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Elia - ein Mann in tiefer Depression - Ethos

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gewiss bedrohlich, aber nicht bedrohlicher<br />

als <strong>in</strong> den Jahren zuvor. Die Angst<br />

bekam ihn erst dann <strong>in</strong> den Griff, als er<br />

s<strong>e<strong>in</strong></strong>en Blick ausschliesslich auf die Gefahr<br />

richtete. Aber wir dürfen <strong>in</strong> solchen<br />

Umständen nie den unsichtbaren Faktor<br />

vergessen: Der Glaube rechnet mit Gott!<br />

Der Herr, der ihm den Sieg auf dem Karmel<br />

gegeben hatte, hätte ihn jederzeit<br />

auch vor dieser Frau bewahren können.<br />

<strong>Elia</strong> aber versäumte es, im Glauben auf<br />

den Herrn zu sehen. Und damit hatte der<br />

F<strong>e<strong>in</strong></strong>d Gottes leichtes Spiel. Der ehemals<br />

starke, unerschütterliche <strong>Elia</strong> war plötzlich<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong> erbärmliches Bündel Angst, der<br />

nichts anderes begehrte, als zu sterben.<br />

E<strong>in</strong> erschöpfter, depressiver <strong>Mann</strong> unter<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>em G<strong>in</strong>sterstrauch <strong>in</strong> der Wüste!<br />

Was ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>Depression</strong>?<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Depression</strong> ist <strong>e<strong>in</strong></strong> Zustand völliger<br />

Entmutigung und Hoffnungslosigkeit.<br />

Die Gedanken kreisen nur um sich selbst.<br />

Angst und Sorge, Traurigkeit, Rückzug<br />

von Menschen und Aktivitäten, Selbstverurteilung<br />

und Hoffnungslosigkeit bis<br />

h<strong>in</strong> zum Wunsch zu sterben, beherrschen<br />

den Alltag.<br />

Das Gefühl der Traurigkeit dom<strong>in</strong>iert<br />

die Perspektive <strong>e<strong>in</strong></strong>er depressiven Person.<br />

Manchmal führt dies zu Zynismus und<br />

Sarkasmus, wenn versucht wird, die Traurigkeit<br />

mit Humor zu überspielen. Werden<br />

diese Gefühle nicht richtig bewältigt,<br />

stellt sich zwangsläufig F<strong>e<strong>in</strong></strong>dseligkeit <strong>e<strong>in</strong></strong>.<br />

Der Depressive wird reizbar, <strong>in</strong>sbesondere<br />

gegen Menschen, denen es gut geht.<br />

Mit der Zeit werden die Symptome stärker.<br />

Der Betroffene fühlt sich durch die<br />

Umstände betrogen.<br />

Anja bekam ihr Baby neun Monate nach<br />

der Heirat mit Tom. Eigentlich hatten die<br />

beiden geplant, den K<strong>in</strong>derwunsch noch<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>e Weile h<strong>in</strong>tanzustellen, da sie grössere<br />

Reisen unternehmen wollten. Durch die<br />

ungeplante, ungewollte Schwangerschaft<br />

stellten sich bei Anja ambivalente Gefühle<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>. Zwar liebte sie ihren Tom, aber<br />

er war <strong>in</strong> ihren Augen auch der Grund für<br />

ihr Problem. Sie war <strong>in</strong>sgeheim wütend<br />

auf ihren <strong>Mann</strong>, wurde zunehmend unzufriedener<br />

und verfiel <strong>in</strong> Selbstmitleid.<br />

Tom verstand s<strong>e<strong>in</strong></strong>e Frau nicht, die immer<br />

depressiver wurde.<br />

Das ist <strong>e<strong>in</strong></strong> typisches Beispiel für <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />

so genannt reaktive <strong>Depression</strong>, also <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />

falsche Reaktion auf die Umstände, im<br />

Gegensatz zu <strong>e<strong>in</strong></strong>er endogenen oder organischen<br />

<strong>Depression</strong>.<br />

Auch bei <strong>Elia</strong> handelte es sich um<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>e reaktive <strong>Depression</strong>, die aber sicherlich<br />

von <strong>e<strong>in</strong></strong>er Erschöpfungsdepression<br />

überlagert wurde. Diese tritt nach<br />

körperlichen, seelischen oder geistigen<br />

Höchstleistungen auf. Man ist <strong>e<strong>in</strong></strong>fach<br />

überanstrengt und überfordert, beispielsweise<br />

Studenten nach langen Prüfungszeiten,<br />

bei Dauerüberlastung <strong>in</strong> Familie<br />

und Beruf, nach <strong>e<strong>in</strong></strong>em anstrengenden<br />

Hausbau oder nach langer Pflege <strong>e<strong>in</strong></strong>es<br />

Angehörigen.<br />

Solche Situationen kennen die meisten<br />

aus eigener Erfahrung. Jeder von uns hat<br />

nur <strong>e<strong>in</strong></strong> begrenztes Leistungsvermögen,<br />

das man auf Dauer nicht ohne Schaden<br />

überziehen kann.<br />

Das all<strong>e<strong>in</strong></strong> erklärt jedoch den Zustand<br />

<strong>Elia</strong>s nicht. Er machte zusätzliche Fehler.<br />

Hier gilt es nicht, St<strong>e<strong>in</strong></strong>e zu werfen, denn<br />

