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Jugendhilfe Band 07 - Wirkungsorientierte Jugendhilfe

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<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong><br />

Finanzierungsmodelle im Kontext<br />

von wirkungsorientierter Steuerung<br />

der Hilfen zur Erziehung<br />

von Frank Plaßmeyer und Miriam Kohlmeyer<br />

<strong>Band</strong><br />

<strong>07</strong><br />

Eine Schriftenreihe des ISA zur<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung


Die Leistungserbringung, die<br />

Weiterentwicklung der Qualität<br />

und die Finanzierung der<br />

stationären und teilstationären<br />

Hilfen zur Erziehung wurden<br />

1999 mit der Einführung der<br />

§§ 78 a-g in das SGB VIII auf<br />

eine neue recht liche Grundlage<br />

gestellt. Die 2002/2003 im<br />

Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend durchgeführten<br />

Untersuchungen<br />

zum Stand der Umsetzung<br />

der gesetzlichen Neuregelung<br />

haben jedoch ge zeigt, dass der<br />

mit der Neuregelung verbundene<br />

Paradigmenwechsel vom<br />

Prinzip der Selbstkostenerstattung<br />

zur Aushandlung<br />

prospektiver Pflegesätze in<br />

der Praxis bisher nicht hinreichend<br />

vollzogen wurde. Das<br />

gilt sowohl im Hinblick auf<br />

die Transparenz der Leistungsangebote<br />

als auch in Bezug<br />

auf die fachlichen Chancen<br />

zu gunsten des/der Leistungsempfän<br />

gers/in. Die Möglichkeiten<br />

im Hinblick auf die<br />

Qualitätsentwicklung wurden<br />

von den Vereinbarungspartnern<br />

bisher gleichfalls kaum<br />

erkannt und genutzt.<br />

Im Zuge des Umbaus der<br />

Sozialleistungssysteme<br />

kommt dem Nachweis der<br />

Wirksamkeit der eingesetzten<br />

Hilfen sowie der Erprobung<br />

einer ergebnisorientierten<br />

Finanzierung der Leistungen<br />

jedoch auch in der Kinderund<br />

Jugend hilfe zu neh mende<br />

Auf merk sam keit und Bedeutung<br />

zu. Vorteile lassen sich in<br />

die sem Zuge für alle Partner<br />

gleichermaßen erzielen:<br />

● Die Entwicklung und der<br />

Einsatz wirkungsorientierter<br />

Steuerungsinstrumente<br />

sowie die Mobilisierung<br />

von Effektivitäts- und<br />

Effizienzreserven kann für<br />

Hilfeempfänger/innen die<br />

Leistung im Hinblick auf<br />

die in der Hilfeplanung<br />

ver einbarten Ziele verbessern.<br />

● Der Leistungsträger profitiert<br />

von der Transparenz<br />

der Leistungserbringung<br />

sowie deren Wirkung und<br />

Zielerreichung.<br />

● Der Leistungserbringer<br />

erhält ein höheres Maß an<br />

Gestaltungsmöglichkeit<br />

und Flexibilität bei der zielorientierten<br />

Erbringung der<br />

Leistung.<br />

Zielsetzung<br />

Soziale Dienstleistungen wie<br />

die Hilfen zur Erziehung<br />

legitimieren sich letztlich über<br />

die Wir kung, die sie bei dem/<br />

der Leistungsempfänger/in<br />

erzielen. Ziel des Modellprogramms<br />

ist deshalb die<br />

Verbesserung der Wirkung der<br />

erzieherischen Hilfen für junge<br />

Menschen, die als Leistungen<br />

der Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong><br />

auf Grundlage der §§ 27 ff.<br />

SGB VIII erbracht wer den.<br />

Insofern richtet sich der Fokus<br />

dieses Modellvorhabens<br />

konsequent auf die Realisierung<br />

der intendierten Wirkung<br />

der Hilfe.<br />

Das Modellprogramm soll<br />

insbesondere den pädagogischen<br />

Auftrag und die<br />

Finanzierungsstruktur der<br />

Hilfen zur Erziehung besser<br />

als bisher miteinander in<br />

Einklang bringen, die Leistungser<br />

brin gung und deren<br />

Qualität auf die intendierte<br />

Wirkung der Hilfe ausrichten<br />

und Effekte, die zu unerwünschten<br />

pädagogischen<br />

Nebenwirkungen, zur Ausweitung<br />

der Leistungserbringung<br />

und zur Kostensteigerung<br />

beitragen können, vermindern.<br />

Mit den Vereinbarungen nach<br />

§§ 78a ff. SGB VIII sollen Regelungen<br />

und Instrumente (wie<br />

z.‐B. Leistungs-, Entgelt- und<br />

Qualitätsentwicklungsvereinbarungen)<br />

ausgehandelt<br />

werden, die effektivere und<br />

effizientere Leistungen für<br />

Hilfeempfänger/innen unterstützen<br />

und sich konsequent<br />

am Zweck und Ziel der Hilfe<br />

orientieren.<br />

Für die stationären und teilstationären<br />

Erziehungshilfen<br />

hat der Gesetzgeber vorgesehen,<br />

dass Leistungserbringer<br />

und Leistungsträger das<br />

Leistungsniveau, die Qualitätsentwicklung<br />

und das<br />

Entgelt aushandeln und in den<br />

Vereinbarungen nach §§ 78 a<br />

ff SGB VIII festlegen. Darüberhinaus<br />

sollen im Rahmen des<br />

Pro gramms das Handlungsfeld<br />

der Pflegekinderhilfe<br />

sowie der Leistungsbereich<br />

ambulanter Erziehungshilfen<br />

einbezogen werden. Diese<br />

Bereiche werden zwar nicht<br />

von den Vorschriften der §§ 78<br />

a ff erfasst, es sollen hier aber<br />

auf freiwilliger Basis analoge<br />

Vereinbarungen zwi schen<br />

Jugendamt und auf diesen<br />

Gebieten tätigen örtlichen<br />

Trä gern ausgehandelt und<br />

im Rah men des Modellprogramms<br />

erprobt werden.<br />

Die Hilfeerbringung soll sich<br />

auf die Umsetzung der Hilfeplanung<br />

konzentrieren und<br />

der Hilfeprozess im Hinblick<br />

auf die intendierte Wirkung<br />

optimiert werden. Dabei soll<br />

auch die Kompatibilität von<br />

pädagogischem Auftrag und<br />

Finanzierung der Hilfen zur<br />

Erziehung verbessert werden.<br />

Dies kann die Erprobung von<br />

Anreizen und ergebnisorientierten<br />

Finanzierungselementen<br />

einschließen.<br />

Bei der Hilfeplanung, im<br />

Hilfe prozess und bei der<br />

Be wertung der Ergebnisse<br />

kommt den Hil feempfän gern/<br />

innen eine wichtige Rolle zu,<br />

die bei den zu ent wickelnden<br />

und zu erprobenden Konzepten<br />

berücksichtigt und ge stärkt<br />

werden soll. Dabei wer den<br />

nach dem Prinzip des Gen der<br />

Mainstreaming die unterschiedlichen<br />

Lebenslagen und<br />

Bedürfnisse von Mädchen und<br />

Jungen berücksichtigt.<br />

Modellstandorte<br />

Steinfurt<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Schleswig-<br />

Holstein<br />

Hamburg<br />

Bremerhaven<br />

Bremen<br />

Niedersachsen<br />

Im Rahmen des Modellprogramms<br />

werden bis zum Ende<br />

des Jahres 2006 Vereinbarungen<br />

nach §§ 78 a ff ausgehandelt<br />

und ab 20<strong>07</strong> erprobt,<br />

die durch geeignete Regelungen<br />

dazu beitragen,<br />

● die Hilfepraxis zu qualifizieren<br />

(Fachcontrolling und<br />

Qualitätsentwicklung),<br />

● die Ergebnisse der<br />

Leistungserbringung und<br />

die Wirkung der Hilfe zu<br />

fördern (Effektivität),<br />

● die Beteiligung, Mitwirkungsbereitschaft<br />

und<br />

Eigenverantwortung des<br />

Hilfeempfängers zu stärken,<br />

● Diskrepanzen zwischen<br />

pädagogischem Auftrag<br />

und Wirtschaftlichkeit der<br />

Einrichtungen zu minimieren<br />

(Struktur- und<br />

Prozessoptimierung),<br />

● zielführende und kostengünstige<br />

Hilfen zu realisieren<br />

(Effizienz).<br />

Rostock<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

Sachsen-<br />

Anhalt<br />

Oberhavel<br />

Brandenburg<br />

Berlin<br />

Berlin<br />

Essen<br />

Halle<br />

Thüringen<br />

Sachsen<br />

Vogelsbergkreis<br />

Rheinland-<br />

Hessen<br />

Pfalz<br />

Böblingen<br />

Saarland<br />

Baden-<br />

Wü rttemberg<br />

Braunschweig<br />

Nürnberg<br />

Bayern


<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> Eine Schriftenreihe<br />

des ISA zur Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung<br />

Beiträge zur Wirkungsorientierung von erzieherischen Hilfen<br />

Ein Modellprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur „Qualifizierung<br />

der Hilfen zur Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-, Entgelt- und<br />

Qualitätsentwicklungsvereinbarungen nach §§ 78a ff SGB VIII“<br />

Regiestelle: ISA Planung und Entwicklung GmbH, Studtstraße 20, 48149 Münster – Ansprechpartner: Dr. Erwin<br />

Jordan (Leitung) – Dr. Dirk Nüsken, wissensch. Mitarbeiter (Koordination), Fon 02 51 925 36-0 oder 270 59 47,<br />

Fax 02 51 925 36-80, dirk.nuesken@isa-muenster.de – Stefan Eberitzsch, wissensch. Mitarbeiter, Fon 02 51 925 36-0<br />

oder 270 59 47, Fax 02 51 925 36-80, stefan.eberitzsch@isa-muenster.de – Déssirée Frese, wissensch. Mitarbeiterin<br />

(Sachbearbeitung), Fon 02 51 270 59 47, Fax 02 51 925 36-80, desiree.frese@isa-muenster.de<br />

Externe Experten: Prof. Dr. jur. Johannes Münder, Technische Universität Berlin (Recht) – Prof. Dr. phil. Bernd<br />

Seidenstücker, Hochschule Darmstadt (Sozialpädagogik) – Frank Plaßmeyer, IJOS Georgsmarienhütte (Betriebswirtschaft)<br />

– Miriam Kohlmeyer, con_sens GmbH (Kommunale Steuerung und Gestaltung)<br />

Evaluation: Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft/AG 8, Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld<br />

– Ansprechpartner: Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Uwe Otto (Leitung), Andreas Polutta (Koordination), Fon 05 21 106<br />

33 10, Fax 0521 106 80 47, andreas.polutta@uni-bielefeld.de – Stefanie Albus – Heike Greschke – PD Dr. Heinz<br />

Messmer – PD Dr. Heinz-Günter Micheel – Birte Klingler<br />

Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

<strong>Band</strong> <strong>07</strong><br />

Finanzierungsmodelle im Kontext von wirkungsorientierter<br />

Steuerung der Hilfen zur Erziehung<br />

| 1


Inhalt<br />

Vorwort 4<br />

Zum Hintergrund des<br />

Bundesmodellprogramms 4<br />

Der <strong>Band</strong> <strong>07</strong> 5<br />

Analyse bisheriger und exemplarische<br />

Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle<br />

zur wirkungs orientierten Gestaltung von Hilfen<br />

zur Erziehung (ambulant wie stationär)<br />

1 Einleitung 6<br />

2 Entgeltkalkulationsverfahren 7<br />

2.1 Die Vorkalkulation als Bemessungs -<br />

grundlage der Entgeltvereinbarung 7<br />

2.2 Die Divisionskalkulation 8<br />

2.3 Das Zielkostenmanagement 8<br />

2.4 Das Marktpreisverfahren 9<br />

3 Entstehungskosten im Rahmen<br />

von Wirkungsorientierung 10<br />

4 Rahmenvertragliche Regelungen<br />

nach § 78 f SGB VIII 11<br />

5 Leistungsentgeltsysteme 12<br />

5.1 Leistungsentgelte basierend auf<br />

individuellen Kostenstrukturen 12<br />

5.2 Leistungsentgelte basierend auf<br />

Pauschalen 13<br />

5.3 Leistungsentgeltformen 14<br />

5.3.1 Tagesgleicher Leistungsentgeltsatz 14<br />

5.3.2 Tagesentgeltsatz mit ergänzenden<br />

Zulagen 15<br />

5.3.3 Degressiver Leistungsentgeltsatz 15<br />

5.3.4 Stufenentgelte, Phasenentgelte 16<br />

5.3.5 Sozialpädagogische Fachleistungsstunde<br />

16<br />

5.3.6 Sonderentgelte 17<br />

5.3.7 Budgets 17<br />

5.3.8 Flexible Budgets 19<br />

5.3.9 Komponentensystem<br />

(Modulares Entgelt) 20<br />

5.3.10 Fallpauschalen 21<br />

2 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


6 Anreizsysteme im Rahmen<br />

von Wirkungsorientierung 22<br />

6.1 Adressatenkreis 22<br />

6.2 Wirkungsbemessungsgrundlagen<br />

und Wirkungsbeurteilungsverfahren 23<br />

6.3 Anreizinstrumente und deren<br />

Anwendung 24<br />

6.3.1 Bonus-Systeme 25<br />

6.4 Verknüpfung von Wirkung<br />

und Belohnung 28<br />

7 Anforderungen an wirkungsorientierte<br />

Entgeltsysteme 29<br />

8 Anlagen 31<br />

8 Anlage 1 32<br />

Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreiz-<br />

systeme in Vereinbarungen nach §§ 78 a-g SGB<br />

VIII zur Durchführung von Hilfen zur Erziehung<br />

Empfehlungen<br />

1 Zielsetzungen der Empfehlungen 33<br />

2 Management Summary 34<br />

3 Typisierung ergebnisorientierter<br />

Anreizsysteme 34<br />

4 Anwendbarkeit der einzelnen<br />

Typen von Anreizsystemen im<br />

Bereich Hilfen zur Erziehung 35<br />

4.1 Immaterielle Anreizsysteme<br />

für freie Träger 35<br />

4.2 Immaterielle und Materielle<br />

Anreizsysteme für Klienten 36<br />

4.3 Materielle Anreizsysteme 36<br />

4.3.1 Unmittelbar finanzielle Anreizsysteme 37<br />

4.3.2 Mittelbar finanzielle Anreizsysteme 39<br />

5 Empfehlungen zur Ausgestaltung<br />

ergebnis orientierter Anreizsysteme<br />

für Hilfen zur Erziehung 41<br />

5.1 Auswahl des Anreizsystems 41<br />

5.2 Auswahl steuerungsrelevanter<br />

Ergebniskennziffern 42<br />

5.3 Prozessuale Hinweise zur<br />

Umsetzungsphase der Etablierung<br />

wirkungsorientierter Anreizsysteme 43<br />

5.4 Wie entfalten Vereinbarungen<br />

Handlungsrelevanz? 44<br />

5.5 Schaffen einer produktiven Lern kultur<br />

in der sozialen Infrastruktur 46<br />

5.6 Bereits vorhandene Möglichkeiten<br />

und Strukturen nutzen! 46<br />

6 Strategisch im Blick behalten:<br />

Infrastrukturelle Voraus setzungen,<br />

damit Anbieter auf die Anreize<br />

auch reagieren können 47<br />

Inhalt | 3


Vorwort<br />

von Stefan Eberitzsch<br />

Zum Hintergrund des<br />

Bundesmodellprogramms<br />

Durch die rechtliche Grundlage der §§ 78 a-g sind<br />

Leistungsträger (Jugendämter) und Leistungserbringer<br />

(Träger der <strong>Jugendhilfe</strong>) seit dem 01.01.1999 aufgefordert,<br />

Vereinbarungen abzuschließen mittels derer<br />

sie sich verbindlich über<br />

●● Leistungen,<br />

●● Entgelte<br />

●● und die Qualitätsentwicklung<br />

der entsprechenden erzieherischen Hilfen verständigen.<br />

Untersuchungen dieser Vereinbarungen 1 zeigen,<br />

dass in den letzen Jahren in der Praxis aussagekräftige<br />

und praktikable Entgelt- und zumeist auch Leistungsvereinbarungen<br />

entwickelt wurden, dass jedoch<br />

erhebliche Schwierigkeiten hinsichtlich von aussagekräftigen<br />

Qualitätsentwicklungsvereinbarungen bestehen.<br />

Mit Blick auf die Qualität von Hilfen zur Erziehung<br />

und das Recht eines jeden jungen Menschen<br />

auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung<br />

zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen<br />

Persönlichkeit (§ 1 SGB VIII) kommt jedoch<br />

auch der Qualität – insbesondere der Ergebnisqualität<br />

– und somit den Wirkungen von Hilfen zur Erziehung<br />

eine hohe Bedeutung zu.<br />

1 Münder, Johannes/Tammen, Britta (2003): Die Vereinbarungen<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII. Eine Untersuchung von Leistungs-,<br />

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

im Auftrag des Bundesministeriums für Familien, Senioren,<br />

Frauen und Jugend<br />

Gottlieb, Heinz-Dieter (2003): Rahmenverträge nach § 78 f Achtes<br />

Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII/Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong>).<br />

Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

Merchel, Joachim (2004): Inhaltsanalyse von Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

nach § 78b SGB VIII. z.T. veröffentlicht<br />

in „Recht der Jugend und des Bildungswesens“ 3/2004<br />

●● Wie aber lassen sich Hilfen zur Erziehung wirkungsorientiert<br />

qualifizieren?<br />

●● Was sind ausweisbare Wirkungen und ggf. auch<br />

Nebenwirkungen von erzieherischen Hilfen?<br />

●● Wie lassen sich diese transparent darstellen?<br />

●● Von wem und wie können Wirkungen erfasst werden?<br />

●● Auf welchen Weg lassen sich Ergebnisse solcher<br />

Hilfen in Finanzierungselementen abbilden?<br />

Diese und ähnliche Fragen stehen im Mittelpunkt<br />

des Bundesmodellprogramms „<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong>“ des Bundesministeriums für Familien,<br />

Senioren, Frauen und Jugend. In den Jahren 2006 –<br />

2009 wird im Zuge dieses Modellprogramms an 11<br />

Modellstandorten die Qualifizierung der Hilfen zur<br />

Erziehung durch wirkungsorientierte Ausgestaltung<br />

der Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII erprobt.<br />

Initiiert durch die Programmregiestelle der ISA<br />

Planung und Entwicklung GmbH fanden im Rahmen<br />

dieses Bundesmodellprogramms bereits eine Reihe<br />

von Workshops statt. Darüber hinaus wurden Gutachten,<br />

Analysen und Expertisen vergeben, um die<br />

sozialpädagogisch, juristisch und betriebswirtschaftlich<br />

relevanten Aspekte einer wirkungsorientierten<br />

Qualifizierung in den Blick zu nehmen.<br />

Durch die das Modellprogramm begleitende<br />

Schriftenreihe „<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong>“ wollen<br />

wir zentrale Impulse zur Positionsbestimmung,<br />

fachlich relevante Blickwinkel auf das Feld und Entwicklungen<br />

der Praxis veröffentlichen und einer interessierten<br />

Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen.<br />

Daneben informieren wir auf der Programmhomepage<br />

www.wirkungsorientierte-jugendhilfe.de über<br />

den weiteren Programmverlauf und die Bände der<br />

Schriftenreihe.<br />

4 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Der <strong>Band</strong> <strong>07</strong><br />

Dem Institut für soziale Arbeit als Programmregiestelle<br />

ist es wichtig, die Diskussion um die wirkungsorientierte<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch<br />

ihre fachliche und wissenschaftliche Begleitung zu<br />

fundieren. Aus verschiedenen fachlichen Positionen<br />

und Professionen heraus werden deshalb im Rahmen<br />

dieser Schriftenreihe zentrale Aspekte der Thematik<br />

beleuchtet und hinterfragt. Im hier nun vorliegenden<br />

<strong>Band</strong> VII „Finanzierungsmodelle im Kontext von<br />

wirkungsorientierter Steuerung der Hilfen zur Erziehung“<br />

werden zwei Expertisen, die im Zuge des Modellprogramms<br />

erstellt wurden, veröffentlicht. Diese<br />

beschäftigen sich mit den finanziellen Aspekten der<br />

wirkungsorientierten Steuerung und bringen dabei<br />

betriebswirtschaftliche bzw. rechtliche Perspektiven<br />

zum Tragen. Somit werden in diesem <strong>Band</strong> weitere<br />

Facetten des Bundesmodellprogramms diskutiert und<br />

die Empfehlungen die in den Expertisen beschrieben<br />

sind für die interessierte Öffentlichkeit bereitgestellt.<br />

Im <strong>Band</strong> VII beschäftigt sich zunächst Frank Plaßmeyer<br />

(IJOS) mit der Analyse bisheriger Finanzierungsmodelle<br />

sowie der exemplarischen Entwicklung neuer,<br />

zur wirkungsorientierten Gestaltung von Hilfe zur<br />

Erziehung, geeigneter Finanzierungsmodelle. Dazu<br />

beschreibt er zunächst verschiedene Entgeltkalkulationsverfahren<br />

und beschäftigt sich weiterhin mit Entstehungskosten<br />

im Rahmen der wirkungsorientierten<br />

Steuerung. In den beiden Hauptkapiteln stellt Frank<br />

Plaßmeyer dann verschiedene Leistungsentgeltsysteme<br />

vor und bewertet diese mit Blick auf die Kinderund<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>. Einen wesentlichen Teil seines Beitrags<br />

widmet er dem Thema Anreizsysteme um dann<br />

abschließend Anforderungen an wirkungsorientierte<br />

Entgeltsysteme zu formulieren.<br />

Im zweiten Beitrag dieses <strong>Band</strong>es widmet sich<br />

Miriam Kohlmeyer (Con-sens) dem Thema „Ausgestaltung<br />

wirkungsorientierter Anreizsysteme in<br />

Vereinbarungen nach §§ 78 a ff.“ Im Wesentlichen beschäftigt<br />

Sie sich dabei zunächst mit einer Typisierung<br />

ergebnisorientierter Anreizsysteme und der Frage der<br />

Anwendbarkeit der einzelnen Typen im Bereich der<br />

Hilfen zur Erziehung. Im zweiten Teil ihres Artikels<br />

werden von der Autorin Empfehlungen zur Ausgestaltung<br />

ergebnisorientierter Anreizsysteme gegeben.<br />

Miriam Kohlmeyer schließt Ihren Beitrag ab mit dem<br />

Blick auf infrastrukturelle Voraussetzungen in der<br />

Kinder- und <strong>Jugendhilfe</strong> die aus Ihrer Sicht eine besondere<br />

Bedeutung haben damit Anbieter auf Anreize<br />

auch reagieren können.<br />

Mit dem <strong>Band</strong> VII der Schriftenreihe werden nun finanzielle<br />

Aspekte von Vereinbarungen zur Wirkungsorientierung<br />

in den Blick genommen, analysiert und<br />

aus der jeweiligen Sicht der AutorInnen bewertet. Der<br />

<strong>Band</strong> stellt somit eine notwendige Ergänzung des bisher<br />

behandelten Themenspektrums dar. Dieses Spektrum<br />

spannt sich nun mit dem vorliegenden <strong>Band</strong> VII<br />

von der wissenschaftlichen Begriffsklärung und den<br />

Überblicksdarstellungen des nationalen wie internationalen<br />

Forschungsstandes, über rechtliche Aspekte<br />

und die Auswertung von Praxisbeispielen bis hin zu<br />

den finanziellen Aspekten einer wirkungsorientierten<br />

Steuerung auf. Dabei ist es das Ziel dieses <strong>Band</strong>es die<br />

spezifischen Wissensbestände von betriebswirtschaftlich<br />

orientierten Beratungsunternehmen vor dem<br />

spezifischen fachlichen Hintergrund der Kinder- und<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> zu reflektieren und Anregungen für eine<br />

gelingende Praxis zu liefern.<br />

Münster, im Januar 2009<br />

Stefan Eberitzsch M.A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für soziale Arbeit (ISA)<br />

Eberitzsch – Vorwort | 5


Analyse bisheriger und exemplarische Entwicklung<br />

innovativer Finanzierungsmodelle zur wirkungs-<br />

orientierten Gestaltung von Hilfen zur Erziehung<br />

(ambulant wie stationär)<br />

von Frank Plaßmeyer<br />

1 Einleitung<br />

Das Modellprogramm „<strong>Wirkungsorientierte</strong> Qualifizierung<br />

der Hilfen zur Erziehung“ des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

soll den pädagogischen Auftrag und die Finanzierungsstruktur<br />

der Hilfen zur Erziehung besser als<br />

bisher miteinander in Einklang bringen. Durch eine<br />

klare Ausrichtung von Leistungserbringung und deren<br />

Qualität auf die intendierte Wirkung der Hilfen<br />

sollen positive Effekte erzielt und unerwünschte Effekte,<br />

wie z. B. Mengenexpansion oder signifikante<br />

Kostensteigerungen vermieden werden. Eine wirkungsorientierte<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung<br />

soll die Kompatibilität von pädagogischem<br />

Auftrag und Finanzierung der Hilfen zur Erziehung<br />

verbessern.<br />

In der aktuellen Fachliteratur zum Thema Wirkungsorientierung<br />

werden zahlreiche fachliche und<br />

ökonomische Erwartungen an die Einführung wirkungsorientierter<br />

Leistungsentgelte geknüpft.<br />

Durch einen schrittweisen Umbau in Richtung<br />

wirkungsorientierte Leistungsentgelte (anstelle kostenorientierter<br />

Leistungsentgelte) sollen signifikante<br />

Kosteneinsparungen bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung<br />

und ökonomische Effizienzsteigerungen realisiert<br />

werden. Zudem geht es weiterhin um eine Reduzierung<br />

der Dokumentations- und Verwaltungskosten<br />

bei den Vereinbarungspartnern sowie um eine Abkehr<br />

von der politischen Bedarfsprüfung. 1<br />

Auf der Seite der Einrichtungsträger besteht die<br />

Hoffnung, dass mit der Einführung von wirkungsorientierten<br />

Entgelten eine größere Flexibilität bei der<br />

Leistungserbringung, eine Reduktion der Dokumentations-<br />

und Verwaltungsaufwendungen sowie ein<br />

höheres Maß an Bestandssicherheit (Risikominimierung)<br />

entstehen.<br />

Fachpolitik und Fachwissenschaft fordern darüber<br />

hinaus ein hohes Maß an Adressatenorientierung und<br />

Prävention. Durch eine stärkere präventive Ausrichtung<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong> sollen bereits im Vorfeld schwerwiegende<br />

Bedarfs- und Problemlagen vermieden<br />

werden. Es geht um den konsequenten Ausbau niedrigschwelliger<br />

Hilfen und um die Verbesserung der<br />

örtlichen Lebensbedingungen für Kinder, Jugendliche<br />

und Familien. 2<br />

Im Rahmen des Bundesmodellprojektes wird es<br />

zur Aushandlung und Vereinbarung von wirkungsorientierten<br />

Leistungsentgelten kommen. Dabei wird<br />

sich zwangsläufig die Frage nach geeigneten Finanzierungssystemen<br />

stellen.<br />

1 Vgl. Halfar, Bernd, Ist es wirklich immer 5 vor 12? In: Maelicke,<br />

Bernd (Hg.), Finanzierung in der Sozialwirtschaft, Chancen<br />

und Risiken des Umbruchs, 2006, S. 106<br />

2 Vgl. Ketschau, Marcus, Innovative <strong>Jugendhilfe</strong>. Rahmenbedingungen,<br />

theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen,<br />

2004, S.43 f.<br />

6 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Kein in der Bundesrepublik Deutschland auf Landesebene<br />

abgeschlossener Rahmenvertrag nach § 78 f<br />

SGB VIII regelt zurzeit Bestandteile wirkungsorientierter<br />

Entgeltvereinbarungen. Die nach § 78 e (3) SGB<br />

VIII gebildeten Landeskommissionen haben den lokalen<br />

Akteuren an den Modellstandorten (Tandems,<br />

bestehend jeweils aus einem öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong>träger<br />

als Leistungsträger sowie Trägern von Einrichtungen<br />

als Leistungsanbieter) eine Erprobung von<br />

wirkungsorientierten Entgeltsystemen auch abweichend<br />

von bestehenden Regelungen ermöglicht.<br />

Mit Blick auch auf andere Bereiche des Sozialgesetzbuches<br />

halte ich es für eher unwahrscheinlich,<br />

dass im Rahmen des Bundesmodellprogramms zur<br />

„<strong>Wirkungsorientierte</strong>n Qualifizierung der Hilfen zur<br />

Erziehung“ völlig neuartige Entgeltssysteme zum Einsatz<br />

kommen werden. Vielmehr lassen sich im Bereich<br />

der Sozialwirtschaft bereits bestehende Entgeltsysteme<br />

mit einer wirkungsorientierten Komponente verknüpfen.<br />

Es geht um eine Optimierung des bestehenden<br />

Systems. Bei der Erarbeitung wirkungsorientierter<br />

Leistungsentgeltsysteme wird die Fachwelt mit<br />

einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf bestehende<br />

Logiken und Erfahrungen zurückgreifen. <strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Entgeltsysteme werden in höchst unterschiedlichen<br />

