und Talentmanagement 2012 - Deutscher Bildungspreis
und Talentmanagement 2012 - Deutscher Bildungspreis
und Talentmanagement 2012 - Deutscher Bildungspreis
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Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie<br />
Magdalena Nowak, EuPD Research<br />
Unternehmen.<br />
Bilden.<br />
Zukunft.<br />
Bildungs-<br />
&<br />
<strong>2012</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong><br />
Akademie
Bildungs-<br />
&<br />
<strong>2012</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong><br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong><br />
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Die Autoren sind für ihre Beiträge<br />
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ISBN-Nr.: 978-3-941632-13-4<br />
© <strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> <strong>2012</strong><br />
www.deutscher-bildungspreis.de
Akademie
1. Status <strong>und</strong> Ziele | Magdalena Nowak 14<br />
1.1. Eine neue Arbeitswelt 15<br />
1.2. Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> in Deutschland 15<br />
1.3. Zielsetzung des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es 16<br />
2. Begriffsdefinition | Anne Dreyer 18<br />
2.1. Was ist Bildung 19<br />
2.2. Was ist betriebliches Bildungsmanagement 20<br />
2.3. Berufsbild Bildungsmanager 22<br />
2.4. Einbettung des betrieblichen Bildungsmanagements im Unternehmen 22<br />
2.4.1. Bedeutung im Managementsystem des Unternehmens 22<br />
2.4.2. Personalentwicklung 23<br />
2.4.3. Wissensmanagement 23<br />
2.5. Aktuelle Herausforderungen im betrieblichen Bildungsmanagement 24<br />
2.6. Definition weiterer Schlüsselbegriffe 25<br />
2.6.1. Nachhaltigkeit 25<br />
2.6.2. Wie lernen Erwachsene 25<br />
2.6.3. Qualifikationen, Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen 26<br />
3. Handlungsfelder <strong>und</strong> Qualitätskriterien betrieblichen Bildungsmanagements | Anne Dreyer 28<br />
3.1. Bestehende Konzepte/Forschungsstand 29<br />
3.1.1. Qualität im Bildungsmanagement 29<br />
3.1.2. Qualitätsmanagementkonzepte 29<br />
3.1.3. Bildungsmanagementkonzepte 32<br />
3.2. Ziele, Selbstverständnis, Anforderungen an das Qualitätsmodell 35<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Gliederung<br />
4. Etablierung des Qualitätsmodells betrieblichen Bildungsmanagements | Anne Dreyer, Magdalena Nowak 36<br />
4.1. Theoretische Herleitung des Qualitätsmodells 37<br />
4.2. Validierungsprozess des Qualitätsmodells 40<br />
4.2.1. Interviews mit führenden wissenschaftlichen Experten 40<br />
4.2.2. Interviews mit führenden HR-Experten 41<br />
4.3. Das Qualitätsmodell betrieblichen Bildungsmanagements 42<br />
4.3.1. Strategisches Bildungsmanagement 43<br />
4.3.2. Strukturelles Bildungsmanagement 43<br />
4.3.3. Operatives Bildungsmanagement 45<br />
5. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> | Magdalena Nowak 46<br />
5.1. Qualitätsmodell als Gr<strong>und</strong>lage 47<br />
5.2. Bewerbungsprozess 47<br />
5.3. Initiatoren <strong>und</strong> Partner 49<br />
5.3.1. Initiatoren 50<br />
5.3.2. Partner 52<br />
5.3.3. Medienpartner 57<br />
5.4. Ausblick 58<br />
6. Auszug aus Interviews mit führenden Experten 60<br />
7. Literaturverzeichnis 122<br />
8. Impressum 124<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Vorwort
Kai Probst<br />
Sprecher der Geschäftsführung<br />
TÜV SÜD Akademie<br />
Markus A. W. Hoehner<br />
CEO<br />
EuPD Research<br />
Jörg Schemat<br />
Geschäftsführer<br />
TÜV SÜD Akademie<br />
Vorwort TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research<br />
7<br />
Der vorliegende Studienband gibt zum ersten Mal einen umfassenden Einblick in den Status <strong>und</strong> die Bedeutung<br />
betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s in Deutschland. Basis bilden umfangreiche Literaturrecherchen<br />
sowie Tiefeninterviews mit zahlreichen führenden wissenschaftlichen Experten sowie führenden<br />
Personalentwicklern <strong>und</strong> Bildungsmanagern.<br />
Gemeinsam mit diesen Fachleuten <strong>und</strong> einem hochrangig besetzten Beirat haben die Experten von TÜV SÜD<br />
Akademie <strong>und</strong> EuPD Research darauf aufbauend das erste f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> ganzheitliche Qualitätsmodell<br />
betrieblichen Bildungsmanagements entwickelt. Das Qualitätsmodell bildet damit zugleich die Basis für den<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>.<br />
Ziel des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist es, durch ein praxisvalidiertes Qualitätsmodell einen deutschlandweiten<br />
Benchmark zu ermöglichen <strong>und</strong> durch die Auszeichnung besonders vorbildlicher Unternehmen in<br />
besonderer Weise für die hohe Relevanz betrieblichen Bildungsmanagements zu sensibilisieren. Das Audit<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> hilft Unternehmen dabei, die eigene betriebliche Weiterbildung effizienter<br />
zu gestalten <strong>und</strong> den Weg zur Lernenden Organisation zu beschreiten.<br />
Kai Probst<br />
Jörg Schemat<br />
Markus A. W. Hoehner<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Grußworte<br />
Stefan Post<br />
Geschäftsführer<br />
SP_Data GmbH & Co. KG<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
Bildung in Deutschland ist ein spannendes Thema, das die Gemüter schon lange bewegt <strong>und</strong> immer wieder<br />
neue Fragen eröffnet. Die vielfältige Diskussion umfasst Stichworte wie zum Beispiel die PISA Studie, Exzellenzinitiativen,<br />
Bildungschancen <strong>und</strong> gleichzeitig Herausforderungen aufgr<strong>und</strong> des Fachkräftemangels. Ein<br />
unternehmerisches Thema, weil insbesondere der Mittelstand in Deutschland gefordert ist, richtig ausgebildete<br />
Mitarbeiter zu finden, zu fördern <strong>und</strong> zu halten.<br />
Der deutsche <strong>Bildungspreis</strong> kommt zum richtigen Zeitpunkt, da Unternehmen sich zukünftig verstärkt um die<br />
Nachhaltigkeit der Ausbildung auf allen Ebenen von der Lehrlingswerkstatt bis zur Führungsetage kümmern<br />
werden.<br />
8<br />
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die betriebliche Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung maßgeblich den wirtschaftlichen<br />
Erfolg eines Unternehmens steuert. Stärken wir unsere Mitarbeiter durch Weiterbildung, stärken<br />
wir das Unternehmen. Gerade in der Softwarebranche sind wir darauf angewiesen, dass unsere Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
unsere K<strong>und</strong>en in Veränderungsprozessen begleitet <strong>und</strong> durch Ausbildungsmaßnahmen unterstützt werden.<br />
Ergebnisse müssen evaluiert werden, um den bestmöglichen Erfolg für das Unternehmen <strong>und</strong> den Mitarbeiter<br />
zu erzielen.<br />
Die SP_Data fördert den Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>, damit die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung im Mittelstand zu einem<br />
natürlichen Prozess im Unternehmen wird. Die Kriterien für das Bildungsmanagement werden allen Beteiligten<br />
helfen, neue Wege zu gehen <strong>und</strong> das Wissenspotenzial im Unternehmen zu halten <strong>und</strong> zu steigern.<br />
Ich wünsche allen teilnehmenden Unternehmen viel <strong>und</strong> vor allen Dingen langfristigen Erfolg!<br />
Stefan Post<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Dr. Ralf Gräßler<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
VEDA GmbH<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
als Innovationsstandort kann Deutschland nur führend bleiben, wenn wir als Unternehmer es schaffen, unsere<br />
Innovationskraft zu erhalten. Hinter dieser Kraft steckt das heutzutage wichtigste Kapital – das „Humankapital“,<br />
welches vor allem aus der Gesamtheit des Mitarbeiterwissens entsteht. Doch die Halbwertzeit dieses Wissen<br />
wird immer kürzer, so ist geschicktes Management gefordert das Wissen auf Stand zu halten <strong>und</strong> mit der Unternehmensstrategie<br />
in Einklang richtig einzusetzen. Weiterbildung wird somit zu einem essenziellen Bestandteil<br />
des Unternehmenserfolgs.<br />
Die Jahre, in denen ein einfaches Schulungsangebot das Ultimo in Bildungsmanagement <strong>und</strong> Mitarbeiterförderung<br />
war, sind lange vorbei. Weiterbildung muss dort angesiedelt werden, wo die Unternehmensstrategie das<br />
zukünftige Wissen fordert.<br />
Der deutsche <strong>Bildungspreis</strong> unterstreicht die hohe Relevanz dieses systematischen Bildungsmanagements.<br />
VEDA unterstützt dabei gerne. Denn wir können als Lösungsanbieter den langjährigen Erfahrungshintergr<strong>und</strong><br />
einer Prozess- <strong>und</strong> Methodensicht auf Bildung in die Konzeptphase des deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es einbringen.<br />
Wir kennen die effizienten Prozesse, die hinter moderner Weiterbildung stehen können – oder müssen.<br />
9<br />
VEDA begleitet Unternehmen bei der Analyse von Handlungsfeldern <strong>und</strong> hilft bei der Planung <strong>und</strong> Umsetzung<br />
der Lösung mit geeigneten Best-Practice-Maßnahmen.<br />
Wir freuen uns auf neue <strong>und</strong> hoffentlich überraschende Sichten auf das Bildungsmanagement in deutschen<br />
Unternehmen. Nehmen Sie teil <strong>und</strong> fördern Sie damit auch die Innovationskraft unseres Wirtschaftsstandorts<br />
Deutschland.<br />
Dr. Ralf Gräßler<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Grußworte<br />
Mattias Säker<br />
CEO<br />
kursfinder.de<br />
Fredrik Högemark<br />
CIO<br />
kursfinder.de<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
in Gesprächen mit Personalentwicklern <strong>und</strong> Führungskräften unserer skandinavischen K<strong>und</strong>en wird deutlich:<br />
Weiterbildung ist zu einem Thema auf der Agenda der strategischen Unternehmensentwicklung geworden.<br />
Lange galt die Teilnahme an einer Fortbildung als probates Mittel zur Belohnung von Mitarbeitern – heute sollen<br />
die durchschnittlichen 6 Schulungstage – schwedenweit – messbare Resultate zu Tage fördern. Und zwar<br />
unternehmensrelevante Resultate. So lautet die Maßgabe nicht mehr pauschal „produktiver um der Effizienz<br />
willen“, sondern „besser um des Ziels willen“.<br />
10<br />
Strategisches Bildungsmanagement kann viel auf dem Weg zum übergeordneten Unternehmensziel bewegen –<br />
setzt es doch genau dort an, wo seine Wirkung am stärksten ist: der Motivation Ihrer Mitarbeiter für die gemeinsamen<br />
Ziele. So viel es bewirken kann, so viel setzt es aber auch voraus.<br />
Als internationale Educations.com Media Group mit schwedischer Herkunft <strong>und</strong> deutschem Geschäftsbereich<br />
kursfinder.de sind wir umso gespannter auf die Diskussionen, Entwicklungen <strong>und</strong> Erkenntnisse, die der Deutsche<br />
<strong>Bildungspreis</strong> für Unternehmen mit seinem Qualitätsmodell auslösen wird – wir freuen uns auf einen<br />
intensiven Austausch mit Ihnen!<br />
Mattias Säker<br />
Fredrik Högemark<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Evangelia Avrami, M.A.<br />
Managing Director<br />
avrami business communication<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
was könnte die wachsende Bedeutung der betrieblichen Weiterbildung stärker verdeutlichen als die Verleihung<br />
des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
Es ist unbestritten, dass die stetige <strong>und</strong> gezielte Qualifizierung von Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern einen<br />
wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellt – nicht nur, weil sie sich signifikant auf den Unternehmenserfolg<br />
auswirkt, sondern weil sie im Rahmen von Employer Branding einen wichtigen Beitrag zur Mitarbeitergewinnung<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterbindung leistet.<br />
Als Weiterbildungsanbieter mit den Schwerpunkten Fremdsprachen, Interkulturelle Kommunikation <strong>und</strong><br />
Soft Skills unterstützen wir seit mehr als 25 Jahren internationale Unternehmen bei der Qualifizierung ihrer<br />
Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte. Durch den kontinuierlichen Austausch mit unseren K<strong>und</strong>en erfahren wir tagtäglich,<br />
welchen Herausforderungen Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter deutscher Unternehmen in der internationalen<br />
Zusammenarbeit begegnen.<br />
11<br />
Die ganzheitlichen Trainingslösungen von avrami business communication tragen diesen Herausforderungen<br />
Rechnung. Sie können jedoch nur zu optimalen Ergebnissen führen, wenn sie in ein bestehendes Gesamtkonzept<br />
eingebettet werden. Positive strategische Rahmenbedingungen sind für den Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> den Wissenstransfer unentbehrlich.<br />
Unternehmen, die sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt <strong>und</strong> ein durchdachtes Bildungsmanagement<br />
etabliert haben, haben Vorbildfunktion <strong>und</strong> sollten dafür ausgezeichnet werden. Wir freuen uns darauf, einen<br />
Einblick in diese Erfolgsmodelle zu erhalten.<br />
Evangelia Avrami<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Grußworte<br />
Thomas Kirchenkamp<br />
Kanzler der Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
die Wilhelm Büchner Hochschule begleitet seit 15 Jahren Berufstätige, die neben dem Job studieren – Maschinenbau,<br />
Informatik, Elektrotechnik, Mechatronik oder Wirtschaftsingenieurwesen. Es ist faszinierend, mit<br />
welcher Motivation unsere Studierenden bei der Sache sind. Ihr „Rückenwind“ ist der direkte Praxis- bzw.<br />
Wissenstransfer zwischen Studium <strong>und</strong> Beruf. Und sie haben ein Ziel vor Augen: den Karrieresprung.<br />
Wir haben am Standort Deutschland hervorragende Fachkräfte mit Ausbildungen in anspruchsvollen technischen<br />
Berufen. Sie haben oft die fachlichen <strong>und</strong> auch die persönlichen Voraussetzungen, um berufsbegleitend<br />
zu studieren <strong>und</strong> sich akademisch zu qualifizieren. Hier sind die Personalentwickler gefordert! Es ist ihre Aufgabe,<br />
die Talente in ihren eigenen Reihen zu identifizieren, fähige Mitarbeiter zu einem Studium zu motivieren<br />
<strong>und</strong> sie auf ihrem Weg zum Ingenieur oder Informatiker tatkräftig zu unterstützen.<br />
12<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> ist eine w<strong>und</strong>erbare Chance, von denjenigen Unternehmen zu lernen, die in der<br />
Weiterbildung <strong>und</strong> Talentförderung bereits vieles richtig machen. Und er ist eine Chance für alle Unternehmen,<br />
ihre beruflichen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsaktivitäten zu überprüfen. Das Qualitätsmodell für betriebliches<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> gibt die Richtung vor.<br />
Thomas Kirchenkamp<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
13
1. Status <strong>und</strong> Ziele<br />
Autorin: Magdalena Nowak, EuPD Research
1.1. Eine neue Arbeitswelt<br />
Der wirtschaftliche <strong>und</strong> gesellschaftliche Wandel der<br />
letzten Jahre hat die deutsche Arbeitswelt nachhaltig<br />
verändert. Die zunehmende Komplexität bei gleichzeitig<br />
enger werdenden Zeitfenstern hat Wissen zu<br />
einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren werden lassen.<br />
Aus dem Leitsatz „Lernen fürs Leben“ ist längst die<br />
Forderung des „lebenslangen Lernens“ geworden,<br />
denn das große Potenzial deutscher Unternehmen<br />
liegt in den Fähigkeiten, der Bildung <strong>und</strong> den Talenten<br />
der Beschäftigten. Dieser Wissensspeicher<br />
ist die Basis für Innovation, Kreativität <strong>und</strong> Wachstum,<br />
ihn aufrecht <strong>und</strong> aktuell zu halten, ist eine der<br />
wichtigsten Anforderungen in der modernen Wissensgesellschaft.<br />
Systematische Investitionen in das<br />
Wissen <strong>und</strong> die Kompetenzen der Mitarbeiter sind ein<br />
Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit des gesamten<br />
Wirtschaftsstandortes.<br />
Gleichzeitig sorgt der demografische Wandel dafür,<br />
dass nicht nur das Wissen, sondern auch die Belegschaften<br />
älter werden <strong>und</strong> immer weniger junge<br />
Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Bereits<br />
heute sind die Auswirkungen spürbar, es fehlt häufig<br />
an qualifiziertem Personal, um vakante Stellen neu zu<br />
besetzen.<br />
R<strong>und</strong> 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland<br />
sind kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />
(KMU). Sie beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmer<br />
<strong>und</strong> sind damit der Motor der deutschen Wirtschaft.<br />
Aber gerade der Mittelstand läuft Gefahr, in<br />
punkto Personal zurückzufallen. Denn bislang legen<br />
KMU noch wenig Wert auf eine strategische Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> können mit Großkonzernen beim<br />
Recruiting kaum konkurrieren [vgl. Meifert, 2011,<br />
Strategisches Talent-Management]. Während lange<br />
das Gehalt als wesentlicher Anreiz für die Jobwahl<br />
galt, fordern junge Arbeitnehmer von ihrem künftigen<br />
Arbeitgeber heute eine Stelle, die Work-Life-Balance<br />
zum Beispiel durch die Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong><br />
Beruf, flexible Arbeitszeiten <strong>und</strong> Zusatzleistungen wie<br />
ein Ges<strong>und</strong>heitsmanagement garantiert. Besonders<br />
hoch werden auch gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> eine gezielte Talentförderung bewertet. Aufgr<strong>und</strong><br />
der zunehmend kürzeren Halbwertszeit von<br />
Wissen reicht es schon lange nicht mehr aus, gute<br />
Schulen <strong>und</strong> Universitäten zu besuchen. Vielmehr ist<br />
die berufliche Bildung ein zentraler Faktor nicht nur<br />
der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern<br />
auch der persönlichen <strong>und</strong> beruflichen Entwicklung<br />
des Einzelnen.<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> hat es sich zum Ziel<br />
gesetzt, Unternehmen bei der Etablierung eines<br />
nachhaltigen, weil effizienten Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />
zu unterstützen. Er stellt ein wissenschaftlich<br />
evaluiertes, praxisadäquates Qualitätsmodell<br />
betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />
in den Fokus, anhand dessen gezielt Stärken <strong>und</strong><br />
Handlungsbedarfe aufgezeigt werden.<br />
1.2. Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
in Deutschland<br />
Deutsche Unternehmen investieren immer mehr<br />
Geld in die Bildung ihrer Beschäftigten. Selbst in<br />
den krisengeschütteten Jahren 2008/2009 nahmen<br />
die Ausgaben für Weiterbildung im Vergleich zu den<br />
Vorjahren erheblich zu, mit steigender Tendenz. 2010<br />
zahlten deutsche Unternehmen bereits r<strong>und</strong> 28,6<br />
Milliarden Euro in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.<br />
Das entspricht Investitionen in Höhe von 1.035 Euro<br />
jährlich pro Mitarbeiter. Auch die Anzahl der Unternehmen,<br />
die ihren Beschäftigten Weiterbildungsangebote<br />
bereitstellen, steigt jährlich. 2010 bildeten insgesamt<br />
83,2 Prozent aller Unternehmen in Deutschland<br />
ihre Mitarbeiter weiter. Zudem stieg das St<strong>und</strong>envolumen<br />
der Weiterbildung seit 2007 erheblich an [vgl.<br />
Seyda/Werner, <strong>2012</strong>].<br />
15<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Status & Ziele<br />
16<br />
Damit stellt sich die Bildungssituation in deutschen<br />
Unternehmen auf den ersten Blick sehr positiv dar.<br />
Das gestiegene Engagement verdeutlicht, dass dem<br />
Thema immer mehr Gewicht beigemessen wird. Es<br />
lassen sich aber gleich mehrere Vorbehalte gegen<br />
diese beachtliche Bilanz anführen. Zunächst sollte<br />
nicht vergessen werden, dass die dargelegten Zahlen<br />
lediglich über die Quantität der Bildungsleistungen,<br />
nicht aber über deren Qualität Aufschluss geben.<br />
Nach wie vor ist Bildungsmanagement in den Unternehmen<br />
nur mangelhaft strategisch eingeb<strong>und</strong>en. In<br />
sehr vielen Fällen fehlt eine Verzahnung von Bildungs-<br />
<strong>und</strong> Unternehmenszielen. Bildung ist noch<br />
kein Führungsthema, der Personalbereich verfügt oft<br />
weder über die personellen noch die notwendigen<br />
strukturellen Ressourcen, um Bildung zum Wettbewerbsthema<br />
zu machen. Auch was den Einsatz<br />
moderner IT-Systeme betrifft, zeigt sich Nachholbedarf:<br />
Im Gegensatz zu anderen Abteilungen im Unternehmen<br />
liegt der HR-Bereich in punkto moderner<br />
IT-Ausstattung oft um Jahre zurück.<br />
Auch im europäischen Vergleich zählt Deutschland<br />
nicht zu den Besten. Aus der dritten europäischen<br />
Erhebung über die berufliche Weiterbildung<br />
in Unternehmen (CVTS3) aus dem Jahr 2007 kann<br />
ermittelt werden, dass der Anteil der Beschäftigten,<br />
die in Deutschland an Weiterbildungsmaßnahmen<br />
teilnehmen, im europäischen Vergleich im mittleren<br />
Drittel liegt. Vor allem die skandinavischen Länder<br />
<strong>und</strong> das Vereinigte Königreich verzeichnen deutlich<br />
höhere Teilnahmequoten. Bei der Häufigkeit von<br />
Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen, verortet<br />
die CVTS3 Deutschland im EU-Vergleich auf Rang 12,<br />
hinter den meisten west- <strong>und</strong> nordeuropäischen<br />
Mitgliedsstaaten [vgl. CVTS3, 2007].<br />
Es wird deutlich, dass es in den Unternehmen noch<br />
viel zu tun gibt – Bildung <strong>und</strong> Talentförderung treten<br />
erst langsam in den Fokus der Geschäftsstrategien.<br />
Zwar lassen sich die Unternehmen Weiterbildung <strong>und</strong><br />
Qualifizierung immer mehr kosten, doch fehlt es an<br />
einer Gesamtidee, was eigentlich erreicht werden<br />
soll <strong>und</strong> inwieweit die gesetzten Maßnahmen dazu<br />
beitragen. Von einem strategischen, systematischen<br />
<strong>und</strong> nachhaltigen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
kann aber in den seltensten Fällen die Rede sein.<br />
Statt Bildungsziele auf Basis einer systematischen<br />
Bedarfsanalyse zu ermitteln, wird Bildungsmanagement<br />
in der Praxis häufig auf die Bereitstellung von<br />
Lernmaßnahmen reduziert <strong>und</strong> ist damit nicht strategisch.<br />
1.3. Zielsetzung des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es<br />
Die großen gesamtwirtschaftlichen Potenziale betrieblicher<br />
Bildungssysteme verdeutlichen den Bedarf<br />
an nachhaltiger Sensibilisierung <strong>und</strong> Orientierung<br />
<strong>und</strong> der besonderen Würdigung exzellenter Praxisprojekte.<br />
Etablieren eines gemeinsamen Verständnisses<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> hat es sich vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> zum Ziel gesetzt, praxisorientierte <strong>und</strong><br />
wissenschaftlich validierte Qualitätskriterien guten<br />
betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s zu<br />
etablieren <strong>und</strong> die Vernetzung <strong>und</strong> den Austausch<br />
zwischen Unternehmen zu fördern, um durch vereinte<br />
Kräfte die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam<br />
zu meistern.<br />
Aufzeigen wirtschaftlicher Mehrwerte<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will Unternehmen für<br />
die Notwendigkeit systematischer betrieblicher<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Talentförderung sensibilisieren <strong>und</strong><br />
gezielt Anregungen <strong>und</strong> Hilfestellungen zum Aufbau<br />
betrieblicher Bildungssysteme zu geben. Durch die<br />
Würdigung besonders vorbildlicher Systeme soll vor<br />
Augen geführt werden, dass die Etablierung eines<br />
nachhaltigen betrieblichen Bildungsmanagements<br />
nicht nur zur Mitarbeiterzufriedenheit <strong>und</strong> -bindung<br />
beiträgt, sondern essenziell für die Zukunftsfähigkeit<br />
des gesamten Wirtschaftsstandortes ist.<br />
Agenda Setting für die betriebliche Bildung<br />
Ziel des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist es, die<br />
betriebliche Bildung <strong>und</strong> Talentförderung im öffentlichen<br />
Diskurs als gleichberechtigte Säule neben der<br />
schulischen <strong>und</strong> universitären Bildung zu etablieren.<br />
Dies soll dazu beitragen, optimale Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen, um die Vernetzung der Säulen zu<br />
fördern <strong>und</strong> die Maxime des Lebenslangen Lernens<br />
zu verwirklichen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
17
2. Begriffsdefinition<br />
Autorin: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie
2.1. Was ist Bildung<br />
Bildung ganz allgemein wird in der Literatur als das<br />
integrierte, ganzheitliche Wissen einer Person beschrieben<br />
[Gonschorrek, 2003, S. 273]. Bildung wird<br />
erlangt durch Lernen (siehe Kap 3.6.2.). Sie ist ein<br />
Prozess der Entwicklung von Individualität <strong>und</strong> Persönlichkeit<br />
[Müller 2009, S. 74]. Der einzelne Mensch<br />
steht im Mittelpunkt <strong>und</strong> entwickelt seine kritische<br />
Urteilsfähigkeit, indem er sich mit der umgebenden<br />
sozialen <strong>und</strong> natürlichen Umwelt reflexiv auseinandersetzt:<br />
„Bildung ist ein reflexives Gut. Es wird nicht hergestellt,<br />
wie ein Werkstück, sondern dadurch, dass<br />
ein Lernender in der praktischen <strong>und</strong> theoretischen<br />
Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen das<br />
eigene Weltverständnis verändert <strong>und</strong> die individuelle<br />
Handlungsfähigkeit erweitert.“ [Gessler, 2009, S. 227,<br />
dort zitiert Holzkamp 1993, S.237]<br />
Salzgeber formuliert Bildung als „Prozess, der Menschen<br />
dazu befähigt, auf bestehende <strong>und</strong> zukünftige<br />
Frage- <strong>und</strong> Problemstellungen Antworten zu finden,<br />
ihr Leben selbstbestimmt <strong>und</strong> selbstverantwortlich<br />
zu gestalten <strong>und</strong> aktiv an der Gesellschaft <strong>und</strong> deren<br />
Gestaltung teilzunehmen.“ [Gütl, 2006, Kapitel „Evaluation“<br />
Salzgeber, S. 449]<br />
Bildung besitzt zudem folgende Besonderheit [Gessler,<br />
2009, S.227]: Der Teilnehmer wirkt als Lernender<br />
aktiv im Produktionsprozess einer Bildungsmaßnahme<br />
mit. Die Vermittlung der Inhalte erlebt jeder Teilnehmer<br />
individuell, er kann sie beeinflussen <strong>und</strong> ist<br />
für den Erfolg selbst verantwortlich beziehungsweise<br />
muss aktiv daran mitarbeiten. Das heißt, Lernerfolg<br />
funktioniert nicht ohne den Lernenden. Er ist immer<br />
abhängig von der Bedeutsamkeit <strong>und</strong> Relevanz der<br />
Inhalte für den Lernenden [Faulstich, 1999, S. 25] <strong>und</strong><br />
dessen Motivation.<br />
Im Unternehmen wird Bildung heute als entscheidender<br />
Beitrag zur Wertschöpfung gesehen <strong>und</strong> soll<br />
damit im wirtschaftlichen Kontext nutzbar gemacht<br />
werden. In der betrieblichen Bildung beziehungsweise<br />
der betrieblichen Weiterbildung stehen Fähigkeiten<br />
<strong>und</strong> Kenntnisse im Fokus, die zur Erbringung der<br />
Arbeitsleistung direkt beitragen. Nach der Erstausbildung<br />
benötigt jeder Mitarbeiter regelmäßige<br />
Weiterbildung, um seinen Wissensstand zu halten,<br />
auf den neuesten Stand der Technik <strong>und</strong> Forschung<br />
zu bringen oder neue Erkenntnisse hinzufügen.<br />
Inhalte der beruflichen Weiterbildung sind entweder<br />
fachlicher Natur <strong>und</strong> betreffen konkrete Kenntnisse,<br />
Fertigkeiten oder Fähigkeiten. Oder es handelt sich<br />
um so genannte weiche Themen aus den Bereichen<br />
Soft Skills <strong>und</strong> Kompetenzen, die eher übergreifend<br />
auf die gesamte Persönlichkeit <strong>und</strong> ihr Verhalten<br />
im Arbeitsumfeld gerichtet sind. Mehr Bildung soll<br />
den Mitarbeiter immer bei der praktischen Arbeit<br />
unterstützen. Das Unternehmen sichert damit seinen<br />
Fortbestand, Investition in betriebliche Weiterbildung<br />
ist eine Investition ins Humankapital. Damit besteht<br />
häufig ein gr<strong>und</strong>legender Interessengegensatz der<br />
betriebswirtschaftlichen Perspektive zur rein pädagogischen<br />
Sicht <strong>und</strong> den Bedürfnissen des Einzelnen.<br />
Wissensvermittlung an Erwachsene ist eine eigene<br />
pädagogische Richtung – Andragogik. Das Lehren<br />
<strong>und</strong> Lernen in der Erwachsenenbildung ist mit besonderen<br />
Anforderungen <strong>und</strong> Aufgabenstellungen verb<strong>und</strong>en.<br />
Faulstich beschreibt es wie folgt: „Es geht<br />
nicht um Erziehung, sondern um die gemeinsame<br />
Auseinandersetzung mit Lernaufgaben.“ Das Lernen<br />
Erwachsener steht immer in engem Zusammenhang<br />
mit der Biografie des Lernenden <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />
Kontext [Faulstich, 1999, S. 19, 31]. Die Betriebliche<br />
Didaktik nutzt bei der Vermittlung von Lehrinhalten an<br />
Erwachsene deshalb zum Beispiel Erkenntnisse der<br />
Lernpsychologie, Sozialpsychologie, Soziologie <strong>und</strong><br />
Ökonomie [Gonschorrek, 2003, S. 171]. Zu beachten<br />
19<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Begriffsdefinition<br />
20<br />
ist in diesem Zusammenhang, dass Erwachsene nicht<br />
nur mit formellen Lernformen, sondern besonders<br />
auch informell lernen.<br />
2.2. Was ist betriebliches<br />
Bildungsmanagement<br />
In der Literatur <strong>und</strong> Praxis ist der Begriff Bildungsmanagement<br />
häufig mit dem Management von Bildungseinrichtungen,<br />
Schulen, Universitäten, Volkshochschulen<br />
verknüpft. Immer stärker tritt jedoch der<br />
Aspekt der betrieblichen Bildung hinzu <strong>und</strong> findet<br />
seit einigen Jahren auch in der Wissenschaft verstärkt<br />
Beachtung. Diese Entwicklung ist in jedem Fall<br />
sinnvoll <strong>und</strong> logisch.<br />
Wenn das Wissen <strong>und</strong> die Fähigkeiten der Mitarbeiter<br />
zum entscheidenden Gut eines Unternehmens<br />
werden, muss der Umgang mit diesen Aspekten<br />
im Management mit Nachdruck betrachtet werden.<br />
Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei der Begriff<br />
Management. Dabei geht es um das Gestalten,<br />
Lenken <strong>und</strong> Weiterentwickeln einer Organisation,<br />
um strukturierte Herangehensweise, vorgegebene<br />
Prozesse, um Zielerreichung bei einem vorgegebenen<br />
Mitteleinsatz [Müller 2009, S. 75]. Der klassische<br />
Managementgedanke wird also auf den Bildungsbereich<br />
eines Unternehmens übertragen.<br />
Im betrieblichen Bildungsmanagement geht es um<br />
den unternehmensweiten Erwerb <strong>und</strong> die Sicherung<br />
von Wissen <strong>und</strong> Kompetenzen im Sinne einer<br />
systematischen <strong>und</strong> erfolgskontrollierten Förderung<br />
der Fähigkeiten der Mitarbeiter. Dabei müssen die<br />
beruflichen Erwartungen <strong>und</strong> Wünsche der Einzelnen<br />
mit den Erfordernissen der Arbeitsaufgaben <strong>und</strong> mit<br />
den Geschäftszielen des Unternehmens in Einklang<br />
gebracht werden [Müller 2009, S. 74]. Das Bildungsmanagement<br />
umfasst alles, was mit betrieblichen<br />
Lernprozessen zusammenhängt, berücksichtigt<br />
ökonomische Gestaltbarkeit, den Zusammenhang mit<br />
anderen Managementsystemen <strong>und</strong> die Erfolgsbedeutsamkeit<br />
[Gonschorrek, 2003, S. 171].<br />
Es ist eine integrative Teilmenge des allgemeinen<br />
Managements.<br />
Aufgaben des Bildungsmanagements<br />
Heute lassen sich drei Tätigkeitsschwerpunkte im<br />
Bildungsmanagement beobachten: Lehren, Planen/<br />
Leiten <strong>und</strong> Beraten [Faulstich, 1999, S. 20]. Allerdings<br />
wurden die drei Bereiche in der wissenschaftlichen<br />
Reflexion sowie in den gängigen Konzepten zur<br />
Qualität im Unternehmen bislang noch sehr unterschiedlich<br />
beleuchtet. Der Lehr-/Lernprozess wurde<br />
in der Andragogik, sowie in zahlreichen Prozess- <strong>und</strong><br />
Interaktionsmodellen intensiv analysiert. Der Aspekt<br />
Planung wurde gut beschrieben, wenn es um die konkrete<br />
Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen<br />
geht. Strategische Betrachtungen <strong>und</strong> umfassende<br />
Ansätze im Sinne eines Schaffens von Lernkontexten<br />
sind jedoch bislang noch zu wenig eingeflossen: „In<br />
den vergangenen Jahren haben weniger die programmplanenden<br />
als vielmehr die im engeren Sinne<br />
organisationsbezogenen Tätigkeiten festangestellter<br />
Mitarbeiter Aufmerksamkeit gef<strong>und</strong>en.“ [Hartz, 2008,<br />
S. 49]. Beratung schließlich tauchte bislang in der<br />
Auseinandersetzung noch wenig auf.<br />
Strategie – Struktur – Umsetzung<br />
Weiterbildung wird in jedem Unternehmen betrieben.<br />
Allerdings variiert der Grad an Steuerung, Planung<br />
<strong>und</strong> Kontrolle sehr stark. Bäumer spricht von vier<br />
Weiterbildungstypen an Unternehmen [Bäumer, 1999,<br />
S. 170]:<br />
• Rudimentäre Weiterbildung<br />
• Ressourcenbasierte Weiterbildung<br />
• Nachgefragt dienstleistende Weiterbildung<br />
• Strategieunterstützende Weiterbildung<br />
Letztere sei die ausgereifteste <strong>und</strong> damit die wünschenswerte<br />
Art, Weiterbildung im Unternehmen<br />
aufzubauen. Bäumer beschreibt dafür eine gut<br />
ausgebaute zentrale Weiterbildung. Sie versorgt<br />
die einzelnen Fachabteilungen mit Bildungsleistungen<br />
<strong>und</strong> unterstützt sie durch Fach-Know-how bei<br />
der Erfüllung ihrer strategischen Vorgaben. Sie hat<br />
einen hohen Stellenwert im Unternehmen <strong>und</strong> erfolgt<br />
inhaltlich <strong>und</strong> zeitlich in sehr engem Zusammenhang<br />
mit der unternehmensstrategischen Planung.<br />
Um das Bildungsmanagement effektiv <strong>und</strong> nachhaltig<br />
im Unternehmen zu organisieren, muss die Thematik<br />
fest in Strategie <strong>und</strong> Struktur verankert sein. Eine<br />
strategische Ausrichtung des Bildungsmanagements<br />
wird zum einen durch eine Bildungsstrategie erreicht,<br />
zum anderen durch die normative Festsetzung in<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Leitbildern <strong>und</strong> -linien. Strategisches Bildungsmanagement<br />
setzt konsequentes Ausrichten an den<br />
Zielen der Unternehmung voraus <strong>und</strong> ist Teil der<br />
Unternehmensstrategie.<br />
Bildungsmanagement ist eine Dienstleistungsfunktion<br />
im Unternehmen, die den gesamten Zyklus von<br />
planendem Handeln umfasst, von Bedarfsermittlung,<br />
über Vorbereitung, Durchführung, Transfersicherung<br />
bis zur Erfolgskontrolle [Faulstich, 1999, S. 69].<br />
Die strategische Zielsetzung des Bildungsmanagements<br />
wird über die Gestaltung <strong>und</strong> Etablierung<br />
struktureller <strong>und</strong> formaler Rahmenbedingungen<br />
gesteuert. Die Strukturgestaltung richtet sich zum<br />
einen auf die möglichen Organisationsformen des<br />
Bildungsmanagements <strong>und</strong> die Rollenfixierungen<br />
des Bildungspersonals. Sie ist jedoch in erster Linie<br />
von der Gesamtstruktur des Unternehmens <strong>und</strong> dem<br />
Umfang der Bildungsaufgaben abhängig.<br />
Die eigentliche Gestaltungs- <strong>und</strong> Umsetzungsfunktion<br />
des Bildungsmanagements nimmt die operative<br />
Ebene ein, die alle Aktivitäten <strong>und</strong> Maßnahmen für<br />
das Lernen im Unternehmen umfasst.<br />
Das betrifft alle Maßnahmen, die das Unternehmen<br />
von internem oder von fremdem Lehrpersonal externer<br />
Dienstleister durchführen lässt. Im Bereich der<br />
bildungsorganisatorischen Prozesse <strong>und</strong> Dispositionssysteme<br />
geht es um die Beschreibung, Gliederung,<br />
Koordination arbeitsorganisatorischer Abläufe<br />
sowie die Anlage <strong>und</strong> den Einsatz von Verfahren <strong>und</strong><br />
Kontrollinstrumenten. Die Phasen des klassischen<br />
Bildungszyklus (Training Life Cycle) stellen den Ablaufplan<br />
für die Realisierung <strong>und</strong> Durchführung einer<br />
formalen Bildungsmaßnahme dar. Daraus ergeben<br />
sich konkrete Aufträge, in welchen Handlungsinhalte<br />
<strong>und</strong> -vorgaben, Leistungs- <strong>und</strong> Zeitwerte sowie Methoden<br />
für das Bildungspersonal festgelegt werden<br />
<strong>und</strong> aus welchen sich die Abwicklung zielorientierter<br />
Operationen ableiten lassen. Als übergreifende<br />
Prozesse werden zusätzlich die Auswahl des Bildungspersonals,<br />
die Qualitätssicherung, die Budgetierung<br />
der Bildungsressourcen, die Vermarktung der<br />
Bildungsmaßnahmen <strong>und</strong> die Implementierung von<br />
Bildungsinnovationen zusammengefasst.<br />
Talent- <strong>und</strong> Kompetenzmanagement<br />
In Unternehmen heißt Bildungsmanagement aber<br />
nicht immer Bildungsmanagement. In der aktuellen<br />
Debatte treten vor allem die Begriffe Talent- <strong>und</strong><br />
Kompetenzmanagement in den Vordergr<strong>und</strong> (siehe<br />
auch Kapitel 2.6.3. zur Beschreibung von Kompetenz).<br />
Angesichts der Beschwörung des „War for<br />
Talents“ gewinnt das gerade in Personalerkreisen<br />
zunehmend an Bedeutung <strong>und</strong> Brisanz. In der Wissenschaft<br />
dagegen sucht man vergebens nach dem<br />
Konsens einer gültigen Definition <strong>und</strong> Abgrenzung.<br />
Dennoch soll im Rahmen des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
der Versuch einer einheitlichen Definition<br />
unternommen werden. Dabei wird auf eine künstlich<br />
geschaffene Differenzierung zwischen Talent- <strong>und</strong><br />
Kompetenzmanagement, wobei beide Begriffe<br />
synonym verwendet werden, <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />
verzichtet. Letzteres stellt – nach Meinung der<br />
Autoren – einen Teilbereich des Talent- <strong>und</strong> Kompetenzmanagements<br />
dar. Talent- <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />
sind untrennbar miteinander verzahnt<br />
<strong>und</strong> können nur im Zusammenspiel betrachtet<br />
werden. Demnach umfasst <strong>Talentmanagement</strong> die<br />
Bereiche der Gewinnung, des Einsatzes, der Entwicklung<br />
<strong>und</strong> Bindung von Mitarbeitern. Damit wird<br />
eine weite Begriffsdefinition gewählt, die vom engen<br />
Ansatz als Förderung der elitären Gruppe der High<br />
Potentials abrückt, [vgl. Meifert, 2011]. Letztlich gilt<br />
Prof. Wolfgang Jägers Aussage: „Talent Management<br />
ist Personalmanagement“ [Jäger, 2009, S.15].<br />
In der Praxis werden Begriffe wie Bildungsmanagement,<br />
<strong>Talentmanagement</strong>, Kompetenzmanagement sowie<br />
Wissensmanagement häufig synonym verwendet.<br />
Unternehmen entwickeln in den meisten Fällen ein<br />
eigenes Wording, das zumeist mit der wissenschaftlichen<br />
Definition nicht in direktem Zusammenhang<br />
steht. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die konkrete Bezeichnung<br />
des Bereiches im Unternehmen für die Begriffsbezeichnung<br />
des Qualitätsmodells unerheblich.<br />
Dennoch ist die Darstellung des Verhältnisses von<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Wissensmanagement sinnvoll <strong>und</strong><br />
wichtig <strong>und</strong> wird in Kapitel 2.4.3. vorgenommen.<br />
21<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Begriffsdefinition<br />
2.3. Berufsbild Bildungsmanager<br />
In den letzten Jahren gab es zahlreiche Versuche, die<br />
verschiedenen Berufe in der Erwachsenenbildung zu<br />
professionalisieren <strong>und</strong> damit aufzuwerten. Spezielle<br />
Ausbildungsgänge <strong>und</strong> Zertifizierungen sind Ausfluss<br />
dieser Bemühungen <strong>und</strong> konnten sicher gut zur Qualitätssteigerung<br />
der Branche beitragen.<br />
Hartz spricht von Bildungsmanagern, weitet die Tätigkeiten<br />
jedoch auf die weiteren Mitarbeiter aus. Er<br />
stellt klar, dass diese Aufgaben häufig zum Beispiel<br />
auch von Fachbereichsleitern, Weiterbildungsreferenten<br />
oder Personalentwicklern übernommen werden.<br />
