Joachim Söder-Mahlmann - Institut für Soziologie

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

40 Das Universum der Gaben merikanische Clovis-Kultur (die auf ein Alter von 11 bis 12 Jahrtausenden datiert und damit die früheste dokumentierte amerikanische Kultur ist). Brian M. Fagan schreibt über deren Austauschbeziehungen: »Als Ausgangsmaterial der Werkzeugherstellung dienten wertvolle, feinkörnige Gesteinsarten, die oft aus gehöriger Distanz beschafft werden mußten. [...] Vom Canadian River in Texas importierte man gebänderten Kalksinter (Onyx-Marmor). Durchscheinender, dunkelbrauner Jaspis kam aus dem Tal des Knife River in North Dakota und Manitoba; andere feinkristalline Quarze (Chalzedone) wurden in Ohio gefördert.« (1991: 83f.) Im östlichen Waldland Nordamerikas erreichte der Austausch von feinkörnigem Gestein (Achate, Hornstein, Feuerstein) damals »Dimensionen, an die man erst 8000 Jahre später, zur Zeit der Hopewell-Kultur, wieder anknüpfen konnte.« (Ibid.: 112) Auch für die Clovis-Leute dürfte gelten, was Fagan über die wenig später auftauchenden paläoindianischen Kulturen schreibt: »Weitverzweigte Verwandtschaftsbande und Heiratsbündnisse bildeten den Schlüssel zu hunderte von Kilometern entfernten Rohstoffen, die von Gruppe zu Gruppe weitergetragen wurden.« (Ibid.: 119) Vielleicht waren Feste, an denen die einzelnen verbundenen Horden dieser vor zehntausend Jahren lebenden Großwildjäger zusammentrafen, Anlaß für Tauschhandel ebenso wie für Eheschließungen (vgl. Ibid.: 103) Dieser "Handel" ebbte in dem Maße ab, wie die Menschen lernten (bzw. aufgrund großräumiger ökologischer Veränderungen, die ihnen eine andere Lebensweise aufzwang und ihren Radius beschränkte, lernen mußten), die Ressourcen in denjenigen Gebieten, in denen sie sich bewegten, intensiver zu nutzen. Das vorstehende Beispiel zeigt auch, daß derartige Austauschbeziehungen weit entfernt davon sind zur Triebfeder der gesellschaftlichen Entwicklung zu werden. Diese Aussage dürfte gleichermaßen für alle Formen des "primitiven Handels" gelten: Sie sind die den jeweiligen Gesellschaften angemessenen Formen des Austauschs und transformieren diese nicht aus sich heraus — zumindest nicht zwangsläufig. Es ist wichtig, angesichts einiger vordergründiger Strukturhomologien zwischen "primitivem Handel" einerseits und Warenökonomie andererseits auf die zentralen Differenzen zu verweisen: "Primitive Spezialisten" sind keine Lohnarbeiter, Kauri-Muscheln kein Geld, die Anhäufung von Reichtümern keine Akkumulation, "primitive Handelsgüter" keine Waren. 59 Diese Ausführungen sollen als Basis für die in den folgenden Kapiteln entfaltete Diskussion zunächst genügen. Auch in den sog. "primitiven" Gesellschaften spielt der Austausch von Gütern und Dienstleistungen eine zentrale Rolle im gesellschaftlichen Leben, dies galt es vor allem herauszustellen. Die vorstehend präsentierten ethno- Auslegerkanus, mit denen der Großteil des Handels abgewickelt wird, und ohne die er in seiner spezifischen Form als Überseehandel gar nicht möglich wäre. Drittens war der melanesische Raum bereits bewohnt, als die austronesische Besiedlung einsetzte, weshalb die Siedler sich mit Plätzen begnügen mußten, die keine optimalen Lebensbedingungen boten, da es ihnen an bestimmten Ressourcen mangelte (Ibid.: 239ff.) 59 Ich werde im 6. Kapitel detaillierter auf die Differenzen zwischen dem "primitiven Handel" und der Marktökonomie eingehen und will es deshalb hier bei dieser Bemerkung belassen.
Das Universum der Gaben 41 graphischen Beispiele sollten darüber hinaus bereits hinreichend deutlich gemacht haben, wie vielfältig die Tauschverhältnisse auch unter vermeintlich "primitiven" Verhältnissen sein können — auf diesen Sachverhalt werde ich an späterer Stelle zurückkommen. Zunächst werde ich mich im folgenden Kapitel aber mit der gesellschaftlichen Funktion des "phänotypischen" Gabentauschs befassen, d.h. des Tauschs von Gleichem gegen Gleiches, da dieser aus der Perspektive der modernen Marktökonomie am erklärungsbedürftigsten ist.
