Der Immobilienmakler als freier Mitarbeiter - Bundesverband für die ...
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<strong>Der</strong> <strong>Immobilienmakler</strong> <strong>als</strong> <strong>freier</strong> <strong>Mitarbeiter</strong> in einem Maklerunternehmen<br />
Dieser Artikel wurde verfasst von Herrn Helge Norbert Ziegler, Dipl. Wirtschaftsjurist (FH)<br />
und Vorstand des BVFI - <strong>Bundesverband</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Immobilienwirtschaft, Hanauer Landstr.<br />
204, 60314 Frankfurt, Telefon: (069) 870039150, Telefax: (069) 87003929150,<br />
eMail: ziegler@bvfi.de, Internet: www.bvfi.de<br />
Vorbemerkung:<br />
Zur besseren Lesbarkeit wurde <strong>die</strong> männliche Form gewählt. Wir bitten <strong>die</strong> Leserinnen um Verständnis.<br />
1. Handhabung in der Immobilienbranche<br />
Bei Maklerunternehmen ist es gang und gäbe, „freie“ <strong>Mitarbeiter</strong> „einzustellen“. Die Gründe<br />
hier<strong>für</strong> liegen auf der Hand: Das Maklerunternehmen will expan<strong>die</strong>ren, in personellen Angelegenheiten<br />
<strong>die</strong> Flexibilität wahren und <strong>die</strong> zusätzlichen Personalkosten am zusätzlichen Umsatz<br />
orientieren.<br />
Also schaut man sich nach „<strong>Mitarbeiter</strong>n“ Personen um (Rekruiting). <strong>Der</strong> künftige soll mit Provisionen<br />
gut ver<strong>die</strong>nen und dabei vom bereits erworbenen Image oder der Marke des Maklerunternehmens<br />
(Branding) profitieren. Arbeitgeberpflichten sollen keine entstehen, wie z.B. Lohnfortzahlungen<br />
im Krankheitsfalle, Sozialabgaben, Urlaubsansprüche usw. Man weiß um <strong>die</strong> Anlaufkosten,<br />
<strong>die</strong> jedoch nicht so risikobehaftet sind, wie bei fest Angestellten, <strong>die</strong> erst einmal ins<br />
Ver<strong>die</strong>nen gebracht werden müssen. Das Kostenrisiko <strong>für</strong> den Fall, dass man trotz aller Sorgfalt<br />
jemand F<strong>als</strong>ches ausgesucht hat, wird somit relativiert. Und ist der Neue erfolgreich, kann man ja<br />
seinen Provisionsanteil erhöhen. Tritt jedoch das Gegenteil ein, dann waren <strong>die</strong> Investitionen<br />
überschaubar und man wird ihn relativ einfach wieder „los“. So <strong>die</strong> Idee. Doch: Die freie Mitarbeit<br />
birgt auch Risiken - nämlich <strong>die</strong> der sog. „Scheinselbständigkeit“.<br />
Es geht <strong>als</strong>o um <strong>die</strong> Frage, ob der freie <strong>Mitarbeiter</strong> tatsächlich selbständig oder nur „scheinselbständig“<br />
ist. Im zweiten Fall entsteht ein Arbeitsverhältnis mit allen gesetzlichen Rechten und<br />
Pflichten, was ja gerade über <strong>die</strong> Gestaltung <strong>als</strong> freie Mitarbeit vermieden werden soll. Und da<br />
<strong>die</strong> Abgrenzung gar nicht so einfach ist, gibt es natürlich auch einige Unwägbarkeiten.<br />
2. Beurteilungskriterien<br />
Zunächst einmal ist <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beurteilung einer „echten“ Selbständigkeit maßgeblich, ob der freie<br />
<strong>Mitarbeiter</strong> ein eigenes Unternehmerrisiko trägt und er eine Chance hat, sein eigenes Unternehmen<br />
nach eigenen Vorstellungen zu entwickeln. Auch sollte er <strong>die</strong> Aussicht haben, mehr <strong>als</strong><br />
ein Festangestellter zu ver<strong>die</strong>nen, denn schließlich ist er ja Unternehmer.<br />
Folgende Kriterien wurden im Laufe der Zeit entwickelt, um zwischen „echter“ und „scheinbarer“<br />
Selbständigkeit zu unterscheiden:<br />
a) Die persönliche Abhängigkeit<br />
• <strong>Der</strong> Selbständige ist selbst Vertragspartner des Auftraggebers (nicht das Maklerunternehmen,<br />
