Wolf Reiner Kriegler<br />
Wolf Reiner Kriegler ist Pionier in Sachen<br />
Arbeitgebermarke. 1999 veröffentlichte<br />
der Markenexperte erstmals zum Thema.<br />
Seine Leidenschaft für <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
mündete 2006 in die Gründung der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> <strong>Akademie</strong>,<br />
die das Thema interdisziplinär erforscht,<br />
praxisnah weiterentwickelt sowie Unternehmen<br />
in Aufbau und Führung ihrer<br />
Arbeitgebermarke berät und qualifiziert.<br />
Ihre Fachbeiträge, Impulse und Praxiserfahrungen<br />
haben das <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
im deutschsprachigen Raum maßgeblich<br />
geprägt, fundiert und weiterentwickelt.<br />
Wolf Reiner Kriegler ist Dozent, Autor und<br />
mit jährlich mehr als 30 Fachvorträgen<br />
und Seminaren ein gefragter Experte und<br />
Redner für <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
Demografischer Wandel und Bildungsmisere sorgen dafür, dass Unternehmen bei der Suche nach dem passenden<br />
Personal immer mehr Schwierigkeiten haben. Wolf Reiner Kriegler erläutert, warum <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong> gerade für<br />
Mittelständler die beste Strategie im „war for talents“ ist.<br />
sind immer noch meilenweit davon entfernt, eine<br />
echte Arbeitgebermarke zu werden.<br />
Perspektiven: Wie wird man zu einer echten<br />
Arbeitgebermarke?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Um das zu schaffen,<br />
müssen Sie der Markenbildung folgen. Zwei Dinge<br />
muss Marke leisten: profilieren und differenzieren.<br />
Wir machen regelmäßige Screenings der<br />
Auftritte von Unternehmen und schauen genau<br />
auf deren Botschaften. Leider hat sich da in den<br />
vergangenen drei oder vier Jahren wenig getan.<br />
Die meisten Arbeitgeber kommen extrem austauschbar<br />
daher. Den Unterschied machen das<br />
Corporate Design, das Logo – aber eben nicht<br />
die Inhalte. Was fehlt, sind Botschaften. Aber<br />
ohne Botschaft keine Marke! Marke muss aber<br />
einen Unterschied machen! Nur allzu häufig gilt<br />
allerdings: Deutschland einig Floskelland.<br />
Perspektiven: Wenn alle so gleich sind –<br />
gibt es denn überhaupt Chancen, sich<br />
von den anderen zu unterscheiden?<br />
Wolf Reiner Kriegler:Natürlich! Es sind Unternehmenskultur<br />
und Arbeitsklima, die den Unterschied<br />
machen. Während sich die Arbeitgeber<br />
in ihrer Qualität ständig weiter angleichen, sind<br />
Kultur und Klima immer spezifisch, sogar einzigartig.<br />
Arbeitgeber, die sich über ihre spezifische<br />
Unternehmenskultur positionieren, haben<br />
die besten Chancen, eine echte Arbeitgebermarke<br />
auszubilden. Doch das ist keine leichte Aufgabe.<br />
Denn das, was die eigene Kultur ausmacht,<br />
ist schwer zu definieren. Und genau hier setzt<br />
ein guter <strong>Employer</strong>-<strong>Branding</strong>-Prozess an. Genau<br />
hier liegen die Trüffel vergraben, die einem Arbeitgeber<br />
echte Kontur und individuelles Profil<br />
geben – mit denen er Arbeitgebermarke werden<br />
kann.<br />
Perspektiven: Das klingt nach einer sehr<br />
komplexen Aufgabe, die weit über das<br />
klassische Personalmanagement hinausgeht.<br />
Wie läuft ein <strong>Employer</strong>-<strong>Branding</strong>-<br />
Prozess in der Praxis ab?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Wir unterscheiden die<br />
Phase der Strategieentwicklung und die der<br />
-Umsetzung. Ersteres ist in der Regel eine Kulturanalyse<br />
eines Unternehmens. Da wird eine<br />
Definition der Arbeitgeberpositionierung herausgearbeitet.<br />
Je nach Größe und Struktur des<br />
Unternehmens können die Aufwände dafür sehr<br />
unterschiedlich sein. Liegt eine gute Analyse auf<br />
dem Tisch, wird diese im Unternehmen validiert.<br />
Schließlich prüft das Management, ob alles der<br />
Soll-Perspektive entspricht –erst dann aber geht<br />
es richtig los! Sie haben sich die Sportschuhe<br />
angezogen, stehen in den Startlöchern für einen<br />
konsequenten Markenaufbau. Und das ist<br />
ein Marathon. Zwischen drei und fünf Jahren<br />
sind da durchaus realistisch. Zu den operativen<br />
Investitionen in dieser Phase gehören u.a. eine<br />
crossmediale Kommunikationsplanung für alles,<br />
was draußen stattfinden soll, also für das<br />
klassische Personalmarketing, Hochschulmarketing<br />