2.4. Einbettung des betrieblichen Bildungsmanagements<br />
im Unternehmen<br />
Bildungsmanager besitzen die verschiedensten<br />
beruflichen Ausbildungen, Vorkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen.<br />
Neben Pädagogen, Andragogen <strong>und</strong> Soziologen,<br />
sind es vor allem Mitarbeiter mit volks- oder<br />
betriebswirtschaftlichem Hintergr<strong>und</strong>, die in diesem<br />
Unternehmensbereich arbeiten. Zur Verdeutlichung<br />
der Tätigkeiten im Bildungsmanagement soll hier<br />
eine beispielhafte Auflistung aus dem Arbeitsalltag<br />
eines Bildungsmanagers angeführt werden [ergänzt<br />
nach Hartz, 2008, S. 49]:<br />
2.4.1. Bedeutung im Managementsystem<br />
des Unternehmens<br />
Im Unternehmen ist der Stellenwert der strategischen<br />
Aufgabe „Bildungsmanagement“ häufig noch nicht<br />
klar, das Thema noch nicht fest in Management <strong>und</strong><br />
Unternehmensleitung verankert. Die Aufgaben werden<br />
häufig nicht als eigene Funktion ausgewiesen,<br />
sondern sind anderen Positionen zugeordnet. Bei der<br />
Geschäftsführung ist es damit wenig präsent.<br />
22<br />
• Entwickeln einer Bildungsstrategie<br />
• Planen <strong>und</strong> Entwickeln des Weiterbildungsprogrammes<br />
• Prüfen <strong>und</strong> Entwickeln neuer Lernformen<br />
• Konzeptionieren <strong>und</strong> Durchführen einer<br />
Bildungsbedarfsanalyse<br />
• Entscheiden über Themen,<br />
Veranstaltungsformen, Zeiten, Orte<br />
• Festsetzen von Gebühren <strong>und</strong> Preisen<br />
• Prüfen, Koordinieren <strong>und</strong> Bewerten<br />
externer Weiterbildungsanbieter<br />
• Einführen eines Qualitätsmanagements<br />
• Verändern der Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation<br />
• Leisten zielgruppenspezifischer Öffentlichkeits-<br />
arbeit/Bildungsmarketing<br />
• Auswählen <strong>und</strong> Ausbildung von internen <strong>und</strong><br />
externen Lehrkräften<br />
• Verhandeln mit internen Auftraggebern <strong>und</strong><br />
externen Dienstleistern<br />
• Beeinflussen der Motivation <strong>und</strong> Teilnahme<br />
der Lernenden<br />
• Beschaffen notwendiger Ressourcen <strong>und</strong><br />
Legitimationen<br />
• Bestimmen von Rahmenbedinungen des<br />
Handelns der Lehrenden <strong>und</strong> Lernenden<br />
• Evaluieren durchgeführter Bildungsmaßnahmen<br />
• Durchführen des Controllings<br />
• Uvm.<br />
Bildungsmanagement ist ein Subsystem zum<br />
allgemeinen Managementsystem. Als Überschneidungsbereich<br />
<strong>und</strong> Querschnittsfunktion hat es eine<br />
eher schwache Position in der „mikropolitischen<br />
Arena der Organisation“ [Hartz, 2008, S. 327]. Das<br />
Bildungsmanagement benötigt unbedingt einen<br />
höheren Stellenwert. Es muss fester Bestandteil aller<br />
Managementüberlegungen sein <strong>und</strong> als strategisches<br />
Instrument der Organisationsentwicklung verstanden<br />
werden [vgl. dazu Jahresstudien des Wuppertaler<br />
Kreises]. Zudem fehlen in den meisten Fällen eine<br />
vorrausschauende Planung sowie die Ausrichtung an<br />
den langfristigen Unternehmenszielen. Das Bildungsmanagement<br />
muss unbedingt in den Nachhaltigkeitsgedanken,<br />
der mittlerweile in vielen Unternehmen<br />
wächst, integriert werden [vgl. Gonschorrek, 2003, S.<br />
238].<br />
Außerdem sind die Schnittstellen wichtig, zum<br />
Beispiel zu anderen Managementsystemen wie dem<br />
Ges<strong>und</strong>heitsmanagement, dem Arbeitsschutz- <strong>und</strong><br />
Umweltmanagement oder dem Qualitätsmanagement.<br />
Das gilt aber ebenso für Schnittstellen zu fachverwandten<br />
Bereichen wie der Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung<br />
sowie zum Wissensmanagement. Ein<br />
integriertes Managementsystem, intensive Zusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> enge Abstimmungsprozesse können<br />
hier zu erheblichen Synergieeffekten <strong>und</strong> Erkenntnisgewinn<br />
auf allen Seiten führen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Ein erfolgreiches Bildungsmanagement wird damit<br />
den Stellenwert des Wissens <strong>und</strong> die Bedeutung des<br />
Lernens im Unternehmen positiv beeinflussen. Es ist<br />
entscheidend, um den Weg zur „lernenden Organisation“,<br />
den viele Unternehmen zu Recht anstreben,<br />
beschreiten zu können. Nur, wenn das Know-how<br />
der Mitarbeiter wächst <strong>und</strong> die Anforderungen der<br />
Geschäftstätigkeit des Unternehmens exakt abdeckt<br />
sind, kann ein Unternehmen flexibel auf die Anforderungen<br />
des Marktes reagieren, innovative Produkte<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen entwickeln <strong>und</strong> mit effizienten<br />
Prozessen umsetzen. Das Schlagwort in diesem<br />
Zusammenhang ist „performance improvement“. Das<br />
Bewusstsein dafür muss jede Geschäftsführung unbedingt<br />
verinnerlichen <strong>und</strong> in der Unternehmenskultur<br />
transportieren.<br />
2.4.2. Personalentwicklung<br />
Bildungsmanagement ist ein Teil der Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> organisiert ganzheitlich die Vermittlung<br />
von arbeitsplatzbezogenem Wissen <strong>und</strong> Fähigkeiten.<br />
Personalentwicklung selbst umfasst jedoch deutlich<br />
mehr Aspekte. Personalentwicklung umfasst auch<br />
Aspekte des <strong>Talentmanagement</strong>s (siehe Punkt 2.2.),<br />
wie unter anderem die strategische Entwicklung der<br />
Mitarbeiter. Personalentwickler beschäftigen sich mit<br />
der Förderung der Beschäftigten beispielsweise über<br />
moderne Arbeitszeitkonzepte, um Rekrutierung <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterbindung, aber auch um Team- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung.<br />
Bildung ist damit ein Mittel zur Erreichung der Ziele<br />
der Personalentwicklung. Beide Bereiche überschneiden<br />
sich in wichtigen Aspekten, zum Beispiel bei<br />
der Persönlichkeitsentwicklung, bei der Aufstellung<br />
individueller Karrierepläne oder der Ausweitung des<br />
Aufgaben- <strong>und</strong> Fähigkeitenspektrums. Bildungsmanagement<br />
kann <strong>und</strong> sollte deshalb nicht losgelöst<br />
von der Personalentwicklung bestehen, sondern<br />
vielmehr den übergeordneten Zielen gleichberechtigt<br />
zuarbeiten.<br />
2.4.3. Wissensmanagement<br />
Wissen ist die Summe aller Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
einer Person [Gonschorrek, 2003, S. 276]. Es<br />
entsteht, wenn Informationen gesammelt <strong>und</strong> miteinander<br />
verknüpft werden. Gespeichertes Wissen ist<br />
das Ergebnis von Lernprozessen. Es ist notwendig,<br />
für die Erbringung der Arbeitsleistung <strong>und</strong> wird immer<br />
individuell vom Mitarbeiter erworben. Das heißt,<br />
Wissen ist immer personengeb<strong>und</strong>en [nach Probst<br />
u.a. 1997, S.41, 44] <strong>und</strong> das wiederum bedeutet,<br />
mit Personen geht immer auch Wissen verloren. An<br />
dieser Stelle wird deutlich, dass die Speicherung, das<br />
Verfügbarmachen <strong>und</strong> Teilen des Wissens sowie die<br />
Nachfolgeplanung für jedes Unternehmen besonders<br />
wichtig sind.<br />
Gonschorrek nennt zahlreiche verschiedene Wissensarten<br />
[Gonschorrek, 2003, S. 277, S. 282f.]. Er<br />
unterteilt in Erfahrungswissen (Know-how), Faktenwissen<br />
(Know-what), Werte- <strong>und</strong> Prinzipienwissen<br />
(Know-why), in Handlungswissen (funktionales Wissen),<br />
Bildungswissen (überfunktionales Wissen) <strong>und</strong><br />
Legitimationswissen (Basiswissen, Basis aller Handlungen).<br />
Außerdem gibt es explizites Wissen (allen<br />
zugänglich) <strong>und</strong> implizites Wissen (in einer Person,<br />
unbekannt, nicht für das Unternehmen verwendet),<br />
es gibt deklaratorisches Wissen (mitteilbares Wissen,<br />
steckt in Sprache), prozedurales Wissen (steckt im<br />
Können von Personen, beobachtbar, aber schwer in<br />
Sprache zu fassen) <strong>und</strong> Metawissen (Gr<strong>und</strong>sätze,<br />
Prinzipien, Überzeugungen, Werte, Zusammenhänge).<br />
Träges Wissen wurde erworben, wird aber nicht angewendet,<br />
im Gegensatz zu intelligentem Wissen.<br />
Ziel eines Unternehmens wird es immer sein, einen<br />
möglichst großen Teil dieses Wissens in explizites<br />
intelligentes Wissen umzuwandeln, das allen zugänglich<br />
ist <strong>und</strong> aktiv für das Unternehmen verwendet<br />
wird. Wissensmanagement „löst die Probleme, wie<br />
man Know-how im Unternehmen entwickelt, ins<br />
Unternehmen holt <strong>und</strong> rechtzeitig <strong>und</strong> verbrauchsgerecht<br />
an die Verbrauchsstellen liefert“ [Gonschorrek,<br />
2003, S. 272]. Das bedeutet, dass Wissensmanagement<br />
eng mit dem Bildungsmanagement zusammenhängt.<br />
Beide Bereiche lassen sich nur noch künstlich<br />
abtrennen. Bildungsmanagement als Organisation<br />
des Wissenserwerbs ist ein Teilbereich des Wissensmanagements.<br />
Das bedeutet, dass beide Bereiche<br />
bei Strategie <strong>und</strong> Umsetzung unbedingt zusammenarbeiten<br />
müssen.<br />
23<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Begriffsdefinition<br />
24<br />
2.5. Aktuelle Herausforderungen im<br />
betrieblichen Bildungsmanagement<br />
Übergang zu selbstorganisiertem Lernen<br />
Neben der in Kapiel 2.4.1. beschriebenen Problematik<br />
des noch zu geringen Stellenwerts bei Geschäftsführung<br />
<strong>und</strong> Management, steht das betriebliche<br />
Bildungsmanagement aktuell vor zahlreichen weiteren<br />
Herausforderungen.<br />
Inhaltlich erlebt das Bildungsmanagement derzeit den<br />
Übergang vom fremdbestimmten zum selbstorganisierten<br />
<strong>und</strong> selbstgesteuerten Lernen [Gonschorrek,<br />
2003, S. 219-238], bei dem dem Mitarbeiter größere<br />
Eigenverantwortung für die Weiterentwicklung seines<br />
Wissens zukommt. Selbstorganisiertes Lernen<br />
bedeutet Individualisierung, Deinstitutionalisierung<br />
<strong>und</strong> Deregulierung der Bildungsleistungen. Ziel ist es,<br />
unterschiedliche Lernarrangements für verschiedene<br />
Lerngegenstände <strong>und</strong> Vorlieben <strong>und</strong> Lerntypen der<br />
Mitarbeiter anzubieten. Das kommt dem Gr<strong>und</strong>gedanken<br />
der Andragogik sehr entgegen, denn erwachsenengerechte<br />
Lernprozesse sollten auf die Freisetzung<br />
von Selbstorganisationsprozessen abzielen.<br />
So können die Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag<br />
<strong>und</strong> dem persönlichen Leben flexibel <strong>und</strong> optimal<br />
angepasst werden. Das macht Lernen komplexer <strong>und</strong><br />
vielschichtiger <strong>und</strong> stellt andere Anforderungen an<br />
die Steuerung des Lernprozesses [Gütl, 2006, Kapitel<br />
„Differenzen bilden“ Gütl/Orthey, S. 39]. Der Weg von<br />
der Teilnehmerorientierung hin zum selbstgesteuerten<br />
Lernen ist ein Paradigmenwechsel [Gütl, 2006, Kapitel<br />
„Relevante Umwelten“ Meisel, S.335].<br />
diese Möglichkeiten erfolgreich zu nutzen, benötigen<br />
die Mitarbeiter jedoch eine professionelle Lernberatung<br />
<strong>und</strong> die Einbettung in ein Komplettangebot.<br />
Hartz prophezeit deswegen eine weitere lernorganisatorische<br />
<strong>und</strong> didaktisch-methodische Ausdifferenzierung<br />
der Lehr- <strong>und</strong> Lernsettings [Hartz, 2008, S. 236].<br />
Bildungsberatung<br />
Für das Management bedeutet der Weg zum selbstgesteuerten<br />
Lernen den Ausbau von interaktiven Lernformen<br />
sowie eine Erweiterung des Aufgabenprofils<br />
des Bildungsmanagements im Sinne einer Bildungsberatung,<br />
um den Mitarbeiter bei seiner Entwicklung<br />
optimal unterstützen zu können. Der Bildungsmanager<br />
muss Lernhelfer [vgl. Giesecke, 1985] werden. Die<br />
aktuelle Entwicklung geht weg von „Mikrodidaktik“,<br />
dem klassischen Seminar- <strong>und</strong> Kursgeschäft, hin zur<br />
„Makrodidaktik“ im Sinne der Eröffnung von Lernmöglichkeiten<br />
[vgl. zu den Begriffen Flechsig, 1989,<br />
Faulstich, 1999, S. 52]. Arnold spricht von Ermöglichungsdidaktik<br />
[vgl. Arnold, 1995].<br />
Beim selbstgesteuerten Lernen muss das Bildungsmanagement<br />
einen lernorientierenden Einfluss auf<br />
das Ziel des Lernens, den Inhalt, die Lernorganisation<br />
<strong>und</strong> die Überprüfung des Lernerfolges aufbauen [vgl.<br />
Weinert 1982, S. 100]. Das Fördern der Lernmotivation<br />
im Unternehmen ist dabei von entscheidender<br />
Bedeutung.<br />
Bildungsberatung soll Lernsupport leisten, das bedeutet,<br />
den Mitarbeiter vor, während <strong>und</strong> nach dem eigentlichen<br />
Seminar- <strong>und</strong> Kursgeschehen unterstützen<br />
[Siebert, 2003, S. 51], um die Umsetzung des Gelernten<br />
zu sichern <strong>und</strong> zu verbessern.<br />
Je nach Lernform ergibt sich daraus ein unterschiedlicher<br />
Selbststeuerungsgrad <strong>und</strong> in der Planung <strong>und</strong><br />
Durchführung ein Kontinuum zwischen Selbst- <strong>und</strong><br />
Fremdorganisation [Faulstich, 1999, S. 147-150].<br />
Durch neue Lernformen steigen deshalb der Planungs-,<br />
Organisations- <strong>und</strong> Steuerungsaufwand im<br />
Bildungsmanagement immens [Hartz, 2008, S. 236].<br />
Selbstgesteuertes Lernen wird heute allgemein propagiert,<br />
aber die Annahme, dass das sozial organisierte<br />
Lernen im Sinne von Präsenzveranstaltungen<br />
in den Hintergr<strong>und</strong> treten würde, hat sich nicht bestätigt.<br />
Das Selbstlernen wird in Unternehmen heute vielmehr<br />
als Support gesehen, als als Zusatzangebot. Um<br />
Mögliche Supportleistungen [ergänzt nach Gütl, 2006,<br />
Kapitel „Differenzen bilden“ Gütl/Orthey, S.49f.]:<br />
• Vor einer Bildungsmaßnahme: Beratung, Überblick<br />
zu Teilnahme- <strong>und</strong> Lernmöglichkeiten, Lerninteressen<br />
orientieren, Bildungsbedarf ermitteln, Tests zum<br />
Wissensniveau, Erstellen eines Ausbildungsplans,<br />
Analyse des Lerntyps<br />
• Während einer Bildungsmaßnahme: Lernprojekte,<br />
Transferprojekte, begleitendes Coaching, Mentoring,<br />
blended learning, Lerngruppen<br />
• Nach einer Bildungsmaßnahme: Follow-Up-Angebote,<br />
Praxisberatung, gemeinsame Evaluation, Bildung<br />
von Transferpartnerschaften<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
2.6. Definition weiterer<br />
Schlüsselbegriffe<br />
2.6.1. Nachhaltigkeit<br />
Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus<br />
der Forstwirtschaft <strong>und</strong> orientierte sich an der Leistungsfähigkeit<br />
des ökologischen Systems. Dort machte<br />
man es sich zur Maßgabe, nicht mehr Bäume zu<br />
fällen, als nachwachsen [Seufert, 2008, S. 58]. Heute<br />
findet er sich auch in betriebswirtschaftlichen Kontexten<br />
<strong>und</strong> bezieht dabei neben ökologischen Aspekten<br />
des betrieblichen Handelns auch die soziale Dimension<br />
mit ein. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht nur<br />
nach umweltverträglicher <strong>und</strong> ressourcenschonender<br />
Produktion streben, sondern auch Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Motivation der Mitarbeiter berücksichtigen.<br />
Nachhaltiges Handeln ist immer mit einer langfristigen<br />
Perspektive verb<strong>und</strong>en. Der Bestand, der Erfolg<br />
<strong>und</strong> das Wachstum des Unternehmens stehen im Vordergr<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> sollen mit vorausschauenden Methoden<br />
gesichert werden.<br />
Das Bildungsmanagement erfüllt in diesem Fall beide<br />
Parameter. Es betrifft die Mitarbeiter <strong>und</strong> soll sie bei<br />
der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen. Gleichzeitig<br />
drückt es auch die Wertschätzung der Unternehmensleitung<br />
aus <strong>und</strong> trägt somit zur Motivation <strong>und</strong><br />
Loyalität bei. Durch die strategische Ausrichtung <strong>und</strong><br />
die avisierte Anpassung an aktuelle <strong>und</strong> zukünftige<br />
Änderungen der Unternehmensumwelt spiegelt es<br />
den langfristigen Ansatz wider.<br />
2.6.2. Wie lernen Erwachsene<br />
Der Begriff Lernen wurde in den verschiedenen wissenschaftlichen<br />
Disziplinen bereits vielfach betrachtet<br />
<strong>und</strong> beschrieben. Die klassische Definition versteht<br />
darunter alle Vorgänge, die Informationen so verarbeiten,<br />
dass sie zu beobachtbaren Verhaltensänderungen<br />
führen oder bewirken, dass sich die Richtung<br />
der Verhaltensänderung (Disposition, Einstellung)<br />
eines Menschen verändert [Gonschorrek, 2003, S. 36,<br />
39]. Das Verhalten wird dabei aufgr<strong>und</strong> wiederholter<br />
Erfahrungen angepasst [Hillgard u.a., 1983, S. 31]. Die<br />
moderne Definition beschreibt Lernen als „begründetes<br />
<strong>und</strong> interessegelenktes Handeln im gesellschaftlichen<br />
Kontext“ [Klaus Holzkamp: konstruktivistischer<br />
Lernbegriff].<br />
Lernen ist dabei immer der Person immanent, denn<br />
es erfolgt nicht durch äußere Anstöße. Das Individuum<br />
stellt selbst neue Bedeutungszusammenhänge<br />
her [Faulstich, 1999, S. 31]. Lernen ist damit immer<br />
ein persönlicher <strong>und</strong> innerer Vorgang aus physiologischen/körperlichen<br />
(Nerven, Hormone), psychologischen<br />
(Erwartungen, Motive, Interessen, kognitive<br />
Muster) <strong>und</strong> sozialen Prozessen (Situation/Kontext).<br />
Gonschorrek beschreibt außerdem Teilprozesse des<br />
Lernens [Gonschorrek, 2003, S. 40]:<br />
• Wahrnehmung – Man nimmt etwas wahr, das man<br />
für interessant/behaltens- oder nachahmenswert<br />
hält.<br />
• Motivation – Man benötigt dafür Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> Energie.<br />
• Gedächtnis – Man speichert das Wahrgenommene,<br />
soweit man es für wichtig hält.<br />
• Intelligenz – Man geht mit dem Gelernten immer<br />
wieder gedanklich, sprachlich oder praktisch um.<br />
Beim Lernen setzt sich der Mensch aktiv mit einem<br />
Sachverhalt, einer Problemstellung <strong>und</strong> seiner Umwelt<br />
auseinander. Dabei ist der Lerneffekt am größten,<br />
wenn der Lernende die Inhalte als interessant <strong>und</strong> für<br />
sich selbst relevant erachtet. Das Ideal ist deshalb<br />
ein selbstorganisiertes, selbstgesteuertes Lernen aus<br />
eigenem Interesse <strong>und</strong> eigener Motivation [Gonschorrek,<br />
2003, S. 53].<br />
Erwachsenenlernen<br />
In der Erwachsenenbildung wird häufig die Frage gestellt,<br />
ob Erwachsenen das Lernen schwerer fällt als<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Es wurde vielfach bewiesen,<br />
dass dem nicht so ist [Gonschorrek, 2003,<br />
S. 88f.], aber Erwachsene sind eine besondere Zielgruppe<br />
mit besonderen Anforderungen. Nur, wenn<br />
diese beachtet <strong>und</strong> erfüllt werden, kann das Lernen<br />
spaß- <strong>und</strong> erfolgsorientiert sein. Eine wichtige Anforderung<br />
ist die Teilnehmerorientierung, denn Erwachsene<br />
sind anspruchsvolle Lernk<strong>und</strong>en, die in jedem<br />
Fall ernst genommen werden müssen. Sie verfügen<br />
über vielfältige Erfahrung <strong>und</strong> Orientierungsmuster, an<br />
die man anknüpfen kann (Anschlusslernen) oder die<br />
man aufbrechen muss (transformatorisches Lernen).<br />
Außerdem muss die jeweilige Lebenswelt der Teilnehmer<br />
einbezogen werden <strong>und</strong> das vermittelte Wissen<br />
sowie die Lehrmethode müssen sich an der späteren<br />
Verwendung orientieren. Für Erwachsene ist es wichtig,<br />
dass das Wissen genutzt <strong>und</strong> angewendet werden<br />
kann <strong>und</strong> für die Arbeitsumgebung relevant ist.<br />
25<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Begriffsdefinition<br />
26<br />
Lernen für das Unternehmen<br />
Lernen ist ein Vorgang im Unternehmen, der Reflexion<br />
ins System einblendet. Reflexion bedeutet, zu sich<br />
selbst in Distanz zu gehen, sich beim Beobachten<br />
beobachten <strong>und</strong> dadurch das Wissen über Systemdynamiken<br />
<strong>und</strong> deren Muster zu erweitern bzw. diese<br />
auch zu verändern. Das Lernen erlaubt dem System,<br />
also dem Unternehmen, insofern eine Rückkopplung<br />
mit sich selbst zur Optimierung der eigenen Entwicklungsoptionen<br />
[Gütl, 2006, Kapitel „Differenzen bilden“<br />
,Gütl/Orthey, S. 16f.]. Das kritische Nachdenken<br />
über Gelerntes muss dem Mitarbeiter ausdrücklich<br />
erlaubt sein. Nur das Überprüfen des Bestehenden<br />
aufgr<strong>und</strong> neuer Erkenntnisse führt zur Verbesserung.<br />
Darum sind Transfermöglichkeiten <strong>und</strong> der<br />
Austausch mit Vorgesetzten <strong>und</strong> Kollegen besonders<br />
wichtig.<br />
2.6.3. Qualifikationen, Kompetenzen,<br />
Schlüsselqualifikationen<br />
Im beruflichen Kontext sind die Arbeitnehmer heute<br />
mit komplexen Anforderungen konfrontiert. Technologisierung,<br />
veränderte Formen der Zusammenarbeit,<br />
Internationalisierung <strong>und</strong> neue Mediennutzung führen<br />
zu veränderten Anforderungsprofilen sowie neuen<br />
Qualifikationen <strong>und</strong> Kompetenzen. Die Unterscheidung<br />
dieser Begriffe ist häufig unklar <strong>und</strong> unscharf.<br />
Qualifikationen<br />
Als Qualifikation gilt eine bestimmbare Einzelfähigkeit,<br />
mit der sich eine bestimmte Handlung vollziehen,<br />
eine bestimmte Aufgabe lösen lässt [Gonschorrek,<br />
2003, S. 181f.]. Die Qualifikation ist das<br />
„Entsprechungsverhältnis von individuellen Voraussetzungen<br />
der Arbeitskräfte <strong>und</strong> technisch-organisatorischen<br />
Bedingungen der Arbeitsmittel <strong>und</strong> der<br />
Arbeitsgegenstände“ [Faulstich, 1998, S. 78]. Dabei<br />
wird klar, dass sie zwei Bezugspunkte aufweist: den<br />
Arbeitsplatz/die Funktion <strong>und</strong> die Kompetenz des<br />
Individuums [Gonschorrek, 2003, S. 181]. Qualifikationen<br />
sind an rein ökonomischen, funktionalen Bedarfen<br />
orientiert <strong>und</strong> lassen sich mit operationalisierten<br />
Lernzielen beschreiben. Die Gesamtfähigkeit einer<br />
Person ist jedoch mehr als die Summe der Einzelqualifikationen.<br />
Die Bedeutung von solchen Einzelqualifikationen<br />
nimmt tendenziell eher ab.<br />
Kompetenz<br />
Kompetenz ist ein eher integrierender Begriff <strong>und</strong><br />
verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Sie beschreibt<br />
die umfassende Befähigung eines Menschen <strong>und</strong><br />
ist an Bedürfnissen des Subjekts <strong>und</strong> des Systems<br />
gleichzeitig orientiert. Die einzelne Person ist stärker<br />
im Fokus als bei der Qualifikation. Kompetenz ist die<br />
„Verfügbarkeit möglicher Handlungen für ein Handlungsfeld“<br />
[Gonschorrek, 2003, S. 182ff.]. Sie beschreibt<br />
ausgebildete Potenziale, die in Tätigkeiten/<br />
Handlungen erkennbar werden, <strong>und</strong> umfasst einen<br />
größeren, zusammenhängenden Tätigkeits- oder<br />
Handlungsbereich. Kompetenzen beziehen sich dabei<br />
immer klar auf berufliche Fragestellungen.<br />
Kompetenzen werden heute häufig in verschiedene<br />
Bereiche aufgeteilt [Gonschorrek, 2003, S. 185 f.]. Am<br />
häufigsten spricht man von Fachkompetenz, Methodenkompetenz,<br />
Sozialkompetenz <strong>und</strong> personaler<br />
Kompetenz. In den letzten Jahren ist die Medienkompetenz<br />
hinzugekommen [z.B. von Groeben/Hurrelmann<br />
(Hrsg.), 2002 oder Schell/Stolzenburg/Theunert<br />
(Hrsg.), 1999]. Mittlerweile finden sich jedoch<br />
auch Begriffe wie Selbstorganisationskompetenz,<br />
Gestaltungskompetenz, Umsetzungskompetenz [alle<br />
drei bei W<strong>und</strong>erer/Bruch/Wildemann, 1999].<br />
An dieser Stelle wird auch deutlich, dass der Begriff<br />
Kompetenzmanagement nicht unkritisch ist.<br />
Im alltäglichen Sprachgebrauch ist damit meist die<br />
Fachkompetenz gemeint, im Bereich Social Skills<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
vielleicht die Sozialkompetenz. Diese können bis zu<br />
einem gewissen Grad noch beobachtet, beurteilt <strong>und</strong><br />
in Bildungsmaßnahmen geschult <strong>und</strong> trainiert werden.<br />
Personale, Gestaltungs- oder Umsetzungskompetenz<br />
entziehen sich diesen Möglichkeiten jedoch<br />
weitestgehend <strong>und</strong> stellen das Management von<br />
Kompetenzen gr<strong>und</strong>sätzlich zur Diskussion.<br />
Schlüsselqualifikation<br />
Der Begriff der Schlüsselfähigkeit/-qualifikation<br />
wurde 1973 von Dieter Mertens als „Qualifikation<br />
von bleibendem Wert“ geprägt [Gonschorrek, 2003,<br />
S. 194ff.]. Er beschreibt übergreifende Fähigkeiten/<br />
Qualifikationen, die vielseitig einsetzbar sind <strong>und</strong> den<br />
Berufserfolg bestimmen, zum Beispiel Problemlösefähigkeit,<br />
Lernfähigkeit, Konfliktfähigkeit. Schlüsselqualifikationen<br />
beziehen sich nicht nur auf einen<br />
Lebensbereich, sondern sind in allen Lebenslagen<br />
einsetzbar. Die definitorische Unschärfe des Begriffs<br />
wird jedoch häufig kritisiert. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird<br />
der Begriff im Rahmen des Qualitätsmodells des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ausgeklammert.<br />
27<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
3. Handlungsfelder <strong>und</strong> Qualitätskriterien<br />
betrieblichen Bildungsmanagements<br />
Autorin: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie
3.1. Bestehende<br />
Konzepte/Forschungsstand<br />
3.1.1. Qualität im Bildungsmanagement<br />
Qualität stammt vom lateinischen Wort qualitas ab<br />
<strong>und</strong> bedeutet eigentlich völlig wertfrei Beschaffenheit,<br />
Eigenschaft, Zustand. In der Wirtschaft ist<br />
Qualität heute aber ein positiv konnotierter Begriff. Er<br />
impliziert Hochwertigkeit <strong>und</strong> Fehlerfreiheit.<br />
Fachlich ausgedrückt ist sie der „Grad der Übereinstimmung<br />
zwischen Ansprüchen bzw. Erwartungen<br />
(Soll) an ein Produkt <strong>und</strong> dessen Eigenschaften (Ist)“<br />
[Erdrich 2009 zitiert in Gessler, 2009, S. 224]. Die<br />
DIN EN ISO 8402 beschreibt sie als „Gesamtheit von<br />
Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung,<br />
festgelegte <strong>und</strong> vorausgesetzte Erfordernisse zu<br />
erfüllen“.<br />
alle Anforderungen an den Einsatz im vollem Maße<br />
erfüllt bzw. der Prozess so optimiert ist, dass keine<br />
Reibung an den Schnittstellen entsteht, alle Prozessschritte<br />
optimal ineinander greifen <strong>und</strong> nichts mehr<br />
weggelassen werden kann.<br />
Überträgt man diesen Ansatz auf das Bildungsmanagement,<br />
bedeutet das, dass das Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsmanagement<br />
eines Unternehmens dann<br />
von hoher Qualität ist, wenn die Bildungsziele des<br />
Unternehmens in einem sauberen, reibungsfreien<br />
Prozess erreicht werden <strong>und</strong> gleichzeitig die Bedürfnisse<br />
der Mitarbeiter in größtmöglichem Maße<br />
berücksichtigt werden. Qualität bedeutet dabei auch<br />
eine ressourcenoptimierte Gestaltung von Planung<br />
<strong>und</strong> Ablauf sowie Zufriedenheit bei den Mitarbeitern<br />
des Bildungsmanagements auf der einen Seite <strong>und</strong><br />
den Teilnehmern aller Bildungsmaßnahmen auf der<br />
anderen Seite.<br />
29<br />
Die DIN EN ISO 9000 gibt folgende Definition:<br />
Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale<br />
Anforderungen erfüllt.<br />
Anmerkung 1: Die Benennung „Qualität“ kann<br />
zusammen mit Adjektiven wie „schlecht“, „gut“<br />
oder „ausgezeichnet“ verwendet werden.<br />
Anmerkung 2: „Inhärent“ bedeutet im Gegensatz<br />
zu „zugeordnet“ einer Einheit innewohnend,<br />
insbesondere als ständiges Merkmal.<br />
(DIN EN ISO 9000:2005) [Hermann, 2011, S. 30]<br />
„Unter Verwendung des Fehlerbegriffs kann man gute<br />
Qualität einer Einheit auch als fehlerfreie Beschaffenheit<br />
beschreiben: Alle Qualitätsmerkmale einer<br />
Einheit erfüllen die Anforderungen.“ [Hermann, 2011,<br />
S. 37]<br />
Vereinfacht ausgedrückt ist Qualität bzw. hohe Qualität<br />
eines Produktes oder Prozesses dann erreicht,<br />
wenn das Produkt fehlerfrei <strong>und</strong> hochwertig ist <strong>und</strong><br />
Wenn man diesen Gedanken zugr<strong>und</strong>e legt, wird<br />
deutlich, dass die Aufstellung von Bildungszielen<br />
durch die Geschäftsführung entscheidend ist. Nur<br />
wenn das Ziel klar ist, kann überprüft werden, ob<br />
die getroffenen Maßnahmen zu seiner Erreichung<br />
erfolgreich sind. Bildungsmanagment muss damit<br />
immer strategisch betrachtet werden. Im Sinne des<br />
Qualitätsmanagements ist es dabei wichtig, dass alle<br />
Festlegungen <strong>und</strong> Prozesse sauber dokumentiert<br />
sind <strong>und</strong> das entsprechende Prozesswissen somit<br />
nicht personengeb<strong>und</strong>en ist. Ziel muss es sein, dass<br />
alle Abläufe allen Beteiligten klar <strong>und</strong> verständlich<br />
sind <strong>und</strong> eingehalten werden, weil sie einfach <strong>und</strong><br />
sinnvoll sind.<br />
3.1.2. Qualitätsmanagementkonzepte<br />
Qualitätsmanagement ist heute in den Unternehmen<br />
bereits weitestgehend flächendeckend implementiert.<br />
Das gilt für die produzierende Industrie ebenso wie<br />
für Dienstleistungsunternehmen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Handlungsfelder &<br />
30<br />
Als Qualitätsmanagement bezeichnet man Management,<br />
das qualitätsbezogene Ziele setzt <strong>und</strong> verfolgt<br />
[Hermann, 2011, S. 13]. Laut DIN EN ISO 9000 sind<br />
es aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten<br />
<strong>und</strong> Lenken einer Organisation bezüglich Qualität, sie<br />
umfassen üblicherweise das Festlegen der Qualitätspolitik<br />
<strong>und</strong> der Qualitätsziele, die Qualitätsplanung,<br />
die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung <strong>und</strong> die<br />
Qualitätsverbesserung.<br />
Für den Deutschen <strong>Bildungspreis</strong> wurden zahlreiche<br />
Modelle <strong>und</strong> Konzepte analysiert <strong>und</strong> auf ihre<br />
Anwendbarkeit für das Bildungsmanagement geprüft.<br />
Die wichtigsten Qualitätsansätze werden hier vorgestellt.<br />
ISO 9000ff.<br />
Die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ist die wichtigste<br />
Vorgabe im Qualitätsmanagement. Sie umfasst insbesondere<br />
folgende drei Normen:<br />
• DIN EN ISO 9000:2005-12 „Qualitätsmanagementsysteme<br />
– Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Begriffe“<br />
• DIN EN ISO 9001:2008-12 „Qualitätsmanagement-<br />
systeme – Anforderungen“<br />
• DIN EN ISO 9004:2009-12 „Leiten <strong>und</strong> Lenken für<br />
den nachhaltigen Erfolg einer Organisation – ein<br />
Qualitätsmanagementansatz“<br />
Diese Normen beschreiben ein stark prozessorientiertes<br />
Verfahren. Es beschreibt einen Regelkreis<br />
von den K<strong>und</strong>enerwartungen bis zur Herstellung<br />
der K<strong>und</strong>enzufriedenheit. Die Normen geben einen<br />
deutlichen Rahmen vor, lassen aber unternehmensspezifische<br />
Ausdeutungen zu. Das Ziel ist die externe<br />
Zertifizierung.<br />
Die Basis der Betrachtungen bilden acht Gr<strong>und</strong>sätze<br />
des Qualitätsmanagements [Hermann, 2011, S. 199]:<br />
• K<strong>und</strong>enorientierung<br />
• Führung – Führungskräfte schaffen das interne<br />
Umfeld für die Zielerreichung<br />
• Einbeziehung der Personen<br />
• Prozessorientierter Ansatz – Lenkung von<br />
Tätigkeiten <strong>und</strong> Ressourcen als Prozess<br />
• Systemorienterter Managementansatz –<br />
alle Prozesse bilden ein System <strong>und</strong><br />
stehen zueinander in Wechselbeziehungen<br />
• Ständige Verbesserung<br />
• Sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung –<br />
Entscheidung aufgr<strong>und</strong> von Datenerhebung<br />
<strong>und</strong> -analyse<br />
• Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen<br />
– zielführendes Zusammenwirken aller Beteiligten<br />
innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette<br />
Diese Gr<strong>und</strong>sätze prägen das Verständnis von Qualität<br />
<strong>und</strong> setzen die Schwerpunkte für das Managementhandeln.<br />
Im Qualitätsmodell der DIN EN ISO<br />
9000 werden laut Hermann daraus folgende fünf<br />
Hauptprozesse mit zahlreichen Unterprozessen <strong>und</strong><br />
Dimensionen abgeleitet [Hermann, 2011, S. 198]:<br />
• Verantwortung der Leitung [Hermann, 2011, S.<br />
204]: Selbstverpflichtung der Leitung, K<strong>und</strong>enorientierung,<br />
Qualitätspolitik, Planung, Aufstellen von<br />
Qualitätszielen, Planung des QM-Systems, Verantwortung,<br />
Befugnis, Kommunikation, Managementbewertung<br />
• Management von Ressourcen [Hermann, 2011, S.<br />
206]: Bereitstellen von Ressourcen, personelle<br />
Ressourcen, Kompetenz, Schulung, Bewusstsein,<br />
Infrastruktur, Arbeitsumgebung<br />
• Produktrealisierung [Hermann, 2011, S. 207f]:<br />
Planung, k<strong>und</strong>enbezogene Prozesse, Ermittlung der<br />
Anforderungen bezogen auf das Produkt,<br />
Bewertung der Anforderungen, Entwicklung,<br />
Beschaffung, Produktion/Dienstleistungserbringung,<br />
Validierung der Prozesse zur Produktion/<br />
Dienstleistungserbringung, Kennzeichnung <strong>und</strong><br />
Rückverfolgung, Lenkung von Überwachungs- <strong>und</strong><br />
Messmitteln<br />
• Messung, Analyse, Verbesserung [Hermann, 2011,<br />
S. 211]: K<strong>und</strong>enzufriedenheit, internes Audit,<br />
Überwachung <strong>und</strong> Messung von Prozessen,<br />
Überwachung <strong>und</strong> Messung des Produkts, Lenkung<br />
fehlerhafter Prozesse, Datenanalyse, Verbesserung,<br />
Korrekturmaßnahmen, Verbeugungsmaßnahmen<br />
• Kontinuierliche Verbesserung<br />
Die DIN EN ISO 9001 legt Anforderungen an das<br />
Qualitätsmanagement (QM) fest. Sie beschreibt 20<br />
Qualitätselemente [Faulstich, 1999, S. 84f.], zum<br />
Beispiel zum Gesamtverfahren im QM, zu Verfügbarkeit<br />
von Daten <strong>und</strong> Dokumenten, zur Auswahl<br />
<strong>und</strong> Beschaffung externer Anbieter, zur Lenkung des<br />
Prozesses von Bildungs- <strong>und</strong> Beratungsleistungen,<br />
zur Prüfung <strong>und</strong> Verbesserung des Erfolgs <strong>und</strong> zu<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Qualitätskriterien<br />
Methoden zur Fehlererkennung <strong>und</strong> zum Umgang mit<br />
Beschwerden <strong>und</strong> Mängeln.<br />
Qualitätsmanagement nach dieser Normenreihe<br />
legt einen großen Fokus auf Prozessqualität. Insofern<br />
kann sie für das Bildungsmangement wichtige<br />
Impulse liefern. Eine Bezugnahme auf die Lehr-Lern-<br />
Interaktion ist jedoch schwierig, da die Ausrichtung<br />
ausschließlich auf die Organisation abzielt. Zudem ist<br />
die Implementierung <strong>und</strong> Unterhaltung des Systems<br />
mit hohem Dokumentations- <strong>und</strong> Kostenaufwand<br />
verb<strong>und</strong>en [Hartz, 2008, S. 243f.].<br />
EFQM<br />
Das Modell der EFQM – der European Fo<strong>und</strong>ation<br />
for Quality Management– ist die Gr<strong>und</strong>struktur eines<br />
Managementsystems für jede Art von Organisation<br />
<strong>und</strong> zielt auf nachhaltige Erfolge ab unter Berücksichtigung<br />
der verschiedenen Interessengruppen<br />
[Hermann, 2011, S. 255ff.]. Gr<strong>und</strong>lage ist dabei die<br />
Selbstbewertung nach neun Kriterien. Diese sind<br />
unterteilt in Befähiger- <strong>und</strong> Ergebniskriterien.<br />
Befähigerkriterien [Hermann, 2011, S. 258ff.]:<br />
• Führung (Mission, Vision, Kultur, Entwicklung<br />
des Managementsystems)<br />
• Strategie (aus Vision werden Ziele <strong>und</strong> Strategien<br />
mit konkreten Vorgehensweisen <strong>und</strong> Prozessen)<br />
• Mitarbeiter (Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung des gesamten<br />
Potenzials der Mitarbeiter, Fairness,<br />
Chancengleichheit, Beteiligung, Information)<br />
• Partnerschaften <strong>und</strong> Ressourcen<br />
• Prozesse, Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
(systematisch gestaltete <strong>und</strong> geführte Prozesse,<br />
optimaler K<strong>und</strong>ennutzen, nachhaltiges Nutzenversprechen,<br />
Betreuung über gesamten Lebenszyklus<br />
des Produkts, Pflege der K<strong>und</strong>enbeziehungen)<br />
Ergebniskriterien [Hermann, 2011, S. 264ff.]:<br />
• K<strong>und</strong>enbezogene Ergebnisse (K<strong>und</strong>enzfriedenheit)<br />
• Mitarbeiterbezogene Ergebnisse<br />
(Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation)<br />
• Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (Wahrnehmung<br />
des Unternehmens in der Öffentlichkeit)<br />
• Schlüsselergebnisse (entscheidend für Markterfolg,<br />
Interessengruppe Kapitalgeber)<br />
Außerdem gibt das EFQM-Modell Denkanstöße, was<br />
eigentlich hohe Qualität ist. Dieses Gr<strong>und</strong>konzept<br />
der Excellence [Hermann, 2011, S. 256] beschreibt<br />
folgende Aspekte:<br />
• Verantwortung für nachhaltige Zukunft übernehmen<br />
• Ausgewogene Ergebnisse erzielen<br />
• Nutzen für K<strong>und</strong>en schaffen<br />
• Mit Vision, Inspiration <strong>und</strong> Integrität führen<br />
• Mit Prozessen managen<br />
• Durch Mitarbeiter erfolgreich sein<br />
• Innovation <strong>und</strong> Kreativität fördern<br />
• Partnerschaften aufbauen<br />
Das EFQM-Modell ist sehr offen <strong>und</strong> stark beteiligungsorientiert.<br />
Unternehmensspezifische Besonderheiten<br />
können berücksichtigt werden, es ist allerdings<br />
nicht direkt auf pädagogische Qualität bezogen<br />
[Hartz, 2008, S. 243f.].<br />
TQM<br />
Total Quality Management wurde von Töpfer (u.a.)<br />
beschrieben. Es stellt ein strategisches, integriertes,<br />
ganzheitliches Managementsystem dar, über alle Teile<br />
der Wertschöpfungskette hinweg. Das Ziel ist eine<br />
hohe K<strong>und</strong>enzufriedenheit. Um das zu erreichen, gibt<br />
es vier TQM-Prinzipien: interne K<strong>und</strong>en-Lieferanten-<br />
Beziehung, funktionsübergreifende Optimierung,<br />
funktionsinterne Optimierung <strong>und</strong> die unmittelbare<br />
Qualitätssicherung. TQM verbindet Qualitätsmanagement<br />
mit K<strong>und</strong>enorientierung, Funktionsintegration,<br />
partizipativem Management, kontinuierlicher Verbesserung<br />
<strong>und</strong> berücksichtigt das soziale System<br />
[Faulstich, 1999, S. 83].<br />
Weitere Modelle<br />
Zahlreiche Modelle <strong>und</strong> Ansätze beschäftigen sich<br />
mit Qualitätsmanagement, für das Modell des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es wurden zum Beispiel noch<br />
herangezogen:<br />
• QM-Stufen-Modell/PAS 1037:2004<br />
• QES (+), Anlehnung an den klassischen<br />
Qualitätskreis von Deming<br />
• PAS 1032<br />
31<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Handlungsfelder &<br />
32<br />
3.1.3. Bildungsmanagementkonzepte<br />
Es gibt verschiedene Vorgaben <strong>und</strong> Modelle, die<br />
sich direkt auf Bildung beziehen. Allerdings behandeln<br />
diese in der Regel Weiterbildungsanbieter, das<br />
heißt Anbieter von Schulungen <strong>und</strong> Trainings. Diese<br />
Konzepte können hilfreich sein, allerdings sind die<br />
Rahmenbedingungen im betrieblichen Bildungsmanagement<br />
andere. So ist das Bildungsmanagement<br />
ein interner Dienstleister <strong>und</strong> an die Unternehmensstrategie<br />
geb<strong>und</strong>en. Außerdem fehlt die Gewinnerzielungsabsicht<br />
kommerzieller Anbieter.<br />
Hartz formuliert zudem eine generelle Kritik an derartigen<br />
Standards für Bildungseinrichtungen. Er meint,<br />
dass in der Erwachsenenpädagogik fallbezogenes,<br />
gerade nicht standardisiertes Handeln <strong>und</strong> eine hohe<br />
Flexibilität benötigt werden. Er spricht von „situativer<br />
Kompetenz“ <strong>und</strong> plädiert eher für eine weitere<br />
Professionalisierung der Branche als für Standardisierung<br />
der Bildung [Hartz, 2008, S. 245].<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will mit seinem Qualitätsmodell<br />
