Loesungen 43-44 - taxation.ch
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Vorlesung Bernis<strong>ch</strong>es Steuerre<strong>ch</strong>t<br />
2011<br />
Dr. Toni Amonn<br />
Lösung zu Bsp. Nr. <strong>43</strong> (Erlösbestimmung bei vertragli<strong>ch</strong>er Steuerüberwälzung)<br />
Zivilre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ist die vertragli<strong>ch</strong>e Überwälzung der GGSt auf die Käuferin zulässig. Steuerpfli<strong>ch</strong>tig<br />
bleibt im Aussenverhältnis (zum Staat) aber die Verkäuferin. Die subjektive Steuerpfli<strong>ch</strong>t<br />
ist eine Frage des öff. Re<strong>ch</strong>ts und geregelt im StG. Sol<strong>ch</strong>e Vors<strong>ch</strong>riften können<br />
vertragli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t modifiziert werden.<br />
Bei der Gewinnbere<strong>ch</strong>nung setzt si<strong>ch</strong> der Erlös hier aus zwei Komponenten zusammen:<br />
a) Kaufpreis und b) die Rückvergütung der Steuer. Bere<strong>ch</strong>nungste<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> stellt si<strong>ch</strong> dabei<br />
das Problem, dass der Steuerbetrag zuerst ermittelt werden muss, dann den Erlös<br />
erhöht und dies wiederum den Steuerbetrag erhöht, was zu einer „Bere<strong>ch</strong>nung im Zirkel“<br />
führt. In der Praxis wird diese Aufre<strong>ch</strong>nung drei Mal dur<strong>ch</strong>geführt. Da der zusätzli<strong>ch</strong>e<br />
Steuerbetrag mit jeder Aufre<strong>ch</strong>nung kleiner wird, ist liegt das Ergebnis relativ nahe bei<br />
einem mathematis<strong>ch</strong> genauen Verfahren.<br />
Die Gemeinde ist nur Steuerträgerin, ni<strong>ch</strong>t Steuersubjekt. StG 127 bezieht si<strong>ch</strong> aber auf<br />
das Steuersubjekt. Steuerpfli<strong>ch</strong>tig ist also Frau Albre<strong>ch</strong>t und die Gemeinde ist nur indirekt,<br />
von der Aufre<strong>ch</strong>nung betroffen, weil sie die Steuer übernehmen muss. Insofern handelt<br />
sie aber ni<strong>ch</strong>t als öffentli<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>er Re<strong>ch</strong>tsträger, sondern als privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Käuferin.<br />
Sie bezahlt im Effekt bloss einen höheren Kaufpreis. Demna<strong>ch</strong> ist der Standpunkt der<br />
Gemeinde ni<strong>ch</strong>t ri<strong>ch</strong>tig.<br />
Steuerbere<strong>ch</strong>nung zu Fall <strong>43</strong>:<br />
Erlös ohne Aufre<strong>ch</strong>nung der Steuer<br />
2'000’000<br />
Anlagekosten<br />
1'000’000<br />
Rohgewinn<br />
1'000’000<br />
Steuerbetrag (ohne Aufre<strong>ch</strong>nung) 500’000<br />
Erlös mit 1. Aufre<strong>ch</strong>nung des Steuerbetrags<br />
2'500’000<br />
Anlagekosten<br />
1'000’000<br />
Rohgewinn 1<br />
1'500’000<br />
Steuerbetrag 1 (1. Aufre<strong>ch</strong>nung) 768’000<br />
Erlös mit 2. Aufre<strong>ch</strong>nung des Steuerbetrags<br />
2'768’000<br />
Anlagekosten<br />
1'000’000<br />
Rohgewinn 2<br />
1'768’000<br />
Steuerbetrag 2 (2. Aufre<strong>ch</strong>nung) 908’000<br />
Erlös mit 3. Aufre<strong>ch</strong>nung des Steuerbetrags<br />
2'908’000<br />
Anlagekosten<br />
1'000’000<br />
Rohgewinn 3<br />
1'908’000<br />
Steuerbetrag 3 (3. Aufre<strong>ch</strong>nung) 981’000
Vorlesung Bernis<strong>ch</strong>es Steuerre<strong>ch</strong>t<br />
2011<br />
Dr. Toni Amonn<br />
Lösung zu Bsp. Nr. <strong>44</strong> (Mehrwertabs<strong>ch</strong>öpfung)<br />
Ausgangslage:<br />
Zentrale Frage: wie wirkt si<strong>ch</strong> die MWA auf die GGSt aus?<br />
