Stromsperre - Wdr.de

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Stromsperre - was nun?
A. Das Problem
Strom ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken. In praktisch allen Lebensbereichen
sind wir von elektrischer Energie abhängig. Wird der Strom plötzlich
abgestellt, führt dies bei den Betroffenen zu erheblichen Einschränkungen ihrer
Lebensqualität und kann existenzielle Notlagen auslösen. Energieversorger bedienen
sich immer häufiger der Stromsperre, um auf Kunden mit Zahlungsrückständen
Druck auszuüben. Wer sich in einer solchen Zwangslage befindet, sollte
einen kühlen Kopf behalten und versuchen, gegebenenfalls mit Unterstützung
der Verbraucherzentrale einen Lösungsweg zu finden. Folgendes sollte
man in diesem Zusammenhang wissen:
B. Was dürfen die Stromversorger?
Die Voraussetzungen für eine Stromsperre sind in der Grundversorgungsverordnung
für Stromkunden (StromGVV) festgelegt. Gerät ein Kunde in Zahlungsrückstand,
darf der Energieversorger gemäß § 19 Abs. 2 StromGVV nach entsprechender
Mahnung eine Stromsperre androhen. Die Androhung kann bereits
mit der Mahnung verbunden werden. Zahlt der Kunde hierauf nicht, ist der Versorger
nach 4 Wochen berechtigt, den Strom abzuschalten. Er muss die Abschaltung
allerdings 3 Werktage vorher nochmals gesondert ankündigen. Außerdem
muss ein Rückstand von mindestens 100 €, inklusive der durch den
Zahlungsrückstand aufgelaufenen Kosten, bestehen.
Trotz Vorliegen dieser Voraussetzungen ist eine Stromsperre rechtswidrig,
wenn die Folgen der Liefersperre außer Verhältnis zum Zahlungsrückstand stehen.
Dies kann der Fall sein bei akuter schwerer Krankheit, Schwangerschaft
im fortgeschrittenen Stadium oder wenn z.B. Neugeborene im Haushalt leben.
Ist der Rückstand nur relativ gering und ist der Zahlungsrückstand nicht wiederholt
aufgetreten, kann eine Sperre aber auch schon bei Vorliegen einer weniger
schwierigen Situation unverhältnismäßig sein. Leben kleine Kinder mit im
Haushalt, oder besteht wegen Alter, Krankheit oder Behinderungen ein besonderer
Bedarf, sollte dies dem Energieversorger immer bekannt gegeben und die
Unverhältnismäßigkeit einer Sperre geltend gemacht werden
Rechtswidrig ist eine Sperre außerdem, wenn der Kunde darlegt, dass hinreichende
Aussicht besteht, dass er seinen Verpflichtungen künftig nachkommt.
Unzulässig ist auch eine Absperrung des Privatstromanschlusses wegen Zahlungsrückständen
aus gewerblichem Verbrauch.

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C. Können Stromschulden übernommen werden?
Das Landessozialgericht NRW hat außerdem entschieden, dass die Abschaltung
rechtswidrig und sogar rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Sozialleistungsträger
die Übernahme von künftigen Abschlagzahlungen zugesichert
hat und direkt an den Energieversorger überweist und damit die Bezahlung der
laufenden Versorgung nicht (mehr) gefährdet ist.
Für Schuldner, die ihre Stromrechnung nicht aus eigenen Mitteln begleichen
können, hält das Gesetz unterschiedliche Hilfen bereit.
- Empfänger von ALG II können einen Antrag auf Darlehensgewährung
bei der ARGE stellen. Nach § 22 V SGB II können für Personen, die laufende
Leistungen für Unterkunft und Heizung erhalten, Schulden übernommen
werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder Behebung
einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Eine Stromsperre
stellt eine solche Notlage dar. Insbesondere dann, wenn:
- kleine Kinder oder ältere, kranke Menschen betroffen sind oder
- man aus anderen Gründen auf Elektrizität besonders angewiesen ist
oder
- der Rückstand erst durch die Nachzahlungsforderung entstanden ist.
Liegen solche Umstände vor, sollten diese bei der Antragstellung benannt
werden, um die Bewilligungschancen zu verbessern. Insgesamt
sollte der Antrag sorgfältig und unter genauer Schilderung der häuslichen
Situation begründet werden, um eine positive Entscheidung zu erhalten.
Denn diese liegt ganz im Ermessen der Behörde.