Orientierung <strong>und</strong> Hilfestellung sein.<br />
Es soll aber auch eine Vorgabe bieten, eine Art<br />
Best-Practice nach der Unternehmen ihr Bildungsmanagement<br />
aufbauen können. Die Initiatoren sind<br />
davon überzeugt, dass es in den gängigen Qualitätskonzepten<br />
Elemente gibt, die in jedem Fall erfüllt<br />
werden müssen. Abweichungen sind aber erlaubt <strong>und</strong><br />
erwünscht, sofern sie bewusst <strong>und</strong> begründet sind<br />
<strong>und</strong> zur Verbesserung des Bildungsmanagements<br />
beitragen. Oberste Maßgabe ist zudem immer die<br />
Angemessenheit, also die Frage inwieweit Strukturen<br />
<strong>und</strong> Maßnahmen zur Erreichung des Bildungs- <strong>und</strong><br />
Unternehmensziels beitragen. Es geht nicht zwingend<br />
um mehr Bildungsaktivitäten, sondern um eine<br />
bessere Anpassung zwischen Bedarf <strong>und</strong> Angebot,<br />
zwischen Anforderung <strong>und</strong> Leistung, Erwartung <strong>und</strong><br />
tatsächlichem Bildungserfolg.<br />
Folgende Konzepte mit direktem Bezug zur Weiterbildung<br />
sind ins Qualitätsmodell des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es eingeflossen.<br />
DIN ISO 29990<br />
Die internationale Norm DIN ISO 29990:2010 beschreibt<br />
„Lerndienstleistungen für die Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung — Gr<strong>und</strong>legende Anforderungen an<br />
Dienstleister“ [DIN Normentext, Dezember 2010]. Sie<br />
orientiert sich am PAS 1037:2004 QM Stufen-Modell<br />
<strong>und</strong> an der Prozessorientierung des PDCA-Zyklusses<br />
(Plan-Do-Check-Act). Sie gibt einen Servicestandard<br />
für Lerndienstleistungen vor <strong>und</strong> ist gleichzeitig ein<br />
Qualitätsmanagementsystem für Lerndienstleister in<br />
der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />
Die Anforderungen sind jeweils direkt auf Weiterbildungsanbieter<br />
als eigenständige Unternehmen<br />
bezogen. Vorrangig geht es dabei um die betriebliche<br />
Ausbildung <strong>und</strong> jede Form der Weiterbildung. Der<br />
Standard richtet sich jedoch auch an Organisationen<br />
mit einem eigenen Bildungsbereich.<br />
Die ISO 29990 verfolgt eine ganzheitliche Herangehensweise<br />
<strong>und</strong> einen systemorientierten Ansatz<br />
[DIN 2011, S. 1]. Die Norm legt den Fokus auf den<br />
Lernenden, die Lernergebnisse, die Lerndienstleistung<br />
<strong>und</strong> die Kompetenz sowie die Auswahl eines<br />
geeigneten Lerndienstleisters. Besonders wichtig ist<br />
dabei die Partizipation aller Beteiligten [DIN 2011,<br />
S. 7]. Die Norm beschreibt die Anforderungen an die<br />
Lerndienstleistungen sowie Anforderungen an das<br />
Management des Lerndienstleisters [Normentext<br />
2010, Kommentar zur Norm DIN 2011].<br />
Anforderungen an die Lerndienstleistungen<br />
• Bestimmen des Lernbedarfs – Qualifikationsanaly-<br />
se, Wünsche <strong>und</strong> Ziele interessierter Parteien<br />
• Gestalten von Lerndienstleistungen – Ziele <strong>und</strong><br />
Umfang der Trainingsmaßnahme, Curriculum,<br />
Lerntransferunterstützung<br />
• Erbringen von Lerndienstleistungen – Lernressour-<br />
cen, Lernumgebung<br />
• Monitoring von Lerndienstleistungen – Feedback<br />
von den Lernenden<br />
• Evaluation durch Lerndienstleister – Evaluation des<br />
Lernens <strong>und</strong> des Dienstleisters<br />
Anforderungen an das Management des<br />
Lerndienstleisters<br />
• Allgemeine Managementanforderungen – Errichtung<br />
<strong>und</strong> Dokumentation eines Managementsystems<br />
• Strategie <strong>und</strong> Unternehmensmanagement – Erstellung<br />
eines Geschäftsplans<br />
• Managementbewertung – Prüfung in geplanten<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Qualitätskriterien<br />
Intervallen, Sicherstellung der Effektivität <strong>und</strong> Angemessenheit<br />
in Bezug auf Leitlinien <strong>und</strong> Ziele<br />
• Vorbeugende Maßnahmen <strong>und</strong> Korrekturmaßnahmen<br />
– Umgang mit Fehlern, Beseitigung der<br />
Ursachen<br />
• Finanzmanagement <strong>und</strong> Risikomanagement<br />
• Personalmanagement – Kompetenzsicherstellung<br />
der Mitarbeiter des Bildungsmanagements<br />
• Kommunikationsmanagement (intern/extern) –<br />
Information der Mitarbeiter, Schaffung von Möglichkeiten<br />
zur informellen Kommunikation<br />
• Ressourcenbereitstellung<br />
• Interne Audits<br />
• Feedback von interessierten Parteien<br />
Erfüllt ein Unternehmen alle Anforderungen, kann es<br />
sich nach der DIN ISO 29990 zertifizieren lassen.<br />
LQW<br />
Die Lernerorientierte Qualitätstestierung in der<br />
Weiterbildung (LQW) ist ein Qualitätsmanagement<br />
speziell für Bildungsorganisationen, das direkt aus<br />
dem Bildungsprozess heraus entwickelt wurde. Die<br />
Lernenden stehen im Mittelpunkt <strong>und</strong> die gesamte<br />
Qualität der Organisation wird auf die Lernenden<br />
ausgerichtet. LQW beinhaltet ebenfalls eine externe<br />
Testierung in Form eines Selbstreports mit anschließender<br />
Visitation. Diese richtet sich dabei stärker an<br />
den selbstbestimmten Qualitätskriterien der jeweiligen<br />
Organisation aus, als andere Konzepte.<br />
Das System LQW wendet sich an alle Organisationen<br />
der Erwachsenen-, Weiter- <strong>und</strong> Ausbildung in allen<br />
Bereichen der allgemeinen, beruflichen, betrieblichen,<br />
kulturellen, politischen, gewerkschaftlichen, ökologischen<br />
oder konfessionellen Bildung.<br />
Das Bildungsmanagement soll immer an den strategischen<br />
Entwicklungszielen der Organisation ausgerichtet<br />
sein. LQW betrachtet für die Umsetzung zwölf<br />
Qualitätsbereiche [Zech, 2008, Faulstich, 1999, S. 86]:<br />
• Leitbild – Das Unternehmen muss ein Leitbild im<br />
Bildungsmanagement entwickeln <strong>und</strong> eindeutige<br />
Ziele formulileren [Zech, 2008, S. 31ff.].<br />
• Bedarfsanalyse<br />
• Evaluation des Bildungsprozesses – Der Lernerfolg<br />
muss evaluiert werden.<br />
• Qualität des Lehrens, Lehr-Lern-Prozess – Jede<br />
Einrichtung muss für sich selbst definieren, was sie<br />
unter „gelungenem Lernen“ versteht [Hartz, 2008,<br />
S. 243f.]. Der Lehrende wird dabei als Lernbegleiter<br />
begriffen, der Lernprozesse ermöglicht <strong>und</strong> unterstützt<br />
[Zech, 2008, S. 77].<br />
• Qualität der Lerninfrastruktur<br />
• Zentrale Prozesse – Alle Prozesse <strong>und</strong> Arbeitsabläufe<br />
müssen klar definiert werden [Zech, 2008, S.<br />
58ff.].<br />
• Führung/Leitung/Entscheidung – Die Führung<br />
der Organisation orientiert sich an gemeinsamen<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen.<br />
• Personalentwicklung – Die Mitarbeiter des Bildungsmanagements<br />
sollen in der Personalentwicklung<br />
erfasst sein <strong>und</strong> mit umfassenden Maßnahmen<br />
wie Aufgaben- <strong>und</strong> Kompetenzprofilen <strong>und</strong> eigenen<br />
Fortbildungen systematisch weiterentwickelt werden<br />
[Zech, 2008, S. 142ff.].<br />
• Controlling<br />
• Interne <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enkommunikation – Bewusstes<br />
Marketing der Qualität im Bildungsmanagement<br />
hilft die Außendarstellung der Organisation zu<br />
verbessern.<br />
• Angebotsinformation<br />
• Strategische Entwicklungsziele – Die Qualität der<br />
Organisationen wird in einem ständigen Prozess<br />
weiterentwickelt.<br />
Das Modell legt dabei einen kontinuierlichen Qualitätskreislauf<br />
von interner über externe Evaluation zur<br />
Aufstellung von strategischen Entwicklungszielen für<br />
die nächste Qualitätsperiode zugr<strong>und</strong>e.<br />
DVWO-Modell<br />
Der Dachverband der Weiterbildungsorganisationen<br />
e.V. DVWO hat die DIN EN ISO 9001 um unterrichts<strong>und</strong><br />
teilnehmerbezogenen Kriterien im Weiterbildungsprozess<br />
erweitert. Die sogennante DVWO-ProzessAcht©<br />
unterscheidet Prozesse der betrieblichen<br />
Organisation von den Lehr- <strong>und</strong> Lernprozessen <strong>und</strong><br />
stellt Qualitätskriterien in den Mittelpunkt des Qualifizierungsprozesses<br />
[DIN 2008, S. 28].<br />
Dafür werden Qualitätsdimensionen aufgestellt [DIN<br />
2008, S. 17]:<br />
• Äußere Qualitätsdimensionen [nach Donabedian]:<br />
Strukturqualität, Prozessqualität, Ergebnisqualität<br />
• Innere Qualitätsdimensionen: Didaktikqualität, Wertequalität,<br />
Transferqualität, Methodenqualität<br />
33<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Handlungsfelder &<br />
34<br />
Aus diesen Dimensionen leiten sich wiederum Qualitätskriterien<br />
<strong>und</strong> Qualitätsmerkmale ab.<br />
Die DIN EN ISO 9001 wird um einen weiteren Prozesskreislauf,<br />
der sich jedoch speziell auf die Besonderheiten<br />
der Bildungsbranche bezieht, erweitert.<br />
So beschreibt das Modell der ISO 9001 die funktionellen<br />
Bereiche der Businessadministration, der<br />
Kreislauf des DVWO den operationalen Bereich des<br />
Curriculumprozesses [DIN 2008, S. 29]. Im Kern des<br />
DVWO-Kreislaufes stehen dabei die Informationsverarbeitungsphasen<br />
im Lernprozess, also die verschiedenen<br />
Schritte wie ein Lernender neue Informationen<br />
aufnimmt <strong>und</strong> verarbeitet: Initialphase, Durativphase,<br />
Praxisphase, Konklusionsphase.<br />
In jeder dieser Phasen werden spezifische Lernziele<br />
auf sieben verschiedenen Leistungsniveaus<br />
(Taxonomie-Ebenen) definiert: kognitive Lernziele,<br />
affektive Lernziele <strong>und</strong> psychomotorische Lernziele.<br />
Die Weiterbilder haben zudem die Möglichkeit eigene<br />
weitere Taxonomien hinzuzufügen. Diese Aufteilung<br />
ermöglicht eine differenzierte Evaluation an vielen<br />
Stellen des Lehr-/Lernprozesses.<br />
Alle Anforderungen der ISO 9001, wie Verantwortung<br />
der Leitung, Management von Ressourcen, etc.,<br />
treffen auch in der Erweiterung des DVWO in vollem<br />
Umfang zu.<br />
CLIP<br />
Die European Fo<strong>und</strong>ation for Management Development<br />
(EFMD) hat für ihre Mitgliedsunternehmen ein<br />
Konzept entwickelt, das sich besonders auf Corporate<br />
Universities, Corporate Business Schools, interne<br />
Akademien <strong>und</strong> Management Institute bezieht:<br />
den Corporate Learning Improvement Process (CLIP).<br />
Ziel ist ein Shift vom klassischen Training hin zu<br />
einer ganzheitlichen Betrachtung von Lernmöglichkeiten.<br />
Das System strebt nach besserer Evaluation<br />
<strong>und</strong> Messung, um das Investment in Bildung nachhaltig<br />
zu legitimieren. Dazu stellt CLIP Schlüsselfaktoren<br />
für die Qualität des Bildungsmanagements vor.<br />
Die insgesamt 28 Qualitätsstandards von CLIP sind<br />
in neun Kapiteln festgelegt (CLIP Quality Standards,<br />
EFMD):<br />
• Strategische Positionierung: Mission, klare Strategie,<br />
Abstimmung mit der unternehmensweiten<br />
Strategie, Managementprozesse, hohe Positionierung<br />
des<br />
Bildungsmanagements, Schnittstellen zu anderen<br />
Personalprozessen<br />
• Zielmarkt: Marktverständnis, Marketing,<br />
K<strong>und</strong>enbeziehungen<br />
• Externe Dienstleister: Outsourcing, Auswahlprozess,<br />
Lieferantenbeziehungen<br />
• Mitarbeiter im Bildungsmanagement:<br />
Ausbildung, Qualifikation<br />
• Programme <strong>und</strong> Leistungen: Angebot, Produktentwicklung,<br />
Ressourcenausstattung, pädagogisches<br />
Know-how, Lernformen, Evaluation, Erfolgsmessung<br />
• Teilnehmer: Zielgruppen, Betreuung<br />
• Innovation <strong>und</strong> Entwicklung:<br />
Innovationsprozess, Universitätsprogramme<br />
• Ressourcen <strong>und</strong> Administration:<br />
Lernumgebung, Verwaltungsprozesse,<br />
finanzielle Ausstattung <strong>und</strong> Controlling<br />
• Internationalität: internationale Perspektive<br />
CLIP versteht sich als Mittel zum Benchmarking. Es<br />
soll gegenseitigen Austausch <strong>und</strong> das Lernen von<br />
den Erfahrungen anderer ermöglichen.<br />
Auch CLIP arbeitet bei der Bewertung der Unternehmen<br />
mit einer Verbindung aus interner Selbstprüfung<br />
<strong>und</strong> einem externen Audit.<br />
Weitere Modelle<br />
Im Bildungsmanagement gibt es weitere Modelle<br />
<strong>und</strong> Ansätze, zum Beispiel:<br />
• Bremer Weiterbildungsgesetz<br />
• BQM-Standard vom B<strong>und</strong>esverband der Träger<br />
beruflicher Bildung<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Qualitätskriterien<br />
3.2. Ziele, Selbstverständnis, Anforderungen<br />
an das Qualitätsmodell<br />
Die Initiatoren verfolgen mit dem Qualitätsmodell<br />
des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es einen universellen<br />
Anspruch. Das Modell ist umfassend <strong>und</strong> beschreibt<br />
alle wichtigen Aspekte des betrieblichen Bildungsmanagements.<br />
Das bedeutet auch, dass an anderen<br />
Stellen Abgrenzungen vorgenommen werden müssen,<br />
um die Anwendbarkeit des Modells zu garantieren<br />
<strong>und</strong> den Fokus auf das Bildungsmanagement<br />
nicht zu verlieren. Die Inhalte des Modells sind nachvollziehbar<br />
<strong>und</strong> valide. Die drei Dimensionen Strategie,<br />
Struktur <strong>und</strong> Leistungen werden durch einen<br />
detaillierten Fragenkatalog beschrieben.<br />
Das Anwendungsgebiet des Modells sind Weiterbildungsbereiche/-abteilungen<br />
von Unternehmen, unabhängig<br />
von Branche <strong>und</strong> Betriebsgröße. Es bezieht<br />
alle Mitarbeiter des Unternehmens mit ein, nicht nur<br />
die Führungskräfte. Es beschreibt ausdrücklich auch<br />
die Weiterbildung von technischen <strong>und</strong> gewerblichen<br />
Mitarbeitern auf allen Hierarchiestufen. Das Modell<br />
ist praxisnah <strong>und</strong> soll leicht <strong>und</strong> vollständig in die betriebliche<br />
Praxis übertragen werden. Es soll dabei vor<br />
allem praktische Hilfestellung für Führungskräfte <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter des betrieblichen Bildungsmanagements<br />
sein, keine wissenschaftliche Abhandlung.<br />
Gleichwohl ist es wissenschaftlich f<strong>und</strong>iert, bezieht<br />
die gängigen Ansätze zum Qualitäts- <strong>und</strong><br />
Bildungsmanagement ein <strong>und</strong> trägt aktuellen wissenschaftlichen<br />
Entwicklungen Rechnung. Durch<br />
die enge Verzahnung mit Praxisexperten ist das<br />
Modell zugleich „State-of-the-Art“ in der praktischen<br />
Realität. Es ist aber auch ein lebendes System. Nach<br />
jedem Durchlauf des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
mit Selbstauskunftsbogen, Auditierung <strong>und</strong> Preisverleihung,<br />
werden die neuesten Erkenntnisse aus<br />
den Unternehmen in einer jährlichen Revision in das<br />
Modell eingearbeitet. So wird die Aktualität gewährleistet.<br />
Außerdem ermöglicht dieses Vorgehen den<br />
Aufbau einer großen Datenbank zur betrieblichen<br />
Weiterbildung. Eine solche Datensammlung gibt es<br />
bisher noch nicht, sie kann die wissenschaftliche<br />
Forschung unterstützen <strong>und</strong> erlaubt es, den Unternehmen<br />
Benchmarks zur Verfügung zu stellen.<br />
Das Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
ist unabhängig von Geschäftsinteressen. Es ist ein<br />
fairer, gleichberechtiger, datenbasierter Auswahlprozess<br />
durch einen unabhängigen Beirat.<br />
35<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
4. Etablierung des Qualitätsmodells<br />
betrieblichen Bildungsmanagements<br />
Autorin 4.1: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie<br />
Autorin 4.2-4.3: Magdalena Nowak, EuPD Research
4.1. Theoretische Herleitung<br />
des Qualitätsmodells<br />
Wissenschaftliche F<strong>und</strong>ierung<br />
Der erste Schritt bei der Erstellung des Qualitätsmodells<br />
war die Festlegung der Handlungsfelder im<br />
Bildungsmanagement, die das Modell abbilden soll.<br />
Gessler beschreibt verschiedene Aufgaben- <strong>und</strong><br />
Tätigkeitsfelder aufgeteilt nach Prozess- <strong>und</strong> Objektkategorien.<br />
Bildungsprodukt Bildungspersonal Bildungsorganisation<br />
Kontext<br />
Basisprozesse<br />
Rahmenbedingungen<br />
Lebenslanges Lernen<br />
Lernen <strong>und</strong> Lehren Wissensmanagement Bildungsmarketing<br />
Qualitätsmanagement<br />
37<br />
Steuerungsprozesse<br />
Transfermanagement<br />
<strong>und</strong> Evaluation<br />
Personalmanagement<br />
<strong>und</strong> Personalführung<br />
Bildungscontrolling<br />
Projektmanagement<br />
Innovationsprozesse<br />
Programmentwicklung<br />
<strong>und</strong> Revision<br />
Entrepreneurship<br />
Change Management<br />
Abb. 1: Strukturmodell der Handlungsfelder [Gessler, 2009, S. 23]<br />
Wie in den Kapiteln 3.1.2. <strong>und</strong> 3.1.3. dargestellt, legen<br />
die vorgestellten Konzepte aus Quälitätsmanagement<br />
<strong>und</strong> Bildung ihrerseits verschiedene Schwerpunkte.<br />
Aus den genannten Modellen wurden die Aspekte,<br />
die Einfluss auf die Qualität des Bildungsmanagements<br />
haben, extrahiert. An dieser Stelle soll gezeigt<br />
werden, welche Elemente der verschiedenen Konzepte<br />
mit ins Modell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
eingeflossen sind. Aus Platzgründen soll hier nur eine<br />
beispielhafte Auflistung einzelner Elemente angeführt<br />
werden.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Etablierung<br />
Aspekt<br />
Betrachtung in folgenden Modellen/Konzepten<br />
(beispielhaft)<br />
Prozessorientierung<br />
K<strong>und</strong>enzufriedenheit/K<strong>und</strong>ennutzen<br />
(K<strong>und</strong>en im Sinne der Teilnehmer/Nutzer<br />
der Bildungsmaßnahmen)<br />
Hohe Bedeutung der Führung<br />
Normenreihe DIN EN ISO 9000, DIN ISO 29990,<br />
DVWO-Modell<br />
Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />
EFQM, Excellence-Ansatz, TQM<br />
Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />
EFQM, LQW<br />
Selbstverpflichtung der Leitung Normenreihe DIN EN ISO 9000<br />
Vision, Mission, Kultur<br />
Strategische Ausrichtung<br />
EFQM, LQW, CLIP<br />
EFQM, LQW, CLIP<br />
Einbeziehung aller Mitarbeiter Normenreihe DIN EN ISO 9000, EFQM, ISO 29990<br />
38<br />
Ständige Verbesserung<br />
Entscheidung auf Basis von<br />
Datenerhebung <strong>und</strong> -analyse<br />
Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />
TQM, DVWO-Modell<br />
Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />
DVWO-Modell<br />
Optimaler Ressourceneinsatz Normenreihe DIN EN ISO 9000, ISO 29990<br />
Offener Zugang zu Daten <strong>und</strong> Dokumenten Normenreihe DIN EN ISO 9000<br />
Auswahl externer Anbieter<br />
Umgang mit Beschwerden<br />
Wahrnehmung des Unternehmens in<br />
der Öffentlichkeit<br />
Nachhaltigkeit<br />
Normenreihe DIN EN ISO 9000, LQW, CLIP<br />
Normenreihe DIN EN ISO 9000, ISO 29990, LQW<br />
EFQM, LQW<br />
Excellence-Ansatz<br />
Bildungsbedarfsanalyse DIN 29990, LQW, ISO 29990<br />
Gestalten von Bildungsmaßnahmen<br />
DIN 29990, DVWO-Modell<br />
Bewertung externer Bildungsanbieter DIN 29990<br />
Infrastruktur<br />
Internationalität<br />
LQW<br />
CLIP<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Aus der Synthese der Handlungsfelder von Gessler<br />
<strong>und</strong> der inhaltlichen Schwerpunkte der Normen, Konzepte<br />
<strong>und</strong> Modelle ergeben sich folgende besonders<br />
relevante Bereiche:<br />
Bildungsprodukt Bildungspersonal Bildungsorganisation<br />
Lebenslanges Lernen<br />
Qualitätsmanagement<br />
Strategie<br />
Bildungsplanung,<br />
Programmplanung <strong>und</strong><br />
-entwicklung, Transfermanagement<br />
<strong>und</strong><br />
Evaluation<br />
Personalmanagement<br />
<strong>und</strong> Personalführung<br />
Leitbild, Vision<br />
Bildungsstrategie<br />
Bildungsmarketing,<br />
Bildungscontrolling<br />
Rahmenbedingungen<br />
Infrastruktur<br />
Ressourcen <strong>und</strong><br />
Qualifikation<br />
Aufbau <strong>und</strong> Struktur<br />
Operationalisierung<br />
Lernen <strong>und</strong> Lehren,<br />
Durchführung der<br />
Bildungsmaßnahmen<br />
Organisation,<br />
Koordination, Beratung<br />
39<br />
Abb.2: EuPD Research, TÜV SÜD Akademie<br />
Bei der Erstellung von Bildungsleistungen ist zudem<br />
eine prozessorientierte Ablaufdarstellung sinnvoll, die<br />
die Teilaufgaben Planung, Durchführung <strong>und</strong> Kontrolle<br />
umfasst [Bäumer, 1999, S. 84-97].<br />
• Planung: Vorbereitung der Entscheidungen über die<br />
Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen<br />
• Planungsgr<strong>und</strong>lage Bedarfsanalyse: unternehmens<strong>und</strong><br />
arbeitsplatzbezogene Anforderungen <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterqualifikationen, dann Angebotsplanung,<br />
Festlegung der Inhalte <strong>und</strong> Parameter der<br />
Lehr-/Lernsituation<br />
• Durchführung: make or buy Lernarrangement<br />
(Methoden <strong>und</strong> Lernorte)<br />
• Kontrolle: Effektivität (Ziel-Ergebnis-Relation) <strong>und</strong><br />
Effizienz (Kosten-Nutzen-Relation)<br />
Verb<strong>und</strong>en mit den oben gezeigten relevanten Bereichen<br />
ergeben sich folgende Zusammenhänge:<br />
Die Leitlinien des Unternehmens <strong>und</strong> die Bildungsstrategie<br />
bilden die Gr<strong>und</strong>lage für das Handeln im<br />
Bildungsmanagement. Sie fließen in die Bildungsplanung<br />
<strong>und</strong> die unternehmensbezogene Bedarfsanalyse.<br />
Daraus wiederum ergibt sich die Programmplanung<br />
der anzubietenden Bildungsmaßnahmen.<br />
Die Management- <strong>und</strong> Führungskultur bestimmt den<br />
Umgang <strong>und</strong> die Motivation der Mitarbeiter.<br />
Um die strategischen Anforderungen erfüllen zu<br />
können, muss das Bildungsmanagement in der<br />
Unternehmensstruktur hierarchisch möglichst hoch<br />
angesiedelt <strong>und</strong> organisatorisch sinnvoll aufgebaut<br />
<strong>und</strong> vernetzt sein. Das Personal im Bildungsmanagement<br />
muss mit qualifizierten Ressourcen ausgestattet<br />
werden, sodass es die avisierten Aufgaben<br />
zuverlässig <strong>und</strong> in hoher Qualität erfüllen kann. Für<br />
jede Bildungsmaßnahme muss eine entsprechend<br />
professionelle Infrastruktur bereitgestellt werden.<br />
Die Durchführung bewegt sich im Handlungsfeld<br />
„Lernen <strong>und</strong> Lehren“ <strong>und</strong> beschreibt die konkrete<br />
Erbringung der Bildungsleistung. Das Personal des<br />
Bildungsmanagements organisiert die verschiedenen<br />
Maßnahmen, koordiniert die verb<strong>und</strong>enen Parteien<br />
<strong>und</strong> Dienstleister <strong>und</strong> berät die lernenden Mitarbeiter.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Etablierung<br />
40<br />
In der Kontrollphase kommen Transfersicherung,<br />
Evaluation <strong>und</strong> Bildungscontrolling zum Einsatz.<br />
Da diese direkt auf die Planung der weiteren Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> ggf. die Ausrichtung des Bildungsmanagements<br />
insgesamt einwirken, sind sie wiederum<br />
dem Punkt Strategie zuzuordnen. Hier zeigt sich das<br />
Prozesshafte, der Kreislaufansatz des Modells. Das<br />
Bildungsmarketing unterstützt das Bildungsmanagement<br />
bei der Kommunikation ins Unternehmen <strong>und</strong><br />
hat deshalb ebenfalls strategischen Charakter.<br />
Es ergeben sich aus dieser Herangehensweise drei<br />
übergeordnete Hauptbereiche des betrieblichen<br />
Bildungsmanagements, die das Qualitätsmodell des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es abbildet:<br />
• Strategie<br />
• Struktur<br />
• Leistungen<br />
Diese Bereiche sollen im Kapitel 5.3. einzeln detailliert<br />
betrachtet werden.<br />
Das Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
wurde mit erfahrenen Professoren <strong>und</strong> Wissenschaftlern<br />
verschiedener Fachrichtungen <strong>und</strong> Forschungsschwerpunkte<br />
geprüft <strong>und</strong> überarbeitet. Es entspricht<br />
dem aktuellen Stand der Forschung.<br />
4.2. Validierungsprozess des<br />
Qualitätsmodells<br />
Um ein Qualitätsmodell zu etablieren, das zum einen<br />
wissenschaftlichen Standards entspricht <strong>und</strong> zum<br />
anderen der betrieblichen Praxis gerecht wird, wurde<br />
ein nachhaltiger Validierungsprozess initiiert:<br />
• Den Ausgangspunkt bildete die Erfassung der<br />
bestehenden wissenschaftlichen Literatur zum<br />
Stand des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s sowie<br />
den existierenden Theoriemodellen.<br />
• In einem zweiten Schritt wurden die Erkenntnisse<br />
in einem umfassenden Workshop von Experten der<br />
TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research bewertet<br />
<strong>und</strong> strukturiert.<br />
• Die gesammelten Erkenntnisse der wissenschaftlichen<br />
Recherche wurden von Experten der TÜV<br />
SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research im nächsten<br />
Schritt in leitfadengestützten Tiefeninterviews mit<br />
ingesamt neun führenden Bildungsexperten <strong>und</strong> 20<br />
betrieblichen HR-Verantwortlichen aus elf unterschiedlichen<br />
Unternehmen evaluiert.<br />
• Die Ergebnisse der Tiefeninterviews wurden<br />
schließlich gemeinsam ausgewertet <strong>und</strong> in das<br />
Qualitätsmodell eingearbeitet, das dann wiederum<br />
den befragten Experten zurückgespiegelt wurde.<br />
• Im Anschluss wurde das Qualitätsmodell für den<br />
Bewerbungsprozess des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
aufgearbeitet <strong>und</strong> in den Qualifizierungsbogen<br />
<strong>und</strong> das Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
überführt.<br />
• In der Praxis validiert wird das Qualitätsmodell<br />
durch die Teilnehmer des ersten Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es. Sie bewerten im Qualifizierungsbogen<br />
jedes definierte Qualitätskriterium hinsichtlich<br />
dessen Relevanz für das Funktionieren des<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s im eigenen<br />
Unternehmen.<br />
• Nach dem Ende der Bewerbungsphase werden die<br />
Ergebnisse aller Bewerber ausgewertet. Es entsteht<br />
das erste wirklich praxisvalidierte Modell<br />
nachhaltigen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s.<br />
• Das Modell bildet schließlich die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
einen transparenten <strong>und</strong> objektiven Bewerbungsprozess<br />
<strong>und</strong> zeigt allen Teilnehmern in einem zur<br />
Verfügung gestellten individuellen Benchmark ganz<br />
gezielt erfolgskritische Faktoren <strong>und</strong> Optimierungspotenziale<br />
auf.<br />
4.2.1. Interviews mit führenden<br />
Bildungsexperten aus Wissenschaft,<br />
Verbänden <strong>und</strong> Instituten<br />
Die für den Studienband interviewten Bildungsexperten<br />
wurden durch die TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong><br />
EuPD Research anhand klar definierter Kriterien<br />
ausgesucht. Zum einen sollten alle Themenschwerpunkte<br />
im Forschungsbereich Bildungs-, Talent- <strong>und</strong><br />
Kompetenzmanagement abgebildet werden, zum<br />
anderen sollte die Interdisziplinarität der Experten<br />
sichergestellt werden. Um dies zu erreichen, wurde<br />
im Rahmen der Recherche eine genaue Analyse<br />
des Forschungsbereiches vorgenommen <strong>und</strong><br />
führende Bildungsexperten kontaktiert. Die zumeist<br />
zweistündigen Gespräche gliederten sich in einen<br />
allgemeinen Teil, in dem Fragen zum Status quo des<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s in Deutschland<br />
beantwortet wurden, <strong>und</strong> einen spezifischen Teil, in<br />
dem das Qualitätsmodell im Fokus stand.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews wurden geführt mit:<br />
• Dr. Sascha Armutat, (S. 62|63) -<br />
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />
• Prof. Dr. Michael Gessler (S. 64|65) -<br />
Universität Bremen<br />
• Thomas Gruber, (S. 66|69) -<br />
DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />
• Prof. Dr. Wolfgang Jäger, (S. 70|71) -<br />
Hochschule RheinMain<br />
• Prof. Dr. Ulrich Müller, (S. 72|73) -<br />
Institut für Bildungsmanagement,<br />
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />
• André Schleiter, (S. 74|77) -<br />
Wissenschaftlicher Beirat im DDN<br />
(Das Demographie Netzwerk)<br />
• Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider (S. 78|81) -<br />
Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />
IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit<br />
GmbH<br />
• Prof. Dr. Marc Solga, (S. 82|85) -<br />
Universität Bochum<br />
• Thomas Kirchenkamp, (S. 86|87) -<br />
Wilhelm Büchner Hochschule<br />
4.2.2. Interviews mit führenden<br />
HR-Experten<br />
Nach der wissenschaftlichen Validierung wurde das<br />
Qualitätsmodell Experten aus der Wirtschaft vorgestellt.<br />
Der Abgleich der Qualitätskriterien mit der<br />
realen Umsetzung in deutschen Unternehmen bildete<br />
den Schwerpunkt dieser ersten Validierungsphase.<br />
Ziel war es, ein Modell zu etablieren, das praxisorientiert<br />
<strong>und</strong> praktikabel ist. Dazu wurden Unternehmen<br />
verschiedener Branchen sowie unterschiedlicher<br />
Größen ausgewählt, die bereits über gute Bildungs<strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>systeme verfügen.<br />
Interviews wurden geführt mit:<br />
• Dennis Dennert, Pressesprecher,<br />
Markus Lecke, Leiter Team Bildungspolitik -<br />
Deutsche Telekom (S. 88|91)<br />
• Michael Backes, Leiter Personalentwicklung,<br />
Thomas Bauer, Leiter Personalplanung/-gewinnung<br />
<strong>und</strong> Organisation -<br />
Emschergenossenschaft/Lippeverband (S. 92|95)<br />
• Heike Glock, Mitarbeiterentwicklung -<br />
Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />
(S. 96|97)<br />
• Klaus Schöneberger, Leiter Personalentwicklung,<br />
Matthias Wendler, Bereich Personalentwicklung -<br />
GOTHAER Versicherung (S. 98|101)<br />
• Cornelia Andresen, HR Integrated Services Team<br />
IBM, Ralf Essigke, Managing Learning Consultant<br />
IBM, Johannes Förderreuther, IBM Global Business<br />
Service, Alike Pietsch, Leader IMT Germany Skill<br />
Development Center IBM - IBM (S. 102|105)<br />
• Mattias Säker, CEO, Fredrik Högemark, CIO -<br />
Kursfinder.de (S. 106|109)<br />
• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR -<br />
McDonald‘s Deutschland Inc. (S. 110|111)<br />
• Karl-Heinz Böhle, Leiter Personaleinsatz,<br />
Silke Gloss, Referentin Führungskräfteentwicklung<br />
- Rheinenergie AG (S. 112|115)<br />
• Raphaele Rose, Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung -<br />
SP_Data GmbH & Co. KG (S. 116|117)<br />
• Dr. Veit Echterhoff, Bildungspolitik/Bildungscontrolling,<br />
Dr. Werner Mölders, Leitender Werksarzt -<br />
ThyssenKrupp Steel Europe AG (S. 118|119)<br />
• Thomas Lindt, Director Product Management -<br />
VEDA GmbH (S. 120|121)<br />
41<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Etablierung<br />
4.3. Das Qualitätsmodell<br />
betrieblichen Bildungsmanagements<br />
Das Qualitätsmodell erfasst Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
als betriebliches Querschnittsthema. Es integriert<br />
ganzheitlich alle Phasen des Karriereverlaufes<br />
sowie alle Aspekte der Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />
im Unternehmen. Das Qualitätsmodell gliedert sich<br />
in die drei Teilbereiche strategisches, strukturelles<br />
<strong>und</strong> operatives Bildungsmanagement, die alle anhand<br />
mehrerer Kategorien definiert werden. Jeder Kategorie<br />
sind wiederum festgelegte, in den zahlreichen Experteninterviews<br />
geprüfte Qualitätskriterien zugewiesen.<br />
Bildungsmanagement<br />
Qualitätsbereiche 3 Säulen<br />
Analyse<br />
Strategie Struktur Leistungen<br />
Planung<br />
...<br />
Organisation<br />
Einbindung<br />
...<br />
Beratung<br />
Maßnahmen<br />
...<br />
42<br />
Qualitätskriterien<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Q1<br />
Q2<br />
Q3<br />
Q4<br />
...<br />
Qualifi zierungsbogen<br />
Abb 3: Qualitätsmodell betrieblichen Bildungsmanagements, EuPD Research, TÜV SÜD Akademie, <strong>2012</strong><br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
4.3.1. Strategisches Bildungsmanagement<br />
Die strategische Ausrichtung des Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>s ist Gr<strong>und</strong>voraussetzung für das<br />
Gelingen nachhaltiger Personalpolitik. Strategisches<br />
Bildungsmanagement wird im Sinne des Qualitätsmodells<br />
in die Unterpunkte Bedarfsanalyse, Bildungsplanung,<br />
Mitarbeitergespräche, Praxistransfersicherung,<br />
Bildungscontrolling, interne Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiterrekrutierung operationalisiert.<br />
Ausgangspunkt jeglicher strategischen Planung von<br />
Bildungsmanagement im Unternehmen ist die Anbindung<br />
der Bildungsziele an die Unternehmensziele.<br />
Um die strategischen Bildungsbedarfe zu bestimmen,<br />
müssen detaillierte Stellen- <strong>und</strong> Anforderungsprofile<br />
vorhanden sein, die mit den Qualifikationen <strong>und</strong><br />
Kompetenzen der Beschäftigten abgeglichen werden.<br />
Im Sinne der Zukunftsfähigkeit sollten zudem regelmäßige<br />
Potenzialanalysen durchgeführt werden <strong>und</strong><br />
bedarfsgerechte Karrieremodelle existieren.<br />
Sind die Bedarfe ermittelt, wird eine mittel- <strong>und</strong> langfristige<br />
Planung der Bildungskonzepte <strong>und</strong> -maßnahmen<br />
eingeleitet. Dabei sollen im Zuge einer lebenszyklusorientierten<br />
Personalentwicklung demografische<br />
Analysen der Belegschaft Berücksichtigung finden.<br />
Das wichtigste Instrument des strategischen Bildungsmanagements,<br />
mit Hilfe dessen sowohl die<br />
Bedarfe, Ziele als auch die Ergebnisse von Bildungsmaßnahmen<br />
erfasst werden, sind Mitarbeitergespräche.<br />
Diese sollten mindestens einmal im Jahr mit<br />
allen Beschäftigten durchgeführt werden <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
darin ein verbindlicher Bestandteil sein. Die<br />
daraus abgeleiteten Bildungsziele müssen festgelegt<br />
<strong>und</strong> schriftlich dokumentiert, ihre Einhaltung überprüft<br />
werden.<br />
Im betrieblichen Alltag wird dem Thema Praxistransfer<br />
nicht selten zu wenig Beachtung geschenkt.<br />
Dabei ist die Sicherstellung, dass die Inhalte, die sich<br />
der Mitarbeiter durch Weiterbildungsmaßnahmen<br />
aneignet, auch direkt am Arbeitsplatz angewandt<br />
werden können, essenziell. Hierfür bedarf es eines<br />
festgelegten Transferplans, das heißt eines Systems<br />
zur Erfassung von Bildungszielen vor der Einzelmaßnahme<br />
<strong>und</strong> der Überprüfung der Zielerreichung nach<br />
der Durchführung.<br />
Im Allgemeinen bildet die Praxistransfersicherung<br />
einen Teilbereich des Bildungscontrollings, das jede<br />
Bildungsmaßnahme im Hinblick auf Qualität <strong>und</strong> Effizienz<br />
evaluiert. Bildungscontrolling ist eine wesentliche<br />
Gr<strong>und</strong>voraussetzung für ein gutes Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>. Die Ergebnisse des Bildungscontrollings<br />
dienen dazu, Bildungsziele zu prüfen <strong>und</strong><br />
entsprechende Interventionsmaßnahmen abzuleiten.<br />
Ein weiterer, wichtiger Erfolgsfaktor guten Bildungsmanagements<br />
ist die interne Kommunikation im Unternehmen.<br />
In der Praxis wird diesem Punkt noch zu<br />
wenig Bedeutung beigemessen. Dabei ist die richtige<br />
Kommunikation <strong>und</strong> Information oft entscheidend für<br />
die Reichweite <strong>und</strong> den wahrgenommenen Stellenwert<br />
der betrieblichen Bildung im Unternehmen.<br />
Schließlich ist auch die Rekrutierung der Mitarbeiter<br />
Bestandteil eines strategischen Bildungsmanagements.<br />
Voraussetzung für die bedarfsgerechte Rekrutierung<br />
geeigneter Mitarbeiter ist das Vorhandensein<br />
einer mittel- <strong>und</strong> langfristigen Personalplanung<br />
mit entsprechenden Nachfolgeregelungen. Hierzu<br />
müssen Schlüsselpositionen im Unternehmen identifiziert<br />
werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist die<br />
Etablierung einer geeigneten Strategie des Employer<br />
Branding geboten.<br />
4.3.2. Strukturelles Bildungsmanagement<br />
Um strategisches Bildungsmanagement im Unternehmen<br />
abbilden zu können, bedarf es passender<br />
Strukturen. Bildung muss zum betrieblichen Querschnittsthema<br />
<strong>und</strong> zur Führungsaufgabe werden.<br />
Zentrale Elemente sind hier die Organisation, die<br />
Führungskräfte <strong>und</strong> Mitarbeiter sowie die technische<br />
Infrastruktur im Rahmen des Wissensmanagements.<br />
Für die strukturelle Abbildung des Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>s im Unternehmen sollte Bildungsmanagement<br />
in den Unternehmensleitlinien<br />
43<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Etablierung<br />
44<br />
schriftlich verankert sein <strong>und</strong> von der Unternehmensführung<br />
aktiv unterstützt werden. Die Aufgabenbereiche<br />
des Bildungsmanagements müssen definiert <strong>und</strong><br />
personell klar zugewiesen sein. Die für das Bildungsmanagement<br />
verantwortlichen Personen sollten über<br />
die notwendigen finanziellen <strong>und</strong> zeitlichen Ressourcen<br />
zur Erfüllung der Anforderungen des Stellenprofils<br />
verfügen. Von zentraler Bedeutung ist zudem,<br />
dass das Bildungsmanagement eng an alle Prozesse<br />
im Unternehmen angeb<strong>und</strong>en ist. So sollte der Steuerungskreis<br />
‚Bildungsmanagement‘ in regelmäßigem<br />
Austausch mit der Unternehmensleitung stehen. Im<br />
Zuge der Wertschätzung für das Bildungsmanagement<br />
sollte das Unternehmen bedarfsorientierte<br />
Weiterbildungskosten <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Aufwände<br />
übernehmen.<br />
Führungskräfte <strong>und</strong> Beschäftigte sind die wichtigsten<br />
Akteure des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s <strong>und</strong><br />
befinden sich in ständigem Austausch miteinander.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollte Weiterbildung ein fester<br />
Bestandteil sowohl der Führungsaufgaben als auch<br />
der Führungskräfteentwicklung sein. Zugleich sollen<br />
potenziell alle Mitarbeiter an Bildungsmaßnahmen<br />
teilnehmen, sich aktiv in das Bildungsmanagement<br />
einbringen können <strong>und</strong> Anspruch auf eine unabhängige<br />
Bildungsberatung haben. Betriebliche Bildung ist<br />
zudem fester Bestandteil der Mitarbeitergespräche.<br />
Im Sinne der Zukunftsfähigkeit ist es wichtig, dass<br />
das Unternehmen eine lebenszyklusorientierte Personalentwicklung<br />
verfolgt <strong>und</strong> Bildungsmaßnahmen<br />
genau auf definierte Zielgruppenbedarfe abgestimmt<br />
sind.<br />
Für die optimale Abwicklung aller strategischen<br />
Prozesse des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />
muss eine geeignete Infrastruktur im Unternehmen<br />
vorhanden sein. Dazu ist es essenziell, dass das<br />
Bildungsmanagement über eine den Anforderungen<br />
entsprechende Software abgewickelt wird. Zunächst<br />
müssen den Beschäftigten Möglichkeiten gegeben<br />
werden, sich im Rahmen von eLearning über IT-gestützte<br />
Maßnahmen eigenständig fortzubilden. Hierfür<br />
ist auch eine Online-Plattform, über die sich die<br />
Mitarbeiter zu internen <strong>und</strong> externen Bildungsmaßnahmen<br />
austauschen sowie Soforthilfen anbieten,<br />
sehr sinnvoll. Des Weiteren sollten die Beschäftigten<br />
über die Software einen Überblick über den Status<br />
quo ihrer eigenen Lernentwicklung sowie regelmäßig<br />
Angebote zu passenden Weiterbildungsmaßnahmen<br />
erhalten <strong>und</strong> ihre Seminarauswahl <strong>und</strong> -verwaltung<br />
online abwickeln. Um diese Anforderungen zu erfüllen,<br />
muss das Unternehmen über eine umfassende<br />
Kompetenzmanagementsoftware mit Skillprofilen<br />
aller Beschäftigten verfügen.<br />
4.3.3. Operatives Bildungsmanagement<br />
Im operativen Bildungsmanagement werden alle<br />