Formen und Ausprägungen entstehen<br />

und sind abhängig von regionalen Gegebenheiten. Es<br />

sei daran erinnert, dass der Paradigmenwechsel des<br />

§ 78 a – f und die nachfolgende Vereinbarung landesweiter<br />

Regelungen erst vor kurzer Zeit (< 10 Jahre)<br />

stattgefunden hat.<br />

Im Folgenden werde ich zunächst aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht und auf einer abstrakten Ebene<br />

umfangreich auf mögliche Entgeltkalkulationsverfahren<br />

und daraus folgend auf bestehende Entgeltsysteme<br />

in der <strong>Jugendhilfe</strong> eingehen sowie deren Einsatzmöglichkeiten<br />

im Rahmen von wirkungsorientierten<br />

Entgeltvereinbarungen prüfen. Weiterhin werde ich<br />

auf Anreizsysteme als wirkungsorientiertes Element<br />

eingehen und abschließend Anforderungen an wirkungsorientierte<br />

Leistungsentgeltsysteme beschreiben.<br />

2 Entgeltkalkulationsverfahren<br />

Leistungsanbieter im Bereich der Erziehungshilfe benötigen<br />

das Instrument der Entgeltkalkulation um<br />

feststellen zu können, ob die Kosten von Erziehungshilfeleistungen<br />

durch das Leistungsentgelt gedeckt<br />

werden und welches die von der Kostenseite gesehene<br />

Preisgrenze für die zu erbringende Dienstleistung<br />

darstellt.<br />

2.1 Die Vorkalkulation als Bemessungsgrundlage<br />

der Entgeltvereinbarung<br />

Ein gängiges Verfahren ist die Vorkalkulation. Auf der<br />

Seite des Einrichtungsträgers erfolgt die Ermittlung<br />

von Leistungsentgelte i. d. R. im Rahmen einer Vorkalkulation<br />

durch Bewertung der sog. Entstehungskosten.<br />

Das Prinzip der Vorkalkulation berücksichtigt grundsätzlich<br />

prospektive Kostenbestandteile und Leistungsparameter.<br />

Der Einrichtungsträger übernimmt<br />

hierbei das betriebswirtschaftliche Risiko einer verlustbringenden<br />

Fehlkalkulation. Der Träger der Öffentlichen<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> hat dem gegenüber für das Risiko<br />

einer zu aufwendigen Kalkulation einzustehen.<br />

Bei der Vorkalkulation unterscheidet man in der<br />

Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zwischen der<br />

Divisionskalkulation und der Zuschlagskalkulation<br />

unter Anwendung der Vollkostenrechnung sowie den<br />

Kalkulationsverfahren der Teilkostenrechnung. Für<br />

den Bereich der <strong>Jugendhilfe</strong> sind die Verfahren der Teilkostenrechnung<br />

und die Zuschlagskalkulation für die<br />

Ermittlung von Leistungsentgelten ohne Bedeutung.<br />

Ein weiteres, modernes Kalkulationsverfahren ist<br />

das Zielkostenmanagement. Divisionskalkulation<br />

und Zielkostenmanagement sollen im Folgenden näher<br />

vorgestellt werden. Ergänzend soll danach auf das<br />

eher konträr zu den üblichen vertikalen Vorkalkulationsverfahren<br />

stehende horizontale Marktpreisverfahren<br />

und auf weitere Praxisbeispiele eingegangen<br />

werden.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 7


2.2 Die Divisionskalkulation<br />

Im Bereich der Hilfen zur Erziehung erfolgt die Ermittlung<br />

der Kosten je Betreuungstag i. d. R. im Rahmen<br />

einer Divisionskalkulation, wobei eine differenzierte<br />

Kostenartenrechnung als Grundlage dient. Die Gesamtkosten<br />

der Planperiode (Beantragungszeitraum)<br />

werden nach Abzug evtl. Nebenerträge durch die ermittelten<br />

Betreuungstage dividiert.<br />

2.3 Das Zielkostenmanagement<br />

Das Zielkostenmanagement wird auch als Target Costing<br />

oder Zielkostenrechnung bezeichnet. Es wurde in<br />

den 60er Jahren in Japan entwickelt. In den 90er Jahren<br />

hat sich diese Methode verstärkt auch in Europa, insbesondere<br />

im industriellen Bereich, als interdisziplinäres,<br />

markt- und teamorientiertes Kostenplanungs-,<br />

Steuerungs- und Kontrollinstrument durchgesetzt<br />

und einen hohen Stellenwert erlangt.<br />

Folgende Annahmen liegen dem Ansatz der Zielkostenrechnung<br />

zugrunde:<br />

●● Ein modernes Kosten- und Preismanagement muss<br />

seinen Ursprung in den Bedürfnissen der Kunden<br />

bzw. Adressaten haben<br />

●● Kostenstrukturen müssen konsequent an den Erfordernissen<br />

des Marktes ausgerichtet werden<br />

●● Nicht die individuellen Kosten bestimmen den<br />

Preis, sondern die aus der Konkurrenz resultierenden<br />

Preise bilden das Niveau der im Markt durchsetzbaren<br />

Kosten. Die Fragestellung „Was wird<br />

das Produkt kosten?“ (Technology-Driven Cost<br />

Management) wird ersetzt durch „Was darf das<br />

Produkt kosten?“ (Market-Driven Cost Management)<br />

Zielkostenmanagement ist ein umfassendes Bündel<br />

von Kostenplanungs-, Kostenkontroll- und Kostenmanagementinstrumenten,<br />

die schon in frühen Phasen<br />

der Produkt- und Prozessgestaltung zum Einsatz<br />

kommen, um die Kostenstrukturen und Leistungen<br />

frühzeitig im Hinblick auf die Marktanforderungen<br />

gestalten zu können. Bereits im frühen Stadium der<br />

Produktentwicklung werden dem Markt zusätzlich<br />

zu den technisch qualitativen Informationen auch<br />

wertmäßige, preisliche Informationen entnommen,<br />

die dann als zentrale Steuerungsgröße in der Produktund<br />

Prozessgestaltung Verwendung finden.<br />

Während bei Anwendung traditioneller Kostenrechnungssysteme<br />

eine passive ex post – Berechnung von<br />

Preisen bzw. Leistungsentgelten erfolgt, wird durch<br />

das Zielkostenmanagement ein aktives, handlungsbegleitendes<br />

Controlling im Sinne einer Feed – Forward<br />

– Steuerung möglich. 3<br />

Zielkostenmanagement ist einerseits funktionsorientiert,<br />

d. h. man kann die für die Kundenwahrnehmung<br />

wichtigen Produktfunktionen kostenmäßig<br />

beurteilen und auf mögliche Veränderungen reagieren.<br />

Andererseits nimmt es keine Rücksicht auf bestehende<br />

technologische und verfahrensorientierte<br />

Beschränkungen des Unternehmens. 4<br />

Die in der Erwerbswirtschaft am weitesten verbreitete<br />

Methode der Zielkostenfestlegung ist die<br />

Subtraktionsmethode (Market into Company). Bei<br />

diesem Top-down-Ansatz wird ausgehend von dem<br />

am Markt erzielbaren Absatzpreis ein Ziel- bzw. Plangewinn<br />

(Target Profit oder Target Margin) subtrahiert.<br />

Die Differenz wird als die vom Markt akzeptierten<br />

Kosten (Allowable Costs) bezeichnet. Die eigentlichen<br />

Zielkosten ergeben sich dann aus der Gegenüberstellung<br />

der vom Markt akzeptierten Kosten mit den<br />

Standardkosten (Drifting Costs) und stellen somit die<br />

Kosten unter den derzeit im Unternehmen angewandten<br />

Technologien und Verfahren dar. 5<br />

Bei der Additionsmethode (Out of Company) ergeben<br />

sich die Zielkosten ausgehend von der aktuellen<br />

Situation durch Ergänzung der Plankosten um<br />

einen Gewinnaufschlag im Bottom-up-Verfahren.<br />

Die Gegenstrommethode (Into and out of Company)<br />

stellt eine Kombination aus Top-down-Ansatz und<br />

Bottom-up-Verfahren dar und berücksichtigt sowohl<br />

vorhandene Kostenstrukturen als auch markt- und<br />

wettbewerbsspezifische Faktoren der Preisgestaltung. 6<br />

3 Vgl. Reiss, Hans-Christoph, Evaluation und Controlling. In:<br />

Merchel, Joachim (Hg), Qualität in der <strong>Jugendhilfe</strong>, 1998, S.<br />

408.<br />

4 Vgl. Buggert, Willi/Wielpütz, Axel, Target Costing, 1995, S.<br />

48.<br />

5 Vgl. Bea, Franz-Xaver/Haas, Jürgen, Strategisches Management,<br />

2001, S. 318.<br />

6 Vgl. Dinger, Helmut, Target Costing, 2001, S. 8 f.<br />

8 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Bei dieser Methode wird der Zielwert nicht allein aus<br />

dem Markt abgeleitet sondern in einem internen Zielvereinbarungsprozess<br />

erörtert.<br />

Zielkostenmanagement verbindet Fachverantwortung<br />

und Ressourcenverantwortung. Die Anwendung<br />

der Methode setzt auf Grund des funktionsübergreifenden<br />

Charakters die Installation von interdisziplinären<br />

Projektteams zwingend voraus.<br />

Die Gegenstrommethode scheint für die interne,<br />

einrichtungsspezifische Anwendung im Bereich der<br />

Erziehungshilfe am ehesten geeignet, da die Leistungsanbieter<br />

einerseits nicht in der Lage sind bzw.<br />

nicht beabsichtigen, die Preise am Markt zu diktieren<br />

und andererseits bestehende Kostenstrukturen nicht<br />

völlig außer Acht gelassen werden dürfen.<br />

2.4 Das Marktpreisverfahren<br />

Im Gegensatz zu den beschriebenen vertikalen Verfahren<br />

ist das horizontale Marktpreisverfahren zu sehen.<br />

Durch Urteil vom 14.12.2000 7 hat der 3. Senat des<br />

Bundessozialgerichts zu einem Schiedsstellenspruch<br />

in Niedersachsen über Vergütungen für stationäre Pflegeleistungen<br />

nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch<br />

(SGB XI) eine auch in anderen Leistungsfeldern des<br />

Sozialgesetzbuches beachtete Entscheidung getroffen.<br />

Sie betrifft die Bestimmung von leistungsgerechten<br />

Vergütungen und hebt insbesondere den Vorrang der<br />

Marktpreisbildung vor einer Selbstkostenorientierung<br />

und die Würdigung der Marktsituation durch externe<br />

Vergleiche hervor.<br />

Der Senat hat in seiner Urteilsbegründung verdeutlicht,<br />

dass die Höhe einer leistungsgerechten<br />

Vergütung für eine marktgerechte Pflegeversorgung<br />

in erster Linie über die Feststellung von regionalen<br />

Marktpreisen zu bestimmen ist.<br />

Eine Ausnahme vom Marktpreisverfahren ist nicht<br />

vorgesehen „...Es kommt mithin weder auf die Gestehungskosten<br />

des Anbieters noch auf die soziale oder<br />

finanzielle Lage des Nachfragers der Leistung an. Beides<br />

ergibt sich automatisch, da jede Partei sich im Rahmen<br />

ihrer finanziellen Möglichkeiten bewegen muss.<br />

Der Versuch, den Preis über den Betriebsaufwand zu<br />

ermitteln ist unzulänglich.“<br />

7 BSG-Urteil v. 14.12.2000 – B 3 P 19/00 R -<br />

Durch die Methode des „externen Vergleichs“ der<br />

Einrichtungen, sollen die Marktpreise, insbesondere<br />

im örtlichen Einzugsbereich, zum Vergleich herangezogen<br />

werden. Nur dann, „...wenn sämtliche in Betracht<br />

kommenden Vergleichseinrichtungen ...nicht<br />

dem zu fordernden Qualitätsstandard entsprechen,<br />

somit also von einer pflegerischen Unterversorgung<br />

gesprochen werden muss...“, wird ein Preisvergleich<br />

nicht zulässig sein.<br />

Trägerspezifische Parameter der Entgeltkalkulation,<br />

wie z. B. ein ungünstiger Alterskegel des eingesetzten<br />

Personals, besondere nicht für alle Träger von<br />

Einrichtungen geltende Tarifbedingungen oder übertarifliche<br />

Aufwendungen können dann grundsätzlich<br />

keine Berücksichtigung als besondere Gestehungskosten<br />

finden.<br />

Ausgehend vom Regelfall, der Anwendung des<br />

Marktpreisverfahrens, sieht das Bundessozialgericht<br />

die Methode der kostenorientierten Vergütungsermittlung<br />

als vertikale Vergleichsprüfung nur in Ausnahmefällen<br />

anwendbar. „Erst wenn ein üblicher<br />

Marktpreis nicht ermittelt werden kann, ...kann es von<br />

Belang sein, welche Kosten der Heimträger bei wirtschaftlicher<br />

Betriebsführung hat....“. Auch hier gilt wie<br />

bereits weiter oben dargestellt der Tatbestand einer<br />

pflegerischen Unterversorgung (d. h. sämtliche in Betracht<br />

kommende Einrichtungen entsprechen nicht<br />

dem Qualitätsstandard) als Ausschlusskriterium.<br />

Kurz zusammengefasst – das BSG-Urteil beinhaltet<br />

drei wesentliche Kernaussagen:<br />

1. Leistungsgerechte Entgelte sind in der Regel Marktpreise.<br />

2. Die Leistungsentgelte vergleichbarer Einrichtungen<br />

bestimmen den Marktpreis.<br />

3. Erst wenn ein Preisvergleich nicht möglich ist, sollte<br />

der tatsächliche Betriebsaufwand zur Leistungsentgeltfindung<br />

herangezogen werden.<br />

Im Anwendungsbereich des SGB XI werden, insbesondere<br />

unter dem Aspekt der noch ausstehenden<br />

wissenschaftlichen Würdigung von Vergleichskriterien<br />

(Prozess- und Ergebnisqualität), kontroverse Diskussionen<br />

geführt.<br />

Der externe Vergleich hat im Bereich des SGB XI<br />

dazu geführt, dass Einrichtungsträger oftmals tatsächlich<br />

vorhandene Kosten nicht mehr über ihre Pflegesätze<br />

refinanzieren können. In zahlreichen Schiedsstel-<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 9


lenverfahren kam es zu drastischen Entgeltkürzungen.<br />

Aktuelle Urteile des VG Leipzig 8 und des Hessischen<br />

Landessozialgerichtes 9 scheinen diese Entwicklung zu<br />

bremsen. Nach Auffassung des Hessischen Landessozialgerichtes<br />

schließen sich die Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip<br />

und eine Orientierung an real<br />

entstehenden Kosten nicht gegenseitig aus. Die Entstehungskosten<br />

bilden die Untergrenze der festzusetzenden<br />

Entgelte.<br />

Was heißt das nun für den Bereich der Erziehungshilfe?<br />

Für ein gerechtes Erziehungshilfe-Marktpreisverfahren,<br />

das nicht nur den Trägern der öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong><br />

sondern auch den Leistungserbringern und<br />

den Leistungsempfängern dienlich sein könnte, sind<br />

zwei Grundvoraussetzungen zu erfüllen:<br />

1. Standardisierung von Leistung und Qualität der<br />

Leistungsangebote<br />

2. Implementierung überörtlicher, differenzierter Vergleichsdatenbanken<br />

(Info-Kataloge).<br />

Eine Standardisierung von Erziehungshilfeleistungen<br />

ist aufgrund der vielfältigen Leistungsformen nur<br />

schwer zu realisieren und ohne das Vorhandensein regionaler<br />

und überregionaler Vergleichsdaten wird ein<br />

Marktpreisverfahren nicht funktionieren. In den wenigsten<br />

Bundesländern existieren differenzierte Erziehungshilfe-Statistiken,<br />

die ausgehend von individuellen<br />

und größtenteils auf örtlicher Ebene vereinbarten<br />

Leistungs- und Entgeltvereinbarungen repräsentative<br />

Aussagen über regionale Marktsituationen im Bereich<br />

der stationären Erziehungshilfe ermöglichen. Eine<br />

erste positive Entwicklung zeichnet sich durch die<br />

rahmenvertraglich vorgegebenen Info-Kataloge (wie<br />

z. B. in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz/Saarland und<br />

Mecklenburg-Vorpommern) und in ersten Ansätzen<br />

auch in Nordrhein-Westfalen ab.<br />

Der Info-Katalog in Niedersachsen soll z. B. die<br />

landesweite stationäre und teilstationäre <strong>Jugendhilfe</strong><br />

in ihrem Leistungsvermögen und ihren Entgeltstrukturen<br />

abbilden. Das Landesjugendamt, aber auch die<br />

öffentlichen und freien Anbieter von Erziehungshilfeleistungen<br />

sollen somit befähigt werden, unter vielfäl-<br />

8 VG-Leipzig, Urteil v. 9.02.2004 – Az.: 2 K 1430/0.<br />

9 Hessisches Landessozialgericht, Urteil v. 26.01.2006 – AZ.: L<br />

8/14/P 18/04.<br />

tigen Fragestellungen Auswertungen auf einen Zeitraum,<br />

auf eine Region, auf ein Leistungsangebot oder<br />

auf einen Kostenfaktor hin generieren zu können.<br />

Schon heute dient der Niedersächsische Info-Katalog<br />

auch der Bestimmung von Preiskorridoren und somit<br />

einer ersten Orientierung und Absicherung im Rahmen<br />

der Vereinbarung einrichtungsspezifischer Leistungsentgelte.<br />

10<br />

Bewertung:<br />

Die beschriebenen Vorkalkulationssysteme eignen sich ohne<br />

Ausnahme zur Ermittlung von Leistungsentgeltgrundlagen<br />

im Rahmen wirkungsorientierter Leistungsentgelte auf<br />

der Seite der Einrichtungsträger.<br />

Das oben dargestellte Marktpreisverfahren könnte aus Sicht<br />

der Träger der Öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong> ein geeignetes Modell<br />

zur Verortung von Leistungsentgelten sein, wenn die<br />

entsprechenden Grundvoraussetzungen erfüllt sind. Es<br />

bleibt jedoch festzuhalten, dass die statistische Datenerfassung<br />

und Auswertung, sowie eine gewisse Vertrauenskultur<br />

zwischen den Trägern der öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong> und<br />

den Leistungserbringern wesentliche Grundvoraussetzungen<br />

für die Anwendung eines Marktpreisverfahrens auch<br />

in der Erziehungshilfe sind. Dies scheint in den meisten<br />

Bundesländern und Regionen zurzeit noch nicht der Fall<br />

zu sein.<br />

3 Entstehungskosten<br />

im Rahmen von<br />

Wirkungsorientierung<br />

Schröder 11 nennt im Zusammenhang mit der Vereinbarung<br />

wirkungsorientierter Entgelte auf der Grundlage<br />

des § 35a SGB VIII und der §§ 53 f. SGB XII zwei<br />

weitere, eher subjektive bzw. weiche Entgeltbemessungsgrundlagen,<br />

die im Wirkungsorientierungs-Projekt<br />

der Hansestadt Rostock entwickelt wurden:<br />

10 Vgl. Herzig, Bernd, Der Info-Katalog. In: Kröger, Rainer (Hg.),<br />

Leistung, Entgelt und Qualitätsentwicklung in der <strong>Jugendhilfe</strong>,<br />

1999, S. 2<strong>07</strong> ff.<br />

11 Vgl. Schröder, Jan, <strong>Wirkungsorientierte</strong> Verträge – Alltag im<br />

Jahr 2012? In: Maelicke, Bernd (Hg.), a.a.O., S. 182.<br />

10 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


●● Erfahrungswerte aus der Vergangenheit und<br />

●● Pauschale Honorare, die auf einer wertschätzenden<br />

Preisbildung beruhen.<br />

In der pädagogischen Fachdiskussion wird häufig die<br />

Meinung vertreten, dass wirkungsorientierte Entgelte<br />

zukünftig nicht mehr aus der Addition von Entstehungskosten<br />

resultieren, sondern das Ergebnis einer<br />

Werteinschätzung der Wirkungsziele sein sollen. 12<br />

Nicht Kosten sondern Wirkungen sollen den Preisen<br />

gegenüber stehen.<br />

In der Praxis sind wir von derartigen Zukunftsszenarien<br />

zurzeit noch weit entfernt. So gibt es beispielsweise<br />

auf der Seite der Einrichtungsträger zahlreiche<br />

wirtschaftliche Gründe (Going-Concern-Prinzip, Kfm.<br />

Vorsichtsprinzip, Risk-Management, Fürsorgepflicht<br />

bezüglich der eigenen MitarbeiterInnen, etc.) die es im<br />

Rahmen der Wirkungsorientierung zu berücksichtigen<br />

gilt und die auf der Seite der Einrichtungsträger Vorkalkulationsverfahren<br />

als Vorstufe bzw. Wirtschaftlichkeitskorrektiv<br />

noch unverzichtbar machen.<br />

Die zur Erbringung der Leistungen notwendigen<br />

Entstehungskosten im Rahmen von wirkungsorientierten<br />

Entgeltvereinbarungen, die auf „gleicher<br />

Augenhöhe“ erfolgen sollen, werden nach meiner<br />

Meinung auch zukünftig eine bedeutsame Rolle im<br />

Kontext von Leistungsentgeltvereinbarungen in der<br />

Erziehungshilfe spielen.<br />

Zu beachten ist das Problem der Leistungs- bzw.<br />

Wirkungsbemessung durch den „Kunden“. Das von<br />

Schröder 13 herangezogene Beispiel vom Fensterputzer<br />

soll dies verdeutlichen. Ein Fensterputzer erbringt<br />

eine nicht personenbezogene Dienstleistung. Es stellt<br />

sich die Frage, ob ein solcher Dienstleister dafür bezahlt<br />

wird, dass er die Fensterscheibe reinigt oder ob<br />

er dafür bezahlt wird, dass die Scheibe sauber wird.<br />

Dieses Beispiel diente im Rahmen des Bundesmodellprojektes<br />

„<strong>Wirkungsorientierte</strong> Steuerung in der<br />

Kommunalen Altenhilfe der Stadt Leverkusen“ zur<br />

Verdeutlichung des Begriffes Wirkungsorientierung.<br />

Für die Erbringung von personenbezogenen<br />

12 Vgl. ebenda., S. 183.<br />

13 Vgl. Schröder, Jan, Bundesmodellprojekt „<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Steuerung in der kommunalen Altenhilfe der Stadt Leverkusen“.<br />

Zwischenbericht zum Abschluss der Phase I, August<br />

2001 – März 2002 des vom Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend geförderten Projektes, 2002, S. 34.<br />

Dienstleistungen im Bereich der erzieherischen Hilfen<br />

könnte man ähnlich fragen, ob nicht genauso wie bei<br />

der Auftragserteilung an einen Fensterputzer allein<br />

der Preis gezahlt werden sollte, der aus Sicht des Auftraggebers<br />

als glaubwürdig bzw. als entsprechender<br />

Gegenwert der zu erzielenden und auch gewünschten<br />

Wirkung gesehen wird. Nun wird es aber immer auch<br />

Situationen geben, in denen die zu reinigende Scheibe<br />

verdreckter ist als andere Scheiben und der erforderliche<br />

Reinigungsaufwand höher sein wird. Weiterhin<br />

wird es auch unterschiedliche Auffassungen zwischen<br />

Auftraggeber und Auftragnehmer bezüglich<br />

der Einschätzung eines monetären Gegenwertes für<br />

die erzielte Wirkung geben. Aus Sicht des Leistungserbringers<br />

gibt es einen betriebswirtschaftlich bedingten<br />

Grenzpunkt, ab dem sich die Leistungserbringung<br />

aus ökonomischen Gründen nicht mehr lohnt, da negative<br />

Deckungsbeiträge entstehen. Um diesen Punkt<br />

bestimmen zu können, sind Vorkalkulationsverfahren<br />

für den Bereich der Einrichtungsträger – auch im Zeitalter<br />

von wirkungsorientierten Entgeltvereinbarungen<br />

– unverzichtbar. Richtig ist, dass es dem Auftraggeber<br />

egal sein kann, wie hoch z. B. die Personalkosten<br />

für eine Verwaltungsmitarbeiterin des Fensterputzers<br />

sind. Aus Sicht des Leistungserbringers sind diese besonderen,<br />

zur Wirkungserbringung notwendigen Personalkosten<br />

dennoch real vorhanden und somit auch<br />

aus dessen Sicht zu refinanzieren.<br />

4 Rahmenvertragliche Rege-<br />

lungen nach § 78 f SGB VIII<br />

Die im Rahmen der Vorkalkulation ermittelten Entgeltbestandteile<br />

können nicht ohne weiteres in jede<br />

Entgeltverhandlung einfließen, da in nahezu allen<br />

Bundesländern überörtliche Vorgaben (Standards und<br />

Berechnungsarithmetik) der Rahmenvereinbarungen<br />

nach § 78 f SGB VIII zu beachten sind. Diese auf Landesebene<br />

zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden<br />

und den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege<br />

vereinbarten Rahmenverträge beinhalten ohne<br />

Ausnahme erhebliche Gestaltungsspielräume für die<br />

Träger der Freien und der Öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong>. Leider<br />

orientieren sich die meisten bestehenden Rahmenverträge<br />

nach § 78 f SGB VIII noch immer in vielen De-<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 11


tails am alten Recht. Das mit der Novellierung des SGB<br />

VIII durch den Prospektivitätsgedanken abgelöste<br />

Selbstkostendeckungsprinzip erweist sich somit nach<br />

wie vor als historisches Entwicklungshemmnis. Noch<br />

immer enthalten die zu erstellenden Leistungsentgeltkalkulationen<br />

oftmals:<br />

●● Statische Geltungszeiträume von verhandelten<br />

Leistungsentgelten (i. d. R. 12 Monate aber auch<br />

darüber hinaus),<br />

●● Kalkulatorische, angebotsübergreifende Mindest-<br />

●●<br />

auslastungsquoten,<br />

Angebotsübergreifende Mischkalkulationsformen,<br />

●● Komplizierte Pauschalsysteme zur Refinanzierung<br />

von AfA- und Instandhaltungsaufwendungen abweichend<br />

von den handels- und steuerrechtlichen<br />

Regelungen,<br />

●● Möglichkeiten der pauschalen Fortschreibung im<br />

Bereich der Substanzerhaltungsaufwendungen<br />

nach Baukostenindex (z. B. in NRW),<br />

●● Abwesenheitsregelungen,<br />

●● Sachkostenricht- bzw. Anhaltswerte,<br />

●● Personalkostenricht- bzw. Anhaltswerte,<br />

●● Orientierung an KGST-Richtwerten, basierend auf<br />

ausschließlich in einer Modellkommune erhobenen<br />

Werten und<br />

●● Möglichkeiten der pauschalen Fortschreibung von<br />

Leistungsentgelten.<br />

Bewertung:<br />

Wie bereits in der Einleitung genannt, regelt zurzeit kein<br />

in der Bundesrepublik Deutschland auf Landesebene abgeschlossener<br />

Rahmenvertrag nach § 78 f SGB VIII Bestandteile<br />

wirkungsorientierter Entgeltvereinbarungen. Dessen<br />

ungeachtet ist m. E. eine Anwendung rahmenvertraglicher,<br />

auf regionaler Ebene seit langem etablierter Standards auf<br />

örtlicher Ebene und das nachträgliche Aufsetzen wirkungsorientierter<br />

Elemente möglich. Ein unnötiger Standardabbau<br />

unter dem Deckmantel der Wirkungsorientierung<br />

könnte so vermieden werden.<br />

5 Leistungsentgeltsysteme<br />

Die folgenden Ausführungen dienen der Verständigung<br />

über mögliche Grundlagen eines leistungs- und<br />

wirkungsorientierten Entgeltsystems in der Erziehungshilfe.<br />

Die zurzeit in der Bundesrepublik Deutschland<br />

praktizierten Leistungsentgeltsysteme im Bereich der<br />

Hilfen zur Erziehung lassen sich zunächst in zwei<br />

Gruppen unterteilen:<br />

●● Leistungsentgelte basierend auf individuellen Kostenstrukturen<br />

●● Leistungsentgelte basierend auf Pauschalen,<br />

Durchschnitts- und Gruppenentgeltsätzen.<br />

5.1 Leistungsentgelte basierend auf<br />

individuellen Kostenstrukturen<br />

Bei den auf individuellen Kostenstrukturen basierenden<br />

Leistungsentgelten werden im Regelfall, unter<br />

Zugrundelegung der Daten aus dem Vorjahr und<br />

unter Einbeziehung der für den Kalkulationszeitraum<br />

prognostizierten Kosten, prospektive Leistungsentgelte<br />

ermittelt. In die Berechnungen fließen grundsätzlich<br />

prognostizierte Kostensteigerungsraten ein.<br />

Bei Anwendung einer individuellen Kostenbasis<br />

werden individuelle, einrichtungsspezifische Leistungsentgelte<br />

kalkuliert (Standardsystem im Bereich<br />

der stationären Hilfen zur Erziehung). Weiterhin besteht<br />

die Möglichkeit, abweichend von standardisierten<br />

Regelungen Sondervereinbarungen aufgrund einrichtungsspezifischer<br />

Betriebsstrukturen festzulegen.<br />

Diesen Vorteilen stehen aber auch Nachteile<br />

gegenüber. Zunächst einmal entstehen gegenüber der<br />

noch näher zu betrachtenden Gruppe der auf Pauschalen<br />

basierenden Leistungsentgelte signifikante<br />

Verwaltungsaufwendungen und sehr zeitaufwendige<br />

Entgeltverhandlungen. Das Verfahren bietet darüber<br />

hinaus wenig Anreize (bei Nichtberücksichtigung<br />

des Marktes), auf Ebene des Leistungserbringers Einsparungen<br />

durch eine wirtschaftliche und sparsame<br />

Haushaltsführung zu erzielen, auch wenn dies gemäß<br />

§ 78 (2) SGB VIII durch die vorgeschriebene Berücksichtigung<br />

der Grundsätze der Leistungsfähigkeit,<br />

Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit durch den Gesetzgeber<br />

so vorgeschrieben wird.<br />

12 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Eine weitere Schwierigkeit ist in dem durch Öffentliche<br />

Träger der <strong>Jugendhilfe</strong> häufig geforderten<br />

Grad der Transparenz zu sehen. Öffentliche Träger<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong> fordern seit langem größtmögliche<br />

