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Interims Räume auf Zeit

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Kunst<br />

im Bau<br />

Haubitz+Zoche, FranzK,<br />

Installation während des<br />

Projektes „Kunstherberge<br />

Birkenau“, 2011,<br />

Stefanie Zoche ©<br />

VG Bild-Kunst, Bonn 2014<br />

Herr Nicolaus, Sie betreiben seit 2003<br />

Zwischennutzungen mit kulturellem<br />

Programm in der Stadt München.<br />

Beschreiben Sie doch bitte kurz die<br />

Initialzündung, Ihr erstes Projekt und<br />

wie Sie in diesem Zusammenhang <strong>auf</strong><br />

die temporäre Nutzung von <strong>Räume</strong>n<br />

gekommen sind.<br />

Am Anfang stand der Umbau des ehemaligen<br />

Luftschutzbunkers in Untergiesing<br />

zu einem Wohnhaus. Der oktogonale,<br />

damals 5-stöckige Hochbunker<br />

war seit Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

verschlossen und noch in dem<br />

Zustand, wie er 1945 verlassen wurde.<br />

Wir wollten diesen Bunker aus der<br />

NS-<strong>Zeit</strong> der heutigen Bevölkerung<br />

zugänglich machen und ihm einen<br />

neuen, positiven und konstruktiven<br />

Geist einhauchen. So entstand die<br />

Idee, das Gebäude mit seiner ganzen<br />

spürbaren, dahinterstehenden Tragik<br />

vor Baubeginn als Veranstaltungsort<br />

zu nutzen und eine lebensbejahende<br />

Atmosphäre zu erzeugen. Also sozusagen<br />

zu versuchen, es mit und durch<br />

Kunst zu „entgiften“. Hier sollte ja<br />

Wohnraum für Familien entstehen, in<br />

dem künftige Generationen <strong>auf</strong>wachsen.<br />

Ich glaube diese Umwandlung der<br />

Energie ist auch gelungen. Jedenfalls<br />

haben sich die Empfindungen beim<br />

Betreten des Bunkers nach einiger <strong>Zeit</strong><br />

deutlich geändert.<br />

Kunst im Bau organisiert und veranstaltet in München abseits<br />

der institutionellen Orte Kunstereignisse. Oftmals geschieht<br />

dies als Zwischennutzung in vorübergehend leer<br />

stehenden Gebäuden vor deren Umbau oder Abriss. Hinter<br />

dem Projekt steht der Münchner Künstler, Musiker und<br />

Veranstalter Christoph Nicolaus.<br />

Ausführlicher ist das unter www.<br />

kunst-im-bau.org beschrieben.<br />

Wie akquirieren Sie diese wunderbaren<br />

<strong>Räume</strong>? Wenden Sie sich an<br />

das Kommunal- oder Kulturreferat?<br />

Wenden Sie sich auch an private<br />

Eigentümer?<br />

Ich bin ja eigentlich Künstler und organisiere<br />

und veranstalte daneben seit<br />

vielen Jahren den „Klang im Turm“.<br />

Da die Zwischennutzungsprojekte<br />

immer sehr zeit- und energieintensiv<br />

sind, akquiriere ich nicht, sondern<br />

werde dann aktiv, wenn mir Orte angeboten<br />

werden, die ich interessant<br />

und spannend finde.<br />

Über Ihre Projekte sind wir auch <strong>auf</strong><br />

das Büro Binnberg Design gestoßen,<br />

das die von Ihnen zwischengenutzten<br />

Räumlichkeiten in vielen Fällen<br />

k<strong>auf</strong>t, saniert und zu renditestarken<br />

Immobilien entwickelt. Welche Art<br />

der Kooperation verbindet Sie mit<br />

diesem Büro?<br />

Wir kennen uns seit Langem und<br />

haben mehrere Projekte zusammen<br />

gemacht. Das Büro stellt die zwischenzeitlich<br />

leer stehenden Gebäude aus<br />

Interesse und Freude an der Kunst<br />

zur Verfügung. Daneben stellt es auch<br />

einen gewissen Betrag für die Finanzierung.<br />

Man zeigt mir die Gebäude<br />

und fragt mich, ob ich dort etwas machen<br />

möchte. Ich entwickle dann<br />

ein Konzept, das mit dem jeweiligen<br />

Ort – seiner Art, Lage und Funktion<br />

– eine Verbindung eingeht, stelle<br />

es vor und wir besprechen den <strong>Zeit</strong>plan<br />

unter Berücksichtigung der anstehenden<br />

Bauzeiten. Das Schöne ist,<br />

das Ganze verläuft sehr unkompliziert<br />

und vertrauensvoll und ich kann ohne<br />

langwierige bürokratische Verfahren<br />

frei loslegen. Die Formulierung „renditestarke<br />

Immobilien“ klingt für mich<br />

etwas suggerierend. Vielleicht auch,<br />

weil manche Medien sehr unwahr berichtet<br />

haben. Das Büro Binnberg Design<br />

ist einfach ein mittelständischer<br />

Planer, der u.a. Immobilien saniert,<br />

die seit langem ungenutzt stehen. Wie<br />

z.B. den Hochbunker, die Zellstraße,<br />

die ehemaligen Betriebswerkstätten<br />

der Bahn in Thalkirchen, welche seit<br />

vielen Jahren leer stehend dem Verfall<br />

preisgegeben waren, und wie die zwei<br />

Handwerkerhäuschen in der Birkenau,<br />

die sehr ruinös waren. Natürlich versucht<br />

das Büro Geld zu verdienen, so<br />

wie jedes andere Unternehmen auch.<br />

Von den Zwischennutzungen hat<br />

es jedoch, außer ideellem, keinerlei<br />

Nutzen. Anstatt sich über dieses gute<br />

Beispiel von privatem kulturellen<br />

Engagement zu freuen, werden seitens<br />

der Presse falsche Behauptungen ver-<br />

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