Zusammenhang: sowohl die MWA als au<strong>ch</strong> die GGSt sind staatli<strong>ch</strong>e Abgaben, die den<br />
Mehrwert eines Grundstücks erfassen.<br />
Art. 142 BauG: „Die Planungsvorteile werden dur<strong>ch</strong> die Steuergesetzgebung erfasst.<br />
Ausserdem können si<strong>ch</strong> die Grundeigentümer, denen dur<strong>ch</strong> Planungsmassnahmen zusätzli<strong>ch</strong>e<br />
Vorteile vers<strong>ch</strong>afft werden, insbesondere bei der Bewilligung besonderer Bauten<br />
und Anlagen oder von grösseren Überbauungen, vertragli<strong>ch</strong> verpfli<strong>ch</strong>ten, einen angemessenen<br />
Anteil des Planungsmehrwertes für bestimmte öffentli<strong>ch</strong>e Zwecke zur Verfügung<br />
zu stellen.“<br />
Art. 148 StG: Planungsbedingte Mehrwerte<br />
1 Der Ausglei<strong>ch</strong> planungsbedingter Mehrwerte erfolgt mit der Erhebung der Grundstückgewinnsteuer.<br />
2 Hat eine Gemeinde Ausglei<strong>ch</strong>sleistungen für planungsbedingte Mehrwerte an einem<br />
Grundstück erhalten, so werden diese Leistungen an ihre Grundstückgewinnsteuerforderung<br />
angere<strong>ch</strong>net, soweit sie ni<strong>ch</strong>t bereits als Aufwendungen im Sinne von Artikel 142<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigt worden sind.<br />
3 Hat der Kanton sol<strong>ch</strong>e Leistungen erhalten, so werden sie an seine Grundstückgewinnsteuerforderung<br />
angere<strong>ch</strong>net.
GGSt-Bere<strong>ch</strong>nung:<br />
a) Steuerbere<strong>ch</strong>nung gemäss geltender Praxis (NStP 61, 53)<br />
Erlös<br />
2'150'000<br />
Anlagekosten 50'000<br />
Rohgewinn<br />
2'100'000<br />
BD’Abzug (10%) 210'000<br />
Steuerbarer Gewinn<br />
1'890'000<br />
Gemeindesteuer (15%) 283’500<br />
./. MWA - 525'000 525'000 (MWA)<br />
Saldo Gemeinde - 241’500<br />
Abzuliefern an Gemeinde somit null<br />
Kantonssteuer (25%, ohne Anre<strong>ch</strong>nung MWA) 472'500 (GGSt)<br />
Gesamtbelastung Karin Kaufmann 997’500<br />
(= 53% von 1.89 Mio.)<br />
b) Steuerbere<strong>ch</strong>nung gemäss Auffassung Amonn<br />
Steuerbarer Gewinn<br />
1'890'000 (wie oben)<br />
Gemeindesteuer (15%) 283’500<br />
./. MWA - 525'000 525'000 (MWA)<br />
Saldo Gemeinde - 241’500<br />
Abzuliefern an Gemeinde somit null<br />
Kantonssteuer (25%) 472'500<br />
Anre<strong>ch</strong>nung „Übers<strong>ch</strong>uss MWA“ - 241’500<br />
Abzuliefern an Kanton somit<br />
231'000 (GGSt)<br />
Gesamtbelastung Karin Kaufmann 756’000<br />
(= 40% von 1,89 Mio.)<br />
Grundüberlegung: MWA und GGSt dürfen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t übers<strong>ch</strong>neiden, sondern MWA darf<br />
einzig eine zeitli<strong>ch</strong> vorbezogene GGSt sein. Deshalb muss es zu einer vollen Anre<strong>ch</strong>nung<br />
kommen.<br />
Die Steuerrekurskommission des Kantons Bern hat si<strong>ch</strong> dieser Auffassung allerdings<br />
ni<strong>ch</strong>t anges<strong>ch</strong>lossen. Gestützt auf eine historis<strong>ch</strong>e Auslegung kam sie mit Urteil vom<br />
13.2.2007 zum S<strong>ch</strong>luss, dass der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen habe, dass<br />
die vertragli<strong>ch</strong> vereinbarte MWA höher ausfallen könne als der Gemeindeanteil der GGSt<br />
und der Kanton diesen Übers<strong>ch</strong>uss ni<strong>ch</strong>t mit der Kantonssteuer verre<strong>ch</strong>nen müsse (NStP<br />
61 [2007], S. 53 ff.)<br />
c) Steuerbere<strong>ch</strong>nung gemäss Auffassung Lo<strong>ch</strong>er<br />
MWA = wertvermehrende Aufwendung und reduziert somit den Gewinn<br />
Das wäre die teuerste Lösung (Gesamtbelastung CHF 1‘092‘000 = 70%)