dem er angeschlossen ist);<br />
• Er ist Empfänger der Provisionszahlungen;<br />
• Er kann frei über <strong>die</strong> Annahme oder Ablehnung von Aufträgen entscheiden;<br />
• Die Leistung wird von ihm selbst, seinen eigenen <strong>Mitarbeiter</strong>n oder seinen Vertragspartnern<br />
erbracht;
• Er hat <strong>die</strong> Möglichkeit, eigene <strong>Mitarbeiter</strong> einzustellen, eigene Partner oder Subunternehmer<br />
zu beauftragen und Aufträge zu delegieren, usw..<br />
b) Einbindung in eine Arbeits- und Ablauforganisation des Maklerunternehmens<br />
• <strong>Der</strong> Selbständige ist nicht fest in <strong>die</strong> Organisation des Maklerunternehmens eingebunden;<br />
• Es besteht keine Zusammenarbeit oder ein Teamworking mit festangestellten Arbeitnehmern;<br />
(Anmerkung: Eine Vereinbarung, wonach er gegen Entgelt deren Leistungen in Anspruch<br />
nehmen kann, ist praktikabel.)<br />
• Er ist nicht zur Urlaubs- oder Krankheitsvertretung von Festangestellten verpflichtet;<br />
• Er unterhält eigene Verträge, wie z.B. <strong>für</strong> Versicherungen, Kfz usw.;<br />
• Er verwendet keine eMail-Adressen des Unternehmers, wie z.B.<br />
info@name_des_unternehmens.de (Hinweis: Gegen eine eMail-Adresse, wie z.B.<br />
Name_des_Selbständigen@ name_des_unternehmens.de sollte nichts sprechen.)<br />
• Er verwendet nicht <strong>die</strong> Briefbögen des Unternehmers ohne den Hinweis, dass er im eigenen<br />
Namen und auf eigene Rechnung arbeitet;<br />
• Er verwendet keine Visitenkarten mit dem Firmenbriefkopf des Maklerunternehmens,<br />
ohne seine freie <strong>Mitarbeiter</strong> bzw. seine Selbständigkeit zum Ausdruck zu bringen, usw..<br />
c) Weisungsgebundenheit<br />
• <strong>Der</strong> Selbständige ist in keiner Weise verpflichtet, fachliche Anweisungen auszuführen;<br />
• Es besteht keine Leistungserbringungspflicht;<br />
• Es besteht keine Anwesenheitspflicht (z.B. „Makler des Tages“);<br />
• Er kann seine Arbeitszeit frei einteilen;<br />
• Er bestimmt seinen Arbeitsort selbst, usw..<br />
Diese sind nur einige Anhaltspunkte. Und natürlich sind in der Praxis Ausnahmen denkbar, wenn es<br />
da<strong>für</strong> sachliche Gründe gibt und <strong>die</strong>se zu rechtfertigen sind. Maßgeblich <strong>für</strong> <strong>die</strong> Beurteilung ist immer<br />
<strong>die</strong> Gesamtbetrachtung aller Umstände im Einzelfall.<br />
3. Mögliche negative Konsequenzen<br />
Meist wird ein Firmeninhaber erst im Zuge einer Betriebsprüfung mit der Frage der Scheinselbständigkeit<br />
konfrontiert, aber durchaus auch dann, wenn man sich vom „Selbständigen“ trennt,<br />
<strong>die</strong>ser rechtlichen Rat sucht und infolge dessen das „Arbeitsverhältnis“ genauer unter <strong>die</strong> Lupe<br />
genommen wird. Ein Scheinselbständiger könnte den Unternehmer, beispielsweise durch eine<br />
Klage auf Feststellung, dass in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis besteht, in Schwierigkeiten bringen<br />
und <strong>die</strong> üblichen Ansprüche eines Arbeitnehmers geltend machen, wie z.B. Anspruch auf Urlaub<br />
usw..<br />
Und da zwischen Aufnahme der Tätigkeit und Zeitpunkt der Prüfung der rechtlichen Relevanz<br />
Jahre liegen können, geht es oft um viel Geld. Es besteht nämlich <strong>für</strong> den Unternehmer im Falle<br />
der festgestellten Scheinselbständigkeit <strong>die</strong> Gefahr, <strong>die</strong> bisher nicht geleisteten Sozialversicherungsbeiträge<br />
(Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil!) sowie <strong>die</strong> Lohnsteuer über einige Jahre zurück<br />
nachträglich entrichten zu müssen!
