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und Talentmanagement 2012 - Deutscher Bildungspreis

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Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie<br />

Magdalena Nowak, EuPD Research<br />

Unternehmen.<br />

Bilden.<br />

Zukunft.<br />

Bildungs-<br />

&<br />

<strong>2012</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong><br />

Akademie


Bildungs-<br />

&<br />

<strong>2012</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong><br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong> | <strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong><br />

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Die Autoren sind für ihre Beiträge<br />

selbst verantwortlich. Die Rechte an den Beiträgen – <strong>und</strong>, soweit nicht abweichend bezeichnet, die Rechte an<br />

Grafiken <strong>und</strong> Bildmaterial – liegen ebenfalls bei den Autoren bzw. den Urhebern der jeweiligen Werke. Jede<br />

Verwertung außerhalb der engen Grenzen der urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen ist ohne vorherige<br />

Zustimmung des Verlages unzulässig <strong>und</strong> strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen,<br />

Übersetzungen, Mikoverfilmungen <strong>und</strong> die digitale Einspeicherung <strong>und</strong> Verarbeitung in elektronischen Systemen.<br />

ISBN-Nr.: 978-3-941632-13-4<br />

© <strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> <strong>2012</strong><br />

www.deutscher-bildungspreis.de


Akademie


1. Status <strong>und</strong> Ziele | Magdalena Nowak 14<br />

1.1. Eine neue Arbeitswelt 15<br />

1.2. Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> in Deutschland 15<br />

1.3. Zielsetzung des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es 16<br />

2. Begriffsdefinition | Anne Dreyer 18<br />

2.1. Was ist Bildung 19<br />

2.2. Was ist betriebliches Bildungsmanagement 20<br />

2.3. Berufsbild Bildungsmanager 22<br />

2.4. Einbettung des betrieblichen Bildungsmanagements im Unternehmen 22<br />

2.4.1. Bedeutung im Managementsystem des Unternehmens 22<br />

2.4.2. Personalentwicklung 23<br />

2.4.3. Wissensmanagement 23<br />

2.5. Aktuelle Herausforderungen im betrieblichen Bildungsmanagement 24<br />

2.6. Definition weiterer Schlüsselbegriffe 25<br />

2.6.1. Nachhaltigkeit 25<br />

2.6.2. Wie lernen Erwachsene 25<br />

2.6.3. Qualifikationen, Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen 26<br />

3. Handlungsfelder <strong>und</strong> Qualitätskriterien betrieblichen Bildungsmanagements | Anne Dreyer 28<br />

3.1. Bestehende Konzepte/Forschungsstand 29<br />

3.1.1. Qualität im Bildungsmanagement 29<br />

3.1.2. Qualitätsmanagementkonzepte 29<br />

3.1.3. Bildungsmanagementkonzepte 32<br />

3.2. Ziele, Selbstverständnis, Anforderungen an das Qualitätsmodell 35<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Gliederung<br />

4. Etablierung des Qualitätsmodells betrieblichen Bildungsmanagements | Anne Dreyer, Magdalena Nowak 36<br />

4.1. Theoretische Herleitung des Qualitätsmodells 37<br />

4.2. Validierungsprozess des Qualitätsmodells 40<br />

4.2.1. Interviews mit führenden wissenschaftlichen Experten 40<br />

4.2.2. Interviews mit führenden HR-Experten 41<br />

4.3. Das Qualitätsmodell betrieblichen Bildungsmanagements 42<br />

4.3.1. Strategisches Bildungsmanagement 43<br />

4.3.2. Strukturelles Bildungsmanagement 43<br />

4.3.3. Operatives Bildungsmanagement 45<br />

5. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> | Magdalena Nowak 46<br />

5.1. Qualitätsmodell als Gr<strong>und</strong>lage 47<br />

5.2. Bewerbungsprozess 47<br />

5.3. Initiatoren <strong>und</strong> Partner 49<br />

5.3.1. Initiatoren 50<br />

5.3.2. Partner 52<br />

5.3.3. Medienpartner 57<br />

5.4. Ausblick 58<br />

6. Auszug aus Interviews mit führenden Experten 60<br />

7. Literaturverzeichnis 122<br />

8. Impressum 124<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Vorwort


Kai Probst<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

TÜV SÜD Akademie<br />

Markus A. W. Hoehner<br />

CEO<br />

EuPD Research<br />

Jörg Schemat<br />

Geschäftsführer<br />

TÜV SÜD Akademie<br />

Vorwort TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research<br />

7<br />

Der vorliegende Studienband gibt zum ersten Mal einen umfassenden Einblick in den Status <strong>und</strong> die Bedeutung<br />

betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s in Deutschland. Basis bilden umfangreiche Literaturrecherchen<br />

sowie Tiefeninterviews mit zahlreichen führenden wissenschaftlichen Experten sowie führenden<br />

Personalentwicklern <strong>und</strong> Bildungsmanagern.<br />

Gemeinsam mit diesen Fachleuten <strong>und</strong> einem hochrangig besetzten Beirat haben die Experten von TÜV SÜD<br />

Akademie <strong>und</strong> EuPD Research darauf aufbauend das erste f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> ganzheitliche Qualitätsmodell<br />

betrieblichen Bildungsmanagements entwickelt. Das Qualitätsmodell bildet damit zugleich die Basis für den<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>.<br />

Ziel des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist es, durch ein praxisvalidiertes Qualitätsmodell einen deutschlandweiten<br />

Benchmark zu ermöglichen <strong>und</strong> durch die Auszeichnung besonders vorbildlicher Unternehmen in<br />

besonderer Weise für die hohe Relevanz betrieblichen Bildungsmanagements zu sensibilisieren. Das Audit<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> hilft Unternehmen dabei, die eigene betriebliche Weiterbildung effizienter<br />

zu gestalten <strong>und</strong> den Weg zur Lernenden Organisation zu beschreiten.<br />

Kai Probst<br />

Jörg Schemat<br />

Markus A. W. Hoehner<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Grußworte<br />

Stefan Post<br />

Geschäftsführer<br />

SP_Data GmbH & Co. KG<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

Bildung in Deutschland ist ein spannendes Thema, das die Gemüter schon lange bewegt <strong>und</strong> immer wieder<br />

neue Fragen eröffnet. Die vielfältige Diskussion umfasst Stichworte wie zum Beispiel die PISA Studie, Exzellenzinitiativen,<br />

