Der Marken-Tachometer
Der Marken-Tachometer
Der Marken-Tachometer
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8<br />
Studie <strong>Marken</strong>relevanz<br />
<strong>Der</strong> <strong>Marken</strong>-<strong>Tachometer</strong><br />
Wo dominiert die Marke, wo der Preis<br />
die Kaufentscheidung der Konsumenten?<br />
Eine neue Studie gibt Aufschluss, wie<br />
sich die <strong>Marken</strong>bedeutung<br />
wandelt – und wo sich<br />
Investitionen noch lohnen.
Akzente<br />
3’10<br />
9<br />
Klarer Fall: Bei der Entscheidung<br />
für einen Sportwagen<br />
dominiert der ideelle Nutzen –<br />
die Stärke der Marke macht den<br />
entscheidenden Unterschied.
10<br />
Studie <strong>Marken</strong>relevanz<br />
Von Thomas Meyer und Jesko Perrey<br />
Was haben Bier und Zigaretten, Laptops und Luxussportwagen<br />
gemeinsam? Es genügt, sich die Warengruppen<br />
bildlich vorzustellen, dann liegt die Antwort auf<br />
der Hand: In den Köpfen der Verbraucher sind sie untrennbar<br />
mit bestimmten <strong>Marken</strong> verknüpft. Kunden<br />
orientieren sich beim Kauf dieser Produkte primär am<br />
Label, nicht am Preis. Ihr Markterfolg ist zu wesentlichen<br />
Teilen getrieben durch die Stärke ihrer <strong>Marken</strong>.<br />
Das bestätigt eine neue Untersuchung von McKinsey<br />
und der Universität Passau. Die Studie hat die <strong>Marken</strong>relevanz<br />
in 30 Produkt- und Dienstleistungskategorien<br />
ermittelt und dazu rund 3.000 deutsche Konsumenten<br />
befragt. Die Palette reicht von Bier, Waschmitteln, Autos<br />
und Elektro nikartikeln über Finanzservices, Flüge und<br />
Strom bis hin zu Kaufhäusern und Baumärkten. Die Studie<br />
wurde zum dritten Mal nach 2002 und 2006 durchgeführt.<br />
Sie zeigt, welche Kategorien zu den Gewinnern und<br />
welche zu den Verlierern in der <strong>Marken</strong>relevanz gehören,<br />
welche Trends sich seit der letzten Erhebung abzeichnen<br />
und wel che Handlungsoptionen sich daraus für Unter-<br />
nehmen ergeben. Die Erhebung basiert auf einem Messmodell,<br />
das neben der Gesamtrelevanz drei zentrale<br />
<strong>Marken</strong>funktionen für die Verbraucher berücksichtigt:<br />
Informationsef� zienz (<strong>Marken</strong> helfen bei der raschen<br />
Orientierung im Dickicht der Angebote), Risikoreduktion<br />
(<strong>Marken</strong> schaffen Vertrauen und erleichtern so die<br />
Kaufentscheidung) und ideeller Nutzen (<strong>Marken</strong> dienen<br />
der Selbstverwirklichung und/oder dem Imagegewinn).<br />
Alle <strong>Marken</strong>funktionen wirken unmittelbar auf Konsum-<br />
und Kaufentscheidungen ein und bestimmen so die<br />
Bedeutung der Marke für den jeweiligen Konsumenten.<br />
Konsumgütermarken vorn, Dienstleister holen auf<br />
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen einige Kontinuitäten,<br />
aber auch manche Überraschung im Detail. So<br />
sind Konsumgüter nach wie vor die <strong>Marken</strong>könige beim<br />
Verbraucher. Bier, Zigaretten und das wachstumsstarke<br />
Laptop-Segment führen das aktuelle Ranking an. Dienstleistungsmarken<br />
sind mit teils sprunghaften Steigerungsraten<br />
im Begriff, zu den markenstarken Branchen aufzuschließen<br />
– allein in der Stromsparte erhöhte sich die<br />
<strong>Marken</strong>relevanz um 37 Prozent. Schlusslicht ist die Kategorie<br />
Baumärkte, was als Zeichen für die zunehmende<br />
1. <strong>Marken</strong>relevanz in Deutschland 2010: Konsumgüter behaupten ihre Stellung<br />
als Könige der <strong>Marken</strong><br />
Höchste Relevanz<br />
Durchschnittliche<br />
Relevanz<br />
Geringste Relevanz<br />
Quelle: McKinsey<br />