strategischen Vorgaben praktisch umgesetzt. Ein optimales<br />
operatives Bildungsmanagement ist systematisiert<br />
<strong>und</strong> strukturiert. Es bietet einen umfassenden<br />
Leistungskatalog an, beinhaltet die Beratung der Beschäftigten<br />
im Hinblick auf geeignete Bildungsmaßnahmen,<br />
beurteilt die Möglichkeiten <strong>und</strong> die Qualität<br />
interner Leistungserbringung <strong>und</strong> evaluiert externe<br />
Dienstleister.<br />
Das operative Bildungsmanagement tritt in beratender<br />
Funktion an die Seite der Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
unterstützt diese bei der Auswahl geeigneter Weiterbildungsmaßnahmen.<br />
Dabei werden alle Formen von<br />
Bildungsmaßnahmen analysiert <strong>und</strong> mit den Lernzielen<br />
abgeglichen, so dass der Mitarbeiter die Möglichkeit<br />
bekommt, sich im Rahmen flexibler Lernzeitmodelle<br />
fortzubilden.<br />
Um elastisch auf die Bedarfe des Unternehmens<br />
reagieren zu können, sollten Bildungsmaßnahmen,<br />
sofern strukturell möglich, auch intern abgewickelt<br />
werden. Wie bei externen Dienstleistern (siehe folgenden<br />
Absatz) müssen auch hier Maßnahmen der<br />
Qualitätskontrolle durchgeführt werden. Feste<br />
Standards für die fachliche <strong>und</strong> pädagogische Eignung<br />
derjenigen Mitarbeiter, die eine Lehrtätigkeit<br />
übernehmen, sollten definiert, die Lehrenden für<br />
den Zeitraum ihres Einsatzes von anderen Aufgaben<br />
freigestellt sein. Schließlich müssen angemessene<br />
Räumlichkeiten sowie qualitativ hochwertige <strong>und</strong><br />
didaktisch geprüfte Materialien durch den Betrieb zu<br />
Verfügung gestellt werden.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Auch externe Dienstleister müssen einem ausführlichen<br />
Qualitätsmanagementprozess unterzogen werden,<br />
der in regelmäßigen Abständen wiederholt wird.<br />
Voraussetzung dafür ist die schriftliche Fixierung der<br />
Anforderungen, die das Unternehmen an den Anbieter<br />
stellt. Es sollten im Sinne der Qualitätssicherung<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit immer mehrere Dienstleister<br />
evaluiert werden. Die Auftragsvergabe erfolgt erst<br />
nach persönlichem Kontakt mit dem Anbieter. Der<br />
Dienstleister muss im Rahmen eines eigenen Qualitätsmanagementsystems<br />
einwandfreie, pädagogisch<br />
geschulte Trainer einsetzen <strong>und</strong> ein internes Trainthe-Trainer-Konzept<br />
vorweisen. Bildungsmaßnahmen<br />
sind im Hinblick auf Inhalt, Länge <strong>und</strong> Form klar<br />
definiert <strong>und</strong> werden über einen formalen Nachweis<br />
abgeschlossen.<br />
Ein bedarfsgerechtes Angebot an Bildungsmaßnahmen<br />
wird im Sinne des Qualitätsmodells in die<br />
drei Bereiche ‚into the job‘, ‚on the job‘ <strong>und</strong> ‚off the<br />
job‘ unterteilt. Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche<br />
Einteilung, die in der Praxis so noch<br />
selten Anwendung findet.<br />
Bei Maßnahmen, die im Bereich ‚into the job‘ angeboten<br />
werden, handelt es sich um Leistungen des<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s, die das Unternehmen<br />
zur Rekrutierung <strong>und</strong> Integration neuer<br />
Mitarbeiter implementiert hat <strong>und</strong>/oder die Mitarbeiter<br />
beim Berufseinstieg in Anspruch nehmen können.<br />
Die Maßnahmen reichen von dem Vorhandensein<br />
entwicklungsorientierter Berufseinsteiger-Programme<br />
wie beispielsweise Trainee-Programmen <strong>und</strong> der<br />
strukturierten Zusammenarbeit mit Universitäten bis<br />
zur Förderung dualer Studiengänge oder der Corporate<br />
University.<br />
‚On the job‘-Maßnahmen umfassen alle Angebote des<br />
Unternehmens, die Beschäftigte direkt am Arbeitsplatz<br />
wahrnehmen können. Inbegriffen sind beispielsweise<br />
das Intranet, eLearning-Maßnahmen, Mentoring<br />
<strong>und</strong> Coaching sowie Lernplattformen.<br />
‚Off the job‘-Angebote dagegen schließen alle Bildungsleistungen<br />
ein, die der Beschäftigte nicht an<br />
seinem Arbeitsplatz abwickeln kann. Im Wesentlichen<br />
handelt es sich dabei um externe Seminare, Konferenzen,<br />
Workshops oder ein Studium.<br />
45<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
5. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />
Autorin: Magdalena Nowak, EuPD Research
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> ist eine gemeinsame<br />
Initiative von TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research.<br />
Er wird im Frühjahr 2013 verliehen – die Bewerbung<br />
steht allen Unternehmen <strong>und</strong> Organisationen ab<br />
dem 9. Mai <strong>2012</strong> offen. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />
versteht sich als breit angelegte Qualitätsinitiative zur<br />
Förderung nachhaltigen betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>s. Unterstützt wird der Deutsche<br />
<strong>Bildungspreis</strong> durch unsere Premiumpartner SP_Data<br />
<strong>und</strong> VEDA sowie unsere Partner avrami business<br />
communication, kursfinder.de <strong>und</strong> Wilhelm Büchner<br />
Hochschule. In der Öffentlichkeitsarbeit wird die Initiative<br />
von unseren Medienpartnern DIE WELT <strong>und</strong> der<br />
Haufe Gruppe getragen.<br />
5.1. Qualitätsmodell als Gr<strong>und</strong>lage<br />
Um bei der vergleichenden Bewertung verschiedener<br />
betrieblicher Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>systeme<br />
höchstmögliche Transparenz <strong>und</strong> Objektivität zu<br />
garantieren, liegt dem gesamten Bewerbungsprozess<br />
das wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> praxisvalidierte<br />
Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es zugr<strong>und</strong>e.<br />
Um dessen Aktualität <strong>und</strong> Anschlussfähigkeit<br />
laufend zu sichern, wird der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />
durch einen Beirat betreut, der führende Wissenschaftler,<br />
Repräsentanten renommierter Forschungsinstitute<br />
sowie Vertreter der Wirtschaft umfasst. Der<br />
Beirat wacht mit seiner Expertise über die Qualitätsstandards,<br />
die die Gr<strong>und</strong>lage des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
bilden, sichert die wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte<br />
Weiterentwicklung des Qualitätsmodells <strong>und</strong><br />
garantiert darüber hinaus die Validität des gesamten<br />
Bewerbungsprozesses. Die Mitglieder des Beirates<br />
begutachten <strong>und</strong> bewerten alle eingegangenen Bewerbungen<br />
<strong>und</strong> Analyseberichte der Finalr<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
bestimmen auf dieser Basis die jährlichen Gewinner.<br />
Zum Beirat des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es zählen:<br />
• Dr. Sascha Armutat, Deutsche Gesellschaft für<br />
Personalführung e. V.<br />
• Prof. Dr. Michael Gessler, Universität Bremen<br />
• Thomas Gruber, DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für<br />
Berufsbildung<br />
• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR bei<br />
McDonald‘s Deutschland Inc.<br />
• Prof. Dr. Ulrich Müller, Institut für Bildungsmanagement,<br />
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />
• Dr. Astrid Nelke, <strong>Deutscher</strong> Mittelstands-B<strong>und</strong><br />
(DMB) e.V.<br />
• Kirsten Rudolph, PQ GmbH, Paritätische Gesellschaft<br />
für Qualität <strong>und</strong> Management<br />
• André Schleiter, Wissenschaftlicher Beirat im ddn<br />
(Das Demographie Netzwerk)<br />
• Prof. Dr. Marc Solga, Universität Bochum<br />
5.2. Bewerbungsprozess<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> richtet sich an alle<br />
Unternehmen, Institutionen <strong>und</strong> Organisationen in<br />
Deutschland. Im Fokus stehen nicht nur diejenigen,<br />
die bereits ein Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
besitzen, sondern ganz gezielt auch Unternehmen,<br />
die sich bislang nur unsystematisch mit dem Thema<br />
auseinandergesetzt haben. Die Bewerbungsphase<br />
des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es wird auf der Personal<br />
Nord am 9. Mai gestartet.<br />
47<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Bildungspreis</strong><br />
48<br />
Um einen fairen Vergleich der eingegangenen<br />
Bewerbungen zu ermöglichen, wird der Deutsche<br />
<strong>Bildungspreis</strong> in unterschiedlichen Größenklassen<br />
<strong>und</strong> Branchenkategorien verliehen. Der Beirat des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es kann bei besonderen<br />
Leistungen <strong>und</strong> Projekten der Bewerber auf eigene<br />
Initiative Sonderpreise vergeben.<br />
• Gewerbe/Produktion – Großunternehmen<br />
• Gewerbe/Produktion – kleine/mittlere<br />
Unternehmen<br />
• Dienstleistung – Großunternehmen<br />
• Dienstleistung – kleine/mittlere Unternehmen<br />
• Innovationspreis<br />
Teilnehmen können Unternehmen,<br />
Organisationen, Institutionen <strong>und</strong><br />
Behörden aller Größen <strong>und</strong> Branchen.<br />
Die Teilnahme am Deutschen <strong>Bildungspreis</strong> ist zu<br />
jeder Zeit auf allen Bewerbungsstufen kostenfrei<br />
<strong>und</strong> lohnt sich:<br />
• Niedrigschwelliger Einstieg: an erster Stelle steht<br />
das Ausfüllen des Qualifizierungsbogens.<br />
• Alle Bewerber erhalten einen kostenlosen Benchmark<br />
des eigenen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />
sowie eine individuelle Stärken-Schwächen-<br />
Analyse.<br />
• In jeder der fünf Preiskategorien werden durch den<br />
Beirat drei Unternehmen für die Finalr<strong>und</strong>e bestimmt.<br />
Alle 15 Finalisten erhalten ein kostenloses<br />
Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>und</strong> können<br />
das dazugehörige Qualitätssiegel zwei Jahre<br />
lang nutzen.<br />
• Die Gewinner des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
werden auf der Konferenz <strong>und</strong> Preisverleihung des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es im Frühsommer 2013<br />
öffentlichkeitswirksam ausgezeichnet <strong>und</strong> durch<br />
die Medienpartner Haufe <strong>und</strong> DIE WELT aufmerksamkeitsstark<br />
kommuniziert.<br />
Schritt 1: Qualifizierungsbogen<br />
An erster Stelle des Bewerbungsprozesses steht das<br />
Ausfüllen des Qualifizierungsbogens. Dem Qualifizierungsbogen<br />
ist das Qualitätsmodell des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es hinterlegt. Alle Unternehmen, die<br />
den Qualifizierungsbogen ausgefüllt zurücksenden<br />
erhalten einen kostenlosen Benchmark im Vergleich<br />
mit der eigenen Branche <strong>und</strong> allen teilnehmenden<br />
Unternehmen.<br />
2. Schritt: Beirat wählt die Finalisten – Top 15 – aus<br />
Der wissenschaftliche Beirat des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />
begutachtet <strong>und</strong> bewertet alle eingegangenen<br />
Bewerbungen <strong>und</strong> wählt die jeweils drei Besten<br />
in den fünf Preiskategorien des Wettbewerbs für das<br />
umfassende Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
aus.<br />
Schritt 3: Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
der Finalisten<br />
Alle 15 Finalunternehmen erhalten jeweils ein kostenloses<br />
Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>.<br />
Das Audit wird durch die Experten des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es vor Ort in den Unternehmen durchgeführt.<br />
Es dauert einen Tag <strong>und</strong> wird anschließend<br />
in detaillierten Analyseberichten verschriftlicht. Hier<br />
werden ganz konkret besondere Stärken aber auch<br />
Optimierungspotenziale aufgezeigt <strong>und</strong> die Systeme<br />
auf diese Weise vergleichbar gemacht.<br />
4. Schritt: Beirat wählt die Gewinner der fünf Kategorien<br />
aus<br />
Die strukturierten Analyseberichte des Audits Bildungs-<br />
<strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> werden dem Beirat<br />
vorgelegt, der basierend darauf über die Vergabe<br />
der Preise mit einfacher Mehrheit entscheidet. Bei<br />
herausragenden Leistungen in bestimmten Bereichen<br />
steht es dem Beirat frei, Sonderpreise zu vergeben.<br />
5. Schritt: Preisverleihung<br />
Alle Finalisten erhalten kostenlosen Zugang zur<br />
Konferenz <strong>und</strong> Preisverleihung des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es.<br />
Die Gewinner werden publikumswirksam<br />
ausgezeichnet <strong>und</strong> in einer Anzeigenkampagne<br />
unserer Medienpartner beglückwünscht.<br />
6. Schritt: Revision des Qualitätsmodells<br />
Alle Erkenntnisse aus den Bewerbungen, Analyse<strong>und</strong><br />
Auditgesprächen fließen in das Qualitätsmodell<br />
zurück <strong>und</strong> garantieren so die Aktualität <strong>und</strong> den<br />
hohen Anspruch des Modells. Aktuelle Zahlen sowie<br />
alle weiterführenden Informationen werden im Jahrbuch<br />
„Bildungsmanagement 2013“ veröffentlicht.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
5.3. Initiatoren <strong>und</strong> Partner<br />
Auf folgenden Seiten finden Sie die Initiatoren des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es, inklusive Informationen<br />
zu den Partnern des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es.<br />
5.3.1. Initiatoren<br />
EuPD Research (S. 50)<br />
TÜV SÜD Akademie GmbH (S. 51)<br />
5.3.2. Partner<br />
Premiumpartner:<br />
• SP_Data GmbH & Co. KG (S. 52)<br />
• VEDA GmbH (S. 53)<br />
Partner:<br />
• avrami business communication (S. 54)<br />
• kursfinder.de (S. 55)<br />
• Wilhelm Büchner Hochschule (S. 56)<br />
5.3.3. Medienpartner<br />
Phase 6<br />
Revision des<br />
Qualitätsmodells<br />
Phase 5<br />
Preisverleihung<br />
April 2013<br />
Abb 4: Bewerbungsprozess<br />
Phase 1<br />
Qualifizierungsbogen<br />
Mai bis November <strong>2012</strong><br />
DBP<br />
Phase 4<br />
Beirat wählt die Gewinner<br />
der fünf Kategorien aus<br />
Phase 2<br />
Beirät wählt die<br />
Finalisten -Top 15- aus<br />
Phase 3<br />
Audit Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong><br />
der Finalisten<br />
DIE WELT (S. 57)<br />
Haufe Gruppe, wirtschaft + weiterbildung (S. 57)<br />
49<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Initiatoren<br />
Unternehmensprofil von<br />
EuPD Research<br />
50<br />
EuPD Research ist ein führendes internationales<br />
Forschungsunternehmen im Bereich der nachhaltigen<br />
Managementsysteme <strong>und</strong> der sauberen Technologien<br />
(CleanTech). EuPD Research stellt höchste Qualitätsansprüche<br />
an ihre Arbeit, macht Forschung effizient,<br />
transparent <strong>und</strong> intelligent.<br />
EuPD Research versteht sich als strategischer<br />
Partner ihrer K<strong>und</strong>en, liefert proaktiv <strong>und</strong> passgenau<br />
die Informationen, die der K<strong>und</strong>e benötigt, um seine<br />
Unternehmensziele zu erreichen. Dabei greift EuPD<br />
Research auf ein interdisziplinäres Expertennetzwerk<br />
zurück. Präzise Methoden, kritisches Hinterfragen<br />
<strong>und</strong> eine exzellente Branchenexpertise zeichnen die<br />
Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen von EuPD Research<br />
aus <strong>und</strong> liefern dem K<strong>und</strong>en einen messbaren Mehrwert.<br />
EuPD Research lebt die Prinzipien der Nachhaltigkeit.<br />
Nachhaltige Managementsysteme sind darauf ausgelegt,<br />
jede Form von Unternehmenskapital (Humankapital,<br />
natürliche <strong>und</strong> finanzielle Ressourcen) zu<br />
identifizieren <strong>und</strong> optimal zu nutzen, um langfristig<br />
Stakeholder <strong>und</strong> Shareholder Value zu generieren.<br />
EuPD Research I Sustainable Management unterstützt<br />
Unternehmen seit mehr als 10 Jahren dabei,<br />
nachhaltige Lösungen zu finden <strong>und</strong> zu implementieren.<br />
Dies geschieht auf Basis umfassender<br />
Primärforschung <strong>und</strong> unter Einbindung eines umfangreichen<br />
Netzwerks von Experten aus Praxis <strong>und</strong><br />
Wissenschaft. Damit garantiert EuPD Research die<br />
Anschlussfähigkeit <strong>und</strong> Effizienz ihrer Lösungen in<br />
der Praxis.<br />
EuPD Research besitzt langjährige Erfahrung <strong>und</strong><br />
umfangreiche Expertise in folgenden Bereichen:<br />
• Managementanalysen<br />
• Managementworkshops<br />
• Modellierung nachhaltiger Managementsysteme<br />
• Ausbildung <strong>und</strong> Schulung<br />
• Benchmarkingstudien<br />
• Auditierung/Zertifizierung<br />
• K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />
• Mitarbeiterzufriedenheit<br />
• Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsanalysen<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Unternehmensprofil der<br />
TÜV SÜD Akademie GmbH<br />
Akademie<br />
Ob Führungskraft, Sachbearbeiter oder Techniker:<br />
Die Weiterbildung aller Mitarbeiter muss angesichts<br />
von Fachkräftemangel <strong>und</strong> demografischen Wandel<br />
strategisch geplant <strong>und</strong> umgesetzt werden. Deshalb<br />
unterstützt die TÜV SÜD Akademie die Unternehmen<br />
mit Bildungsbedarfsanalyse, ganzheitlicher Weiterbildungsberatung<br />
sowie umfassenden <strong>und</strong> individuellen<br />
Bildungslösungen.<br />
Die TÜV SÜD Akademie bietet ein breites Weiterbildungsprogramm,<br />
das mehr als 400 Fortbildungsthemen<br />
aus den Bereichen Management, Medizin <strong>und</strong><br />
Technik umfasst. Gerade Zukunftsthemen wie Elektromobilität,<br />
Energiemanagement oder Medizintechnik<br />
stehen derzeit im Fokus. Das Seminarangebot ist<br />
jedoch nur eine Facette des Leistungsspektrums.<br />
Als Komplettanbieter im Bildungsmanagement unterstützt<br />
die TÜV SÜD Akademie Unternehmen zum Beispiel<br />
bei Personalentwicklungsplanung <strong>und</strong> Bildungsbedarfsanalyse,<br />
beim Anlegen von Kompetenzprofilen<br />
<strong>und</strong> Qualifizierungsplänen oder beim Aufbau eines<br />
modernen Bildungscontrollings <strong>und</strong> der Sicherung<br />
des Wissenstransfers.<br />
R<strong>und</strong> 110.000 Teilnehmer bildet die TÜV SÜD Akademie<br />
jährlich weiter. Die mehr als 10.000 Seminare<br />
werden durch r<strong>und</strong> 60 verschiedene Fachtagungen<br />
ergänzt.<br />
Sitz der TÜV SÜD Akademie ist München, 500 Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> mehr als 3.000 Trainer an mehr als 80<br />
Standorten weltweit sorgen für eine flächendeckende<br />
Präsenz.<br />
Beispiele für Kompetenz <strong>und</strong> Erfahrung:<br />
• Wissenschaftlich f<strong>und</strong>iert: Das Qualitätsmodell des<br />
Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist Gr<strong>und</strong>lage unserer<br />
Analyseangebote.<br />
• Methodenvielfalt: Neben Seminaren <strong>und</strong> Workshops<br />
konzipiert die TÜV SÜD Akademie zum Beispiel<br />
auch e-Learning-Angebote.<br />
• Neue Zielgruppen erreichen: In speziellen Programmen<br />
qualifiziert die Akademie ausscheidende Angehörige<br />
der B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> Absolventen großer<br />
Universitäten für den Arbeitsmarkt <strong>und</strong> bringt diese<br />
hochqualifizierten Zielgruppen mit Unternehmen<br />
zusammen.<br />
51<br />
Alle Seminare <strong>und</strong> Leistungen werden zudem in<br />
vielen Sprachen weltweit angeboten. Die Inhalte von<br />
k<strong>und</strong>enspezifischen Weiterbildungsprojekten werden<br />
dabei individuell gemeinsam mit dem Unternehmen<br />
entwickelt, um den besten Lernerfolg für die Mitarbeiter<br />
zu garantieren.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Premiumpartner<br />
Unternehmensprofil der<br />
SP_Data GmbH & Co. KG<br />
52<br />
Seit 1988 steht der Name SP_Data für Personalsoftware<br />
im Mittelstand. Weniger Administration, weniger<br />
Routinearbeiten, mehr Zeit für strategische Aufgaben.<br />
Ein klares Ziel, das durch modulare <strong>und</strong> intuitiv zu<br />
bedienende Software erreicht werden kann.<br />
Mit intelligenten, standardisierten Produkten bedient<br />
SP_Data die individuellen K<strong>und</strong>enanforderungen der<br />
Personalabteilungen in Deutschland. Mehr als 1.200<br />
K<strong>und</strong>en nutzen die SP_Data Personalabrechnung,<br />
Zeitwirtschaft, Personaleinsatzplanung <strong>und</strong> das Mitarbeiterportal.<br />
Zusammen mit dem SP_Data-Servicekonzept<br />
werden daraus maßgeschneiderte Softwarelösungen<br />
für jedes K<strong>und</strong>enprofil – unabhängig von<br />
Unternehmensgröße <strong>und</strong> Branche.<br />
Spezielle Branchen wie Theater- <strong>und</strong> Kulturbetriebe,<br />
Reedereien <strong>und</strong> Seefahrtsunternehmen, aber auch<br />
Baubetriebe sind eng mit dem Unternehmen verb<strong>und</strong>en.<br />
Gemeinsam wurden <strong>und</strong> werden Lösungen<br />
konzipiert, die innerhalb der HR-Softwarelandschaft<br />
nur selten in dieser Vielfalt zu finden sind.<br />
Kooperation <strong>und</strong> Teamgeist haben SP_Data über die<br />
Jahre groß <strong>und</strong> erfolgreich gemacht. Gemeinsam<br />
mit Partnern aus der Softwarebranche geht SP_Data<br />
neue, innovative Wege <strong>und</strong> baut permanent die starke<br />
Position im Markt aus.<br />
Die wertvollste Ressource jedes Unternehmens<br />
- die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter - steht bei<br />
SP_Data im Focus. Mitarbeiter sorgfältig auswählen,<br />
kompetenzorientiert weiterentwickeln <strong>und</strong> effizient<br />
einsetzen ist die Maxime <strong>und</strong> das Leitbild im Hause<br />
SP_Data.<br />
SP_Data überprüft regelmäßig die eigene Human-<br />
Ressource-Management-Strategie <strong>und</strong> optimiert Unternehmensprozesse<br />
im Hinblick auf die Motivation<br />
der Mitarbeiter <strong>und</strong> den Unternehmenserfolg. Unter<br />
Berücksichtigung sozialer Aspekte <strong>und</strong> Erfolgsfaktoren<br />
ist dies ein ständiger Prozess, der die Kultur <strong>und</strong><br />
Leistungsfähigkeit nachhaltig prägt.<br />
Die Philosophie des Gründers <strong>und</strong> Geschäftsführers<br />
hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren<br />
maßgeblich geprägt: mit dem entgegengebrachten<br />
Vertrauen eine große Verantwortung zu übernehmen<br />
– gleichermaßen für die Mitarbeiter <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en.<br />
Kompetente Mitarbeiter, die mit persönlichem Einsatz<br />
<strong>und</strong> lösungsorientiertem Service täglich ihr Bestes<br />
geben, zeichnen das Bild der SP_Data. Das Herforder<br />
Unternehmen gibt sich nicht damit zufrieden, auf<br />
aktuelle Marktanforderungen zu reagieren – SP_Data<br />
hat den Anspruch, die Zukunft des Personalwesens<br />
aktiv <strong>und</strong> signifikant mitzugestalten.<br />
Die Flexibilität der Software ist ein Markenzeichen:<br />
so steht der Name SP_Data für moderne Softwareentwicklung<br />
<strong>und</strong> langjährige Erfahrungen in<br />
der Personalwirtschaft. Das Unternehmen hat durch<br />
Zuverlässigkeit, Sorgfalt <strong>und</strong> Sensibilität in Bezug<br />
auf Datenschutz gezeigt, dass sich Qualität am Markt<br />
durchsetzt.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Unternehmensprofil von<br />
VEDA<br />
Mehr als nur Software – VEDA setzt Maßstäbe für<br />
K<strong>und</strong>enerfolg<br />
Seit 1977 ist VEDA ganzheitlicher Lösungsanbieter<br />
für die Bereiche Human Resources, Finance & Accounting<br />
<strong>und</strong> IT mit den Kompetenzen:<br />
• Consulting<br />
• Education & Training<br />
• Outsourcing<br />
• Individuelle Software-Anwendungen als<br />
Best Practice-Lösungen<br />
• Modernste IT-Infrastruktur-Lösungen<br />
VEDA analysiert Prozesse <strong>und</strong> Strukturen <strong>und</strong> gestaltet<br />
praxiserprobte, ganzheitliche Lösungen, die<br />
auf die Zielsetzung der K<strong>und</strong>en ausgerichtet sind.<br />
Ziel ist: Höhere Prozesseffizienz <strong>und</strong> -transparenz,<br />
Standardisierung oder Outsourcing von Prozessen,<br />
mehr Serviceorientierung, Kostensenkung – VEDA-<br />
Lösungen steigern nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>und</strong> den Unternehmenserfolg.<br />
Die ganzheitlichen Lösungen von VEDA decken die<br />
gesamte Wertschöpfungskette der personalwirtschaftlichen<br />
Handlungsfelder ab, von den operativen<br />
Handlungsfeldern wie der Entgeltabrechnung oder<br />
Zeitwirtschaft bis hin zu den strategischen wie dem<br />
Bildungs-, Kompetenz- oder <strong>Talentmanagement</strong>.<br />
Auf entscheidungsrelevante Informationen können<br />
Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskräfte jederzeit auch mobil<br />
zugreifen <strong>und</strong> Self-Services gestalten die Personalarbeit<br />
kosteneffizient.<br />
Themen sorgt VEDA mit individuellen Weiterbildungsszenarien<br />
für einen stets aktuellen Wissenstand der<br />
Mitarbeiter. Warum tut VEDA das Globalisierung,<br />
rasante technologische Entwicklungen, <strong>und</strong> Demografiewandel<br />
bedingen, dass Mitarbeiterwissen zum<br />
wichtigsten Wettbewerbsvorteil der Unternehmen<br />
wird. „Bildung“ ist USP, daher sind VEDA-Initiativen<br />
wie der „Deutsche <strong>Bildungspreis</strong>“ sehr wichtig, denn:<br />
Bei der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen geht<br />
es darum, zielgerichtet Strukturen <strong>und</strong> Prozesse zu<br />
schaffen, die Wissen auf allen Ebenen identifizier<strong>und</strong><br />
nutzbar machen <strong>und</strong> damit die Voraussetzungen<br />
schaffen, alle Potenziale zu erschließen <strong>und</strong> sie für<br />
die Herausforderungen der Zukunft zu nutzen.<br />
Diese komplexer werdenden Anforderungen lassen<br />
Beratung an Bedeutung gewinnen. Eine Prozessanalyse<br />
samt fachlich-konzeptioneller Beratung ist<br />
bei VEDA daher die Basis für jedes Projekt. VEDA-<br />
Consultants unterstützen K<strong>und</strong>en interdisziplinär mit<br />
professioneller Beratung nach einem ganzheitlichen<br />
Konzept:<br />
Der von VEDA entwickelte Beratungsansatz SHAPE<br />
(Sustainable Hands-on Analysis & Process Enhancement)<br />
definiert die wesentlichen Schritte im Prozess.<br />
Das Modell steht für nachhaltige, praxiserfahrene<br />
Analyse sowie konkret in Organisation <strong>und</strong> System<br />
umsetzbare Prozessverbesserung. K<strong>und</strong>en profitieren<br />
von effizienten, zuverlässigen <strong>und</strong> nahtlos integrierten<br />
Serviceleistungen.<br />
VEDA. Ganzheitliche Lösungen, individuell vernetzt in<br />
Ihrem Unternehmen.<br />
53<br />
Die permanente Weiterbildung der 150 VEDA-Mitarbeiter<br />
ist nicht nur im fachlichen Umfeld essenziell.<br />
Auch in den Themenbereichen Strategie, Projekt- <strong>und</strong><br />
Prozessmanagement oder in aktuellen Technologie-<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Partner<br />
Unternehmensprofil von<br />
avrami business communication<br />
54<br />
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“<br />
Aristoteles<br />
Seit mehr als 25 Jahren unterstützt avrami business<br />
communication Unternehmen bei der Qualifizierung<br />
von Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern in den Bereichen<br />
Sprachtraining <strong>und</strong> Kommunikation.<br />
Das Stichwort Internationalität bestimmt dabei das<br />
Trainingsportfolio <strong>und</strong> den Trainingsansatz.<br />
Das Angebot von avrami business communication<br />
deckt die Kompetenzfelder Fremdsprachen, interkulturelle<br />
Kompetenz <strong>und</strong> Soft Skills ab <strong>und</strong> ist auf<br />
die besonderen Herausforderungen internationaler<br />
Business Kommunikation fokussiert.<br />
Die große Stärke von avrami besteht darin, ganzheitliche<br />
Trainingslösungen nach dem avrami 3Dplus<br />
Modell anzubieten. Hierbei werden alle drei für das<br />
Kommunikationsverhalten relevanten Kompetenzen<br />
berücksichtigt <strong>und</strong> bedarfsspezifisch miteinander<br />
verknüpft.<br />
Die von avrami erstellten <strong>und</strong> umgesetzten Konzepte<br />
bieten international agierenden Unternehmen somit<br />
einen besonderen Mehrwert.<br />
Ein umfangreicher Expertenpool <strong>und</strong> ein hoher Anspruch<br />
an die Qualität der Trainings-, Beratungs- <strong>und</strong><br />
Serviceleistungen zeichnen avrami als erfolgreichen<br />
Partner international agierender Unternehmen aus.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
kursfinder<br />
de<br />
BERUFLICHE WEITERBILDUNG<br />
Unternehmensprofil von<br />
kursfinder.de<br />
Die Mission der international tätigen Educations.com<br />
Media Group ist seit 10 Jahren klar im Blick: Menschen<br />
weltweit dabei zu helfen, die richtige Bildungsmaßnahme<br />
zu finden, motiviert inzwischen über 100<br />
Mitarbeiter aus 10 Nationen. So finden heute jeden<br />
Monat über 1,3 Millionen Bildungsinteressierte in<br />
Deutschland, Skandinavien, den Niederlanden <strong>und</strong><br />
Großbritannien auf 15 offenen <strong>und</strong> einer Vielzahl<br />
firmenindividueller Portale die passende Bildungsmaßnahme<br />
für ihre persönliche Situation.<br />
Im Geschäftsbereich für berufliche Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
dreht sich dabei alles um die Frage: Wie<br />
finden Fachkräfte, Personalentwickler, Team- <strong>und</strong><br />
Gruppenleiter schnell Zugang zu den relevanten<br />
Informationen, die für eine sinnvolle Entscheidung<br />
notwendig sind – <strong>und</strong> die vor allem in einer aufbereiteten<br />
Form, wie sie für einen effektiven Vergleich<br />
unabdingbar ist<br />
Für ganz individuelle Situationen steht das Team persönlich<br />
mit einem Rechercheservice zur Verfügung.<br />
Wie können in Organisationen Zeit <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />
Kapazitäten für das strategische Bildungsmanagement<br />
freigesetzt werden Wie kann die operative<br />
Weiterbildungsorganisation auf effiziente Art die<br />
Qualitätssicherung in der Personalentwicklung unterstützen<br />
Mit firmenindividuellen Portalen – integriert<br />
in bestehende Intranet, HR- <strong>und</strong> Einkaufslösungen<br />
– bildet die Educations.com Media Group Auswahl-,<br />
Genehmigungs-, Buchungs-, Abrechnungs- <strong>und</strong><br />
Feedbackprozesse ab. Auf dieser Basis entstehende<br />
Detailauswertungen lassen umfassende Optimierungen<br />
zu, die ohne eine zentrale Bündelung nicht<br />
sichtbar würden.<br />
55<br />
Fakten wie das Bildungsziel, der verfügbare Zeit- <strong>und</strong><br />
Budgetrahmen, die sinnvollste Art <strong>und</strong> der Ort der<br />
Durchführung sind dabei Eckpfeiler zur Orientierung<br />
– eine gute Auswahl bezieht immer auch den individuellen<br />
Kontext der Teilnehmer mit ein. kursfinder.de<br />
als deutsche Business Unit antwortet mit vielfältigen<br />
Filterkriterien in der Online-Suchmaschine, einem<br />
übersichtlichen Vergleich passender Alternativen <strong>und</strong><br />
liefert mit Bewertungen ehemaliger Teilnehmer der<br />
Maßnahmen wertvolle Hinweise für die richtige Wahl.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Partner<br />
Unternehmensprofil von<br />
Wilhelm Büchner Hochschule<br />
56<br />
Technische Hochschulabschlüsse neben dem Beruf<br />
Mit über 5.000 Studierenden ist die staatlich anerkannte<br />
Wilhelm Büchner Hochschule die größte<br />
private Hochschule für Technik in Deutschland. Das<br />
Studienangebot der in Pfungstadt bei Darmstadt<br />
ansässigen Fernhochschule richtet sich schwerpunktmäßig<br />
an Berufstätige. Es umfasst Bachelor-<br />
<strong>und</strong> Masterstudiengänge in den Fachrichtungen<br />
Informatik, Elektro- <strong>und</strong> Informationstechnik, Mechatronik,<br />
Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen <strong>und</strong><br />
Technologiemanagement. Ebenfalls zum Studienprogramm<br />
gehören akademische Weiterbildungen sowie<br />
Kurzstudiengänge.<br />
Die Wilhelm Büchner Hochschule entwickelt ihre Studiengänge<br />
in Kooperation mit Wirtschaft <strong>und</strong> Partnerhochschulen<br />
<strong>und</strong> bietet aktuelle, marktgerechte <strong>und</strong><br />
zukunftsorientierte Studieninhalte. Neben technischem<br />
Fachwissen werden auch fachübergreifende<br />
Kompetenzen wie Betriebswirtschaft, Führung <strong>und</strong><br />
Kommunikation vermittelt. Absolventen sind dadurch<br />
in der Lage, komplexe Projekte oder ganze Unternehmensbereiche<br />
zu führen.<br />
Das Erfolgsrezept der Wilhelm Büchner Hochschule<br />
liegt in ihrem Service-Anspruch <strong>und</strong> in ihrem flexiblen<br />
Fernstudienkonzept: Jeder Studierende bestimmt<br />
den Beginn des Studium sowie das Studientempo<br />
selbst <strong>und</strong> entscheidet, wann <strong>und</strong> wo er lernt. Dies<br />
ist möglich durch den Online-Campus „StudyOnline“,<br />
durchgehende persönliche Studienbetreuung, schnell<br />
erreichbare Tutoren sowie ein aktives Netzwerk aus<br />
Studierenden, Professoren <strong>und</strong> Tutoren. Zertifizierungen<br />
nach ISO 9001, ISO 29990 <strong>und</strong> PAS 1037 sowie<br />
die Akkreditierung der Studiengänge nach den Qualitätsrichtlinien<br />
des deutschen Akkreditierungsrates<br />
belegen die hohen Qualitäts- <strong>und</strong> Servicestandards.<br />
Seit mehreren Jahren prämiert die Fernhochschule<br />
ausgewählte Abschlussarbeiten ihrer Absolventen mit<br />
dem Börje-Holmberg-Förderpreis <strong>und</strong> honoriert die<br />
Entwicklung innovativer Lösungen in Kombination mit<br />
fachlicher Expertise. Außerdem zeichneten die Gesellschaft<br />
für Informatik sowie der Branchenverband<br />
Forum DistancE-Learning bereits mehrere Studierende<br />
der Wilhelm Büchner Hochschule aus.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Medienpartner<br />
Kurzprofile<br />
DIE WELT ist die moderne Medienmarke für<br />
Qualitätsjournalismus.<br />
Die überregionale Tageszeitung aus Berlin zählt zu<br />
den führenden Zeitungen Europas. DIE WELT bietet<br />
klar strukturierte Nachrichten, Hintergr<strong>und</strong>informationen,<br />
Analysen <strong>und</strong> Kommentare.<br />
wirtschaft + weiterbildung<br />
Das Magazin für Führung, Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> e-Learning.<br />
wirtschaft + weiterbildung ist das richtungsweisende<br />
Fachmagazin für alle, die Menschen in Unternehmen<br />
voranbringen wollen.<br />
Sie ist bekannt für Ihre exzellenten Politik-/Wirtschafts-<br />
<strong>und</strong> Finanznachrichten, sowie für starke<br />
Kommentare <strong>und</strong> Analysen preisgekrönter Autoren<br />
wie zum Beispiel Henryk M. Broder, Benjamin von<br />
Stuckrad-Barre, Wolfgang Zippert, Alan Posener oder<br />
Ulf Poschardt.<br />
Das Fachmagazin stellt die wichtigsten Trends <strong>und</strong><br />
Methoden in Führung, Personalentwicklung <strong>und</strong><br />
e-Learning auf den Prüfstand, bewertet diese aus<br />
Sicht der Praxis <strong>und</strong> gibt konkrete Umsetzungstipps.<br />
So bleiben Sie über alle relevanten Entwicklungen<br />
auf dem Laufenden <strong>und</strong> erweitern Monat für Monat<br />
Ihre Weiterbildungs- <strong>und</strong> Managementkompetenz.<br />
57<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
5.4. Ausblick<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will als gesamtgesellschaftliche<br />
Initiative die betriebliche Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />
in Deutschland stärken. Wie sich in vielen<br />
Interviews gezeigt hat, besteht hier in der Praxis noch<br />
großer Handlungsbedarf. Zwar geben Unternehmen<br />
von Jahr zu Jahr mehr Geld für die betriebliche Bildung<br />
aus, doch fehlt es oft noch an einem einheitlichen<br />
Gr<strong>und</strong>verständnis, was überhaupt erreicht werden soll.<br />
Eine Erfolgskontrolle findet kaum statt, es fehlt an der<br />
richtigen Einbettung der Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />
in den Unternehmen. Bildung ist für die Unternehmen<br />
bislang noch selten Führungs- oder Wettbewerbsthema.<br />
Vor allem den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
fehlt es an einem Gr<strong>und</strong>verständnis dafür, dass<br />
Bildung <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> strategische Zukunftsthemen<br />
sind.<br />
58<br />
Die großen Herausforderungen, die der globale<br />
Wettbewerb <strong>und</strong> die demografische Entwicklung an<br />
die Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft stellen, können aber<br />
kaum von einem Unternehmen alleine gemeistert<br />
werden – es bedarf der gemeinsamen Anstrengung<br />
aller Akteure. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will hierzu<br />
einen Beitrag leisten, indem er in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung die betriebliche Bildung als gleichberechtigte<br />
dritte Säule neben der schulischen <strong>und</strong><br />
universitären Ausbildung etabliert. Gezielt soll auch<br />
der Austausch zwischen den Unternehmen, den<br />
Bildungsdienstleistern sowie der Politik gefördert<br />
werden, um durch gemeinsame Projekte optimale<br />
Rahmenbedingungen zu schaffen <strong>und</strong> gesamtgesellschaftlich<br />
wertvolle Synergien zu heben.<br />
Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will besonders gelungene<br />
betriebliche Bildungssysteme identifizieren <strong>und</strong> Unternehmen<br />
so Anregungen zur Umsetzung im eigenen<br />
Unternehmen geben. Durch das gemeinsam mit<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis erarbeitete Qualitätsmodell<br />
stellt der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> zum ersten Mal einen<br />
einheitlichen Rahmen für die Bewertung <strong>und</strong> Optimierung<br />
bestehender Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>ansätze<br />
bereit.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
59
6. Auszug aus Interviews mit<br />
führenden Experten
Interviews mit führenden<br />
Bildungsexperten aus Wissenschaft,<br />
Verbänden <strong>und</strong> Instituten<br />
• Dr. Sascha Armutat, (S. 62|63) -<br />
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />
• Prof. Dr. Michael Gessler (S. 64|65) -<br />
Universität Bremen<br />
• Thomas Gruber, (S. 66|69) -<br />
DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />
• Prof. Dr. Wolfgang Jäger, (S. 70|71) -<br />
Hochschule RheinMain<br />
• Prof. Dr. Ulrich Müller, (S. 72|73) -<br />
Institut für Bildungsmanagement,<br />
Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />
• André Schleiter, (S. 74|77) -<br />
Wissenschaftlicher Beirat im ddn<br />
(Das Demographie Netzwerk)<br />
• Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider (S. 78|81) -<br />
Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />
IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit<br />
GmbH<br />
• Prof. Dr. Marc Solga, (S. 82|85) -<br />
Universität Bochum<br />
• Thomas Kirchenkamp, (S. 86|87) -<br />
Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Interviews mit führenden<br />
HR-Experten<br />
• Dennis Dennert, Pressesprecher,<br />
Markus Lecke, Leiter Team Bildungspolitik -<br />
Deutsche Telekom (S. 88|91)<br />
• Michael Backes, Leiter Personalentwicklung,<br />
Thomas Bauer, Leiter Personalplanung/-gewinnung<br />
<strong>und</strong> Organisation -<br />
Emschergenossenschaft/Lippeverband (S. 92|95)<br />
• Heike Glock, Mitarbeiterentwicklung -<br />
Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />
(S. 96|97)<br />
• Klaus Schöneberger, Leiter Personalentwicklung,<br />
Matthias Wendler, Bereich Personalentwicklung -<br />
GOTHAER Versicherung (S. 98|101)<br />
• Cornelia Andresen, HR Integrated Services Team<br />
IBM, Ralf Essigke, Managing Learning Consultant<br />
IBM, Johannes Förderreuther, IBM Global Business<br />
Service, Alike Pietsch, Leader IMT Germany Skill<br />
Development Center IBM - IBM (S. 102|105)<br />
• Mattias Säker, CEO, Fredrik Högemark, CIO -<br />
Kursfinder.de (S. 106|109)<br />
• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR -<br />
McDonald‘s Deutschland Inc. (S. 110|111)<br />