Bildungschancen <strong>und</strong> gleichzeitig Herausforderungen aufgr<strong>und</strong> des Fachkräftemangels. Ein<br />

unternehmerisches Thema, weil insbesondere der Mittelstand in Deutschland gefordert ist, richtig ausgebildete<br />

Mitarbeiter zu finden, zu fördern <strong>und</strong> zu halten.<br />

Der deutsche <strong>Bildungspreis</strong> kommt zum richtigen Zeitpunkt, da Unternehmen sich zukünftig verstärkt um die<br />

Nachhaltigkeit der Ausbildung auf allen Ebenen von der Lehrlingswerkstatt bis zur Führungsetage kümmern<br />

werden.<br />

8<br />

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die betriebliche Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung maßgeblich den wirtschaftlichen<br />

Erfolg eines Unternehmens steuert. Stärken wir unsere Mitarbeiter durch Weiterbildung, stärken<br />

wir das Unternehmen. Gerade in der Softwarebranche sind wir darauf angewiesen, dass unsere Mitarbeiter <strong>und</strong><br />

unsere K<strong>und</strong>en in Veränderungsprozessen begleitet <strong>und</strong> durch Ausbildungsmaßnahmen unterstützt werden.<br />

Ergebnisse müssen evaluiert werden, um den bestmöglichen Erfolg für das Unternehmen <strong>und</strong> den Mitarbeiter<br />

zu erzielen.<br />

Die SP_Data fördert den Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>, damit die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung im Mittelstand zu einem<br />

natürlichen Prozess im Unternehmen wird. Die Kriterien für das Bildungsmanagement werden allen Beteiligten<br />

helfen, neue Wege zu gehen <strong>und</strong> das Wissenspotenzial im Unternehmen zu halten <strong>und</strong> zu steigern.<br />

Ich wünsche allen teilnehmenden Unternehmen viel <strong>und</strong> vor allen Dingen langfristigen Erfolg!<br />

Stefan Post<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Dr. Ralf Gräßler<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

VEDA GmbH<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

als Innovationsstandort kann Deutschland nur führend bleiben, wenn wir als Unternehmer es schaffen, unsere<br />

Innovationskraft zu erhalten. Hinter dieser Kraft steckt das heutzutage wichtigste Kapital – das „Humankapital“,<br />

welches vor allem aus der Gesamtheit des Mitarbeiterwissens entsteht. Doch die Halbwertzeit dieses Wissen<br />

wird immer kürzer, so ist geschicktes Management gefordert das Wissen auf Stand zu halten <strong>und</strong> mit der Unternehmensstrategie<br />

in Einklang richtig einzusetzen. Weiterbildung wird somit zu einem essenziellen Bestandteil<br />

des Unternehmenserfolgs.<br />

Die Jahre, in denen ein einfaches Schulungsangebot das Ultimo in Bildungsmanagement <strong>und</strong> Mitarbeiterförderung<br />

war, sind lange vorbei. Weiterbildung muss dort angesiedelt werden, wo die Unternehmensstrategie das<br />

zukünftige Wissen fordert.<br />

Der deutsche <strong>Bildungspreis</strong> unterstreicht die hohe Relevanz dieses systematischen Bildungsmanagements.<br />

VEDA unterstützt dabei gerne. Denn wir können als Lösungsanbieter den langjährigen Erfahrungshintergr<strong>und</strong><br />

einer Prozess- <strong>und</strong> Methodensicht auf Bildung in die Konzeptphase des deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es einbringen.<br />

Wir kennen die effizienten Prozesse, die hinter moderner Weiterbildung stehen können – oder müssen.<br />

9<br />

VEDA begleitet Unternehmen bei der Analyse von Handlungsfeldern <strong>und</strong> hilft bei der Planung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

der Lösung mit geeigneten Best-Practice-Maßnahmen.<br />

Wir freuen uns auf neue <strong>und</strong> hoffentlich überraschende Sichten auf das Bildungsmanagement in deutschen<br />

Unternehmen. Nehmen Sie teil <strong>und</strong> fördern Sie damit auch die Innovationskraft unseres Wirtschaftsstandorts<br />

Deutschland.<br />

Dr. Ralf Gräßler<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Grußworte<br />

Mattias Säker<br />

CEO<br />

kursfinder.de<br />

Fredrik Högemark<br />

CIO<br />

kursfinder.de<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

in Gesprächen mit Personalentwicklern <strong>und</strong> Führungskräften unserer skandinavischen K<strong>und</strong>en wird deutlich:<br />

Weiterbildung ist zu einem Thema auf der Agenda der strategischen Unternehmensentwicklung geworden.<br />

Lange galt die Teilnahme an einer Fortbildung als probates Mittel zur Belohnung von Mitarbeitern – heute sollen<br />

die durchschnittlichen 6 Schulungstage – schwedenweit – messbare Resultate zu Tage fördern. Und zwar<br />

unternehmensrelevante Resultate. So lautet die Maßgabe nicht mehr pauschal „produktiver um der Effizienz<br />

willen“, sondern „besser um des Ziels willen“.<br />

10<br />

Strategisches Bildungsmanagement kann viel auf dem Weg zum übergeordneten Unternehmensziel bewegen –<br />

setzt es doch genau dort an, wo seine Wirkung am stärksten ist: der Motivation Ihrer Mitarbeiter für die gemeinsamen<br />

Ziele. So viel es bewirken kann, so viel setzt es aber auch voraus.<br />

Als internationale Educations.com Media Group mit schwedischer Herkunft <strong>und</strong> deutschem Geschäftsbereich<br />

kursfinder.de sind wir umso gespannter auf die Diskussionen, Entwicklungen <strong>und</strong> Erkenntnisse, die der Deutsche<br />

<strong>Bildungspreis</strong> für Unternehmen mit seinem Qualitätsmodell auslösen wird – wir freuen uns auf einen<br />

intensiven Austausch mit Ihnen!<br />

Mattias Säker<br />

Fredrik Högemark<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Evangelia Avrami, M.A.<br />