Seite 1: Joachim Söder-Mahlmann Soziale Tat
Seite 4 und 5: Von der Philosophischen Fakultät d
Seite 6 und 7: ZWEITER TEIL: WISSEN UND GEWISSHEIT
Seite 8 und 9: Vorwort vi notwendig erscheint, die
Seite 11 und 12: EINLEITUNG »Eine wuchernde, überr
Seite 13 und 14: Einleitung 3 zentrales Mittel der V
Seite 15 und 16: Einleitung 5 stellung soll an diese
Seite 17 und 18: Einleitung 7 besser geeignet als di
Seite 19 und 20: Einleitung 9 kann (und wird) im Zwe
Seite 21 und 22: Einleitung 11 tieren haben. 13 Aber
Seite 23: Einleitung 13 ten der Geschichte, s
Seite 27 und 28: 1. Kapitel DAS UNIVERSUM DER GABEN
Seite 29 und 30: Das Universum der Gaben 19 — Unte
Seite 31 und 32: Das Universum der Gaben 21 »Nicht
Seite 33 und 34: Das Universum der Gaben 23 erneuern
Seite 35 und 36: Das Universum der Gaben 25 des Teil
Seite 37 und 38: Das Universum der Gaben 27 Verwandt
Seite 39 und 40: Das Universum der Gaben 29 »zwisch
Seite 41 und 42: Das Universum der Gaben 31 Das Kula
Seite 43 und 44: Das Universum der Gaben 33 der Rege
Seite 45 und 46: Das Universum der Gaben 35 in Neu-G
Seite 47 und 48: Das Universum der Gaben 37 Partner,
Seite 49: Das Universum der Gaben 39 oder auf
Seite 53 und 54: Verzicht und Begehren 43 auf der Su
Seite 55 und 56: Verzicht und Begehren 45 mente, die
Seite 57 und 58: Verzicht und Begehren 47 "Gefühl"
Seite 59 und 60: Verzicht und Begehren 49 erhaft mö
Seite 61 und 62: Verzicht und Begehren 51 kungen des
Seite 63 und 64: Verzicht und Begehren 53 was wenige
Seite 65 und 66: Verzicht und Begehren 55 gleicherma
Seite 67 und 68: Verzicht und Begehren 57 die im Tau
Seite 69 und 70: Verzicht und Begehren 59 stimmt, se
Seite 71 und 72: Verzicht und Begehren 61 ten Gabent
Seite 73 und 74: Verzicht und Begehren 63 die gleich
Seite 75 und 76: Verzicht und Begehren 65 einer einz
Seite 77 und 78: Die soziale als klassifikatorische
Seite 97 und 98: Gleiche und Ungleiche 87 213) Diese
Seite 99 und 100: Gleiche und Ungleiche 89 nus oder U
Seite 101 und 102:
Gleiche und Ungleiche 91 piell mit
Seite 103 und 104:
Gleiche und Ungleiche 93 FEINDSCHAF
Seite 105 und 106:
Gleiche und Ungleiche 95 tiv und si
Seite 107 und 108:
Gleiche und Ungleiche 97 ten werden
Seite 109 und 110:
Gleiche und Ungleiche 99 »Wahrsche
Seite 111 und 112:
Gleiche und Ungleiche 101 Ältesten
Seite 113 und 114:
Gleiche und Ungleiche 103 und Gegen
Seite 115 und 116:
Gleiche und Ungleiche 105 Pflicht"
Seite 117 und 118:
Gleiche und Ungleiche 107 Geschlech
Seite 119 und 120:
5. Kapitel TAUSCH UND EIGENINTERESS
Seite 121 und 122:
Tausch und Eigeninteresse 111 gumen
Seite 123 und 124:
Tausch und Eigeninteresse 113 haus
Seite 125 und 126:
Tausch und Eigeninteresse 115 »Wen
Seite 127 und 128:
Tausch und Eigeninteresse 117 weil
Seite 129 und 130:
Tausch und Eigeninteresse 119 könn
Seite 131 und 132:
Tausch und Eigeninteresse 121 Aber
Seite 133 und 134:
Tausch und Eigeninteresse 123 Gesel
Seite 135 und 136:
Tausch und Eigeninteresse 125 pers
Seite 137 und 138:
Tausch und Eigeninteresse 127 führ
Seite 139 und 140:
Tausch und Eigeninteresse 129 aus e
Seite 141 und 142:
Die Dinge des Lebens 131 »Märkte
Seite 143 und 144:
Die Dinge des Lebens 133 chen. Wie
Seite 145 und 146:
Die Dinge des Lebens 135 nachfrage
Seite 147 und 148:
