Hausmittel helfen wirklich - Hauspost
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Angemerkt<br />
INSOLVENZER<br />
ANWÄLTE<br />
VOM FACH<br />
Helge<br />
Elisabeth<br />
Lampe-<br />
Seitz<br />
Der<br />
Gesetzgeber<br />
wollte neue<br />
moderne Regelungen,<br />
die der sozialen<br />
Wirklichkeit angepasst<br />
sind. So viele grundlegende<br />
Änderungen<br />
hat es lange nicht<br />
gegeben.<br />
Viele waren längst<br />
überfällig, zum Beispiel<br />
den Versorgungsausgleich<br />
betreffend,<br />
wo eine Neuregelung<br />
durch das Bundesverfassungsgericht<br />
schon<br />
längst angemahnt worden<br />
war, oder auch<br />
im Verfahrensrecht,<br />
in dem das Nebeneinandergesetzlicher<br />
Regelungen in<br />
mehreren Gesetzen<br />
Verfahren unnötig<br />
verkomplizierte. Nicht<br />
nur sprachlich weht<br />
jetzt ein neuer Geist<br />
durch die gesetzlichen<br />
Grundlagen: deeskalierende<br />
Maßnahmen<br />
zur Konfliktlösung<br />
wie zum Beispiel die<br />
Möglichkeit eines<br />
Mediationsverfahrens,<br />
sind ausdrücklich<br />
vorgesehen und spiegeln<br />
die gewünschte<br />
Eigenverantwortung<br />
der Beteiligten, die<br />
ganz im Sinne des<br />
neuen Geistes nicht<br />
mehr Parteien genannt<br />
werden, wider. Um<br />
diesem Geist Leben<br />
einzuhauchen, bedarf<br />
es mehr als sprachlicher<br />
Veränderungen:<br />
Mehr denn je sind<br />
Angebote unterstützender<br />
Maßnahmen<br />
vonnöten, angesichts<br />
der Haushaltslage der<br />
für öffentliche Hilfen<br />
zuständigen Kommunen<br />
wohl lediglich<br />
eine Illusion.<br />
Adresse<br />
Alexandrinenstr. 17<br />
19055 Schwerin<br />
Telefon<br />
(0385) 57 27 70<br />
e-mail<br />
lampe-seitz@<br />
vom-fach.de.<br />
Schwerin • Seit dem 1. September<br />
2009 gilt in Deutschland ein neues<br />
Familiengesetzbuch. hauspost fragte<br />
Rechtsanwältin Helge Elisabeth Lampe-<br />
Seitz, was <strong>wirklich</strong> neu ist und welche<br />
Auswirkungen die Änderungen in der<br />
Praxis bedeuten werden.<br />
hauspost: Frau Lampe-Seitz, was bedeutet<br />
das nun, ein neues Familiengesetzbuch, ist<br />
darin alles, was Ehe und Familie betrifft<br />
geregelt?<br />
Lampe-Seitz: Nein, das neue Familiengesetzbuch<br />
ist lediglich eine Zusammenfassung<br />
der Gesetze, die das Verfahren der<br />
Gerichte regeln. Die wichtigste Neuregelung<br />
betrifft die Zuständigkeit des Familiengerichts.<br />
Bislang gab es häufig das Problem, dass für<br />
eine Scheidung selbstverständlich das Familiengericht<br />
zuständig war, wenn es aber im<br />
Rahmen der Scheidung zum Beispiel Streit<br />
über gemeinsame Schulden gab, so war<br />
hierfür das normale Zivilgericht zuständig,<br />
was den Rechtsuchenden nur schwer zu<br />
vermitteln war.<br />
Wie bisher finden sich die Regelungen<br />
zu Ehe, Scheidung, Sorgerecht, Adoption<br />
und so weiter im Bürgerlichen Gesetzbuch<br />
(BGB).<br />
hauspost: Dann hat sich also - außer dass<br />
das Verfahren übersichtlicher geworden ist<br />
- gar nicht so viel getan?<br />
Lampe-Seitz: Doch, denn in letzter Sekunde<br />
wurde - ebenfalls zum 01.09.2009<br />
- das BGB auch geändert, und es wurden<br />
neue Bestimmungen zur Regelung des<br />
Versorgungsausgleiches und des Zugewinns<br />
eingeführt.<br />
hauspost: Möglicherweise wissen unsere<br />
Leser jetzt nicht so genau, wovon Sie spre-<br />
www.vom-fach.de<br />
chen. Was bedeutet Versorgungsausgleich,<br />
können Sie uns das bitte erklären?<br />
Lampe-Seitz: Beim Versorgungsausgleich<br />
werden im Falle einer Ehescheidung die<br />
Ansprüche, die die Ehegatten während der<br />
Ehe in einer Rentenversicherung erworben<br />
haben, ausgeglichen.<br />