Managing Director<br />

avrami business communication<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

was könnte die wachsende Bedeutung der betrieblichen Weiterbildung stärker verdeutlichen als die Verleihung<br />

des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

Es ist unbestritten, dass die stetige <strong>und</strong> gezielte Qualifizierung von Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern einen<br />

wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstellt – nicht nur, weil sie sich signifikant auf den Unternehmenserfolg<br />

auswirkt, sondern weil sie im Rahmen von Employer Branding einen wichtigen Beitrag zur Mitarbeitergewinnung<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterbindung leistet.<br />

Als Weiterbildungsanbieter mit den Schwerpunkten Fremdsprachen, Interkulturelle Kommunikation <strong>und</strong><br />

Soft Skills unterstützen wir seit mehr als 25 Jahren internationale Unternehmen bei der Qualifizierung ihrer<br />

Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte. Durch den kontinuierlichen Austausch mit unseren K<strong>und</strong>en erfahren wir tagtäglich,<br />

welchen Herausforderungen Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter deutscher Unternehmen in der internationalen<br />

Zusammenarbeit begegnen.<br />

11<br />

Die ganzheitlichen Trainingslösungen von avrami business communication tragen diesen Herausforderungen<br />

Rechnung. Sie können jedoch nur zu optimalen Ergebnissen führen, wenn sie in ein bestehendes Gesamtkonzept<br />

eingebettet werden. Positive strategische Rahmenbedingungen sind für den Erfolg von Weiterbildungsmaßnahmen<br />

<strong>und</strong> den Wissenstransfer unentbehrlich.<br />

Unternehmen, die sich mit dieser Thematik auseinandergesetzt <strong>und</strong> ein durchdachtes Bildungsmanagement<br />

etabliert haben, haben Vorbildfunktion <strong>und</strong> sollten dafür ausgezeichnet werden. Wir freuen uns darauf, einen<br />

Einblick in diese Erfolgsmodelle zu erhalten.<br />

Evangelia Avrami<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Grußworte<br />

Thomas Kirchenkamp<br />

Kanzler der Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

die Wilhelm Büchner Hochschule begleitet seit 15 Jahren Berufstätige, die neben dem Job studieren – Maschinenbau,<br />

Informatik, Elektrotechnik, Mechatronik oder Wirtschaftsingenieurwesen. Es ist faszinierend, mit<br />

welcher Motivation unsere Studierenden bei der Sache sind. Ihr „Rückenwind“ ist der direkte Praxis- bzw.<br />

Wissenstransfer zwischen Studium <strong>und</strong> Beruf. Und sie haben ein Ziel vor Augen: den Karrieresprung.<br />

Wir haben am Standort Deutschland hervorragende Fachkräfte mit Ausbildungen in anspruchsvollen technischen<br />

Berufen. Sie haben oft die fachlichen <strong>und</strong> auch die persönlichen Voraussetzungen, um berufsbegleitend<br />

zu studieren <strong>und</strong> sich akademisch zu qualifizieren. Hier sind die Personalentwickler gefordert! Es ist ihre Aufgabe,<br />

die Talente in ihren eigenen Reihen zu identifizieren, fähige Mitarbeiter zu einem Studium zu motivieren<br />

<strong>und</strong> sie auf ihrem Weg zum Ingenieur oder Informatiker tatkräftig zu unterstützen.<br />

12<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> ist eine w<strong>und</strong>erbare Chance, von denjenigen Unternehmen zu lernen, die in der<br />

Weiterbildung <strong>und</strong> Talentförderung bereits vieles richtig machen. Und er ist eine Chance für alle Unternehmen,<br />

ihre beruflichen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsaktivitäten zu überprüfen. Das Qualitätsmodell für betriebliches<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> gibt die Richtung vor.<br />

Thomas Kirchenkamp<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

13


1. Status <strong>und</strong> Ziele<br />

Autorin: Magdalena Nowak, EuPD Research


1.1. Eine neue Arbeitswelt<br />

Der wirtschaftliche <strong>und</strong> gesellschaftliche Wandel der<br />

letzten Jahre hat die deutsche Arbeitswelt nachhaltig<br />

verändert. Die zunehmende Komplexität bei gleichzeitig<br />

enger werdenden Zeitfenstern hat Wissen zu<br />

einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren werden lassen.<br />

Aus dem Leitsatz „Lernen fürs Leben“ ist längst die<br />

Forderung des „lebenslangen Lernens“ geworden,<br />

denn das große Potenzial deutscher Unternehmen<br />

liegt in den Fähigkeiten, der Bildung <strong>und</strong> den Talenten<br />

der Beschäftigten. Dieser Wissensspeicher<br />

ist die Basis für Innovation, Kreativität <strong>und</strong> Wachstum,<br />

ihn aufrecht <strong>und</strong> aktuell zu halten, ist eine der<br />

wichtigsten Anforderungen in der modernen Wissensgesellschaft.<br />

Systematische Investitionen in das<br />

Wissen <strong>und</strong> die Kompetenzen der Mitarbeiter sind ein<br />

Schlüsselfaktor für die Zukunftsfähigkeit des gesamten<br />

Wirtschaftsstandortes.<br />

Gleichzeitig sorgt der demografische Wandel dafür,<br />

dass nicht nur das Wissen, sondern auch die Belegschaften<br />

älter werden <strong>und</strong> immer weniger junge<br />

Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Bereits<br />

heute sind die Auswirkungen spürbar, es fehlt häufig<br />

an qualifiziertem Personal, um vakante Stellen neu zu<br />

besetzen.<br />

R<strong>und</strong> 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland<br />

sind kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />

(KMU). Sie beschäftigen zwei Drittel aller Arbeitnehmer<br />

<strong>und</strong> sind damit der Motor der deutschen Wirtschaft.<br />

Aber gerade der Mittelstand läuft Gefahr, in<br />

punkto Personal zurückzufallen. Denn bislang legen<br />

KMU noch wenig Wert auf eine strategische Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> können mit Großkonzernen beim<br />

