Außergewöhnlich ... packend ... ein Muss! Artist Zum Autor: Der Brite Martin Gayford ist Kunstkritiker, Buchautor und Kurator. Er hat wichtige Studien über Constable, van Gogh und Gauguin veröffentlicht und die Ausstellung Constable Portraits in der Londoner National Portrait Gallery <strong>aus</strong>gerichtet. Er schreibt für zahlreiche Zeitungen. Sein Buch über den (damals) 82-jährigen Lucian Freud ist von der Presse der englischen Metropole begeistert aufgenommen worden. Im deutschen Sprachraum ist der in Cambridge lebende Gayford noch weitgehend unbekannt.
MARTIN GAYFORD: MANN MIT BLAUEM SCHAL Ich saß für Lucian Freud Ein Tagebuch Piet Meyer Verlag – Vorschau Herbst 2011 9 Über einen Zeitraum von mehr als 7 Monaten (28. November 2003 bis 4. Juli 2004) sitzt Martin Gayford, Londoner Kunstkritiker, Buchautor und Freund von Lucian Freud, <strong>dem</strong> britischen Maler Modell. Der Kritiker führt Tagebuch: über jede Sitzung, über die Gespräche mit <strong>dem</strong> Meister, über seine Gefühle, während jeder Zoll seines Gesichtes gemustert, beobachtet und auf die Leinwand transponiert wird, und er hält die Konzentration und Spannung ebenso fest wie die manchmal quälende Langsamkeit – oder gar Langeweile, mit welcher das Bild millimeterweise entsteht. Freud äußert sich mitWitz über Künstlerkollegen, die er gekannt hat, darunter Picasso, Max Ernst, Giacometti und Francis Bacon. Er gibt dabei Ansichten zum Besten, die häufig ungewöhnlich, immer aber interessant und erhellend sind (Ansichten, die einem Kunstkritiker oder Kunsthistoriker nicht im Traum einfallen würden...). Der Maler äußert sich über die Kunst im Allgemeinen, über seine eigene Arbeit im Besonderen, und er spricht, immer mit Hochachtung, von den alten Meistern, seinen Lieblingsmalern. Dieses Tagebuch liest sich, Seite für Seite, spannend wie ein Roman. Lucian Freud ist 1922 in Berlin geboren. Der Enkelsohn von Sigmund Freud musste 1933 mit seiner Familie nach London flüchten. Er gilt weltweit als einer der großen Maler unserer Zeit (und hat etwa die britische Königin, die Entourage von Mick Jagger, aber auch Ganoven und Freunde <strong>aus</strong> der Londoner Unterwelt porträtiert). Man- Aus <strong>dem</strong> Englischen chen mag sein Stil heute als veraltet erscheinen, doch malt Freud unbe- von Heike Reissig irrt weiter, wie man immer gemalt hat: Der Prozess, in den er den ihm 248 Seiten geduldig Modell Sitzenden hineinzieht, hat etwas Meditatives, ist wie 64 Abbildungen, davon 58 in Farbe eine lange (monatelange) zen-buddhistische Übung und Strecke,welche Hardcover mit Schutzumschlag die beiden in Stille und Konzentration, nur manchmal durch kurze Ge- KapitaleBibliothek Nr. 4 spräche unterbrochen, zurücklegen.Am Ende ist ein gelungenes Bild da. Format 15,2 × 22,9 cm <strong>Das</strong> Buch ist damit auch ein anschauliches Dokument dessen, wie isbn 978-3-905799-11-8 3 28.40 (d+a) /chf 37.60 Kunst funktioniert, wie Malerei konkret entsteht, Strich für Strich, Erscheint September 2011 Augen-Blick für Augen-Blick, wie ein Bild Schritt für Schritt, <strong>aus</strong> t<strong>aus</strong>end Farbtupfern und t<strong>aus</strong>end Kontrollgängen des Künstlers dazwischen, Gestalt annimmt. Dieses Buch ist ein Augenöffner, ein Glücksfall für jeden, der sich heute noch für Malerei (so wie sie seit Jahrhunderten geübt worden ist) interessiert. Eine Schule des Sehens, des wirklichen Hinschauens und –Verstehens.