Transparenz bezogen auf reale Kosten- und Leistungsbestandteile<br />

sowie Qualitätsstandards. So ist es<br />

beispielsweise im Bereich der Altenhilfe schon lange<br />

üblich, trotz gesetzlichem Prospektivitätsgebot reale<br />

Ist-Daten, bezogen auf Auslastung und Kosten, in den<br />

Kalkulationsnachweis mit einzubeziehen. Auch die<br />

nordrhein-westfälischen rahmenvertraglichen Regelungen<br />

nach §§ 78 a – f SGB VIII werden z. B. zukünftig<br />

eine Nachweisung von sog. verdichteten Ist-Daten<br />

im Rahmen der Kalkulation zwingend erforderlich<br />

machen.<br />

Leistungsentgelte, die auf individuellen Kostenstrukturen<br />

basieren werden unterschieden in:<br />

●● Einzelleistungsentgelte<br />

●● Teilpauschalierte Einzelleistungsentgelte<br />

●● Sonderentgelte<br />

Einzelleistungsentgelte beinhalten ausschließlich einrichtungsindividuelle<br />

Kostenstrukturen und beziehen<br />

sich in der Regel auf eine Standardleistung.<br />

Teilpauschalierte Einzelleistungsentgelte beinhalten<br />

als Mischform sowohl einrichtungsindividuelle<br />

Kostenstrukturen als auch vorgegebene Pauschalen,<br />

beispielsweise für Substanzerhaltung (sog. Substanzerhaltungspauschalen<br />

als Äquivalent für Instandhaltungsaufwendungen<br />

und Abschreibungen). Oftmals<br />

sind diese Pauschalen mangels Dynamisierung (Anpassung<br />

an die Kostenentwicklung) nicht mehr auskömmlich.<br />

In solchen Fällen ist die Rede von „eingefrorenen“<br />

Teilpauschalen.<br />

Sonderentgelte beziehen sich oftmals auf Zusatzleistungen<br />

(z. B. Reittherapie, Diagnostik, etc.) oder auf<br />

besondere Hilfebedarfe und deren spezifische Erfordernisse<br />

an eine geforderte Strukturqualität, die sich<br />

vom Standard absetzt.<br />

5.2 Leistungsentgelte basierend<br />

auf Pauschalen<br />

Bei den Leistungsentgelten, die auf Pauschalen basieren<br />

handelt es sich um Leistungsentgelte, die nicht<br />

aufgrund individueller Kostenstrukturen einer Einrichtung<br />

ermittelt werden.<br />

Solche Leistungsentgelte werden beispielsweise<br />

durch Modellrechnungen oder auf der Grundlage von<br />

Kostenstrukturen mehrerer vergleichbarer Einrichtungen<br />

(Gruppenleistungsentgelte) oder vergleichbarer<br />

Leistungen (Durchschnittsentgelte) ermittelt.<br />

Fallpauschalen, die auf Seite 21 betrachtet werden,<br />

fallen z. B. auch in die Kategorie der auf Pauschalen<br />

basierenden Leistungsentgeltformen.<br />

Als Vorteile von auf Pauschalen basierenden Leistungsentgelten<br />

gelten in der Fachliteratur:<br />

●● Geringerer Verwaltungs- und Verhandlungsaufwand<br />

gegenüber dem Einzelentgeltsatz<br />

●● Erhöhte Anreize zu wirtschaftlicher und sparsamer<br />

Haushaltsführung<br />

●● Gegenseitige Deckungsfähigkeit von Aufwandspositionen<br />

untereinander<br />

●● Keine notwendige Offenlegung der Kostenstruktur<br />

des Leistungserbringers gegenüber dem Öffentlichen<br />

Träger der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

●● Wirtschaftliche Existenzabsicherung der Einrichtung<br />

durch vorgegebenen Sockelbetrag, der auf<br />

Durchschnittswerten basiert.<br />

Als Nachteile werden dem gegenüber hervorgehoben:<br />

●● Einrichtungsspezifische Kostenstrukturen werden<br />

nicht berücksichtigt. Hiermit ist gemeint, dass<br />

während die Einrichtung ihre Einnahmen nur in<br />

gewissen Punkten nach „behördlich“ vorgegebenen<br />

Bewertungsmaßstäben vergütet bekommt,<br />

sie umgekehrt ihre eigenen Ausgaben mit echtem<br />

Geld bezahlen muss (Risiko).<br />

●● In den meisten Fällen werden enge Mengen- und<br />

Leistungsvorgaben gemacht, die auf einem gewissen<br />

Misstrauen basieren und dementsprechend<br />

Kosten- und Qualitätsniveaus vorgeben.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 13


Bewertung:<br />

Im Rahmen der Wirkungsorientierung erscheinen mir beide<br />

oben beschriebenen Leistungsentgeltsysteme anwendbar zu<br />

sein. Im Bereich der ambulanten und teilstationären Hilfen<br />

zur Erziehung wurde in den letzten Jahren ein eindeutiger<br />

Trend in Richtung pauschalenbasierter Leistungsentgelte<br />

(z. B. Kontraktmanagement) erkennbar.<br />

Tatsächliche Entstehungskosten werden hier oftmals im<br />

Durchschnitt (z. B. Median-Werte im Bereich der päd. Personalkosten)<br />

berücksichtigt und stellen annähernd sicher,<br />

dass durch eine Wirkungsfokussierung keine Bestandsgefährdung<br />

beim leistungserbringenden Vereinbarungspartner<br />

entsteht.<br />

5.3 Leistungsentgeltformen<br />

Leistungsentgelte sind i. d. R. Verrechnungssätze. In<br />

den meisten Fällen werden Leistungsentgelte auf<br />

einen Betreuungstag (Tagessatz) oder als eine Betreuungsstunde<br />

(Fachleistungsstunde) verrechnet. Größere<br />

Bemessungszeiträume (z. B. Wochen-, Monats-,<br />

Quartals-, Jahresentgelte) sind in den Hilfen zur Erziehung<br />

seltener zu finden.<br />

Im Folgenden werden die in der Erziehungshilfe praktizierten<br />

Leistungsentgeltformen näher beschrieben.<br />

Gängige Leistungsentgeltformen – auch in Kombination<br />

– sind:<br />

5.3.1 Tagesgleicher Leistungsentgeltsatz<br />

Beim Tagesentgeltsatz werden die kalkulierten Jahreskosten<br />

einer Hilfe zur Erziehung (Personalkosten,<br />

Sachkosten) auf einen Tag umgerechnet und durch die<br />

Anzahl der vereinbarten Betreuungsplätze geteilt. Die<br />

Kosten werden somit auf einen Platz und einen Tag abgerechnet.<br />

Um das allg. Auslastungsrisiko zu berücksichtigen,<br />

werden vorab im Rahmen der Kalkulation<br />

zusätzlich die Tage eines Jahres durch den sog. Auslastungsdivisor<br />

(Auslastungsgrad) dividiert, da eine<br />

Einrichtung ohne Warteliste aufgrund der Belegungsfluktuation<br />

und der daraus bedingten Verweilzeiten<br />

faktisch nicht zu 100 Prozent ausgelastet sein kann.<br />

In der Hansestadt Rostock wird im Rahmen der Umstellung<br />

auf wirkungsorientierte Vereinbarungen nach<br />

§§ 78 a ff. SGB VIII innerhalb der Entgelt- bzw. Vergütungsvereinbarungen<br />

der Tagessatz als eine von zwei<br />

Alternativen für die Basis der Entgeltermittlung be-<br />

14 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong><br />

nannt. Hier werden einzelfallbezogene, monatliche<br />

Entgelte vereinbart. Basis ist der „Tagessatz der Einrichtung<br />

in Höhe von x y z € multipliziert mit der Zahl der<br />

Werktage im Bezugsmonat. Eine Änderung von Art,<br />

Form und Umfang der vom Träger erbrachten Leistung<br />

während der Laufzeit dieser Vereinbarung führt in keinem<br />

Fall zur Veränderung des als Entgeltbemessungsgrundlage<br />

herangezogenen Tagessatzes.“ 14<br />

Als Begründung werden einerseits die bereits bestehenden<br />

(überörtlichen) Vereinbarungen genannt,<br />

die grundsätzlich nicht in Frage gestellt werden sollten<br />

und andererseits die Vereinfachung der Abrechnungsmodalitäten<br />

durch Anwendung des Tagessatzes.<br />

In der Fachliteratur werden folgende Vorteile von tagesgleichen<br />

Leistungsentgeltsätzen beschrieben:<br />

●● Das „Standardsystem“ ist leicht verständlich und<br />

im Erziehungshilfebereich etabliert<br />

●● Vergleichbarkeit bei gleichwertigen Angeboten<br />

●● Niedrigschwellige und präventive Ansätze können<br />

durch eine entsprechende Hinzurechnung zu<br />

den o. a. Jahreskosten berücksichtigt werden. In<br />

diesem Fall würden die prospektiven Jahreskosten<br />

und die prospektiven „Präventivkosten“ addiert<br />

und auf einen Tag umgerechnet.<br />

Als Nachteile werden dem gegenüber hervorgehoben:<br />

●● Der Tagesentgeltsatz ist statisch (starr) und wird<br />

i. d. R. über einen längeren Zeitraum gezahlt.<br />

●● Gefahr der Fallausweitung (Mengenexpansion),<br />

die Entlassung des jungen Menschen stellt ein betriebswirtschaftliches<br />

Risiko dar.<br />

●● Kaum Anreize zur Verweildauerreduzierung, da<br />

für den Einrichtungsträger eine längere Verweildauer<br />

kostengünstiger ist und eine Verweildauerverkürzung<br />

bei gleich bleibender Auslastung zu<br />

höheren Kosten je Betreuungstag führt (Anlaufkosten).<br />

●● Mangelnder Kosten- und Leistungsbezug (Kostenungerechtigkeit)<br />

●● Tagesgleiche Entgeltsätze entsprechen nicht dem<br />

Kostenanfall im zeitlichen Ablauf<br />

14 Vgl. Schröder, Jan, <strong>Wirkungsorientierte</strong> Verträge – Alltag im<br />

Jahr 2012? In: Maelicke, Bernd (Hg.), a.a.O., S. 183.


●● Als Parameter der Einrichtungsleistung ungeeignet,<br />

da im Rahmen des Entgeltsatzes höchst unterschiedliche<br />

Leistungen subsumiert werden.<br />

●● Gefahr der Selektion (eher einfachere als schwierigere<br />

Fälle)<br />

Bewertung:<br />

Eine Anwendbarkeit im Rahmen der Vereinbarung wirkungsorientierter<br />

Leistungsentgelte ist grundsätzlich möglich,<br />

wie der Rostocker Modellversuch zeigt.<br />

5.3.2 Tagesentgeltsatz mit ergänzenden Zulagen<br />

Bei den Tagesentgeltsätzen mit ergänzenden Zulagen<br />

erfolgt eine Orientierung am Einzelfall durch Aufstockung<br />

des Tagesentgeltsatzes für spezielle, auf den<br />

Hilfebedarf bezogene Zusatzleistungen, die z. B. im<br />

Rahmen der Grundleistungen einer Einrichtung nicht<br />

erbracht werden können. Es handelt sich hierbei um<br />

spezifische erzieherische und/oder therapeutische<br />

Leistungen, die individuell auf besondere, zeitlich<br />

begrenzte Problemlagen und Hilfebedarfe eines bestimmten<br />

Kindes/Jugendlichen und/oder dessen Eltern<br />

ausgerichtet sind. Art und Umfang der Zusatzleistungen<br />

werden im Rahmen des Hilfeplanverfahrens<br />

nach § 36 SGB VIII festgelegt.<br />

Beispiele für Zusatzleistungen sind:<br />

●● Sondermaßnahmen im Schul- und Ausbildungsbereich<br />

im Sinne der Einzelförderung<br />

●● Individuell abgestimmte heilpädagogische Therapieformen<br />

und Maßnahmen<br />

●● Individuell abgestimmte psychotherapeutische<br />

Maßnahmen<br />

●● Therapeutische Einzelmaßnahmen bezogen auf<br />

die Eltern/Familie<br />

●● Heiminterne Ausbildung<br />

●● Heiminterne Schule<br />

●● Individuelle pädagogische Maßnahmen bei besonderen<br />

Gefährdungs- und Belastungssituationen.<br />

Zum Beispiel Erlebnispädagogik, Video-Home-Training<br />

mit den Eltern, familientherapeutisches Arbeiten,<br />

Elternbesuche in der Einrichtung, Ergotherapie,<br />

Logopädie, Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, psychologische<br />

Diagnostik, Einzelbetreuungsmaßnahmen<br />

(z. B. Begleitung in die Schule bei Problemen<br />

mit der Beschulbarkeit), Ausbildungskosten, Fahrtkosten<br />

zum Ausbildungsplatz oder zur Schule.<br />

Tagesentgeltsätze mit ergänzenden Zulagen haben<br />

i. d. R. einen klaren Vorteil:<br />

●● Höhere Vergleichbarkeit durch Trennung von Tagessatz<br />

und Zulagen<br />

Als Nachteile gelten folgende Punkte:<br />

●● Ungeeignet als Parameter der Einrichtungsleistung,<br />

da im Rahmen des Entgeltsatzes<br />

●● weiterhin höchst unterschiedliche Leistungen subsumiert<br />

werden.<br />

●● Siehe Nachteile von tagesgleichen Leistungsentgelten<br />

Bewertung:<br />

Eine Anwendbarkeit im Rahmen der Vereinbarung wirkungsorientierter<br />

Leistungsentgelte ist grundsätzlich möglich. Es<br />

erfolgt lediglich eine Abgrenzung von Zusatzleistungen.<br />

5.3.3 Degressiver Leistungsentgeltsatz<br />

Die Höhe des tagesbezogenen Entgeltsatzes sinkt mit<br />

zunehmender Verweildauer oder zunehmenden Alter<br />

des Klienten. Im Extremfall würde das Leistungsentgelt<br />

analog zum Hilfebedarf kontinuierlich (täglich,<br />

wöchentlich, monatlich oder in anderen Zeitabständen)<br />

angepasst.<br />

Folgende hauptsächliche Vorteile sind bekannt:<br />

●● Degressive Entgeltsätze kommen dem durchschnittlichen<br />

Hilfeverlauf sehr nahe<br />

●● Planungssicherheit für die Vereinbarungspartner<br />

Als Nachteile werden benannt:<br />

●● Hoher administrativer Aufwand<br />

●● Hoher Vereinbarungsaufwand<br />

●● Hoher Controllingaufwand beim Einrichtungsträger<br />

●● Hoher Verwaltungsaufwand für den öffentlichen<br />

Träger der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

Bewertung:<br />

Grundsätzlich ist eine wirkungsorientierte Anwendung<br />

dieses im Vergleich zu Standardsystemen sehr aufwendigen<br />

Verfahrens denkbar. Entscheiden sich die Vereinbarungspartner<br />

für ein degressives Entgeltverfahren, so sind<br />

zwingend die Absenkungsmodalitäten und die Form der<br />

Kopplung am individuellen Hilfebedarf im Vorfeld zu vereinbaren.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 15


5.3.4 Stufenentgelte, Phasenentgelte<br />

Stufenentgelte sind eine abgemilderte Form von degressiven<br />

Leistungsentgeltsätzen. Die Höhe des tagesbezogenen<br />

Entgeltsatzes sinkt stufenweise mit zunehmender<br />

Verweildauer. Das Leistungsentgelt wird<br />

analog zum Hilfebedarf bzw. zur erforderlichen Betreuungsintensität<br />

stufenweise angepasst.<br />

Solche Stufenentgelte finden beispielsweise in<br />

Nordrhein-Westfalen bezogen auf Mutter-/Vater-/<br />

Kind-Einrichtungen nach § 19 SGB VIII Anwendung.<br />

Für die ersten Wochen der Betreuung der schwangeren<br />

Jugendlichen, in denen erfahrungsgemäß der<br />

höchste Betreuungsaufwand besteht, wird analog zur<br />

erforderlichen Betreuungsintensität ein hohes Leistungsentgelt<br />

(Intensivangebot), danach ein mittleres<br />

Leistungsentgelt (Regelangebot) und in der Phase der<br />

Verselbstständigung schließlich ein niedriges Leistungsentgelt<br />

(Angebot mit niedrigerem Betreuungsbedarf)<br />

zur Auszahlung gebracht.<br />

Folgende Vorteile sind mit Stufenentgelten verbunden:<br />

●● Bezug des Leistungsentgeltes auf den aktuellen<br />

Hilfebedarf einer zeitlichen Phase<br />

●● Einfache Umsetzbarkeit<br />

●● Planbarkeit für beide Vereinbarungspartner<br />

Als Nachteile gelten dem gegenüber:<br />

●● Unmittelbare Kopplung an Hilfeplangespräche<br />

erforderlich, dadurch administrativ sehr aufwendig<br />

●● Zeitlich verzögerte Stufenanpassungen<br />

Bewertung:<br />

Aus meiner Sicht gibt es keinen Grund, der für eine Nichtanwendbarkeit<br />

von Stufenentgelten im Rahmen von Wirkungsorientierung<br />

steht. Wie beim oben beschriebenen<br />

degressiven Leistungsentgelt sind auch hier zwingend die<br />

Absenkungsmodalitäten und die Form der Kopplung am individuellen<br />

Hilfebedarf im Vorfeld zu vereinbaren.<br />

5.3.5 Sozialpädagogische Fachleistungsstunde<br />

Die sozialpädagogische Fachleistungsstunde gilt als<br />

innovatives Finanzierungsinstrument der neunziger<br />

Jahre. Insbesondere in den so genannten <strong>Jugendhilfe</strong>stationen<br />

in den neuen Bundesländern wurde das<br />

Instrument der Fachleistungsstunde zur Finanzierung<br />

von „flexiblen Hilfen aus einer Hand“ und somit als<br />

Ergänzung zu den traditionellen Finanzierungsformen<br />

eingeführt. Die Fachleistungsstunde findet zurzeit<br />

überwiegend Anwendung im Bereich der ambulanten,<br />

hilfeplangesteuerten Leistungen der Erziehungshilfe,<br />

sowohl einzelfallbezogen als auch gruppenbezogen.<br />

Im Bereich der stationären Erziehungshilfe wird<br />

die Fachleistungsstunde in der Regel als Instrument<br />

zur Finanzierung von Zusatzleistungen genutzt und<br />

im Einzelfall bewilligt.<br />

Das Instrument der Fachleistungsstunde bezieht<br />

sich ausschließlich auf die sozialpädagogische Aktivität,<br />

unabhängig von Leistungsinhalt und Leistungsorganisation.<br />

Deshalb können die verschiedensten<br />

Hilfen und Mischformen nach einheitlichen Kriterien<br />

finanziert werden. 15<br />

Die Erstattung der Kosten erfolgt über die tatsächlich<br />

in Anspruch genommene Stunde einer sozialpädagogischen<br />

Fachkraft. Der Fachleistungsstundensatz<br />

berechnet sich aus dem Quotienten von Bruttokosten<br />

pro Jahr (Personalkosten und Sachkosten) und den<br />

tatsächlich geleisteten Nettoarbeitsstunden pro Jahr<br />

zuzüglich eines Ausgleichszuschlags für fallspezifische<br />

Minderzeiten (z. B. Fahrzeiten, Verwaltungstätigkeiten,<br />

Vor- und Nachbereitung) und wird für jede geleistete<br />

Stunde abgerechnet.<br />

In der Fachliteratur werden zahlreiche Vorteile der sozialpädagogischen<br />

Fachleistungsstunde benannt. Die<br />

wichtigsten sind meiner Meinung nach:<br />

●● Orientierung am individuellen Hilfebedarf<br />

●● Hohe Flexibilität und Vernetzungsmöglichkeit<br />

●● Steuerungsmöglichkeiten durch öffentlichen Träger<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

Als Nachteile gelten im Allgemeinen:<br />

●● Ein in der Regel hoher administrativer Aufwand<br />

(Dokumentation, Fakturierung)<br />

●● Durch Vermischung von realen Kosten und Durchschnittswerten<br />

(z. B. Anwendung von KGST-Richtwerten<br />

im Bereich der variablen und fixen Sach-<br />

15 Vgl. Kluge, Christiane, Lebensweltorientierte Erziehungshilfen<br />

beim Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung in Hamburg.<br />

Eine Standortbestimmung. In: Peters, Friedhelm/Trede,<br />

Wolfgang/Winkler, Michael (Hg), Integrierte Erziehungshilfen.<br />

Qualifizierung der <strong>Jugendhilfe</strong> durch Flexibilisierung und<br />

Integration? 2001.<br />

16 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

kosten) entsteht ein Kostendeckungsrisiko für die<br />

Seite des Einrichtungsträgers.<br />

Mangel an Transparenz und Leistungsgerechtigkeit<br />

Erhebliche Planungsunsicherheit bezüglich Fallaufkommen<br />

und Einnahmesituation beim freien<br />

Träger der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

Unterschiedliche Abrechnungsverfahren bei Einzelfall-<br />

und Gruppenhilfen<br />

Schwierigkeit der Finanzierung von Maßnahmen,<br />

die teilweise einer anderen Finanzierungssystematik<br />

unterliegen (z. B. Vernetzung von stationären<br />

oder offenen mit ambulanten Maßnahmen) 16<br />

Tendenz zur Fallausweitung<br />

Bewertung:<br />

Das Instrument der Fachleistungsstunde gewährleistet ein<br />

hohes Maß an Effizienz und Effektivität für den Einzelfall<br />

und ist grundsätzlich als Finanzierungsinstrument im<br />

Rahmen von Wirkungsorientierung denkbar. Sie ist weiterhin<br />

das optimale Instrument zur Finanzierung von bedarfsgerechten<br />

und flexiblen Hilfen. Die Standards der Sozialraumorientierung,<br />

der Prävention und der Vermeidung<br />

von Fällen werden durch ihre Anwendung allerdings nur<br />

bedingt erfüllt. 17<br />

Die Fachleistungsstunde eignet sich auch als trägerübergreifende<br />

Verrechnungsgröße z. B. im Rahmen von<br />

Budgets. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht unproblematisch.<br />

Im Rahmen des Modellprojektes zur Flexibilisierung<br />

erzieherischer Hilfen in Borken sollte beispielsweise für den<br />

Bereich der ambulanten flexiblen Hilfen ein einheitlicher<br />

prospektiver Kostensatz (basierend auf KGST – Richtwerten)<br />

als Verrechnungssatz in Form der sozialpädagogischen<br />

Fachleistungsstunde vereinbart werden. Dieses Vorhaben<br />

führte zu erheblichem Verhandlungsaufwand und konnte<br />

letztendlich nicht durchgängig umgesetzt werden. 18<br />

16 Vgl. Plaßmeyer, Frank, Die Finanzierung von „Flexiblen Erziehungshilfen“<br />

in Nordrhein-Westfalen. In: Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe – Landesjugendamt (Hg.), Flexibilisierung erzieherischer<br />

Hilfen, 2000, S. 24 ff.<br />

17 Vgl. Ketschau, Marcus, a.a.O., S. 56 f.<br />

18 Vgl. Nagel, Monika, Die Finanzierung von „Flexiblen Erziehungshilfen“<br />

in Nordrhein-Westfalen. In: Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe – Landesjugendamt (Hg.), Flexibilisierung erzieherischer<br />

Hilfen, 2000, S. 98 ff.<br />

5.3.6 Sonderentgelte<br />

Bei den Sonderentgelten werden kostenträchtige Leistungen<br />

gesondert kalkuliert und damit vom allgemeinen<br />

Entgeltsatz abgekoppelt. Beispiele hierfür sind:<br />

Intensive Einzelbetreuung, Betreuung im Ausland,<br />

etc.<br />

In der Fachliteratur werden den Sonderentgelten folgende<br />

Vorteile zugeschrieben:<br />

●● Durch Aufsatz auf das tagesgleiche Leistungsentgelt<br />

besteht eine hohe Vergleichbarkeit<br />

●● Risikominimierung für den Einrichtungsträger<br />

Als Nachteile gelten im Allgemeinen:<br />

●● Hoher Vereinbarungsaufwand<br />

●● Hoher Verwaltungsaufwand<br />

Bewertung:<br />

Eine Anwendbarkeit von Sonderentgelten könnte im Rahmen<br />

von Wirkungsorientierung immer dann als Ergänzung<br />

sinnvoll sein, wenn der individuelle Hilfebedarf ein<br />

Abweichen von der Grundkonzeption des Einrichtungsträgers<br />

bzw. der durchschnittlichen Betreuungsintensität erforderlich<br />

macht.<br />

5.3.7 Budgets<br />

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bezeichnet man mit<br />

dem Begriff Budget einen (in Geldgrößen) aufgestellten<br />

Plan der Einnahmen und Ausgaben in einem<br />

Unternehmen oder einem Teil des Unternehmens für<br />

einen bestimmten Zeitraum. Auf die juristische Implikation<br />

des Budgets gehe ich an dieser Stelle nicht ein.<br />

Budgets lassen sich nach verschiedenen Differenzierungsmerkmalen<br />

unterscheiden:<br />

●● Nach der Bezugsgröße (z. B. Regionen, Leistungen,<br />

Projekte, Einzellfallübergreifend,<br />

●● Einzelfallbezogen),<br />

●● Nach der Geltungsdauer (z. B. Monats-, Quartals-,<br />

Jahres-, Mehrjahresbudgets),<br />

●● Nach der Wertdimension (z. B. Gesamtbudget,<br />

Teilbudget, Deckungsbeitragsbudget,<br />

●● Kostenbudget),<br />

●● Nach dem Grad der Verbindlichkeit (z. B. starres<br />

Budget, Etat, flexibles bzw. elastisches Budget).<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 17


Im Rahmen von Kontraktmanagement und Sozialraumbudgetierung<br />

konnte die deutsche Erziehungshilfelandschaft<br />

bereits umfangreich mit regionalen<br />

Versorgungsverträgen, den sog. Sozialraumbudgets,<br />

vorwiegend im teilstationären und ambulanten Bereich,<br />

experimentieren.<br />

Nach Hinte 19 tragen Sozialraumbudgets u. a. dazu<br />

bei, dass Einrichtungsträger viel stärker daran interessiert<br />

sind, keine Fälle zu erhalten, sondern Fälle zu verhindern.<br />

Insofern beinhalten Sozialraumbudgets Anreize,<br />

Prävention zu betreiben beziehungsweise Fälle<br />

unterhalb der Ebene des § 27 SGB VIII zu bearbeiten.<br />

Im Jahre 2000 wurde z. B. in der Stadt Celle für<br />

den Bereich der ambulanten und teilstationären Erziehungshilfeleistungen<br />

ein trägerorientiertes, sozialräumliches<br />

Erziehungshilfebudget implementiert. Im<br />

Rahmen einer vertraglich abgesicherten Trägerkooperation<br />

übernahmen die im Bereich der erzieherischen<br />

Hilfen tätigen freien Träger die Verantwortung für die<br />

flexible Durchführung von allen ambulanten und teilstationären<br />

Hilfen zur Erziehung in der Stadt Celle.<br />

Hierfür erhielten die Träger ein treuhänderisch übertragenes<br />

Budget. Bezüglich der Budget-Koordination<br />

wurde vereinbart, dass diese durch die Trägerkooperationen<br />

verantwortet wird. Der Budgetrahmen wurde<br />

retrospektiv unter Zugrundelegung des abgestimmten<br />

Vorjahres-Rechnungsergebnisses ermittelt. Insgesamt<br />

wurden 95 % des Gesamtbudgets in zwei Teilbudgets<br />

(A: fallspezifische und fallübergreifende Leistungen für<br />

laufende und neue Erziehungshilfefälle; B: fallunspezifische<br />

Leistungen) zusammengefasst. Die Auszahlung<br />

der restlichen 5 % des Gesamtbudgets wurde abhängig<br />

gemacht von einem vierteljährlichen, sachgerechten<br />

Kostennachweis (3 %) und von entsprechenden Einzelnachweisen<br />

über die Art und den Umfang der geleisteten<br />

Hilfen (2 %). Weiterhin wurde ein Leistungsbonus<br />

in Höhe von 1 % des Gesamtbudgets vereinbart. Ein<br />

solcher Leistungsbonus ist für die Belohnung „ausweislich<br />

hervorragender Ergebnisse in der Ausführung<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong>leistungen“ vorgesehen. Über die Bonus-Auszahlung<br />

entscheidet vereinbarungsgemäß der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>ausschuss der Stadt Celle. 20<br />

19 Vgl. Hinte, Wolfgang, Kontraktmanagement und Sozialraumbezug.<br />

Zur Finanzierung von vernetzten Diensten, veröffentlicht<br />

unter http://www.uni-essen.de/issab/publikat/kontrakt.htm<br />

(08.<strong>07</strong>.2006).<br />

20 Vgl. Koch, Josef u. a., Mehr Flexibilität, Integration und Sozial-<br />

Ein weiteres Beispiel für die Verbindung von<br />

Kontraktmanagement und Budgetierung und darauf<br />

aufsetzend der Ausschreibung beschreibt das Forschungsprojekt<br />

WANJA (Zentrum für Planung und<br />

Evaluation an der Universität Siegen). Hier wird,<br />

um den Anteil an „Schulbezogenen Hilfen“ in einem<br />

Stadtteil zu erhöhen, ein Bedarfsprofil entwickelt.<br />

Dieses wird hinsichtlich des Zielgruppenbezugs, der<br />

Maßnahmenmerkmale sowie seiner Wirkungsziele<br />

beschrieben und entsprechend budgetiert. Auf Basis<br />

dieser Zielvorgaben erfolgt nun eine Ausschreibung,<br />

welche den Trägern der Freien <strong>Jugendhilfe</strong> die Möglichkeit<br />

gibt, auf das Bedarfsprofil hin entsprechende<br />

Angebotsprofile zu entwickeln und sich als Leistungserbringer<br />

zu bewerben. 21<br />

Folgende Vorteile von Budgets werden in der Fachliteratur<br />

beschrieben:<br />

●● Höhere fachliche und wirtschaftliche Flexibilität<br />

für den Einrichtungsträger<br />

●● Eignet sich zur kurzfristigen Kostendämpfung<br />

●● Verlagert die Verantwortung für die Kostenkontrolle<br />

auf die Leistungserbringer<br />

●● Fach- und Finanzverantwortung liegen in einer<br />

Hand (dezentrale Ressourcenverwaltung)<br />

Als Nachteile werden überwiegend folgende Punkte<br />

genannt:<br />

●● Es besteht die Gefahr der Aushebelung des durch<br />

die §§ 5 und 36 gesetzlich vorgegebenen Wunschund<br />

Wahlrechtes<br />

●● Anreiz zur verfrühten Hilfebeendigung bzw. verfrühten<br />

Verselbständigung<br />

●● Es besteht die Gefahr, dass mit Implementierung<br />

eines Budgets eine Budgetdeckelung aufgrund<br />

eines bestehenden kurzfristigen Konsolidierungsbedarfes<br />

einhergeht. Das führt oftmals zu einer<br />

Nichtberücksichtigung fachlicher Notwendigkeiten<br />

und Implikationen. 22<br />

raumbezug in den erzieherischen Hilfen. Zwischenergebnisse<br />

aus dem Bundesmodellprojekt INTEGRA, 2002, S. 25.<br />

21 Projektgruppe WANJA, Handbuch zum Wirksamkeitsdialog<br />

in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Qualität sichern,<br />

entwickeln und verhandeln, 2000, S. 275.<br />

22 Vgl. Jordan, Erwin, Qualitätsentwicklung und Verwaltungsmodernisierung.<br />

Neue Herausforderungen an die <strong>Jugendhilfe</strong>planung.<br />

In: Jordan, Erwin/Schone, Reinhold (Hg.), Handbuch<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>planung: Grundlagen, Bausteine, Materia-<br />