Recruiting kaum konkurrieren [vgl. Meifert, 2011,<br />

Strategisches Talent-Management]. Während lange<br />

das Gehalt als wesentlicher Anreiz für die Jobwahl<br />

galt, fordern junge Arbeitnehmer von ihrem künftigen<br />

Arbeitgeber heute eine Stelle, die Work-Life-Balance<br />

zum Beispiel durch die Vereinbarkeit von Familie <strong>und</strong><br />

Beruf, flexible Arbeitszeiten <strong>und</strong> Zusatzleistungen wie<br />

ein Ges<strong>und</strong>heitsmanagement garantiert. Besonders<br />

hoch werden auch gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> eine gezielte Talentförderung bewertet. Aufgr<strong>und</strong><br />

der zunehmend kürzeren Halbwertszeit von<br />

Wissen reicht es schon lange nicht mehr aus, gute<br />

Schulen <strong>und</strong> Universitäten zu besuchen. Vielmehr ist<br />

die berufliche Bildung ein zentraler Faktor nicht nur<br />

der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern<br />

auch der persönlichen <strong>und</strong> beruflichen Entwicklung<br />

des Einzelnen.<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> hat es sich zum Ziel<br />

gesetzt, Unternehmen bei der Etablierung eines<br />

nachhaltigen, weil effizienten Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />

zu unterstützen. Er stellt ein wissenschaftlich<br />

evaluiertes, praxisadäquates Qualitätsmodell<br />

betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />

in den Fokus, anhand dessen gezielt Stärken <strong>und</strong><br />

Handlungsbedarfe aufgezeigt werden.<br />

1.2. Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

in Deutschland<br />

Deutsche Unternehmen investieren immer mehr<br />

Geld in die Bildung ihrer Beschäftigten. Selbst in<br />

den krisengeschütteten Jahren 2008/2009 nahmen<br />

die Ausgaben für Weiterbildung im Vergleich zu den<br />

Vorjahren erheblich zu, mit steigender Tendenz. 2010<br />

zahlten deutsche Unternehmen bereits r<strong>und</strong> 28,6<br />

Milliarden Euro in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.<br />

Das entspricht Investitionen in Höhe von 1.035 Euro<br />

jährlich pro Mitarbeiter. Auch die Anzahl der Unternehmen,<br />

die ihren Beschäftigten Weiterbildungsangebote<br />

bereitstellen, steigt jährlich. 2010 bildeten insgesamt<br />

83,2 Prozent aller Unternehmen in Deutschland<br />

ihre Mitarbeiter weiter. Zudem stieg das St<strong>und</strong>envolumen<br />

der Weiterbildung seit 2007 erheblich an [vgl.<br />

Seyda/Werner, <strong>2012</strong>].<br />

15<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Status & Ziele<br />

16<br />

Damit stellt sich die Bildungssituation in deutschen<br />

Unternehmen auf den ersten Blick sehr positiv dar.<br />

Das gestiegene Engagement verdeutlicht, dass dem<br />

Thema immer mehr Gewicht beigemessen wird. Es<br />

lassen sich aber gleich mehrere Vorbehalte gegen<br />

diese beachtliche Bilanz anführen. Zunächst sollte<br />

nicht vergessen werden, dass die dargelegten Zahlen<br />

lediglich über die Quantität der Bildungsleistungen,<br />

nicht aber über deren Qualität Aufschluss geben.<br />

Nach wie vor ist Bildungsmanagement in den Unternehmen<br />

nur mangelhaft strategisch eingeb<strong>und</strong>en. In<br />

sehr vielen Fällen fehlt eine Verzahnung von Bildungs-<br />

<strong>und</strong> Unternehmenszielen. Bildung ist noch<br />

kein Führungsthema, der Personalbereich verfügt oft<br />

weder über die personellen noch die notwendigen<br />

strukturellen Ressourcen, um Bildung zum Wettbewerbsthema<br />

zu machen. Auch was den Einsatz<br />

moderner IT-Systeme betrifft, zeigt sich Nachholbedarf:<br />

Im Gegensatz zu anderen Abteilungen im Unternehmen<br />

liegt der HR-Bereich in punkto moderner<br />

IT-Ausstattung oft um Jahre zurück.<br />

Auch im europäischen Vergleich zählt Deutschland<br />

nicht zu den Besten. Aus der dritten europäischen<br />

Erhebung über die berufliche Weiterbildung<br />

in Unternehmen (CVTS3) aus dem Jahr 2007 kann<br />

ermittelt werden, dass der Anteil der Beschäftigten,<br />

die in Deutschland an Weiterbildungsmaßnahmen<br />

teilnehmen, im europäischen Vergleich im mittleren<br />

Drittel liegt. Vor allem die skandinavischen Länder<br />

<strong>und</strong> das Vereinigte Königreich verzeichnen deutlich<br />

höhere Teilnahmequoten. Bei der Häufigkeit von<br />

Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen, verortet<br />

die CVTS3 Deutschland im EU-Vergleich auf Rang 12,<br />

hinter den meisten west- <strong>und</strong> nordeuropäischen<br />

Mitgliedsstaaten [vgl. CVTS3, 2007].<br />

Es wird deutlich, dass es in den Unternehmen noch<br />

viel zu tun gibt – Bildung <strong>und</strong> Talentförderung treten<br />

erst langsam in den Fokus der Geschäftsstrategien.<br />

Zwar lassen sich die Unternehmen Weiterbildung <strong>und</strong><br />

Qualifizierung immer mehr kosten, doch fehlt es an<br />

einer Gesamtidee, was eigentlich erreicht werden<br />

soll <strong>und</strong> inwieweit die gesetzten Maßnahmen dazu<br />

beitragen. Von einem strategischen, systematischen<br />

<strong>und</strong> nachhaltigen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

kann aber in den seltensten Fällen die Rede sein.<br />

Statt Bildungsziele auf Basis einer systematischen<br />

Bedarfsanalyse zu ermitteln, wird Bildungsmanagement<br />

in der Praxis häufig auf die Bereitstellung von<br />

Lernmaßnahmen reduziert <strong>und</strong> ist damit nicht strategisch.<br />

1.3. Zielsetzung des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es<br />

Die großen gesamtwirtschaftlichen Potenziale betrieblicher<br />

Bildungssysteme verdeutlichen den Bedarf<br />

an nachhaltiger Sensibilisierung <strong>und</strong> Orientierung<br />

<strong>und</strong> der besonderen Würdigung exzellenter Praxisprojekte.<br />

Etablieren eines gemeinsamen Verständnisses<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> hat es sich vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> zum Ziel gesetzt, praxisorientierte <strong>und</strong><br />