Die Dinge des Lebens 137 hängigkei
Seite 149 und 150:
Die Dinge des Lebens 139 Produkte o
Seite 151 und 152:
Die Dinge des Lebens 141 ist, auf d
Seite 153 und 154:
Die Dinge des Lebens 143 nen. Daß
Seite 155 und 156:
Die Dinge des Lebens 145 Beide Form
Seite 157 und 158:
Die Dinge des Lebens 147 und kooper
Seite 159 und 160:
Die Dinge des Lebens 149 bei dem es
Seite 161 und 162:
Die Dinge des Lebens 151 Bedürfnis
Seite 163 und 164:
Die Dinge des Lebens 153 Aber noch
Seite 165 und 166:
Die Dinge des Lebens 155 Hungersnö
Seite 167 und 168:
Die Dinge des Lebens 157 Die Gegenw
Seite 169 und 170:
Die Dinge des Lebens 159 wegs völl
Seite 171 und 172:
Die Dinge des Lebens 161 ZWISCHENRE
Seite 173:
ZWEITER TEIL WISSEN UND GEWISSHEIT
Seite 176 und 177:
166 Die Evidenzen des Fortschritts
Seite 178 und 179:
Seite 180 und 181:
Seite 182 und 183:
Seite 184 und 185:
Seite 186 und 187:
Seite 188 und 189:
Seite 190 und 191:
Seite 192 und 193:
Seite 194 und 195:
Seite 196 und 197:
186 Das Licht der Vernunft wenig zu
Seite 198 und 199:
188 Das Licht der Vernunft Betracht
Seite 200 und 201:
190 Das Licht der Vernunft das Chao
Seite 202 und 203:
192 Das Licht der Vernunft schen in
Seite 204 und 205:
194 Das Licht der Vernunft sage üb
Seite 206 und 207:
196 Das Licht der Vernunft nicht mi
Seite 208 und 209:
198 Das Licht der Vernunft fahrungs
Seite 210 und 211:
200 Das Licht der Vernunft Passage
Seite 212 und 213:
202 Das Licht der Vernunft mas ents
Seite 214 und 215:
9. Kapitel WIRKSAMKEIT UND WIRKLICH
Seite 216 und 217:
206 Wirksamkeit und Wirklichkeit Ha
Seite 218 und 219:
208 Wirksamkeit und Wirklichkeit te
Seite 220 und 221:
210 Wirksamkeit und Wirklichkeit gi
Seite 222 und 223:
212 Wirksamkeit und Wirklichkeit Wi
Seite 224 und 225:
214 Wirksamkeit und Wirklichkeit Me
Seite 226 und 227:
216 Wirksamkeit und Wirklichkeit Im
Seite 228 und 229:
218 Wirksamkeit und Wirklichkeit Du
Seite 230 und 231:
220 Wirksamkeit und Wirklichkeit te
Seite 232 und 233:
222 Wirksamkeit und Wirklichkeit ku
Seite 234 und 235:
224 Wirksamkeit und Wirklichkeit un
Seite 236 und 237:
226 Wirksamkeit und Wirklichkeit St
Seite 238 und 239:
228 Wirksamkeit und Wirklichkeit Ic
Seite 240 und 241:
230 Wirksamkeit und Wirklichkeit ni
Seite 242 und 243:
10. Kapitel DIE SITTEN FREMDER VÖL
Seite 244 und 245:
234 Die Sitten fremder Völker te u
Seite 246 und 247:
236 Die Sitten fremder Völker Jede
Seite 248 und 249:
238 Die Sitten fremder Völker sche
Seite 250 und 251:
240 Die Sitten fremder Völker verd
Seite 252 und 253:
242 Die Sitten fremder Völker die
Seite 254 und 255:
244 Die Sitten fremder Völker ner
Seite 256 und 257:
246 Die Sitten fremder Völker stel
Seite 258 und 259:
248 Die Sitten fremder Völker vors
Seite 260 und 261:
250 Die Sitten fremder Völker Anna
Seite 262 und 263:
SCHLUSS »Der Mensch findet, ohne d
Seite 264 und 265:
254 Schluss det. Regeln, denen Mens
Seite 266 und 267:
256 Schluss Wissenschaft sollte in
Seite 268 und 269:
258 Literatur (Byblos) 1994. Cheal,
Seite 270 und 271:
260 Literatur Geyer, T. (1998): Ang
Seite 272 und 273:
262 Literatur exchange. Cambridge (
Seite 274 und 275:
264 Literatur chen (A. Francke) 198
Alle anzeigen

Joachim Söder-Mahlmann - Institut für Soziologie

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?