18 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


●● Ambivalente Wirkung durch Rationierungs- und<br />

Rationalisierungsmöglichkeiten (zurzeit bestehen<br />

in vielen Kommunen trotz individueller Rechtsansprüche<br />

Tendenzen zur Kontingentierung von<br />

Leistungen, dies hat z. B. Limitierungen von stationären<br />

Hilfen oder entsprechende Belegungsstopps<br />

zur Folge).<br />

●● Wenig Spielraum für Innovationen<br />

●● Risiko der Restrisikoübertragung auf den Einrichtungsträger<br />

(was ist, wenn das Budget aufgrund<br />

steigender Hilfebedarfe nicht auskömmlich<br />

ist?)<br />

Bewertung:<br />

Budgets wurden in der Erziehungshilfe bereits in zahlreichen<br />

Regionen und Variationen erprobt. Eine wirkungsorientierte<br />

Anwendung von Budgets scheint vorbehaltlich<br />

einer juristischen Prüfung umsetzbar zu sein. Möglicherweise<br />

stehen die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Bedenken<br />

einer wirkungsorientierten Anwendung im Wege.<br />

Grundsätzlich sollten Budgets in einem auskömmlichen<br />

Umfang (Budgethöhe) zur Verfügung gestellt werden. Finanzielle<br />

Spielräume sollten vorhanden sein. Weiterhin<br />

muss eine klare Zuständigkeitszuordnung erfolgen.<br />

5.3.8 Flexible Budgets<br />

Im Gegensatz zum einfachen Budget weist das flexible<br />

Budget einen anderen Verbindlichkeitsgrad auf.<br />

Unter Zugrundelegung der durch den Einrichtungsträger<br />

vorauskalkulierten Selbstkosten und der prognostizierten<br />

Auslastung wird ein Budget vereinbart.<br />

Das Budget wird i. d. R. nicht in einer Summe sondern<br />

in Form von Abschlagszahlungen bereitgestellt.<br />

Die Höhe der Abschlagszahlungen ergibt sich aus der<br />

Division des Budgets durch die voraussichtlichen Betreuungstage.<br />

Das Budget beinhaltet Anpassungsmechanismen,<br />

welche die absolute Höhe des Budgets im<br />

Zeitablauf beeinflussen.<br />

Im Krankenhausbereich wurden derartige flexible<br />

Budgets bereits mit der Neufassung der Bundespflegesatzverordnung<br />

im Jahre 1985 23 eingeführt. Die<br />

Flexibilität des Budgets kommt durch Anpassungsmechanismen<br />

in Form von Budgetanpassung und Erlösausgleich<br />

zustande.<br />

lien, 2000, S. 341. f.<br />

23 Bundespflegesatzverordnung vom 21.08.1985, BGBl. S. 1666.<br />

Bei einer Abweichung der realen Auslastung von<br />

der prognostizierten Auslastung wurde das Budget<br />

um einen variablen Kostenbestandteil in Höhe von<br />

25 % angeglichen. Begründet wurde die Budgetanpassung<br />

durch eine belegungsbedingte Abweichung der<br />

variablen Kosten von den vorauskalkulierten Kosten.<br />

Darüber hinaus wurde bei positiven Abweichungen<br />

der realen Auslastung von der vorauskalkulierten<br />

Auslastung ein Erlösausgleich fällig. „Da dem Krankenhaus<br />

jedoch wegen der Erhöhung der variablen<br />

Kosten ein um 25 % angepasstes Budget zustand,<br />

mussten nur 75 % der Mehreinnahmen ausgeglichen<br />

werden. 25 % der Mehreinnahmen standen zur Deckung<br />

der durch die Belegung erhöhten Kosten zur<br />

Verfügung. Für den Fall, dass die Belegung unterhalb<br />

der Kalkulation lag, verminderten sich die Einnahmen<br />

aus den Pflegesätzen. Da jedoch aufgrund von Einsparungen<br />

bei den variablen Kosten die Gesamtkosten um<br />

25 % sanken und das Budget in diesem Umfang angepasst<br />

wurde, betrug das tatsächliche Defizit nur 75 %<br />

der Mindereinnahmen. Für diesen Prozentsatz wurde<br />

eine Ausgleichszahlung vorgenommen. Durch diesen<br />

Ausgleich sollte der Anreiz genommen werden, vorhandene<br />

Betten zu belegen um höhere Erlöse zu erzielen.“<br />

24 Die Vereinbarungspartner waren grundsätzlich<br />

an das flexible Budget gebunden. Ein Ausgleich<br />

von Unterdeckungen oder Überschüssen aufgrund<br />

abweichender realer Selbstkosten von den kalkulierten<br />

Selbstkosten war ausgeschlossen. Einnahmeüberschüsse<br />

waren für den Ausgleich von Unterdeckungen<br />

anderer Jahre bzw. für die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit<br />

und Leistungsfähigkeit der Einrichtung<br />

vorgesehen.<br />

Das weiter oben beschriebene Celler Modell ist in<br />

gewisser Weise durch die Kopplung an die regionalen<br />

Sozialstrukturdaten ebenfalls als teilflexibles Modell<br />

anzusehen. Hier wurde vereinbart, dass ab einer<br />

bestimmten, durch Zuzug ausgelösten, Fallzahlerhöhung<br />

das Budget erhöht wird. 25<br />

In Stuttgart wurde ein umfassenderes Sozialraumbudget<br />

mit Nachverhandlungsmöglichkeit erprobt.<br />

Der zuständige öffentliche Träger der <strong>Jugendhilfe</strong> ver-<br />

24 Vgl. Igl, Gerhard, Einführung leistungsgerechter Entgelte bei<br />

der Hilfe in Einrichtungen nach dem Bundessozialhilfegesetz,<br />

1995, S. 28.<br />

25 Vgl. Koch, Josef u. a., a.a.O., S. 29.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 19


einbarte in 10 sozialräumlich orientierten regionalen<br />

Bereichen mit jeweils einem Schwerpunktträger ein<br />

Gesamtbudget, das im Vorfeld ratenweise zur Auszahlung<br />

gebracht wird und das vom Leistungserbringer<br />

zu bewirtschaften ist. Im Rahmen dieses Budgets<br />

sind alle Hilfen zur Erziehung, Eingliederungshilfen<br />

für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfen<br />

für junge Erwachsene und Inobhutnahmen zu<br />

erbringen (Teilbudget A). Als Berechnungsgrundlage<br />

dienen fallbezogene Kosten der Vorperioden. Das<br />

Teilbudget B (6 % vom Teilbudget A) beinhaltet ausschließlich<br />

Anteile für fallunspezifische Tätigkeiten im<br />

Sozialraum. Den individuellen Rechtsansprüchen geschuldet<br />

wurde eine Deckelung des Budgets und eine<br />

leistungsbezogene Kontingentierung ausgeschlossen.<br />

Weiterhin vereinbarte man die Möglichkeit von Budget-Nachverhandlungen,<br />

beispielsweise aufgrund<br />

höherer Fallzahlen. Als Obergrenze für Kostensteigerungen<br />

sollte das Planziel von 2,15 % p. a. nicht überschritten<br />

werden. Im Rahmen des Budgets durch den<br />

Einrichtungsträger erwirtschaftete Überschüsse durften<br />

zweckgebunden beim Träger verbleiben. 26 Weiterhin<br />

wurde über das Gesamtbudget hinaus ein Leistungsbonus<br />

in Höhe von 1 % vereinbart.<br />

Als Vorteile flexibler Budgets gelten:<br />

●● Gute Steuerbarkeit<br />

●● Risikominimierung für den Einrichtungsträger<br />

Dem gegenüber sollten folgende Nachteile berücksichtigt<br />

werden:<br />

●● Gefahr der Bedarfsungerechtigkeit<br />

●● Eingeschränkte Planbarkeit für den öffentlichen<br />

Träger der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

Bewertung:<br />

Ähnlich wie bei den starren Budgets scheint eine wirkungsorientierte<br />

Anwendung vorbehaltlich einer juristischen<br />

Prüfung umsetzbar zu sein. Auch hier sollten Budgets in<br />

einem auskömmlichen Umfang (Budgethöhe) zur Verfügung<br />

gestellt werden. Finanzielle Spielräume sollten vorhanden<br />

sein. Neben einer klaren Zuständigkeitszuordnung<br />

26 Vgl. Weißenstein, Regina, Erfahrungen mit dem Sozialraumbudget<br />

in der <strong>Jugendhilfe</strong>, veröffentlicht unter http://www.<br />

ev-akademie-boll.de/texte/online/doku/400904/Weißenstein.pdf.<br />

(08.<strong>07</strong>.2006).<br />

sollte im Vorfeld eine Einigung über mögliche Anpassungsmechanismen<br />

erfolgen.<br />

5.3.9 Komponentensystem (Modulares Entgelt)<br />

Das Leistungsentgelt enthält mehrere Entgeltkomponenten<br />

(z. B. ein Grundentgelt und eine klientenbezogenes<br />

Entgelt oder eine Unterteilung in Investitions-,<br />

Unterkunfts-, und Maßnahmeentgelt).<br />

Das Finanzierungsmodell für die <strong>Jugendhilfe</strong>stationen<br />

im Landkreis Tübingen beinhaltet ein Komponentensystem,<br />

das zunächst ausschließlich für den Bereich<br />

der ambulanten Hilfen Einzelfallfinanzierungen nach<br />

Fachleistungsstunden u. a. mit einem Budget für unspezifische<br />

Leistungen im Rahmen eines Budgets zur<br />

Sicherung der Infrastruktur (Infrastrukturbudget) in<br />

den jeweiligen Planungsräumen verbindet. Durch die<br />

Differenzierung zwischen fallspezifischen und fallunspezifischen<br />

Leistungen soll sichergestellt werden, dass<br />

unabhängig vom Einzelfall gewollte und für den Sozialraum<br />

notwendige Leistungen des Einrichtungsträgers<br />

(Prävention, Vernetzung) pauschal über die entstehenden<br />

Personalkosten, Sachkosten und Gemeinkosten<br />

abgerechnet werden. Neben der Abrechnung über eine<br />

so genannte „reduzierte“ Fachleistungsstunde für hilfeplangesteuerte<br />

Einzelfallhilfen und Gruppenangebote<br />

wurden zwei Budgets vereinbart: ein Budget zur Sicherung<br />

der Infrastruktur (Sachkosten, Gemeinkosten,<br />

Qualitätsentwicklung) inklusive einer Pauschalfinanzierung<br />

für fallübergreifende Leistungen und ein zweites<br />

Budget für Aktivitäten im Gemeinwesen. Durch dieses<br />

dreiteilige Komponentensystem wird gewährleistet,<br />

dass die individuellen Rechtsansprüche auf Hilfen zur<br />

Erziehung im Vordergrund stehen, sozialräumliche Indikatoren<br />

berücksichtigt werden und nicht die Gefahr<br />

besteht, dass ein vorhandenes Budget durch Deckelung<br />

gesteuert wird. Das Tübinger Finanzierungsmodell beinhaltet<br />

für beide Vereinbarungspartner einen hohen<br />

Grad an Planungssicherheit. Durch die Festlegung des<br />

Budgets zur Sicherung der Infrastruktur besteht zudem<br />

die Möglichkeit einer mittelfristigen Steuer- und<br />

Planbarkeit. 27<br />

In der Hauptsache findet man in der Fachliteratur folgende<br />

Vorteile modularer Entgeltsysteme:<br />

27 Vgl. Hamberger, Matthias, Abschlussbericht Bundesmodellprojekt<br />

INTEGRA im Landkreis Tübingen, 2003, S. 60 f.<br />

20 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


●● Differenzierung zwischen Basiskosten und klientenbezogenem<br />

Entgelt<br />

●● Hohe Vergleichbarkeit<br />

●● Planbarkeit<br />

Als wesentlicher Nachteil wird der hohe Kommunikations-<br />

und Vereinbarungsaufwand genannt.<br />

Bewertung:<br />

Auch ein modulares Entgeltsystem könnte im Rahmen von<br />

Wirkungsorientierung z. B. als Basis eines wirkungsorientierten<br />

Leistungsentgeltsystems genutzt werden. Bei meiner<br />

Prüfung ist mir – wie bei den anderen oben beschriebenen<br />

Leistungsentgeltformen auch – kein einziger negativer Punkt<br />

aufgefallen, der eine wirkungsorientierte und zugleich effiziente<br />

Hilfe zur Erziehung negativ beeinflussen könnte.<br />

5.3.10 Fallpauschalen<br />

Im Gegensatz zu zeitraumbezogenen Entgeltformen<br />

(z. B. tagesgleiche Entgeltsätze) beinhalten Fallpauschalen<br />

ausschließlich die Vergütung von Leistungen<br />

pro Fall. Sie können sowohl diagnosebezogen als auch<br />

maßnahmebezogen Anwendung finden.<br />

Fallpauschalen spielen in der aktuellen fachlichen<br />

und fachpolitischen Debatte eine große Rolle. Der<br />

Umbau des deutschen Gesundheitssystems schlägt<br />

zurzeit hohe Wellen.<br />

Seit 2003 finden Fallpauschalen im deutschen Gesundheitssystem<br />

Anwendung:<br />

Diagnosebezogene Fallgruppen (Diagnosis Related<br />

Groups = DRGs) sind die Basis des neuen<br />

Entgeltsystems in den Akutkrankenhäusern. Im<br />

DRG-System bezahlen die Kostenträger für jeden<br />

Behandlungsfall einen Pauschalpreis, der alle<br />

Leistungen einschließt. Dazu werden die Patienten<br />

anhand bestimmter Kriterien (die wichtigsten:<br />

Hauptdiagnose, Nebendiagnose, Komplikationen,<br />

Prozeduren, Operationen) nach möglichst homogenen<br />

Fallgruppen klassifiziert. Die Vergütung<br />

dieser DRGs soll leistungsgerecht und ressourcenbezogen<br />

erfolgen. Dazu werden zunächst von<br />

möglichst vielen Krankenhäusern die Kosten aller<br />

Behandlungsfälle gesammelt. Aus diesen Daten<br />

lassen sich dann durchschnittliche Fallkosten ermitteln.<br />

Danach werden nach der DRG-Gruppierung<br />

die durchschnittlichen Kosten für alle Fälle in<br />

einer DRG ermittelt. Der Quotient „Kosten DRG/<br />

Durchschnittskosten gesamt“ ergibt das Kostenoder<br />

Relativgewicht, das ausdrückt, um wie viel<br />

mehr oder weniger Kosten in dieser DRG gegenüber<br />

dem Durchschnitt der Grundgesamtheit angefallen<br />

sind. Der Pauschalpreis einer DRG ergibt<br />

sich dann aus einem Basisfallwert, multipliziert<br />

mit dem jeweiligen Kostengewicht. Der „Case-<br />

Mix“ ist die Summe aller Kostengewichte aller in<br />

einem Jahr in einem Krankenhaus behandelten<br />

Patienten und beschreibt somit das Leistungsvolumen<br />

eines Krankenhauses. Eine Maßzahl für den<br />

mittleren Schweregrad der behandelten Fälle eines<br />

Krankenhauses ist der „Case-Mix-Index“. Er berechnet<br />

sich durch Division des Case-Mix durch<br />

die Fallzahl. Die verpflichtende DRG-Einführung<br />

für alle Krankenhäuser (mit Ausnahme psychiatrischer<br />

Kliniken) erfolgte zum 1. Januar 2004. Die<br />

Einführungsphase (2003-2004) ist budgetneutral.<br />

Von 2005 bis Ende 20<strong>07</strong> (geplant) schließt sich die<br />

so genannte Konvergenzphase an. Dabei wird die<br />

krankenhausspezifische Vergütungshöhe schrittweise<br />

an ein landesweites Vergütungsniveau angepasst,<br />

und die Budgets werden abgeschafft.“ 28<br />

In aller Vorsicht sind folgende Vorteile von Fallpauschalen<br />

zu nennen:<br />

●● Hohe Flexibilität für den Einrichtungsträger<br />

●● Ein Mindestmaß an Planbarkeit ist gegeben<br />

Als Nachteile von Fallpauschalen werden oftmals genannt:<br />

●● Gefahr der Risikoselektion beim Einrichtungsträger<br />

●● Auf Seite des Leistungserbringers entsteht ein Anreiz,<br />

Vorhaltekosten für aufwendigere Leistungen<br />

abzubauen. Dies führt zu einer „Verarmung“ des<br />

Leistungsangebotes<br />

●● Gleichbehandlung von Ungleichem<br />

●● Bei Nichtberücksichtigung der Entstehungskosten<br />

besteht die Gefahr, dass Kinder- und Jugendliche<br />

wegen mangelndem finanziellen Anreiz benachteiligt<br />

werden<br />

28 Flintrop, Jens, DRGs. In: Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 41<br />

vom 08.10.2004, Seite A-2772/B-2348/C-224<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 21


●● Gefahr einer offenen bzw. versteckten Deckelung<br />

(Zurzeit besteht im Krankenhausbereich erhebliches<br />

Konfliktpotenzial aufgrund anstehender<br />

pauschaler Kürzungen des Budgets für Fallpauschalen)<br />

Bewertung:<br />

Für eine Bewertung bezüglich einer möglichen Verwendung<br />

von wirkungsorientierten Fallpauschalen in Form und Umfang<br />

der oben beschriebenen DRGs ist es eindeutig noch zu<br />

früh. Die Verwendung von einigen wenigen diagnosebezogenen<br />

Fallgruppen als Grundstock eines wirkungsorientierten<br />

Leistungsentgeltsystems erscheint mir aber durchaus<br />

denkbar zu sein.<br />

6 Anreizsysteme im Rahmen<br />

von Wirkungsorientierung<br />

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend (BMFSFJ) hat im Rahmen des Modellprogramms<br />

zur wirkungsorientierten Qualifizierung<br />

erzieherischer Hilfen zu erkennen gegeben, dass im<br />

Rahmen des Projektes Anreizsysteme erprobt werden<br />

sollen.<br />

Ich greife zwei Begriffsdefinitionen aus der aktuellen<br />

Fachliteratur heraus:<br />

„Der Begriff Anreizsystem bezeichnet ganz allgemein<br />

die Gesamtheit der von einem Individuum oder<br />

von einer Gruppe gewährten materiellen und immateriellen<br />

Zahlungen, die für den Empfänger einen subjektiven<br />

Wert (Anreizwert, Befriedigungswert, Valenz,<br />

Nutzen) besitzen.“ 29<br />

„Anreizsysteme sind Mechanismen, die Betroffene<br />

und Akteure dazu veranlassen, wirkungsorientiert zu<br />

handeln“. 30<br />

Im Rahmen von Wirkungsorientierung verfolgen<br />

Anreizsysteme drei gleichrangige Ziele: Motivation,<br />

Risikotransfer und Steuerung wirkungsorientierten<br />

Verhaltens. Anreizsysteme können trägerorientiert<br />

oder trägergruppenorientiert gestaltet werden. Es geht<br />

um eine Ausrichtung aller am Hilfeprozess beteiligten<br />

auf eine klare Wirkungsorientierung.<br />

In der freien Wirtschaft werden angesichts des zunehmenden<br />

Innovations- und Kostenwettbewerbs bereits<br />

seit vielen Jahren Anreizsysteme eingesetzt. Sie<br />

sollen die eigene Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />

erhöhen. Die Erfolgsbeteiligung (Beteiligung der<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmenserfolg)<br />

ist mittlerweile eine weit verbreitete Methode.<br />

Auch in der Sozialwirtschaft finden Erfolgsbeteiligungsmodelle<br />

und leistungsorientierte Vergütungsmodelle<br />

zunehmend Anwendung.<br />

In Anlehnung an Rinker 31 unterscheide ich folgende<br />

Gestaltungselemente von Anreizsystemen:<br />

●● Adresssatenkreis<br />

●● Wirkungsbemessungsgrundlagen und – Beurteilungsverfahren<br />

●● Anreizinstrumente und deren Anwendung<br />

●● Verknüpfung von Wirkung und Belohnung<br />

6.1 Adressatenkreis<br />

Zwischen den Vereinbarungspartnern ist zu klären,<br />

an wen sich die Anreize zur Erzielung von Wirkungen<br />

richten sollen. Im Bereich der <strong>Jugendhilfe</strong> kämen<br />

alle Stakeholder als Adressatenkreis infrage. Merchel<br />

32 nennt als mögliche Einflussnehmer auf die Qualität<br />

von <strong>Jugendhilfe</strong>leistungen folgende Interessenträger:<br />

●● Kind/Jugendlicher<br />

●● Personensorgeberechtigte (Familie)<br />

●● Träger der freien <strong>Jugendhilfe</strong><br />

●● Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (pädagogische<br />

Fachkräfte der Einrichtung)<br />

●● Allgemeine Öffentlichkeit<br />

29 Ackermann, Karl Friedrich, Anreizsysteme. In: Grochla, Erwin/Wittmann,<br />

Waldemar (Hg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft,<br />

1974, S. 156.<br />

30 Lehmann, Knut/Schneider, Gerd, Bausteine von Anreizsystemen<br />

und Voraussetzungen zur Einführung. In: Schröder, Jan<br />

(Hg.), Anreizsysteme in der sozialen Arbeit – ein Weg zur Wirkungsorientierung?,<br />

2001, S. 42.<br />

31 Rinker, Andreas, Anreizsysteme in Kreditinstituten. Gestaltungsprinzipien<br />

und Steuerungsimpulse aus Controllingsicht,<br />

1997.<br />

32 Vgl. Merchel, Joachim, Zwischen Effizienzsteigerung, Mitarbeiterentwicklung<br />

und Technokratisierung: Zum sozialpolitischen<br />

und fachpolitischen Kontext der Qualitätsdebatte in<br />

der <strong>Jugendhilfe</strong>. In: Joachim Merchel (Hg.), a.a.O., S. 28<br />

22 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

●●<br />

Evtl. überörtliche Träger der öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong><br />

Jugendamtsverwaltung/Sozialverwaltung<br />

Konkurrierende Einrichtungen<br />

Politiker/Parteien<br />

Evtl. Sponsoren oder andere Geldgeber<br />

ständigen. Grundsätzlich können drei Grundkomponenten<br />

in gleicher oder unterschiedlicher Gewichtung<br />

als Grundlage dienen:<br />

●● Anstrengungen des Einrichtungsträgers<br />

●● Leistung des Einrichtungsträgers<br />

●● Erfolg bzw. erzielte Wirkungen<br />

Auch wenn in Vereinbarungen anwendbarer Anreizsysteme<br />

zunächst der Träger der freien <strong>Jugendhilfe</strong> im<br />

Vordergrund stehen wird, könnte es durchaus sinnvoll<br />

sein, andere Partizipanten des Systems mit zu berücksichtigen.<br />

Warum sollten nicht auch die Mitarbeiter<br />

und Mitarbeiterinnen des ASD oder die Familie des<br />

Hilfeempfängers in ein <strong>Wirkungsorientierte</strong>s Anreizsystem<br />

integriert werden?<br />

Letztendlich sind intendierte Wirkungen beim Hilfeempfänger<br />

auch abhängig vom Selbstverständnis und<br />

der Leistungsbereitschaft bzw. Leistungsfähigkeit des<br />

Jugendamtes, insbesondere seiner Mitarbeitenden.<br />

Folgende Grundhaltungen und Aktivitäten des Jugendamtes<br />

haben beispielsweise direkten bzw. indirekten<br />

Einfluss auf intendierte Wirkungen 33 :<br />

●● Personal-Qualifikationen<br />

●● Berücksichtigung von und Einmischung in benachbarte<br />

Politikfelder, entsprechend dem Auftrag<br />

der Verbesserung der Lebensverhältnisse benachteiligter<br />

Bevölkerungsgruppen,<br />

●● Beteiligungsorientierte <strong>Jugendhilfe</strong>planung<br />

●● Kooperations- und Konfliktkultur<br />

●● Fachliches Controlling zur Überprüfung der in der<br />

Hilfeplanung festgelegten Ziele<br />

●● Modernes Finanzcontrolling<br />

6.2 Wirkungsbemessungsgrundlagen<br />

und Wirkungsbeurteilungsverfahren<br />

Die Wirkungsmessung lässt sich in zwei Teilaspekte<br />

unterteilen, die Wirkungsbemessungsgrundlagen und<br />

das Wirkungsbeurteilungsverfahren.<br />

Die Vereinbarungspartner sollten sich zunächst auf<br />

einige wenige Wirkungsbemessungsgrundlagen ver-<br />

33 Vgl. Ketschau, Marcus, a.a.O., S. 69 f.<br />

Stehen die Grundkomponenten und deren Wertigkeit<br />

in einem wirkungsorientierten Vergütungs- und<br />

Wirkungsbewertungssystem fest, so kommen unterschiedliche<br />

Wirkungsbeurteilungsverfahren in Frage.<br />

Zu unterscheiden ist hierbei zwischen merkmalsorientierten<br />

Verfahren und aufgaben- und zielorientierten<br />

Verfahren.<br />

Merkmalsorientierte Verfahren erfassen wirkungsrelevante<br />

(Träger- bzw. Konzeptions-) Eigenschaften<br />

mittels bestimmter standardisierter Merkmalskataloge.<br />

Aufgaben- und zielorientierte Verfahren orientieren<br />

sich ausschließlich an den intendierten und vereinbarten<br />

Wirkungszielen. Eine zu hohe Komplexität<br />

und eine fehlende Nachvollziehbarkeit können das<br />

System gefährden.<br />

Für eine sinnvolle Wirkungsmessung sind darüber<br />

hinaus eine Differenzierung der Wirkungskriterien,<br />

z. B. nach Hilfe- oder Adressatenbereichen, die Erhebung<br />

und Bereitstellung der erforderlichen Kennzahlen<br />

und die Verständigung auf ein geeignetes Controlling-System<br />

erforderlich.<br />

Zur Übersetzung der festgestellten Wirkungen in<br />

monetäre Größenordnungen bzw. zur Einstufung von<br />

Wirkungsqualitäten- bzw. Wirkungsausprägungen<br />

eignen sich u.a. Zielwertsysteme und Punktwertsysteme.<br />

Zielwertsysteme können eindimensional oder<br />

mehrdimensional gestaltet werden. Im Rahmen von<br />

eindimensionalen Zielwertsystemen entsprechen erreichte<br />

Wirkungszielwerte z. B. einem Punktwert als<br />

Teil eines Gesamtpunktbudgets (Punktzahl z. B. 1<br />

Punkt von 100 Punkten). Den Punktwerten wird dann<br />

ein entsprechender monetärer Gegenwert zugeordnet<br />

(entspricht x EUR).<br />

Das ISS Frankfurt a. M. hat im sog. Mainzer Modell<br />

für den integrierten Beratungsstellenbereich (Ehe-, Familien-,<br />

Lebens- und Erziehungsberatung) ein Finanzierungssystem<br />

entwickelt, das ein komplexes, mehrdimensionales<br />

Punktwertsystem beinhaltet. Im Projektverlauf<br />

wurden zunächst Indikatoren erarbeitet,<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 23


die als Grundlage für finanzielle Zuschüsse dienen.<br />

Das Finanzierungssystem basiert auf der Grundsatzentscheidung,<br />

dass eine finanzielle Planungssicherheit<br />

für die Träger und durch Festlegung der Höhe des<br />

Finanzbudgets ein stabiler Finanzierungsrahmen (finanzielle<br />

Neutralität) gewährleistet sein muss. Hinzu<br />

kommt eine Wettbewerbskomponente (Wettbewerb<br />

der Besten). Je besser die Arbeit einer Beratungsstelle<br />

bewertet wird, um so höher soll der finanzielle Zuschuss<br />

ausfallen. Daraus resultiert ein entsprechender<br />

Wettbewerb zwischen den Beratungsstellen. Das festgelegte<br />

Budget wurde in ein Fixkostenbudget (80 %)<br />

und ein leistungsabhängiges, wirkungsorientiertes<br />

Budget (20 %) unterteilt. Die maximal zu erreichende<br />

Punktzahl, die ein Einrichtungsträger erreichen kann<br />

ist abhängig von der Qualität der Leistungen in bestimmten<br />

Bereichen. So wurden beispielsweise für<br />

den Bereich der Erziehungsberatung folgende Bewertungskriterien<br />

festgelegt 34 :<br />

●● Anteil der durch den ASD vermittelten Beratungsfälle,<br />

bei denen die Adressaten den Beratungsprozess<br />

aufgenommen haben<br />

●● Anteil der Beratungsfälle mit der Indikation „Kindeswohlgefährdung“,<br />

bei denen ein Erstgespräch<br />

innerhalb 48 Stunden erfolgt ist<br />

●● Anteil der langfristigen Beratungsfälle, bei denen<br />

mindestens ein Kontakt zu mindestens 3 Zeittakten<br />

in der Lebenswelt des Kindes stattgefunden hat.<br />

Je bewerteten Anteil erhält der Anbieter in diesem Modell<br />

eine entsprechende Punktzahl. Bessere Leistungen<br />

führen zu einem höheren Finanzierungsanteil.<br />

Bewertung:<br />

Bei der Vereinbarung von wirkungsorientierten Entgeltsystemen<br />

sollten in jedem Fall mehrdeutige Wirkungsziele<br />

vermieden werden. Weiterhin sollten keine Ziele vereinbart<br />

werden, die mehrere Einzelziele beinhalten. Vielmehr sollten<br />

angestrebt werden:<br />

●● Klar definierte, eindeutig interpretierbare Wirkungsziele<br />

●● Quantifizierbare Wirkungsziele<br />

●● Realistische, vom Einrichtungsträger realisierbare Wirkungsziele<br />

34 Vgl. Puhl, Achim, Wirkungsorientierung in Leistungsvereinbarungen<br />

– Mainz geht neue Wege. In: Maelicke, Bernd (Hg.),<br />

a.a.O., S. 186 ff.<br />

●● Einfach zu überprüfende Wirkungsziele<br />

●● Ein für alle Beteiligte verständliches Verfahren<br />

6.3 Anreizinstrumente und deren<br />

Anwendung<br />

Wenn sich die Vereinbarungspartner auf einen entsprechenden<br />

Adressatenkreis (Anreiz-Zielgruppe)<br />

und auf praktikable Wirkungsbemessungs- und beurteilungsverfahren<br />

verständigen konnten, sollte als<br />

nächstes eine Einigung über die notwendigen Anreizinstrumente<br />

erfolgen.<br />

Anreizinstrumente können sowohl materielle als auch<br />

immaterielle Anreize enthalten:<br />

Beispiele für materielle Anreize:<br />

●● Auskömmliche Refinanzierung für den Einrichtungsträger<br />

●● Erfolgsbeteiligung für Mitarbeiterschaft (Pädagogik<br />

u. Verwaltung)<br />

●● Planungssicherheit aufgrund langfristiger, dynamischer<br />

Verträge<br />

●● Wirkungsprämien (Bonuszahlungen)<br />

●● Sonstige monetäre Anreize<br />

●● Sachprämien (z. B. Studienreisen, Events)<br />

●● Bereitstellung von Anlagegütern (z. B. Kfz)<br />

●● Persönliche Budgets für Hilfeempfänger und Sorgeberechtigte<br />

Beispiele für immaterielle Anreize:<br />

●● Einbeziehung von pädagogischen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern in Fachprojekte<br />

