Bildungsstandards und Evaluation in der politischen Bildung - Die ...

als Bildungsaufgabe und als kritischer Umgang mit dem Spannungsfeld „Markt (oder
auch digitalem Kapitalismus) und Demokratie“ wäre dann wohl endgültig aufgegeben;
damit einhergehen würde dann auch eine Veränderung von subjektentwickelnden,
interessenorientierten und aufklärerischen didaktischen Prinzipien (vgl. Brenner 2003).
4. Profil und Identität
Die Debatten der letzten Jahre zeigen die Suchbewegungen um das Profil bzw. die in
ihren Reichweiten unterschiedlichen Profile (man könnte auch sagen: disziplinäre
Identität) und Konzepte der außerschulischen politischen Jugend- und
Erwachsenenbildung. Dabei können grob vier durchaus stabile Lesarten bzw.
(ideologische) Einfärbungen unterschieden werden: 1. der Abbau von (biographischen,
gruppen-, schichten- und klassenbedingten) Bildungsdefiziten, um die Chancen für
Integration und Teilhabe zu erhöhen; 2. die Bildung als zivilgesellschaftliche Aufgabe für
„alle“, um informierte und gebildete Bürgerinnen und Bürger zu stärken; 3. die
notwendige Anpassungsbildung, um sich auch sozial und politisch (mental) an die sich
verändernden strukturellen Rahmenbedingungen anpassen zu können, 4. schließlich eine
neoliberale Position, die es möglichst ohne staatliche Vorgaben und Regelungen der
Autonomie des Lernens überlassen will, ob, wie und bei wem er lernen will. Ob sich mit
diesen Tendenzen und Begründungen (in der Weiterbildung insgesamt) hinreichend das
spezifische Profil der politischen Bildung markieren lässt, bleibt mehr als fraglich (vgl.
Gewerkschaft, Erziehung und Wissenschaft 2003).
Aussagekräftig ist, dass sich die Erwachsenenbildung als eine Referenzdisziplin der
politischen Bildung ganz offensichtlich in weiten Teilen von einer gesellschaftstheoretisch
fundierten theoretischen Bezugnahme verabschiedet hat. So nennt Horst Siebert zwar
sechs „Theorien für die Praxis“ (technologische, identitätstheoretische, sozialökologische,
am Gender-Ansatz orientierte und konstruktivistische), keine davon ist mit einem
politisch-theoretischen Programm oder einem ökonomischen Ansatz verbunden, von einer
emanzipatorischen Orientierung ganz zu schweigen(Siebert 2004). Das sah in seinen
früheren (1977 u. 1993) theoretischen und konzeptionellen Zusammenfassungen noch
anders aus (Siebert 2004, S. 18).
Die streitbare Suche nach der Rolle und Bedeutung von politischer Bildung in der
Demokratie und Demokratieentwicklung, in der aufklärenden Auseinandersetzung über
den gesellschaftlichen Problemhaushalt und deren Lösungen sowie die mit
Selbstwirksamkeits- und Anerkennungserfahrungen verbundene Bedeutung im
Aufwachsen, für Lebensorientierung, Biographie und Lebensverläufe wären die
unhintergehbare disziplinäre Aufgabe und der Grundgedanke des anstehenden Diskurses.
In ihrer Selbstbeschreibung und kritischen Dimension müsste politische Bildung selbst
zum Spiegelbild der strukturellen Differenzierungen moderner Gesellschaft werden, in
deren Reflexionsprozess sie sich verortet und zu deren Problemlösungen sie beiträgt. Hier
in guter gesellschaftswissenschaftlicher Theorietradition (Habermas, Foucault, Luhmann,
Beck, Bourdieu und vor allem der Ungleichheitsforschung), mit konzeptionellen
Fundierungen, empirischer Forschung und reflektierten Praxisentwicklungen auf die
„Suche“ und reflexive Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit (mit der politische
Bildung „notorisch unzufrieden ist“) zu gehen, und Diskurse mitzugestalten, scheint uns
die aktuell disziplingeschichtliche Herausforderung zu sein. Diese Perspektive der Profilund
Identitätssuche wäre auch als Beitrag zu verstehen, das Statusproblem bzw. –defizit
gegenüber traditionellen Handlungswissenschaften abbauen zu helfen. Professionelle
Identität ist gebunden an fachspezifische Traditionen und Wissensbestände. „Alte“
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