in dertat - Diakonisches Werk Hessen-Nassau
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VI Diakonie magaz<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Tat <strong>Hessen</strong> und <strong>Nassau</strong> 2/2012<br />
Ra<strong>in</strong>er Mochner <strong>in</strong>spiziert <strong>in</strong> der hauseigenen<br />
<strong>Werk</strong>statt die neue Sodamasch<strong>in</strong>e<br />
und macht diese fit für den Verkauf<br />
Tisch<br />
und<br />
Teller<br />
Flörsheim<br />
„Pssscht“, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Fontäne spritzt das Wasser aus e<strong>in</strong>er Sodamasch<strong>in</strong>e,<br />
die gerade von Ra<strong>in</strong>er Mochner <strong>in</strong>spiziert wird. Vor kurzem<br />
wurde diese Masch<strong>in</strong>e im Sozialkaufhaus „Tisch und Teller“ abgegeben<br />
und nun gecheckt, ob sie für den Verkauf noch geeignet ist. Ist sie - denn<br />
nachdem das Gew<strong>in</strong>de für die Flaschen greift, hat Mochner die Masch<strong>in</strong>e<br />
für gut befunden. Ra<strong>in</strong>er Mochner ist e<strong>in</strong>er der knapp 30 Mitarbeiter bei<br />
„Tisch und Teller“. Durch die Tätigkeit hier will sich der ehemalige Langzeitarbeitslose<br />
wieder fit machen für den ersten Arbeitsmarkt.<br />
In enger Kooperation mit dem Ma<strong>in</strong>-Taunus-Kreis konnte die Diako -<br />
nie dieses Kaufhaus der besonderen Art <strong>in</strong> Flörsheim realisieren. Die Beschäftigung<br />
<strong>in</strong> den verschiedenen Maßnahmen qualifiziert <strong>in</strong> den Berei -<br />
chen Verkauf, Verwaltung, Lager und Logistik. Bis zu zwanzig Prozent der<br />
Mitarbeiter konnte bereits vermittelt werden. „Das ist e<strong>in</strong>e gute Quote,<br />
doch es geht nicht alle<strong>in</strong> darum“, berichtet Lev<strong>in</strong>. Für viele sei der Beg<strong>in</strong>n<br />
<strong>in</strong> Flörsheim nach vielen Jahren der Arbeitslosigkeit auch der Wiedere<strong>in</strong>stieg<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en geregelten Tagesablauf. „Tagesstruktur und Anerkennung<br />
s<strong>in</strong>d bei uns ganz wichtige Stichworte“, berichtet der Betriebsleiter.<br />
So konnten bereits e<strong>in</strong>ige auch ihr Drogenproblem <strong>in</strong> den Griff bekommen.<br />
Alle<strong>in</strong> wie zu Beg<strong>in</strong>n alle angepackt haben, um die ehemalige Druckerei<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> ansprechendes Kaufhaus umzugestalten, das sei e<strong>in</strong>e tolle<br />
Sache gewesen, berichtet Lev<strong>in</strong> mit strahlenden Augen. „Da hat alles <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander<br />
gepasst, wir spürten den guten Willen von allen Seiten, fantastisch!“,<br />
so Lev<strong>in</strong>.<br />
In der Liebiegstr. 6, <strong>in</strong> Flörsheim gibt es eigentlich nichts, was es<br />
nicht gibt. Von süßen Plüschtieren bis edlen Bauhausteekannen können<br />
die Kunden alles f<strong>in</strong>den. Viele kämen zu „Tisch und Teller“, weil sie günstige<br />
Ware suchen, die sie sich mit e<strong>in</strong>em Hartz-IV Satz leisten können.<br />
„Bei uns f<strong>in</strong>den sie gute und qualitätsvolle Objekte, alle von uns geprüft<br />
und gesäubert“, sagt Betriebsleiter Lev<strong>in</strong>. Das Team von „Tisch und Teller“<br />
kommt <strong>in</strong> die Wohnung und <strong>in</strong>spiziert die angebotenen Objekte und holt<br />
sie auch selbst ab. „Wir nehmen ke<strong>in</strong>en Sperrmüll und machen auch ke<strong>in</strong>e<br />
Wohnungsentrümpelungen“, stellt Lev<strong>in</strong> unmissverständlich klar. „Auch<br />
Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger haben schließlich Anspruch auf<br />
Würde. Hier wird ja auch richtiges Geld ausgegeben, da können die Kunden<br />