●● Ermöglichung einer präventiven, anspruchsvollen<br />

Arbeit<br />

●● Anerkennung in der (Fach)-Öffentlichkeit<br />

Eine Verknüpfung von materiellen und immateriellen<br />

Anreizen ist grundsätzlich empfehlenswert.<br />

Im Folgenden werden in der Praxis bereits etablierte<br />

Anreizsysteme bzw. Erfolgsbeteiligungsmodelle<br />

vorgestellt und deren Einsatzmöglichkeiten im Rahmen<br />

von wirkungsorientierter Qualifizierung erzieherischer<br />

Hilfen geprüft.<br />

24 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


6.3.1 Bonus-Systeme<br />

Grundsätzlich sind Bonus-Systeme durch im Voraus<br />

festgelegte Mess- und Bezugsgrößen definiert. Zwischen<br />

dem ausgezahlten Bonus und den Bezugsgrößen<br />

bestehen im Vorfeld festgelegte Zusammenhänge.<br />

Bonussysteme beziehen sich in den meisten Fällen auf<br />

jährliche (Erfolgs)-Werte, die in der Vergangenheit liegen.<br />

Im Folgenden sollen unterschiedliche Bonus-Modelle<br />

vorgestellt und bewertet werden.<br />

6.3.1.1 Bonus-Malus-System<br />

Das Bonus-Malus-System ist ein verursacherorientiertes<br />

Prämiensystem. Über finanziell positive sowie finanziell<br />

negative Anreize sollen Verhaltens- bzw. Leistungsveränderungen<br />

erzielt werden.<br />

Grundsätzlich sind Bonus-Systeme durch im Voraus<br />

festgelegte Mess- und Bezugsgrößen definiert.<br />

Zwischen dem ausgezahlten Bonus und einem einzubehaltenen<br />

Malus bestehen im Vorfeld festgelegte<br />

Zusammenhänge. Bonussysteme beziehen sich meist<br />

auf jährliche (Erfolgs)-Werte, die in der Vergangenheit<br />

liegen.<br />

Zwischen Öffentlichem und Freien Träger der <strong>Jugendhilfe</strong><br />

werden z. B. Bonus-Malus-gekoppelte Zielvereinbarungen<br />

abgeschlossen. Bonus heißt Zuschlag<br />

und Malus heißt Abschlag. Werden die Zielvereinbarungen<br />

nicht erfüllt, kann der Öffentliche Träger der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> vom Einrichtungsträger einen finanziellen<br />

Ausgleich (Malus) fordern. Werden die Zielvereinbarungen<br />

überdurchschnittlich erfüllt, erhält der Einrichtungsträger<br />

einen Bonus.<br />

Formen von Bonus-Malus-Systemen in Anlehnung an<br />

Müller 35 sind:<br />

Extrem-Modell:<br />

Das gesamte Entgelt ist wirkungsabhängig und wird<br />

in Höhe des Wirkungserreichungsgrades ausgezahlt.<br />

Bei 100 % Wirkungserreichung werden 100 % und bei<br />

0 % Wirkungserreichung werden 0 % ausgezahlt.<br />

35 Vgl. Müller, Hardy, Ergebnisorientierte Vergütung medizinischer<br />

Leistungen: „Geld folgt Leistung“. In: Schröder, Jan<br />

(Hg.): Anreizsysteme in der sozialen Arbeit – ein Weg zur Wirkungsorientierung?,<br />

2001, S. 87.<br />

Paritäts-Modell:<br />

Das Entgelt beinhaltet eine Bonus-Malus-<strong>Band</strong>breite<br />

von 50 % und ein Grundentgelt in Höhe von 50 %. Bei<br />

0 % Wirkungserreichung werden nur das Grundentgelt<br />

ausgezahlt. Bei einem Wirkungserreichungsgrad<br />

zwischen 50 % und 100 % wird analog zum Wirkungserreichungsgrad<br />

ein Bonus (maximal 50 %) gezahlt.<br />

Misch-Form:<br />

Eine maximale Bonus-Malus-<strong>Band</strong>breite wird vereinbart<br />

(z. B. + 20 %/- 20 %). Im Falle der Wirkungserzielung<br />

wird ein Bonus, im Falle der Nichterfüllung ein<br />

Malus gezahlt.<br />

Sanktions-Modell:<br />

Ausgehend von einer vereinbarten Entgelthöhe erfolgt<br />

bei Nichterreichen der vereinbarten Wirkung ein<br />

prozentualer Abschlag.<br />

Ein Bonus-Malus-System wird beispielsweise im<br />

Rahmen des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz<br />

(AVWG) praktiziert, das zum 01.05.2006<br />

in Kraft getreten ist. Die Bonus-Malus-Regelung ist in<br />

diesem Fall eine im Sozialgesetzbuch V verankerte Regelung<br />

zur Kontrolle der Arzneimittelausgaben in der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung (die Vertragsärzte<br />

betrifft) um Ausgabensteigerungen im Bereich der<br />

Arzneimittelausgaben einzugrenzen. Durch Zielvereinbarungen<br />

soll vermieden werden, dass ohne medizinischen<br />

Grund teure Arzneimittel anstelle von langjährig<br />

bewährten und preisgünstigen Medikamenten<br />

eingesetzt werden.<br />

„Werden die Zielvereinbarungen überschritten,<br />

können die Krankenkassen vom Arzt einen finanziellen<br />

Ausgleich (Malus) verlangen. Bei mehr als 10 Prozent<br />

und bis zu 20 Prozent Überschreitung zahlt der<br />

Arzt 20 Prozent der Mehrkosten zurück, bei mehr als<br />

20 Prozent Überschreitung und bis zu 30 Prozent zahlt<br />

der Arzt 30 Prozent der Mehrkosten und bei noch höheren<br />

Überschreitungen 50 Prozent der Mehrkosten.<br />

Wenn die Ärzteschaft preisgünstiger verordnet, erhalten<br />

die Kassenärztlichen Vereinigungen, in denen<br />

preisgünstig verordnet worden ist, einen Bonus. Die<br />

Ausschüttung des Bonus erfolgt an die Kassenärztliche<br />

Vereinigung, so dass Missbrauch seitens der Ärzteschaft<br />

kontrolliert bzw. vermieden wird. Der Arzt ist<br />

also angehalten, auf die Preiswürdigkeit der von ihm<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 25


verordneten Arzneimittel zu achten. Dabei soll er sich<br />

an den Durchschnittskosten pro Tagesdosis orientieren.“<br />

36<br />

Im Bereich der Versicherungswirtschaft finden<br />

ähnliche Bonus-Malus-Systeme seit Jahrzehnten, z. B.<br />

im Bereich der KFZ-Haftpflichtversicherungen, Anwendung.<br />

Ziel ist, aus Sicht des Versicherers zu bezahlende<br />

Schäden zu reduzieren. Muss die Versicherung<br />

einen Schaden begleichen, so erhöht sich die<br />

Versicherungsprämie für den Versicherten. Bleibt der<br />

Versicherte aber eine gewisse Zeit unfallfrei und damit<br />

die Versicherung zahlungsfrei, so wird die Prämie<br />

reduziert.<br />

Als Vorteile von Bonus-Malus-Systemen gelten:<br />

●● Leistungsanreize durch Bonus-Gewährung im Erfolgsfall<br />

Dem gegenüber werden folgende Nachteile genannt:<br />

Demotivation bei nicht erzielten Wirkungen<br />

●● Hoher Vereinbarungsaufwand, da Einrichtungsträger<br />

aus Existenzabsicherungsgründen<br />

●● Malus-Vereinbarungen nur begrenzt akzeptieren<br />

können. Grundsätzlich stellt sich die Frage, wie<br />

viel Prozent des Entgeltes vom Wirkungserfolg<br />

abhängig gemacht werden können, damit im Falle<br />

einer Wirkungszielverfehlung nicht die Existenz<br />

der Einrichtung gefährdet ist.<br />

●● Es besteht die Gefahr, dass Leistungsentgelte aufgrund<br />

finanzieller Vorgaben nach unten hin flexibilisiert<br />

werden.<br />

Bewertung:<br />

Die Frage von Bonus-Malus-Regelungen ist eine zentrale<br />

Frage. Vor- und Nachteile von Bonus-Malus-Systemen im<br />

Rahmen von Wirkungsorientierung lassen sich m. E. nur<br />

vorläufig bestimmen. Stichhaltig ist die Einschätzung von<br />

Merchel 37 : „Bonus-Malus-Regelungen sind nur anwendbar<br />

bei eindeutig konstatierbaren Ergebnissen (Schulabschluss,<br />

Legalbewährung, Anzahl der Vermittlung in Pflegefami-<br />

36 http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/bonus_malus_system.html.<br />

(08.<strong>07</strong>.2006).<br />

37 Merchel, Joachim, Zur wirkungsorientierten Gestaltung von<br />

Vereinbarungen nach § 78 a. ff.. In: Schröder, Jan (Hg.): <strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Gestaltung von Qualitätsentwicklungs-,<br />

Leistungs- und Entgeltvereinbarungen nach §78a ff.“; Expertengespräch,<br />

Dokumentation Bonn, 2002, S. 19.<br />

lien etc.). Damit fallen wichtige Wirkungsaspekte weg und<br />

es bestehen Schwierigkeiten, die Ergebnisse in ihrer Zeitdimension<br />

zu betrachten (Kurz- und Langfristigkeit von<br />

Wirkungen). Letztlich negieren Bonus-Malus-Regelungen<br />

die koproduktive und komplexe Struktur der Leistungserstellung.<br />

Dies erzeugt die Gefahr, dass Einrichtungen zu<br />

einseitigen Wirkungsdimensionierungen Zuflucht nehmen<br />

(„Schulabschluss über alles“), und es werden Abhängigkeitsverhältnisse<br />

der Einrichtungen vom Jugendamt erzeugt,<br />

die Risiken und Legitimationsprobleme einseitig beim<br />

Einrichtungsträger belassen und damit kooperative Bezüge<br />

erschweren.“<br />

Im Rahmen von wirkungsorientierten Anreizsystemen in<br />

der Erziehungshilfe könnten zum Beispiel sog. Rating-<br />

Systeme eine praktikable Lösung sein. Die Wirkungsqualität<br />

einer Einrichtung wird dann an ihren Ergebnissen<br />

und Wirkungen gemessen und klassifiziert. Sie orientiert<br />

sich nicht mehr an der Leistungsmenge. Ähnliche Systeme<br />

findet man bei Hotelklassifizierungen, Gastronomieführern<br />

oder Testberichten. Ein gutes Rating aufgrund erreichter<br />

Ziele und Wirkungen hätte u. U. positive Auswirkungen<br />

auf die zukünftige Belegung einer Einrichtung oder eines<br />

Dienstes. Ein schlechtes Abschneiden wäre im Sinne eines<br />

Malus zu verstehen.<br />

6.3.1.2 Bonus-System (Leistungsbonussystem)<br />

Das Bonus-System verzichtet vollständig auf negative<br />

Anreize und setzt ausschließlich auf einen Bonus als<br />

positiven Leistungsanreiz.<br />

Bevor man von einem „echten“ Bonus-System<br />

sprechen kann, ist im Vorfeld der Vereinbarung ein<br />

Nachweis erforderlich, um das Bonus-System von<br />

einem System abgrenzen zu können, das misstrauensbasiert<br />

einen Malus vorwegnimmt. Es sollte dargelegt<br />

und vereinbart werden, dass die Refinanzierung der<br />

erzieherischen Hilfe – der Höhe nach – nicht vorab<br />

mit einem sog. Misstrauensabschlag versehen worden<br />

ist. D. h. ein echter Bonus sollte immer auf bestehende<br />

Leistungsentgelte bzw. Budgethöhen aufsetzen.<br />

In der erwerbsorientierten Wirtschaft ist die Steuerung<br />

durch Bonifizierung bestimmter Produkte oder<br />

Produktgruppen üblich. Bonusanteile werden entsprechend<br />

der Zielvereinbarungen unterschiedlich gewichtet<br />

auf Produktgruppen verteilt. Dieses Verfahren<br />

bezeichnet man als Bonussplitting. Ein weiteres gebräuchliches<br />

Verfahren ist die Faktorenregelung. Hier<br />

werden einzelnen Produkten aufgrund ihrer vorher<br />

26 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


festgelegten Wertigkeiten und aufgrund ihrer Bedeutung<br />

zuvor vereinbarte Faktoren zugeordnet. Diese<br />

Faktoren werden dann mit dem Umsatz multipliziert<br />

um die Bonusanteile zu errechnen.<br />

Bonussysteme in der Erziehungshilfe können sich<br />

auf einen oder auf mehrere Träger, z. B. in einem Stadtteil,<br />

beziehen und auch Wettbewerbscharakter haben.<br />

(Sportlicher Aspekt; Wer hat aus Adressatensicht bzw.<br />

Kundensicht und hinsichtlich der vereinbarten Wirkungsziele<br />

die besten Ergebnisse vorzuweisen?).<br />

Im Rahmen von Wirkungsorientierung ist die Berücksichtigung<br />

der zeitlichen Dimension erforderlich.<br />

Diesbezüglich empfiehlt sich folgende Unterteilung:<br />

●● Grundentgelt<br />

●● Short Term – Bonus (kurzfristig)<br />

●● Long Term – Bonus (langfristig)<br />

Das Grundentgelt könnte als Basisentgelt zur Grundabsicherung<br />

und zur Risikominimierung beim Einrichtungsträger<br />

dienen. Auf der Seite des öffentlichen<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>trägers werden <strong>Jugendhilfe</strong>kosten durch<br />

Festlegung von Grundentgelten relativ planbar. Im<br />

Bereich der personalintensiven und personenbezogenen<br />

Leistungen der Erziehungshilfe (der Jahresbruttopersonalkostenanteil<br />

liegt im Durchschnitt bei 80 %)<br />

sollte das Grundentgelt diesen Anteil von 80 % nicht<br />

unterschreiten. Neben der Festlegung eines Grundentgeltes<br />

sollte ein zeitliches Bonus-Splitting erfolgen.<br />

Ein Short-Term-Bonus könnte sich z. B. auf die Bereiche<br />

der Struktur- und Prozessqualität oder auf vereinbarte<br />

Leistungen beziehen. Ein Long Term – Bonus<br />

eignet sich grundsätzlich als wirkungsorientierte Bonus-Komponente,<br />

z. B. nach Beendigung der erzieherischen<br />

Hilfe und der vereinbarten Wirkungsbeurteilung.<br />

Die Gmündner Ersatzkasse vereinbart z. B. im Bereich<br />

der Proktologie eine dreijährige Garantie als sog.<br />

Long Term Bonus. Diese Garantie umfasst eine Behandlungsfreiheit<br />

des Patienten nach der Operation<br />

und die Zufriedenheit beim Patienten mit den jeweiligen<br />

Leistungs-erbringern. Nach Ablauf der Garantiezeit<br />

und nach Vorlage eines entsprechenden Nachweises<br />

durch den Leistungserbringer wird der Garantiebetrag<br />

als zusätzliche Erfolgskomponente ausgezahlt.<br />

In der Hansestadt Rostock wurde vereinbart, dass<br />

erst gegen Ende der Laufzeit der Wirkungsvereinbarung<br />

überprüft werden soll, ob die Einführung eines<br />

Bonus-Systems sinnvoll ist oder nicht. 38<br />

Als Vorteile von reinen Bonussystemen sind in der<br />

Fachliteratur zu finden:<br />

●● Positive Leistungs- und Wirkungsanreize<br />

●● Leistungsanreize durch Bonus-Gewährung im Erfolgsfall<br />

●● Kurzfristige Kostendämpfung bei einem Bonus-<br />

Splitting durch zeitlich „nach hinten“ verlagerte<br />

Bonus-Zahlungen<br />

Dem gegenüber stehen folgende Nachteile:<br />

●● Hoher Vereinbarungsaufwand, auch hier stellt sich<br />

die Frage, wie viel Prozent des Entgeltes vom Wirkungserfolg<br />

abhängig gemacht werden können,<br />

damit im Falle einer Wirkungszielverfehlung nicht<br />

die Existenz der Einrichtung gefährdet ist.<br />

Bewertung:<br />

Ob die Anwendung von reinen Leistungsbonussystemen<br />

im Rahmen von wirkungsorientierter Erziehungshilfe sinnvoll<br />

ist kann noch nicht abschließend bewertet werden. Diese<br />

Frage wird im Rahmen des Bundesmodellprogramms zu<br />

klären sein.<br />

6.3.1.3 Cafeteria-System<br />

Ein Mix aus verschiedenen Anreizelementen ist das<br />

Cafeteria-System. Es stammt ursprünglich aus dem<br />

Bereich der betrieblichen Personalpolitik. Durch flexible<br />

Vergütungsbausteine erhalten Beschäftigte eines<br />

Unternehmens Gestaltungsspielräume bezüglich des<br />

ihnen zufließenden Outputs. Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter eines Unternehmens bekommen die Möglichkeit,<br />

Sozialleistungen und/oder übertarifliche<br />

Leistungen (Zusatzleistungen) aus einer vorgegebenen<br />

Alternativen-Palette auszuwählen. Die Vergütung<br />

der Beschäftigten erfolgt somit nicht mehr allein<br />

durch Entgeltzahlung, sondern auch durch alternative<br />

Leistungen in finanzieller und/oder nicht finanzieller<br />

Form.<br />

38 Vgl. Schröder, Jan, <strong>Wirkungsorientierte</strong> Verträge – Alltag im<br />

Jahr 2012? In Maelicke, Bernd (Hg.), a.a.O., S. 184.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 27


Als Grundvoraussetzung für die Einführung eines<br />

Cafeteria-Systems gilt eine hinreichend grosse, finanzielle<br />

Manövriermasse. Weiterhin muss auf Seiten des<br />

Vergütungsempfängers ein individuell wahrnehmbarer,<br />

messbarer Zusatznutzen vorhanden sein.<br />

Bewertung:<br />

Solche Wahl- bzw. Cafeteria-Systeme ließen sich auch im<br />

Rahmen von wirkungsorientierten Leistungsentgelten im<br />

<strong>Jugendhilfe</strong>bereich anwenden. Die Vereinbarungspartner<br />

sollten jedoch im Vorfeld einen festen finanziellen Sockel als<br />

Grundstock und darauf aufsetzend Bestandteile eines wirkungsorientierten<br />

Cafeteria-Systems vereinbaren.<br />

6.4 Verknüpfung von Wirkung und<br />

Belohnung<br />

Anreizsysteme müssen aus meiner Sicht Regeln enthalten,<br />

nach denen die beim Adressaten festgestellte<br />

Wirkung in einen angemessenen Anreiz beziehungsweise<br />

eine adäquate Belohnung übersetzt werden<br />

kann.<br />

Als erstes ist zu vereinbaren, inwieweit das sog.<br />

Belegerportfolio zu berücksichtigen ist. D. h. es ist im<br />

Vorfeld festzustellen, welchen Anteil der nach § 78 e<br />

zuständige öffentliche Träger der <strong>Jugendhilfe</strong> an der<br />

Auslastung der Einrichtung beispielsweise in den<br />

vorangegangenen Wirtschaftsperioden hatte. Hier<br />

schließt sich die juristische Fragestellung an, ob auch<br />

wirkungsorientierte Entgelte, beispielsweise im stationären<br />

Erziehungshilfebereich, eine verbindliche Wirkung<br />

auf andere belegende Jugendämter haben und<br />

wie diese am wirkungsorientierten Vereinbarungsprozess<br />

zu beteiligen sind.<br />

Weiterhin ist zu klären, wer – als Person oder Institution<br />

– entgeltrelevante Wirkungsbewertungen<br />

überhaupt vornehmen darf. Empfehlenswert ist ein<br />

indirektes Bewertungsmodell, das eine Bewertung<br />

der Wirkung durch eine dritte Institution (z. B. ein paritätisch<br />

besetzter Partnerschaftsausschuss) vorsieht.<br />

Denkbar, aber auch schwieriger in der Umsetzung,<br />

wären direkte Bewertungsmodelle, die z. B. einem der<br />

Vereinbarungspartner bzw. beiden Vereinbarungspartnern<br />

zu gleichen oder ungleichen Teilen eine umfassende<br />

Bewertungsmacht zugestehen. Neben dem<br />

so genannten Beurteilungsverfahren ist eine Umrech-<br />

nungsformel oder Vergütungsfunktion erforderlich.<br />

Bei monetären Anreizen sind lineare, progressive oder<br />

degressive Funktionsverläufe denkbar. 39<br />

Ausschüttungen können entweder in direkter<br />

Form (z. B. durch Barabgeltung) oder indirekter Form<br />

erfolgen. Darüber hinaus sind auch kombinierte Formen<br />

mit Wahlmöglichkeit durch den Leistungserbringer<br />

möglich (Cafeteria-System).<br />

Darüber hinaus empfehle ich, den Ausschüttungszeitpunkt<br />

und die Ausschüttungsform verbindlich im<br />

Vorfeld zu vereinbaren. Im Rahmen der Leistungsentgeltverhandlung<br />

ist festzulegen, ob Auszahlungen<br />

bzw. Ausschüttungen unterjährig oder erst nach Abschluss<br />

einer Wirtschaftsperiode oder eines bestimmten<br />

Zeitraums (z. B. nach Ermittlung der Wirkungsergebnisse)<br />

erfolgen sollen.<br />

Weiterhin sollte geklärt werden, ob etwaige nicht<br />

ausgeschüttete Tantiemen im System verbleiben und<br />

beispielsweise auf die nächste Wirtschaftsperiode<br />

übertragen werden sollen oder ob eine Nichtausschüttung<br />

grundsätzlich kostensenkenden Charakter haben<br />

soll.<br />

Als Vorteile von Anreizsystemen gelten im Allgemeinen:<br />

●● Erhöhte Motivation beim Einrichtungsträger und<br />

deren Mitarbeitenden sowie bei den Adressaten<br />

●● Verstärktes Wirkungsdenken bei den Mitarbeitenden<br />

Mögliche Nachteile sind dagegen:<br />

●● Demotivation bei mangelnder Transparenz<br />

●● Durch Konzentration bestimmter Anreize auf einzelne<br />

Träger könnten andere Träger demotiviert<br />

werden.<br />

●● Evtl. Ausweitung des Budgets durch wirkungsorientierte<br />

Anreizvergütungen<br />

●● Kurzfristige Perspektive bei falsch gesetzten Anreizen<br />

●● Hoher administrativer Aufwand<br />

●● Gefahr der Leistungsminderung bei fehlerhaften<br />

Anreizsystemen 40<br />

39 ≈Vgl. Schröder, Jan, <strong>Wirkungsorientierte</strong> Verträge – Alltag im<br />

Jahr 2012? In Maelicke, Bernd (Hg.), a.a.O., S. 184.<br />

40 Vgl. Vormann, Christian, Anreize als Instrument der Unternehmensführung.<br />

Eine Einführung, 2005, S. 15.<br />

28 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Bewertung:<br />

Die Erprobung von Anreizelementen als fester Bestandteil<br />

wirkungsorientierter Entgeltsysteme ist grundsätzlich zu<br />

empfehlen. Die Implementierung von Anreizsystemen in<br />

bestehende Entgeltsysteme und –formen ist als wesentliche<br />

wirkungsabhängige Komponente im Rahmen von Entgeltsystemen<br />

zu sehen.<br />

Bei der Vereinbarung von wirkungsorientierten Leistungsentgeltssystemen<br />

ist es von großer Bedeutung, dass den Vereinbarungspartnern<br />

ausreichend Zeit zur Verfügung steht,<br />

das neue Verfahren zu erproben. Die Einführung erfordert<br />

viel Vorbereitung und einen hohen Kommunikationsaufwand<br />

und ist sehr zeitaufwendig. In der Regel ist aus dem<br />

Bereich der freien Wirtschaft bekannt, das für die Einführung<br />

von leistungsorientierten Vergütungssystemen ein Zeitraum<br />

von vier bis fünf Jahren benötigt wird. Erst dann ist das leistungsorientierte<br />

System auf allen Ebenen und bei allen Beteiligten<br />

etabliert.<br />

Es empfiehlt sich, in einem vorher vereinbarten Übergangszeitraum<br />

einen „Trockenlauf“ durchzuführen. Vorhandene<br />

Wirkungsziele könnten z. B. mit Geld-Äquivalenten<br />

ausgestattet werden. Die Frage wäre dann: Welche<br />

Auswirkungen hätte das vereinbarte, wirkungsorientierte<br />

Leistungsentgeltsystem gehabt, wenn die Leistungs- und<br />

Entgeltvereinbarungen an Wirkungsziele geknüpft gewesen<br />

wären? Beide Vereinbarungspartner hätten bei einer solchen<br />

Vorgehensweise die Möglichkeit, dass System unverbindlich<br />

und risikofrei kennen zu lernen.<br />

Im Bundesmodellprojekt zur wirkungsorientierten Steuerung<br />

der Kommunalen Altenhilfe der Stadt Leverkusen einigte<br />

man sich ebenfalls auf ein „schrittweises Herantasten“.<br />

So wurde beispielsweise vereinbart, dass in der Anfangsphase<br />

des Projektes, zunächst ergebnisabhängig, entschieden werden<br />

sollte, ob die festgestellten Wirkungen sofort oder erst zu<br />

einem späteren Zeitpunkt entgeltrelevant sein sollten.<br />

Es macht wenig Sinn, wirkungsorientierte Verträge<br />

von Anfang an mit Sparzielen bzw. Budgetkürzungen zu<br />

verbinden. Im Rahmen des Bundesmodellprojektes“ <strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Steuerung in der Kommunalen Altenhilfe<br />

der Stadt Leverkusen“ war es beispielsweise von zentraler<br />

Bedeutung, dass die Stadt Leverkusen sich verpflichtete, das<br />

Budget für Altenhilfeleistungen bis zum Ende des Projektes<br />

in der Gesamthöhe – ohne Kürzungen – zur Verfügung zu<br />

stellen. 41<br />

41 Vgl. Schröder, Jan, Bundesmodellprojekt „<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Steuerung in der kommunalen Altenhilfe der Stadt Lever-<br />

