Zur Davert - NABU-Naturschutzstation Münsterland e.V.
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Ökologisches Gold: Totholz mit blühendem Sauerklee Dr. Thomas Hövelmann bei der Arbeit in der <strong>Davert</strong><br />
schulnoten Für die davert<br />
Kartierung im Auftrag des Landes NRW<br />
„Sehr schön, eine Eiche mit starkem Baumholz<br />
von mehr als 50 cm Brusthöhenumfang – und<br />
da noch eine, und noch eine, das gibt ein A“: Dr. Thomas<br />
Hövelmann freut sich über den Bestand mit alten Eichen<br />
und kleineren Hainbuchen. Ein „A“ bedeutet „hervorragender<br />
Erhaltungszustand“ und ist die Bestnote, die ein<br />
Bestand aus naturschutzfachlicher Sicht erhalten kann.<br />
Die <strong>NABU</strong>-<strong>Naturschutzstation</strong> <strong>Münsterland</strong> führt ab<br />
diesem Jahr eine so genannte Biotopkartierung im NSG<br />
und Natura 2000-Gebiet „<strong>Davert</strong>“ durch. Wegen der Größe<br />
des Gebietes wird die Bearbeitung in den drei Kreisen<br />
Warendorf, Münster und Coesfeld auf drei Jahre<br />
verteilt. Den Anfang machen in 2012 die Waldbereiche<br />
im Kreis Warendorf westlich von Rinkerode, die übrigen<br />
Gebiete folgen in den kommenden beiden Jahren.<br />
Bei der Biotopkartierung, die offiziell vom Landesamt für<br />
Umwelt, Natur und Verbraucherschutz NRW (LANUV) in<br />
Absprache mit der Bezirksregierung und den Kreisen beauftragt<br />
wird, werden die gesetzlich geschützten Biotope<br />
wie zum Beispiel Kleingewässer und Bruchwälder auf ihren<br />
Zustand überprüft und sämtliche naturschutzfachlich<br />
wertvollen Bereiche für die landesweite zentrale Datenbank<br />
OSIRIS erfasst bzw. die schon vorhandenen Daten aktualisiert.<br />
Zudem werden – da es sich um ein europäisches<br />
Natura 2000-Gebiet handelt – auch die FFH-Lebensraumtypen<br />
von gemeinschaftlichem Interesse wie Eichen-Hainbuchenwald<br />
auf ihren Erhaltungszustand hin bewertet, mit<br />
Noten von „A“ für hervorragend bis „C“ für mittel-schlecht.<br />
Für den Diplom-Biologen Hövelmann bedeutet das, sämtliche<br />
Waldbestände der <strong>Davert</strong> aufzusuchen und den Bestand<br />
nach Totholz- und Altbaumanteil, Baumhöhlen<br />
und charakteristischen Pflanzenarten zu untersuchen.<br />
Dabei werden selbstverständlich auch die vorliegenden<br />
Daten des Landes und des Regionalforstamtes <strong>Münsterland</strong><br />
berücksichtigt. Nach Beendigung der Geländearbeiten<br />
werden die Daten aufwändig aufbereitet und an<br />
das LANUV in Recklinghausen übermittelt. Dort dienen<br />
sie unter anderem der Berichtspflicht gegenüber der EU.<br />
Auch Funde gefährdeter Pflanzenarten werden erfasst und<br />
punktgenau in Karten festgehalten. Die Grundbesitzer sind<br />
über das Regionalforstamt <strong>Münsterland</strong> und die Tagespresse<br />
über die Arbeiten unterrichtet worden. Die gewonnenen<br />
Erkenntnisse sind für das Landesamt und die <strong>NABU</strong>-<strong>Naturschutzstation</strong><br />
<strong>Münsterland</strong> eine wichtige Grundlage für<br />
die Konzeption und die Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen,<br />
damit sich auch spätere Generationen noch an<br />
der Vielfalt dieses einzigartigen Gebietes erfreuen können.<br />
Und für Dr. Thomas Hövelmann bedeutet das, noch viele<br />
Bestände zu begutachten: „Eigentlich ein Traumjob, aber<br />
an manchen Tagen möchte auch sicher niemand tauschen.<br />
Die Zecken, die Brombeeren - und wenn ich den Erhaltungszustand<br />
der Mücken in der <strong>Davert</strong> beurteilen müsste:<br />
„Ein A, ganz klar…“<br />
Wir in der <strong>Davert</strong><br />
bis zuM letzten zug… Flaschenbier,<br />
dass die Bahn sich verspätet, ist nichts Neues<br />
- dass sie für ihre Kunden auch Kaffeezüge<br />