und Bewerbermanagement; sowie – ganz<br />
wichtig – für das interne <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong>.<br />
Optimalerweise verknüpft man das alles mit einem<br />
auf die neue Positionierung abgestimmten<br />
Kreativkonzept für die Stellenanzeigen und einem<br />
Karriereportal. Wenn Sie <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
nachhaltig betreiben wollen, müssen Sie<br />
» Was den meisten<br />
Unternehmen fehlt, sind<br />
Botschaften. Aber ohne<br />
Botschaft keine Marke!«<br />
das, was positioniert wurde, bei den eigenen<br />
Mitarbeitern verankern. Ein Unternehmen muss<br />
innen halten, was es draußen verspricht.<br />
Perspektiven: Angesichts dieser vielen<br />
Schritte bekommt man ja fast Angst<br />
loszulaufen …<br />
Wolf Reiner Kriegler: Keine Sorge, man muss<br />
natürlich nicht gleich alles machen, sondern<br />
kann auch sukzessive vorgehen. Insbesondere<br />
für KMUs haben wir mit Partnern ein sehr kostengünstiges<br />
Paket entwickelt, das zum Preis<br />
von unter 9.000 Euro einen sinnvollen Einstieg<br />
in die Entwicklung einer Arbeitgebermarke ermöglicht.<br />
Perspektiven: Egal, wie hoch Investitionen<br />
sind, zum Schluss müssen sie sich<br />
lohnen. Zahlt sich das alles wirklich<br />
aus?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Natürlich muss sich der<br />
Aufwand rechnen. Aber <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
zahlt sich zehnfach aus. Ein Beispiel aus der<br />
Praxis: eine IT-Beratung mit rund 2.000 Mitarbeitern;<br />
klassischer Mittelstand. Dort hat man<br />
eine sehr klare, selbstreflektierte Arbeitgebermarkenpositionierung<br />
entwickelt. Und man<br />
hatte dann auch den Mut, in einer Recruiting-<br />
Kampagne ganz ehrlich zu sagen, wer ins<br />
Unternehmen passt und vor allem wer nicht.<br />
Denn es gibt dort eine sehr spezifische Arbeitsplatz-<br />
und Unternehmenskultur. Nach einem<br />
Jahr Campaigning stellte man fest, dass es deutlich<br />
weniger Bewerbungen gab. Und dennoch<br />
hat das Unternehmen mehr Einstellungen verzeichnet.<br />
Perspektiven: Lässt sich der Benefit quantifizieren?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Der zeigt sich in einer<br />
überzeugenden Wirkungskette: Es gab spürbar<br />
weniger Aufwand beim Bewerbungsmanagement.<br />
Das spart richtig Geld. Die Bewerberpassung<br />
und damit auch die Trefferquote sind gestiegen.<br />
Das führt zu größerer Homogenität in<br />
den Teams. Das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
wächst. Der Krankenstand sinkt, weil Identifikation<br />
und Zufriedenheit höher sind. Die Loyalität<br />
zum Unternehmen steigt. Und das alles<br />
wirkt sich natürlich auch auf die Leistungsbereitschaft<br />
der Mitarbeiter aus. Das steigert die<br />
Produktivität und auch die Rendite. Wir nennen<br />
das die Effektivität der Ehrlichkeit. Damit können<br />
Unternehmen über Jahre hinweg Millionen<br />
sparen.<br />
Perspektiven: Nicht zuletzt angesichts solcher<br />
Summen – ist <strong>Employer</strong> <strong>Branding</strong><br />
Chefsache?<br />
Wolf Reiner Kriegler: Da gibt es klare Erfahrungswerte:<br />
Vorstand oder Geschäftsführung<br />
müssen eingebunden sein. Unerlässlich ist ein<br />
früher Schulterschluss mit Marke, Marketing und<br />
Unternehmenskommunikation; das ist ein interdisziplinäres<br />
Thema. Zudem sollte man die Fachabteilungen<br />
rechtzeitig einbinden. In dieser Zusammenstellung<br />
hat man dann eine optimale<br />
Projektkonstellation.<br />
n<br />
Fakten<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Employer</strong><br />
<strong>Branding</strong> <strong>Akademie</strong><br />
Die DEBA ist eine Managementund<br />
Markenberatung für Arbeitgeberattraktivität.<br />
Sie entwickelt<br />
identitätsbasierte Arbeitgeberpositionierungen<br />
und ist darin Marktführer<br />
in Deutschland. Markenexperten,<br />
HR-Fachleute, Strategieberater und<br />
Organisationspsychologen arbeiten<br />
Hand in Hand. Mit ihren Angeboten<br />
bildet sie die gesamte <strong>Employer</strong>-<br />
<strong>Branding</strong>-Prozesskette ab. Auf der<br />
DEBA-Homepage finden Unternehmen<br />
hervorragende Materialien zum<br />
Thema. Zudem können Interessenten<br />
dort Fallstudien per E-Mail bestellen.<br />
www.employerbranding.org<br />
28 Perspektiven 3 · 2010 Perspektiven 3 · 2010 29