Ranking von 30 Produktkategorien in Deutschland, 2010<br />
1<br />
2<br />
3<br />
14<br />
15<br />
16<br />
28<br />
29<br />
30<br />
Bier<br />
Zigaretten<br />
Laptops<br />
Private Linienfl üge<br />
Autowerkstätten<br />
Waschmaschinen<br />
Kaufhäuser<br />
Strom<br />
Baumärkte
Akzente<br />
3’10<br />
Dominanz des Preises über die Marke gedeutet werden<br />
kann (Gra� k 1, links).<br />
Die Studie zeigt, dass sich die Funktionen der <strong>Marken</strong> für<br />
die Verbraucher von Kategorie zu Kategorie deutlich unterscheiden.<br />
So ist Informationsef� zienz vor allem bei<br />
kurzlebigen Konsumgütern wie Bier und Zigaretten entscheidend.<br />
Beim Faktor Risikoreduktion rangieren langlebige<br />
und verhältnismäßig teure Güter wie Laptops oder<br />
Handys ganz oben. Doch auch beim Bier mögen deutsche<br />
Konsumenten keine Experimente, was für ein kurzlebiges<br />
Konsumgut eher ungewöhnlich ist. Designersonnenbrillen<br />
und Mittelklassewagen pro� tieren dagegen erwartungsgemäß<br />
vom ideellen Nutzen.<br />
Was bedeuten die Ergebnisse im Einzelnen und welche<br />
Trends lassen sich daraus ablesen? Interessant ist in<br />
diesem Zusammenhang der Vergleich der aktuellen<br />
mit der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2006. Seit der<br />
letzten Untersuchung ist die Bedeutung von <strong>Marken</strong><br />
über alle betrachteten Kategorien hinweg um 3 Prozent<br />
ge sunken. Verantwortlich hierfür dürften vor allem zwei<br />
übergeordnete Entwicklungen sein: Die Konjunktur-<br />
krise sowie die Aufwertung der Handelsmarken.<br />
Die weltweite Finanzkrise und die anschließende<br />
Wirtschaftskrise haben tiefe Spuren im Kaufverhalten<br />
der deutschen Konsumenten hinterlassen. Die aktuelle<br />
Forschung zeigt, dass Verbraucher in Rezessionszeiten<br />
verstärkt auf den Preis als Kaufkriterium achten – auf<br />
Kosten der Marke. Außerdem verstärkt das Vordringen<br />
von Handelsmarken in das Premiumsegment den schon<br />
seit längerer Zeit bestehenden Trend zu Discount-Produkten<br />
und belastet das Geschäft mit Herstellermarken<br />
zusätzlich. Beide Ein� üsse können den leichten Rückgang<br />
in der <strong>Marken</strong>relevanz erklären; es wäre jedoch<br />
verfrüht, aus diesen Daten bereits einen langfristigen<br />
Negativtrend herauszulesen.<br />
Sehr viel auffälliger als in der Gesamtschau zeigen sich<br />
demgegenüber die Verschiebungen in einzelnen Branchen<br />
und Kategorien. Während Verbraucher auf Grund<br />
der deutlichen Zunahme des Angebots bei Dienstleistungen<br />
immer stärker auf die Marke als Entscheidungskriterium<br />
setzen (plus 28 Prozent im Durchschnitt),<br />
geht die <strong>Marken</strong>bedeutung insbesondere bei langlebigen<br />
Konsumgütern und im Einzelhandel zurück (Gra� k 2).<br />
2. In Konsumgüterindustrie und Handel nimmt die Bedeutung von<br />
<strong>Marken</strong> ab<br />
Kategorien mit signifi kanter Veränderung der <strong>Marken</strong>relevanz in Deutschland, 2006 - 10*,<br />
in Prozent<br />
Dienstleistungen Produkte<br />
Handel<br />
Strom<br />
SpielesoftwareW<br />
Expresszustelldienste<br />
Krankenversicherungen<br />
22<br />
*Signifikanter Unterschied zwischen 2006 und 2010 (p < 0,10)<br />
Quelle: McKinsey<br />
Wasch-<br />
37 14 Kauf häuser -12<br />
mittel<br />
34<br />
Waschmaschinen<br />
Handys<br />
-15<br />
-16<br />
21 Fernseher -20<br />
Baumärkte<br />
-13<br />
11
12<br />
Studie <strong>Marken</strong>relevanz<br />
Commodity-Trend bei langlebigen Gütern<br />
Die Gründe für die nachlassende <strong>Marken</strong>bedeutung sind<br />
verschieden. Bei Waschmaschinen und Fernsehern ist<br />