Die Schulden werden in der Regel nur als Darlehen gewährt, müssen also
dann bei der ARGE abbezahlt werden.
- Sozialhilfeempfänger haben einen Übernahmeanspruch nach § 34 I SGB
XII. Auch hier muss der Antragsteller vortragen, dass er ohne eine
Schuldenübernahme in eine Notlage gerät, die mit einer Gefährdung der
Unterkunft vergleichbar ist.
D. Was kann man gegen eine Stromsperre machen?
In jedem Fall sollte so früh wie möglich etwas gegen eine Stromsperre unternommen
werden. Jeder Zahlungsverzug kann zur Stromabschaltung führen.
1. Wer sich frühzeitig mit seinem Stromversorger in Verbindung setzt und seine
Zahlungsschwierigkeiten offen legt, kann versuchen, für den Rückstand eine
Ratenzahlung zu vereinbaren. Es sollte darauf geachtet werden, dass die ver-
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sprochenen Raten auch tatsächlich gezahlt werden können. Denn kommt man
mit der Zahlung in Verzug, hat man nichts gewonnen, weil der Versorger dann
von seinem Stromsperrrecht Gebrauch machen wird.
2. Bezieher von laufenden Sozialleistungen sowie Geringverdiener ohne Leistungsbezug
können einen Kostenübernahmeantrag bei der ARGE bzw. dem
Sozialamt stellen. Die Beträge werden darlehensweise gewährt und an den
Leistungsbezieher ausgezahlt. Man kann aber auch mit der ARGE oder dem
Sozialamt vereinbaren, dass diese direkt an den Stromversorger zahlen. Achtung:
Da diese Leistungen grundsätzlich nur darlehensweise gezahlt werden,
werden sie mit den Sozialleistungen verrechnet, man bekommt also weniger
Leistungen.
Eine weitere Möglichkeit ist, die ARGE bzw. das Sozialamt zu bitten, nicht die
Rückstände zu übernehmen, sondern die zukünftigen Abschlagszahlungen direkt
an den Stromversorger zu zahlen. Zum einen kann man dann das Geld
nicht für andere Dinge ausgeben (was im Übrigen Rückzahlungsansprüche der
ARGE bzw. des Sozialamtes und damit eine Reihe von unangenehmen Folgen
nach sich ziehen würde). Zum anderen hat das Landessozialgericht Nordrhein-
Westfalen im vergangenen Jahr entschieden, dass ein Stromversorger nur wegen
noch offener Altschulden nicht ohne weiteres den Strom abschalten darf,
wenn die Zahlung der laufenden Abschläge in dieser Weise sichergestellt ist
(Landessozialgericht NRW, Beschluss vom 15.7.2005 – Az.: L 1 B 7/05 SO
ER).
3. Wer die laufenden Stromkosten zahlen kann, könnte zu einem anderen
Stromanbieter wechseln. Dieser darf keine Stromsperre für die Altschulden des
Kunden bei einem früheren Versorger androhen. Vorsicht ist dennoch geboten,
weil einige Altanbieter auch nach Vertragsablauf eine Stromdurchleitung verhindern.
Folge ist, dass der Kunde keinen Strom vom Neuanbieter beziehen
kann und weiter im Dunkeln sitzt. Dies ist zwar rechtswidrig, wird aber vom Altversorger
in Kauf genommen, um der Zahlungsforderung Nachdruck zu verleihen.
Hier muss gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
4. Wird eine Stromsperre angedroht oder der Strom abgestellt und liegen Gründe
vor, die dies im Einzelfall als besondere Härte erscheinen lassen (siehe oben
unter B.), kann beim zuständigen Amtsgericht eine "Einstweilige Verfügung"
beantragt werden. Der Antrag kann schriftlich oder in der Geschäftsstelle
des Amtsgerichts mündlich gestellt werden (er wird dann dort schriftlich protokolliert).
Auch hier ist eine sorgfältige Begründung notwendig, wenn man den
Richter überzeugen will. Durch eine solche Verfügung wird die Fortsetzung der
Stromlieferung erzwungen. Der Antrag hat Erfolg, wenn die Stromsperre
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rechtswidrig und/oder für die Betroffenen unzumutbar ist. Entsprechende Angaben
sind vom Antragsteller zu machen.
Wer lieber einen Rechtsanwalt beauftragen will, muss diesen nicht zwangsläufig
selbst bezahlen, sondern kann die Kosten über Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe
abdecken.
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