• Karl-Heinz Böhle, Leiter Personaleinsatz,<br />
Silke Gloss, Referentin Führungskräfteentwicklung<br />
- Rheinenergie AG (S. 112|115)<br />
• Raphaele Rose, Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung -<br />
SP_Data GmbH & Co. KG (S. 116|117)<br />
• Dr. Veit Echterhoff, Bildungspolitik/Bildungscontrolling,<br />
Dr. Werner Mölders, Leitender Werksarzt -<br />
ThyssenKrupp Steel Europe AG (S. 118|119)<br />
• Thomas Lindt, Director Product Management -<br />
VEDA GmbH (S. 120|121)<br />
61<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Dr. Sascha Armutat<br />
Leiter Forschung <strong>und</strong> Themen<br />
DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />
Experteninterview mit der DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />
Thema: Die Anker der Qualität<br />
62<br />
Inwieweit ist Bildungsmanagement bereits in der<br />
deutschen Wirtschaft implementiert<br />
Dr. Sascha Armutat: Das ist sehr unterschiedlich<br />
<strong>und</strong> hängt oft eng mit der Größe der Unternehmen<br />
zusammen. Großunternehmen <strong>und</strong> Konzerne sind<br />
häufig schon sehr gut aufgestellt, beschäftigen viele<br />
Mitarbeiter im Bildungsbereich <strong>und</strong> haben eigene<br />
Corporate Universities. Bei kleinen <strong>und</strong> mittelständischen<br />
Unternehmen ist das in der Regel anders, weil<br />
die Ressourcen für eine derart intensive Bearbeitung<br />
des Themas schlicht nicht zur Verfügung stehen.<br />
Aber gerade bei diesen Unternehmen beobachten<br />
wir auch viel Kreativität <strong>und</strong> Engagement. Auch mit<br />
geringen Mitteln kann man sehr viel erreichen, wenn<br />
sie strategisch gut eingesetzt werden.<br />
Was kann ein Qualitätsmodell im Bildungsmanagement<br />
für die Unternehmen leisten<br />
Dr. Sascha Armutat: Die Einführung eines Standards<br />
ist nicht unproblematisch. Einerseits kann es<br />
Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung für die Unternehmen sein<br />
<strong>und</strong> einen gewissen Rahmen vorgeben. Besonders<br />
bei Prozessen <strong>und</strong> Struktur kann ein Standard sehr<br />
sinnvoll sein. Andererseits ist die jeweilige unternehmensspezifische<br />
Anpassung des Bildungsmanagements<br />
sehr wichtig. Unternehmen müssen die<br />
für sich passenden strategiekonformen Lernformen<br />
anbieten. Die Maßnahmen müssen zur Kultur <strong>und</strong><br />
zu den Zielen des Unternehmens passen. Da gibt es<br />
keine Vorgaben, das muss jedes Unternehmen für<br />
sich selbst entwickeln.<br />
Was bedeutet für Sie Qualität im<br />
Bildungsmanagement<br />
Dr. Sascha Armutat: Diese Frage kann man nur<br />
sehr schwer konkret beantworten. Vielmehr sollte<br />
man überlegen, was eigentlich die Anker der Qualität<br />
eines Systems im Allgemeinen sind. Aus den<br />
gängigen Qualitätsmanagementansätzen wie den<br />
DIN-Normen oder EFQM kann man gute Ansätze<br />
entnehmen. Meiner Meinung nach sollte man zuerst<br />
die entsprechenden Zielgruppen des Bildungsmanagements<br />
identifizieren <strong>und</strong> überlegen, wie sie am<br />
besten angesprochen werden können. Dann sollte<br />
sichergestellt werden, dass alle Akteure des Bildungsmanagements<br />
in der Lage sind, ihre Aufgaben<br />
optimal zu erfüllen. Das betrifft die Ausstattung mit<br />
Ressourcen, aber auch die Qualifikation <strong>und</strong> die Erfahrung<br />
der Mitarbeiter. Und schließlich müssen die<br />
Abläufe festgelegt, regelmäßig geprüft <strong>und</strong> optimiert<br />
werden. Das sind die drei wichtigsten Gr<strong>und</strong>lagen<br />
für eine hohe Qualität in einem Bildungsmanagementsystem.<br />
Im Unternehmen ist zudem ein starker<br />
Bezug zur Unternehmensstrategie entscheidend. Aus<br />
der Strategie für die nächsten Jahre muss abgeleitet<br />
werden, welche Kompetenzen relevant sind bzw. in<br />
Zukunft werden. Bei jeder geplanten Bildungsmaßnahme<br />
muss dann klar sein, welchen strategischen<br />
Impact sie bedient. Denn ich kann nur messen, ob<br />
eine Maßnahme erfolgreich war, wenn vorher ein<br />
entsprechendes Ziel definiert wurde.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Wie sollte das Bildungsmanagement im<br />
Unternehmen eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vernetzt sein<br />
Dr. Sascha Armutat: Das Bildungsmanagement hat<br />
zahlreiche Schnittstellen – sei es in die Personalentwicklung<br />
oder in den HR-Bereich insgesamt, in die<br />
Organisationsentwicklung oder ins Controlling. Wichtig<br />
ist, hier keine Trennung vorzunehmen, sondern<br />
die Aufgaben <strong>und</strong> Ziele der einzelnen Bereiche so zu<br />
integrieren, dass sie optimal ineinandergreifen. Am<br />
augenscheinlichsten ist das bei der Integration in andere<br />
Personalprozesse, zum Beispiel in die Nachfolgeplanung.<br />
Hier müssen Personalentwicklungsstrategien<br />
<strong>und</strong> die Weiterbildung zusammenwirken, um die<br />
langfristige Sicherung wichtiger Schlüsselpositionen<br />
zu gewährleisten.<br />
Was kann ein Unternehmen tun, um den Austausch<br />
zwischen diesen verschiedenen Bereichen<br />
zu verbessern<br />
Dr. Sascha Armutat: Da gilt das Gleiche wie in den<br />
meisten anderen Situationen im Unternehmensalltag<br />
auch: Kommunikation! Damit meine ich nicht nur,<br />
miteinander zu reden. Das ist auch wichtig, keine<br />
Frage. Am Ende sind es schließlich die Menschen in<br />
den einzelnen Abteilungen, die im Austausch miteinander<br />
stehen. Aber das Unternehmen kann schon<br />
in den Prozessen wichtige Kommunikationsschritte<br />
festlegen, die einen solchen Austausch garantieren.<br />
So kann ein Unternehmen zum Beispiel bestimmte<br />
interne Kennzahlen aus dem Bildungsmanagement<br />
festgelegen <strong>und</strong> regelmäßig einmal im Monat an alle<br />
Führungskräfte schriftlich kommunizieren. Und es<br />
sollte klar darlegen, welche unternehmensrelevanten<br />
Informationen aus dem Bereich Bildung in strategischen<br />
Entscheidungen berücksichtigt werden. Das<br />
kann helfen, die Zusammenhänge allen Mitarbeitern<br />
klar zu machen <strong>und</strong> so ein Verständnis für den hohen<br />
Stellenwert von Wissen <strong>und</strong> Bildung im Unternehmen<br />
zu schaffen.<br />
63<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Prof. Dr. Michael Gessler<br />
Berufliche Bildung <strong>und</strong> Berufliche Weiterbildung<br />
Universität Bremen<br />
Experteninterview mit der Universität Bremen<br />
Thema: Bildungsmanagement in der betrieblichen Praxis<br />
64<br />
Wie würden Sie den Status quo betrieblichen<br />
Bildungsmanagements in Deutschland beschreiben<br />
Prof. Michael Gessler: Es existiert eine Diskrepanz<br />
zwischen dem, was die Unternehmen in diesem<br />
Bereich erreichen wollen <strong>und</strong> dem, was sie bislang<br />
getan haben. Ich verweise auf die SCIL-Trendstudie<br />
der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2010. Viele<br />
Teilbereiche des betrieblichen Bildungsmanagements<br />
sind in Deutschland schon sehr gut umgesetzt,<br />
andere sind noch im Aufbau, wie beispielsweise<br />
das Transfermanagement. Es besteht auf jeden Fall<br />
Handlungsbedarf.<br />
In der betrieblichen Praxis werden Begriffe wie<br />
Personalentwicklung, Bildungsmanagement,<br />
<strong>Talentmanagement</strong> <strong>und</strong> Kompetenzmanagement<br />
oft synonym verwendet. Wo sehen Sie den<br />
Unterschied<br />
Prof. Michael Gessler: Man sollte die Begriffe nicht<br />
wahllos parallel verwenden, sondern sich für eine<br />
Begrifflichkeit <strong>und</strong> damit eine programmatische Aussage<br />
entscheiden. Bildungsmanagement ist ein eher<br />
klassischer Begriff, der am wenigsten einer Mode<br />
unterliegt <strong>und</strong> sehr umfassend ist. Kompetenzmanagement<br />
<strong>und</strong> Personalentwicklung beschreiben gut<br />
betriebliche Handlungsfelder. <strong>Talentmanagement</strong> ist<br />
wiederum ein Begriff, der spätestens seit dem Buch<br />
„The War for Talent“ von Michaels, Handfield-Jones<br />
<strong>und</strong> Axelrod eine hohe Aufmerksamkeit genießt <strong>und</strong><br />
sehr wettbewerbsorientiert ausgerichtet ist. Alternativ<br />
könnte statt Kompetenzmanagement, Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> auch der<br />
Oberbegriff verwendet werden – Human Resource<br />
Management. Dann werden nicht einzelne Segmente<br />
angesprochen, sondern die Summe personalpolitischer<br />
Maßnahmen. Die Frage ist, wen man adressieren<br />
möchte <strong>und</strong> auf welche Aspekte sich der Focus<br />
richten soll.<br />
Wo sehen Sie im Bildungsmanagement die<br />
größten Unterschiede zwischen KMU <strong>und</strong><br />
Großunternehmen<br />
Prof. Michael Gessler: Ein inhaltlicher Maßstab,<br />
der für Großunternehmen sinnvoll wäre, kann nicht<br />
ohne Weiteres auf KMU übertragen werden. KMU<br />
wenden eigene, ihren Bedürfnissen entsprechende<br />
Problemlösungen an. Die ISO 9001 beispielsweise<br />
trägt dem Rechnung. Qualität wird nicht inhaltlich,<br />
sondern formal definiert. Auf diese Weise haben KMU<br />
die Freiheit, sich eines Problems in der inhaltlichen<br />
Weise anzunehmen, die sie für die geeignetste halten.<br />
Maßnahmen sind adaptierbar. Der größte sichtbare<br />
Unterschied zwischen KMU <strong>und</strong> Großunternehmen<br />
besteht im Angebot: Laut der dritten Erhebung zur<br />
betrieblichen Weiterbildung, der CVTS3, bieten nur<br />
44 Prozent der deutschen Kleinunternehmen mit 10<br />
bis 19 Beschäftigten Kurse an, während bei Großunternehmen<br />
mit mehr als 1.000 Beschäftigten nahezu<br />
jedes Unternehmen Kurse anbietet. In Kleinunternehmen<br />
sind Mitarbeiter schwerer entbehrlich, die<br />
Finanzierung ist eng, der Bedarf muss offenk<strong>und</strong>ig<br />
sein <strong>und</strong> professionelle administrative Unterstützung<br />
ist selten. Betriebliche Weiterbildung ist damit viel<br />
stärker am täglichen Bedarf orientiert. Großunternehmen<br />
agieren hierbei strategischer.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Wo weichen Unternehmen häufig vom idealen<br />
betrieblichen Bildungsmanagement ab<br />
Prof. Michael Gessler: Neben dem Transfermanagement<br />
wäre das insbesondere die Ausrichtung des<br />
Bildungsmanagements an der Unternehmensstrategie.<br />
Zum Transfermanagement noch ein Wort:<br />
Weiterbildung steht oftmals in der Kritik, keine<br />
Wirkung zu produzieren. Dahinter stehen verschiedene<br />
Probleme: Den Nutzen zu quantifizieren ist nicht<br />
leicht. Berechnen lässt sich ein Return on Investment<br />
ohne Probleme, die Frage ist nur, wie gesichert <strong>und</strong><br />
wahrheitsgemäß die entsprechenden Zahlen sind. In<br />
einer Krise stellt sich der ROI beispielsweise anders<br />
dar als im konjunkturellen Aufschwung. Solche Effekte<br />
monetär zu isolieren, ist wie ein Glasperlenspiel.<br />
Die Nutzendarstellung schwankt damit zwischen<br />
vermeintlich harten Zahlen <strong>und</strong> vollkommener Unwissenheit.<br />
Hier liegt eine große Aufgabe. Insgesamt<br />
wäre eine ehrlichere Sichtweise wünschenswert –<br />
auch bei den Kritikern. Ein anderes Problem stellt der<br />
Arbeitskontext dar, der einen aktiven Transfer des<br />
Gelernten nur selten fördert. Hier müssten insbesondere<br />
Vorgesetzte mehr Verantwortung übernehmen.<br />
Die Aspekte ließen sich weiter ausdifferenzieren. Von<br />
einem Ideal sind wir weit entfernt. Darum geht es<br />
meines Erachtens aber auch nicht. Es geht vielmehr<br />
um den sachgerechten Umgang mit Realitäten <strong>und</strong><br />
die Nutzung von Chancen.<br />
Welche Zielgruppen sollten im Fokus des<br />
betrieblichen Bildungsmanagements stehen<br />
Prof. Michael Gessler: Die Zielgruppen sollten aus<br />
der Unternehmensstrategie abgeleitet werden.<br />
Absolut ist das schlecht zu beantworten. In der<br />
Zukunft werden ältere Mitarbeiter sicherlich eine<br />
größere Rolle spielen. Im Augenblick sind diese noch<br />
unterrepräsentiert <strong>und</strong> haben selten Zugang zur<br />
betrieblichen Weiterbildung. Warum dies so ist, liegt<br />
meiner Meinung nach an einer massiven Fehlannahme:<br />
Entsprechende Investitionen würden sich<br />
nicht lohnen. Eine beliebte Ausrede ist dann, ältere<br />
Mitarbeiter könnten nicht mehr lernen. Beides ist<br />
Unsinn. Es stimmt allerdings, dass einem Menschen<br />
das Lernen schwer fällt, wenn er keine Gelegenheiten<br />
erhält <strong>und</strong> keine Anlässe bestehen. Das ist keine<br />
Frage des Alters.<br />
Welche Bedeutung haben externe Dienstleister<br />
für das Bildungsmanagement<br />
Prof. Michael Gessler: Interne <strong>und</strong> externe Bildungsdienstleister<br />
sind gleichermaßen wichtig. Das hat den<br />
einfachen Gr<strong>und</strong>, dass bei internen Veranstaltungen<br />
innerbetriebliche Vorgänge auf den Prüfstand gestellt<br />
werden. Die Teilnehmer erfahren oftmals Dinge, deren<br />
sie sich nicht bewusst waren. Bei externen Veranstaltungen<br />
wiederum erweitern die Mitarbeiter durch<br />
den Austausch mit Anderen ihren Horizont, erhalten<br />
einen Benchmark <strong>und</strong> erleben, wohin die Reise in<br />
ihrer Branche geht. Interne Veranstaltungen können<br />
natürlich auch von externen Bildungsdienstleister<br />
durchgeführt werden <strong>und</strong> interne Bildungsdienstleister<br />
können auch extern unterwegs sein. Stärken<br />
haben beide Dienstleister. Es geht um eine sinnvolle<br />
Mischung.<br />
65<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Thomas Gruber<br />
DEQA-VET<br />
B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />
Experteninterview mit dem Leiter von DEQA-VET<br />
Thema: Der Status quo der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in Deutschland<br />
66<br />
Wie ist der Status quo des betrieblichen<br />
Bildungsmanagements in Deutschland<br />
Thomas Gruber: Betrachtet man die Situation des<br />
betrieblichen Bildungsmanagements in Deutschland,<br />
so ergibt sich ein uneinheitliches Bild: Dies lässt sich<br />
darauf zurückführen, dass Form <strong>und</strong> Umfang von<br />
„Bildungsmanagement“ sehr stark von der Größe<br />
eines Betriebes abhängig sind <strong>und</strong> sich dazu je nach<br />
Art der beruflichen Bildung – Erstausbildung oder<br />
Weiterbildung – stark voneinander unterscheiden.<br />
Man wird sehen, dass größere mittelständische Unternehmen<br />
sowie Großunternehmen im Rahmen ihrer<br />
Personalrekrutierung Bildungsmanagement im Sinne<br />
der Qualitätssicherung der Personalentwicklung als<br />
ein Feld ihres unternehmerischen Handelns entdeckt<br />
haben <strong>und</strong> nutzen. Kleinst- <strong>und</strong> kleinere mittelständische<br />
Betriebe, die immerhin ca. 60 Prozent der<br />
Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, halten<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich kein eigenes Bildungsmanagement vor.<br />
Gegenüber den zuständigen Stellen sind sie jedoch<br />
verpflichtet, den Nachweis der Ausbildungsfähigkeit<br />
sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht<br />
zu erbringen. In diesem Sinne unterliegt ein Ausbildungsbetrieb<br />
der Kontrolle der jeweiligen Kammer,<br />
die über die Ausbildungsfähigkeit des Betriebes<br />
befindet.<br />
Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren<br />
für die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
Thomas Gruber: Neben zahlreichen Verordnungen<br />
<strong>und</strong> Gesetzen des B<strong>und</strong>es, zum Beispiel des Schutzes<br />
der Jugend, gibt es für den Bereich der betrieblichen<br />
Ausbildung das Berufsbildungsgesetz (BBiG),<br />
welches national verbindliche Mindeststandards für<br />
die Erstausbildung erklärt. Dies stellt sicher, dass die<br />
Abschlüsse der Erstausbildung in ganz Deutschland<br />
vergleichbar <strong>und</strong> akzeptiert sind. An der Entwicklung<br />
der Ausbildungsordnungen sind B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong><br />
Sozialpartner beteiligt. Die Rahmenlehrpläne der<br />
Länder für die berufsbildenden Schulen basieren auf<br />
den Ausbildungsordnungen <strong>und</strong> ermöglichen so das<br />
Zusammenwirken von Betrieb <strong>und</strong> Schule im dualen<br />
System. Dadurch wird erreicht, dass auch die Bedürfnisse<br />
der Wirtschaft berücksichtigt werden <strong>und</strong> somit<br />
bedarfsorientiert ausgebildet wird. Für Maßnahmen,<br />
unter anderem auf Gr<strong>und</strong>lage des Sozialgesetzbuches,<br />
hat sich seit 2004 die Allgemeine Zulassungsverordnung<br />
für Weiterbildung (AZWV, ab 01.04.<strong>2012</strong><br />
AZAV) etabliert. Zudem regeln die Länder im Rahmen<br />
ihrer Kulturhoheit eine Vielzahl von Bildungsgängen<br />
außerhalb des dualen Systems, zum Beispiel Ges<strong>und</strong>heitsberufe<br />
<strong>und</strong> Altenpflege.<br />
Wie funktioniert die Qualitätssicherung in dem<br />
Bereich Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
Thomas Gruber: Aus Sicht einer nationalen Referenzstelle<br />
für Qualitätssicherung der beruflichen Bildung<br />
ist zu konstatieren, dass es keine einheitliche Qualitätssicherung<br />
der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in Deutschland<br />
gibt. Die Formen der Qualitätssicherung sind<br />
so vielgestaltig wie die Zahl der Beteiligten. Eine alle<br />
Bereiche umfassende, holistische Qualitätssicherung<br />
der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung setzte ein gemeinsames<br />
Verständnis der Beteiligten von Ziel, Zweck <strong>und</strong> Inhalten<br />
von Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung voraus. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass in Deutschland überwiegend<br />
ein Bildungsverständnis existiert, welches sich im<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>ert etablierte. Dieses an die<br />
Bildungsrealität in Deutschland anzupassen, bedürfte<br />
des Dialoges aller an Bildung Beteiligter (Hochschule,<br />
Allgemein-, Berufs- <strong>und</strong> Erwachsenenbildung).<br />
Diesen Dialog versucht die Referenzstelle im Rahmen<br />
ihrer Aufgaben zu fördern. Die ersten Schritte<br />
sind bereits getan: So sei hier auf das duale System<br />
verwiesen, wo per legem ein Ziel sowie Mindeststandards<br />
für die Bildungsgänge <strong>und</strong> das Ausbildungspersonal<br />
formuliert werden. Ein anderes Beispiel ist<br />
das Fernunterrichtsschutzgesetz, das gleichermaßen<br />
qualitätssichernd wirkt.<br />
Welche Lernformen kommen in den<br />
Unternehmen zum Einsatz<br />
Thomas Gruber: Gr<strong>und</strong>sätzlich werden in den Betrieben<br />
alle pädagogischen didaktischen Mittel <strong>und</strong> Lernformen<br />
angewendet, die sich auch in den übrigen Bildungsbereichen<br />
unserer Gesellschaft finden lassen.<br />
Zu nennen wären hier Formen des Frontalunterrichts,<br />
wie auch die Projektarbeit oder der Einsatz von<br />
Fernunterrichtsmitteln. Allerdings hat die betriebliche<br />
Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in loco einen nicht zu unterschätzenden<br />
Vorteil: Durch ihre viel größere Nähe zu<br />
den Bedürfnissen der Arbeitswelt können vermittelte<br />
Lerninhalte auch direkt am Arbeitsplatz umgesetzt<br />
werden. Im Bereich der Hochschulen wird versucht,<br />
dies beispielsweise mit Praktika zu erreichen. In den<br />
allgemeinbildenden Schulen werden zunehmend<br />
Maßnahmen der Berufsorientierung durchgeführt, die<br />
Jugendlichen eine Entscheidung hinsichtlich ihrer<br />
Karriereplanung erleichtern sollen. Zu den unterschiedlichen<br />
Lernformen gibt es zahlreiche Studien<br />
wie auch Modellversuche der Länder <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>es.<br />
Wie schätzen Sie den Stellenwert des<br />
informellen Lernens ein<br />
Thomas Gruber: Das informelle Lernen nimmt einen<br />
bedeutenden Teil in der Biografie des lernenden Menschen<br />
ein. Es bezeichnet jegliches Lernen, welches im<br />
Alltag, am Arbeitsplatz, in Familien oder in der Freizeit<br />
stattfindet. Der Anteil des informellen Lernens wird<br />
vereinzelt auf 70 Prozent der Lernprozesse geschätzt.<br />
Es ist in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung<br />
nicht strukturiert <strong>und</strong> führt üblicherweise<br />
nicht zur Zertifizierung des Lernergebnisses. Es kann<br />
zielgerichtet sein, ist jedoch zumeist nicht intentional.<br />
In Deutschland ist das informelle Lernen <strong>und</strong> damit<br />
auch die Anerkennung <strong>und</strong> Zertifizierung informell erworbener<br />
Lernergebnisse erst in den zurückliegenden<br />
Jahren verstärkt ins Bewusstsein der Bildungspolitik<br />
gerückt. Die Abgrenzung wird zudem erschwert, da<br />
die Übergänge zwischen formellem <strong>und</strong> informellem<br />
Lernen fließend sind. Als Ergebnis gibt es mittlerweile<br />
einige Weiterbildungspässe als Instrumente zur<br />
Identifizierung <strong>und</strong> Anerkennung informell erworbener<br />
Lernergebnisse. Im Rahmen der europäischen Strategie<br />
des Lebenslangen Lernens nimmt das informelle<br />
Lernen einen großen Stellenwert ein.<br />
67<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Fortsetzung Experteninterview mit dem Leiter von DEQA-VET<br />
68<br />
Die Kopenhagen-Erklärung setzt sich mit den<br />
Zielen der beruflichen Bildung auseinander <strong>und</strong><br />
strebt die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes<br />
an. Wie wichtig ist dieser Ansatz<br />
<strong>und</strong> welchen Platz nimmt Deutschland im Vergleich<br />
zu anderen europäischen Ländern ein<br />
Thomas Gruber: Aus Sicht der deutschen Referenzstelle<br />
ist es in Anbetracht der demographischen<br />
Entwicklung <strong>und</strong> der Globalisierung ein vernünftiger,<br />
wenn nicht sogar notwendiger Ansatz. Die klassischen<br />
Nationalökonomien geraten bei den daraus<br />
erwachsenden Herausforderungen an ihre Leistungsgrenzen.<br />
In Anbetracht beider Entwicklungen<br />
ist es geboten, die Interdependenz von Arbeit <strong>und</strong><br />
Bildung anzuerkennen, Arbeit <strong>und</strong> Bildung vernetzt<br />
zu betrachten. Arbeit ist ohne Bildung nicht mehr<br />
denkbar, Bildung ohne Bezug zur Arbeitswelt nicht<br />
vorstellbar. Dabei bereitet die Allgemeinbildung den<br />
Menschen ebenso auf die berufliche Lebenswelt vor<br />
wie es die berufliche Bildung <strong>und</strong> die Hochschule<br />
tun – wenn auch in unterschiedlicher Weise. Lebenslanges<br />
Lernen bedeutet vor allem die Zurkenntnisnahme<br />
<strong>und</strong> Wertschätzung der menschlichen Arbeit<br />
<strong>und</strong> Leistung. Eingefahrene Denkmuster in der<br />
Bildungslandschaft werden dahingehend zu überprüfen<br />
sein, inwieweit sie noch die Lebenswirklichkeit<br />
der Menschen widerspiegeln <strong>und</strong> Antworten auf die<br />
oben beschriebenen Herausforderungen geben. Im<br />
Wettbewerb mit den anderen transnationalen Wirtschaftsräumen,<br />
insbesondere in Amerika <strong>und</strong> Asien<br />
können diese Antworten allein europäische Antworten<br />
sein. Als Bildungsrepublik gestaltet Deutschland<br />
den europäischen Prozess aktiv mit.<br />
Wie entscheidend ist die systematische<br />
Karriereplanung für Unternehmen Wie sieht<br />
es bei kleineren <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />
aus<br />
Thomas Gruber: Bei großen mittelständischen Unternehmen,<br />
insbesondere wenn sie über ein Filialsystem<br />
verfügen oder Märkte im Ausland beliefern, gehören<br />
Karriereplanung <strong>und</strong> Personalentwicklung zu den zentralen<br />
Aufgaben des Managements. Dort haben sich<br />
tragfähige Systeme etabliert, die die unverzichtbare<br />
Basis der wirtschaftlichen Prosperität Deutschlands<br />
bilden. Doch auch kleine mittelständische Unternehmen<br />
entdecken die Notwendigkeit von Karriereplanung<br />
<strong>und</strong> Personalentwicklung zunehmend. Ein typischer<br />
Anlass, in diesem Bereich aktiv zu werden, ist zum<br />
Beispiel die bevorstehende Suche eines Nachfolgers<br />
in der Geschäftsführung. Hier entwickelten sich in den<br />
letzten Jahren unter Mitwirkung der Kammern entsprechende<br />
Strukturen. Dieser Trend zur Karriereplanung<br />
wird durch die aktuelle Arbeitsmarktsituation in naher<br />
Zukunft noch verstärkt wahrzunehmen sein. Schon<br />
jetzt ist spürbar, dass dem Arbeitsmarkt junge <strong>und</strong><br />
ausgebildete Menschen fehlen. Der Wettbewerb um<br />
die im Sinkflug befindliche Zahl von Jugendlichen wird<br />
es auch für kleine mittelständische Unternehmen zunehmend<br />
erfordern, neben einer qualitätsgesicherten<br />
betrieblichen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Karriereplanung<br />
als Gr<strong>und</strong>lage der Personalbindung <strong>und</strong> Unternehmensentwicklung<br />
zu sehen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
69<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Prof. Dr. Wolfgang Jäger<br />
Hochschule RheinMain<br />
Fachbereich Design Informatik Medien<br />
Experteninterview mit der Hochschule RheinMain<br />
Thema: Bildungsmanagement in Deutschland – Status quo <strong>und</strong> Besonderheiten<br />
70<br />
Was macht gutes betriebliches<br />
Bildungsmanagement aus<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Zunächst einmal muss betriebliches<br />
Bildungsmanagement immer an die Unternehmensstrategie<br />
<strong>und</strong> an das Geschäftsmodell der<br />
jeweiligen Organisation angeb<strong>und</strong>en werden. Zusätzlich<br />
ist es wichtig, dass die Mitarbeiter auch im Rahmen<br />
einer Employability-Strategie für den Arbeitsmarkt<br />
qualifiziert werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich muss man<br />
sich klar machen, was das Wort ‚Managen‘ bedeutet:<br />
Es steht für Planen, Organisieren <strong>und</strong> Kontrollieren.<br />
Das muss auch im Bereich Bildung geleistet werden.<br />
In der Praxis begegnet man aber immer wieder<br />
Personalern, die auf einer Insel leben <strong>und</strong> fernab<br />
der Bedarfe des eigenen Unternehmens vor sich hin<br />
arbeiten oder zu sehr eigenen Idealen folgen.<br />
Welche Fehler werden bei der Anbindung des<br />
Bildungsmanagements an die Unternehmensstrategie<br />
häufig begangen<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Oftmals folgt die Planung<br />
der Bildungsmaßnahmen für das nächste Jahr der<br />
altbekannten Regel: „Leuchtet mir kein eigenes Licht,<br />
schaue ich in den Vorbericht“. Damit wird weder den<br />
Bedarfen der Mitarbeiter noch denen des Unternehmens<br />
begegnet. Es fehlt die strategische Ausrichtung<br />
des Bildungsmanagements. Und noch eine Anmerkung<br />
zum Stichwort „Bedarfsanalyse“: Eine vollständige<br />
Bedarfsanalyse begründet den qualitativen<br />
Personalbedarf aus Sicht des Unternehmens aber<br />
auch die weitergehende Erfassung der Kompetenzen<br />
<strong>und</strong> Potenziale der Mitarbeiter. Diese Kombination<br />
ist nach wie vor nicht gängige Praxis. Darüber hinaus<br />
muss das Bildungsmanagement im Sinne eines<br />
<strong>Talentmanagement</strong>s eine gewisse Kontinuität aufweisen,<br />
strategisch <strong>und</strong> ressourcentechnisch. Ansonsten<br />
kann die Verzahnung mit der Unternehmensstrategie<br />
nur scheitern.<br />
Wie schätzen Sie den Entwicklungsstand betrieblichen<br />
Bildungsmanagements in Deutschland<br />
ein<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Ich würde die Lage so zusammenfassen:<br />
deutsche Unternehmen machen viele<br />
Dinge richtig, aber noch nicht genug richtige Dinge.<br />
Lassen Sie es mich auch noch in Zahlen ausdrücken:<br />
Richtig gutes Bildungsmanagement wird meines<br />
Erachtens von weniger als der Hälfte der Unternehmen<br />
geleistet. Das ist nicht als Vorwurf gemeint.<br />
Die Aufgaben des Bildungsmanagements sind sehr<br />
komplex <strong>und</strong> haben oftmals nicht den Stellenwert im<br />
Unternehmen, der ihnen gebührt.<br />
Woran liegt es, dass das Bildungsmanagement<br />
oft noch in den Kinderschuhen steckt<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Viele Personaler haben häufig<br />
nicht die Möglichkeit, sich in die Strategie <strong>und</strong> in den<br />
Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsrhythmus des Regelbetriebes<br />
einzuklinken. Sie bleiben außen vor. Ich stelle<br />
aber auch immer wieder fest, dass sich das betriebliche<br />
Bildungsmanagement in den letzten 20 Jahren<br />
kaum weiterentwickelt hat. Lässt man die Entwicklungen<br />
im eLearning mal außen vor, sind für mich keine<br />
gravierend neuen Themen oder Strukturen erkennbar.<br />
Die Gründe dafür sind vielfältig. Lange Zeit war das<br />
Budget für Weiterbildung Spielgeld, das man ausgeben<br />
<strong>und</strong> mit dem man mal experimentieren konnte.<br />
Daneben leiden viele Personalabteilungen unter einer<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
hohen Arbeitslast <strong>und</strong> der Komplexität der Arbeit. Die<br />
Organisation des Regelbetriebs stellt sie schon vor<br />
große Herausforderungen, die Ressourcen für andere<br />
Aufgaben sind begrenzt.<br />
Was empfehlen Sie den Unternehmen in punkto<br />
Bildungsmanagement<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Wir sollten uns hier zweifelsohne<br />
ein Beispiel an Unternehmen nehmen, die es<br />
besser machen. Häufig sind es international tätige<br />
Unternehmen. Der Trick hinter deren Strategie ist,<br />
dass sie mit einfachen, stringenten Modellen arbeiten.<br />
Wir Deutschen neigen zu „Overmanaging“, erstarren<br />
an methodischer Ideologie, Komplexität, Abstimmungen<br />
mit dem Betriebsrat <strong>und</strong> so weiter. Sehen Sie<br />
sich Unternehmen wie adidas, McDonald‘s, Procter<br />
& Gamble oder IBM an. Sie alle wenden pragmatische<br />
Konzepte an <strong>und</strong> sind in vielen Bereichen der<br />
Benchmark. Man kann es überspitzt so formulieren:<br />
Die Deutschen wollen immer 100 Prozent, können<br />
aber oftmals nur 80 Prozent umsetzen. Anstatt diese<br />
80 Prozent gut zu managen, suchen sie aber die<br />
fehlenden 20 Prozent. Mit ihrem Bildungsmanagement<br />
erfolgreiche Unternehmen arbeiten häufig nur<br />
mit 80 Prozent-Lösungen <strong>und</strong> sind besser. Gutes<br />
Bildungsmanagement braucht eine passende Strategie,<br />
innovative Konzepte <strong>und</strong> robuste Schritte in der<br />
Umsetzung.<br />
Was könnte in der betrieblichen Bildung besser<br />
gemanagt werden<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Der Einkauf von Bildungsmaßnahmen<br />
wird in weiten Teilen zu unprofessionell<br />
gemanagt. Es fehlt die ansonsten weit verbreitete<br />
Supply-Chain sowie die Evaluation. Das heißt, es<br />
mangelt auch an der Lieferantenqualifizierung, Trainerbewertung,<br />
etc. Generell sind viele Bildungsmaßnahmen<br />
zu oberflächlich <strong>und</strong> unterliegen Zeit- <strong>und</strong><br />
Kostenbeschränkungen. Das sind nur ein paar Aspekte.<br />
Man könnte in der Tat vieles verbessern. Letztlich<br />
ist es wichtig, dass die Unternehmen verstehen<br />
lernen, wie sie mit einem guten Bildungsmanagement<br />
zum Unternehmenserfolg beitragen können.<br />
Welche Möglichkeiten gibt es, Bildungsmaßnahmen<br />
in der Unternehmenskultur stärker zu<br />
verankern<br />
Prof. Wolfgang Jäger: Die Form <strong>und</strong> Qualität der Lernmaßnahmen<br />
ist hier sicherlich ganz entscheidend. Ich<br />
denke da beispielsweise an das Thema „informelles<br />
Lernen“. Im Rahmen von Projektarbeiten lernen Mitarbeiter<br />
handlungsorientiert <strong>und</strong> eignen sich extrafunktionale<br />
Kompetenzen an. Auch selbstorganisiertes<br />
Lernen rückt zunehmend in den Fokus. Mitarbeiter<br />
können durch die vielfältigen Formen mobilen Lernens<br />
oftmals ihren Bedarf schon selbst decken. Auch<br />
wie ein Unternehmen sich die sogenannte kollektive<br />
Intelligenz erschließt, ermöglicht Rückschlüsse auf<br />
die Unternehmenskultur. Der Umgang mit Wissen<br />
<strong>und</strong> die Zurverfügungstellung einer geeigneten<br />
Infrastruktur ist eine weitere zentrale Aufgabe des<br />
Wissensmanagements, das wiederum eine wichtige<br />
Basis des Bildungsmanagements ist. Schließlich ist<br />
die Bereitschaft, in Bildung zu investieren ein wichtiger<br />
Aspekt des Bildungsmanagements, in dem sich<br />
auch die jeweilige Unternehmenskultur widerspiegeln<br />
lässt.<br />
71<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller<br />
Institut für Bildungsmanagement<br />
PH Ludwigsburg (Pädagogische Hochschule)<br />
Experteninterview mit dem Institut für Bildungsmanagement, PH Ludwigsburg<br />
Thema: Vielfalt des Bildungsangebotes / blended learning<br />
72<br />
Welchen Stellenwert hat Bildungsmanagement<br />
in der aktuellen Arbeitsmarktdebatte<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Bildung ist das wichtigste<br />
Gut, das wir in Deutschland haben. Innovationen in<br />
der Wirtschaft, Technologieentwicklung, Bürgerbeteiligung<br />
an politischen Prozessen – das hängt alles<br />
in hohem Maße von der Bildung der Menschen ab.<br />
Dennoch hat das Thema Bildung in der öffentlichen<br />
Diskussion immer noch nicht den Stellenwert, der<br />
ihm zukommt. Bildungsmanagement steuert <strong>und</strong><br />
gestaltet Bildungsprozesse in Unternehmen <strong>und</strong><br />
Organisationen. Dabei gilt es, ökonomische <strong>und</strong> pädagogische<br />
Perspektiven miteinander in Einklang zu<br />
bringen. Aus meiner Sicht ist dabei ein ganzheitlicher<br />
Bildungsbegriff zentral. Hier geht es um individuelle<br />
Kompetenzen, aber auch um Werte <strong>und</strong> Haltungen,<br />
die ein Mensch in sein Leben <strong>und</strong> Arbeiten einbringt.<br />
Jeder Mitarbeiter hat Stärken <strong>und</strong> Schwächen, an<br />
denen man arbeiten kann, <strong>und</strong> Potenzial, das sich<br />
entwickeln lässt.<br />
Welchen Beitrag kann Bildungsmanagement<br />
zur Nachhaltigkeitsstrategie eines<br />
Unternehmens leisten<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Das Bildungsmanagement hat<br />
entscheidenden Einfluss auf die Nachhaltigkeitsstrategie,<br />
denn es ist essenziell für die langfristige<br />
Entwicklung <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.<br />
Dennoch nimmt die Personalentwicklung<br />
in den Nachhaltigkeitskonzepten der Unternehmen<br />
bislang eher wenig Raum ein. Das muss sich ändern.<br />
Welche Rolle sollte betriebliches<br />
Bildungsmanagement im Unternehmen einnehmen<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Entscheidend ist die Anbindung<br />
der Bildung an die Unternehmensstrategie. Die<br />
logische Konsequenz ist, dass die für die Bildung<br />
verantwortlichen Personen eng in die Entwicklung<br />
des Unternehmens eingeb<strong>und</strong>en sind. In der Praxis<br />
funktioniert das häufig über enge Schnittstellen zum<br />
Vorstand, beispielsweise durch regelmäßige Treffen.<br />
Daneben müssen Bildungs- <strong>und</strong> Lernprozesse in alle<br />
Unternehmens- <strong>und</strong> Arbeitsprozesse integriert sein.<br />
Dabei spielen die Führungskräfte eine herausragende<br />
Rolle. Ihre Einbindung ist ein wesentlicher Garant für<br />
das Gelingen des Bildungsmanagements.<br />
Was sollte dabei von den Unternehmen<br />
unbedingt beachtet werden<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Es sollte darauf geachtet<br />
werden, dass der Managementkreis PLAN – DO –<br />
CHECK – ACT geschlossen ist. Viele Unternehmen<br />
schwächeln gerade bei der Schließung des Kreises.<br />
So fließen Controlling-Ergebnisse nicht in die Programmgestaltung<br />
zurück <strong>und</strong> leisten somit keinen<br />
Beitrag zur Verbesserung der Steuerung, obwohl sie<br />
teils umfassend erhoben werden. Außerdem werden<br />
die Verantwortlichkeiten im Bildungsmanagement<br />
häufig nicht explizit zugeordnet <strong>und</strong> umfassend<br />
verteilt.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Wie sollte die optimale Finanzierung betrieblicher<br />
Weiterbildung aussehen<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Am Anfang steht die Analyse<br />
der Bedarfe des jeweiligen Mitarbeiters <strong>und</strong> seiner<br />
Abteilung, seines Teams. Sind die betrieblichen Bedarfe<br />
ermittelt <strong>und</strong> darauf aufbauend die Bildungsziele<br />
abgeleitet, sollten die Kosten zu 100 Prozent vom<br />
Unternehmen getragen werden. Dabei ist es hilfreich,<br />
wenn der Mitarbeiter neben seiner Führungskraft<br />
auch eine unabhängige Bildungsberatung in Anspruch<br />
nehmen kann. Verfolgt der Mitarbeiter mit der Bildungsmaßnahme<br />
auch eigene Ziele, ist sicherlich eine<br />
Co-Finanzierung sinnvoll.<br />
Hat die Anzahl von Weiterbildungstagen pro<br />
Mitarbeiter Aussagekraft über die Qualität des<br />
Bildungsmanagements<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Ich halte das für schwierig. Wie<br />
lange Mitarbeiter sich fortbilden dürfen oder sollen,<br />
hängt maßgeblich von der Branche sowie der Unternehmenskultur<br />
ab <strong>und</strong> ist nicht unbedingt ein Qualitätskriterium.<br />
Können Sie aktuell einen Wandel im<br />
Bildungsmanagement beobachten<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Natürlich hält die moderne<br />
Technik auch in das Bildungsmanagement Einzug.<br />
Bildungsmanagement wird immer häufiger <strong>und</strong><br />
umfangreicher durch IT-Lösungen unterstützt. Das<br />
ist eine sehr positive Entwicklung. Bei vielen wichtigen<br />
Prozessen führt kein Weg an der IT vorbei, aber<br />
ich rate immer zu schlanken Prozessen. Gerade im<br />
technischen Bereich überwiegt in vielen Firmen der<br />
Aufwand den Nutzen. So dauert zum Teil die Dokumentation<br />
eines Mitarbeitergespräches länger als das<br />
eigentliche Gespräch. Das ist nicht tragbar.<br />
Hat der Trend zu IT-gestütztem Bildungsmanagement<br />
auch Einfluss auf die Bildungsmaßnahmen<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: Definitiv, ich stelle immer<br />
wieder fest, dass vielfach eLearning-Konzepte genutzt<br />
werden. Das ist zu einem sehr großen Thema für die<br />
Unternehmen geworden, darin steckt viel Potenzial.<br />
Allerdings ist im Umgang mit eLearning-Maßnahmen<br />
auch Vorsicht geboten. Für meinen Geschmack wird<br />
IT-gestütztes Lernen zu häufig als Lösung herangezogen.<br />
Für viele Themen <strong>und</strong> Zielsetzungen ist<br />
jedoch das personalisierte Lernen mit einem Trainer<br />
am besten geeignet. Ich setze mich immer wieder für<br />
Vielfalt bei den Bildungsmaßnahmen ein. Das optimale<br />
Bildungsmanagement verknüpft personalisierte <strong>und</strong><br />
IT-gestützte Lernmaßnahmen zu einem sich befruchtenden<br />
Ganzen.<br />
Wird das Konzept von blended learning von<br />
Unternehmen angewandt<br />
Prof. Dr. Ulrich Müller: In der Praxis wird das in der<br />
Tat häufig so gemacht. Neben dem klassischen<br />
Weiterbildungsangebot kommen dann auch moderne<br />
Programme <strong>und</strong> Plattformen zur Wissensvermittlung<br />
zum Einsatz. Immer mehr Unternehmen verstehen<br />
mittlerweile, dass das Vorhandensein von eLearning-<br />
Konzepten alleine noch kein Qualitätskriterium ist.<br />
Was aber sehr wohl für die Qualität des Bildungsmanagements<br />
spricht, ist der Faktor Zeit. Je mehr Zeit<br />
dem Mitarbeiter für seine Weiterbildung zugestanden<br />
wird, desto höher ist die Wertschätzung des Unternehmens<br />
für die Bildungsmaßnahme.<br />
73<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
André Schleiter<br />
Mitglied des wissenschaftlichen Beirats<br />
ddn - Das Demographie Netzwerk<br />
Experteninterview mit André Schleiter, Co-Autor des Deutschen Lernatlas<br />
Thema: Die Entwicklung von Bildungsmanagement in deutschen Unternehmen<br />
74<br />
Was sind Ihrer Meinung nach zentrale Qualitätsmerkmale<br />
guten betrieblichen Bildungsmanagements<br />
André Schleiter: Nach meiner Ansicht ist es EuPD<br />
Research <strong>und</strong> der TÜV SÜD Akademie gut gelungen,<br />
die Qualitätskriterien für ein betriebliches Bildungsmanagement<br />