es vor allem der Vertrieb, der den Rückgang um 15 beziehungsweise<br />
20 Prozent verursacht. Beide Artikel werden<br />
zum Großteil über die Elektronikketten Media Markt<br />
und Saturn vertrieben, die sich mit einem konsistenten<br />
Marketingkonzept und beachtlichen Werbeausgaben<br />
eine klare Positionierung als Discounter geschaffen haben.<br />
<strong>Der</strong> Saturn-Slogan „Geiz ist geil“ hat die <strong>Marken</strong>artikler<br />
das Fürchten gelehrt, weil er Käufer darauf<br />
kondi tioniert hat, bei Elektronikartikeln zunehmend auf<br />
den Preis zu achten – was sich nun in einer sinkenden<br />
Bedeutung der <strong>Marken</strong> niederschlägt.<br />
Bei Handys mag der Abwärtstrend auf den ersten Blick<br />
überraschen – hat doch die Kategorie mit der Einführung<br />
von Apples iPhone einen der spektakulärsten <strong>Marken</strong>erfolge<br />
überhaupt erzielt. Abseits des Smartphones<br />
jedoch, mit dem Apple eine ganz neue Produktkategorie<br />
etablierte, erfährt der Handymarkt eine Art „Demokratisierung“.<br />
Die Zahl der Handyverträge hat die der Einwohner<br />
in Deutschland inzwischen weit übertroffen.<br />
Obwohl die Kategorie weiterhin eine hohe <strong>Marken</strong>relevanz<br />
aufweist (die vierthöchste unter 30 Produktkategorien),<br />
droht das Handy – mit Ausnahme der Smartphones<br />
– zu einem Commodity-Gut zu werden. Einst<br />
dominierende Hersteller wie Nokia, Motorola oder<br />
Sony Ericsson sehen sich im Massenmarkt massiver<br />
Konkurrenz aus Fernost ausgesetzt, was zunehmend<br />
den Preis an Stelle der Marke als Entscheidungskriterium<br />
in den Vordergrund treten lässt.<br />
Handel unter Preisdruck<br />
Die bereits geringe und weiter abnehmende <strong>Marken</strong>relevanz<br />
von Handelsunternehmen ist in erster Linie<br />
den Veränderungen des Marktes geschuldet. Das Geschäftsmodell<br />
der Kaufhäuser ist durch die Ausdifferenzierung<br />
der Kanäle – vor allem durch den Siegeszug<br />
des Online-Handels – in eine Krise geraten. Traditionsmarken<br />
wie Hertie und Horten sind aus der Handelslandschaft<br />
verschwunden, Karstadt kämpft ums Überleben.<br />
Für Warenhäuser wird es zukünftig vor allem<br />
darum gehen, sich in einem zunehmend preisgetriebenen<br />
Marktumfeld neu zu positionieren, Differenzierungsmerkmale<br />
herauszuarbeiten, ihr Pro� l zu schärfen und<br />
so ihre <strong>Marken</strong>bedeutung zurückzugewinnen.<br />
Vom wachsenden Preisdruck im Handel sind vor allem<br />
die Baumarktketten betroffen. <strong>Der</strong> harte Wettbewerb<br />
der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass der Preis<br />
gerade in diesem Handelssegment zum dominierenden<br />
Auswahlkriterium für Shopper geworden ist. Dass eine<br />
Differenzierung über die Marke dennoch funktionieren<br />
kann, zeigt das Unternehmen Hornbach, das seit Jahren<br />
mit einem mutigen <strong>Marken</strong>auftritt einen alternativen<br />
Weg beschreitet. Die Baumarktkette wuchs trotz oder<br />
gerade wegen ihrer Nichtbeteiligung an Rabattschlachten<br />
auch im abgelaufenen Geschäftsjahr 2009/10 stärker<br />
als die Konkurrenz und hat dieser in der Wirtschaftskrise<br />
Marktanteile abgenommen.<br />
Ländervergleich: USA und Osteuropa besonders<br />
markenaffi n<br />
So stark die <strong>Marken</strong>relevanz von Branche zu Branche<br />
variiert, so ausgeprägt sind die Unterschiede von Land<br />
zu Land. Bereits in der Vorgängerstudie von 2006 hat<br />
McKinsey gemeinsam mit den Marketinginstituten der<br />
Universitäten Münster, Kiel und Hamburg den Ein� uss<br />
von <strong>Marken</strong> auf das internationale Kaufverhalten untersucht.<br />
