WZ 08.09. 11
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8.9.<strong>11</strong><br />
Vermittler zwischen Schülern und Lehrern<br />
Seit über sechs Jahren engagieren sich Ehrenamtliche in der Trainingsinsel der<br />
Ludwig-Uhland-Schule in Wendlingen<br />
Die Trainingsinsel an der Ludwig-Uhland-Schule ist längst ein Erfolgsmodell. Bereits<br />
im siebten Jahr tragen hier Ehrenamtliche einen gewichtigen Anteil an der<br />
Weiterentwicklung der Schule. Schüler, die den Unterricht stören, treffen in der<br />
Trainingsinsel auf Erwachsene, die Zeit haben, zuhören, in intensiven Gesprächen<br />
Wege aufzeigen zu einem störungsfreien Miteinander.<br />
VON CHRISTA ANSEL<br />
WENDLINGEN. Schüler, die warum auch immer den Unterricht stören, gehören zum<br />
Alltag einer Schule. Solche Störungen belasten nicht nur die Lehrer, sondern auch<br />
die lernbereiten Schüler. Seit über sechs Jahren haben jetzt die Lehrer der<br />
Wendlinger Ludwig-Uhland-Schule und der Anne-Frank-Schule die Möglichkeit, den<br />
Unterricht störende Schüler in die Trainingsinsel zu schicken. An allen fünf<br />
Schultagen einer Woche stehen Männer und Frauen bereit, um solche Schüler<br />
aufzufangen, ihnen zuzuhören, ihnen neue Verhaltensmuster aufzuzeigen.<br />
Herzstück der Trainingsinsel ist das Gespräch.<br />
Der Dienst in der Trainingsinsel verlangt sehr viel Einsatzbereitschaft. Immerhin bewältigen<br />
Elsbeth Boehlke-Henzler, Karl-Heinz Grünberger, Ante Lepschy, Sylvia Class und Michaela<br />
Sambito-Klamt auf ehrenamtlicher Basis an vier Tagen die Aufgaben der Trainingsinsel allein<br />
auf ehrenamtlicher Basis. Freitags sind Lehrkräfte der beiden Schulen in der Trainingsinsel im<br />
Einsatz. Ein Beispiel dafür ist Ursula Raichle von der Anne-Frank-Schule, die zwar eine<br />
Deputatsstunde für diese Arbeit zur Verfügung hat, weitere Stunden aber ehrenamtlich<br />
draufsattelt.<br />
Das Gespräch zwischen Mediator und Schüler steht im Mittelpunkt<br />
Wenn Lehrer Schüler in die Trainingsinsel schicken, ist das keine Strafaktion. Im Mittelpunkt<br />
steht das Ziel, den Unterricht ungestört weiterzuführen. Das Prozedere ist genau festgelegt,<br />
wenn ein Schüler vom Klassenzimmer zur Trainingsinsel kommt. Hier wird nicht gefragt nach<br />
der Schuld, hier wird das störungsfreie Miteinander trainiert. Das Gespräch zwischen dem<br />
neutralen Mediator und dem Schüler steht ganz im Mittelpunkt.<br />
Für Christof Georgi, der die Ehrenamtlichen der Trainingsinsel an der Ludwig-Uhland-Schule<br />
für den Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ vorgeschlagen hat, sind zwei Bereiche wichtig: Im<br />
Klassenzimmer kann der Unterricht ungestört fortgesetzt werden und in der Trainingsinsel<br />
erhalten störende Schüler Hilfen, das eigene Verhalten zu reflektieren, zu ändern. Ohne die<br />
Ehrenamtlichen, weiß der Leiter des Wendlinger Jugendhauses, wäre das vom Kreisjugendring<br />
und vom Kreisseniorenrat entwickelte Modell der Trainingsinsel nicht funktionsfähig.<br />
Elsbeth Boehlke-Henzler, die von Anfang an zum Team der Ehrenamtlichen gehört, spricht von<br />
einer Aufgabe, die ganz viel Spaß macht, die anspruchsvoll ist und bei der der Ehrenamtliche<br />
selbst viel zurückbekommt. Elsbeth Boehlke-Henzler wehrt sich dagegen, von „auffälligen“<br />
Schülern zu sprechen, die von Lehrern in die Trainingsinsel geschickt werden. Beim Großteil<br />