Die Eheleute sollen also aus dieser Ehe mit<br />
gleich hohen Ansprüchen herausgehen.<br />
Hier gibt es jetzt gravierende Änderungen:<br />
Bislang konnten Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich<br />
zwischen den Eheleuten<br />
nur in engen Grenzen getroffen werden,<br />
jetzt sieht das Gesetz eine weitergehende<br />
Freiheit vor.<br />
Weiter ist nunmehr grundsätzlich geregelt,<br />
dass betriebliche und auch private Anrechte<br />
einfach in den Systemen geteilt werden.<br />
Eine umständliche Umrechnung zur Bewertung<br />
entfällt. Neu ist auch, dass bei kurzen<br />
Ehen unter drei Jahren ein Versorgungsausgleich<br />
nur noch auf Antrag stattfindet.<br />
hauspost: Und Zugewinnausgleich? Ist das<br />
auch Bestandteil jedes Scheidungsverfahrens?<br />
Lampe-Seitz: Nein, Zugewinnausgleich<br />
findet immer schon nur statt, wenn einer<br />
der Eheleute dies beantragt. Grob gesagt<br />
heißt Zugewinnausgleich, dass Vermögen,<br />
das während der Ehe erworben wurde,<br />
ausgeglichen wird. Auch hier gibt es neue<br />
Regelungen: Die wichtigste ist wohl, dass<br />
künftig auch Schulden eine Rolle spielen.<br />
Bislang war es so: Kam einer der Partner<br />
mit Schulden in die Ehe und wurden diese<br />
während der Ehezeit abgezahlt, spielten sie<br />
beim Zugewinnausgleich keine Rolle. Das<br />
wurde häufig als ungerecht empfunden.<br />
Jetzt führt es aber möglicherweise dazu,<br />
dass Ansprüche häufiger denkbar sein werden,<br />
nämlich auch immer dann, wenn der<br />
Vermögenszuwachs lediglich in Abbau von<br />
negativem Vermögen gelegen hat.<br />
Seite 24 | hauspost-Anzeige November 2009<br />
Mit der neuen Gesetzgebung ist der finanzielle Ausgleich nach einer Scheidung von Eheleuten gerechter geregelt Foto: cc<br />
Das Familiengesetzbuch vereinfacht Verfahren der Gerichte<br />
Ehescheidung neu geregelt<br />
hauspost: Ist mit diesen Neuregelungen<br />
die Reform des Ehe- und Familienrechts in<br />
Deutschland nun abgeschlossen?<br />
Lampe-Seitz: Davon ist auszugehen,<br />
bereits im vergangenen Jahren hatten wir<br />
ja bereits die Unterhaltsrechtsreform.<br />
Auch diese hat zu einer gewaltigen Veränderung<br />
geführt. Darüber hatte ich in einer<br />
der vorigen Ausgaben bereits berichtet:<br />
Unverheiratete Mütter wurden besser<br />
gestellt, Kindesunterhaltsansprüche gehen<br />
denen geschiedener Partner vor, und als<br />
bedeutendste Neuerung soll jeder Ehepartner<br />
nach einer Ehescheidung wieder<br />
für sich selbst sorgen.<br />
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen,<br />
aber nur noch wenige, denn grundsätzlich<br />
soll die Ehe als Versorgungsmodell ausgedient<br />
haben.<br />
Ebenfalls bereits seit dem vorigen Jahr gilt<br />
das Beschleunigungsgebot in Kindschaftsverfahren:<br />
Immer wenn es um Umgang<br />
mit Kindern, das Sorgerecht oder Aufenthaltsbestimmungsrecht<br />
für die Kinder<br />
oder Kindeswohlgefährdungen geht, soll<br />
das Gericht innerhalb eines Monats zur<br />
Verhandlung laden.<br />
Das verlangt in der Praxis weitreichende<br />
organisatorische Veränderungen bei allen<br />
Beteiligten, die unter Umständen viele<br />
sein können: Die Elternteile mit ihren<br />
Anwälten, der Verfahrensbeistand des Kindes,<br />
der Vertreter des Jugendamtes und<br />
nicht zuletzt das Gericht selbst müssen<br />
innerhalb dieser knapp bemessenen Frist<br />
auf den Termin vorbereitet sein, was häufig<br />
mit einem gewaltigen Kraftakt verbunden<br />
ist. Oft genug dauert der ungeklärte<br />
Zustand für die Kinder bereits schon länger<br />
an, sie da rauszuholen ist die Absicht des<br />
Gesetzgebers und die Mühe wert.<br />
hauspost: Danke für das Gespräch.