wissenschaftlich validierte Qualitätskriterien guten<br />

betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s zu<br />

etablieren <strong>und</strong> die Vernetzung <strong>und</strong> den Austausch<br />

zwischen Unternehmen zu fördern, um durch vereinte<br />

Kräfte die Herausforderungen der Zukunft gemeinsam<br />

zu meistern.<br />

Aufzeigen wirtschaftlicher Mehrwerte<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will Unternehmen für<br />

die Notwendigkeit systematischer betrieblicher<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Talentförderung sensibilisieren <strong>und</strong><br />

gezielt Anregungen <strong>und</strong> Hilfestellungen zum Aufbau<br />

betrieblicher Bildungssysteme zu geben. Durch die<br />

Würdigung besonders vorbildlicher Systeme soll vor<br />

Augen geführt werden, dass die Etablierung eines<br />

nachhaltigen betrieblichen Bildungsmanagements<br />

nicht nur zur Mitarbeiterzufriedenheit <strong>und</strong> -bindung<br />

beiträgt, sondern essenziell für die Zukunftsfähigkeit<br />

des gesamten Wirtschaftsstandortes ist.<br />

Agenda Setting für die betriebliche Bildung<br />

Ziel des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist es, die<br />

betriebliche Bildung <strong>und</strong> Talentförderung im öffentlichen<br />

Diskurs als gleichberechtigte Säule neben der<br />

schulischen <strong>und</strong> universitären Bildung zu etablieren.<br />

Dies soll dazu beitragen, optimale Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, um die Vernetzung der Säulen zu<br />

fördern <strong>und</strong> die Maxime des Lebenslangen Lernens<br />

zu verwirklichen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

17


2. Begriffsdefinition<br />

Autorin: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie


2.1. Was ist Bildung<br />

Bildung ganz allgemein wird in der Literatur als das<br />

integrierte, ganzheitliche Wissen einer Person beschrieben<br />

[Gonschorrek, 2003, S. 273]. Bildung wird<br />

erlangt durch Lernen (siehe Kap 3.6.2.). Sie ist ein<br />

Prozess der Entwicklung von Individualität <strong>und</strong> Persönlichkeit<br />

[Müller 2009, S. 74]. Der einzelne Mensch<br />

steht im Mittelpunkt <strong>und</strong> entwickelt seine kritische<br />

Urteilsfähigkeit, indem er sich mit der umgebenden<br />

sozialen <strong>und</strong> natürlichen Umwelt reflexiv auseinandersetzt:<br />

„Bildung ist ein reflexives Gut. Es wird nicht hergestellt,<br />

wie ein Werkstück, sondern dadurch, dass<br />

ein Lernender in der praktischen <strong>und</strong> theoretischen<br />

Auseinandersetzung mit den Lerngegenständen das<br />

eigene Weltverständnis verändert <strong>und</strong> die individuelle<br />

Handlungsfähigkeit erweitert.“ [Gessler, 2009, S. 227,<br />

dort zitiert Holzkamp 1993, S.237]<br />

Salzgeber formuliert Bildung als „Prozess, der Menschen<br />

dazu befähigt, auf bestehende <strong>und</strong> zukünftige<br />

Frage- <strong>und</strong> Problemstellungen Antworten zu finden,<br />

ihr Leben selbstbestimmt <strong>und</strong> selbstverantwortlich<br />

zu gestalten <strong>und</strong> aktiv an der Gesellschaft <strong>und</strong> deren<br />

Gestaltung teilzunehmen.“ [Gütl, 2006, Kapitel „Evaluation“<br />

Salzgeber, S. 449]<br />

Bildung besitzt zudem folgende Besonderheit [Gessler,<br />

2009, S.227]: Der Teilnehmer wirkt als Lernender<br />

aktiv im Produktionsprozess einer Bildungsmaßnahme<br />

mit. Die Vermittlung der Inhalte erlebt jeder Teilnehmer<br />

individuell, er kann sie beeinflussen <strong>und</strong> ist<br />

für den Erfolg selbst verantwortlich beziehungsweise<br />

muss aktiv daran mitarbeiten. Das heißt, Lernerfolg<br />

funktioniert nicht ohne den Lernenden. Er ist immer<br />

abhängig von der Bedeutsamkeit <strong>und</strong> Relevanz der<br />

Inhalte für den Lernenden [Faulstich, 1999, S. 25] <strong>und</strong><br />

dessen Motivation.<br />

Im Unternehmen wird Bildung heute als entscheidender<br />

Beitrag zur Wertschöpfung gesehen <strong>und</strong> soll<br />

damit im wirtschaftlichen Kontext nutzbar gemacht<br />

werden. In der betrieblichen Bildung beziehungsweise<br />

der betrieblichen Weiterbildung stehen Fähigkeiten<br />

<strong>und</strong> Kenntnisse im Fokus, die zur Erbringung der<br />

Arbeitsleistung direkt beitragen. Nach der Erstausbildung<br />

benötigt jeder Mitarbeiter regelmäßige<br />

Weiterbildung, um seinen Wissensstand zu halten,<br />

auf den neuesten Stand der Technik <strong>und</strong> Forschung<br />

zu bringen oder neue Erkenntnisse hinzufügen.<br />

Inhalte der beruflichen Weiterbildung sind entweder<br />

fachlicher Natur <strong>und</strong> betreffen konkrete Kenntnisse,<br />

Fertigkeiten oder Fähigkeiten. Oder es handelt sich<br />

um so genannte weiche Themen aus den Bereichen<br />

Soft Skills <strong>und</strong> Kompetenzen, die eher übergreifend<br />

auf die gesamte Persönlichkeit <strong>und</strong> ihr Verhalten<br />

im Arbeitsumfeld gerichtet sind. Mehr Bildung soll<br />

den Mitarbeiter immer bei der praktischen Arbeit<br />

unterstützen. Das Unternehmen sichert damit seinen<br />

Fortbestand, Investition in betriebliche Weiterbildung<br />

ist eine Investition ins Humankapital. Damit besteht<br />

häufig ein gr<strong>und</strong>legender Interessengegensatz der<br />

betriebswirtschaftlichen Perspektive zur rein pädagogischen<br />

Sicht <strong>und</strong> den Bedürfnissen des Einzelnen.<br />

Wissensvermittlung an Erwachsene ist eine eigene<br />

pädagogische Richtung – Andragogik. Das Lehren<br />

<strong>und</strong> Lernen in der Erwachsenenbildung ist mit besonderen<br />

Anforderungen <strong>und</strong> Aufgabenstellungen verb<strong>und</strong>en.<br />

