magazin des jes-bundesverbands
magazin des jes-bundesverbands
magazin des jes-bundesverbands
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
gedenktag<br />
24<br />
DROGENKURIER<br />
berlin<br />
Regen, Regen und nochmals Regen in Berlin<br />
Erinnerung an<br />
Suchttote<br />
Selbsthilfeorganisationen<br />
fordern humane Drogenpolitik.<br />
Aktionen in mehr als 60 Städten<br />
In über sechzig bun<strong>des</strong>deutschen Städten<br />
finden am heutigen Donnerstag Mahnwachen,<br />
Kundgebungen und Gottesdienste<br />
anläßlich <strong>des</strong> Gedenktages an verstorbene<br />
Drogenabhängige statt. Allein in Deutschland<br />
sind seit 1990 über 33.000 Menschen<br />
durch den Konsum illegaler Drogen gestorben.<br />
Der Gedenktag wird seit 1998 begangen<br />
und wurde ursprünglich vom nordrheinwestfälischen<br />
Lan<strong>des</strong>verband von „Eltern<br />
und Angehörigen für humane und akzeptierende<br />
Drogenarbeit e. V.“ ins Leben gerufen.<br />
Seitdem gehen am 21. Juli traditionell<br />
Selbsthilfeorganisationen, Drogenkonsumenten<br />
und deren Eltern sowie Angehörige<br />
auf die Straße, um Mißstände der deut-<br />
Einladungskarte<br />
schen Drogenpolitik anzuprangern, an<br />
Verstorbene zu erinnern und Informationen<br />
darüber zu verbreiten, wie das Überleben<br />
Drogen gebrauchender Menschen gesichert<br />
werden kann.<br />
Der 21. Juli wurde von den Organisatoren<br />
gewählt, da 1994 genau an diesem Tag<br />
der Drogenkonsument Ingo Marten unter<br />
bis heute nicht geklärten Umständen<br />
verstarb. Auf Initiative seiner Mutter Karin<br />
Stumpf wurde in einem Park bei Gladbeck<br />
Deutschlands erste Gedenkstätte für verstorbene<br />
Drogenabhängige eingerichtet.<br />
In diesem Jahr wurde der thematische<br />
Schwerpunkt <strong>des</strong> Gedenktages, der unter<br />
dem Motto „Drogengebrauch und Menschenrechte“<br />
steht, auf die Forderung fokussiert,<br />
Menschen in Haft den gleichen<br />
Zugang zu Prävention und Behandlung zu<br />
ermöglichen wie in Freiheit lebenden Personen.<br />
Um der Forderung Nachdruck zu verleihen,<br />
hat die Deutsche AIDS-Hilfe einen<br />
Petitionstext entworfen, der bereits von<br />
Dutzenden Wissenschaftlern, Gesundheitsexperten<br />
und Politikern<br />
unterstützt wird und unter<br />
dem Motto „Menschenrechte<br />
von inhaftierten Drogengebrauchern<br />
achten – Gesundheit<br />
und Leben schützen!“<br />
steht (www.drogenundmenschenrechte.de).<br />
In Berlin ruft der „Initiativkreis<br />
21. Juli“, der unter anderem<br />
aus der Deutschen und<br />
der Berliner AIDS-Hilfe, dem<br />
Notdienst Berlin und der<br />
Drogenhilfsorganisation Fixpunkt<br />
e. V. besteht, für heute<br />
….aber das macht echten Berlinern nix aus…<br />
(12 Uhr) zu einer Gedenkveranstaltung auf<br />
dem Kreuzberger Oranienplatz auf.<br />
„In Berlin und vielen anderen Städten erleben<br />
wir eine Vertreibung von Drogenkonsumenten<br />
aus ihren Wohn- und Lebensräumen.<br />
Dieser Rückfall in längst vergangen<br />
geglaubte Zeiten ist inhuman und für eine<br />
Stadt wie Berlin völlig inakzeptabel“, kritisierten<br />
die Organisationen am Mittwoch in<br />
einer gemeinsamen Erklärung.<br />
Ähnlich äußerte sich im Gespräch mit jW<br />
auch Claudia Rey von der Berliner AIDS-<br />
Hilfe. „Diese Vertreibung und Kriminalisierung<br />
von Drogenkonsumenten trägt dazu<br />
bei, daß Szenen, die auch als soziales Gefüge<br />
dienen, zerfasern und riskante Konsumformen<br />
aufgrund <strong>des</strong> Verfolgungsdrucks<br />
zunehmen. Ein Ergebnis dieser Art der Auseinandersetzung<br />
mit Menschen, die von<br />
illegalisierten Substanzen abhängig sind,<br />
zeigt sich auch in der inakzeptabel hohen<br />
Zahl von Drogento<strong>des</strong>fällen“, monierte sie<br />
am Mittwoch. Allein 2010 sind Angaben der<br />
Bun<strong>des</strong>regierung zufolge, 1237 Menschen<br />
in Deutschland, darunter 124 Menschen in<br />
Berlin, an den Folgen <strong>des</strong> Drogenkonsums<br />
verstorben. Die Dunkelziffer dürfte jedoch<br />
weitaus höher liegen.<br />
Etwa 70 Prozent der To<strong>des</strong>fälle stehen<br />
unmittelbar in Verbindung mit dem Konsum<br />
von Heroin. Daher wolle der „Initiativkreis<br />
21. Juli“ auf die schnelle Umsetzung<br />
der Behandlung mit Diamorphin, dem für<br />
medizinische Verwendung geeigneten Heroin,<br />
dringen, so Dirk Schäffer, Referent für<br />
Drogen der Deutschen AIDS-Hilfe.<br />
Junge Welt, 21.07. 2011<br />
Markus Bernhardt