veranstaltete, dürfte allerdings überraschen. Mit der<br />
Dampflok von Münster oder Dortmund nach Davensberg<br />
zuckeln, am Gasthaus „<strong>Zur</strong> <strong>Davert</strong>“ die Lok<br />
für ein paar Stunden auf dem Abstellgleis parken,<br />
vergnügt in der <strong>Davert</strong> wandern und zum Kaffeetrinken<br />
mitten im Wald unter Buchen am gedeckten<br />
Tisch Platz nehmen und herzhaft ins frisch gebackene,<br />
mit Butter bestrichene Rosinenbrot beißen, bevor<br />
die Dampflok die Gäste nach Hause fährt, das<br />
muss lange her sein… „So ist es“, sagt Heinrich Haverkamp,<br />
der in dritter Generation die idyllische und<br />
historische Waldwirtschaft in Davensberg betreibt.<br />
Angefangen hat alles 1874, da kauft sein Urgroßvater<br />
das landwirtschaftliche Anwesen von einer Familie,<br />
die nach Amerika auswandern will. Bereits 1874<br />
gründen die Großeltern die Gast- und Waldwirtschaft<br />
„<strong>Zur</strong> <strong>Davert</strong>“. Mit dem Bau der Bahnstrecke Münster<br />
– Dortmund von 1924 bis 1928, wird aus der Waldwirtschaft<br />
auch eine Bahnhofsgaststätte. „Die neue<br />
Strecke musste erst mit viel Sand angehäuft werden,<br />
den man sich aus der Hohen Ward holte. So entstand<br />
der Hiltruper See, auch bekannt als Steiner See“, erklärt<br />
der Wirt. Pendler aus Ottmarsbocholt, Streckenbauarbeiter<br />
und Wanderer bekommen im Lokal<br />
Flaschenbier. Eine Fahrradstation wird eingerichtet<br />
und die Fahrkarten „0001“ werden verkauft. Deshalb<br />
bleibt das Gasthaus bis zum letzten Zug geöffnet.<br />
Mit der erlangten Vollkonzession fließt das Bier<br />
von da an aus dem Zapfhahn. Mit der Inbetriebnahme<br />
der Bahnstrecke wie Bahnhofsgaststätte wird der<br />
Beginn des Tourismus in Davensberg eingeläutet!<br />
1952 übernimmt Tochter Elisabeth die Wirtschaft<br />
und nach ihrem Tod 1981 ihr Mann Felix Haverkamp.<br />
Seit 1983 führt Heinrich Haverkamp das<br />
Gasthaus der Eltern weiter. Wenn auch die Grußkartenmotive<br />
(wie hier abgebildet), die man ebenfalls in<br />
der Waldwirtschaft erwerben konnte, seinerzeit nur<br />
in schwarz-weiß entzücken, die Zeit der Kaffeezüge<br />
und Pendler ist alles andere als eintönig. „Das Treiben<br />
in der Bahnhofsgaststätte war bunt und fröhlich,<br />
die Menschen bescheidener und zufrieden“, weiß<br />
Heinrich Haverkamp aus den Erzählungen der Familie<br />
und damaliger Gäste. Vieles hat sich im Laufe<br />
der Jahrzehnte geändert. Das alte Bahnhofsgebäude<br />
hat z.B. einen Besitzer gefunden und wird heute privat<br />
bewohnt. Was aber bleibt, ist die Bewirtung und<br />
Geselligkeit im Gasthaus zur <strong>Davert</strong>. Ob mit dem<br />
eigenen Mobil, per Pedes oder der Bahn angereist,<br />
ein Abstecher in die Natur lohnt sich hier jederzeit.<br />
Das Gedeck wird längst nicht mehr im Wald serviert<br />
und zum Kaffee gibt es selbstgebackenen Kuchen<br />
auf der hauseigenen Terrasse, doch wie früher<br />
ganz nah dran an der schönen <strong>Davert</strong>…<br />
Beate Look, Münster<br />
Das Gasthaus „<strong>Zur</strong> <strong>Davert</strong>“ früher<br />
„Tischlein deck dich“ mitten in der <strong>Davert</strong><br />
Das Gasthaus „<strong>Zur</strong> <strong>Davert</strong>“ heute<br />
strontianit<br />
Kaffeezüge und „Tischlein deck dich“ in der <strong>Davert</strong> „Goldrausch“ im <strong>Münsterland</strong><br />
Das kleine Wäldchen mitten auf dem Feld ist als Mergelberg ein<br />
Überbleibsel des Bergbaus im <strong>Münsterland</strong><br />
1.Bergrat F. Micklinghoff (links) und Bergmann T. Westerholt<br />
(rechts) am Schachtloch der Grube Wickesack, bei Ascheberg<br />
bergbau? Nein, so etwas gibt es hier um Münster<br />
nicht … das heißt: Nicht mehr! Im 19. Jahrhundert<br />