Befragt wurden rund 12.000 Konsumenten in<br />
Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien,<br />
Schweden, Polen, Russland, den USA und Japan.<br />
Im Ländervergleich zeigt sich, dass der Faktor Marke<br />
nicht nur in den USA, sondern auch in den osteuro päischen<br />
Ländern Russland und Polen einen ungewöhnlich<br />
hohen Ein� uss auf die Ent scheidungen der Konsu menten<br />
hat. Deutsche Verbraucher hingegen sind – noch hinter<br />
Japanern und Schweden – am wenigsten markenbewusst,<br />
während andere westeuropäische Länder im Mittelfeld<br />
rangieren (Gra� k 3, rechts). Es fällt auf, wie unterschiedlich<br />
die <strong>Marken</strong>entscheidungen in den einzelnen<br />
Ländern motiviert sind: Während es in den USA vor<br />
allem um Imagegewinn geht, stehen starke <strong>Marken</strong> in<br />
Russland und Polen vor allem für Informationsef� zienz<br />
und Risikovermeidung in einer für viele Konsumenten<br />
noch immer ungewohnten neuen Angebotsvielfalt.<br />
Regionale Unterschiede zeigen sich auch in der Attraktivität<br />
von <strong>Marken</strong> in den jeweiligen Kategorien. Grundsätzlich<br />
achten Konsumenten in Westeuropa – anders<br />
als US-Amerikaner oder Japaner – bei Produkten stärker<br />
auf die Marke als bei Dienstleistungen. Zusätzlich gibt<br />
es nationale Vorlieben. So zählt bei französischen Verbrauchern<br />
insbesondere bei der Auswahl von Fastfood-<br />
Anbietern die Marke. Englische Konsumenten setzen<br />
dagegen ähnlich wie die deutschen vor allem bei Bier und<br />
Zigaretten auf <strong>Marken</strong>produkte. Japaner legen als einzige<br />
Nation großen Wert auf den Namen ihres TV-Geräts.
Akzente<br />
3’10<br />
3. Verglichen mit Russen sind deutsche Konsumenten <strong>Marken</strong>muffel<br />
Abweichung vom<br />
Durchschnitt*<br />
Abweichung<br />
> +10%<br />
Abweichung<br />
+/- 10%<br />
Abweichung<br />
< -10%<br />
* Durchschnittsranking für alle 9 Länder und 18 Produktmärkte<br />
Quelle: McKinsey<br />
<strong>Der</strong> Ländervergleich erlaubt einige interessante Schlussfolgerungen<br />
für die <strong>Marken</strong>strategie von Unternehmen:<br />
Zunächst konnten die Analysen nachweisen, dass<br />
<strong>Marken</strong> für Konsumenten fast überall auf der Welt eine<br />
bedeutende Rolle bei der Wahl von Produkten und<br />
Anbietern spielen – insbesondere bei Autos, Bieren,<br />
Mobiltelefonen und Zigaretten. In diesen Produktkategorien<br />
lohnen sich folglich Investitionen in den Aufbau<br />
starker globaler <strong>Marken</strong> wie BMW, Bud weiser, Apple<br />
oder Marlboro.<br />
Speziell in osteuropäischen Ländern erfüllen <strong>Marken</strong><br />
zudem eine wichtige Orientierungsfunktion bei Kaufentscheidungen.<br />
Trotz geringe rer Kaufkraft dürfte es daher<br />
in diesen Märkten kaum ausreichen, reine Preisstrategien<br />
zu verfolgen, ohne zugleich auch den <strong>Marken</strong>namen<br />
zu etablieren. Außerdem zeigt sich, dass ein und dasselbe<br />
Produkt in verschiedenen Län dern eine durchaus<br />
unterschied liche <strong>Marken</strong>bedeutung für Konsumenten<br />
haben kann. Eine differenzierte Kenntnis der Regionen<br />
mit hoher beziehungsweise geringer <strong>Marken</strong>relevanz<br />
zahlt sich daher aus – vor allem, wenn es um die Allokation<br />
knapper Ressourcen geht, beispielsweise beim Eintritt<br />
in einen neuen Markt.<br />
<strong>Marken</strong>relevanz nach Ländern, 2006<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
Russland<br />
USA<br />
Polen<br />
Frankreich<br />
Spanien<br />
Großbritannien<br />
Japan<br />