Faulstich beschreibt es wie folgt: „Es geht<br />

nicht um Erziehung, sondern um die gemeinsame<br />

Auseinandersetzung mit Lernaufgaben.“ Das Lernen<br />

Erwachsener steht immer in engem Zusammenhang<br />

mit der Biografie des Lernenden <strong>und</strong> dem jeweiligen<br />

Kontext [Faulstich, 1999, S. 19, 31]. Die Betriebliche<br />

Didaktik nutzt bei der Vermittlung von Lehrinhalten an<br />

Erwachsene deshalb zum Beispiel Erkenntnisse der<br />

Lernpsychologie, Sozialpsychologie, Soziologie <strong>und</strong><br />

Ökonomie [Gonschorrek, 2003, S. 171]. Zu beachten<br />

19<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Begriffsdefinition<br />

20<br />

ist in diesem Zusammenhang, dass Erwachsene nicht<br />

nur mit formellen Lernformen, sondern besonders<br />

auch informell lernen.<br />

2.2. Was ist betriebliches<br />

Bildungsmanagement<br />

In der Literatur <strong>und</strong> Praxis ist der Begriff Bildungsmanagement<br />

häufig mit dem Management von Bildungseinrichtungen,<br />

Schulen, Universitäten, Volkshochschulen<br />

verknüpft. Immer stärker tritt jedoch der<br />

Aspekt der betrieblichen Bildung hinzu <strong>und</strong> findet<br />

seit einigen Jahren auch in der Wissenschaft verstärkt<br />

Beachtung. Diese Entwicklung ist in jedem Fall<br />

sinnvoll <strong>und</strong> logisch.<br />

Wenn das Wissen <strong>und</strong> die Fähigkeiten der Mitarbeiter<br />

zum entscheidenden Gut eines Unternehmens<br />

werden, muss der Umgang mit diesen Aspekten<br />

im Management mit Nachdruck betrachtet werden.<br />

Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei der Begriff<br />

Management. Dabei geht es um das Gestalten,<br />

Lenken <strong>und</strong> Weiterentwickeln einer Organisation,<br />

um strukturierte Herangehensweise, vorgegebene<br />

Prozesse, um Zielerreichung bei einem vorgegebenen<br />

Mitteleinsatz [Müller 2009, S. 75]. Der klassische<br />

Managementgedanke wird also auf den Bildungsbereich<br />

eines Unternehmens übertragen.<br />

Im betrieblichen Bildungsmanagement geht es um<br />

den unternehmensweiten Erwerb <strong>und</strong> die Sicherung<br />

von Wissen <strong>und</strong> Kompetenzen im Sinne einer<br />

systematischen <strong>und</strong> erfolgskontrollierten Förderung<br />

der Fähigkeiten der Mitarbeiter. Dabei müssen die<br />

beruflichen Erwartungen <strong>und</strong> Wünsche der Einzelnen<br />

mit den Erfordernissen der Arbeitsaufgaben <strong>und</strong> mit<br />

den Geschäftszielen des Unternehmens in Einklang<br />

gebracht werden [Müller 2009, S. 74]. Das Bildungsmanagement<br />

umfasst alles, was mit betrieblichen<br />

Lernprozessen zusammenhängt, berücksichtigt<br />

ökonomische Gestaltbarkeit, den Zusammenhang mit<br />

anderen Managementsystemen <strong>und</strong> die Erfolgsbedeutsamkeit<br />

[Gonschorrek, 2003, S. 171].<br />

Es ist eine integrative Teilmenge des allgemeinen<br />

Managements.<br />

Aufgaben des Bildungsmanagements<br />

Heute lassen sich drei Tätigkeitsschwerpunkte im<br />

Bildungsmanagement beobachten: Lehren, Planen/<br />

Leiten <strong>und</strong> Beraten [Faulstich, 1999, S. 20]. Allerdings<br />

wurden die drei Bereiche in der wissenschaftlichen<br />

Reflexion sowie in den gängigen Konzepten zur<br />

Qualität im Unternehmen bislang noch sehr unterschiedlich<br />

beleuchtet. Der Lehr-/Lernprozess wurde<br />

in der Andragogik, sowie in zahlreichen Prozess- <strong>und</strong><br />

Interaktionsmodellen intensiv analysiert. Der Aspekt<br />

Planung wurde gut beschrieben, wenn es um die konkrete<br />

Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen<br />

geht. Strategische Betrachtungen <strong>und</strong> umfassende<br />

Ansätze im Sinne eines Schaffens von Lernkontexten<br />

sind jedoch bislang noch zu wenig eingeflossen: „In<br />

den vergangenen Jahren haben weniger die programmplanenden<br />

als vielmehr die im engeren Sinne<br />

organisationsbezogenen Tätigkeiten festangestellter<br />

Mitarbeiter Aufmerksamkeit gef<strong>und</strong>en.“ [Hartz, 2008,<br />

S. 49]. Beratung schließlich tauchte bislang in der<br />

Auseinandersetzung noch wenig auf.<br />

Strategie – Struktur – Umsetzung<br />

Weiterbildung wird in jedem Unternehmen betrieben.<br />

Allerdings variiert der Grad an Steuerung, Planung<br />

<strong>und</strong> Kontrolle sehr stark. Bäumer spricht von vier<br />

Weiterbildungstypen an Unternehmen [Bäumer, 1999,<br />

S. 170]:<br />

• Rudimentäre Weiterbildung<br />

• Ressourcenbasierte Weiterbildung<br />

• Nachgefragt dienstleistende Weiterbildung<br />

• Strategieunterstützende Weiterbildung<br />

Letztere sei die ausgereifteste <strong>und</strong> damit die wünschenswerte<br />