7 Anforderungen an wirkungs-<br />

orientierte Entgeltsysteme<br />

Die von mir dargestellten Entgelt- und Anreizsysteme<br />

sind nahezu ohne Ausnahme wirkungsorientiert anwendbar<br />

und können den Vereinbarungspartnern auf<br />

regionaler Ebene als Bausteine für wirkungsorientierte<br />

Entgeltsysteme dienen. Grundsätzlich sollten folgende<br />

Mindestanforderungen berücksichtigt werden:<br />

a) Rechtliche Unbedenklichkeit<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem muss<br />

kompatibel zu den Bestimmungen des SGB VIII (insbesondere<br />

die §§ 74, 77, 78 ff., 91 f.) sein. In diesem<br />

Zusammenhang müssen individuelle Bedarfe und<br />

Rechtsansprüche anerkannt, erfüllt und finanziert<br />

werden.<br />

b) Verhältnismäßigkeit<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem muß<br />

wirtschaftlich sein. Einrichtungsträger und Jugendamt<br />

sollten sich im Vorfeld darauf verständigen, dass<br />

unwirtschaftliche Entgeltsysteme, bei denen die Aufwendungen<br />

der Gestaltung, Leistungsermittlung<br />

und – kontrolle in keinem wirtschaftlichen Verhältnis<br />

zu den resultierenden Wirkungszielen stehen, nicht<br />

im Interesse der Vereinbarungspartner sein können.<br />

Weiterhin sollte das Finanzierungssystem mit einen<br />

möglichst geringen Verwaltungs- und Organisationsaufwand<br />

handhabbar sein.<br />

c) Adressatenorientierung<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem muß<br />

konsequent adressaten- und lebensweltorientiert sein<br />

sowie präventive Elemente beinhalten.<br />

d) Qualitäts- bzw. Wirkungsoptimierung<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem sollte<br />

sowohl fallbezogene als auch fallübergreifende Anteile<br />

pädagogisch fachlicher Arbeit regeln sowie ein<br />

gewisses Maß an sozialraumbezogenen Tätigkeiten<br />

finanzieren.<br />

kusen“ – Zwischenbericht zum Abschluss der Phase I August<br />

2001 – März 2002 des vom Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend geförderten Projektes, 2002, S. 6.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 29


e) Möglichkeit der Öffnung hin zu einem Nachfragemarkt<br />

für Hilfeempfänger<br />

Noch ist das persönliche Budget für Erziehungshilfeempfänger<br />

in weiter Ferne. Dennoch gibt es erste Ansätze<br />

in der <strong>Jugendhilfe</strong>, zum Beispiel im Bereich der<br />

Tageseinrichtungen für Kinder. <strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Entgeltsysteme sollten m. E. so aufgebaut sein, dass<br />

sie mittelfristig eine Öffnung hin zu einem Nachfragemarkt<br />

für die Hilfeempfänger nicht von vornherein<br />

ausschließen (persönliches Budget, Selbstzahler,<br />

Gutscheinsysteme, etc.). <strong>Wirkungsorientierte</strong> Systeme<br />

sollten einer derartigen Entwicklung nicht im Wege<br />

stehen.<br />

f) Fachliche und finanzielle Gerechtigkeit<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem muß<br />

Aspekte von Risikoverteilungsgerechtigkeit, z. B.<br />

durch Mindestentgeltsicherung (Festlegung einer<br />

Basisausstattung) beinhalten. Wirkungsorientierung<br />

wird verpuffen, wenn sie allein als Instrument zur Deckelung<br />

bzw. Reduktion von finanziellen Mitteln im<br />

Bereich der Erziehungshilfe dienen soll.<br />

g) Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem soll<br />

dazu beitragen, dass Erziehungshilfeleistungen effizient<br />

und effektiv erbracht werden. Kostenminimierungsmöglichkeiten<br />

bezogen auf beide Vereinbarungspartner<br />

sollten ausgelotet werden.<br />

dürfen die Existenz von Einrichtungen und ambulanten<br />

Diensten der Erziehungshilfe nicht gefährden.<br />

j) Controlling<br />

Das beste wirkungsorientierte Entgeltsystem wird<br />

nicht ohne ein fachliches und betriebswirtschaftliches<br />

Controlling auskommen. Im Rahmen der wirkungsorientierten<br />

Entgeltvereinbarung sollten daher bereits<br />

frühzeitig geeignete Controllingverfahren abgestimmt<br />

und Zuständigkeiten und Verantwortungen definiert<br />

werden. Hierbei gilt: „Weniger ist mehr“! Der exzessive<br />

Aufbau von „Zahlenfriedhöfen“ sollte vermieden<br />

werden. Der Erfolg wirkungsorientierte Vereinbarungen<br />

wird maßgeblich von der Qualität der vereinbarten<br />

Controllingsysteme abhängig sein.<br />

Wenn es den Vereinbarungspartnern gelingt, die oben aufgeführten<br />

Anforderungen an wirkungsorientierte Leistungsentgeltsysteme<br />

konsequent zu erfüllen, wäre der Weg<br />

frei für eine ehrliche Wirkungsorientierung ohne Verlierer.<br />

Dem Hilfeempfänger könnte noch mehr Aufmerksamkeit<br />

entgegengebracht werden.<br />

h) Planungssicherheit<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem sollte<br />

beiden Vereinbarungsparteien ausreichend Planungssicherheit<br />

(Haushaltsplanung, Wirtschaftsplanung,<br />

etc.) für einen gemeinsam vereinbarten Planungszeitraum<br />

geben.<br />

i) Anreizintegrierung<br />

Das wirkungsorientierte Leistungsentgeltsystem sollte<br />

letztendlich ein Anreizsystem beinhalten, welches<br />

nicht nur den Einrichtungsträger in den Blick nimmt,<br />

sondern auch das Koproduzententum im Bereich der<br />

<strong>Jugendhilfe</strong> würdigt und monetär berücksichtigt.<br />

Unwirtschaftliche Anreizsysteme, bei denen die Aufwendungen<br />

der Gestaltung, Leistungsermittlung und<br />

– kontrolle, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu<br />

den resultierenden Wirkungszielen stehen, sind nicht<br />

im Interesse der Vereinbarungspartner. Anreizsysteme<br />

30 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


8 Anlagen<br />

In der Anlage 1 habe ich einen ersten Versuch unternommen,<br />

alle o. a. Leistungsentgeltformen miteinander<br />

zu vergleichen. Die Tabelle soll den Vereinbarungspartnern<br />

einen Überblick über geeignete Entgelt- und<br />

Bonus-Systeme verschaffen. Hierzu habe ich folgende<br />

Vergleichsfelder herangezogen:<br />

1. Vereinbarungsaufwand<br />

2. Vergleichbarkeit<br />

3. Kostendeckungsrisiko<br />

4. Planbarkeit<br />

5. Verwaltungsaufwand<br />

6. Controllingaufwand<br />

7. Umsetzbarkeit<br />

8. Leistungstransparenz<br />

9. Flexibilität bei der Hilfeerbingung<br />

10. Kostentransparenz<br />

11. Möglichkeit der Erweiterung um niedrigschwellige<br />

Ansätze<br />

12. Fallausweitungsgefährdung<br />

bei vereinfachend ausgeklammert.<br />

Für alle Leistungsentgeltformen und Bonus-Systeme<br />

wurde ein Rating durchgeführt. Im Ergebnis schneiden<br />

z. B. Tagessätze sehr viel besser ab als flexible<br />

Budgets, da die Vereinbarungsaufwendungen, die<br />

Verwaltungsaufwendungen und die Controllingaufwendungen<br />

beim flexiblen Budget signifikant höher<br />

sind.<br />

Bei den Bonus-Systemen schneiden reine Bonus-<br />

Systeme, die vollständig auf negative Anreize verzichten<br />

– wie von mir auf Seite 25 ff. ausführlich dargestellt<br />

– am besten ab.<br />

Weiterhin habe ich die o. a. Bonus-Systeme miteinander<br />

verglichen. Die Vergleichsfelder 1-7 wurden hier-<br />

Frank Plaßmeyer, M.A., Dipl. Betriebswirt, Jahrgang 1964, Studium der Betriebswirtschaftslehre sowie des Ma-<br />

nagements von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, Geschäftsführender Gesellschafter der IJOS GmbH<br />

Institut für Jugendrecht, Organisationsentwicklung und Sozialmanagement, Externer Experte im Bundesmo-<br />

dellprogramm „<strong>Wirkungsorientierte</strong> Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung“.<br />

Plaßmeyer – Analyse und Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle | 31


Anlage 1<br />

Analyse bisheriger und exemplarischer Entwicklung innovativer Finanzierungsmodelle zur wirkungsorientierten<br />

Gestaltung von Hilfen zur Erziehung (ambulant wie stationär)<br />

Rating-Tabelle:<br />

Leistungsentgeltformen<br />

und Bonus-Systeme<br />

Vergleichsfelder<br />

Vereinbarungsaufwand<br />

Vergleichbarkeit<br />

Kostendeckungsrisiko<br />

Planbarkeit<br />

Verwaltungsaufwand<br />

Controllingaufwand<br />

Umsetzbarkeit<br />

Leistungstransparenz<br />

Flexibilität bei der Hilfeerbringung<br />

Kostentransparenz<br />

Möglichkeit der Erweiterung um<br />

niedrigschwellige, präventive Ansätze<br />

Fallausweitungsgefährdung<br />

Leistungsentgeltformen<br />

Rating<br />

1 Tagesgleicher Leistungsentgeltsatz 3 3 2 3 3 2 2 4 3 4 2 5<br />

2 Tagesentgeltsatz mit ergänzenden Zulagen 3 2 2 2 3 3 3 4 3 4 2 5<br />

3 Degressiver Leistungsentgeltsatz 5 4 4 4 5 5 5 3 3 3 2 2<br />

4 Stufenentgelte/Phasenentgelte 3 3 2 2 4 4 3 3 3 4 2 4<br />

5 Sozialpädagogische Fachleistungsstunde 3 3 5 3 4 4 3 3 3 3 2 4<br />

6 Sonderentgelte 4 3 2 4 4 3 3 3 3 3 3 4<br />

7 Budgets 4 3 4 2 4 5 3 3 2 5 1 2<br />

8 Flexibles Budget 5 3 3 4 4 5 3 3 2 5 1 2<br />

9 Komponentensystem 5 2 3 2 4 5 3 3 2 5 1 2<br />

10 Fallpauschalen 5 2 3 3 5 5 4 3 2 5 1 1<br />

Bonus-Systeme<br />

1 Bonus-Malus-System 3 3 5 5 5 5 4<br />

2 Bonus-System 2 3 1 3 3 3 3<br />

3 Cafeteria-System 5 3 1 3 5 3 4<br />

Rating: 3 Sterne = sehr geeignet, 1 Stern = nicht besonders geeignet Notenssystem: 1 = sehr gut 6 = unbefriedigend<br />

32 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreiz systeme<br />

in Vereinbarungen nach §§ 78 a-g SGB VIII zur<br />

Durchführung von Hilfen zur Erziehung –<br />

Empfehlungen<br />

von Miriam Kohlmeyer<br />

1 Zielsetzungen der<br />

Empfehlungen<br />

Im Rahmen des Bundesmodellprogramms „<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung“<br />

befinden sich die elf Modellstandorte mittlerweile in<br />

den Aushandlungsprozessen zur Erstellung der wirkungsorientierten<br />

Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen.<br />

Ende des Jahres sollen<br />

die Vereinbarungen unterzeichnet sein, um dann ab<br />

Januar 20<strong>07</strong> in die Erprobungsphase zu gehen.<br />

Diese Empfehlungen für wirkungsorientierte Anreizsysteme<br />

durch Qualitätsvereinbarungen und ihre<br />

effektive Verknüpfung mit Entgelt- und Leistungsvereinbarungen<br />

nach § 78 ff SGB VIII unterstützen diesen<br />

Prozess.<br />

Im Rahmen der Empfehlungen werden unterschiedliche<br />

Anreizsysteme aus den Bereichen <strong>Jugendhilfe</strong>,<br />

Altenhilfe, Schuldnerberatung, Eingliederungshilfe<br />

und dem Gesundheitssystem ausgewertet. Dabei stehen<br />

folgende Fragestellungen im Zentrum der Ausführungen:<br />

●● Inwieweit sind die unterschiedlichen Anreizsysteme<br />

im Kontext der erzieherischen Hilfen sinnvoll<br />

anwendbar? Von welchen sind eher negative<br />

Steuerungsdynamiken zu erwarten?<br />

●● Welche Rahmenbedingungen wie beispielsweise<br />

die Anbieterstruktur vor Ort sind förderlich bzw.<br />

hemmend, damit diese Anreizsysteme Wirkung<br />

entfalten?<br />

●● Berücksichtigung des infrastrukturellen Umfeldes,<br />

in dem ergebnisorientierte Vereinbarungen Wirkungen<br />

entfalten sollen.<br />

Grundsätzliche Anforderungen, die an eine praxisnahe<br />

ergebnisorientierte Steuerung des Leistungsgeschehens<br />

erzieherischer Hilfen zu stellen sind:<br />

Nutzung bestehender<br />

Potenziale<br />

Praktikabilität<br />

Anforderungen<br />

an<br />

Anreizsysteme<br />

Einbettung in<br />

Steuerungslogik des<br />

Gesamtsystems<br />

●● Zunächst sollten die bereits heute bestehenden<br />

bzw. leicht ausbaufähigen Möglichkeiten für stärkere<br />

ergebnisorientierte Anreize genutzt werden.<br />

●● Praktikabilität des Systems bedeutet insbesondere,<br />

dass sich der Dokumentationsaufwand und die<br />

Transaktionskosten in adäquaten Grenzen halten.<br />

●● Qualitätsentwicklungsvereinbarungen alleine entfalten<br />

keine Wirkung. Sie sind ein Instrument, das<br />

in eine Steuerungslogik des Gesamtsystems eingebettet<br />

sein muss.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 33


2 Management Summary<br />

Ein Anreizsystem kann nur dann Wirkung entfalten,<br />

wenn es in eine konsistente Gesamtsteuerung eingebunden<br />

ist. Ein Instrument wie die Vereinbarungen<br />

nach §§ 77, 78 SGB VIII ist zunächst ein Werkzeug, das<br />

entsprechend genutzt werden muss.<br />

Anreizelemente sollten so ausgerichtet sein, dass sie<br />

Veränderungen und Innovationen unter den Anbietern<br />

sozialer Dienstleistungen anregen, und einen<br />

Wettbewerb nicht nur um Preis, sondern um Qualität<br />

befördern.<br />

Diesen dafür notwendigen Austausch untereinander<br />

kann vor allem durch nicht fiskalische Ansätze gefördert<br />

werden, die auf der Transparenz der Ergebnisqualitäten<br />

basieren, wodurch eine immense Dynamik<br />

im Leistungsgeschehen entwickelt werden kann.<br />

Die Transparenz der Ergebnisse ist ein zentraler<br />

Bestandteil aller Anreizelemente, ob finanzieller oder<br />

immaterieller Natur. Bei der Auswahl und Definition<br />

von Ergebnissen können die Weichen für ein effektives<br />

und ergebnisorientierte Steuerung gestellt werden,<br />

unabhängig von der konkreten Ausgestaltung<br />

des Anreizsystems.<br />

Oft ist es nicht eine neue Methode oder ein neues<br />

Finanzierungssystem, das zu mehr Ergebnisorientierung<br />

der Leistungserbringung führt, sondern das<br />

konsequente Nutzen bereits bestehender Steuerungsmöglichkeiten.<br />

Bei der Neugestaltung einzelner Stellschrauben<br />

in der Steuerung ist es hilfreich, immer das gesamtstrategische<br />

Interesse der Kommune im Hinblick auf<br />

die Ausgestaltung der sozialen Infrastruktur und der<br />

Wettbewerbssituation vor Ort im Auge zu behalten.<br />

3 Typisierung ergebnisorien-<br />

tierter Anreizsysteme<br />

Im Folgenden werden sehr unterschiedliche Typen<br />

und Modelle von ergebnisorientierten Anreizsystemen<br />

im Hinblick auf ihre Anwendbarkeit und Nützlichkeit<br />

im Bereich erzieherischer Hilfen geprüft.<br />

Was machen positive und produktive Anreize für<br />

freie Träger sowie Klienten im sozialen Dienstleistungssektor<br />

aus?<br />

●● Philosophie und Sichtweise<br />

auf den sozialen Dienstleistungssektor<br />

Entscheidend ist, welche Philosophie und Sichtweise<br />

auf den sozialen Dienstleistungssektor durch die Ausgestaltung<br />

des Anreizsystems transportiert wird.<br />

Durch einen positiven Anreiz wird deutlich, dass<br />

nicht Sanktion des Anbieters das Ziel ist, sondern die<br />

Reduzierung des Zielkonfliktes zwischen sozialpädagogischen<br />

Zielen und wirtschaftlicher Interessen. Der<br />

Träger soll unterstützt werden, fachlich erfolgreich zu<br />

sein, ohne finanziell dafür bestraft zu werden.<br />

●● Lernprozesse fördern und Veränderungen<br />

anstoßen<br />

Ein Anreiz ist dann als positiv für die Wettbewerbskultur<br />

einer Stadt zu sehen, wenn er Lernprozesse<br />

unter den Trägern ermöglicht und Veränderungen anregt.<br />

Ein Anbieter, der Fehler macht und daraus lernt,<br />

bringt den Prozess um eine höhere Wirksamkeit erzieherischer<br />

Hilfen voran.<br />

●● Orientierung am individuellen Bedarf<br />

hat oberste Priorität<br />

Ein positives Anreizsystem fördert bzw. behindert zumindest<br />

nicht die Orientierung am Einzelfall im Rahmen<br />

des Hilfeverlaufs. Die individuelle Passgenauigkeit<br />

der Hilfe sollte immer im Vordergrund stehen.<br />

Dies kann gerade bei Steuerungsinstrumenten, die<br />

sich auf bestimmte Maßnahmetypen beziehen, ein<br />

heikler Punkt sein. Nicht intendierte Steuerungswirkungen<br />

sind die Folge.<br />

Ausgewertet werden ergebnisorientierte Anreizsysteme<br />

aus den Bereichen Hilfen zur Erziehung, Erziehungsberatungsstellen,<br />

Scheidungs- und Trennungsberatung,<br />

Altenhilfe, Jugendsozialarbeit, Schuldnerberatung.<br />

Herangezogen werden teilweise auch die Erfahrungen<br />

von Wirtschaftsunternehmen, insbesondere<br />

wenn es um die Ausgestaltung immaterieller Anreizsysteme<br />

geht.<br />

Grundsätzlich kann zwischen Anreizsystemen für<br />

freie Träger und für die Klienten unterschieden werden.<br />

Darüber hinaus:<br />

34 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Typen ergebnisorientierter Anreizsysteme<br />

Immaterielle<br />

Anreize<br />

Öffentliche Anerkennung<br />

Veröffentlichung der Ergebnisse<br />

Benchmarking<br />

Ergebnisqualität im Controlling<br />

Unmittelbar<br />

monetäre Anreize<br />

Zahlung bei Zielerreichung<br />

Bonus/Malus<br />

Ergebnisklassen<br />

Degressiver Entgeltsatz<br />

Degressiver Entgeltsatz<br />

mit Zulagensystem<br />

Mittelbar<br />

monetäre Anreize<br />

Ergebnisorientierte<br />

Anbieterauswahl<br />

Persönliches Budget<br />

Flexible Fallpauschalen<br />

Kompensation bei Leerstand<br />

auf Grund von Erfolg<br />

4 Anwendbarkeit der<br />

einzelnen Typen von<br />

Anreizsystemen im Bereich<br />

Hilfen zur Erziehung<br />

4.1 Immaterielle Anreizsysteme<br />

für freie Träger<br />

In Kürze:<br />

Immaterielle Anreizsysteme sind wirkungsvoll, weil<br />

sie oftmals auf der Transparenz der Ergebnisse basieren.<br />

Vor diesem Hintergrund kann eine Fehlerkultur<br />

und ggf. auch eine systematisierte Form des Austausches<br />

in der Trägerlandschaft unterstützt werden.<br />

Sie alleine reichen aber nicht aus, weil die Anbieter sozialer<br />

Dienstleistungen unter wirtschaftlichen Zwängen<br />

agieren, auf Grund der fehlenden Kongruenz sozialpädagogischer<br />

und fachlicher Interessen.<br />

Immaterielle Anreizsysteme im Bereich der sozialen<br />

Dienstleistungen basieren darauf, dass die Erfolge<br />

oder eben auch die Misserfolge der Anbieter transparent<br />

gemacht werden.<br />

Diese Transparenz kann unterschiedliche Formen annehmen:<br />

●● Transparenz der Ergebnisse in der Öffentlichkeit<br />

Immaterielle Anreizsysteme im Bereich der sozialen<br />

Dienstleistungen in Form von öffentlicher Anerken-<br />

nung der Ergebnisse eines Trägers können auf die Mitarbeiterebene<br />

und die Führungsebene der Einrichtung<br />

abzielen.<br />

Gestützt durch kleine Gesten der Stadt, wie beispielsweise<br />

Freikarten etc. kann Mitarbeitern einer<br />

Einrichtung öffentliche Anerkennung ihrer Arbeit zuteil<br />

werden. Dies wird gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in ihrem Engagement bestärken, etwas, das<br />

den sozialen Einrichtungen auch als Unternehmen<br />

direkt zu Gute kommt.<br />

Dieses Element kann sicherlich nur einrichtungsinterne<br />

Systeme ergänzen, sollte aber auch nicht unterschätzt<br />

werden. Zumal es sehr einfach umzusetzen ist<br />

und kaum Transaktionskosten verursacht sowie zusätzliche<br />

Mittel erfordert.<br />

An die Führungsebene gerichtet dienen Anreizelemente<br />

in Form der öffentlichen Anerkennung dazu,<br />

das Prestige der Einrichtung zu steigern. Denkbar<br />

sind Veröffentlichungen in den Medien, eine einmalige<br />

Veranstaltung etc..<br />

Eine zusätzliche Dynamik entsteht, wenn nicht<br />

nur die Ergebnisse eines Trägers, sondern aller Anbieter<br />

veröffentlicht werden, beispielsweise in einer<br />

öffentlich zugänglichen Datenbank.<br />

Dies wäre insbesondere in Verbindung mit dem<br />

persönlichen Budget für die Nutzerinnen beispielsweise<br />

für Erziehungsberatungsstellen oder für sozialpädagogische<br />

Familienhilfen ein interessanter Ansatz.<br />

●● Transparenz im Kreis der Anbieter<br />

Ein anderer Ansatz ist es, die Ergebnisse nur im Kreis<br />

der Anbieter transparent zu machen.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 35


Je nach Interesse und Bereitschaft der Anbieter vor Ort<br />

kann dies im Sinne eines Benchmarking genutzt werden.<br />

Dies ermöglicht, dass sich die Träger über ihre Prozesse<br />

und Erfolgsfaktoren austauschen und innovative<br />

Ansätze verbreitet werden können.<br />

Wenn man jedoch will, dass innovative Anbieter<br />

als Leistungsträger in einer sozialen Infrastruktur ihre<br />

Erfolgsfaktoren preisgeben, dann müssen sie davon<br />

auch finanziell profitieren. Insofern wäre es an dieser<br />

Stelle sinnvoll, immaterielle Anreizsysteme mit monetären<br />

Anreizelementen zu kombinieren.<br />

●● Transparenz im Ergebniscontrolling<br />

zwischen öffentlichem und freiem Träger<br />

Anreizdynamiken entwickeln sich auch, wenn die erreichte<br />

Ergebnisqualität konsequent Gegenstand des<br />

Controlling zwischen öffentlichem und freiem Träger<br />

ist. Und zwar nicht allgemein und abstrakt, sondern<br />

bezogen auf eine festgelegte quantifizierte Zielsetzung.<br />

Transparenz der Ergebnisqualitäten kann eine<br />

immense Dynamik entwickeln, wenn sie an zentralen<br />

Stellschrauben des Steuerungskreislaufes genutzt<br />

wird.<br />

4.2 Immaterielle und Materielle<br />

Anreizsysteme für Klienten<br />

Die Rolle der Adressaten der Hilfen zur Erziehung,<br />

die Kinder und Jugendlichen und ihre Familien ist<br />

zentral, wenn es um den Erfolg und die Wirksamkeit<br />

einer Hilfe geht. Daher ist die Frage, können Anreizelemente<br />

die Mitwirkungsbereitschaft der Klienten<br />

verstärken?<br />

Die immaterielle Anerkennung des Erreichten ist sicherlich<br />

auch für die Bereitschaft von Kindern und<br />

Jugendlichen, sowie ihrer Familien förderlich. Dies<br />

ist aber Bestandteil des individuellen Vorgehens im<br />

Rahmen der Hilfeplanung und Teil des sozialpädagogischen<br />

Handelns und insofern kein steuerungstechnisches<br />

Instrumentarium.<br />

Monetäre Anreize hingegen, insbesondere für die<br />

Kinder und Jugendlichen, können durchaus sinnvoll<br />

eingesetzt werden, allerdings immer einzelfallabhängig.<br />

Denkbar wäre dies beispielsweise in der Verselbständigungsphase<br />

von volljährigen Jugendlichen oder<br />

bei Erreichen des Schulabschlusses, der mit der Finanzierung<br />

einer Abschlussparty honoriert wird.<br />

4.3 Materielle Anreizsysteme<br />

Die Dysfunktionalität des derzeitigen Systems führt<br />

dazu, dass die Belegung von Institutionen, sowie der<br />

Hilfeverlauf und die Dauer von Erziehungshilfen<br />

maßgeblich von wirtschaftlichen Mechanismen geprägt<br />

werden. Dies betrifft insbesondere den Bereich<br />

stationärer Erziehungshilfen, bzw. die Schnittstelle<br />

zum ambulanten Hilfesystem.<br />

Dysfunktionalität des aktuellen Systems<br />

Sozialpädagogischer<br />

Erfolg<br />

Ausdehnung der<br />

Betreuungszeiträume<br />

Steuerung von ambulant<br />

in stationär, von präventiv<br />

nach ambulant<br />

Finanzieller<br />

Verlust<br />

Finanzieller<br />

Gewinn<br />

Der Anbieter erzieherischer Hilfen befindet sich in<br />

dem Zielkonflikt, dass die Belegung seiner Einrichtung<br />

seine wirtschaftliche Existenzgrundlage ist und<br />

schneller pädagogischer Erfolg zur Beendigung dieser<br />

Belegung führen kann. Diese fehlgeleiteten wirtschaftlichen<br />

Anreize können dazu führen, dass die Betreuungszeiträume<br />

unnötig verlängert werden.<br />

Wenn ein Träger mehrere Hilfearten anbietet, sind<br />

durch die fehlende Kongruenz von sozialpädagogischen<br />

und wirtschaftlichen Zielen Verschiebeeffekte<br />

möglicherweise vorprogrammiert. Falsche wirtschaftliche<br />

Anreize führen dann zu einer Umsteuerung von<br />

billigen in teure Maßnahmen, und von ambulanten in<br />

stationäre Leistungsformen.<br />

Auch bei Anbietern ambulanter Hilfeformen zeigen<br />

sich diese Problematiken, so werden Fälle ggf. aus<br />

der offenen Arbeit in formale HzE gesteuert, um eine<br />

Auslastung der Einrichtung zu gewährleisten.<br />

36 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Gerade in dieser Phase des Hilfeverlaufs – wenn<br />

ein Fall erst zum Fall wird – werden die Weichen dafür<br />

gestellt, ob und wie lange die Kinder und Jugendlichen<br />

im formalen Hilfesystem erzieherischer Hilfen<br />

verbleiben.<br />

Die Anforderungen an das Finanzierungssystem<br />

sind, dass es die Erreichung der sozialpädagogischen<br />

Ziele unterstützt, die wirtschaftlichen Interessen des<br />

Trägers darauf richtet, Anreize für die Zielerreichung<br />

bietet und evt. Sanktionen bei Nichterreichung des<br />

Ziels bereit hält.<br />

Um darauf hinzuwirken gibt es unterschiedliche<br />

Ansatzpunkte, die sich nur teilweise auf den Bereich<br />

der Hilfen zur Erziehung übertragen lassen und deren<br />

Steuerungsdynamiken differenziert zu bewerten<br />

sind.<br />

4.3.1 Unmittelbar finanzielle Anreizsysteme<br />

Mit „unmittelbar wirkenden finanziellen Anreizen“<br />

sind Finanzierungssysteme gemeint, die die finanzielle<br />

Vergütung, bzw. einzelne Vergütungsbestandteile<br />

direkt an den Erfolg der erbrachten Leistung koppeln.<br />

Erfolg oder Misserfolg hat also unmittelbaren Einfluss<br />

auf die geleistete Vergütung an den Anbieter der<br />

Dienstleistung.<br />

●● Typus Zahlung bei Zielerreichung<br />

Die Varianten unterscheiden sich zunächst darin, wie<br />

hoch der Vergütungsbestandteil ist, der erfolgsorientiert<br />

ausgezahlt wird.<br />

In Deutschland werden solche Ansätze im sozialen<br />

Dienstleistungssektor vereinzelt im Bereich der<br />

Vermittlung von Arbeitslosen praktiziert.<br />

Beispiel: Zahlung im Erfolgsfall<br />

Ein Anbieter (als eingetragener Verein) bietet ein<br />

intensives Vermittlungscoaching für arbeitslose Personen<br />

an, die meist von der Arbeitsagentur, der ARGE,<br />

oder dem Sozialamt an den Verein verwiesen werden.<br />

Der Anbieter wird nur im Erfolgsfall bezahlt. Für<br />

in den ersten Arbeitsmarkt vermittelte Teilnehmer erhält<br />

der Anbieter eine Erfolgsprovision, für die Vermittlung<br />

in eine Stelle mit einem Einkommen, das geringer<br />

als die Höhe der laufenden Sozialleistungen ist,<br />

erhält der Anbieter eine geringere Erfolgsprovision.<br />

Interessant ist das Detail, das die Erfolgsprovision<br />

in zwei Raten ausgezahlt wird, erstens nach Arbeitsaufnahme<br />

und zweitens nach sechs Monaten in Arbeit.<br />

Hier wird also auch die Nachhaltigkeit der Vermittlung<br />

finanziert.<br />

Einschätzung:<br />

Für den Bereich der Hilfen zur Erziehung in Deutschland<br />

eignet sich dieser Ansatz nicht, weil die gesamte<br />

Vergütung auf den Erfolg im Einzelfall ausgerichtet<br />

ist.<br />

Ob die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt gelungen<br />

ist oder nicht, ist einfach festzustellen. Im Bereich<br />

der Hilfen zur Erziehung eignet sich hingegen<br />

nur die aggregierte Ebene zur Ergebnissteuerung.<br />

Eine „Einzelfallabrechnung“ nach Erfolg ist im Bereich<br />

erzieherischer Hilfen viel zu aufwendig. Davon<br />

abgesehen wäre ein solcher Ansatz mit immens hohen<br />

Transaktionskosten verbunden.<br />

Eine Orientierung an den gemessenen Erfolgen von<br />

Erziehungshilfen lässt sich nur dann umsetzen, wenn<br />

die aggregierte Ebene fokussiert wird.<br />

Im Einzelfall lässt sich ein Abbruch auf Grund von<br />

externen Faktoren erklären. Auf aggregierter Ebene<br />

lässt sich aber beispielsweise eine Abbruchquote von<br />

50 Prozent nicht mehr nur durch externe Faktoren erklären,<br />

insbesondere wenn in einer anderen Einrichtung<br />

nur 10 Prozent der Maßnahmen abgebrochen<br />

werden. Optimierungsbedarfe der Arbeitsweise des<br />

Anbieters oder auch der Ausgestaltung des Hilfesetting<br />

wären hier offensichtlich.<br />

Da im Bereich der Hilfen zur Erziehung nicht von<br />

einer Erfolgsquote von 100 Prozent für eine Zielgruppe<br />

auszugehen ist, muss ein realistischer Zielwert gefunden<br />

werden.<br />

Bisher liegen auf Grund der fehlenden Transparenz<br />

im Hinblick auf Wirkung und Ressourceneffizienz<br />

kaum Erfahrungswerte darüber vor, welcher Grad an<br />

Zielerreichung realistisch ist. Diese Erfahrungswerte<br />

können in ersten Durchläufen gesammelt werden.<br />

Es muss daher strukturell abgesichert sein, dass<br />

ein Anbieter nicht finanziell untergeht, weil die Zielsetzungen<br />

in den „Testläufen“ zu hoch gegriffen waren.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 37