der Schüler handle es sich um solche, die einfach unaufmerksam seien, mal zu viel redeten.<br />
Meist reiche ein Besuch in der Trainingsinsel aus, um positive Reaktionen hervorzurufen. Antje
Lepschy bestätigt dies. Sie erlebt die Schüler als junge Menschen, die dankbar seien, dass<br />
ihnen jemand mal wirklich zuhöre. Und für Michaela Sambito-Klamt ist es wichtig, in diesen<br />
Gesprächen den Blick nach vorne zu richten, Hilfen anzubieten, damit Schüler lernten, was<br />
Kommunikation bedeute. Für Ursula Raichle sind diese intensiven Gespräche die Chance, vom<br />
Schüler mehr zu erfahren, zu erkennen, welche sozialen und familiären Probleme Kinder<br />
möglicherweise belasten und davon abhalten, sich auf den Unterricht zu konzentrieren.<br />
Wo Wertschätzung gepflegt wird, entsteht eine Vertrauensbasis<br />
Karl-Heinz Grünberger weist darauf hin, dass der vom Lehrer angeordnete Besuch der<br />
Trainingsinsel den Schülern keine Angst machen solle. Die Trainingsinsel sei vielmehr ein<br />
Netzwerk an Hilfen zu einem ungestörten Miteinander. Dieses Netzwerk könne aber nur<br />
greifen, wenn die Mediatoren der Trainingsinsel zuallererst einmal zuhörten und auf jegliche<br />
Wertung verzichteten. Wenn der Schüler Wertschätzung erfahre, so Sylvia Class, entstehe<br />
eine Vertrauensbasis, auf der aufgebaut werden könne. Auf der Basis dieses Vertrauens könne<br />
es dann gelingen, die Eigenverantwortung der Schüler zu stärken. In den intensiven<br />
Gesprächen, so die Ehrenamtlichen der Trainingsinsel, werde über einen Perspektivwechsel<br />
versucht, Verständnis zu wecken, eingeschliffene Verhaltensmuster zu durchbrechen. Das<br />
verlange Geduld und Einfühlungsvermögen.<br />
Ein Ausbildungsseminar, das jetzt im Oktober neu startet, bildet die Basis für die Arbeit als<br />
Mediator in der Trainingsinsel. Klare Regeln begleiten diese Arbeit als Vermittler zwischen<br />
Lehrern und Schülern. Regelmäßige Treffen lassen Raum, Belastendes zu reflektieren,<br />
miteinander zu diskutieren. Längst ist zwischen Lehrern und den Ehrenamtlichen ein<br />
Miteinander gewachsen, das allen die Arbeit erleichtert.<br />
Heribert Wolf, Leiter der Anne-Frank-Förderschule, spricht von positiven Rückmeldungen. Er<br />
schätze die Zuverlässigkeit der hier tätigen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen. Die Schüler<br />
spürten hier, dass sie ernst genommen und gerecht behandelt würden. Die Trainingsinsel sei<br />
ein guter Weg für die Schüler zu erkennen, wo „sie Mist gebaut“ hätten. Für Lehrer und<br />
Schüler sei die Arbeit der Trainingsinsel „ganz wichtig“.<br />
Die Arbeit der Mediatoren in der Trainingsinsel, so Karl-Heinz Grünberger, werde von den<br />
Lehrern beider Wendlinger Schulen akzeptiert. „Hier ist etwas gewachsen“, formuliert es<br />
Elsbeth Boehlke-Henzler. Diese Basis ist wichtig, meint Sylvia Class, damit die Mediatoren<br />
auch mal ein offenes Wort mit dem Lehrer wechseln könnten.<br />
Wer sich für eine Mitarbeit in der Trainingsinsel interessiert, wendet sich an Christof<br />
Georgi, Jugendhaus Zentrum Neuffenstraße, Telefon (0 70 24) 5 42 59,<br />
Mail: jugendhaus-zentrum@t-online.de.<br />
sel
Die Ehrenamtlichen der Trainingsinsel an der Ludwig-Uhland-Schule und der Anne-Frank-<br />
Schule: (von links) Ursula Raichle, Michaela Sambito-Klamt, Karl-Heinz Grünberger,<br />
Antje Lepschy, Sylvia Class und Elsbeth Boehlke-Henzler.