Art, Weiterbildung im Unternehmen<br />

aufzubauen. Bäumer beschreibt dafür eine gut<br />

ausgebaute zentrale Weiterbildung. Sie versorgt<br />

die einzelnen Fachabteilungen mit Bildungsleistungen<br />

<strong>und</strong> unterstützt sie durch Fach-Know-how bei<br />

der Erfüllung ihrer strategischen Vorgaben. Sie hat<br />

einen hohen Stellenwert im Unternehmen <strong>und</strong> erfolgt<br />

inhaltlich <strong>und</strong> zeitlich in sehr engem Zusammenhang<br />

mit der unternehmensstrategischen Planung.<br />

Um das Bildungsmanagement effektiv <strong>und</strong> nachhaltig<br />

im Unternehmen zu organisieren, muss die Thematik<br />

fest in Strategie <strong>und</strong> Struktur verankert sein. Eine<br />

strategische Ausrichtung des Bildungsmanagements<br />

wird zum einen durch eine Bildungsstrategie erreicht,<br />

zum anderen durch die normative Festsetzung in<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Leitbildern <strong>und</strong> -linien. Strategisches Bildungsmanagement<br />

setzt konsequentes Ausrichten an den<br />

Zielen der Unternehmung voraus <strong>und</strong> ist Teil der<br />

Unternehmensstrategie.<br />

Bildungsmanagement ist eine Dienstleistungsfunktion<br />

im Unternehmen, die den gesamten Zyklus von<br />

planendem Handeln umfasst, von Bedarfsermittlung,<br />

über Vorbereitung, Durchführung, Transfersicherung<br />

bis zur Erfolgskontrolle [Faulstich, 1999, S. 69].<br />

Die strategische Zielsetzung des Bildungsmanagements<br />

wird über die Gestaltung <strong>und</strong> Etablierung<br />

struktureller <strong>und</strong> formaler Rahmenbedingungen<br />

gesteuert. Die Strukturgestaltung richtet sich zum<br />

einen auf die möglichen Organisationsformen des<br />

Bildungsmanagements <strong>und</strong> die Rollenfixierungen<br />

des Bildungspersonals. Sie ist jedoch in erster Linie<br />

von der Gesamtstruktur des Unternehmens <strong>und</strong> dem<br />

Umfang der Bildungsaufgaben abhängig.<br />

Die eigentliche Gestaltungs- <strong>und</strong> Umsetzungsfunktion<br />

des Bildungsmanagements nimmt die operative<br />

Ebene ein, die alle Aktivitäten <strong>und</strong> Maßnahmen für<br />

das Lernen im Unternehmen umfasst.<br />

Das betrifft alle Maßnahmen, die das Unternehmen<br />

von internem oder von fremdem Lehrpersonal externer<br />

Dienstleister durchführen lässt. Im Bereich der<br />

bildungsorganisatorischen Prozesse <strong>und</strong> Dispositionssysteme<br />

geht es um die Beschreibung, Gliederung,<br />

Koordination arbeitsorganisatorischer Abläufe<br />

sowie die Anlage <strong>und</strong> den Einsatz von Verfahren <strong>und</strong><br />

Kontrollinstrumenten. Die Phasen des klassischen<br />

Bildungszyklus (Training Life Cycle) stellen den Ablaufplan<br />

für die Realisierung <strong>und</strong> Durchführung einer<br />

formalen Bildungsmaßnahme dar. Daraus ergeben<br />

sich konkrete Aufträge, in welchen Handlungsinhalte<br />

<strong>und</strong> -vorgaben, Leistungs- <strong>und</strong> Zeitwerte sowie Methoden<br />

für das Bildungspersonal festgelegt werden<br />

<strong>und</strong> aus welchen sich die Abwicklung zielorientierter<br />

Operationen ableiten lassen. Als übergreifende<br />

Prozesse werden zusätzlich die Auswahl des Bildungspersonals,<br />

die Qualitätssicherung, die Budgetierung<br />

der Bildungsressourcen, die Vermarktung der<br />

Bildungsmaßnahmen <strong>und</strong> die Implementierung von<br />

Bildungsinnovationen zusammengefasst.<br />

Talent- <strong>und</strong> Kompetenzmanagement<br />

In Unternehmen heißt Bildungsmanagement aber<br />

nicht immer Bildungsmanagement. In der aktuellen<br />

Debatte treten vor allem die Begriffe Talent- <strong>und</strong><br />

Kompetenzmanagement in den Vordergr<strong>und</strong> (siehe<br />

auch Kapitel 2.6.3. zur Beschreibung von Kompetenz).<br />

Angesichts der Beschwörung des „War for<br />

Talents“ gewinnt das gerade in Personalerkreisen<br />

zunehmend an Bedeutung <strong>und</strong> Brisanz. In der Wissenschaft<br />

dagegen sucht man vergebens nach dem<br />

Konsens einer gültigen Definition <strong>und</strong> Abgrenzung.<br />

Dennoch soll im Rahmen des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

der Versuch einer einheitlichen Definition<br />

unternommen werden. Dabei wird auf eine künstlich<br />

geschaffene Differenzierung zwischen Talent- <strong>und</strong><br />

Kompetenzmanagement, wobei beide Begriffe<br />

synonym verwendet werden, <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />

verzichtet. Letzteres stellt – nach Meinung der<br />

Autoren – einen Teilbereich des Talent- <strong>und</strong> Kompetenzmanagements<br />

dar. Talent- <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />

sind untrennbar miteinander verzahnt<br />

<strong>und</strong> können nur im Zusammenspiel betrachtet<br />

werden. Demnach umfasst <strong>Talentmanagement</strong> die<br />

Bereiche der Gewinnung, des Einsatzes, der Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Bindung von Mitarbeitern. Damit wird<br />

eine weite Begriffsdefinition gewählt, die vom engen<br />

Ansatz als Förderung der elitären Gruppe der High<br />

Potentials abrückt, [vgl. Meifert, 2011]. Letztlich gilt<br />

Prof. Wolfgang Jägers Aussage: „Talent Management<br />

ist Personalmanagement“ [Jäger, 2009, S.15].<br />

In der Praxis werden Begriffe wie Bildungsmanagement,<br />

<strong>Talentmanagement</strong>, Kompetenzmanagement sowie<br />

Wissensmanagement häufig synonym verwendet.<br />

Unternehmen entwickeln in den meisten Fällen ein<br />

eigenes Wording, das zumeist mit der wissenschaftlichen<br />

Definition nicht in direktem Zusammenhang<br />

steht. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist die konkrete Bezeichnung<br />