Schweden<br />
Deutschland<br />
<strong>Marken</strong>relevanz ist in allen Märkten messbar<br />
Um die Bedeutung von <strong>Marken</strong> in allen Märkten und<br />
Kategorien rasch und zuverlässig ermitteln zu können,<br />
hat McKinsey gemeinsam mit dem Marketing Centrum<br />
Münster den so genannten Brand Relevance Calculator<br />
entwickelt – eine Art <strong>Tachometer</strong> zur Bestimmung der<br />
<strong>Marken</strong>relevanz, der aufwendige Verbraucherbefragungen<br />
in vielen Fällen erspart. Als Input benötigt der<br />
<strong>Marken</strong>-<strong>Tachometer</strong> lediglich einige Angaben zu einfachen<br />
Kontextfragen, etwa um welche Produktart es<br />
sich handelt und wie häu� g das Produkt gekauft wird.<br />
Anhand dessen bestimmt er die <strong>Marken</strong>relevanz auf<br />
einer Skala von 0 bis 5.<br />
Die Methodik des Tools stützt sich auf das eingangs vorgestellte<br />
Messmodell mit den Komponenten Informationsef�<br />
zienz, Risikoreduktion und ideeller Nutzen. Am<br />
Beispiel der Produktkategorie Luxussportwagen lässt<br />
sich der Einsatz des Brand Relevance Calculator verdeutlichen.<br />
<strong>Der</strong> ideelle Nutzen ist hier erwartungsgemäß die<br />
dominierende <strong>Marken</strong>funktion: Luxussportwagen verleihen<br />
Prestige und dienen der Selbstverwirklichung.<br />
Zweitwichtigster Faktor ist die Risikoreduktion, die unter<br />
anderem mit dem hohen Kaufpreis korreliert. Informati-<br />
13
14<br />
Studie <strong>Marken</strong>relevanz<br />
4. <strong>Marken</strong>funktionen am Beispiel Luxussportwagen: Ideeller Nutzen erhöht die<br />
<strong>Marken</strong>relevanz<br />
Hoch 5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Niedrig 0<br />
3,79<br />
Risikoreduktion<br />
<strong>Marken</strong>funktionen <strong>Marken</strong>relevanz<br />
Ideeller Nutzen<br />
4,46<br />
Quelle: GfK, MCM/McKinsey-<strong>Marken</strong>relevanz-Umfrage<br />
2,86<br />
Informationseffi<br />
zienz<br />
onsef� zienz spielt dagegen nur eine untergeordnete<br />
Rolle, denn bei einem solchen Produkt ist der Kunde<br />
normalerweise bereit, sich umfassend zu informieren,<br />
bevor er seine Kaufentscheidung trifft (Gra� k 4).<br />
Investition in die Marke – nicht um jeden Preis<br />
Was können Marketingmanager aus den Erkenntnissen<br />
der Studie lernen? Ob Konsumgüterhersteller, Telekommunika<br />
tionsunternehmen oder Stromerzeuger – es<br />
gibt kaum eine Branche, die heute nicht von der immensen<br />
Wirkung einer starken Marke pro� tieren will. Trotz<br />
der unbestritten hohen Bedeutung von <strong>Marken</strong> für den<br />
Unternehmenserfolg hat die Untersuchung aber auch<br />
gezeigt, dass ein <strong>Marken</strong>aufbau nicht überall in gleicher<br />
Weise lohnend ist. Tatsächlich schwankt die Hebelwirkung<br />
der Marke von Markt zu Markt zum Teil ganz erheblich.<br />
Die grundsätzliche Annahme „<strong>Marken</strong> sind<br />
überall wichtig, also auch in meiner Branche“ kann<br />
daher zu Fehlentscheidungen und damit zu großen<br />
� nanziellen Verlusten führen. Gerade in Deutschland<br />
wird der Käufer mit immer neuen Angeboten von<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Preisbrechern zum Schnäppchenjäger erzogen – auf<br />
Kosten des Qualitätsbewusstseins und der Marke, wie<br />
der Einzelhandel bereits erfahren musste. Andererseits<br />
besteht eine reale Chance auf gezielte Steigerungen der<br />
<strong>Marken</strong>relevanz, wenn Unternehmen mit attraktiven<br />
Innovationen ganz neue Produktkategorien schaffen,<br />
die den Kunden einen echten Mehrwert bieten. Wie sehr<br />