mit Blick auf seine strategische Verankerung,<br />
auf die notwendigen strukturellen Rahmensetzungen<br />
sowie auf die operative Umsetzung<br />
in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern <strong>und</strong> Praktikern<br />
zu definieren. Lassen Sie uns die Auflistung<br />
der einzelnen Elemente wie den Boden, Samen <strong>und</strong><br />
Pflanzen eines Gartens oder Parks betrachten. Jedes<br />
Merkmal für sich ist wichtig <strong>und</strong> in der Gesamtschau<br />
ergeben sie das Idealbild einer betrieblichen Lernlandschaft.<br />
Zugleich wird das Bildungsmanagement<br />
in der betrieblichen Praxis im Regelfall nicht so<br />
perfekt wie das sorgfältig definierte Ideal-Modell<br />
sein. So wie ein Gärtner orientiert an Bodenqualität,<br />
Jahreszeit <strong>und</strong> aktueller Wetterlage zu pflanzen <strong>und</strong><br />
kultivieren versteht, so kommt es für HR-Abteilungen<br />
<strong>und</strong> Personalverantwortliche darauf an, orientiert an<br />
den Unternehmenszielen einer betrieblichen Kultur<br />
des lebenslangen Lernens den Boden zu bereiten –<br />
auch wenn das Finanzbudget allzu begrenzt erscheinen<br />
mag. Ob bei einem Globalplayer oder in einem<br />
Kleinunternehmen: ein gutes betriebliches Bildungsmanagement<br />
zeigt seine Wirkung darin, dass es<br />
nicht nur Toptalente <strong>und</strong> Leistungsträger entwickelt<br />
<strong>und</strong> fördert, sondern auch bislang weniger lernaktive<br />
Mitarbeiter ermuntert, Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
auszubauen <strong>und</strong> womöglich etwas ganz Neues zu<br />
lernen. Freiräume für Lernerfahrungen geben, Offenheit<br />
für neue Ideen zeigen, die Ermunterung, auch<br />
mal unkonventionelle Verfahren zur Lösung herausfordernder<br />
Problemstellungen auszuprobieren – das<br />
sind „lernförderliche“ Orientierungen <strong>und</strong> Maßnahmen,<br />
ohne die auch ein perfekt organisiertes Bildungsmanagement<br />
keine neue Qualität des Lernens<br />
in der Arbeitswelt schafft.<br />
Woran lässt sich der Unterschied zwischen<br />
Lernen <strong>und</strong> Bildung wesentlich festmachen<br />
André Schleiter: Bildung ist ein kulturell ungemein<br />
aufgeladener <strong>und</strong> historisch gewachsener Begriff mit<br />
einer komplexen Bedeutung. Aus dem Althochdeutschen<br />
– Bildung für Schöpfung, Bildnis bzw. Gestalt<br />
abstammend bezeichnet Bildung die Formung<br />
des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“.<br />
Wilhelm von Humboldt sagte sinngemäß, dass die<br />
Bestimmung des Menschen die Ausbildung seiner<br />
Individualität zu dem harmonischen Kunstwerk einer<br />
in all ihren Anliegen entwickelten Persönlichkeit ist,<br />
die zu allen Seiten der Welt ein positives Verhältnis<br />
hat. Damit wird deutlich: Bildung ist mehr als die<br />
Aneignung von möglichst viel Wissen. Unbestritten<br />
ist aber, dass eine gute berufliche Gr<strong>und</strong>bildung <strong>und</strong><br />
ständiges Dazulernen unentbehrlich für den Aufbau<br />
fachlicher Expertise sind. Doch Kompetenzpässe<br />
<strong>und</strong> Bildungszertifikate aller Art zeigen immer nur<br />
Teilausschnitte der persönlichen Bildung, die für<br />
den Erfolg des Unternehmens <strong>und</strong> gleichermaßen<br />
für die beruflichen Entwicklungsperspektiven eine<br />
immense Bedeutung hat. Urteilsvermögen, Integrität,<br />
Leistungswille <strong>und</strong> Verantwortungsgefühl – auch in<br />
kritischen Situationen das menschliche Maß im Auge<br />
zu behalten, das sind einige Merkmale einer gereiften<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Persönlichkeit <strong>und</strong> können als Ergebnis eines lebenslangen<br />
„Bildungsprozesses“ betrachtet werden. Wer<br />
die Frage nach dem Unterschied zwischen Lernen<br />
<strong>und</strong> Bildung etwas ironisch distanziert beantworten<br />
möchte, der mag sich an Werner Heisenberg halten,<br />
der bei einer Rede gesagt haben soll: „Bildung ist<br />
das, was übrig bleibt, wenn man alles vergessen hat,<br />
was man gelernt hat.“<br />
Lassen Sie uns einen einfachen Zugang zum Verständnis<br />
des Lernens wählen. Lernen ist der natürliche<br />
Arbeits- bzw. Entwicklungsmodus unseres<br />
Gehirns. Wir lernen ständig <strong>und</strong> in allen Lebensbereichen<br />
<strong>und</strong> entwickeln uns weiter. Mit dem kürzlich<br />
erschienen Deutschen Lernatlas wurde deutlich<br />
gezeigt, dass Lernen mehr als Schule, Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung ist. Ergänzend dazu: Spricht nicht<br />
vieles für die Annahme, dass das Lernen gar kein<br />
Ausnahmezustand ist, den wir dem Beschäftigten<br />
ständig <strong>und</strong> mit Nachdruck empfehlen müssen<br />
Sehen wir den Lernenden als Person eines möglichst<br />
selbstbestimmten Lern- <strong>und</strong> Aneignungsgeschehens<br />
- <strong>und</strong> weniger als einen zu managenden „K<strong>und</strong>en“.<br />
Diese neue Perspektive bereitet den Boden für die<br />
Erkenntnis, den Mitarbeiter als Menschen mit individuellen<br />
Ambitionen, Begabungen <strong>und</strong> einer eigenen<br />
„Bildungsbiographie“ zu verstehen, die bisweilen von<br />
Erfahrungen fehlender Ermutigung zum Lernen im<br />
Elternhaus <strong>und</strong> ausgebliebenen Erfolgen in Schule<br />
<strong>und</strong> Ausbildung tief geprägt ist.<br />
Hat sich das Lernen in den Unternehmen in den<br />
letzten Jahren verändert<br />
André Schleiter: Zugang zu Wissen durch Wikipedia,<br />
Firmen-Wikis <strong>und</strong> Blogs, blended learning <strong>und</strong> Web<br />
Based Trainings, LernApps auf dem Smartphone oder<br />
Tablet-PC, Podcasts <strong>und</strong> Serious Games, wachsende<br />
Akzeptanz von Online-Kurse <strong>und</strong> -Universitäten –<br />
diese Stichworte stehen für die rasanten Veränderungen<br />
in der Welt des Lernens. Dynamik <strong>und</strong> Wirkung<br />
für das Lernen in der Arbeitswelt sind in wenigen<br />
Sätzen kaum zu beschreiben. Nach meinem Eindruck<br />
erleben wir eine Revolution der Lernmöglichkeiten,<br />
die es zu gestalten gilt. Obendrein zeigt die Bildungsforschung<br />
immer stärker, wie bedeutend die vielfältigen<br />
Formen des informellen Lernens – also das<br />
Lernen jenseits von organisierten Weiterbildungskursen<br />
– für den unternehmerischen Erfolg sind.<br />
Wie können die Unternehmen optimale Rahmenbedingungen<br />
für betriebliche Bildung schaffen<br />
André Schleiter: Angesichts der dynamischen Entwicklung<br />
der Lernangebote <strong>und</strong> der wachsenden<br />
Anforderungen an die Flexibilität <strong>und</strong> Expertise muss<br />
sich der Beschäftigte regelmäßig fragen: Was kann<br />
ich gut <strong>und</strong> was sollte ich besser machen Was <strong>und</strong><br />
wie möchte ich lernen – an welcher Stelle brauche<br />
ich eine weitere Qualifizierung Bei diesen Fragen<br />
als Ansprechpartner Orientierung zu geben <strong>und</strong> zu<br />
helfen, realistische Lernziele <strong>und</strong> Maßnahmen zu<br />
entwickeln, das sind Kernaufgaben der Personalentwicklung.<br />
Unverzichtbar erscheint mir zugleich die<br />
deutliche Positionierung der betrieblichen Bildung<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
75<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Fortsetzung Experteninterview mit André Schleiter, Co-Autor des Deutschen Lernatlas<br />
76<br />
mit der Botschaft, dass jeder Beschäftigte selbst für<br />
seine Bildung verantwortlich ist. Denn es kommt auf<br />
den Lernwillen <strong>und</strong> die Veränderungsbereitschaft des<br />
Einzelnen an. Personaler <strong>und</strong> Führungskräfte sollten<br />
die im Unternehmen bisweilen noch anzutreffende<br />
mentale Haltung des „ausgelernt haben“ aufbrechen<br />
– mit Konsequenz <strong>und</strong> zugleich Empathie. Ein Gärtner<br />
weiß, dass er Pflanzen nicht zum Wachsen bringt,<br />
indem er an den Blättern zieht.<br />
Wie sieht ein auf ältere Mitarbeiter optimal<br />
abgestimmtes Bildungsmanagement aus<br />
André Schleiter: Je älter Menschen werden, desto<br />
weniger mögen sie es, „unterrichtet“ zu werden. Ab<br />
der Lebensmitte stellen sich dem Menschen persönliche<br />
<strong>und</strong> berufliche Wachstumsaufgaben, die einer<br />
verstärkten Aufmerksamkeit bedürfen. Ich meine,<br />
dass weniger das kalendarische Lebensalter als<br />
vielmehr die individuelle Zielsetzung, Vorqualifikation<br />
<strong>und</strong> Lerngewohnheiten die entscheidenden Bestimmungsfaktoren<br />
für die Gestaltung eines auf reifer<br />
werdende Beschäftigte abgestimmten Bildungsmanagements<br />
sein sollte. Es sollte also so individuell<br />
wie möglich <strong>und</strong> – mit Blick auf die administrativen<br />
Prozesse das heißt Buchung der Kurse, Raumbelegung,<br />
Lieferung von Kursmaterialien, Evaluierung von<br />
Trainern <strong>und</strong> Lernerfolgen, so standardisiert wie nötig<br />
sein.<br />
Lassen sich gesellschaftliche sowie unternehmenskulturbedingte<br />
Rahmenbedingungen<br />
definieren, die ein gutes Bildungsmanagement<br />
fördern<br />
André Schleiter: Eine Bildungsrepublik Deutschland<br />
mit wirklich blühenden „Lernlandschaften“ – ist<br />
das nicht ein attraktive Vorstellung In der Tat sind<br />
Unternehmen von einer „Lernlandschaft“ umgeben<br />
– hierzu gibt der Deutsche Lernatlas Hinweise, wie<br />
vorteilhaft die Bedingungen für schulisches, berufliches,<br />
soziales <strong>und</strong> persönliches Lernen auf der regionalen<br />
Ebene entwickelt sind. Unternehmen tragen<br />
mit ihrem Engagement für Ausbildung, durch ihre<br />
Kooperation mit Schulen, durch ihre Förderung von<br />
Sport, Kultur <strong>und</strong> gesellschaftlichem Engagement<br />
mit zu einem „Lernklima“ vor Ort bei. Mit Blick auf die<br />
Innovationskraft von Unternehmen <strong>und</strong> Entwicklungschancen<br />
der Beschäftigten gehört die Gestaltung von<br />
lernförderlichen Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> überhaupt<br />
mehr Aufmerksamkeit für das Lernen jedes Einzelnen<br />
ganz nach oben auf die Agenda der Unternehmensführung,<br />
Betriebsräte <strong>und</strong> Tarifpartner.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
77<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider<br />
Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />
IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />
Experteninterview mit der IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />
Thema: Bildungsmanagement auf dem deutschen Arbeitsmarkt<br />
78<br />
Bildungsmanagement gilt als Antwort auf die<br />
aktuellen Herausforderungen des Arbeitsmarktes,<br />
aber gibt es auch negative Aspekte, die mit<br />
Bildungsmanagement einhergehen<br />
Dr. Hilmar Schneider: Die gibt es. Für den Geschäftsführer<br />
eines Unternehmens kann eine strikte <strong>und</strong><br />
mechanische Regelung des Bildungsmanagements<br />
kontraproduktiv sein. Ich kann nachvollziehen,<br />
weshalb man Sachverhalte standardisieren will,<br />
aber in dem Moment, in dem Sie etwas formalisieren,<br />
kommen Ansprüche auf, die den Unternehmen<br />
unter Umständen das Leben schwer machen können.<br />
Zusätzlich greifen Gerechtigkeitsgesichtspunkte, es<br />
wird die Frage gestellt, warum in einen Mitarbeiter<br />
mehr investiert wird als in einen anderen. Dann muss<br />
ich als Personalverantwortlicher klar sagen, dass<br />
ich bei dem einen Mitarbeiter mehr Potenzial sehe<br />
als bei dem anderen, aber solche Nachrichten hören<br />
die Menschen nicht gerne. Um solche Konflikte zu<br />
vermeiden, müsste ich die Förderung jedem zugestehen.<br />
Das zieht aber für ein Unternehmen einen<br />
großen finanziellen <strong>und</strong> personellen Mehraufwand<br />
nach sich. Gerade bei mittelständischen Unternehmen<br />
ist das oft nicht umsetzbar.<br />
Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, Bildungsmaßnahmen<br />
auf Potenzialgruppen zu beschränken<br />
Dr. Hilmar Schneider: In einem vernünftig organisierten<br />
Unternehmen ist zu erwarten, dass die Führungskräfte<br />
ohnehin eine Vorstellung davon haben, wo die<br />
Potenziale ihrer Mitarbeiter liegen <strong>und</strong> wer die Leistungsträger<br />
sind, die es weiterzuentwickeln gilt. Das ist<br />
klare Führungsaufgabe.<br />
Wo sollten Unternehmen ansetzen, wenn sie im<br />
„War for Talents“ erfolgreich sein wollen<br />
Dr. Hilmar Schneider: Viele Unternehmen haben zwar<br />
begriffen, dass ein Mangel an Fachkräften herrscht,<br />
haben aber nicht die notwendigen Konsequenzen<br />
daraus gezogen. Man kann zwar den Wettbewerb<br />
um Talente ankurbeln <strong>und</strong> diesen auch gewinnen,<br />
aber das ist noch keine Lösung für die Gesamtwirtschaft.<br />
Talente vermehren sich nicht durch den „War<br />
for Talents“. Die Intensivierung des Wettbewerbs<br />
beeinflusst lediglich die Verteilung der Talente. Was<br />
wir aber brauchen, ist eine Erhöhung des Volumens<br />
<strong>und</strong> dafür sind reine Wettbewerbsgesichtspunkte<br />
nicht hinreichend. Volumen erhalte ich nur dadurch,<br />
dass ich bestehende Potenziale entwickle. Unternehmen<br />
können im Bereich der dualen Ausbildung<br />
sehr aktiv dazu beitragen, dass Jugendliche, denen<br />
die berufliche Richtung fehlt oder die keinen Schulabschluss<br />
haben, erfolgreich in das Arbeitsleben<br />
integriert werden. Man muss auch nicht immer nur in<br />
die Bildung investieren, man kann auch die Vereinbarkeit<br />
von Familie <strong>und</strong> Beruf fördern, um so Frauen<br />
zu gewinnen, die ansonsten erziehungsbedingt zu<br />
Hause bleiben würden.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Wird in Deutschland genug getan im Bereich<br />
Bildungsmanagement<br />
Dr. Hilmar Schneider: Genug sicher nicht, aber<br />
wahrscheinlich mehr als in anderen marktliberal<br />
verfassten Volkswirtschaften. Es gibt aber ein Gr<strong>und</strong>problem:<br />
die Messlatte, anhand derer Führungskräfte<br />
in Unternehmen bewertet werden, steht Nachhaltigkeitsaspekten<br />
diametral entgegen. Das gilt besonders<br />
für börsennotierte Unternehmen. Konzepte wie<br />
Bildung, die auf Langfristigkeit basieren, fließen nicht<br />
in die Bewertung ein <strong>und</strong> kommen unter die Räder.<br />
In Deutschland gibt es da zwei Lager: das eine sind<br />
Unternehmen, die am kurzfristigen Erfolg orientiert<br />
sind, das andere sind noch die vielen Familienunternehmen,<br />
die es sich leisten können, Nachhaltigkeitsgesichtspunkte<br />
in ihre Entscheidungen einfließen zu<br />
lassen.<br />
Ist der deutsche Arbeitsmarkt für den<br />
demografischen Wandel gerüstet<br />
Dr. Hilmar Schneider: Gr<strong>und</strong>lage dafür ist eine<br />
langfristige Personalplanung, zu der auch demografische<br />
Analysen gehören. Sie ist ein notwendiges <strong>und</strong><br />
selbstverständliches Steuerungsinstrument. Meine<br />
Erfahrung in der täglichen Praxis ist aber ernüchternd.<br />
Die Kennzahlensituation in vielen Unternehmen<br />
ist oft miserabel, es liegen weder Altersstruktur,<br />
noch Fluktuationszahlen oder Statistiken zu Neueinstellungen<br />
vor. Mit Blick auf die Quartalszahlen<br />
herrscht die Philosophie vor, die Lösung von Problemen<br />
erst dann anzugehen, wenn sie wehtun. Häufig<br />
sind das Konflikte zwischen dem Personal- <strong>und</strong> dem<br />
Finanzvorstand. In der Regel setzt sich dann der<br />
Finanzvorstand durch. In mittelständischen Familienunternehmen<br />
hat man oft einen besseren Überblick<br />
über die Personalsituation <strong>und</strong> kann besser planen.<br />
Gerade KMU sind da offener <strong>und</strong> nachhaltiger. Auf<br />
lange Sicht werden sie erfolgreicher sein, da im globalen<br />
Bereich die Karten neu gemischt werden. Die<br />
Musik spielt eindeutig bei den kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />
Unternehmen.<br />
Was sind die derzeitigen Trendthemen im<br />
Bildungsmanagement<br />
Dr. Hilmar Schneider: <strong>Talentmanagement</strong> hat in den<br />
letzten Jahren ziemlich an Bedeutung gewonnen. Es<br />
wird in den Facetten betrieben, die früher nicht direkt<br />
mit Personalentwicklung in Verbindung gebracht<br />
wurden. Dabei taucht aus das Thema ‚Diversity‘<br />
auf, das für mich ein Teilbereich von <strong>Talentmanagement</strong><br />
ist. Dabei geht es um mehr als die klassische<br />
Vorstellung von Personalentwicklung: jeder einzelne<br />
soll im Team über sich hinaus wachsen <strong>und</strong> seine<br />
spezifischen Eigenschaften ins Team einbringen.<br />
Es ist nicht immer ratsam, den individuell besten<br />
Bewerber auszuwählen, sondern denjenigen, der am<br />
geeignetsten für das Team <strong>und</strong> das Unternehmen<br />
ist. Ein Team aus lauter Individualisten – <strong>und</strong> seien<br />
sie noch so leistungsstark – funktioniert in der Regel<br />
nicht besonders gut.<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
79<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Fortsetzung Experteninterview mit IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />
Welche Rolle spielen die Führungskräfte im<br />
Bildungsmanagement<br />
80<br />
Dr. Hilmar Schneider: Sie sind die zentralen Figuren.<br />
Erfolgreiches Unternehmertum hat viel mit der Führungskultur<br />
zu tun, bei der Bildungsmanagement nur<br />
ein Teilbereich von vielen ist. Wertschätzung ist genauso<br />
zentral wie die Ermutigung, seine Fähigkeiten<br />
zur Entfaltung zu bringen. Leider begegnet man in der<br />
Praxis oft dem Fall, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter<br />
nur zögerlich entwickeln aus Angst, sie könnten<br />
ihnen eines Tages den Rang ablaufen. Die sogenannte<br />
„Wegbeiß-Strategie“ ist gerade in größeren Unternehmen<br />
sehr verbreitet. Nichtsdestotrotz führt kein Weg<br />
daran vorbei, den Führungskräften die Kompetenz<br />
zur Förderung von Potenzialen zu überlassen. Die<br />
Fähigkeit, das zu tun aber, sollte ein entscheidendes<br />
Auswahlkriterium bei der Rekrutierung von Führungskräften<br />
sein.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
81<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Prof. Dr. Marc Solga<br />
Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />
Experteninterview mit der Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />
Thema: Der Faktor Persönlichkeit in der betrieblichen Bildung<br />
82<br />
Wie definieren <strong>und</strong> beurteilen Sie das Thema<br />
<strong>Talentmanagement</strong><br />
Prof. Marc Solga: Im Kern umfasst <strong>Talentmanagement</strong><br />
zwei Ideen. Die Idee, Personalentwicklungsprozesse<br />
für Schlüsselpositionen langfristig zu gestalten<br />
<strong>und</strong> an die strategische Planung des Unternehmens<br />
anzukoppeln. Zweitens, die Idee der Integration vieler<br />
personalpsychologischer Maßnahmen <strong>und</strong> Instrumente:<br />
Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung sowie<br />
Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung sollen eng verzahnt,<br />
also aus einem Guss erfolgen. Eigentlich wird<br />
mit <strong>Talentmanagement</strong> nicht wirklich etwas Neues<br />
beschrieben. Die Ideen der Strategieorientierung<br />
<strong>und</strong> Verzahnung hat es schon vorher gegeben. Jetzt<br />
sind diese Ideen durch gesellschaftliche Veränderungsprozesse<br />
– Stichwort „War for Talents“ – zum<br />
Trend geworden. Außerdem hat der funkelnde Begriff<br />
<strong>Talentmanagement</strong> für eine ästhetische Aufwertung<br />
gesorgt.<br />
Welche Trends lassen sich in jüngerer Zeit in der<br />
HR-Community beobachten<br />
Prof. Marc Solga: In den letzten 15 bis 20 Jahren lässt<br />
sich eine Verschiebung der Schwerpunkte im Bereich<br />
Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung feststellen. Im<br />
Zuge der Betonung des Einflusses von Persönlichkeit<br />
auf die Arbeitsleistung ist die persönlichkeitsorientierte<br />
Personalauswahl immer stärker in den<br />
Mittelpunkt gerückt. Die Rekrutierung der „richtigen<br />
Mitarbeiter“ scheint heute oft wichtiger als die<br />
Förderung der bestehenden Belegschaft. In meinen<br />
Augen ist das keine gute Entwicklung. Personalauswahl<br />
ist wichtig. Sie ist aber erst die halbe Miete.<br />
Organisationale Identifikation, eigenverantwortliches<br />
Handeln <strong>und</strong> freiwilliges Arbeitsengagement – das<br />
sind Dinge, die sich erst durch gute Führung <strong>und</strong><br />
nachhaltige Personalentwicklung festigen. Denn<br />
Personalentwicklung ist mehr als die Vermittlung von<br />
Fachkenntnissen. Sie ist auch Wertevermittlung, partnerschaftliches<br />
Gestalten psychologischer Verträge,<br />
Unterstützung bei der Entwicklung von Karriereperspektiven.<br />
Für mich darf sich die qualitative, strategische<br />
Personalarbeit nicht in der Personalauswahl<br />
erschöpfen – Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung<br />
bedingen einander <strong>und</strong> müssen einander ergänzen.<br />
Welchen Faktor spielt die Persönlichkeit der<br />
Mitarbeiter in der betrieblichen Bildung<br />
Prof. Marc Solga: Persönlichkeit spielt sicherlich eine<br />
bedeutsame Rolle im Zuge von Lern- <strong>und</strong> Lerntransferprozessen.<br />
Beispielsweise konnten wir in mehreren<br />
Studien den Einfluss des Merkmals Proaktivität<br />
belegen. Proaktive Persönlichkeiten zeichnen sich<br />
durch ein hohes Maß an Eigeninitiative <strong>und</strong> Veränderungsbereitschaft<br />
aus. Sie sind bereit, selbstgesteuert<br />
Dinge zu verändern, die nicht laufen, wie sie laufen<br />
sollten. Wir finden, dass proaktive Mitarbeiter eine<br />
größere Bereitschaft zeigen, Lernangebote zu nutzen.<br />
Zugleich sind sie initiativer bei der Anwendung des<br />
Gelernten. Sie nehmen den Trainingstransfer selbst<br />
in die Hand, ohne durch Aufforderung, Überwachung<br />
<strong>und</strong> Beurteilung dazu gedrängt zu werden. Eine Herausforderung<br />
an das betriebliche Bildungsmanagement<br />
besteht sicherlich darin, Mitarbeiterkompetenzen<br />
persönlichkeits- <strong>und</strong> potenzialgerecht zu fördern.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Was sind Fehler im Bildungsmanagement, die<br />
Unternehmen häufig begehen<br />
Prof. Marc Solga: Ich sehe ein großes Verbesserungspotenzial<br />
beim Transfermanagement, also bei<br />
Maßnahmen, die die Anwendung des Gelernten im<br />
Arbeitsalltag zu unterstützen versuchen. Kenntnisse<br />
<strong>und</strong> Fertigkeiten sollen ja nicht bloß gelernt, sondern<br />
auch angewendet werden. Vielfach scheitern Trainingsinitiativen<br />
am Arbeitsumfeld, weil es dort nicht<br />
transferförderlich zugeht – hier herrschen Zeit- <strong>und</strong><br />
Arbeitsdruck, oft fehlt es an direkten Anwendungsgelegenheiten<br />
<strong>und</strong> an aktiver Unterstützung durch<br />
Vorgesetzte <strong>und</strong> Kollegen. Es existieren aber viele<br />
elegante Lösungen für die Transferproblematik. Sie<br />
werden nur leider in der Praxis selten konsequent<br />
umgesetzt.<br />
In den USA verstehen sich viele Personalentwickler<br />
zunehmend als Performance Manager. Performance<br />
Management bedeutet, Leistungsverbesserung als<br />
das entscheidende Ziel zu setzen. Dann muss man<br />
nach Trainings <strong>und</strong> Coachings ganz notwendig auch<br />
Anwendungsprozesse begleiten <strong>und</strong> fördern. Performance<br />
Management bedeutet aber auch, Bausteine<br />
aus den Bereichen Personalpsychologie <strong>und</strong> Organisationsentwicklung<br />
zu kombinieren: Trainings,<br />
Coachings, Leistungsbeurteilungs- <strong>und</strong> Anreizsysteme,<br />
aber auch die Veränderung technologischer<br />
Strukturen <strong>und</strong> Geschäftsprozesse. Also wieder die<br />
Idee der strategischen Verzahnung von Ansätzen <strong>und</strong><br />
Instrumenten.<br />
Sie sprachen gerade von den USA. Sind die<br />
Amerikaner im Bildungsmanagement im Vergleich<br />
zu Deutschland besser gerüstet<br />
Prof. Marc Solga: Ich denke, das kann man so nicht<br />
sagen. Internationalisierung <strong>und</strong> Globalisierung<br />
führen ja dazu, dass es viel Austausch <strong>und</strong> Wissenstransfer<br />
gibt <strong>und</strong> sich die Inhalte <strong>und</strong> die didaktischen<br />
Formate nach <strong>und</strong> nach angleichen.<br />
Lassen sich Unterschiede im Bildungsmanagement<br />
entlang unterschiedlicher Branchen feststellen<br />
Prof. Marc Solga: Da mag es sicherlich Zielgruppenunterschiede<br />
geben. Aber ich glaube, entscheidender<br />
ist eigentlich der organisationsspezifische Reife- <strong>und</strong><br />
Professionalisierungsgrad im HR-Management. Eine<br />
wichtige Rolle spielt natürlich auch die Beschaffenheit<br />
beruflicher Aufgaben. Bei geschlossenen<br />
Aufgaben, also solchen, bei denen ein festes Inventar<br />
konkreter Handlungsschritte auf immer dieselbe Art<br />
<strong>und</strong> Weise durchzuführen ist, sind ganz andere Bildungs-<br />
<strong>und</strong> Unterstützungsmaßnahmen erforderlich<br />
als bei offenen Aufgaben. Letztere sind so beschaffen,<br />
dass man als Aufgabeninhaber stets situationsspezifisch<br />
variieren <strong>und</strong> improvisieren muss. Es gibt<br />
keinen sicheren Weg zur Lösung. Führungsaufgaben<br />
sind typischerweise offene Aufgaben. Sie setzen eine<br />
viel anspruchsvollere Form der Personalentwicklung<br />
voraus.<br />
83<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Fortsetzung Experteninterview mit Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />
84<br />
Wie lässt sich die Effizienz von Bildungsmaßnahmen<br />
überzeugend messen<br />
Prof. Dr. Marc Solga: Um die Effizienz von Bildungsmaßnahmen<br />
im Sinne eines Return on Investment<br />
zu beurteilen, müssen Sie alle Effekte, die eine<br />
bestimmte Maßnahme hat, valide quantifizieren <strong>und</strong><br />
anschließend in Euro beziffern können. Beides ist<br />
außerordentlich schwierig. Wie wollen Sie beispielsweise<br />
die Zunahme von Mitarbeiterzufriedenheit nach<br />
einem Führungstraining in Geld ausdrücken Ich<br />
denke, da werden oft Versprechungen gemacht, die<br />
eigentlich nicht zu halten sind.<br />
Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, ihre<br />
Mitarbeiter langfristig an sich zu binden<br />
Prof. Dr. Marc Solga: Bindung lässt sich durch zahlreiche<br />
Instrumente gestalten. Zugleich bietet die<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Organisationspsychologie eine Fülle von<br />
Konzepten an, auf die man sich dabei beziehen könnte.<br />
Ich nenne mal ein paar Schlagworte: Gestaltung<br />
psychologischer Verträge, Management von Gerechtigkeitswahrnehmungen,<br />
persönlichkeitsförderliche<br />
Aufgabengestaltung, Umgang mit Mikropolitik bzw.<br />
Konfliktmanagement. Das sind ganz überwiegend<br />
Führungsaufgaben. Wenn es um die Herstellung <strong>und</strong><br />
Aufrechterhaltung von Bindung geht, ist der direkte<br />
Vorgesetzte die entscheidende Größe. Deshalb sollte<br />
Beziehungsgestaltung ein zentrales Element in der<br />
Führungskräfteentwicklung sein.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
85<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Interviews mit führenden<br />
Thomas Kirchenkamp<br />
Kanzler der Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Experteninterview mit der Wilhelm Büchner Hochschule<br />
Thema: Die Rolle des berufsbegleitenden Fernstudiums in der Talententwicklung<br />
86<br />
Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen<br />
einem berufsbegleitenden Fernstudium <strong>und</strong> dem<br />
betrieblichen <strong>Talentmanagement</strong><br />
Thomas Kirchenkamp: Das berufsbegleitende Fernstudium<br />
ist ein starkes Instrument, um motivierte<br />
Mitarbeiter zu fördern <strong>und</strong> weiterzuentwickeln. Die<br />
akademische Qualifizierung ausgebildeter technischer<br />
Fachkräfte zu Informatikern oder Ingenieuren<br />
ist aufgr<strong>und</strong> des Fachkräftemangels ein zentrales<br />
Thema. Ich denke hier beispielsweise an einen Elektrotechniker,<br />
der sich durch ein Bachelor-Studium in<br />
Elektro- <strong>und</strong> Informationstechnik weiter qualifiziert.<br />
Geht es darum, Wissen zu einem ganz bestimmten<br />
Themenbereich wie Qualitäts- <strong>und</strong> Prozessmanagement<br />
ins Unternehmen zu holen, muss es oft kein<br />
komplettes Bachelor-Studium sein. Es gibt auch<br />
akademische Zertifikatslehrgänge, die spezifische<br />
Schwerpunkte aus einem Bachelor- oder Masterstudiengang<br />
herausgreifen. Leider findet das Potenzial,<br />
das in der akademischen Weiterentwicklung vorhandener<br />
Mitarbeiter steckt, bislang noch viel zu wenig<br />
Beachtung.<br />
Wie funktioniert ein berufsbegleitendes<br />
Fernstudium<br />
Thomas Kirchenkamp: Ein modernes Fernstudium<br />
beruht auf einem Methoden-Mix aus schriftlichen<br />
Studienmaterialien, Online-Studium, Präsenzphasen<br />
wie beispielsweise Laborkursen <strong>und</strong> persönlicher<br />
Betreuung. Auf Basis ausführlicher Studienhefte<br />
steuern die Fernstudierenden das Lernen eigenverantwortlich.<br />
Um die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen zu<br />
veranschaulichen, enthalten die Studienhefte<br />
zahlreiche praxisnahe Beispiele, Übungen <strong>und</strong><br />
schriftlich zu lösende Aufgaben. Wichtig ist, dass die<br />
Teilnehmer von ihren Tutoren eine individuelle Beurteilung<br />
ihrer Lernerfolge erhalten. Um neben fachlichem<br />
Wissen auch die kommunikativen <strong>und</strong> sozialen<br />
Kompetenzen der Studierenden auszubauen, arbeiten<br />
innovative Anbieter mit Chatrooms, Fachforen<br />
<strong>und</strong> virtuellen Seminarräumen auf einem hochschuleigenen<br />
Online-Campus.<br />
Wie viel Zeit muss in ein technisches Fernstudium<br />
investiert werden <strong>und</strong> wie lange dauert es<br />
Thomas Kirchenkamp: In der Regel ist von r<strong>und</strong> 15<br />
bis 20 St<strong>und</strong>en pro Woche auszugehen. Um Studium<br />
<strong>und</strong> Beruf vereinbaren zu können, sind flexible Rahmenbedingungen<br />
wichtig. Sie ermöglichen es, dass<br />
die Studierenden ihr Lerntempo <strong>und</strong> die Lernzeiten<br />
eigenverantwortlich an ihren persönlichen Alltag anpassen<br />
können. Bezüglich der Dauer eines berufsbegleitenden<br />
Fernstudiums herrscht oft die Vorstellung,<br />
dass es länger dauern müsse als ein Präsenzstudium.<br />
Ein Ergebnis aus einer Absolventenbefragung<br />
der Wilhelm Büchner Hochschule, die im Frühjahr<br />
2011 durchgeführt wurde, widerlegt dies: 85 Prozent<br />
der befragten Absolventen gaben an, ihren Abschluss<br />
in der Regelstudienzeit bzw. mit ein oder höchstens<br />
zwei Semestern mehr oder weniger geschafft zu<br />
haben.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Bildungsexperten<br />
Welche Vorteile haben Unternehmen, die das<br />
berufsbegleitende Fernstudium in ihr Weiterbildungsportfolio<br />
aufnehmen<br />
Thomas Kirchenkamp: Die Unternehmen profitieren<br />
von dem hohen Praxisbezug <strong>und</strong> dem intensiven<br />
Wissenstransfer, der vom ersten Tag des Studiums<br />
an stattfindet. Sie brauchen nicht mehrere Jahre zu<br />
warten, bis der „fertige“ Ingenieur, Betriebswirt oder<br />
Wirtschaftsinformatiker sein Wissen einbringt. Denn<br />
in einem Fernstudium werden Kompetenzerwerb <strong>und</strong><br />
Arbeitswelt von Studienbeginn an eng miteinander<br />
verknüpft: Die Studierenden bringen die fachliche<br />
Expertise aus ihrer einschlägigen Berufstätigkeit in<br />
das Studium ein. Gleichzeitig wenden sie ihr neu<br />
erworbenes Wissen direkt im Berufsalltag an. Diesen<br />
Praxisbezug bezeichnen wir gerne als den „Rückenwind“,<br />
der berufstätige Studierende antreibt.<br />
Ein weiterer Pluspunkt ist, dass kaum Arbeitszeit<br />
ausfällt, da das Studieren überwiegend in der Freizeit<br />
erfolgt.<br />
Welche Hausaufgaben müssen im Rahmen des<br />
betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />
erledigt werden, um mehr Mitarbeiter für ein<br />
Fernstudium zu gewinnen<br />
Thomas Kirchenkamp: Ich sehe hier drei Aufgaben:<br />
Erstens müssen die Führungskräfte in den entsprechenden<br />
Abteilungen dafür sensibilisiert werden,<br />
motivierte <strong>und</strong> leistungsbereite Fachkräfte als potenzielle<br />
Teilnehmer zu identifizieren. Zweitens gilt es,<br />
Modelle zu entwickeln, mit denen Beruf <strong>und</strong> Studium<br />
gut zu vereinbaren sind. Die Möglichkeiten reichen<br />
von finanzieller Unterstützung über flexible Arbeitszeitgestaltung<br />
bzw. einer Reduzierung der Arbeitszeit<br />
bis hin zu extra freien Tagen für die Prüfungsvorbereitung.<br />
Drittens empfiehlt es sich, Karrierewege zu<br />
definieren <strong>und</strong> zu kommunizieren. Sie zeigen Interessierten,<br />
welche Aufstiegsoptionen sie sich durch ein<br />
berufsbegleitendes Fernstudium eröffnen.<br />
Die Wilhelm Büchner Hochschule verfügt über<br />
jahrelange Erfahrung im Qualitätsmanagement.<br />
Welche Chancen sehen Sie für Unternehmen, die<br />
Qualitätsrichtlinien für das Management von<br />
Weiterbildung <strong>und</strong> Talentförderung einführen<br />
Thomas Kirchenkamp: Qualität ist ein Leitbild unserer<br />
Hochschule. Ein wichtiger Qualitätsbaustein<br />
beispielsweise ist die Zertifizierung nach ISO 9001.<br />
Diese stellt sicher, dass sämtliche Prozesse in allen<br />
Unternehmensbereichen den international anerkannten<br />
Richtlinien entsprechen. Darüber hinaus lassen<br />
wir sämtliche Studiengänge auf die vom deutschen<br />
Akkreditierungsrat definierten Qualitätskriterien überprüfen.<br />
Hinzu kommen weitere Qualitätssiegel. Für<br />
Unternehmen wird ein intensives Qualitätsmanagement<br />
im Bereich Bildung <strong>und</strong> Talentförderung ähnlich<br />
positive Auswirkungen haben: Es werden definierte<br />
Qualitätsstandards verbindlich etabliert <strong>und</strong> eingehalten;<br />
außerdem verankert sich der Qualitätsanspruch<br />
in der tagtäglichen Arbeit. Letztendlich profitiert die<br />
berufliche Weiterentwicklung der Talente im Unternehmen<br />
<strong>und</strong> mit ihr die Innovations- <strong>und</strong> Konkurrenzfähigkeit<br />
des Unternehmens.<br />
87<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Dennis Dennert<br />
Pressesprecher<br />
Deutsche Telekom<br />
Markus Lecke<br />
Leiter Team Bildungspolitik<br />
Deutsche Telekom<br />
Experteninterview mit der Deutschen Telekom<br />
Thema: Zielgruppenspezifisches Lernen im Unternehmen<br />
88<br />
Gibt es bei der Deutschen Telekom ein<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
Markus Lecke: Wir haben zum einen den Bereich<br />
Bildungspolitik, der sich übergeordnet im Konzern<br />
mit Bildung wie dem Angebot berufsbegleitender<br />
Studiengänge oder der Auswahl akademischer Kooperationspartner<br />
beschäftigt. Zum anderen liegen<br />
die Aufgaben des klassischen Bildungsmanagements<br />
bei uns in der Verantwortung des Competence Center<br />
Human Resources Development. Dieses ist wiederum<br />
in unterschiedliche Bereiche unterteilt. <strong>Talentmanagement</strong>,<br />
also die systematische Identifizierung,<br />
Förderung <strong>und</strong> Bindung besonders leistungsfähiger<br />
Mitarbeiter, ist einer dieser Bereiche.<br />
Wie sähen Ihrer Meinung nach die perfekten<br />
Rahmenbedingungen für ein gutes betriebliches<br />
Bildungsmanagement aus<br />
Markus Lecke: Zunächst muss das Unternehmen<br />
die gr<strong>und</strong>legenden Ziele <strong>und</strong> Rahmenbedingungen<br />
des betrieblichen Bildungsmanagements definieren.<br />
Es muss klar werden, wie die Bildungsbedarfe<br />
identifiziert <strong>und</strong> der Erfolg von Maßnahmen ermittelt<br />
werden. Ein gutes Bildungsmanagement ist in die<br />
Führungsaufgaben integriert <strong>und</strong> stellt eine Verbindung<br />
zwischen dem Bedarf der Mitarbeiter <strong>und</strong> den<br />
Unternehmenszielen her. Es müssen individuelle<br />
Entwicklungsgespräche, sei es einzeln, sei es im<br />
Rahmen des Mitarbeitergespräches, geführt werden.<br />
Daneben sollte der Mitarbeiter die Möglichkeit haben,<br />
sich durch eine unabhängige Bildungsberatung individuell<br />
<strong>und</strong> vertraulich beraten zu lassen. Schließlich<br />
ist auch wichtig, dass allen Mitarbeitern ein Forum<br />
oder Tool bereitgestellt wird, über das sie ihr Feedback<br />
an die Verantwortlichen herantragen können.<br />
Inwiefern sollte sich Bildungsmanagement an<br />
betrieblichen Zielgruppen orientieren<br />
Markus Lecke: Klar muss sein, dass alle Zielgruppen<br />
eines Unternehmens in das Bildungsmanagement<br />
integriert werden. Das ist ein wesentliches Qualitätskriterium<br />
exzellenter Mitarbeiterförderung. Jeder<br />
Mitarbeiter ist einzigartig <strong>und</strong> muss deshalb auch<br />
im Bildungsmanagement einzeln betrachtet werden.<br />
Über ein festes Kompetenzmanagementsystem sollten<br />
individuelle Entwicklungspotenziale identifiziert<br />
<strong>und</strong> unter Berücksichtigung der Unternehmensziele<br />
Strategien zu deren Hebung erarbeitet werden. Die<br />
konkrete Ausarbeitung der Konzepte unterscheidet<br />
sich dann von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. Dabei sollte<br />
beachtet werden, dass sich die Bildungsplanung<br />
nicht nach den Qualifikationen der Mitarbeiter zu<br />
richten hat, sondern nach den Kompetenzen <strong>und</strong> der<br />
tatsächlichen Leistung.<br />
Welche Lernformen sind für welche Zielgruppen<br />
am besten geeignet<br />
Markus Lecke: Zunächst mal muss man hier zwischen<br />
Altersgruppen unterscheiden. Mitarbeiter über 40<br />
lernen anders als ihre jüngeren Kollegen. Die optimale<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Lösung ist sicherlich lebensphasenorientiertes Lernen<br />
– allerdings setzen die meisten Unternehmen das<br />
bisher so nicht um. Eine sehr effektive Methode ist es,<br />
formelles Lernen durch informelles Lernen anzureichern<br />
<strong>und</strong> den Austausch zwischen den Mitarbeitern<br />
anzuregen, zum Beispiel mit Hilfe von Peergroupmeetings<br />
in sozialen Netzwerken.<br />
Dennis Dennert: Bei der Diskussion um zielgruppengerichtetes<br />
Lernen spielt beginnend bei der Erstausbildung<br />
das Thema Lernprozessbegleitung eine<br />
wesentliche Rolle. Dabei ist nicht nur die didaktische<br />
Methode ausschlaggebend, sondern auch die Vermittlung<br />
von Eigenverantwortung.<br />
Stichwort „Diversity“ – wie wird das Thema im<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> bei der<br />
Telekom abgebildet<br />
Dennis Dennert: Einer der Schwerpunkte unseres<br />
„Diversity“-Verständnisses ist die vielfältige Mischung<br />
von Generationen. Das Mentorenprinzip, dass der<br />
Senior den Junior ausbildet <strong>und</strong> berät, ist ja weit verbreitet.<br />
In unserem „Reverse-Mentoring“-Programm<br />
wenden wir auch das umgekehrte Prinzip an. Gerade<br />
wenn es um Social Media <strong>und</strong> ähnliche Themen geht,<br />
sind jüngere Mitarbeiter den Älteren oftmals voraus<br />
<strong>und</strong> können selber als Mentoren tätig werden.<br />
Wie hoch schätzen Sie aktuell den Stellenwert<br />
von informellem Lernen bei Ihren Zielgruppen<br />
ein<br />
Markus Lecke: Informelles Lernen funktioniert schon<br />
sehr lange, ohne dass wir es explizit beim Namen<br />
nennen. Die Angebote des Austausches sind gewachsen.<br />
Blogs, Netzwerke <strong>und</strong> generell Web 2.0 Formate<br />
haben die Möglichkeiten des informellen Lernens professionalisiert.<br />
Gleichzeitig fand ein Umdenken in der<br />
Arbeitswelt statt, das die Entwicklung noch bestärkte.<br />
Es wird heute weniger auf die formale Qualifikation als<br />
auf die Kompetenzen der Mitarbeiter geachtet. Bei der<br />
Telekom haben wir ein konzernweites Kompetenzmodell<br />
zur Einschätzung <strong>und</strong> Bewertung der Mitarbeiter<br />
eingeführt. Natürlich darf man nicht aus den Augen<br />
