34. Jahrgang 105. Ausgabe Ostern 2005 - auf der überarbeiteten ...
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selbst alles in Augenschein zu nehmen. Letzlich war es gut zu sehen, wo man<br />
selbst eigentlich herkommt. An<strong>der</strong>es hingegen machte traurig:<br />
- viele Menschen, die durch den Krieg schwer gelitten haben,<br />
- Höfe, von denen teilweise nur noch einige Steine übrig geblieben sind.<br />
An<strong>der</strong>es stimmt zuversichtlich und zeigt, daß auch <strong>der</strong> kalte Krieg zwischen Ost<br />
und West mittlerweile überwunden ist. Zu diesen Zeichen gehört z. B. ein<br />
deutsch-polnisches Schulprojekt, indem eine gemischte Schülergruppe den alten<br />
deutschen Friedhof von Motitten (jetzt Matyty) wie<strong>der</strong>hergestellt hat. Für<br />
mich auch schön, daß das alte Wohnhaus und einige Nebengebäude von meiner<br />
Mutters Familie noch steht und daß wir dort durchaus freundlich <strong>auf</strong>genommen<br />
wurden.<br />
Keine Selbstverständlichkeit, meine ich, denn einerseits waren wir nicht angemeldet<br />
(würde jede/r Deutsche eine vierköpfige „Expedition“ spontan einladen,<br />
sich überall umzusehen?). An<strong>der</strong>erseits haben viele Polen Angst, daß ihnen die<br />
Höfe von k<strong>auf</strong>kräftigen Deutschen wie<strong>der</strong> weggenommen werden. Eine nicht<br />
ganz unbegründete Sorge, denn nicht wenige Grundstücke wechseln <strong>der</strong>zeit<br />
den Besitzer (unter Umgehung einiger Regelungen des EU-Beitrittvertrages).<br />
So wurden wir freundlich begrüßt und kamen ins Gespräch, wobei uns Herbert<br />
Preuss, 1945 in Ostpreußen zurückgeblieben und in den folgenden Jahrzehnten<br />
in Polen lebend, als Übersetzer gut unterstützt hat.<br />
Die Familie, die jetzt <strong>auf</strong> dem Hof meiner Mutters Familie lebt, hat selbst Fluchterfahrungen:<br />
Eigentlich Ukrainer, wurden sie damals von <strong>der</strong> russischen Regierung<br />
zur Übersiedlung gezwungen. Als sie selbst vor wenigen Jahren ihrer alte<br />
Heimat besuchten, stand dort kein (alter) Stein mehr <strong>auf</strong> dem an<strong>der</strong>en. Heute leben<br />
die Großeltern mit Kin<strong>der</strong>n und Enkeln <strong>auf</strong> dem Motitter Hof, insgesamt acht<br />
Personen. Sie haben Kühe, Ziegen, Hühner etc. Trotzdem ist die Armut so groß,<br />
daß <strong>der</strong> Familienvater gerade erst vom Spargelstechen aus Deutschland zurück-<br />
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