sie könnten uns selbst treffen. Niemand<br />

ist <strong>in</strong> solchen Belastungen immun. Niemand<br />

kann von sich behaupten, er reagiere<br />

immer richtig und handle im Glauben.<br />

Aber hier geht es darum, aus dem<br />

Verhalten <strong>Elia</strong>s zu lernen, damit wir nicht<br />

<strong>in</strong> dieselbe Falle tappen.<br />

<strong>Elia</strong>s Krise hatte ihre Gründe. Er selbst<br />

gibt uns dazu H<strong>in</strong>weise. An drei Stellen<br />

sagt er: «Ich all<strong>e<strong>in</strong></strong> b<strong>in</strong> übrig geblieben»<br />

(Kap.18,22; 19,10 u.14). «Ich all<strong>e<strong>in</strong></strong> gegen<br />

die 450 Propheten Baals!» «Ich all<strong>e<strong>in</strong></strong>, und<br />

sie trachten danach, mich zu töten!» E<strong>in</strong>e<br />

komplett falsche E<strong>in</strong>schätzung der Situation<br />

durch die düstere, aber süsse Brille<br />

des Selbstmitleids! Er war nicht all<strong>e<strong>in</strong></strong> gegen<br />

die Götzendiener, denn es waren 7000<br />

<strong>in</strong> Israel, die sich nicht gebeugt hatten vor<br />

Baal. Verstärkt wurde <strong>Elia</strong>s Empf<strong>in</strong>den<br />

der Verlassenheit durch s<strong>e<strong>in</strong></strong>en lobenswerten<br />

E<strong>in</strong>satz. «Ich habe sehr geeifert für<br />

den Herrn, den Gott der Heerscharen»,<br />

sagte er. Und nun musste er, statt Dank<br />

und Anerkennung zu f<strong>in</strong>den, um s<strong>e<strong>in</strong></strong> Leben<br />

fürchten.<br />

Falsche Denkmuster<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Depression</strong>, wenn sie nicht organische<br />

Ursachen hat, beg<strong>in</strong>nt immer mit<br />

falschen Denkmustern, entweder aufgrund<br />

unrealistischer Erwartungen oder<br />

falscher Abhängigkeiten.<br />

Der Grad der Enttäuschung, die man<br />

bei Ablehnung, Zurückweisung, Verletzung<br />

oder Beleidigungen erlebt, hängt<br />

direkt mit diesen unrealistischen Erwartungen<br />

und falschen Abhängigkeiten zusammen.<br />

Wenn jemand <strong>in</strong> falscher Weise von <strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />

Person abhängig ist, zum Beispiel <strong>in</strong><br />

der Ehe, wird er zwangsläufig enttäuscht<br />

s<strong>e<strong>in</strong></strong>, wenn sich der andere <strong>in</strong> entscheidenden<br />

D<strong>in</strong>gen nicht <strong>in</strong> der gewünschten<br />

Weise verhält. Angst kommt auf, die eigenen<br />

Bedürfnisse würden niemals gestillt.<br />

Das führt dazu, dass man versucht, den<br />

andern zu ändern oder zu manipulieren.<br />

Scheitern die Bemühungen, den Partner<br />

zu kontrollieren, führt das zu Ärger, Ablehnung<br />

und Frustration. Lässt man diese<br />

negativen Gefühle weiter wuchern,<br />

kommt es zu Selbstmitleid. Die Spirale der<br />

<strong>Depression</strong> beg<strong>in</strong>nt sich zu drehen, wenn<br />

die negativen Gedanken nicht durchbrochen<br />

werden. Der Ärger kann sich gegen<br />

Gott, gegen Freunde wie auch F<strong>e<strong>in</strong></strong>de, gegen<br />

den Chef, die Eltern oder irgendwen<br />

richten. Wo immer jemand depressiv ist,<br />

f<strong>in</strong>det sich auch Ärger, Ablehnung, Unzufriedenheit,<br />

Zorn oder Hass, entweder<br />

versteckt oder offensichtlich.<br />

Zorn ist eigentlich immer Ausdruck<br />

<strong>e<strong>in</strong></strong>er tief sitzenden Angst. Und Angst<br />

ist die versteckte Wurzel <strong>e<strong>in</strong></strong>er Vielzahl<br />

sichtbarer Probleme, mit denen sich der<br />

Mensch quält. E<strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>faches Beispiel<br />

zeigt dies deutlich: Wenn uns jemand<br />

erschreckt, werden wir, nachdem wir<br />

uns gefasst haben, ärgerlich. E<strong>in</strong> Mensch,<br />

der fortwährend <strong>in</strong> Angst lebt, wird mit<br />

der Zeit ärgerlich und zornig. Deshalb<br />

muss die Ursache der Angst angegangen<br />

werden.<br />

Gewöhnlich s<strong>in</strong>d es <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />

erlebte Verletzungen, Beleidigungen<br />

und Zurückweisungen, die <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>Depression</strong><br />

auslösen. Diese werden dann komb<strong>in</strong>iert<br />

mit den Kränkungen der Gegenwart.<br />

12 ethos 3 I 2007

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