verlieren, dass gerade informelles Lernen nur sehr<br />
schwer systematisch erfasst <strong>und</strong> gemessen werden<br />
kann. Das stellt das Bildungscontrolling vor Probleme.<br />
Kann denn der Mehrwert von Bildungsmaßnahmen<br />
überhaupt durch das Bildungscontrolling<br />
erfasst werden<br />
Markus Lecke: Der generierte Mehrwert kann durchaus<br />
gemessen werden, allerdings nicht in Quartalszahlen,<br />
sondern mittelfristig zum Beispiel über die<br />
Veränderungen in den individuellen Kompetenzprofilen<br />
der Mitarbeiter bzw. der Leistung der Mitarbeiter.<br />
89<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit der Deutschen Telekom<br />
90<br />
Wie muss ein gutes Bildungscontrolling<br />
aussehen<br />
Markus Lecke: Zunächst gilt es, für Bildungsmaßnahmen<br />
Ziele zu definieren <strong>und</strong> diese jeweils mit<br />
überprüfbaren Kriterien zu hinterlegen. Diese Zielvereinbarung<br />
sollte zwischen Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskraft<br />
erfolgen <strong>und</strong> auf einem firmenweiten Kompetenzmanagementsystem<br />
fußen. Im Anschluss muss<br />
identifiziert werden, inwieweit diese Ziele erreicht<br />
wurden. Die Abfrage der Zufriedenheit im Anschluss<br />
einer Maßnahme lässt allerdings kaum einen Schluss<br />
auf die dadurch erzielten Effekte zu. Bewertet wird<br />
dann eher das Ambiente <strong>und</strong> die Kompetenz bzw.<br />
Eloquenz der Trainer. Besser ist es, im Abstand von<br />
mehreren Wochen noch einmal ein Entwicklungsgespräch<br />
zwischen Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskraft<br />
anzusetzen, in welchem überprüft wird, ob durch die<br />
Maßnahmen die definierten Ziele erreicht werden<br />
konnten, zum Beispiel über die Veränderungen in den<br />
individuellen Kompetenzprofilen.<br />
Wie können Unternehmen betriebliches Bildungsmanagement<br />
im Rahmen ihrer Employer<br />
Branding Strategie nutzen<br />
Markus Lecke: Für junge Fachkräfte ist das Image<br />
der Firma, in der sie künftig arbeiten wollen, sehr<br />
wichtig, sogar wichtiger als das Gehalt. Ein gutes<br />
Bildungsmanagement stärkt <strong>und</strong> pflegt dieses Image<br />
erheblich. Ein gut strukturiertes Angebot an Maßnahmen<br />
der Qualifizierung, das sowohl dem Interesse<br />
der Mitarbeiter auf eine Steigerung der Employability<br />
als auch den Unternehmenszielen Rechnung trägt,<br />
wirkt sich sehr positiv auf die Mitarbeiterbindung aus.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
91
Experteninterviews HR<br />
Thomas Bauer<br />
Leiter Personalplanung/<br />
-gewinnung <strong>und</strong> Organisation<br />
Emschergenossenschaft/<br />
Lippeverband<br />
Michael Backes<br />
Leiter Personalentwicklung<br />
Emschergenossenschaft/<br />
Lippeverband<br />
Experteninterview mit der Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />
Thema: Unternehmenskultur <strong>und</strong> Bildung<br />
92<br />
Herr Backes, Sie sind bereits lange im Bereich<br />
der Personalentwicklung tätig. Messen Unternehmen<br />
dem Thema Bildung heute mehr Bedeutung<br />
bei als früher<br />
Michael Backes: Definitiv. Die Unternehmen verstehen<br />
zunehmend, dass sie Mitarbeiter brauchen, die<br />
am Puls der Zeit arbeiten können, die vorbereitet sind<br />
auf neue Aufgaben <strong>und</strong> diese aktiv angehen wollen<br />
<strong>und</strong> können.<br />
Thomas Bauer: Viele Firmen in Deutschland agieren<br />
heute zielgerichteter <strong>und</strong> richten sich nach den<br />
Bedarfen der jeweiligen Zielgruppe aus. Die Verantwortlichkeiten<br />
sind heute genauer definiert. Bildungsmanagement<br />
ist in Großunternehmen häufig als Führungsaufgabe<br />
definiert <strong>und</strong> wird mit Verantwortung<br />
belegt. Auch das Angebot der Bildungsmaßnahmen<br />
ist stark gewachsen.<br />
Wie steht Deutschland in punkto Bildungsmanagement<br />
im internationalen Vergleich da<br />
Michael Backes: Ich würde sagen irgendwo im Mittelfeld.<br />
Das größte Problem ist, dass dem Bildungsmanagement<br />
in sehr vielen Unternehmen der rote<br />
Faden fehlt. Es wird zu oberflächlich weitergebildet.<br />
Die Angebote sind weder auf die Bedarfe des Unternehmens<br />
noch auf die Wünsche des Mitarbeiters<br />
abgestimmt. Dadurch gelingt es nicht, Maßnahmen<br />
dort einzusetzen, wo sie benötigt werden. Aus meiner<br />
Erfahrung kann ich sagen, dass häufig ein stichfestes<br />
Qualitätsmanagement der Bildungsangebote fehlt, so<br />
dass die Qualität nicht selten mangelhaft ist.<br />
Mit Blick auf das Qualitätsmodell des Deutschen<br />
<strong>Bildungspreis</strong>es: welche Aspekte scheinen Ihnen<br />
besonders wichtig<br />
Michael Backes: Zunächst einmal ist die Verankerung<br />
der Bildung in den Leitlinien des Unternehmens<br />
essenziell. Ein Unternehmen muss sein Bildungsmanagement<br />
strategisch ausrichten <strong>und</strong> dafür Sorge<br />
tragen, dass nicht an den Bedarfen „vorbeigebildet“<br />
wird. Dafür ist es sicherlich notwendig, dass Vorstand<br />
<strong>und</strong> Personalentwicklung im engen Austausch stehen.<br />
Dieser Austausch muss institutionalisiert sein.<br />
Gleiches gilt für die Führungsphilosophie einer Organisation.<br />
Bildung muss systematisch in den Köpfen<br />
aller Beteiligten verankert werden, denn das ist die<br />
Basis für die Implementierung des Bildungsmanagements.<br />
Ausgangspunkt ist das Bekenntnis <strong>und</strong> die<br />
Verpflichtung der Führungskräfte zur Weiterbildung.<br />
Darüber hinaus halte ich es für sehr wichtig, alle Mitarbeiter<br />
in das Bildungsmanagement zu integrieren.<br />
Das ist zweifelsohne eine große Herausforderung,<br />
derer man sich in der Praxis oft nicht stellt, aber sie<br />
ist für den Unternehmenserfolg ausschlaggebend.<br />
Wie funktioniert die strategische Anbindung des<br />
Bildungsmanagements an das Unternehmen<br />
Michael Backes: Die Geschäftsführung legt die<br />
Hauptaufgaben der Geschäftsbereiche langfristig<br />
fest. Aus diesen Hauptaufgaben werden die Hauptziele<br />
für die Bildungsplanung definiert, die von den<br />
Führungskräften jahresbezogen auf die eigenen<br />
Mitarbeiter gespiegelt werden. Durch Mitarbeitergespräche<br />
<strong>und</strong> Zielvereinbarungen werden diese<br />
Ziele festgehalten <strong>und</strong> zu einem späteren Zeitpunkt<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
im Rahmen des Bildungscontrollings evaluiert. Dem<br />
geht eine Bedarfsanalyse voraus, bei der im Vorfeld<br />
Arbeitsplatzprofile <strong>und</strong> Anforderungsanalysen erstellt<br />
werden.<br />
Thomas Bauer: Diesen Prozess können <strong>und</strong> sollten<br />
Unternehmen aller Größen <strong>und</strong> Branchen leisten. Die<br />
Emschergenossenschaft als mittelständisches Unternehmen<br />
beispielsweise handhabt das in der Weise<br />
seit vielen Jahren.<br />
Welche Rolle sollten die Mitarbeiter bei der Festlegung<br />
ihrer Bildungsziele spielen<br />
Michael Backes: Die Mitarbeiter sollten ihre Bildungsziele<br />
gemeinsam mit der Führungskraft definieren <strong>und</strong><br />
darüber hinaus auch gleich die Kriterien bestimmen,<br />
mit welchen die Erreichung dieser Ziele gemessen<br />
werden kann. Das ist ein sehr aufwändiger Vorgang, der<br />
sich aber wirklich lohnt.<br />
Thomas Bauer: Wir haben aus der Praxis gelernt,<br />
dass man von den Führungskräften nicht erwarten<br />
kann, dass sie alle Bildungsziele mit allen Mitarbeitern<br />
definieren. Wir pflegen eine Kultur der Offenheit,<br />
in der sich Führungskräfte auch helfen lassen. In einem<br />
Dialog zwischen Führungskraft, Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
Personalentwicklung werden dann die Ziele abgeleitet.<br />
Gr<strong>und</strong>lage ist die Stellenausschreibung, in der<br />
alle wichtigen Kompetenzen der Position beschrieben<br />
sind. Das ist pragmatisch handhabbar.<br />
Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur für<br />
das Bildungsmanagement<br />
Michael Backes: Die Unternehmenskultur ist sicherlich<br />
ein Schlüsselfaktor. Ohne eine transparente,<br />
offene Unternehmenskultur fehlt dem Bildungsmanagement<br />
die notwendige Basis. Um die Mitarbeiter<br />
leistungsfähig <strong>und</strong> motiviert zu halten, braucht es<br />
die richtigen betrieblichen Rahmenbedingungen. Wir<br />
setzen hierbei ganz klar einen Fokus auf die Themen<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Bildung <strong>und</strong> gute Führung.<br />
Welche Bedeutung haben Innovationen im Bildungsmanagement<br />
Michael Backes: Man muss als Unternehmen immer<br />
offen sein für innovative Konzepte. Allerdings sollte<br />
auch hinterfragt werden, ob <strong>und</strong> inwiefern neue<br />
Konzepte <strong>und</strong> Maßnahmen sinnvoll sind. Was man<br />
als Innovation definiert, hängt stark davon ab, durch<br />
was für eine Unternehmenskultur, Position <strong>und</strong> Größe<br />
eine Firma charakterisiert ist.<br />
Thomas Bauer: Als Personaler sollte man da realistisch<br />
sein. In einem traditionellen, seriösen Unternehmen<br />
lassen sich nicht die gleichen Konzepte verwirklichen<br />
wie in einer jungen IT-Firma.<br />
93<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit der Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />
94<br />
Die Unternehmenskultur spielt auch bei der Rekrutierung<br />
von neuen Mitarbeitern eine wesentliche<br />
Rolle. Wie kann sich ein Unternehmen am<br />
besten im „War for Talents“ positionieren<br />
Thomas Bauer: Wiederum ist hier die Bedarfsanalyse<br />
von zentraler Bedeutung, denn sie bildet den Ausgangspunkt<br />
für die mittel- <strong>und</strong> langfristige Personalplanung<br />
unter Berücksichtigung des Wettbewerbs.<br />
Schließlich gilt es, seine Arbeitgeberattraktivität<br />
durch Instrumente zu stärken, die passend <strong>und</strong><br />
glaubwürdig sind. Man muss eruieren, wo ein Engagement<br />
Sinn macht. Als traditionelles Unternehmen<br />
macht es keinen Sinn, bisherige Wege der Personalbeschaffung<br />
komplett zu verlassen. Vielmehr geht es<br />
darum, zielgruppenorientiert zu rekrutieren, das heißt<br />
sowohl klassische als auch neue Medien zu nutzen.<br />
Die Diversifizierung der Kanäle ist für mich nur dann<br />
ein Qualitätskriterium, wenn sie damit den richtigen<br />
Mitarbeiter für die passende Stelle erreichen.<br />
Was erwarten denn die Bewerber von einem<br />
guten Arbeitgeber<br />
Thomas Bauer: Wir beobachten, dass junge Arbeitnehmer,<br />
befragt nach ihrem bevorzugten Arbeitgeber,<br />
andere Prioritäten angeben als noch vor einigen Jahren.<br />
Geld als einziger Anreiz funktioniert schon lange<br />
nicht mehr. Hochqualifizierte Mitarbeiter beurteilen<br />
das Unternehmen immer mehr anhand weicher Faktoren.<br />
Sie achten auf Image <strong>und</strong> Unternehmenskultur,<br />
das soziale Umfeld, die Kollegen. Auch die Sicherheit<br />
des Arbeitsplatzes spielt eine Rolle, genauso wie der<br />
Erhalt der Work-Life-Balance. Darüber hinaus wird<br />
vielfach auf Sozialleistungen geachtet.<br />
Michael Backes: Besonders die Karriereplanung ist<br />
wichtig. Die Personalentwicklung muss dafür sorgen,<br />
dass eine Karriereplanung vorhanden ist. Dazu<br />
müssen die Unternehmensstrukturen transparent<br />
sein. Ein neuer Mitarbeiter sollte seine Entwicklungsperspektiven<br />
<strong>und</strong> -möglichkeiten kennen, das trägt<br />
entscheidend zur Motivation bei.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
95
Experteninterviews HR<br />
Heike Glock<br />
Mitarbeiterentwicklung<br />
Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />
Experteninterview mit der Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />
Thema: Unternehmensindividuelle Lösungen im Bildungsmanagement<br />
96<br />
Wie ist das Bildungsmanagement bei<br />
Endress+Hauser aufgebaut<br />
Heike Glock: Wir nutzen eher den Begriff Personalentwicklung.<br />
Die Personalentwicklung ist in der<br />
HR-Abteilung integriert <strong>und</strong> wir arbeiten sehr eng mit<br />
den anderen HR-Kollegen zusammen. Dadurch sind<br />
wir beispielsweise in den Workflow für Neueinstellungen<br />
<strong>und</strong> Versetzungen integriert. Das heißt, wir<br />
können hier auf Neueinstellungen <strong>und</strong> Versetzungen<br />
sofort reagieren <strong>und</strong> die Mitarbeiter für entsprechende<br />
Maßnahmen, zum Beispiel Einführungsschulungen<br />
vorsehen oder maßgeschneiderte Maßnahmen für ein<br />
verändertes Aufgabenspektrum entwickeln.<br />
Durch unsere sehr offene Kultur haben wir kurze <strong>und</strong><br />
direkte Wege zu allen Ebenen <strong>und</strong> Bereichen <strong>und</strong><br />
sind mittendrin.<br />
Wie kann ein Unternehmen Bildungsmanagement<br />
an seinen Bedürfnissen ausrichten<br />
Heike Glock: Für mich bedeutet Qualität im Bildungsmanagement,<br />
dass alle Maßnahmen an den Bedürfnissen<br />
des Unternehmens <strong>und</strong> des Mitarbeiters gleichermaßen<br />
ausgerichtet sind. Das bezieht sich zum<br />
einen auf die Lernformen, aber in besonderem Maße<br />
auch auf die Inhalte. Nur wenn diese unternehmensindividuell<br />
gestaltet sind, also die tatsächlichen Gegebenheiten<br />
im Unternehmen <strong>und</strong> die Aufgaben an<br />
den einzelnen Arbeitsplätzen einbeziehen, kann der<br />
Mitarbeiter wirklich davon profitieren. Das bedeutet<br />
zum Beispiel auch, dass Weiterbildung funktionsindividuell,<br />
also speziell für jede Funktion <strong>und</strong> Tätigkeit<br />
konzipiert sein muss.<br />
Wie wird das bei Endress+Hauser umgesetzt<br />
Heike Glock: Wir arbeiten mit einer Mischung aus<br />
Standardschulungen <strong>und</strong> individuellen Lösungen, die<br />
in enger Abstimmung mit der Führungskraft eingesetzt<br />
werden. Außerdem jobbegleitende Maßnahmen<br />
– die kann man nicht standardisieren, sondern die<br />
müssen immer einen ganz engen Bezug zum Unternehmensalltag<br />
haben. Bei unseren Seminaren achten<br />
wir darauf, dass bei allen Inhouse-Angeboten unsere<br />
Spezifika einbezogen werden, das heißt, bei externen<br />
Anbietern entwickeln wir die Inhalte gemeinsam.<br />
Welche Bedeutung hat informelles Lernen<br />
Heike Glock: Informelles Lernen wird immer wichtiger,<br />
besonders, wenn es darum geht, bedarfsgerecht<br />
zu lernen. Es gibt nun einmal verschiedene Lerntypen,<br />
davor darf das Bildungsmanagement die Augen<br />
nicht verschließen. Informelles Lernen ist jedoch<br />
ganz stark Frage der Unternehmenskultur <strong>und</strong> kann<br />
vom Bildungsmanagement nur begrenzt beeinflusst<br />
werden. Wichtig ist der offene Umgang miteinander.<br />
Wir versuchen das zum Beispiel mit interdisziplinären<br />
Arbeitskreisen, Plattformen, unserem Wiki <strong>und</strong> einer<br />
Chatfunktion am PC zu unterstützen.<br />
Was ist noch entscheidend für den Erfolg<br />
des Bildungsmanagements<br />
Heike Glock: Die Nachhaltigkeit – Weiterbildung<br />
muss immer am konkreten Bedarf der Mitarbeiter orientiert<br />
sein. Und es darf kein „Lernen auf Vorrat“ sein,<br />
sondern muss sofort in die Praxis umgesetzt werden.<br />
Nur dann bleibt wirklich etwas hängen <strong>und</strong> nur so<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
können die Prozesse im Unternehmen langfristig optimiert<br />
werden. Methodik <strong>und</strong> Didaktik sind natürlich<br />
auch sehr wichtig.<br />
Wie erreichen Sie die Mitarbeiter<br />
mit Ihren Angeboten<br />
Heike Glock: Die Weiterbildung wird in den Mitarbeitergesprächen<br />
geplant. Dabei werden die Wünsche<br />
des Mitarbeiters <strong>und</strong> der Bedarf am Arbeitsplatz<br />
zusammengebracht. Jeder bekommt dann einen individuellen<br />
Vorschlag, für dessen Umsetzung er selbst<br />
verantwortlich ist. Das heißt, die Mitarbeiter kommen<br />
meist von allein zu uns. Uns ist wichtig, dass<br />
Weiterbildung nicht von oben verordnet ist, sondern<br />
auf freiwilliger Basis geschieht – quasi Lernen aus<br />
einer Selbsterkenntnis heraus. Dafür ist die Unternehmenskultur<br />
natürlich besonders wichtig. Das geht<br />
nur, wenn Bildung als Wert vom Management getragen<br />
<strong>und</strong> aktiv gelebt wird.<br />
Welche Fähigkeiten muss ein Bildungsmanager<br />
dafür mitbringen<br />
Heike Glock: Am wichtigsten ist die Erfahrung innerhalb<br />
des Unternehmens. Ich muss das Unternehmen,<br />
die Abläufe, die Entscheider, das Zusammenspiel der<br />
verschiedenen Abteilungen <strong>und</strong> die Herausforderungen<br />
der einzelnen Tätigkeiten sehr gut kennen, um<br />
eine übergreifende <strong>und</strong> strategische Perspektive einnehmen<br />
zu können. Nur, wenn ich das Unternehmen<br />
wirklich kenne, kann ich passgenaue Bildungsangebote<br />
erstellen. Und Erfahrung hilft zudem auch bei<br />
der Anerkennung der eigenen Person aber auch des<br />
Bildungsmanagements bei der Geschäftsführung.<br />
97<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Klaus Schöneberger<br />
Leiter Personalentwicklung<br />
GOTHAER Versicherungen<br />
Matthias Wendler<br />
Bereich Personalentwicklung<br />
GOTHAER Versicherungen<br />
Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />
Thema: Bildung als wichtigste Aufgabe der Personalentwicklung<br />
98<br />
Was verstehen Sie unter betrieblichem<br />
Bildungsmanagement<br />
Klaus Schöneberger: Ich persönlich sehe darin alle<br />
Prozesse vereint, die dazu beitragen, die Mitarbeiter<br />
im Unternehmen optimal auf jetzige <strong>und</strong> zukünftige<br />
Aufgaben vorzubereiten. Dem Bildungsmanagement<br />
muss ganz klar ein Managementzyklus zugr<strong>und</strong>e liegen:<br />
Erfassen des Bedarfs, Ableiten von Maßnahmen,<br />
Evaluation der Maßnahmen <strong>und</strong> ggf. Interventionssteuerung.<br />
Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Wissensmanagement<br />
Matthias Wendler: Das Wissensmanagement gewinnt<br />
in dem Maße an Bedeutung wie informelles Lernen<br />
zunimmt. Das Wissen in den Unternehmen wächst<br />
stetig – den Überblick zu behalten <strong>und</strong> Erfahrungswissen<br />
so punktgerichtet zur Verfügung zu stellen,<br />
dass daraus Lerneffekte gezogen werden können,<br />
ist ein ganz wesentlicher Benefit für das Bildungsmanagement.<br />
In dem Moment, in dem ich Wissen im<br />
Unternehmen bereitstelle, stelle ich auch ein mögliches<br />
Lernfeld bereit.<br />
Stichwort informelles Lernen: wie können Unternehmen<br />
hier optimale Rahmenbedingungen<br />
schaffen<br />
Matthias Wendler: Bei uns ist ein wichtiges Stichwort<br />
in diesem Zusammenhang die kollegiale Beratung.<br />
Wir stellen Settings zur Verfügung, in denen es den<br />
Mitarbeitern ermöglicht wird, Wissen <strong>und</strong> Erfahrungen<br />
zu teilen <strong>und</strong> weiterzugeben, um dadurch Lernprozesse<br />
anzuregen. So finden Vernetzung <strong>und</strong> informelles<br />
Lernen statt, nicht nur auf der kognitiven, sondern<br />
auch auf der Verhaltensebene. Dabei wird die Bedeutung<br />
sozialer Netzwerke weiter zunehmen.<br />
Klaus Schöneberger: Die kollegiale Beratung funktioniert<br />
bereichsübergreifend <strong>und</strong> hat auch einen positiven<br />
Effekt auf die Kultur <strong>und</strong> das Miteinander. Die<br />
Mitarbeiter lernen sich kennen <strong>und</strong> bauen Vertrauen<br />
auf. Wir beobachten, dass die gegenseitige Hilfsbereitschaft<br />
wächst, dass sich Kollegen anrufen, wenn<br />
es Probleme gibt.<br />
Wie lässt sich Bildungsmanagement nachhaltig<br />
im Unternehmen verankern<br />
Klaus Schöneberger: Wichtig ist, dass Bildung ganz<br />
fest als Unternehmensziel definiert ist. Das heißt,<br />
dass es in den Unternehmensleitlinien verankert ist.<br />
Es muss zugleich Führungsaufgabe sein, die Führungskräfte<br />
müssen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter<br />
als wichtigste Aufgabe begreifen.<br />
Muss das Thema Bildung im Organigramm<br />
sichtbar werden<br />
Matthias Wendler: Das halte ich in einer Organisation<br />
unserer Größe für wichtig. Das Thema braucht Präsenz,<br />
muss ausdrücklich für alle Mitarbeiter sichtbar<br />
werden.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Klaus Schöneberger: Bei kleineren Unternehmen<br />
wäre es vielleicht kontraproduktiv, das Thema Bildung<br />
so arbeitsteilig zu organisieren <strong>und</strong> zu verankern<br />
– dennoch ist es auch hier wichtig, dass die<br />
Mitarbeiter wissen, wer als Ansprechpartner fungiert<br />
<strong>und</strong> an wen sie sich wenden können. Letztendlich ist<br />
die Organisationsform des betrieblichen Bildungsmanagements<br />
immer auch abhängig von der Größe des<br />
Unternehmens.<br />
Wie kann das Thema Bildung bestmöglich in den<br />
Führungsaufgaben verankert werden<br />
Klaus Schöneberger: Wir haben eine verpflichtende<br />
Leistungs- <strong>und</strong> Potenzialbeurteilung, bei der Führungskräfte<br />
in Gesprächen mit den Mitarbeitern die<br />
heutigen Leistungen thematisieren <strong>und</strong> bewerten <strong>und</strong><br />
auch die Potenziale analysieren. Es wird also auch<br />
auf die potenziellen Karrierepfade Bezug genommen<br />
<strong>und</strong> entsprechende Fördermaßnahmen identifiziert.<br />
Die Basis hierfür bildet bei der Gothaer ein Kompetenzmodell,<br />
das sich durch alle Personalinstrumente<br />
zieht. Auch unser Bildungskatalog orientiert sich am<br />
Kompetenzmodell.<br />
Inwieweit lässt sich der Erfolg des<br />
Bildungsmanagements in der Praxis bestimmen<br />
Matthias Wendler: Bei der Gothaer wird es in Zukunft<br />
so aussehen, dass die Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskräfte<br />
im Vorfeld einer Maßnahme Lernziele<br />
definieren <strong>und</strong> diese ins Bildungssystem einstellen.<br />
Nach einem gewissen Zeitraum werden beide dann<br />
von uns gefragt, welche Erwartungen <strong>und</strong> Ziele<br />
realisiert wurden. So erhalten wir als Bildungsmanagement<br />
ein wirklich gutes Wirkungscontrolling.<br />
Halten Sie es für wichtig, als Bildungsmanager<br />
einen Überblick zu haben wie sich die Kompetenzen<br />
der Mitarbeiter in Gänze entwickeln<br />
Klaus Schöneberger: Ich halte es durchaus für ein<br />
Qualitätskriterium des Bildungsmanagements, ob ein<br />
Unternehmen in der Lage ist, zentral fachliche <strong>und</strong><br />
methodische Qualifikationen aller Mitarbeiter parat zu<br />
haben. Das trifft aber nur auf die Hard Skills zu, bei<br />
den Soft Skills macht das weniger Sinn. Hier sehe ich<br />
das gr<strong>und</strong>legende Problem der Vergleichbarkeit – die<br />
Führungskräfte beurteilen bei uns die Ausprägung<br />
von einzelnen Soft Skills nicht im Hinblick auf einen<br />
abstrakten Maßstab, sondern mit Blick auf die Anforderungen<br />
der aktuellen Funktion.<br />
Was sind die wichtigsten Kennzahlen, die ein<br />
Unternehmen im Bildungsmanagement haben<br />
muss<br />
Matthias Wendler: Auf jeden Fall die Bildungstage<br />
pro Mitarbeiter, die Qualifizierungsquote. Daneben<br />
ist die Qualifizierungstiefe interessant, der Blick auf<br />
die aktiven Nutzer der Bildungsmaßnahmen: Gibt<br />
es bestimmte Mitarbeitergruppen bzw. Abteilungen,<br />
die sich besonders intensiv oder solche, die sich<br />
kaum beteiligen Die Ergebnisse solcher Analysen<br />
ermöglichen zuerst ein Steuern <strong>und</strong> Überprüfen von<br />
Bildungsmaßnahmen.<br />
99<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />
100<br />
Braucht man als Unternehmen eine Software<br />
zum Handling des Bildungsmanagements<br />
Matthias Wendler: Ich glaube, es geht nicht mehr<br />
ohne eine gute Software. Wer Bildungsangebote<br />
effizient organisieren, schnell auf Auswertungen<br />
zugreifen <strong>und</strong> eLearning Angebote bequem verwalten<br />
<strong>und</strong> in Lernprozesse einbinden will, braucht ein Bildungssystem,<br />
das an die Bedürfnisse der verschiedenen<br />
Nutzergruppen angepasst <strong>und</strong> sehr einfach zu<br />
bedienen ist.<br />
Klaus Schöneberger: Wir haben eine Bildungsplattform,<br />
die ins Intranet integriert ist. Wir haben Foren,<br />
Chatrooms <strong>und</strong> Datenbanken eingerichtet, die auch<br />
gut genutzt werden. Die Funktionalitäten sollen sich<br />
auch zukünftig immer weiterentwickeln. Der Austausch<br />
zu Fachthemen in Chatrooms <strong>und</strong> Foren ist<br />
ausdrücklich gewollt. Es ist sehr wichtig, die Teilnehmer<br />
von Bildungsmaßnahmen in Vorbereitungs- <strong>und</strong><br />
Nachbereitungsphasen miteinander in Kontakt zu<br />
bringen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
101
Experteninterviews HR<br />
Cornelia Andresen<br />
HR Integrated Services Team<br />
IBM<br />
Ralf Essigke<br />
Managing Learning<br />
Consultant<br />
IBM<br />
Johannes Förderreuther<br />
IBM Global Business Services<br />
IBM<br />
Alike Pietsch<br />
Leader IMT Germany Skill<br />
Development Center, IBM<br />
102<br />
Experteninterview mit IBM<br />
Thema: Bildungsmanagement im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Wie positioniert sich IBM im sogenannten „War<br />
for Talents“<br />
Alike Pietsch: Auch als großes IT-Unternehmen stellen<br />
wir fest, dass die Anzahl an qualifizierten Bewerbungen<br />
in den IT-spezifischen Bereichen abgenommen<br />
hat <strong>und</strong> dass der Kampf um die besten Talente<br />
im deutschen Markt härter geworden ist. Dieser Trend<br />
hält aus unserer Sicht an.<br />
Da wir als global integriertes Unternehmen, das länderübergreifend<br />
<strong>und</strong> in internationalen Projektteams<br />
arbeitet, weltweit hochqualifizierte Mitarbeiter haben,<br />
hat diese Situation allerdings bislang keine wesentlichen<br />
Auswirkungen auf uns.<br />
Ralf Essigke: Unser Ziel ist es auch in Deutschland,<br />
die besten Talente für IBM zu gewinnen. Wir arbeiten<br />
hier sehr eng mit Universitäten zusammen <strong>und</strong><br />
haben eine Reihe neuer Personalmarketingaktivitäten<br />
gestartet, um die besten Absolventen frühzeitig kennenzulernen,<br />
ihnen Einblick in die IBM zu geben <strong>und</strong><br />
sie für IBM zu begeistern. Dies gilt natürlich auch für<br />
Experten <strong>und</strong> Führungskräfte aus unterschiedlichen<br />
Bereichen.<br />
Johannes Förderreuther: Wir gehen auf die aktuellen<br />
Anforderungen azf dem Arbeitsmarkt ein <strong>und</strong><br />
richten unser Recruitment immer entsprechend den<br />
aktuellen Veränderungen in den Märkten <strong>und</strong> unsere<br />
Anforderungen, die wir als Globally Integrated<br />
Company an die Bewerber stellen, aus. Mit der „New<br />
Generation/Digital Natives“, die andere Ansprüche an<br />
Unternehmen stellen <strong>und</strong> auch anders angesprochen<br />
werden wollen, verändert sich auch die Zielgruppenansprache.<br />
Immer stärker genutzt werden soziale<br />
Netzwerke <strong>und</strong> die proaktive Suche nimmt zu. Darauf<br />
stellen wir uns mit unseren Recruitment-Maßnahmen<br />
ein. Auch die Gestaltung der Bildungsmaßnahmen<br />
hat sich durch technische Neuerungen wie eLearning,<br />
Apps, etc. gewandelt. Ein digitaler Lebensstil hat<br />
dazu geführt, dass Mitarbeiter problemlos zu Hause<br />
oder auf dem Weg zur Arbeit lernen können.<br />
Ralf Essigke: Skill Development/Weiterentwicklung<br />
ist auch zentrales Element der Ausbildung von<br />
jungen Mitarbeitern. Frisch diplomierte Arbeitnehmer<br />
können viele Aufgaben nicht übernehmen, weil ihnen<br />
wichtige Arbeitserfahrung fehlt. Sie müssen sich,<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
103<br />
genauso wie ihre älteren Kollegen, zur eigenen Weiterbildung<br />
verpflichten. Das ist in der Unternehmenskultur<br />
von IBM sehr stark verankert.<br />
Welche Bedeutung haben Kompetenzen im<br />
Bildungsmanagement<br />
Johannes Förderreuther: Kompetenzen sind heute<br />
viel wichtiger als die formale Qualifikation. Auch die<br />
Unterscheidung in Führungskräfte <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
halten wir für überholt. Wir differenzieren nicht<br />
zwischen Führungskräften <strong>und</strong> Mitarbeitern. Jeder<br />
Mitarbeiter führt in seinem Bereich, jeder Mitarbeiter<br />
übernimmt Verantwortung. Und dafür ist es essenziell,<br />
dass er die Fähigkeit hat, Wissen <strong>und</strong> Erfahrung<br />
weiterzugeben. Wir haben bei IBM ein Kompetenzprofil<br />
für drei unterschiedliche Zielgruppen, für die<br />
fünf verschiedene Reifestufen definiert sind. Die<br />
Erwartungen an jedes Kompetenzprofil <strong>und</strong> jede Reifestufe<br />
sind anders.<br />
Alike Pietsch: IBM setzt auf Employability ihrer<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter. Konkret bedeutet<br />
dies: Wir fordern von unseren Mitarbeitern, dass sie<br />
ihre Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung eigenverantwortlich in<br />
die Hand nehmen. Dabei leisten wir als Unternehmen<br />
gezielte Hilfestellung. Im Rahmen der langfristigen<br />
Personalplanung wurde eine Skill-Demand-Analyse<br />
durchgeführt, in der für jedes Jobprofil klar festgelegt<br />
wurde, welche Kompetenzen künftig vorhanden sein<br />
müssen. Der Prozess ist transparent, jeder Mitarbeiter<br />
hat die Möglichkeit zu sehen, welche Skills er in<br />
der Zukunft benötigt, um dem Profil<br />
zu entsprechen.<br />
Wie werden Kompetenzen im Unternehmen<br />
konkret erfasst<br />
Ralf Essigke: Wir haben einen sogenannten Career<br />
Smart Process. Bildungsmaßnahmen werden geplant,<br />
umgesetzt <strong>und</strong> kontrolliert. Dieser Prozess ist in der<br />
Betriebsvereinbarung definiert <strong>und</strong> kann wöchentlich,<br />
monatlich oder jährlich durchgeführt werden.<br />
Wir unterscheiden zwischen Skills, Fertigkeiten <strong>und</strong><br />
Fähigkeiten. Die Skills für die einzelnen Zielgruppen<br />
<strong>und</strong> Profile sind weltweit einheitlich mit einem<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit IBM<br />
104<br />
vorgeschriebenen Bewertungssystem festgelegt. Bei<br />
den Fertigkeiten handelt es sich um fachbezogene<br />
Kompetenzen, in denen IBM genau festlegt, was von<br />
dem Mitarbeiter erwartet wird. Fähigkeiten sind dann<br />
die in der Praxis angewandten Fertigkeiten. Daneben<br />
erfasst das System alle Businessvereinbarungen<br />
<strong>und</strong> Lernaktivitäten des Einzelnen. Das gibt dem<br />
Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit <strong>und</strong><br />
dem Mitarbeiter einen ganzheitlichen Überblick über<br />
seinen Status quo, seine Entwicklungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> seine individuelle Planung.<br />
Werden im Rahmen des Employability-Konzepts<br />
auch die Wünsche der Mitarbeiter<br />
berücksichtigt<br />
Johannes Förderreuther: Selbstverständlich – er<br />
entscheidet ja eigenverantwortlich mit, welche Ziele<br />
er erreichen möchte <strong>und</strong> wie sich sein beruflicher<br />
Werdegang entwickelt. Voraussetzung ist natürlich,<br />
dass die Wünsche <strong>und</strong> Vorstellungen des Mitarbeiters<br />
nachvollziehbar <strong>und</strong> realisierbar sind <strong>und</strong> dem<br />
Jobprofil entsprechen. Wir begegnen nicht selten<br />
Mitarbeitern, die eine klare Vorstellung davon haben,<br />
welchen Karriereweg sie künftig einschlagen möchten.<br />
Dann versuchen wir, gemeinsam mit ihm einen<br />
Entwicklungsplan zu erarbeiten, damit er die Position<br />
belegen kann. Das Gleiche gilt auch für die finanzielle<br />
Abdeckung von Bildungsmaßnahmen. Prinzipiell sind<br />
wir für alles offen, in der Regel werden Individuallösungen<br />
entwickelt.<br />
Ist eine unabhängige Bildungsberatung wichtig<br />
Alike Pietsch: Eine unabhängige Bildungsberatung<br />
ist sehr wichtig. Der Mitarbeiter muss die Möglichkeit<br />
haben, vertraulich über seine Wünsche zu sprechen.<br />
Außerdem hat die Bildungsberatung dank der Job<strong>und</strong><br />
Kompetenzprofile einen besseren Überblick über<br />
die Unternehmensbereiche, in denen es einen hohen<br />
Bedarf an bestimmten Skills oder Ressourcen gibt.<br />
Nicht selten kann sie dem Mitarbeiter mehr Optionen<br />
aufzeigen als dessen Führungskraft, beispielsweise<br />
bei gewünschten Auslandseinsätzen.<br />
Ist es sinnvoll, ein festes Weiterbildungskontingent<br />
für die Mitarbeiter festzulegen<br />
Cornelia Andresen: Wir setzen auf gezielte Weiterbildungsmaßnahmen,<br />
um unseren Mitarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter die Skills zu vermitteln bzw. die Skills<br />
weiterzuentwickeln, die sie künftig benötigen, um in<br />
unserem einem integrierten Unternehmen erfolgreich<br />
zu sein. Dies erfodert natürlich individelle Entwicklungspläne<br />
<strong>und</strong> -maßnahmen. Daher ist ein festes<br />
Weiterbildungskontingent in meinen Augen nicht<br />
sinnvoll, denn auch hier gilt der Gr<strong>und</strong>satz „mehr ist<br />
nicht unbedingt besser“. Die Einleitung von Bildungsmaßnahmen<br />
ist also von dem Bedarf des Unternehmens<br />
<strong>und</strong> des jeweiligen Mitarbeiters abhängig <strong>und</strong><br />
muss folglich personen- <strong>und</strong> situationsbezogen sein.<br />
Außerdem arbeiten wir bei IBM intensiv mit eLearning-Maßnahmen.<br />
Viele Mitarbeiter bevorzugen es,<br />
über Plattformen, Apps oder in virtuellen Klassenräumen<br />
zu lernen. Die Systeme wurden von IBM entwickelt<br />
<strong>und</strong> sind optimal auf die Bedarfe der Mitarbeiter<br />
zugeschnitten.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Welche Rolle spielt der Austausch der Mitarbeiter<br />
untereinander<br />
Johannes Förderreuther: Wir legen sehr viel Wert auf<br />
den Austausch unter den Mitarbeitern. Die notwendige<br />
Struktur ist bereitgestellt, aber man muss auch<br />
darauf achten, dass die Foren aktiv genutzt werden.<br />
Intern wird alle drei Wochen eine Web-Konferenz<br />
mit der HR-Community veranstaltet, die dazu dient,<br />
Probleme anzusprechen <strong>und</strong> sich gegenseitig zu<br />
unterstützen. Die Manager-Community ist ebenfalls<br />
weltweit vernetzt.<br />
Ralf Essigke: Die Unternehmenswerte von IBM sind<br />
in den Unternehmengr<strong>und</strong>sätzen verankert. In einem<br />
kreativen Brainstorming von tausenden Mitarbeitern<br />
r<strong>und</strong> um den Globus wurden sie 2003 neu diskutiert<br />
<strong>und</strong> überarbeitet. Diese Formen der Integration <strong>und</strong><br />
Kommunikation fördern effektiv die Motivation zum<br />
Unternehmenserfolg beizutragen <strong>und</strong> sich weiterzubilden.<br />
Die Ideen wurden auf einem Forum platziert,<br />
diskutiert <strong>und</strong> ausgewählt. Werte sind ein wichtiges,<br />
strategisches Element jedes Unternehmens. Einer<br />
unserer Gr<strong>und</strong>werte ist „trust and personal responsibility<br />
in all relationships“.<br />
Welche Möglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht, das<br />
Bildungscontrolling effektiver zu gestalten<br />
Johannes Förderreuther: Wir führen im Rahmen des<br />
Project Assessments in regelmäßigen Abständen formalisierte<br />
Feedbacks durch. Es handelt sich um ein<br />
360° -Feedback, bei dem neben dem Mitarbeiter auch<br />
die Führungskraft bewertet wird. Dazu haben wir spezielle<br />
Managerfeedback-Programme entwickelt.<br />
Alike Pietsch: Das Feedback wird in der digitalen<br />
Personalakte mit streng limitierten Zugriffsrechten<br />
hinterlegt. Auch die Zielvereinbarung aus dem Mitarbeitergespräch<br />
wird darin erfasst.<br />
Wenn Sie Qualität im Bildungsmanagement an<br />
drei Faktoren festmachen müssten, welche<br />
wären diese<br />
Alike Pietsch: Ich würde sagen, dass zielgruppenorientiertes<br />
Lernen mit einem wohl definierten Inhalt ein<br />
wesentliches Qualitätsmerkmal eines guten Bildungsmanagements<br />
ist. Als nächstes ist es sicherlich<br />
von ausschlaggebender Bedeutung für das Unternehmen,<br />
Leistungsträger mit Potenzial zu entdecken, zu<br />
fördern <strong>und</strong> an die richtige Position im Unternehmen<br />
zu bringen. Und zuletzt ist die strikte Anbindung des<br />
Bildungsmanagements an die Unternehmensstrategie<br />
ausschlaggebend. Bildungsmanagement muss<br />
wirtschaftlich sein <strong>und</strong> sich als Wertbeitrag im operativen<br />
Handel niederschlagen.<br />
105<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Mattias Säker<br />
CEO<br />
kursfinder.de<br />
Fredrik Högemark<br />
CIO<br />
kursfinder.de<br />
Experteninterview mit kursfinder.de<br />
Thema: Strategisches Bildungsmanagement aus schwedischer Sicht<br />
106<br />
Laut statistischem B<strong>und</strong>esamt sind sich 32 Prozent<br />
der deutschen Unternehmen der Bedeutung<br />
von lebenslangem Lernen bewusst <strong>und</strong> halten es<br />
für unverzichtbar. Wie schätzen Sie die Relevanz<br />
des Themas ein<br />
Mattias Säker: Europaweit begleiten wir jährlich über<br />
15 Millionen Bildungsinteressierte aller Alters- <strong>und</strong><br />
Berufsgruppen – darunter Individuen genauso wie<br />
Organisationen. Wir unterscheiden gern die Begriffe<br />
Bildung <strong>und</strong> Lernen. Wenn sich betriebliche Bildung<br />
durchgehend an den Unternehmenszielen ausrichtet,<br />
ist viel geschafft. Es ist nicht lange her, da waren<br />
Weiterbildungsmaßnahmen hauptsächlich Baustein<br />
der Belohnung <strong>und</strong> Bindung wertvoller Mitarbeiter,<br />
um einmal von gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen<br />
abzusehen. Natürlich steht Employer Branding<br />
noch immer auf der Liste der Ziele, die es mit<br />
den Maßnahmen zu erreichen gilt. Aber eben nicht<br />
mehr allein. Und genau die Verknüpfung zwischen<br />
Unternehmensentwicklung hin zum Ziel <strong>und</strong> persönlicher<br />
Weiterentwicklung der Individuen wird zum<br />
Schlüssel echter Mitarbeiterbindung: richtig geplant<br />
<strong>und</strong> kommuniziert kann Bildungsmanagement<br />
sinnstiftend <strong>und</strong> somit sogar beruflichen Zivilisationskrankheiten<br />
wie Burnout entgegen wirken. Die<br />
Summe: ein gebildeter Betrieb mit einer signifikant<br />
besseren Zielerreichung. Das ist Unternehmensverantwortung.<br />
Für das Lernen selbst ist <strong>und</strong> bleibt das<br />
Individuum verantwortlich – ein Leben lang.<br />
Den vielfältigen Anforderungen, die sich für die<br />
Personalpolitik ergeben, können Unternehmen<br />
nur mit einem systematischen Ansatz begegnen.<br />
Wie unterstützt kursfinder.de Unternehmen im<br />
Bereich Bildungsmanagement <strong>und</strong> nachhaltiger<br />
Personalentwicklung<br />
Fredrik Högemark: Als Educations.com Media<br />
Group – ein Unternehmen mit schwedischen Wurzeln<br />
– bestätigen wir wohl nicht selten das Bild des<br />
praktischen Schwedens, wir glauben, dass die beste<br />
Theorie erst in der praktischen Umsetzung existiert<br />
<strong>und</strong> wirkt. Lassen Sie uns mit Aufgaben starten, die<br />
wir Unternehmen nicht abnehmen können: Ziele<br />
setzen, kommunizieren <strong>und</strong> sinnvolle Maßnahmen<br />
ableiten. Wir fühlen uns vielmehr für das verantwortlich,<br />
was danach kommt: den strategisch geplanten<br />
Aktionen zum Leben verhelfen, auf effiziente Art das<br />
richtige Programm finden. So suchen <strong>und</strong> finden<br />
heute zum Beispiel Henkel Mitarbeiter in Skandinavien<br />
passende Weiterbildungen externer Anbieter<br />
über unsere umfangreiche Datenbank – integriert in<br />
das Henkel-Intranet. Bei jedem Schritt – der Suche,<br />
Anfrage, Buchung, Abrechnung <strong>und</strong> Bewertung – nutzen<br />
sie automatisierte Prozesse. So wird sowohl der<br />
Wunsch übergeordneter Abteilungen nach Effizienz<br />
<strong>und</strong> Controllingmöglichkeiten als auch der Bedarf an<br />
relevanter Vielfalt <strong>und</strong> Individualität im Bildungsprogramm<br />
erfüllt.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Neben der Investitionsbereitschaft in die berufliche<br />
Weiterbildung ist aber auch das Weiterbildungscontrolling<br />
essentiell. Welche Möglichkeiten<br />
bietet kursfinder.de, den Praxistransfer von<br />
Bildungsmaßnahmen zu ermitteln<br />
Fredrik Högemark: Auch hier setzen wir auf Prozesse,<br />