auch ordentliche Ware verlangen“, setzt er sich für se<strong>in</strong> Konzept e<strong>in</strong>.<br />
Dazu gehört auch, dass das Sozialkaufhaus allen Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern<br />
offen steht. „Wir wollen ke<strong>in</strong>e Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen.<br />
Unsere Arbeit soll <strong>in</strong>tegrativ wirken und der E<strong>in</strong>kauf soll<br />
für alle attraktiv se<strong>in</strong>“, so Lev<strong>in</strong> weiter. Allerd<strong>in</strong>gs erhalten Kunden, die<br />
Bianca Bierle<strong>in</strong> sucht etwas Schönes für<br />
die neue Wohnung der Mutter<br />
Ulrich Lev<strong>in</strong> im Büro mit e<strong>in</strong>er Sammlung<br />
afrikanischer und asiatischer Masken<br />
Tisch & Teller<br />
Gebrauchtwarenmarkt<br />
Liebigstraße 6<br />
65439 Flörsheim am Ma<strong>in</strong><br />
Telefon: 06145 54522-0<br />
www.tisch-und-teller.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montags bis freitags<br />
von 10 – 18 Uhr<br />
von Armut betroffen s<strong>in</strong>d, nach e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen E<strong>in</strong>kommensprüfung<br />
e<strong>in</strong>en Kundenausweis mit e<strong>in</strong>em Preisnachlass von 25 Prozent.<br />
Das Kaufhaus ist im Geme<strong>in</strong>wesen gut angenommen und erfährt aus<br />
der Bevölkerung viel Zuspruch. Nicht nur, dass die Menschen hier gerne<br />
e<strong>in</strong>kaufen, es mangelt auch nicht an Spendern, die durch ihre Sachspen -<br />
den mit dazu beitragen, dass das vorgehaltene Angebot umfangreich<br />
und <strong>in</strong>teressant bleibt. „Für unsere Kunden ist das hier e<strong>in</strong>e richtige<br />
Wundertüte – und meistens f<strong>in</strong>den sie auch was“, sagt Lev<strong>in</strong> lachend.<br />
Von ganzen Küchen bis h<strong>in</strong> zum lang gesuchten fehlenden Teil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Essservice – alles war schon dabei. Bianca Bierle<strong>in</strong> beispielsweise<br />
steht vor e<strong>in</strong>em Ölgemälde mit e<strong>in</strong>er Alpenlandschaft – und wägt ab, ob<br />
dieses Bild <strong>in</strong> die neue Wohnung der Mutter passt. Mutter und Tochter<br />
s<strong>in</strong>d unterwegs, um die Wohnung zu verschönern. Beide haben viel Spaß<br />
auf ihrer Tour durch „Tisch und Teller.“ E<strong>in</strong> Brotkorb und e<strong>in</strong>ige Plüschtiere<br />
kommen schließlich noch h<strong>in</strong>zu.<br />
„Wir leben unseren Ansatz auch selbst“, erklärt Ulrich Lev<strong>in</strong> weiter.<br />
Fast das gesamte Inventar des Kaufhauses ist gespendet und auch e<strong>in</strong>e<br />
Sammlung von „Decoartikeln“ wie Bilder, Drucke, Nippes oder Schnitzfiguren<br />
aus Afrika und Asien zieren die Wände der Büros und der E<strong>in</strong>gangshalle.<br />
„Wir wollen unseren Kunden zeigen, was man alles gestalten<br />
kann mit den Objekten, die wir im Kaufhaus haben“, erläutert Lev<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong> besonderes Objekt greift er dabei aus e<strong>in</strong>er Kiste heraus. Zunächst<br />
wusste er selbst gar nicht, woh<strong>in</strong> das gehört, bis sich nach Recherche im<br />
Internet herausstellte, dass es die Seitenwagenlaterne e<strong>in</strong>es BMW-Motor -<br />
rades aus den 30er Jahren war. „Solche Raritäten s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs selten“,<br />
sagt Lev<strong>in</strong>, „den Käufer hierfür gibt es aber ganz bestimmt, er war nur noch<br />
nicht hier“, schmunzelt er, und auch die von Ra<strong>in</strong>er Mochner kontrollierte<br />
und gere<strong>in</strong>igte Sodamasch<strong>in</strong>e kommt <strong>in</strong> den Verkauf – und f<strong>in</strong>det<br />
bestimmt auch se<strong>in</strong>en Käufer – früher oder später. ■ Gregor Ziorkewicz