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RailHope Magazin 3/2014

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Ausserplanmässige erlebnisseite<br />

Es war am Ende eines langen<br />

Tages in den 90 er<br />

Jahren. Meine Dienstschicht<br />

als Lokführer eines<br />

Nostal gie zuges<br />

mit der Dampflok<br />

52.4984 endete<br />

mit einigen Minuten<br />

Verspätung<br />

am Bahnhof Wiener<br />

Neustadt auf<br />

Gleis 1.<br />

24 3/<strong>2014</strong><br />

Gottes Hand beschützt<br />

auch heute noch<br />

Um noch am selben Tag<br />

nach Hause zu kommen,<br />

musste ich den<br />

EN 234 errei-<br />

chen, der schon abfahrbereit<br />

auf Gleis 3 wartete. Zwischen<br />

den Gleisen 1 und 3<br />

befand sich nur<br />

noch das Durchfahrgleis<br />

2 für<br />

nicht haltende<br />

Züge. Ich fuhr also<br />

noch auf dem<br />

Führerstand der<br />

Dampflok bis zum<br />

anderen Bahnsteigende<br />

mit. Obwohl<br />

ich wusste, dass es verboten<br />

war, wollte ich samt meiner<br />

schweren Diensttasche bei<br />

ungefähr 25 km/h in Höhe<br />

der Zugspitze des EN 234<br />

abspringen, um ihn noch zu<br />

erwischen.<br />

Der Lokführer<br />

des EN 234<br />

sah bereits<br />

aus dem<br />

Führerstandsfenster<br />

heraus,<br />

um den Abfahrauftrag<br />

zu<br />

empfangen.<br />

Ich gab ihm<br />

durch Zeichen<br />

zu verstehen,<br />

dass ich noch<br />

mit ihm mitfahren<br />

möchte.<br />

Beim Abspringen<br />

sah ich noch, wie das<br />

Gesicht des Lokführers vor<br />

Schreck erstarrte. Normalerweise<br />

hätte ich bei dieser<br />

Geschwindigkeit einen Auslauf<br />

von mehreren Schritten<br />

gebraucht, mit denen<br />

ich zwangsläufig ins Durchfahrgleis<br />

2 geraten wäre.<br />

Plötzlich – noch mitten in<br />

der Luft, bevor mein Fuß den<br />

Boden erreicht hatte spürte<br />

ich auf meiner Brust, als ob<br />

eine große Hand mich nähme<br />

und senkrecht zwischen<br />

die Gleise 1 und 2 stellte.<br />

Im selben Moment raste<br />

ein Zug mit 100 km/h durch<br />

Gleis 2, unter dem wohl<br />

mein Leben ein<br />

plötzliches Ende<br />

gefunden hätte.<br />

Ich hatte ihn<br />

nicht gesehen,<br />

weil er von hinten<br />

kam.<br />

Hätte Gott<br />

mich durch seine Hand<br />

nicht behütet und gegen<br />

die Naturgesetze eingegriffen,<br />

und hätte ER nicht Seine<br />

Gnade trotz meines Fehlverhaltens<br />

walten lassen,<br />

so könntet ihr wohl dieses<br />

Zeugnis über seine Bewahrung<br />

nicht mehr lesen. Lob,<br />

Preis und Ehre sei IHM!<br />

«Ich sah noch<br />

das Gesicht des<br />

Lokführers,<br />

wie es vor<br />

Schreck<br />

erstarrte.»<br />

Fritz Ledvinka<br />

Lokführer (ÖBB) im Ruhestand

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