Interims Räume auf Zeit
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Matthias Ottmann (li.)<br />
und Susanne Ritter<br />
Frage an die private Immobilienwirtschaft:<br />
Weshalb zögern viele<br />
Projektentwickler, Abrissgebäude für<br />
Zwischennutzungen zur<br />
Verfügung zu stellen?<br />
Matthias Ottmann:<br />
Was für Stadtquartiere gilt, ist auch<br />
für die Privatwirtschaft zutreffend:<br />
Jede Immobilie braucht ein positives<br />
Branding. Langfristiger Leerstand<br />
ist die schlechteste Lösung. Kreative<br />
Formen der Zwischennutzungen sind<br />
da durchaus auch für uns interessant<br />
und können eine Immobilie mit einer<br />
Geschichte <strong>auf</strong>laden, die sich <strong>auf</strong> den<br />
Neubau überträgt. Andererseits möchten<br />
wir natürlich die für teures Geld<br />
erworbenen Flächen durch Umbau<br />
oder Neubau so schnell wie möglich<br />
wieder dem Markt zum vollen Preis<br />
zur Verfügung stellen. Das ist immer<br />
ein Zielkonflikt oder, genauer gesagt,<br />
ein <strong>Zeit</strong>konflikt. Allerdings dauert es<br />
bei jedem Projekt mindestens zwei bis<br />
drei Jahre vom Grundstückserwerb<br />
bis das neue Objekt genutzt werden<br />
kann. Diese <strong>Zeit</strong>spanne steht für<br />
Zwischennutzungen fast immer zur<br />
Verfügung. Weshalb scheuen sich viele<br />
Projektentwickler dieses Potenzial zu<br />
nutzen? Projektentwickler haben in<br />
der Regel überhaupt kein Interesse an<br />
der Verwaltung von Immobilien und<br />
kennen sich damit auch nicht aus.<br />
Der Abschluss von Mietverträgen für<br />
Zwischennutzungen birgt zusätzliche<br />
Schwierigkeiten und Risiken. In unserer<br />
Firma „Südhausbau“ haben wir<br />
eine Immobilienverwaltung und eine<br />
Projektentwicklung, verfügen also<br />
über das nötige Know-how. Auch diese<br />
Abteilungen sind nicht lückenlos<br />
miteinander vernetzt. Aber die größte<br />
Schwierigkeit besteht darin, dass wir<br />
überhaupt nicht wissen, wer sich für<br />
Zwischennutzungen interessiert. Hier<br />
wäre dringend eine Plattform nötig,<br />
<strong>auf</strong> der beide Parteien zueinander<br />
finden: Künstler, die Flächen suchen,<br />
und Projektentwickler, die Flächen<br />
für einen begrenzten <strong>Zeit</strong>raum zur<br />
Verfügung stellen können.<br />
Andreas Garkisch<br />
Andreas Garkisch:<br />
Im Gegensatz zur Innenstadt gibt es<br />
in den Neubauquartieren noch Spielraum<br />
für die Mischung aus Kunst und<br />
Stadt. Wir müssen es nur wollen. Ich<br />
sehe das Potenzial für zwischengenutzte<br />
Kreativzonen in neuen Wohnbaugebieten<br />
vor allem in der Erdgeschosszone.<br />
Anstelle von Wohnungen,<br />
die einen vollen Einblick in die Privatsphäre<br />
bieten oder mit dauerhaft herunter<br />
gelassenen Rollläden abweisend<br />
wirken, könnten stattdessen erdgeschossige<br />
Künstlerateliers diese neuen<br />
Viertel kurz- oder zum Teil auch<br />
längerfristig beleben. Dabei wäre es<br />
wichtig, dass die Architektursprache<br />
in diesen Bereichen eher rau und<br />
einfach bleibt, um den Nutzern die<br />
Möglichkeit zu bieten, sich die <strong>Räume</strong><br />
selbst zu gestalten und anzueignen.<br />
Diese Nutzungsmischung funktioniert<br />
grundsätzlich natürlich nur, wenn<br />
eine gegenseitige Akzeptanz der Bewohnerschaft<br />
für die Künstlerateliers<br />
da ist und die Künstler im Gegenzug<br />
dafür offen sind, in einem „normalen“<br />
Wohnhaus zu arbeiten.<br />
Meiner Meinung nach können wir<br />
vieles von der Praxis der Zwischennutzung<br />
im Bestand lernen. Es macht<br />
keinen Sinn, statische Pläne für sich<br />
permanent ändernde Quartiere zu<br />
machen. Diese Erfahrung haben wir<br />
Frage an den Architekten:<br />
Ist die atmosphärische<br />
Qualität von Zwischennutzungen<br />
durch Neubauten erreichbar?<br />
beim Areal am Ostbahnhof gemacht<br />
und ich denke, dass dieses Wissen<br />
auch bei der Konzeption des Münchner<br />
Kreativquartiers mit eingeflossen<br />
ist. Hier ist die Planung nicht a priori<br />
determiniert, sondern prozesshaft<br />
angelegt und kann so künftigen Entwicklungen<br />
Rechnung tragen.<br />
Der Umgang mit Bestandsgebäuden<br />
ist in München oft enttäuschend, da<br />
der Renditedruck häufig den kompletten<br />
Abriss auch interessanter Bausubstanz,<br />
wie z.B. an der Katharina-von-<br />
Bora-Straße, erfordert. Aber gerade<br />
der Erhalt der wichtigsten Strukturen<br />
ist eine Herausforderung. Wenn dies<br />
gelingt, entstehen z.B. wie beim Sulzerareal<br />
in Winterthur ganz besondere<br />
Orte, belebt durch die Besonderheit<br />
der Aneignung. Eigene <strong>Räume</strong>, die<br />
wichtig sind für die Stadtgesellschaft<br />
und für den Stadtraum, da sie eine<br />
identitätsstiftende Kraft haben.<br />
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