●● Typus Bonus/Malus- Regelungen und Erfolgsprämien<br />

Bonus-/Malus-Regelungen, mittels derer Bestandteile<br />

der Vergütung erfolgsorientiert ausgezahlt werden,<br />

bzw. bei fehlender Zielerreichung finanzielle Sanktionen<br />

greifen, kommen ursprünglich u.a. aus der Versicherungsbranche.<br />

Fährt ein Kunde über einen gewissen<br />

Zeitraum unfallfrei, wird dies finanziell belohnt.<br />

Dies verteilt die Kosten gerechter und das insgesamt<br />

geringere Schadensaufkommen kommt der Gesamtheit<br />

der Versicherten zu Gute. Erfolgsprämien in<br />

Form von Leistungszulagen beispielsweise am Ende<br />

eines erfolgreichen Geschäftsjahres sind in vielen Wirtschaftsunternehmen<br />

üblich.<br />

Erprobt werden diese monetären Anreizelemente<br />

aber auch im sozialen Dienstleistungssektor, insbesondere<br />

im Gesundheitsbereich, aber beispielsweise<br />

auch im Bereich der Schuldnerberatung und der Erziehungs-<br />

und Beratungsstellen.<br />

Einschätzung:<br />

Grundsätzlich sind insbesondere Bonus-Regelungen<br />

ein mögliches Instrument, um die Trägerinteressen<br />

auf eine erhöhte Ergebnisqualität zu lenken.<br />

Es ist allerdings auch das Instrument, das am genauesten<br />

auf nicht-intendierte Steuerungswirkungen<br />

geprüft werden sollte. In erster Linie vor dem Hintergrund<br />

der infrastrukturellen Voraussetzungen (vgl.<br />

hierzu Kapitel 6).<br />

Die Begrifflichkeiten eignen sich im Bereich der<br />

Hilfen zur Erziehung kaum. Die Finanzierungsgrundlage<br />

im Bereich der Hilfen zur Erziehung ist knapper<br />

als in der Versicherungsbranche. Und wenn die Budgets<br />

für erzieherische Hilfen nicht gleichzeitig vergrößert<br />

werden, ist ein Bonus keine Erfolgsprämie,<br />

sondern ein Teil der Existenzgrundlage eines Trägers.<br />

D. h. ein fehlender Bonus ist immer ein Malus.<br />

Daher sollte darauf geachtet werden, dass erfolgsorientierte<br />

Vergütungsbestandteile so ausgerichtet<br />

sind, dass sie einen Anreiz bieten, aber nicht so hoch<br />

sind, dass sie einen Träger nach einem „schlechten“<br />

Jahr aus dem Markt werfen. Es sollte immer noch Reaktionsmöglichkeiten<br />

der Anbieter auf Defizite in der<br />

Arbeitsweise geben.<br />

Da aber auch geringe Prozentsätze der Vergütung<br />

für Einrichtungen im sozialen Bereich langfristig deutliche<br />

Auswirkungen haben können, ist zu prüfen, ob<br />

durch die Fokussierung der Bonusregelungen beispielsweise<br />

auf eine hohe Beendigungsquote oder eine<br />

kurze Verweildauer hin zu einseitige Fokussierungen<br />

durch die Einrichtung vorgenommen werden.<br />

Besonders wichtig ist es daher bei Installierung<br />

von Bonusregelungen, diese in eine Gesamtsteuerung<br />

einzubetten, die insbesondere die Nachhaltigkeit der<br />

Hilfen prüft.<br />

●● Typus Degressiver Entgeltsatz<br />

Eine zentrale Stellschraube zur ergebnisorientierten<br />

Steuerung ist der Entgeltsatz in stationären Einrichtungen<br />

der erzieherischen Hilfen.<br />

Der degressive Entgeltsatz wird ab einem bestimmten<br />

Zeitpunkt stufenweise oder kontinuierlich<br />

abgesenkt. Hierfür eignet sich beispielsweise der Beginn<br />

der Volljährigkeit, da hier in der Regel von einem<br />

zunehmend sinkenden Hilfebedarf ausgegangen werden<br />

kann.<br />

Im Prinzip bedeutet dies, dass der öffentliche Träger<br />

die Kosten dafür übernimmt, die entstehen würden,<br />

wenn der freie Träger erfolgreich wäre.<br />

Einschätzung:<br />

Mit einer degressiven Gestaltung des Entgelts in stationären<br />

Einrichtungen für Erziehungshilfen entfällt<br />

der wirtschaftliche Anreiz, junge Menschen über die<br />

Volljährigkeit hinaus in der Einrichtung zu halten.<br />

Aus wirtschaftlicher Sicht entsteht eher ein Anreiz,<br />

den volljährigen jungen Menschen bei der Verselbständigung<br />

zu unterstützen, um anschließend den frei<br />

werdenden Platz neu belegen zu können.<br />

Damit ist allerdings noch nicht gelöst, dass es darum<br />

geht, dass Kinder und Jugendliche grundsätzlich<br />

nicht länger als notwendig in stationären Einrichtungen<br />

leben sollen, unabhängig davon wie alt sie sind.<br />

Der eigentliche Kernpunkt ist die Bedarfsgerechtigkeit<br />

im Einzelfall. Durch die Festlegung von Entgeltsätzen,<br />

deren Höhe sich an der Dauer von Maßnahmen<br />

orientiert, entsteht jedoch eher die Dynamik,<br />

in „Maßnahmedauern“ zu denken und auch den Hilfeverlauf<br />

entsprechend zu steuern. Das wirkt sich selten<br />

positiv auf die Orientierung am Einzelfall aus.<br />

Um dieses Spannungsfeld aufzulösen wäre eher<br />

zu empfehlen, im Rahmen eines Controlling die Verweildauer<br />

in den einzelnen Maßnahmen zu unter-<br />

38 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


suchen und zwischen unterschiedlichen Anbietern<br />

zu vergleichen. Wenn deutlich wird, dass dies als Beurteilungsgröße<br />

für den Auswahlprozess der Anbieter<br />

gilt, wird dies auch ohne finanzielle Anreizelemente<br />

Wirkung zeigen.<br />

●● Typus Degressiver Entgeltsatz<br />

mit Zulagensystem<br />

Für Jugendliche, die kurz vor ihrer Volljährigkeit stehen<br />

wird diskutiert, den degressiven Entgeltsatzes mit<br />

einer Zulage für den Träger zu kombinieren, für die<br />

spezifische Förderung der Verselbständigung in Trainings,<br />

Kursen etc.<br />

D. h. in bestimmten Phasen des Hilfeverlaufs wird<br />

die Betreuungsleistung zielgerichtet intensiviert, um<br />

sie danach mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit abschließen<br />

zu können. Ähnliches ist auch denkbar für<br />

die Vorbereitung der Rückführung in die Familie,<br />

durch die Verstärkung der Elternarbeit.<br />

Man bezahlt also den Träger dafür, dass er Leistungen<br />

erbringt, von denen man annimmt, sie seien<br />

der Wirkung förderlich.<br />

Einschätzung:<br />

Von diesem Ansatz können ggf. negative nicht intendierte<br />

Steuerungsdynamiken ausgehen.<br />

Der Anreizmechanismus besteht darin, dass der<br />

Träger Mittel erwirtschaftet, indem er bestimmte Zusatzmaßnahmen<br />

beispielsweise zur Verselbständigung<br />

durchführt.<br />

Das birgt ggf. die Tendenz, diese Zielsetzung im<br />

„normalen Hilfeverlauf“ eher zu vernachlässigen.<br />

Verselbständigung und Rückführung sind aber zentrale<br />

Zielsetzungen des gesamten Hilfeverlaufs.<br />

Zudem: Ein sehr erfolgreicher Träger, dem z.B. die<br />

Rückführung ohne Zusatzmaßnahmen gelingt, würde<br />

hier doppelt finanziell bestraft, er verliert „seinen Fall“<br />

und er verliert die Möglichkeit die Zusatzmaßnahme<br />

zu erbringen.<br />

●● Typus Fallpauschalen für Ergebnisklassen<br />

Im Bereich der Schuldner- und Insolvenzberatung<br />

werden ebenfalls erfolgsorientierte finanzielle Anreizsysteme<br />

erprobt. Neben modellhaft erprobten<br />

Bonus- und Malus-Regelungen wird auch ein Finan-<br />

zierungssystem praktiziert, in dem unterschiedliche<br />

Erfolgsgrade bei der Arbeit in drei Ergebnisklassen<br />

zusammengefasst werden, die unterschiedlich honoriert<br />

werden.<br />

So wird zum Beispiel die Einigung mit den Gläubigern<br />

als das erfolgreichste Ergebnis einer Beratung<br />

gewertet und wird am höchsten honoriert. Da der<br />

Aufwand der Beratung von der Anzahl der Gläubiger<br />

abhängt, gibt es entsprechend gestaffelte Erfolgspauschalen.<br />

Als das am zweitbesten honorierte Ergebnis einer<br />

Schuldnerberatung wird das Ausstellen einer Bescheinigung<br />

gewertet, welches bestätigt, dass die außergerichtliche<br />

Einigung gescheitert ist. Für Beratungen,<br />

die ohne erfolgreiches Ergebnis abgeschlossen werden<br />

(auch Abbrüche) werden geringe Pauschalen gewährt.<br />

Einschätzung:<br />

Ergebnisklassen zu bilden, ist im Bereich der Hilfen<br />

zur Erziehung kein adäquates Mittel zur ergebnisorientierten<br />

Steuerung.<br />

Die Honorierung anhand weniger Ergebnisklassen<br />

wäre zu undifferenziert angesichts der Vielfalt von<br />

Zielerreichungsgraden, die Kosten für die Einigung<br />

mit den freien Trägern auf Ergebnisklassen wären immens<br />

hoch.<br />

Im Bereich der Schuldnerberatung eignet sich dieses<br />

Instrument gut, weil die Zielgruppen und auch die<br />

Ergebnisse klarer abgegrenzt und definiert werden<br />

können.<br />

4.3.2 Mittelbar finanzielle Anreizsysteme<br />

●● Typus Ergebnisorientierte Auswahl bei künftigen<br />

Beauftragungen<br />

Der Anreizmechanismus dieses Ansatzes ist, dass ein<br />

Träger gute Ergebnisse erzielen muss, um einen Folgeauftrag<br />

zu erhalten.<br />

Dieser Ansatz ist – konsequent verfolgt – ein sehr<br />

effektives Instrument, weil die Anbieter sozialer Dienstleistungen<br />

mittel- und langfristig auf Folgeaufträge angewiesen<br />

sind. So werden Lernprozesse und anbieterinterne<br />

Umsteuerungen ermöglicht, ohne dass sofortige<br />

negative Auswirkungen auf die infrastrukturellen<br />

Gegebenheiten vor Ort befürchtet werden müssen.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 39


Dieser Anreiz ist allerdings nur dann sinnvoll,<br />

wenn eine reale Wettbewerbssituation am Markt besteht.<br />

Wenn der Anbieter der einzige Anbieter vor Ort<br />

ist, greift der Mechanismus natürlich nicht. Dieses<br />

Anreizelement entfaltet auch dann keine Wirkkraft,<br />

wenn viele der Anbieter in einem closed-shop organisiert<br />

sind und die Mittel ohnehin schon „historisch<br />

gewachsen“ verteilt sind.<br />

In einem solchen Fall sollte man entweder an der<br />

Entwicklung einer Wettbewerbskultur arbeiten oder<br />

evt. doch eher mit direkten monetären Anreizelementen<br />

agieren.<br />

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der<br />

öffentliche Träger gut beraten ist, sich eine umfassende<br />

Kenntnis über die Wettbewerbssituation vor Ort zu<br />

verschaffen. Die „üblichen“ freien Träger sind oftmals<br />

die bekannten, aber nicht die einzigen vor Ort. Dieses<br />

Wissen des öffentlichen Trägers ist notwendig, damit<br />

er seine steuernde Funktion der sozialen Infrastruktur<br />

effektiv wahrnehmen kann.<br />

Einschätzung:<br />

Eine ergebnisorientierte Auswahl der Anbieter ist das<br />

effektivste Instrument ergebnisorientierter Steuerung,<br />

der Anbieter muss darauf reagieren, wenn er mittelund<br />

langfristig am Markt bestehen will.<br />

Wird Ergebnisqualität zur Beurteilungsgröße für<br />

die Anbieterauswahl, dann wird sie auch handlungsrelevant<br />

für die Träger.<br />

Zudem kann man für diesen Ansatz auf Ansätze<br />

der bereits bestehenden Praxis zurückgreifen. Die<br />

im Jugendamt bereits vorhandenen Erfahrungswerte<br />

und Entscheidungsgrundlagen müssten zusammengeführt<br />

und systematisiert werden.<br />

Zusätzlich sollten weitere zentrale Ergebniskennziffern,<br />

die sich für die Anbieterauswahl anbieten in<br />

den Qualitätsentwicklungsvereinbarungen festgehalten<br />

werden.<br />

●● Typus Fallpauschalen<br />

Die Finanzierung über Fallpauschalen eignet sich in<br />

erster Linie im Bereich ambulanter Hilfeformen.<br />

Zum Beispiel ermöglichen es monatliche flexibel<br />

einsetzbare Fallpauschalen für eine ambulante intensive<br />

Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII, auf relativ einfache<br />

Weise die Ergebnisorientierung eines Trägers zu<br />

unterstützen, den fachlich wie fiskalisch gewünschten<br />

Verselbständigungsprozess des Klienten zu fördern.<br />

Der Anbieter hat nach einem meist notwendigen<br />

intensiven Ressourceneinsatz in der Anfangsphase<br />

des Hilfeverlaufs ein wirtschaftliches Eigeninteresse<br />

daran, auf die Verselbständigung, die mit einem geringeren<br />

Hilfebedarf einhergeht, hinzuwirken.<br />

●● Typus Persönliches Budget für Klienten<br />

Das persönliche Budget als Instrument einer nachfrageorientierten<br />

Steuerung wird derzeit im sozialen<br />

Dienstleistungssektor vor allem im Bereich der Eingliederungshilfe<br />

und der Hilfe zur Pflege eher modellhaft<br />

erprobt.<br />

Bereits praktiziert wird dies im sozialen Dienstleistungssektor<br />

in der Kindertagesbetreuung in Hamburg,<br />

hier können die Personensorgeberechtigten durch die<br />

Vergabe von sog. „Kita-Gutscheinen“ eine Einrichtung<br />

auswählen.<br />

Im Rahmen von Vereinbarungen nach §§ 77, 78<br />

SGB VIII lassen sich Formen des persönlichen Budgets<br />

so umsetzen, dass sich die Leistungsanbieter verpflichten,<br />

die Gutscheine entgegenzunehmen und garantierte<br />

Mindeststandards einzuhalten.<br />

Damit ein solches Instrument zu mehr Qualität insbesondere<br />

auch zu mehr Ergebnisqualität der Anbieter<br />

führen kann, müssen dem Klienten in seinem Auswahlprozess<br />

Informationen über die Ergebnisqualität<br />

der unterschiedlichen Anbieter zur Verfügung stehen,<br />

beispielsweise in einer Datenbank.<br />

Damit ein solches Instrument praktikabel ist, müssen<br />

sich die Klienten auch ohne fremde Hilfe informieren<br />

und entscheiden können, sonst hat man analog zu<br />

den Bereichen Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe<br />

plötzlich die Diskussion um eine sog. Budgetassistenz<br />

durch den öffentlichen Träger. Der Aufwand<br />

stünde in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen.<br />

Einschätzung:<br />

Dieses Instrument einer Leistungsvergabe durch den<br />

Leistungsempfänger ist für den Bereich der Hilfen zur<br />

Erziehung nur für ausgewählte Bereiche anwendbar.<br />

Zu nennen sind hier die Erziehungsberatung und<br />

die sozialpädagogische Familienhilfe, weil hier die<br />

Leistung auch real gegenüber den Klienten erbracht<br />

wird, diese also ihre „Kundenmacht“ nutzen können.<br />

40 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Zu empfehlen ist es dennoch nicht unbedingt, weil<br />

die Kosten dieses Ansatzes den Nutzen (in diesem<br />

Feld!) übersteigen. In den Feldern der Eingliederungshilfe<br />

und der ambulanten Pflege ist dieses Instrument<br />

von größerem Nutzen, weil es im Wesentlichen nicht<br />

um den Einkauf einer einzelnen Leistung geht, als<br />

vielmehr um das individuell zusammenzustellende<br />

Leistungsportfolio<br />

●● Typus Zusatzmodul ambulante Hilfeform<br />

Idee dieses Ansatzes ist es, den finanziellen Verlust bei<br />

Beendigung von stationären Hilfen teilweise durch<br />

ambulante „Nachfolgeaufträge“ zu kompensieren<br />

und so die wirtschaftlichen Anreize des Anbieters umzulenken.<br />

Einschätzung:<br />

Es ist eher davon auszugehen, dass dieser Anreiz nicht<br />

ausreichend ist. In Einrichtungen, die sowohl stationäre<br />

als auch ambulante Hilfeformen anbieten, gibt es<br />

bereits heute die Tendenz von weniger kostenintensiven<br />

in kostenintensivere Hilfen umzusteuern.<br />

Daher ist die finanzielle Kompensation durch die<br />

Beauftragung mit der Nachbetreuung nicht ausreichend,<br />

um einen wirklichen Anreiz auszuüben.<br />

Zumal die Nachbetreuung durch die stationäre<br />

Einrichtung ohnehin in der Praxis aus fachlichen<br />

Gründen üblich ist. Ein zusätzliches Instrument durch<br />

Vereinbarungen ist daher gar nicht notwendig.<br />

●● Typus Kompensation bei Leerstand durch Erfolg<br />

Die Idee ist, dass bei einem „vorzeitigen“ Erfolg der<br />

dadurch entstehende Leerstand einer Einrichtung<br />

durch den öffentlichen Träger kompensiert wird. Zum<br />

Beispiel: Wenn die Verselbständigung zwei Monate<br />

früher als geplant gelingt, werden die Kosten für die<br />

beiden Monate durch den öffentlichen Träger übernommen,<br />

ganz oder teilweise.<br />

In diesem Fall wäre es allerdings sinnvoll, diesen<br />

Betrag auch dann zu leisten, wenn der Platz durch die<br />

Einrichtung wieder belegt werden kann.<br />

Das ist wichtig, sonst entwickelt sich hier die negative<br />

Steuerungsdynamik diesmal auf Seiten des öffentlichen<br />

Trägers, den Platz neu zu besetzen, damit<br />

sich die finanziellen Mittel auch „lohnen“.<br />

5 Empfehlungen zur<br />

Ausgestaltung ergebnis-<br />

orientierter Anreizsysteme<br />

für Hilfen zur Erziehung<br />

Die folgenden Empfehlungen beziehen sich auf unterschiedliche<br />

Dimensionen, die bei der Etablierung wirkungsorientierter<br />

Anreizsysteme zu berücksichtigen<br />

sind.<br />

Dimensionen bei der Etablierung<br />

wirkungsorientierter Anreizsysteme<br />

Auswahl<br />

relevanter<br />

Ergebniskennziffern<br />

Handlungsrelevanz<br />

der<br />

Vereinbarungen<br />

Auswahl des<br />

Anreizsystems<br />

Andockpunkte in<br />

der heutigen Praxis<br />

5.1 Auswahl des Anreizsystems<br />

Praktische Umsetzung<br />

Welche Anreizelemente in der Qualitätsentwicklung,<br />

kombiniert mit der Leistungs- und Entgeltvereinbarung<br />

im Einzelfall zu favorisieren sind, hängt von den<br />

konkreten Steuerungsinteressen sowie den Rahmenbedingungen<br />

vor Ort ab, wie beispielsweise die Zahl<br />

der Anbieter vor Ort, der Kooperationskultur zwischen<br />

öffentlichem und freien Trägern etc. .<br />

Drei Aspekte gelten jedoch übergreifend:<br />

●● Das einfachste und gleichzeitig effektivste Anreizsystem<br />

ist ein ergebnisorientierter Auswahlprozess.<br />

Die bisher erbrachten Ergebnisqualitäten der Anbieter<br />

müssen transparent werden und bei künftigen Auswahlentscheidungen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 41


Das ist ein Ansatzpunkt, der in jeder Kommune bereits<br />

heute vorhanden ist und in Ansätzen auch schon<br />

praktiziert wird.<br />

Deshalb kann hier mit einem relativ geringen Aufwand<br />

an Transaktionskosten ein hohes Maß an positiver<br />

Steuerungsdynamik erzielt werden. Der Anbieter<br />

ist mittel- und langfristig davon abhängig, eine gute<br />

Ergebnisqualität zu erzielen.<br />

Unabhängig davon, welche weiteren Anreizelemente<br />

installiert werden, die ergebnisorientierte Auswahl<br />

von Anbietern sollte immer zentraler Bestandteil<br />

der Gesamtsteuerung sein.<br />

●● Immaterielle Anreizsysteme sollten Lernprozesse<br />

unter den Anbietern fördern und Innovationen<br />

fördern.<br />

●● Bonus/Malus-Regelungen sind kritisch im Hinblick<br />

auf die Auswirkungen auf die soziale Infrastruktur<br />

vor Ort zu prüfen.<br />

Anreizsysteme mit unmittelbarer Kopplung von Vergütung<br />

und Ergebnisqualität können positive Steuerungsdynamiken<br />

entfalten, wenn die Anbieter vor Ort<br />

über die Voraussetzungen verfügen, diese Anreize<br />

aufzugreifen.<br />

Dies ist jedoch nicht immer gegeben. (vgl. hierzu<br />

auch Kapitel 5).<br />

In aller Kürze:<br />

Ergebnisorientierte Auswahl der Anbieter als zentraler<br />

Bestandteil!<br />

Immaterielle Anreizsysteme für die Förderung<br />

einer Lern- und Innovationskultur nutzen!<br />

Bei Bonus-/Malus-Regelungen die soziale Infrastruktur<br />

berücksichtigen!<br />

5.2 Auswahl steuerungsrelevanter<br />

Ergebniskennziffern<br />

Unabhängig davon, für welche Variante eines Anreizsystems<br />

sich eine Kommune entscheidet: Die Transparenz<br />

und die Auswertung der Ergebnisqualität der<br />

Anbieter ist zentraler Bestandteil jeder ergebnisorientierten<br />

Steuerungssystematik.<br />

Mit einer Auswahl der Ergebniskennziffern, die<br />

praktikabel und steuerungsrelevant ist, werden entscheidende<br />

Weichen für die Effektivität der Anreiz-<br />

elemente in Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

gestellt.<br />

Allerdings hält die Praxis gerade in dieser Frage<br />

zahlreiche „Fallstricke“ bereit, die ergebnisorientierte<br />

Anreizelemente ins Leere laufen lassen.<br />

Daher empfehlen wir, folgende Erfolgsfaktoren zu<br />

berücksichtigen, bzw. folgende Fallstricke zu vermeiden:<br />

Erfolgsfaktoren und Fallstricke bei der Auswahl<br />

von Ergebniskennziffern<br />

Keine abstrakte<br />

Diskussion um<br />

Erfolg!<br />

Ergebnisziele<br />

quantifiziert und<br />

aggregierte<br />

Ebene definieren!<br />

Zielsetzung im<br />

Hilfeplan als<br />

Maßstab für<br />

Erfolg!<br />

Fachliche und<br />

fiskalische Wirkungen<br />

berücksichtigen<br />

●● Keine abstrakte Diskussionen über<br />

den Erfolg in der <strong>Jugendhilfe</strong>!<br />

Was macht den Erfolg in der <strong>Jugendhilfe</strong> aus? Diese<br />

Frage füllt Tagungen, Bücherregale, wissenschaftliche<br />

Abhandlungen, steuern kann man mit ihr weniger.<br />

●● Zielsetzung im Hilfeplan als Maßstab<br />

für den Erfolg erzieherischer Hilfen!<br />

Im Prinzip ist diese Frage auf der Basis des SGB VIII<br />

einfach zu beantworten: Eine Hilfe zur Erziehung ist<br />

dann erfolgreich, wenn die im individuellen Hilfeplan<br />

vereinbarte Zielsetzung erreicht wurde.<br />

Die Passgenauigkeit des Hilfesettings hat nach<br />

dem SGB VIII oberste Priorität. Daher ist es folgerichtig,<br />

nicht abstrakt zu definieren, was Erfolg ist, sondern<br />

die auf den Einzelfall abgestimmte Zielsetzung<br />

zu fokussieren.<br />

Die <strong>Jugendhilfe</strong> verfügt im Vergleich zu anderen<br />

sozialen Feldern, über eine ausgereifte fachlich fundierte<br />

Hilfeplanung. Auch wenn die dort festgeschriebenen<br />

Zielsetzungen insbesondere im Hinblick auf<br />

den Operationalisierungsgrad der Ergebnisqualität<br />

noch ausbaufähig sind.<br />

Daher empfehlen wir den Weg, den Erfolg erzieherischer<br />

Hilfen am Zielerreichungsgrad bei Beendigung<br />

der Hilfe zu messen.<br />

42 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


Hierbei können relativ grobe Kategorien gewählt werden<br />

wie beispielsweise:<br />

●● Schulnoten von 1 bis 6<br />

●● Zielsetzung im Hilfeplan voll, weitgehend, ausreichend,<br />

kaum, mangelhaft, gar nicht erreicht.<br />

●● Zielerreichungsgrade in Prozent<br />

Empfohlen wird, eine Stufung in sechs Schritten vorzunehmen,<br />

um eine Angabe „weder/noch“ zu vermeiden.<br />

Eine solche Einschätzung erfolgt implizit (teilweise<br />

auch schon explizit) ohnehin durch die fallführende<br />

Fachkraft im laufenden Prozess. Es geht an dieser Stelle<br />

daher um die Systematisierung und Nutzung für<br />

den Steuerungsprozess.<br />

Die Frage ist: Wer trifft die Einschätzung darüber,<br />

in welchem Ausmaß die Zielsetzung des Hilfeplans<br />

erreicht wurde? Hier gibt es unterschiedliche Varianten.<br />

Möglich ist, dass die Entscheidung alleine durch<br />

die fallführende Fachkraft oder gemeinsam von Fachkraft,<br />

Anbieter, Kind und Personensorgeberechtigten<br />

getroffen wird.<br />

Als Argument gegen diese Form der Erfolgsmessung<br />

wird häufig benannt, damit befinde man sich im<br />

Bereich subjektiver Einschätzungen. Aber: Wenn nicht<br />

die Fachkraft und/oder die Kinder und Jugendlichen<br />

selbst, wer soll dann vor dem Hintergrund der individuell<br />

spezifisch sehr unterschiedlichen Zielsetzungen<br />

einen Zielerreichungsgrad einschätzen?<br />

●● Steuerung auf aggregierter Ebene,<br />

nicht auf Einzelfallebene<br />

Die Ergebnisse erzieherischer Hilfen wird nicht nur<br />

durch die Arbeitsweise der Fachkräfte im Jugendamt,<br />

sondern auch durch externe Faktoren beeinflusst, insbesondere<br />

auch durch die sog. Koproduzenten, die<br />

Kinder und Jugendlichen und die Personensorgeberechtigten.<br />

Daher ist es sinnvoll, auf aggregierter Ebene zu<br />

steuern und sich vom Einzelfall zu lösen.<br />

Dass im Einzelfall z.B. Außenstehende den Abbruch<br />

der Maßnahme durch den Jugendlichen forciert haben<br />

ist nachvollziehbar und wenig steuerungsrelevant.<br />

Die Aussage, dass ein Anbieter eine nur 10 prozentige<br />

Abbruchquote aufweist, im Vergleich zu der 40<br />

prozentigen Abbruchquote eines anderen Anbieters,<br />

ist da schon wesentlich aussagekräftiger.<br />

Für die praktische Umsetzung bedeutet das eine<br />

große Herausforderung. Auf Grund der bisher kaum<br />

vorhandenen Transparenz im Hinblick auf die Ergebnisqualität<br />

erzieherischer Hilfen sind realistische Zielsetzungen<br />

nicht leicht zu bestimmen.<br />

Daher sollte in der Umsetzung eine Annäherungsphase<br />

an die realistische Zielsetzungen eingeplant<br />

werden.<br />

●● Fachliche und fiskalische Ziele<br />

in Zusammenhang sehen<br />

Ziel des Bundesmodellprogramms ist die Rationalisierung<br />

des Finanzierungssystems erzieherischer Hilfen<br />

im Sinne einer optimierten Allokation von Mitteln und<br />

einer verbesserten Wirksamkeit der Hilfen.<br />

Bei der Diskussion um die Wirkung erzieherischer<br />

Hilfen geht es daher neben dem fachlichen Erfolg einer<br />

Hilfe auch um fiskalische Zielsetzungen.<br />

Oft sind fachliche und fiskalische Ziele sogar identisch,<br />

beispielsweise wenn es um die Reduzierung<br />

von Heimunterbringungen geht, die Steigerung des<br />

Anteils Pflegekindern sowie die Nachhaltigkeit von<br />

Hilfen. Darüber hinaus sollten auch rein fiskalische<br />

Zielsetzungen betrachtet werden, die Auskunft über<br />

die Ressourceneffizienz geben, beispielsweise die Erhebung<br />

der gesamten Kosten eines Falls bei Beendigung.<br />

5.3 Prozessuale Hinweise zur<br />

Umsetzungsphase der Etablierung<br />

wirkungsorientierter Anreizsysteme<br />

●● Bewährte Begrifflichkeiten wählen!<br />

Der Begriff der Wirkungsorientierung hat es in der<br />

fachlichen Diskussion zu einigem Facettenreichtum<br />

gebracht: Outcome, impact, effect, Wirkung, Ergebnis<br />

etc.: Bezeichnungen für unterschiedliche Dimensionen<br />

des Begriffs „Wirkung“, die allerdings sehr unterschiedlich<br />

interpretiert werden.<br />

Empfohlen wird, auf den Begriff der Ergebnisqualität<br />

zurückzugreifen, da dieser im Zuge der Debatte<br />

um Qualitätsdefinitionen bereits eindeutiger belegt<br />

ist. So können wenig fruchtbare aber sehr zeitraubende<br />

Diskussionen um Begrifflichkeiten vermieden werden.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 43