die in der Praxis vor allem eines sind: leicht<br />
anzuwenden. Direkt nach Durchführung der Maßnahme<br />
erhalten die Teilnehmer eine E-Mail mit der<br />
Bitte um Bewertung nach relevanten Kriterien. Das<br />
Feedback wird in der Datenbank mit dem betreffenden<br />
Bildungsangebot verknüpft <strong>und</strong> ist damit für alle<br />
Kollegen im Unternehmen abrufbar. So instrumentalisiert<br />
<strong>und</strong> professionalisiert das Tool die bewährte<br />
M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>-Empfehlung – der gesamten Organisation<br />
wird so eine Konzentration auf die sinn- <strong>und</strong><br />
wertvollsten Angebote ermöglicht.<br />
Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Führungskräfte<br />
<strong>und</strong> wie können Sie für die Weiterbildung<br />
der Mitarbeiter sensibilisiert werden<br />
Mattias Säker: Vor allem in Konzernen mit mehreren<br />
Hierarchiestufen ist nicht nur die Übersetzung von<br />
übergeordneten Unternehmenszielen in operative Abteilungsziele<br />
eine Herausforderung, sondern gerade<br />
das Verknüpfen mit den Ambitionen der Persönlichkeiten<br />
in den Teams. Für diese ausschlaggebende<br />
Aufgabe kann das Gespräch über „Weiterbildung“<br />
zur Brücke werden: Welche Fähigkeiten braucht das<br />
Team, um das Ziel zu erreichen Welche Fähigkeiten<br />
bringt jedes Teammitglied schon mit <strong>und</strong> trägt damit<br />
zum Erfolg bei In welchen Punkten muss das Team<br />
mehr lernen Basierend auf individuellen Stärken<br />
<strong>und</strong> Schwächen, bei welcher Person wirkt sich eine<br />
Maßnahme am stärksten aus Welchen Anteil <strong>und</strong><br />
welche Rolle hat die Person damit an der Zielerreichung<br />
des Teams Wir glauben, dass mit einem<br />
solchen Kommunikations- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess<br />
– kontinuierlich gelebt – echte Identifizierung entsteht.<br />
So können Führungskräfte mit dem einstigen<br />
„Agendapunkt Weiterbildung“ einer zentralen Aufgabe<br />
gerecht werden.<br />
107<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit kursfinder.de<br />
108<br />
Im europäischen Vergleich ist die Teilnahmequote<br />
deutscher Beschäftigter an Weiterbildungsmaßnahmen<br />
unterdurchschnittlich. Welche<br />
Unterschiede existieren Ihrer Erfahrung nach<br />
zwischen der betrieblichen Bildung in Deutschland<br />
<strong>und</strong> Schweden<br />
Mattias Säker: Lassen Sie uns von einem nackten<br />
Vergleich von Zahlen absehen, dafür sind die Unternehmensstrukturen<br />
der beiden Volkswirtschaften<br />
zu unterschiedlich – in beiden Ländern läßt sich<br />
die qualitativ relevante Teilnahme an Maßnahmen<br />
sicher optimieren. Die Schwedische Kultur hat einen<br />
– nennen wir es – „natürlichen“ Blick auf Weiterbildung,<br />
der mit dem deutschen Sprichwort sehr gut<br />
getroffen wird: „es ist noch kein Meister vom Himmel<br />
gefallen“. Dieses Gr<strong>und</strong>verständnis ermöglicht einen<br />
offenen Blick auf die natürlich vorhandenen Stärken<br />
von Individuen – weitestgehend frei von Erwartungshaltungen.<br />
So ist die Teilnahme an Weiterbildung per<br />
se erst einmal wertneutral: weder ein Zeichen von<br />
Schwäche noch Stärke oder Status. Ein sichtbares<br />
Beispiel für die Unterschiede in Europa ist vor allem<br />
das Selbstverständnis, mit dem das Top Management<br />
Weiterbildung in Anspruch nimmt <strong>und</strong> darüber<br />
spricht: eine gute Basis für das Bewusstsein einer<br />
lernenden Organisation.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
109
Experteninterviews HR<br />
Wilfried W. Horn<br />
Ehemaliger Director HR<br />
McDonald‘s Deutschland Inc.<br />
Experteninterview mit der McDonald‘s Deutschland Inc.<br />
Thema: Stellenwert des Bildungsmanagements im Unternehmen<br />
110<br />
Nutzt McDonald’s den Begriff<br />
Bildungsmanagement<br />
Wilfried Horn: Nein, dieser Begriff wird nicht benutzt.<br />
Früher sprachen wir allgemein von Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung. Heute wird ausschließlich<br />
der Begriff <strong>Talentmanagement</strong> verwendet.<br />
Das hängt natürlich auch mit unserem Mutterkonzern<br />
in Amerika zusammen. Wir verstehen <strong>Talentmanagement</strong><br />
dabei als strategisches Bildungsmanagement<br />
<strong>und</strong> wollen gegenüber dem Mitarbeiter als „enabler“<br />
oder „coach“ agieren. Das heißt, dass der Beratungsansatz<br />
heute viel stärker im Vordergr<strong>und</strong> steht, als<br />
früher.<br />
Welche Position sollte das Bildungsmanagement<br />
im Unternehmen erhalten<br />
Wilfried Horn: Im Bildungsmanagement ist es besonders<br />
wichtig, dass die Unternehmensleitung dahinter<br />
steht <strong>und</strong> das Thema Bildung in der Kultur verankert<br />
ist. Bei McDonald’s hängt das Bildungsmanagement<br />
direkt am Vorstand, um den hohen Stellenwert zu betonen.<br />
Das ist entscheidend, um die nötige Aufmerksamkeit<br />
zu bekommen, strategisch einbezogen zu<br />
werden <strong>und</strong> Entscheidungen im ganzen Unternehmen<br />
umsetzen zu können. In vielen anderen Unternehmen<br />
ist das Thema häufig in irgendeinen anderen Bereich<br />
angegliedert. Das macht die Arbeit einfach schwierig.<br />
Wissen <strong>und</strong> Weiterbildung sind heute so wichtig, das<br />
muss ganz nach oben.<br />
Welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur<br />
Wilfried Horn: Die Kultur kann viel dazu beitragen,<br />
dass Wissen als wichtiger Wert im Unternehmen gesehen<br />
wird. Je stärker es in der Kultur verankert ist,<br />
desto größer ist auch das Engagement der Führungsebene.<br />
Kultur wird von allen Mitarbeitern gelebt, aber<br />
das Management kann sie beeinflussen <strong>und</strong> formen.<br />
Regelmäßige Weiterbildung sollte als Standard<br />
gesehen werden, jeder Mitarbeiter, egal auf welcher<br />
Hierarchiestufe, muss sein Wissen aktualisieren <strong>und</strong><br />
ausbauen. Wenn das ein von allen geteilter Unternehmenswert<br />
ist, muss das Bildungsmanagement nicht<br />
mehr allzu viel „Überzeugungsarbeit“ leisten <strong>und</strong><br />
die Mitarbeiter nehmen die Angebote gern an. Das<br />
„Kümmern“ um die Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten der<br />
Mitarbeiter hat ja auch viel mit Wertschätzung zu tun<br />
<strong>und</strong> wirkt sich sehr positiv auf die Motivation aus.<br />
Wie wichtig ist die strategische Ausrichtung<br />
des Bildungsmanagements<br />
Wilfried Horn: Ganz wichtig! Die Bildungsstrategie<br />
setzt die Vorgaben der Unternehmensstrategie <strong>und</strong><br />
der HR-Strategie um. Sie stellt sicher, dass alle Mitarbeiter<br />
die geforderten Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
besitzen oder erlangen, um die Unternehmensziele<br />
zu erreichen. Das schaffe ich nicht, wenn ich einfach<br />
ohne Plan anfange. Beim Aufstellen von Strategien<br />
ist externe Hilfe oft sinnvoll, weil sie einen unvoreingenommenen<br />
Blick auf das Unternehmen bietet. In<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
jedem Fall gilt aber: eine Strategie zu haben, ist gut,<br />
aber sie muss auch umgesetzt werden. Es nützt alles<br />
nichts, wenn es am Ende nur ein Lippenbekenntnis ist.<br />
Welche Faktoren sind noch entscheidend für<br />
die Qualität im Bildungsmanagement<br />
Wilfried Horn: Eine zentrale Steuerung der Bildungsaktivitäten<br />
ist auf jeden Fall sinnvoll. Wichtig ist aber<br />
auch, nicht nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen,<br />
sondern für jeden Bedarf die passende Maßnahme<br />
anzubieten. Bildungsmanagement braucht heute insgesamt<br />
mehr Struktur. Wir sprechen von strukturiertem<br />
Lernen, zum Beispiel von Kursen, die aufeinander<br />
aufbauen, oder von alternativen Lernformen begleitet<br />
werden. Empfehlenswert ist eine Mischung aus<br />
Standardprogrammen <strong>und</strong> individuellen Angeboten.<br />
Außerdem wird die IT immer wichtiger, sei es bei der<br />
Analyse, bei der Organisation <strong>und</strong> Abwicklung oder<br />
der Bereitstellung von Bildungsangeboten.<br />
Wie setzen Sie das bei McDonald’s in<br />
die Praxis um<br />
Wilfried Horn: Nach der unternehmensweiten Planung<br />
schauen wir uns die Weiterbildung personenspezifisch<br />
an. Das heißt, es wird geprüft, wo eine Person<br />
Stärken hat, wo sie wachsen kann. Daraus ergibt sich<br />
ein gezielter, sehr individueller Weiterbildungsplan.<br />
Unsere Bildungsangebote stellen wir funktionsübergreifend<br />
zusammen, das bedeutet, dass die Mitarbeiter<br />
der verschiedenen Abteilungen gemeinsam<br />
lernen, auch gemeinsam mit den Führungskräften.<br />
Generell haben wir den Anspruch, die Mitarbeiter<br />
auch direkt in ihrer Tätigkeit zu entwickeln. Projektarbeit<br />
ist für uns zum Beispiel ein Mittel, um die Leute<br />
aus der Expertenrolle hinein in die Potenzialentwicklung<br />
zu bringen. Bei uns verläuft Karriere nicht linear,<br />
sondern auch über den Wechsel zwischen Abteilungen,<br />
zum Beispiel vom Einkauf ins Controlling. Das<br />
hängt natürlich eng mit unserer Kultur zusammen<br />
<strong>und</strong> funktioniert nur, weil die Geschäftsführung dahintersteht.<br />
111<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Karl-Heinz Böhle<br />
Leiter Personaleinsatz<br />
RheinEnergie AG<br />
Silke Gloss<br />
Referentin Führungskräfteentwicklung<br />
RheinEnergie AG<br />
Experteninterview mit der RheinEnergie AG<br />
Thema: Bedarfsorientiertes Bildungsmanagement<br />
112<br />
Was verstehen Sie unter Bildungsmanagement<br />
Karl-Heinz Böhle: Bildungsmanagement ist ein weites<br />
Feld. Zum Bildungsmanagement gehören im Gr<strong>und</strong>e<br />
alle Strukturen <strong>und</strong> Prozesse, die für die Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung sowie die Qualifizierung der Mitarbeiter<br />
eines Unternehmens notwendig sind. Mitarbeiterentwicklung<br />
ist eine Kernaufgabe jedes zukunftsgerichteten<br />
Unternehmens.<br />
Silke Gloss: Gutes Bildungsmanagement ist im Interesse<br />
des Unternehmens <strong>und</strong> der Arbeitnehmer – es<br />
steigert die Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Innovationskraft<br />
der Organisation <strong>und</strong> erhöht die Employability der<br />
Mitarbeiter. Zudem merken wir, dass weiche Themen<br />
wie Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit auch für die Arbeitgebermarke<br />
<strong>und</strong> das Recruiting zunehmend wichtiger<br />
werden.<br />
Was sind wesentliche Qualitätsmerkmale<br />
guten Bildungsmanagements<br />
Karl-Heinz Böhle: Wichtig ist zum einen, dass das<br />
Bildungsmanagement strategisch ist, das heißt, dass<br />
klar definiert wird, welchen Beitrag es zur Unternehmensentwicklung<br />
leisten kann <strong>und</strong> soll. Zum zweiten<br />
muss sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter einbezogen<br />
werden. Das Bildungsmanagement muss so<br />
aufgesetzt werden, dass es die Bedarfe der Mitarbeiter<br />
abbildet <strong>und</strong> Teil der Unternehmensprozesse ist.<br />
Wo sehen Sie die Abgrenzung zwischen<br />
Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
Karl-Heinz Böhle: Das Bildungsmanagement bezieht<br />
alle Mitarbeiter mit ein <strong>und</strong> sorgt dafür, dass diese<br />
optimal für ihren heutigen <strong>und</strong> zukünftigen Einsatz<br />
im Unternehmen qualifiziert werden. Das <strong>Talentmanagement</strong><br />
stellt im Gegenzug die High Potentials in<br />
den Fokus. Das sind durchschnittlich zwei bis drei<br />
Prozent der Mitarbeiter, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Leistung<br />
ausgewählt <strong>und</strong> auf besonders verantwortungsvolle<br />
Positionen vorbereitet werden sollen.<br />
Wie lässt sich Bildungsmanagement nachhaltig<br />
im Unternehmen verankern<br />
Karl-Heinz Böhle: Bildung muss zur Führungsaufgabe<br />
werden. Dafür ist es wichtig, einen engen Austausch<br />
mit dem Vorstand zu etablieren <strong>und</strong> von diesem<br />
Unterstützung zu erhalten. Der hohe Stellenwert<br />
muss nach innen <strong>und</strong> nach außen deutlich werden.<br />
Die Personalentwicklung ist ganz klar Aufgabe der<br />
Führungskräfte – auch wenn das in der Praxis nicht<br />
immer so gelebt wird. Wir legen großen Wert darauf,<br />
dass unsere Führungskräfte diese Aufgabe ernst<br />
nehmen, schulen <strong>und</strong> unterstützen diese dabei wo<br />
wir können. Führungskräfte sollen sich als Coaches<br />
der Mitarbeiter verstehen.<br />
Wie kann Bildung denn in der Praxis als<br />
Führungsaufgabe gelebt werden<br />
Karl-Heinz Böhle: Maßnahmen des Bildungsmanagements<br />
sind dann effektiv, wenn sie sich an<br />
den tatsächlichen Bedarfen der Mitarbeiter <strong>und</strong> des<br />
Unternehmens bzw. der jeweiligen Abteilung orientieren.<br />
Aufgabe der Führungskräfte ist es, diese<br />
Bedarfe zu erfassen <strong>und</strong> entsprechende Maßnahmen<br />
zur Entwicklung der Mitarbeiter einzuleiten. Regelmäßige<br />
verpflichtende Mitarbeitergespräche haben sich<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
hierfür als probates Mittel erwiesen. In diesen Mitarbeitergesprächen<br />
sollte die Entwicklung der Mitarbeiter<br />
immer ein wesentlicher Bestandteil sein. Basis<br />
hierfür bildet ein Abgleich der Anforderungen des<br />
jeweiligen Arbeitsplatzes mit den Kompetenzen des<br />
Mitarbeiters. Im Sinne der Nachhaltigkeit gilt es dabei<br />
natürlich immer, die potenziellen Karrierepfade in die<br />
Planung der Bildungsmaßnahmen einzubeziehen. Die<br />
Durchführung der Mitarbeitergespräche <strong>und</strong> deren<br />
Ergebnisse sollten schriftlich dokumentiert werden.<br />
Silke Gloss: Dabei ist eine Verpflichtung der Führungskräfte<br />
zur Bedarfserfassung sinnvoll, eine<br />
Verpflichtung zur Durchführung von Bildungsmaßnahmen<br />
nicht. Denn Bildungsmaßnahmen sollten<br />
kein Selbstzweck sein, sondern sich immer an den<br />
Bedarfen orientieren.<br />
Wie ist diesbezüglich das Feedback der<br />
Führungskräfte<br />
Karl-Heinz Böhle: Durch die Tatsache, dass die Bedarfe<br />
aus dem Gespräch zwischen Führungskraft <strong>und</strong><br />
Mitarbeiter abgeleitet werden, wird der Führungskraft<br />
natürlich viel Verantwortung auferlegt. Sie entscheidet<br />
darüber, ob der Bedarf gerechtfertigt ist oder nicht.<br />
Aber die Führungskräfte haben großes Vertrauen in<br />
das System, weil sie nicht nur einen optimalen Überblick<br />
haben, sondern dadurch auch zu bedarfsorientiertem<br />
Handeln verpflichtet sind.<br />
Wie lässt sich der Praxistransfer von<br />
Bildungsmaßnahmen sicherstellen<br />
Karl-Heinz Böhle: Wichtig ist es, für jede Maßnahme<br />
Lernziele zu definieren <strong>und</strong> diese nach Abschluss der<br />
Maßnahme auch zu überprüfen. Der Praxistransfer<br />
der Lerninhalte ist auch ganz wesentlicher Bestandteil<br />
unserer Seminare – alle Trainer werden hierzu im<br />
Vorfeld intensiv gebrieft <strong>und</strong> versuchen, dann direkt<br />
im Seminar mit den Teilnehmern Ansatzpunkte für<br />
individuelle Umsetzungspläne zu identifizieren.<br />
Silke Gloss: Der Mitarbeiter selbst legt einen Transferplan<br />
fest, der einem ungefähren Zeitrahmen von<br />
drei Monaten entspricht. Die Führungskraft evaluiert<br />
diesen Transferplan dann im jährlichen Mitarbeitergespräch.<br />
Dabei ist uns aber wichtig, dass der Aufwand<br />
im Verhältnis zum Nutzen steht. Die Führungskräfte<br />
sind oft überlastet. Das Thema Dokumentation rückt<br />
daher nicht selten in den Hintergr<strong>und</strong>. Dennoch ist<br />
hier ein Anstupsen sinnvoll. Wir verfahren nach dem<br />
Prinzip der Selbstinitiative, da wir die Erfahrung<br />
gemacht haben, dass Zwang sich kontraproduktiv<br />
auswirkt.<br />
Stichwort Controlling: lässt sich der Nutzen<br />
betrieblichen Bildungsmanagements berechnen<br />
Karl-Heinz Böhle: Zunächst liegt der Nutzen ganz klar<br />
auf der Hand: Qualifizierte, engagierte Mitarbeiter<br />
sind unser wichtigstes Kapital. Diese zu unterstützen<br />
113<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit der RheinEnergie AG<br />
114<br />
<strong>und</strong> stets optimal auf die heutigen <strong>und</strong> zukünftigen<br />
Anforderungen vorzubereiten, ist essenziell für die<br />
Wettbewerbsfähigkeit jedes Unternehmens. Diesen<br />
Mehrwert in eine konkrete Zahl zu gießen, also den<br />
Return on Investment zu berechnen, erachte ich aber<br />
als schwierig.<br />
Silke Gloss: Ich bin der Meinung, dass Kosten-<br />
Nutzen-Analysen nicht sinnvoll sind, da hier zu viele<br />
unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen. Es gibt<br />
in der Literatur durchaus Formeln dazu, die ich aber<br />
als nicht valide erachte. In Produktionsunternehmen<br />
mag das einfacher sein, zum Beispiel, indem man<br />
die Produktions- bzw. Ausschussquote betrachtet,<br />
im Dienstleistungsbereich ist das meines Erachtens<br />
nicht wirklich möglich. Dennoch kann man festmachen,<br />
dass die Mitarbeiterzufriedenheit durch ein<br />
gutes Bildungsmanagement steigt. Bildungsmaßnahmen<br />
werden bei uns über Seminarfeedbackbögen,<br />
Gruppenbarometer <strong>und</strong> letztlich durch den Betriebsrat<br />
evaluiert.<br />
Inwiefern kann man Bildungsmanagement als ein<br />
Instrument der Mitarbeiterbindung verstehen<br />
Silke Gloss: Wir machen immer wieder die Erfahrung,<br />
dass Weiterbildung <strong>und</strong> Entwicklungsperspektiven für<br />
junge Mitarbeiter sehr wichtig sind. Generell spielen<br />
Themen wie Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten,<br />
Home-Office, Überst<strong>und</strong>enausgleich, Arbeitsplatzsicherheit<br />
<strong>und</strong> Teamgeist für die langfristige Bindung<br />
eine größere Rolle als das Gehalt.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />
115
Experteninterviews HR<br />
Raphaele Rose<br />
Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung<br />
SP_Data GmbH & Co. KG<br />
Experteninterview mit der SP_Data GmbH & Co. KG<br />
Thema: HR-Software im Unternehmen<br />
116<br />
Was bringt den Unternehmen der Einsatz<br />
einer HR-Software<br />
Raphaele Rose: Gr<strong>und</strong>sätzlich erfüllt HR-Software im<br />
Unternehmen die Funktion eines wichtigen Datenlieferanten<br />
für unternehmerische Entscheidungen.<br />
HR-Software gibt Auskunft über die komplette Personalsituation,<br />
vom Kosten- über den Leistungs- bis hin<br />
zum Ausbildungsfaktor im Unternehmen.<br />
Woran erkennt man eine gute HR-Software<br />
Raphaele Rose: Gute HR-Software schafft Transparenz<br />
für unternehmerisches Handeln. Dafür muss die<br />
Software exakt auf den Bedarf des Unternehmens<br />
ausgerichtet sein. Die genauen Anforderungen an<br />
eine solche Software sind damit gleichzeitig so bunt,<br />
wie die Unternehmenskultur in Deutschland. Die<br />
Nachfrage reicht von einfachen Auswertungstools bis<br />
hin zu komplexen Portal- <strong>und</strong> Workflowfunktionalitäten<br />
– vom einfachen Standard bis zum Individualsegment.<br />
Wichtig ist zudem eine klare <strong>und</strong> intuitive<br />
Handhabung, damit die Software auch gleich ihren<br />
Nutzen zeigen kann.<br />
Wo sehen Sie in der betrieblichen Praxis<br />
Optimierungspotenziale in Bezug auf HR-Software<br />
Raphaele Rose: HR-Software wird aus Kostengründen<br />
oftmals noch ohne ausreichende Schulungen in<br />
den Betrieben eingeführt. Dies führt dazu, dass die<br />
Anwendungen nicht richtig bedient werden bzw. die<br />
Potenziale der Software nicht ausgenutzt werden<br />
können. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass Anwender,<br />
die sich permanent – analog dem schnellen<br />
technischen <strong>und</strong> gesetzlichen Wandel – mit Softwareänderungen<br />
<strong>und</strong> -erweiterungen befassen, ein<br />
wertvoller Baustein auf dem Weg zum Unternehmenserfolg<br />
sind. Wird das Thema der Veränderung <strong>und</strong><br />
Anpassung in der Software durch den User vernachlässigt,<br />
ist jede Anwendung innerhalb von drei Jahren<br />
veraltet <strong>und</strong> trägt nicht mehr den wirklichen Nutzen.<br />
Welche Trends sehen Sie in Bezug auf den<br />
Einsatz von HR-Software<br />
Raphaele Rose: Der allgemeine Trend zur Individualisierung<br />
findet im Bereich der HR-Software immer<br />
stärker eine Entsprechung. Standardanwendungen,<br />
die sich individuell auf das Unternehmen anpassen<br />
lassen, werden verstärkt nachgefragt. Zudem steht die<br />
Usability, die Bedienungsfre<strong>und</strong>lichkeit der Software<br />
immer stärker im Vordergr<strong>und</strong> – ein Trend, auf den wir<br />
schon lange reagiert haben.<br />
Welche Entwicklungen erkennen Sie im betrieblichen<br />
Bildungsmanagement in den letzten<br />
Jahren<br />
Raphaele Rose: Wir beobachten, dass der Markt für<br />
eLearning wächst. Gerade für mittelständische Unternehmen<br />
sind eLearning-Konzepte interessant, da ein<br />
Grad an maximaler Ausbildung bei minimalem Kostenaufwand<br />
<strong>und</strong> Zeitfenster erreicht wird. Allerdings<br />
sind nicht alle Weiterbildungsanbieter der steigenden<br />
Nachfrage in diesem Bereich gewachsen. Präsenzseminare<br />
stehen immer noch stark im Fokus – auch<br />
weil die Ausbildung via eLearning zu Unrecht häufig<br />
schlechter beurteilt wird. Bei solchen eLearning-Konzepten<br />
sind zusätzlich Dokumentationen, Abfragen<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
zw. Feedbackmöglichkeiten erforderlich, damit der<br />
Erfolg der Seminare entsprechend gemessen werden<br />
kann. Hier gibt es noch deutlichen Nachholbedarf in<br />
den Unternehmen.<br />
Inwieweit unterscheiden sich die Anforderungen<br />
an HR-Software in KMU <strong>und</strong> Großunternehmen<br />
Raphaele Rose: Großunternehmen haben in der<br />
Regel stärker formalisierte Organisationsstrukturen<br />
<strong>und</strong> Arbeitsprozesse sowie eine stärker funktional<br />
orientierte Differenzierung der Aufgabenstellungen in<br />
der Personalabteilung. Arbeitsbereiche sind gesplittet<br />
zwischen Entgeltabrechnung, Personalmanagement<br />
(z.B. Recruiting, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsplanung,...),<br />
Personalcontrolling sowie häufig der Betreuung der<br />
Führungskräfte. In KMU sind diese Aufgaben oftmals<br />
auf ein bis drei Personen vollumfänglich verteilt.<br />
Eine gute HR-Software muss beiden Anforderungen<br />
gerecht werden, ohne den jeweiligen K<strong>und</strong>enkreis<br />
zu vernachlässigen. Sie muss alle Funktionalitäten<br />
vereinigen, da die gesetzlichen Anforderungen nicht<br />
an die Unternehmensgröße gekoppelt sind.<br />
Wie sieht die optimale HR-Software aus<br />
Raphaele Rose: Zunächst einmal müssen Unternehmen<br />
aller Branchen- <strong>und</strong> Größenordnungen die Qualifizierung<br />
ihrer Mitarbeiter ernst nehmen. Realisierbar<br />
ist es nur dann, wenn engagierte Menschen ein Ziel<br />
vor Augen haben <strong>und</strong> dieses von der obersten Ebene<br />
gelebt wird. Entsprechende Strukturen <strong>und</strong> eine<br />
durchdachte Bildungsstrategie geben Planungssicherheit.<br />
Sobald die operative Ebene nachhaltig<br />
arbeitet, ist der Erfolg des Bildungsmanagements<br />
garantiert.<br />
Die optimale Unterstützung durch HR-Software fängt<br />
schon bei der ersten Stufe der Personaladministration<br />
im Bereich Abrechnung <strong>und</strong> Archivierung an. Wir<br />
stellen fest, dass die meisten Unternehmen bereits<br />
auf solche Systeme zurückgreifen.<br />
Gleiches gilt auch für die zweite Stufe der HR-Verwaltung,<br />
wo Vorgänge wie Reporting, Kennzahlensysteme,<br />
Zeitwirtschaft <strong>und</strong> Zeitmodelle, Personalplanung<br />
sowie Instrumente wie die digitale Personalakte<br />
durch eine entsprechende Software gestützt werden.<br />
Die höchste Stufe ist sicherlich das Vorhandensein<br />
von Skill- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>-Software, die das<br />
Erfassen der Kompetenzen <strong>und</strong> Qualifikationen der<br />
Mitarbeiter sowie Score-Abgleiche <strong>und</strong> Potenzialanalysen<br />
ermöglicht. Allerdings sind es derzeit nur wenige<br />
große Unternehmen, die auf ein solches System<br />
zurückgreifen.<br />
117<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Dr. Werner Mölders<br />
Leitender Werksarzt<br />
ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />
Dr. Veit Echterhoff<br />
Bildungspolitik/Bildungscontrolling<br />
ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />
Experteninterview mit ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />
Thema: Bildungsmanagement im Branchenvergleich<br />
118<br />
Warum ist Bildungsmanagement wichtig<br />
für Unternehmen<br />
Dr. Veit Echterhoff: Gute, exzellent ausgebildete Mitarbeiter<br />
sind die entscheidende Variable, die über die<br />
Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet.<br />
Ein bedarfsgerechtes Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
ist deshalb für uns überlebensnotwendig.<br />
Verändert sich der Bildungsbedarf in<br />
den Unternehmen<br />
Dr. Werner Mölders: Erfahrungswissen („haben wir<br />
schon immer so gemacht“) rückt immer weiter in den<br />
Hintergr<strong>und</strong>, denn um uns technologisch weiterzuentwickeln,<br />
reicht das lange nicht aus. Fachliches Wissen<br />
kann man sich nicht durch Erfahrung aneignen.<br />
Dr. Veit Echterhoff: Beim Erfahrungswissen steht<br />
eher das Außerfachliche im Vordergr<strong>und</strong>. Wenn ein<br />
Mitarbeiter in den Ruhestand geht, gibt er seinem<br />
Nachfolger kein Fachwissen mit auf den Weg, sondern<br />
eher die Wissensbestandteile, die sich um das<br />
Fachwissen gruppieren.<br />
Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen<br />
Wissens- <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />
Dr. Veit Echterhoff: Transparenz ist ein wesentliches<br />
Merkmal einer guten Unternehmenskultur. Und<br />
Transparenz ist ohne Wissensmanagement in einem<br />
Konzern wie unserem nicht mehr herzustellen. Die<br />
kontextabhängige Verfügbarkeit von Informationen<br />
<strong>und</strong> der fachliche Austausch darüber bilden die Basis<br />
vieler Lernprozesse <strong>und</strong> sind damit auch Voraussetzung<br />
für ein ganzheitliches Bildungsmanagement.<br />
Wie sieht es mit den Kosten für Bildung aus –<br />
zu welchem Anteil werden sie übernommen<br />
Dr. Veit Echterhoff: Bei uns werden die Kosten<br />
für die Weiterbildung komplett vom Unternehmen<br />
getragen. In Fällen, in denen eine unmittelbare, das<br />
heißt arbeitsplatzbezogene, Notwendigkeit für die<br />
Weiterbildung nicht vorliegt, aber das Unternehmen<br />
ein gr<strong>und</strong>sätzliches Interesse daran hat, dass der<br />
Mitarbeiter die Bildungsmaßnahme wahrnimmt, wie<br />
beispielsweise bei Sprachkursen, tragen wir die<br />
Kosten <strong>und</strong> die Mitarbeiter müssen sich mit einer<br />
zeitanteiligen Investition einbringen.<br />
Dr. Werner Mölders: Wenn Weiterbildungen betriebserwünscht<br />
bzw. betriebsnotwendig sind, werden<br />
diese eigentlich immer getragen.<br />
Wo sollte das Bildungsmanagement im<br />
Unternehmen im Idealfall angesiedelt sein<br />
Dr. Veit Echterhoff: Bildung ist ganz klar Thema<br />
der Personalabteilung. Bei uns findet man dort den<br />
Teamkoordinationsbereich Recruiting <strong>und</strong> Personalentwicklung<br />
<strong>und</strong> darunter gibt es dann das<br />
Seminarzentrum, das Managementtraining <strong>und</strong> die<br />
Ausbildung. Das zusammengenommen repräsentiert<br />
letztlich das Bildungsmanagement.<br />
Dr. Werner Mölders: Wichtig ist, dass im Organigramm<br />
ersichtlich wird, wo welche Themen behandelt<br />
werden. Die meisten Unternehmen haben aber<br />
ihren eigenen Weg was die organisationale Ansiedelung<br />
betrifft. Sichergestellt sein sollte aber ein<br />
regelmäßiger Austausch aller beteiligten Akteure des<br />
Bildungsmanagements.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Wie gehen Sie sicher, dass das Bildungsangebot<br />
die Bedarfe der Mitarbeiter deckt<br />
Dr. Veit Echterhoff: Wir haben einen Bildungskatalog,<br />
in dem für alle Themen Weiterbildungsangebote<br />
gelistet sind. Um den Katalog aktuell zu halten, findet<br />
eine jährliche Bedarfsanalyse statt. Hierfür wird jeder<br />
Bereich im Unternehmen aufgerufen, sich den Katalog<br />
anzuschauen <strong>und</strong> Feedback zu geben, ob es hinsichtlich<br />
der Inhalte bzw. auch der Weiterbildungsformen<br />
Ergänzungsbedarf gibt.<br />
Wie sichern Sie die Anbindung des Bildungsmanagements<br />
an die Unternehmensziele<br />
Dr. Veit Echterhoff: Im Gr<strong>und</strong>e ist das der Vorgang,<br />
den ich eben beschriebe habe. Dazu kommt die Frage,<br />
welche Mitarbeiter mit welchen Kompetenzen für<br />
die nächsten Jahre benötigt werden. Dazu haben wir<br />
ein Tool entwickelt, das uns zeigt, wie sich der Bedarf<br />
in den nächsten Jahren entwickeln wird <strong>und</strong> wie wir<br />
unsere Rekrutierung darauf ausrichten können. So<br />
rechnen wir für mehrere Jahre im Voraus aus, wie die<br />
Belegschaft dann aussehen soll.<br />
Wie muss ein professionelles Recruiting aussehen<br />
Dr. Veit Echterhoff: Das System muss sich nach dem<br />
Bedarf des Unternehmens richten <strong>und</strong> immer mit der<br />
Zeit gehen. Eine gute Arbeitgebermarke wird für die<br />
Gewinnung neuer Mitarbeiter hierbei immer wichtiger.<br />
Wir versuchen durch viele betriebliche Zusatzleistungen,<br />
eine gute Unternehmenskultur <strong>und</strong> leistungsgerechte<br />
Bezahlung als möglichst attraktiver Arbeitgeber<br />
wahrgenommen zu werden. Unsere Erfahrung<br />
seit vielen Jahren ist, dass Recruiting sehr lokal<br />
stattfindet. Hier sind wir diverse Kooperationen mit<br />
Schulen/Universitäten eingegangen <strong>und</strong> engagieren<br />
uns aktiv für benachteiligte Jugendliche.<br />
Was sind relevante Kennzahlen im Bildungsmanagement,<br />
die für Sie im Benchmark mit<br />
anderen Unternehmen von Interesse wären<br />
Dr. Veit Echterhoff: Interessant wäre sicherlich ein<br />
Vergleich der Bildungsformen <strong>und</strong> -inhalte, also etwa<br />
eine Statistik, welche Seminartypen wie häufig nachgefragt<br />
werden. Dann natürlich ein Benchmark von<br />
Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmertagen, dazu die Intensität<br />
in den verschiedenen Alters- <strong>und</strong> Gehaltsgruppen.<br />
Welche Lernformen sollten im Bildungsmanagement<br />
Berücksichtigung finden<br />
Dr. Veit Echterhoff: Wichtig ist, dass nicht nur die<br />
Lerninhalte dem Bedarf des Mitarbeiters entsprechen,<br />
sondern auch die Lernformen. Wir haben sehr gute<br />
Erfahrungen mit eLearning gemacht, vor allem wenn<br />
es ergänzend eingesetzt wird. Zeitgleich versuchen<br />
wir, formelle Lernformen wie Seminare mit informellen<br />
zu verbinden. Das informelle Lernen ist sehr<br />
komplex, hier ist es schwierig, Aussagen zu treffen,<br />
welche Lernformen am erfolgversprechendsten sind.<br />
Informelles Lernen passiert stetig. Wir versuchen, dafür<br />
geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, also<br />
etwa einen Austausch der Seminarteilnehmer zum<br />
Umsetzen des Erlernten zu unterstützen.<br />
Veröffentlichen Sie einen Jahresbericht zum<br />
Thema Bildung<br />
Dr. Veit Echterhoff: Das ist integraler Bestandteil<br />
unseres Konzernjahresberichtes. Und es gibt einen<br />
Nachhaltigkeitsbericht, der alle zwei Jahre erscheint<br />
<strong>und</strong> in dem Bildung ein Thema ist.<br />
119<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Experteninterviews HR<br />
Thomas Lindt<br />
Director Product Management<br />
VEDA GmbH<br />
Experteninterview mit der VEDA GmbH<br />
Thema: IT-gestütztes Bildungsmanagement – Die Unterschiede zwischen KMU <strong>und</strong><br />
Großunternehmen <strong>und</strong> die Kennzahlenfrage<br />
120<br />
Warum ist ein gutes Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong> so wichtig<br />
Thomas Lindt: Für die Zukunft von Unternehmen <strong>und</strong><br />
Beschäftigten ist die berufliche Weiterbildung längst<br />
zu einem Schlüsselfaktor geworden. Stetig wachsendes<br />
Wissen <strong>und</strong> die ansteigende Schnelligkeit von<br />
Veränderungen schaffen kontinuierlich steigende<br />
Lernbedarfe. Auch der Faktor der Mitarbeiterbindung<br />
darf nicht außer Acht gelassen werden. Unternehmen,<br />
die nicht kontinuierlich <strong>und</strong> strategisch in die Entwicklung<br />
der eigenen Mitarbeiter investieren, setzen die<br />
eigene Zukunft auf‘s Spiel. Bildungsmanagement ist<br />
da ein ganz zentraler Prozess, der Antworten auf die<br />
aktuellen <strong>und</strong> zukünftigen Kernprobleme liefert, die<br />
derzeit in der HR diskutiert werden.<br />
Welche Vorteile bringt der Einsatz von Software<br />
im Betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />
Thomas Lindt: Eine Software bringt sehr viele Vorteile<br />
– auch <strong>und</strong> insbesondere in KMU. Eine gute Software<br />
federt die steigende Komplexität des Bildungs- <strong>und</strong><br />
<strong>Talentmanagement</strong>s ab. Sie hilft dabei, die Prozesse<br />
transparent <strong>und</strong> die Maßnahmen effizienter zu machen.<br />
Auf Basis von Daten kann ich als Personalmanager<br />
dann sehen, welche Voraussetzungen meine<br />
Mitarbeiter erfüllen <strong>und</strong> daraus den Bildungsbedarf<br />
ableiten. Außerdem leistet eine gute HR-Software<br />
Prozessunterstützung. Allen Beteiligten werden Vorschläge<br />
<strong>und</strong> Informationen in einer hohen Geschwindigkeit<br />
geliefert.<br />
Allerdings möchte ich betonen, dass die IT immer im<br />
Hintergr<strong>und</strong> des Bildungsmanagements steht. Sie<br />
muss in der Lage sein, umzusetzen <strong>und</strong> zu unterstützen.<br />
Die zu Gr<strong>und</strong>e liegende Strategie muss aber<br />
genau definiert sein <strong>und</strong> auch durchgesetzt werden,<br />
denn sie ist die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für ein erfolgreiches<br />
Bildungsmanagement. Wenn sie nicht vorhanden<br />
ist, dann hilft auch das beste IT-Programm nicht.<br />
Wo stehen die KMU in punkto<br />
Bildungsmanagement<br />
Thomas Lindt: Noch sehr weit hinten. Gerade KMU<br />
muss bewusst werden, dass sie im Bereich Bildung<br />
im Wettbewerb mit Großunternehmen mithalten<br />
müssen, weil sie ansonsten im „War for Talents“<br />
scheitern. Kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />
müssen dafür sensibilisiert werden, denn demographischer<br />
Wandel, Fachkräftemangel <strong>und</strong> Abwanderung<br />
sind Fakten, die auch heute nicht mehr ignoriert<br />
werden können <strong>und</strong> alle Unternehmen betreffen.<br />
Kosten durch Einsparungen an der Qualifizierung der<br />
Mitarbeiter zu senken, ist ganz klar zu kurz gedacht.<br />
In der betrieblichen Praxis aber haben KMU strukturelle<br />
Nachteile bei der Umsetzung eines Bildungsmanagements.<br />
Diese können durch Vernetzung oder<br />
Zusammenschlüsse von mehreren KMU kompensiert<br />
werden. Ein Vorteil der KMU ist das im Durchschnitt<br />
breitere Einsatzspektrum der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter<br />
erhalten oft einen besseren Einblick in die<br />
Unternehmensprozesse – ihnen wird oft mehr Verantwortung<br />
angetragen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
Gibt es spezifische, besonders auffällige Fehler,<br />
die KMU in der Personalentwicklung begehen<br />
Thomas Lindt: Sehr oft werden gar keine passenden<br />
IT-gestützten Lösungen angewendet, sondern es wird<br />
weiterhin mit Excel-Tabellen gearbeitet. Eine strategische<br />
Planung genau wie ein adäquates Controlling<br />
werden so verhindert. Dies geht natürlich auf Kosten<br />
der Effizienz der Bildungsmaßnahmen. Das, was KMU<br />
als Personalentwicklung betrachten, ist häufig gar<br />
keine Personalentwicklung. Essenzielle Bereiche des<br />
Bildungsmanagements werden dann im Gießkannenprinzip<br />
durch mehrere Abteilungen oder auch eine<br />
einzige Person betreut. Da hat der deutsche Mittelstand<br />
noch großen Nachholbedarf.<br />
Wie wichtig ist das Thema Kennzahlen im<br />
Bildungsmanagement<br />
Thomas Lindt: Das ist ein absolut elementarer Punkt<br />
im Bildungsmanagement. Es gibt Kennzahlensysteme,<br />
mit denen man aussagekräftig messen kann,<br />
wie erfolgreich Bildungsmaßnahmen sind <strong>und</strong> ob sie<br />
einen Mehrwert im Sinne der Unternehmensstrategie<br />
generieren. Die Kennzahlen sind von Unternehmen<br />
zu Unternehmen unterschiedlich, je nachdem, wo<br />
der Fokus liegt. Dennoch ist es für die Zukunft sehr<br />
wichtig, Unternehmen zu vermitteln, wie wichtig<br />
solche Kennzahlen sind. Dabei muss zwischen harten<br />
<strong>und</strong> weichen Kennzahlen unterschieden werden.<br />
Weiche Kennzahlen, die im Rahmen von Mitarbeitergesprächen<br />
oder -befragungen erhoben werden, sind<br />
anders zu interpretieren als harte, die betriebswirtschaftlichen<br />
Analysen standhalten.<br />
In welchen Bereichen wird die Bedeutung von<br />
Kennzahlen für das Bildungsmanagement am<br />
deutlichsten<br />
Thomas Lindt: Die Ziele des Bildungsmanagements<br />
sollten immer anhand von konkreten Kennzahlen an<br />
die Unternehmensstrategie angeb<strong>und</strong>en sein. Sie<br />
kommen im Evaluationsprozess <strong>und</strong> Controlling zum<br />
Tragen. Auf diese Weise lassen sich Qualifikationsleerkosten<br />
vermeiden.<br />
Welche Trends lassen sich im IT-gestützten<br />
Bildungsmanagement in den letzten Jahren<br />
ausmachen<br />
Thomas Lindt: In der Vergangenheit wurden häufig<br />
Insellösungen eingesetzt. Heute sucht man die<br />
Verbindung <strong>und</strong> Vereinheitlichung von Maßnahmen.<br />
Es werden verschiedene Lerntechniken durch eine<br />
Lernplattform verknüpft. Das Thema eLearning<br />
gewinnt dahingehend immer mehr an Bedeutung.<br />
Gerade in dem Bereich sind die Interessen der Mitarbeiter<br />
entscheidend. Die Frage ist, ob diese eher am<br />
Wochenende über ein eLearning-Programm lernen<br />
wollen oder es doch vorziehen, mehrere Tage auf<br />
eine Schulung zu fahren. Der Arbeitgeber muss seine<br />
Anforderungen <strong>und</strong> die seiner Mitarbeiter flexibel<br />
anpassen, Stichworte sind Work-Life Balance <strong>und</strong><br />
Zeitmanagement.<br />
121<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
7. Literaturverzeichnis
7. Literaturverzeichnis<br />
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Beltz Verlag, Weinheim, Basel 2008.<br />
123<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>
8. Impressum
Herausgeber<br />
Redaktion<br />
Akademie<br />
EuPD Research<br />
Adenauerallee 134<br />
D-53113 Bonn<br />
Tel +49 (0) 228 97143-0<br />
Fax +49 (0) 228 97143-11<br />
welcome@eupd-research.com<br />
www.eupd-research.com<br />
TÜV SÜD Akademie GmbH<br />
Westendstraße 160<br />
D-80339 München<br />
Tel +49 (0)89 5791-1180<br />
Fax +49 (0)89 5791-2301<br />
anne.dreyer@tuev-sued.de<br />
www.tuev-sued.de/akademie<br />
Magdalena Nowak<br />
EuPD Research<br />
Tel.: +49 (0)228 97143-35<br />
m.nowak@eupd-research.com<br />
Anne Dreyer<br />
TÜV SÜD Akademie<br />
Tel +49 (0)89 5791-1180<br />
anne.dreyer@tuev-sued.de<br />
Konzept & Design<br />
Bildnachweis<br />
Art Direction<br />
Thomas Schmiejka<br />
Tel +49 (0) 228 85426-0<br />
Fax +49 (0) 228 85426-11<br />
welcome@360Concept.de<br />
www.360Concept.de<br />
Logo/Signet-Design:<br />
Jutta Lindemeier<br />
S. 6 - David Schaffer / OJO Images / Getty Images<br />
S. 14 - Fuse / Fuse / Getty Images<br />
S. 18 - ruberball / ruberball / Getty Images<br />
S. 28 - David Lees / Digital Vision / Getty Images<br />
S. 36 - Westend61 / Westend 61 / Getty Images<br />
S. 46 - David Schaffer / OJO Images / Getty Images<br />
S. 60 - Andy Heazlewood / Flickr / Getty Images<br />
S. 108 - David Lees / Digital Vision / Getty Images<br />
S. 110 - David Lees / Digital Vision / Getty Images<br />
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Medienpartner