Interims Räume auf Zeit
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Super+<br />
Das Super+ Studio hat in den vergangenen Jahren verschiedene<br />
Formen von Zwischennutzungen und Off-Space-<br />
Locations in München realisiert. Super+ besteht aus den<br />
drei Münchner Künstlern Alexander Deubl, Christian<br />
Muscheid und Konstantin Landuris.<br />
Sie sind schon länger <strong>auf</strong> dem Feld<br />
der Zwischennutzungen in München<br />
tätig und bekannt, nicht zuletzt durch<br />
die Eröffnung einer neuen Galerie<br />
namens Centercourt in der Adalbertstraße.<br />
Wie lange arbeiten Sie schon<br />
zusammen? Was war Ihr erstes Projekt,<br />
bei dem Sie mit Zwischennutzungen<br />
in Berührung gekommen<br />
sind und welche Motivation steckte<br />
dahinter?<br />
Wir arbeiten schon seit längerer <strong>Zeit</strong><br />
zusammen an gemeinsamen Kunstprojekten.<br />
Unser erstes und großes<br />
Projekt im Zusammenhang mit Zwischennutzungen<br />
war die Gründung<br />
des Super+ Studios, damals 2013 im<br />
Gärtnerplatzviertel im dritten Stock<br />
eines Post- und Wohngebäudes des<br />
Architekten Robert Vorhoelzer in der<br />
Fraunhoferstraße. Es ging uns zum<br />
einen darum, verschiedenen befreundeten<br />
Kreativen und uns selbst Arbeits-<br />
und Präsentationsräume zu beschaffen,<br />
die professionelles Arbeiten<br />
und Netzwerken abseits der Akademie<br />
ermöglichen. Zum anderen ging es<br />
uns auch darum, den Austausch zwischen<br />
allen Beteiligten zu fördern und<br />
einen interdisziplinären Diskurs zu<br />
ermöglichen. Auf ca. 450 qm Fläche<br />
entstanden <strong>Räume</strong> für junge KünstlerInnen<br />
aus den Bereichen Bildender<br />
Kunst, Skulptur, Malerei, Fotografie,<br />
Architektur, Design, Sound und<br />
Kunsttherapie.<br />
Woher kommt der Name Super+?<br />
Welchen Zusammenhang gibt es zu<br />
Ihrem Projekt „Super+ Tanke“?<br />
Die „Super+ Tanke“ in der Belgradstraße<br />
betrieben wir im Sommer 2012,<br />
daher kommt auch unser Name. Die<br />
Architektur einer stillgelegten, aus<br />
dem Jahre 1953 stammenden Tankstelle<br />
im urbanen Umfeld zwischen<br />
Schwabing und Milbertshofen diente<br />
uns als Ausgangspunkt verschiedener<br />
Events. Wir nutzten die Räumlichkeiten<br />
für Vernissagen und Partys,<br />
stellten Kunst aus und bauten eine<br />
Rauminstallation als Erweiterung der<br />
Tankstelle in Form eines pink ausgekleideten<br />
Tunnels. Darin fand dann<br />
auch eine Modenschau statt. Schnell<br />
entwickelte sich die „Super+ Tanke“<br />
in einem ansonsten eher unbelebten<br />
Umfeld zu einem Anziehungspunkt,<br />
der nicht nur von der unmittelbaren<br />
Nachbarschaft angenommen wurde.<br />
Außerhalb der etablierten Kunsteinrichtungen<br />
gelang es uns, einen abgelegenen,<br />
öffentlichen Raum so zu bespielen,<br />
dass auch Menschen, die sonst<br />
selten Gelegenheit haben, kulturelle<br />
Veranstaltungen zu besuchen, ihn als<br />
kulturellen Ort erfahren konnten.<br />
Welche anderen Arten von Zwischennutzungen<br />
haben Sie in der Zwischenzeit<br />
noch entwickelt?<br />
Eine recht außergewöhnliche Zwischennutzung<br />
war die „Kärntner Bar“.<br />
Nach dem Vorbild der von dem Architekten<br />
Adolf Loos in Wien gestalteten<br />
Kärntner Bar haben wir ein Sch<strong>auf</strong>enster<br />
in der Fraunhoferstraße 32 zu<br />
einer kleinen Kneipe in München umgebaut<br />
und dabei gestalterische Elemente<br />
des Vorbildes in Wien übernommen.<br />
Im Hintergrund des Sch<strong>auf</strong>ensters<br />
haben wir einen Spiegel<br />
angebracht, der nicht nur visuell den<br />
Raum vergrößert und Tiefe schafft,<br />
sondern die Grenze zwischen Innen<br />
und Außen <strong>auf</strong>löst. Der Straßenraum<br />
wurde dadurch in den Innenraum der<br />
Bar transportiert und vice versa.<br />
Wir haben mit diesem Projekt Themen<br />
zum öffentlichen Raum und<br />
des Austauschs, der darin stattfindet,<br />
angeschnitten: Wie macht man <strong>auf</strong><br />
<strong>Räume</strong> <strong>auf</strong>merksam, die sonst in der<br />
Wahrnehmung eines Straßenzuges<br />
vielleicht herausfallen? Welche Nutzungen<br />
sind darin möglich? Welche<br />
Funktionen können diese einnehmen,<br />
um den öffentlichen Raum zu beleben<br />
und den Dialog ohne prätentiösen<br />
Vorwand zwischen den Bewohnern<br />
zu fördern? Das Konzept der „Kärntner<br />
Bar“ schien <strong>auf</strong>zugehen. Passanten<br />
wurden unerwartet ein Teil des<br />
Kunstprojektes. Sobald sie sich dar<strong>auf</strong><br />
einließen – und sei es bloß als<br />
Betrachter – entstand ein Dialog zwischen<br />
ihnen und der Installation. Diese<br />
Art der Interaktion wurde durch die<br />
Nutzung als Bar noch verstärkt. Der<br />
Begegnungsraum weitete sich ausgehend<br />
von den Menschen, die am<br />
Tresen standen, <strong>auf</strong> die Straße aus.<br />
Kunst im urbanen Umfeld und der<br />
Diskurs, der dadurch entsteht, spielt<br />
in unseren Projekten eine wesentliche<br />
Rolle. Kultur spielt sich schon lange<br />
nicht mehr nur in Museen, Theatern,<br />
Galerien und Ähnlichem ab. Längst<br />
ist Kunst und Kultur <strong>auf</strong> der Straße, in<br />
Clubs und <strong>auf</strong> Festivals zu finden.<br />
Frédéric Singer im Gespräch mit Alexander<br />
Deubl und Christian Muscheid<br />
Modenschau in der Super+<br />
Tanke, Alexander Deubl &<br />
Christian Muscheid, 2013,<br />
Foto: Bernhard Lehn<br />
Super+ Tanke, Alexander<br />
Deubl & Christian<br />
Muscheid, 2013,<br />
Foto: Bernhard Lehn<br />
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