●● Erst mit der Operationalisierung wächst<br />

die Skepsis<br />

Abstrakt ist man sich bei der Definition von Ergebnisqualität<br />

erzieherischer Hilfen schnell einig. Geht<br />

es aber um die Operationalisierung dieser Größe, die<br />

verbindliche Beurteilungsgröße für die Leistungserbringung<br />

sein soll, wachsen Bedenken.<br />

Dies ist verständlich, weil mit einer konsequenten<br />

Orientierung an Ergebniskennziffern Unsicherheiten<br />

verbunden sind. In der Konsequenz kann dies in der<br />

Praxis dazu führen, dass zur Beschreibung der Ergebnisqualität<br />

verstärkt auf Indikatoren zurückgegriffen<br />

wird, die eher der Prozess- und Strukturqualität zuzuordnen<br />

sind.<br />

An den einzelnen Umsetzungsmeilensteinen lohnt<br />

sich daher der externe Blick eines Unbeteiligten um<br />

den Grad der Ergebnisorientierung der Kennziffern<br />

zu prüfen.<br />

●● Dokumentationsaufwand insgesamt verringern!<br />

Der Dokumentationsmehraufwand durch die Erhebung<br />

der Ergebnisqualität sollte kompensiert werden<br />

durch die Reduzierung des Erhebungsaufwandes für<br />

den Nachweis von Prozess- und Strukturqualitäten.<br />

Anbieter von Eingliederungsleistungen für Menschen<br />

mit Behinderung in Schleswig-Holstein sind in<br />

Zusammenhang der Entwicklung eines Qualitätsmonitoring<br />

diesen Weg gegangen.<br />

Die teilweise ausufernde Beschreibung der Prozess-<br />

und Strukturqualitäten im Rahmen von Qualitätsmanagement<br />

und Steuerung ist nicht nur fachlich<br />

begründet. Oftmals sollte damit die fehlende Dokumentation<br />

von Ergebnissen und Wirkungen kompensiert<br />

werden. Insofern dürften sich hier einige Potenziale<br />

zur Entschlackung von Überprüfungskategorien<br />

finden.<br />

●● Probierphase bei der Quantifizierung<br />

der Ziele einplanen<br />

Es sollte ein realistisches, aber herausforderndes Ziel<br />

zur Ergebnisqualität von Anbietern erzieherischer<br />

Hilfen vereinbart werden.<br />

Da keine Erfahrungswerte über Zielerreichungsgrade<br />

vorliegen, weiß man oftmals nicht, welche Ergebnisqualität<br />

realistischerweise erreichbar sein kann.<br />

Daher wird empfohlen, damit offensiv umzugehen<br />

und erste Testjahre zur „Annäherung“ einzuplanen.<br />

Konkret bedeutet das beispielsweise, bei Bonus-<br />

Regelungen den Prozentsatz der Erfolgsprämie langsam<br />

aufzustocken, um die finanzielle Bedeutung bei<br />

fehlender Wirkungserzielung gering zu halten. Zudem<br />

sollte das Controlling in den ersten Jahren nach<br />

Einführung der Erfolgsmessung darauf abzielen, die<br />

Zieldefinition daraufhin zu prüfen, ob es sich um ein<br />

realistisch und dabei gleichzeitig herausforderndes<br />

Ziel handelt.<br />

In aller Kürze:<br />

Bewährten Begriff der Ergebnisqualität wählen!<br />

Skepsis zum Thema der Erfolgsmessung kommt<br />

bei der Operationalisierung von Ergebniskennziffern.<br />

Dies bei der Prozessplanung berücksichtigen!<br />

Den Mehraufwand an Dokumentation für den Bereich<br />

der Ergebnisqualität durch eine Reduzierung im<br />

Bereich der Prozess- und Strukturqualität kompensieren!<br />

Annäherungsphase an realistische Zielsetzungen<br />

bei der Ergebnisqualität festlegen!<br />

5.4 Wie entfalten Vereinbarungen<br />

Handlungsrelevanz?<br />

Ausgangspunkt des Bundesmodellprogramms ist die<br />

Analyse, dass die Einführung der Leistungs- und Entgeltvereinbarungen<br />

zwar formal aber nicht de facto<br />

die Abkehr vom Prinzip der Kostendeckung hin zu<br />

prospektiven Entgelten bedeutet hat.<br />

Bisher ist die Handlungsrelevanz der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

noch weniger gegeben, beispielsweise<br />

weil sie nur die gesetzlichen Regelungen<br />

des SGB VIII enthalten.<br />

Die zentrale Frage ist:<br />

Wie kann man es erreichen, dass die Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

als Instrument tatsächlich<br />

genutzt werden und handlungsrelevant für die Gesamtsteuerung<br />

werden?<br />

●● Verbindlichkeit der Ergebnisziele aus den Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

erhöhen.<br />

Wichtig ist, dass die Verbindlichkeit der Ergebnisqualität<br />

als zentraler Bestandteil der Qualitätsentwick-<br />

44 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


lungsvereinbarungen und der wirkungsorientierten<br />

Anreizelemente für die freien aber auch für die öffentlichen<br />

Träger erhöht wird.<br />

Ergebnisziele, die in den Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

benannt sind, werden verbindlicher,<br />

wenn sie in den Leistungsvereinbarungen explizit aufgeführt<br />

sind, und nicht nur auf sie verwiesen wird.<br />

QualitätsV<br />

Konsistenz der Vereinbarungen<br />

LeistungsV<br />

EntgeltV<br />

QualitätsV<br />

Standardisierung des Berichtswesens<br />

Ergebnisqualität<br />

Nachhaltigkeit: „In 75 %<br />

der Fälle sollen im Laufe<br />

eines Jahres keine<br />

Nachfolgehilfen notwendig<br />

werden.<br />

Bericht zu QualitätsV<br />

Beschreibungskategorie<br />

im Bericht:<br />

In wie viel Prozent der<br />

Fälle ist es gelungen,<br />

dass im Laufe eines<br />

Jahres keine<br />

Nachfolgehilfen<br />

notwendig werden?<br />

Entspricht das der<br />

Zielmarge? Wie hoch ist<br />

die Abweichung?<br />

Ergebnisziel<br />

„Nachhaltigkeit 80 %“<br />

Ergebnisziel<br />

„Nachhaltigkeit 80 %“<br />

= Weniger Möglichkeiten zum Freitext. Vorteile sind<br />

stringente Zielorientierung sowie effizientere Auswertung der<br />

Berichte<br />

= Aufhebung der Trennung „soft facts“ und „hard facts“<br />

Hierdurch kann eine Trennung in die „hard-facts“ der<br />

Leistungs- und Entgeltvereinbarung und der weniger<br />

relevanten „soft-facts“ vermieden werden.<br />

Juristisch macht das keinen Unterschied, Erfahrungen<br />

zeigen aber, dass die Inhalte der Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

den Akteuren kaum<br />

bekannt sind, was dazu führt, dass Ergebnisqualität<br />

als Beurteilungsgröße für sie nicht handlungsrelevant<br />

werden kann.<br />

Darüber hinaus ist es hilfreich, ein standardisiertes<br />

Berichtswesen einzuführen, im Rahmen dessen<br />

die Möglichkeit zur Beschreibung im Freitext eingeschränkt<br />

sind und v.a. auf die Beschreibungskategorien<br />

Bezug genommen werden muss, die direkt<br />

der Qualitätsentwicklungsvereinbarung entnommen<br />

sind.<br />

Das erleichtert dem Jugendamt die Auswertung,<br />

es diszipliniert aber auch bei der Beschreibung insbesondere<br />

der Ergebnisqualität und erhöht die Wichtigkeit<br />

der QE-Vereinbarung.<br />

Interessant ist es, wenn die Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

über die Beschreibung der Ergebnisqualität<br />

hinaus auch dafür genutzt werden, Kommunikationsstrukturen<br />

zwischen öffentlichem und freiem<br />

Träger verstärkt zu systematisieren.<br />

Insbesondere dient dies auch dazu, zu verdeutlichen,<br />

dass Qualitätsentwicklung nicht nur eine Bringschuld<br />

der freien Träger ist, sondern dass es sich um einen kooperativen<br />

Prozess zwischen freien und öffentlichen<br />

Trägern handelt.<br />

Handlungsrelevanz von Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

stärken<br />

Festlegung zu<br />

Routinen bei<br />

Abweichungen von<br />

den Ergebniszielen.<br />

Ursachenforschung für<br />

Optimierung<br />

Standardisierter Bericht<br />

über Erreichung der<br />

Ergebnisqualität.<br />

Ergebnisqualität<br />

quantifiziert<br />

definieren<br />

(Neu)-Definition der<br />

Ziele<br />

Controlling<br />

Ergebnisqualität<br />

im vergangenen<br />

Beauftragungszeitraum?<br />

Auswahl der<br />

Leistungserbringer<br />

Ergebnisziele in<br />

den Qualitätsund<br />

Leistungsvereinbarungen<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 45


Die Handlungsrelevanz von Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

kann dann verstärkt werden,<br />

wenn an zentralen Stellschrauben des gesamten Steuerungsprozesses<br />

auf die Zieldefinition im Hinblick auf<br />

die Ergebnisqualität Bezug genommen wird.<br />

Ein Anreizsystem kann nur dann Wirkung entfalten,<br />

wenn es seine Entsprechung im Steuerungskreislauf<br />

des öffentlichen Trägers findet.<br />

An o. g. Stellschrauben (s. Abb.) eines Steuerungskreislaufes<br />

sollte die Ergebnisqualität aus den Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

eine Rolle spielen:<br />

5.5 Schaffen einer produktiven Lernkultur<br />

in der sozialen Infrastruktur<br />

Ergebnisorientierte Anreize entfalten in erster Linie<br />

dann Wirkung, wenn sie auf eine positiv verstandene<br />

Fehlerkultur ausgerichtet sind.<br />

Fehler sollten in erster Linie eine Ursachenanalyse und<br />

Optimierungsprozesse auslösen.<br />

Produktive Fehler- und Lernkultur<br />

Ergebnisqualität messen<br />

Transparenz über Ergebnisqualität<br />

Gemeinsame Bewertung der Ergebnisse<br />

durch öffentlichen und freien Träger<br />

Ursachenanalyse<br />

Optimierungsansätze entwickeln<br />

Best-Practice identifizieren, ggf. Veröffentlichung<br />

Erfahrungsaustausch und Know how Transfer<br />

Zwei Dimensionen werden hier deutlich.<br />

Zum einen der Austausch zwischen öffentlichem<br />

und einzelnem Anbieter. Hier geht es im Übrigen<br />

nicht nur um Optimierungsbedarfe des freien sondern<br />

auch des öffentlichen Trägers. Hilfeplanung und die<br />

Durchführung von Hilfen zur Erziehung sind eng aufeinander<br />

bezogen.<br />

Hier greifen konsequent durchgeführte Dialogroutinen<br />

bei Zielabweichungen.<br />

Zum anderen wird darüber hinausgehend auch<br />

empfohlen, einen Erfahrungsaustausch, Know-how-<br />

Transfer und die gemeinsame Qualitätsentwicklung<br />

aller Anbieter untereinander zu fördern, ggf. zu entwickeln.<br />

Fördern Sie die Leistungsträger und Innovatoren<br />

unter ihren Anbietern, damit auch die übrigen<br />

Anbieter vom Know-how profitieren.<br />

5.6 Bereits vorhandene Möglichkeiten<br />

und Strukturen nutzen!<br />

Jugendämter verfügen bereits heute über Ansätze und<br />

Andockpunkte für ergebnisorientierte Steuerung im<br />

Bereich der Hilfen zur Erziehung.<br />

Die einfachste und effektivste Variante eines Anreizsystems<br />

ist es, Anbieter mit guten Ergebnisqualitäten<br />

künftig zu beauftragen. Die Jugendämter verfügen in<br />

der Regel bereits über Ansätze in dieser Richtung, einzelne<br />

Fachkräfte entscheiden nach ihrem Erfahrungswissen.<br />

Zu empfehlen ist, das im Jugendamt bereits an<br />

unterschiedlichen Stellen vorhandene Wissen zusammenzuführen<br />

und zu systematisieren. Ideal wäre eine<br />

Datenbank mit Informationen über Anbieter, die sich<br />

nicht nur auf Preis, Auslastung und Leistungsportfolio,<br />

sondern auch auf Kenntnisse zu Ergebnisqualität<br />

beziehen.<br />

Häufig fehlt hier die Bereitschaft in den Jugendämtern,<br />

bewertende Kriterien festzulegen. Daher kann<br />

es sinnvoll sein, zunächst im Hinblick auf ihre Ergebnisqualität<br />

sehr negativ aufgefallene Träger aus dem<br />

Kreis der Anbieter rauszufiltern. Das ist natürlich nur<br />

interessant für Städte, die über einen großen wenig<br />

überschaubaren Kreis an Anbietern verfügen.<br />

Aus eigenen Fehlern lernen!<br />

Aus positiven Ansätzen der anderen lernen!<br />

46 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


6 Strategisch im Blick behalten:<br />

Infrastrukturelle Voraus-<br />

setzungen, damit Anbieter<br />

auf die Anreize auch<br />

reagieren können<br />

Gegenstand dieser Empfehlungen sind wirkungsorientierte<br />

Anreizsysteme in Vereinbarungen nach §§<br />

77 und 78 SGB VIII. Es ist hilfreich, die Steuerungsdynamiken<br />

dieses Instrumentes zu prüfen, um die konkrete<br />

Ausgestaltung vor Ort sinnvoll entsprechend<br />

der Bedürfnisse auszutarieren.<br />

Entscheidend für die Wirksamkeit des Gesamtsystems<br />

ist aber, dass die Kommune über die Detailsteuerung<br />

hinaus geht und ihr strategisches Gesamtinteresse<br />

im Hinblick auf die soziale Infrastruktur im<br />

Blick hat.<br />

renzlosen Anbieter wenig Anreiz für Veränderungen<br />

und Qualitätsverbesserungen sein. Wenn seine Ergebnisqualität<br />

schlecht ist, können sich Bonus/Malus-<br />

Regelungen sogar negativ auf die Entwicklung des<br />

Gesamtsystems auswirken. Die schlechtere finanzielle<br />

Ausstattung wäre ggf. sogar existenzgefährdend für<br />

den Anbieter.<br />

Die Kommune ist jedoch an der Entwicklung und<br />

Veränderung ihrer Anbieter vor Ort interessiert, nicht<br />

an einer Zerschlagung von Strukturen. Daher infrastrukturellen<br />

Bedingungen vor Ort im Blick zu behalten,<br />

wenn es um die Etablierung wirkungsorientierter<br />

Anreizsysteme geht.<br />

Die zentrale Frage ist hier: Was kann ein öffentlicher<br />

Träger tun, um eine produktive soziale Infrastruktur<br />

zu unterstützen, zu pflegen oder zu entwickeln?<br />

Ausreichend Anbieter<br />

Kommunikationskultur<br />

Wettbewerbssituation<br />

Anbieterstruktur<br />

Soziale<br />

Infrastruktur<br />

Qualitätswettbewerb<br />

Produktive<br />

soziale<br />

Infrastruktur<br />

Alle Steuerungsinstrumente – ob aus dem Bereich<br />

Controlling, der Leistungsvereinbarung, der Planung<br />

etc. – können ins Leere laufen bzw. negative Dynamiken<br />

entwickeln, wenn die soziale Infrastruktur keine<br />

Voraussetzungen dafür bietet.<br />

Eine solche Dysfunktionalität kann beispielsweise<br />

dadurch entstehen, dass nur ein Anbieter vor Ort zur<br />

Auswahl steht, ein closed-shop von Anbietern innovative<br />

Entwicklungen verhindert oder der Qualitätswettbewerb<br />

einem reinen Preisbewerb gewichen ist.<br />

Eine ergebnisorientierte Auswahl auf der Basis<br />

erhobener Ergebnisqualitäten wird für einen konkur-<br />

Anpassungsfähigkeit<br />

freier Träger<br />

Kein closed-shop<br />

Fehlertoleranz und<br />

Innovationsförderung<br />

Ergebnisqualität<br />

Fehlerkultur<br />

Dabei ist nicht die Rolle der freien Träger zu vernachlässigen.<br />

Um die Ergebnisqualität und die Bedarfsgerechtigkeit<br />

der Angebote zu fördern, müssen die Anbieter<br />

in der Lage sein, strategische Optionen für ihre<br />

Positionierung am Markt zu entwickeln.<br />

Diese kann in einer Spezialisierung oder auch<br />

einer Generalisierung des Angebotsportfolios liegen,<br />

in der Entwicklung von sog. Nischenangeboten sowie<br />

auch in der Erschließung weiterer Kommunen aus der<br />

Region als Auftraggeber.<br />

Grundvoraussetzung für die Aufgabenwahrnehmung<br />

öffentlicher und freier Träger ist eine positive,<br />

offene und transparente Kommunikationskultur.<br />

Kohlmeyer – Ausgestaltung wirkungsorientierter Anreizsysteme | 47


Miriam Kohlmeyer, Jahrgang 1975, Beraterin, Diplom-Politologin, Analyse administrativer und politischer<br />

Kommunikationsprozesse, seit 2004 bei con_sens, Schwerpunkte sind <strong>Jugendhilfe</strong> und Arbeitsmarktpolitik.<br />

48 |<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong>


WOJH Schriften 4 Titel.indd 1-2<br />

WOJH Schriften 5 Titel id5.indd 1-2<br />

WOJH Schriften 6 Titel_alternativ_2.indd 1-3<br />

30.05.20<strong>07</strong> 12:34:12 Uhr<br />

04.10.20<strong>07</strong> 15:44:21 Uhr<br />

17.03.2008 12:30:22 Uhr<br />

Akteure<br />

Lokale Partner —<br />

Tandems<br />

Regiestelle<br />

Lokale Partner<br />

Die lokalen Partner an den<br />

Mo dell standorten (Tandems,<br />

bestehend jeweils aus einem<br />

öffentlichen <strong>Jugendhilfe</strong>träger<br />

als Leistungsträger sowie<br />

Trägern von Einrichtungen<br />

als Leistungsanbieter) erhalten<br />

eine qualifizierte Beratung<br />

und Moderation ihres<br />

Aus handlungsprozesses.<br />

Die praktische Umsetzung<br />

der Ver ein barungen wird<br />

im Hin blick auf die damit<br />

verbundenen Ef fekte und auf<br />

die Einhaltung der vereinbarten<br />

Ziele und Wirkungen<br />

evaluiert.<br />

Regiestelle<br />

Regiestelle zur Koordination<br />

des Modellprogramms ist das<br />

Institut für soziale Arbeit mit<br />

Sitz in Münster. Sie übernimmt<br />

alle mit der Organisa tion und<br />

Durchführung des Modellprogramms<br />

verbundenen Aufgaben,<br />

unter anderem:<br />

Programmplanung und<br />

Programmsteuerung<br />

● Sicherstellung des vorgegebenen<br />

und verabredeten<br />

Pro grammverlaufs, der<br />

Zielerreichung und der<br />

Programmkompatibilität<br />

der Aktivitäten der lokalen<br />

Akteure und der Berater/<br />

innen.<br />

Programmrepräsentanz<br />

● Herstellung der internen<br />

und externen Repräsentanz<br />

(Pro gramm dach, Programmidentität<br />

und Programmidentifizierung).<br />

Servicefunktionen<br />

● Konzeption und Organisation<br />

von Veranstaltungen<br />

(Workshops und Fachtagungen),<br />

● Information von bundeszentralen<br />

Organisationen,<br />

lokalen Trägern und Interessengruppen,<br />

Beratungsinstitutionen<br />

Evaluation<br />

● Organisation des Transfers<br />

von (Zwischen-)Ergebnissen<br />

des Modellprogramms<br />

durch Veranstaltungen<br />

(Workshops), ein Internetforum<br />

und periodische<br />

Newsletter,<br />

● Kooperation, Abstimmung<br />

und Zusammenarbeit mit<br />

der Evaluation und dem<br />

Beirat.<br />

Programm durchführung<br />

● Laufende Abstimmung<br />

mit dem Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend,<br />

● Programmauswertung und<br />

Dokumentation,<br />

● laufende Berichterstattung<br />

über den Programmverlauf,<br />

Abstimmung und Kooperation<br />

mit der Evaluation und<br />

dem Beirat des Modellprogramms.<br />

Aufbau und Pflege<br />

des Netzwerkes<br />

● Aufbereitung der Aktivitäten<br />

der lokalen Projekte,<br />

● regelmäßige Information<br />

über Entwicklungen auf<br />

der lokalen wie auf der<br />

Programmebene,<br />

● Organisation von Veranstaltungen<br />

zu zentralen<br />

Themen und Entwicklungsaufgaben<br />

des Modellprogramms.<br />

ISA Planung und Entwicklung<br />

GmbH<br />

Studtstraße 20, 48149 Münster<br />

Fon 02‐51 925‐36-0 od.<br />

270‐59‐47, Fax 02‐51 925‐36-80<br />

Ansprechpartner:<br />

Dr. Erwin Jordan (Leitung)<br />

Dr. Dirk Nüsken, wiss.<br />

Mitarbeiter (Koordination)<br />

dirk.nuesken@isa-muenster.de<br />

Stefan Eberitzsch, wiss.<br />

Mitarbeiter, stefan.eberitzsch@<br />

isa-muenster.de<br />

Désirée Frese, wiss. Mitarbeiterin<br />

(Sachbearbeitung)<br />

desiree.frese@isa-muenster.de<br />

Evaluation<br />

Für die Aufgabe der<br />

Pro gramm evaluation wurde<br />

die Universität Bielefeld<br />

ausgewählt und be auftragt.<br />

Die Evaluation begleitet<br />

das Bun desmodellprogramm<br />

über die gesamte Laufzeit<br />

wissenschaftlich. Die unterschriebenen<br />

Vereinbarungen,<br />

ihre praktische Umsetzung<br />

sowie die Auswirkungen in<br />

der Praxis sollen wissenschaftlich<br />

überprüft werden. Dabei<br />

hat die Evaluation die Aufgabe,<br />

insbesondere darüber<br />

Aufschluss zu geben, ob und<br />

in welchem Aus maß die intendierten<br />

Wirkungen der Hilfen<br />

erreicht wurden.<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 04<br />

Eine Schriftenreihe des ISA<br />

zur Qualifizierung der Hilfen<br />

Die Evaluation soll insbesondere<br />

Aufschluss geben über<br />

zur Erziehung<br />

● Verlauf und Dauer des<br />

Hilfeprozesses,<br />

● Ergebnisse und Wirkungen<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII“.<br />

des Hilfeprozesses bei den<br />

Hilfeempfänger/innen,<br />

● Veränderung der Rolle und<br />

Gefördert vom<br />

der Beteiligung der Hilfeempfänger/innen,<br />

● die Entwicklung der Fallkosten,<br />

● die Strukturen und die<br />

Herausgeber:<br />

ISA Planung und Entwicklung GmbH, Studtstraße 20, 48149 Münster,<br />

Fon 02-51 925-36-0, Fax 02-51 925-36-80, www.isa-muenster.de, info@isa-muenster.de<br />

Ar beits prozesse in der<br />

Einrichtung,<br />

● das Zusammenwirken von<br />

Jugendamt, Einrichtung<br />

und Hilfeempfänger/innen<br />

bei der Hilfeplanung und<br />

-steuerung,<br />

zur Erziehung<br />

● die Praktikabilität und die<br />

Effekte ergebnisorientierter<br />

Finanzierungsbestandteile,<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII“.<br />

● die Entwicklung der Angebotsstrukturen<br />

und die<br />

Inanspruchnahme und die<br />

Gefördert vom<br />

Ausgestaltung der Hilfen.<br />

Die vorliegende Schriftenreihe erscheint begleitend<br />

zum Modellprogramm des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

zur „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch<br />

wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-,<br />

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

Die systematische und unabhängige<br />

Evaluation soll die<br />

Mög lichkeit Herausgeber: eröffnen, einzelne<br />

ISA Planung und Entwicklung GmbH, Studtstraße 20, 48149 Münster,<br />

Fon 02-51 925-36-0, Fax 02-51 925-36-80, www.isa-muenster.de, info@isa-muenster.de<br />

Kon zeptelemente aus ver schiedenen<br />

Modellstandorten als<br />

besonders wirksam zu identifizieren<br />

und für den spä teren<br />

Transfer über die Teilnehmer<br />

des Modellprogramms hinaus<br />

nutzbar zu machen. zur Erziehung<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 06<br />

Eine Schriftenreihe des ISA<br />

zur Qualifizierung der Hilfen<br />

Die Ergebnisse der umfassenden<br />

Wirkungsanalyse<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII“.<br />

dokumentieren zum Abschluss<br />

der Erprobungsphase 2008<br />

die Ef fekte der Neugestaltung<br />

Gefördert vom<br />

von Leitungs-, Entgelt- und<br />

Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

sowie Wirkungen<br />

der er brachten erzieherischen<br />

Herausgeber:<br />

Hilfen. ISA Planung und Entwicklung GmbH, Studtstraße 20, 48149 Münster,<br />

Fon 02-51 925-36-0, Fax 02-51 925-36-80,<br />

www.isa-muenster.de, info@isa-muenster.de<br />

© by ISA Planung und Entwicklung GmbH, Münster 2008<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 05<br />

Eine Schriftenreihe des ISA<br />

zur Qualifizierung der Hilfen<br />

Die vorliegende Schriftenreihe erscheint begleitend<br />

zum Modellprogramm des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

zur „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch<br />

wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-,<br />

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

Die vorliegende Schriftenreihe erscheint begleitend<br />

zum Modellprogramm des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

zur „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch<br />

wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-,<br />

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

ISBN 978-3-8309-2008-3<br />

Universität Bielefeld, Fakultät<br />

für Erziehungswissenschaft/AG<br />

8, Postf. 10‐01‐31,<br />

33501 Bielefeld<br />

Ansprechpartner/in:<br />

Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Uwe<br />

Otto (Leitung)<br />

Andreas Polutta (Koordination)<br />

Fon 05‐21 106‐33‐10,<br />

Fax 05‐21 106‐80‐47<br />

andreas.polutta@uni-bielefeld.de<br />

Stefanie Albus<br />

Heike Greschke<br />

Birte Klingler<br />

PD Dr. Heinz Messmer<br />

PD Dr. Heinz-Günter Micheel<br />

Bisher erschienen:<br />

<strong>Band</strong> 01, 02, 03, 04 (o. Abb.):<br />

Beiträge zur Wirkungsorientierung<br />

von erzieherischen<br />

Hilfen<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong> <strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 06 Zwischenberichte zum Modellprogramm<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 04<br />

Metaanalyse von Fallstudien<br />

erzieherischer Hilfen hinsichtlich<br />

von Wirkungen und „wirkmächtigen“<br />

Faktoren aus Nutzersicht<br />

von Klaus Wolf<br />

<strong>Band</strong><br />

04<br />

Eine Schriftenreihe des ISA zur<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 05<br />

Rechtliche Grundlagen für wirkungsorientierte<br />

Leistungs-, Entgelt- und<br />

Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

von Johannes Münder und Reinhard Joachim Wabnitz<br />

<strong>Band</strong><br />

05<br />

<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> 06<br />

Zwischenberichte der Regiestelle und<br />

der Evaluation zum Modellprogramm<br />

Regie: ISA Planung und Entwicklung GmbH<br />

Evaluation: Universität Bielefeld, Fakultät für<br />

Erziehungswissenschaft<br />

<strong>Band</strong><br />

06<br />

Eine Schriftenreihe des ISA zur<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung<br />

Eine Schriftenreihe des ISA zur<br />

Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung


<strong>Wirkungsorientierte</strong><br />

<strong>Jugendhilfe</strong> <strong>Band</strong> <strong>07</strong><br />

Eine Schriftenreihe des ISA<br />

zur Qualifizierung der Hilfen<br />

zur Erziehung<br />

Die vorliegende Schriftenreihe erscheint begleitend<br />

zum Modellprogramm des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)<br />

zur „Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung durch<br />

wirkungsorientierte Ausgestaltung der Leistungs-,<br />

Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen<br />

nach §§ 78a ff SGB VIII“.<br />

Gefördert vom<br />

Herausgeber:<br />

ISA Planung und Entwicklung GmbH, Studtstraße 20, 48149 Münster,<br />

Fon 0251 92536-0, Fax 0251 92536-80,<br />

www.isa-muenster.de, info@isa-muenster.de<br />

© by ISA Planung und Entwicklung GmbH, Münster 2009

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