bot sich nämlich ein ganz anderes Bild. Auf einem Feld in<br />
Nienberge bei Münster wurde 1834 das Mineral Strontianit<br />
entdeckt und sorgte für goldrauschartige Zustände in<br />
der gesamten Region. Die Erklärung dafür ist einfach: Der<br />
Abbau von Strontianit brachte sehr viel Geld in die Region,<br />
da mit ihm der Anteil der Zuckergewinnung aus Zuckerrüben<br />
verdoppelt werden konnte. Außerdem wurde es in<br />
großen Mengen in Feuerwerkskörpern und als Leuchtspurmunition<br />
in der Rüstungsindustrie eingesetzt wegen seiner<br />
markanten karmesinroten Flamme bei der Verbrennung.<br />
Das enorme Interesse an der Nutzung des kristallinen Minerals,<br />
dessen Name sich von dem Fundort ‚Strontian‘ an der<br />
Westküste Schottlands ableitet, hatte weitreichende Folgen<br />
für die Wirtschaftsstruktur der Region. Der Strontianitabbau<br />
schaffte viele neue lukrative Arbeitsplätze im <strong>Münsterland</strong>,<br />
in dem es zeitweise mehr als 600 Grubenbesitzer gab,<br />
so auch in Drensteinfurt und Ascheberg. Viele Menschen<br />
sahen darin die Möglichkeit auf ein besseres Leben und<br />
Reichtum zu erlangen. Bauern verpachteten nicht nur ihr<br />
Land an die Bergbau-Unternehmen, als die Nachfrage<br />
nach neuem, für den Bergbau nutzbarem Land wuchs,<br />
sondern verloren häufig ihre Knechte wegen der besseren<br />
Bezahlung der Minenbetreiber. Es kamen aber auch Bergarbeiter<br />
aus anderen Regionen in das südliche <strong>Münsterland</strong><br />
in der Hoffnung, dort ihr Glück zu finden und damit<br />
andere Mentalitäten und Weltanschauungen. Somit prägte<br />
Strontianit neben der Wirtschaft ebenfalls nachhaltig<br />
die Gesellschaft, Religiosität und Politik im <strong>Münsterland</strong>.<br />
So schnell und überraschend wie der Strontianit -Boom<br />
das Münster land überrollte, so schnell ebbte dieser auch<br />
wieder ab. Der Entdeckung des Ersatzstoffes „Coelestin“<br />
– billiger und effizienter als Strontianit – folgte allmählich<br />
die Schließung aller im <strong>Münsterland</strong> befindlichen Gruben.<br />
Die letzte Grube bei Hof Wickesack stellte 1945 ihren Betrieb<br />
ein.<br />
Heute zeugen einzig die sogenannten Mergelberge, ehemalige<br />
Abraumhalden der Gruben, als stille Zeugen von<br />
den damaligen Bergbauaktivitäten. Diese, meist mit Bäumen<br />
bewachsenen, runden Hügel mit kalkhaltigen Böden<br />
sind am besten aus der Luft erkennbar, allerdings meistens<br />
nur für Kenner als solche identifizierbar. Seit 2011 werden<br />
von der WWU (Westfälische Wilhelms-Universität) entwickelte<br />
Strontianit-Rundflüge in Kooperation mit Ascheberg<br />
Marketing e.V. über Teile der ehemaligen Abbauregion<br />
angeboten, um die Bergbaugeschichte im <strong>Münsterland</strong><br />
ins Bewusstsein der Menschen zurückzurufen und an<br />
ihre nachhaltige Bedeutung für die Region zu erinnern.<br />
Nadine Ogonek, Münster<br />
weitere ausKünFte:<br />
aFo (arbeitsstelle Forschungstransfer) der wwu-Münster,<br />
expedition <strong>Münsterland</strong>, catharina Kähler,<br />
catharina.kaehler@uni-muenster.de“, tel. 0251/83-32126<br />
strontianit-rundflüge: ascheberg Marketing e.v., Melanie<br />
wiebusch, tel. 02593-6324<br />
sonderausstellung bis zu den herbstferien: „strontianitbergbau<br />
zwischen ems und lippe“, Museum heimathaus<br />
herbern, altenhammstr. 20, samstags u. sonntags von 15<br />
bis 17 uhr, weitere termine und Führungen auf anfrage,<br />
tel. 02599-740810, 759887. eintritt frei!<br />
literaturtipp: in seinem werk „de strunz“ beschreibt der<br />
münsterländische dichter augustin wibbelt, der vor 150<br />
Jahren geboren wurde, auf Plattdeutsch den abbau des<br />
strontianit, das viel unruhe in die region brachte.