eine Marke davon pro� tiert, hat Apple mit der Einführung<br />
des iPad erst jüngst wieder eindrucksvoll nachgewiesen.<br />
<strong>Marken</strong>investitionen müssen sich – wie alle anderen<br />
Marketinginstrumente auch – an ihrem wirtschaftlichen<br />
Ziel messen lassen, das Auswahl- und Kaufverhalten der<br />
Konsumenten zu beein� ussen. Darüber hinaus können<br />
<strong>Marken</strong> auch dazu dienen, die Position eines Unternehmens<br />
im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte zu<br />
stärken oder bei anderen relevanten Stakeholdern des<br />
Unternehmens zu punkten. Falls sich jedoch eine Marke<br />
kaum spürbar auf Konsumenten und Stakeholder auswirkt,<br />
hat es wenig Sinn, viel Geld in ihren Ausbau zu<br />
4<br />
<strong>Marken</strong>-<strong>Tachometer</strong><br />
3,61<br />
5
Akzente<br />
3’10<br />
investieren. Andere Marketinginstrumente, wie etwa<br />
differenzierte Preiskonzepte oder der Aufbau eines<br />
starken Vertriebs, erzielen je nach Branche und Produktsegment<br />
unter Umständen eine deutlich größere<br />
Wirkung.<br />
Unternehmen sollten genau beleuchten, welche<br />
Relevanz die Marke in ihrem spezi� schen Markt<br />
besitzt und welche Faktoren hierfür verantwortlich<br />
sind. <strong>Der</strong> Brand Relevance Calculator erlaubt darüber<br />
hinaus eine breit� ächige Einschätzung der <strong>Marken</strong>relevanz<br />
in verschiedenen Märkten – in Verbraucher-<br />
und Kapitalmärkten, aber auch im Recruiting. Hier<br />
ist es sinnvoll, die Bedeutung einzelner <strong>Marken</strong> je<br />
nach Schwerpunkt differenziert zu analysieren. Ganz<br />
besonders aber lohnt sich der Einsatz im Endkundenbereich,<br />
wo die <strong>Marken</strong>� ut am größten ist: Denn nur<br />
eine sorgfältige Analyse der <strong>Marken</strong>relevanz kann<br />
Unternehmen helfen zu entscheiden, an welchen<br />
Stellen sich Investitionen in die Marke tatsächlich<br />
lohnen und wo andere Marketinghebel mehr Erfolg<br />
versprechen.<br />
Wir danken Herrn Prof. Dr. Marc Fischer von der<br />
Universität Passau, der die vorliegende Studie zur<br />
<strong>Marken</strong>relevanz in B2C-Märkten mit Primärmarktforschungen<br />
und weiteren wissenschaftlichen<br />
Beiträgen maßgeblich unterstützt hat.<br />
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?<br />
Die Autoren freuen sich auf Ihre Zuschrift.<br />
Bitte E-Mail an: thomas_meyer@mckinsey.com<br />
Autoren<br />
Kernaussagen<br />
1. Kurzlebige Konsumgüter sind<br />
noch immer die <strong>Marken</strong>könige<br />
für die deutschen und internationalen<br />
Verbraucher, während die<br />
<strong>Marken</strong>relevanz von Handelsketten<br />
im wachsenden Preiswettbewerb<br />
in vielen Branchen mehr<br />
und mehr schwindet.<br />
2. Neue Analysewerkzeuge wie<br />
der Brand Relevance Calculator<br />
helfen Unternehmen, Bedeutung<br />
und Funktion ihrer <strong>Marken</strong> für<br />
die Verbraucher in allen Märkten<br />
rasch und individuell zu ermitteln.<br />
3. Investitionen in die Marke<br />
sollten sich konsequent an den<br />
wirtschaftlichen Zielen orientieren.<br />
Nicht immer lohnt sich ein<br />
<strong>Marken</strong>ausbau – manchmal sind<br />
differenziertes Pricing oder ein<br />
starker Vertrieb wirkungsvoller.<br />
1 Dr. Thomas Meyer ist Senior Expert für Branding & Marketing Spend Effectiveness im<br />
Londoner Büro von McKinsey und Mitglied der europäischen Marketing & Sales Practice.<br />
2 Dr. Jesko Perrey ist Partner im Düsseldorfer Büro von McKinsey und Leiter der deutschen<br />
Marketing & Sales Practice sowie der weltweiten Branding & Marketing Spend Effectiveness Group.<br />
15