Und wird eine Scheinselbständigkeit festgestellt, wird es zudem zu einer Anklage wegen Sozialversicherungsbetrugs<br />
(§ 266a StGB) kommen. Dem Makler-Unternehmer droht dann zusätzlich<br />
noch eine Geldstrafe, in schweren Fällen sogar Freiheitsstrafe! Zudem ist mit einem Eintrag in<br />
das Gewerbezentralregister zu rechnen. Denn wie bekannt ist: Unwissenheit schützt (auch hier)<br />
vor Strafe nicht!<br />
4. Absicherung durch eindeutige Vertragsgestaltung<br />
Mit einer entsprechenden Vertragsgestaltung kann das Risiko einer Scheinselbständigkeit minimiert<br />
werden. Es empfiehlt sich neben der Beachtung der oben aufgeführten Punkte folgendes:<br />
• Feststellung der Eigenverantwortlichkeit;<br />
• Feststellung, dass keine fachliche oder disziplinarische Weisungsbefugnis des Maklerunternehmers<br />
besteht;<br />
• Feststellung, dass der Selbständige weder gegenüber Festangestellten oder anderen Selbständigen<br />
zu Weisungen befugt ist, noch von <strong>die</strong>sen Personen Weisungen entgegen zu nehmen<br />
hat;<br />
• Eindeutige Definition des Leistungsumfangs;<br />
• Eindeutige Regelung des Außenauftritts;<br />
• Regelung, an welchen Kosten sich der Selbständige nach welchem Schlüssel zu beteiligen hat<br />
(z.B. Inserate, Internetwerbung usw.);<br />
• Eindeutige Regelung über das Inkasso der Maklerprovision und der internen Abrechnung,<br />
usw..<br />
Praxishinweis:<br />
Nehmen Sie das Thema nicht auf <strong>die</strong> leichte Schulter, treffen Sie klare Regelungen, mit denen <strong>die</strong><br />
„wahre“ Selbständigkeit bekundet wird und setzen Sie <strong>die</strong>s auch in der Praxis um. Besonders gefährdet<br />
sind Unternehmen, <strong>die</strong> mit Lizenzvereinbarungen arbeiten oder gar Arbeitsplätze in einem Büro<br />
zur Verfügung stellen (Desk-Sharing). Dies trifft ganz besonders auf <strong>die</strong> (Franchise-)Unternehmen, <strong>die</strong><br />
mit einer sog. Office- und Management-Fee arbeiten.<br />
Erfordern bestimmte Tätigkeiten Weisungen oder eine betriebliche Einbindung, ist gegebenenfalls<br />
<strong>die</strong> Beauftragung eines Zeitarbeitsunternehmens eine sinnvolle Alternative zum Einsatz von freien<br />
<strong>Mitarbeiter</strong>n.<br />
Helge Norbert Ziegler, 01.11.2013