des Bereiches im Unternehmen für die Begriffsbezeichnung<br />

des Qualitätsmodells unerheblich.<br />

Dennoch ist die Darstellung des Verhältnisses von<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Wissensmanagement sinnvoll <strong>und</strong><br />

wichtig <strong>und</strong> wird in Kapitel 2.4.3. vorgenommen.<br />

21<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Begriffsdefinition<br />

2.3. Berufsbild Bildungsmanager<br />

In den letzten Jahren gab es zahlreiche Versuche, die<br />

verschiedenen Berufe in der Erwachsenenbildung zu<br />

professionalisieren <strong>und</strong> damit aufzuwerten. Spezielle<br />

Ausbildungsgänge <strong>und</strong> Zertifizierungen sind Ausfluss<br />

dieser Bemühungen <strong>und</strong> konnten sicher gut zur Qualitätssteigerung<br />

der Branche beitragen.<br />

Hartz spricht von Bildungsmanagern, weitet die Tätigkeiten<br />

jedoch auf die weiteren Mitarbeiter aus. Er<br />

stellt klar, dass diese Aufgaben häufig zum Beispiel<br />

auch von Fachbereichsleitern, Weiterbildungsreferenten<br />

oder Personalentwicklern übernommen werden.<br />

2.4. Einbettung des betrieblichen Bildungsmanagements<br />

im Unternehmen<br />

Bildungsmanager besitzen die verschiedensten<br />

beruflichen Ausbildungen, Vorkenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen.<br />

Neben Pädagogen, Andragogen <strong>und</strong> Soziologen,<br />

sind es vor allem Mitarbeiter mit volks- oder<br />

betriebswirtschaftlichem Hintergr<strong>und</strong>, die in diesem<br />

Unternehmensbereich arbeiten. Zur Verdeutlichung<br />

der Tätigkeiten im Bildungsmanagement soll hier<br />

eine beispielhafte Auflistung aus dem Arbeitsalltag<br />

eines Bildungsmanagers angeführt werden [ergänzt<br />

nach Hartz, 2008, S. 49]:<br />

2.4.1. Bedeutung im Managementsystem<br />

des Unternehmens<br />

Im Unternehmen ist der Stellenwert der strategischen<br />

Aufgabe „Bildungsmanagement“ häufig noch nicht<br />

klar, das Thema noch nicht fest in Management <strong>und</strong><br />

Unternehmensleitung verankert. Die Aufgaben werden<br />

häufig nicht als eigene Funktion ausgewiesen,<br />

sondern sind anderen Positionen zugeordnet. Bei der<br />

Geschäftsführung ist es damit wenig präsent.<br />

22<br />

• Entwickeln einer Bildungsstrategie<br />

• Planen <strong>und</strong> Entwickeln des Weiterbildungsprogrammes<br />

• Prüfen <strong>und</strong> Entwickeln neuer Lernformen<br />

• Konzeptionieren <strong>und</strong> Durchführen einer<br />

Bildungsbedarfsanalyse<br />

• Entscheiden über Themen,<br />

Veranstaltungsformen, Zeiten, Orte<br />

• Festsetzen von Gebühren <strong>und</strong> Preisen<br />

• Prüfen, Koordinieren <strong>und</strong> Bewerten<br />

externer Weiterbildungsanbieter<br />

• Einführen eines Qualitätsmanagements<br />

• Verändern der Aufbau- <strong>und</strong> Ablauforganisation<br />

• Leisten zielgruppenspezifischer Öffentlichkeits-<br />

arbeit/Bildungsmarketing<br />

• Auswählen <strong>und</strong> Ausbildung von internen <strong>und</strong><br />

externen Lehrkräften<br />

• Verhandeln mit internen Auftraggebern <strong>und</strong><br />

externen Dienstleistern<br />

• Beeinflussen der Motivation <strong>und</strong> Teilnahme<br />

der Lernenden<br />

• Beschaffen notwendiger Ressourcen <strong>und</strong><br />

Legitimationen<br />

• Bestimmen von Rahmenbedinungen des<br />

Handelns der Lehrenden <strong>und</strong> Lernenden<br />

• Evaluieren durchgeführter Bildungsmaßnahmen<br />

• Durchführen des Controllings<br />

• Uvm.<br />

Bildungsmanagement ist ein Subsystem zum<br />

allgemeinen Managementsystem. Als Überschneidungsbereich<br />

<strong>und</strong> Querschnittsfunktion hat es eine<br />

eher schwache Position in der „mikropolitischen<br />

Arena der Organisation“ [Hartz, 2008, S. 327]. Das<br />

Bildungsmanagement benötigt unbedingt einen<br />

höheren Stellenwert. Es muss fester Bestandteil aller<br />

Managementüberlegungen sein <strong>und</strong> als strategisches<br />

Instrument der Organisationsentwicklung verstanden<br />

werden [vgl. dazu Jahresstudien des Wuppertaler<br />

Kreises]. Zudem fehlen in den meisten Fällen eine<br />

vorrausschauende Planung sowie die Ausrichtung an<br />

den langfristigen Unternehmenszielen. Das Bildungsmanagement<br />

muss unbedingt in den Nachhaltigkeitsgedanken,<br />

der mittlerweile in vielen Unternehmen<br />

wächst, integriert werden [vgl. Gonschorrek, 2003, S.<br />

238].<br />

Außerdem sind die Schnittstellen wichtig, zum<br />

Beispiel zu anderen Managementsystemen wie dem<br />

Ges<strong>und</strong>heitsmanagement, dem Arbeitsschutz- <strong>und</strong><br />

Umweltmanagement oder dem Qualitätsmanagement.<br />

Das gilt aber ebenso für Schnittstellen zu fachverwandten<br />

Bereichen wie der Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung<br />

sowie zum Wissensmanagement. Ein<br />

integriertes Managementsystem, intensive Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> enge Abstimmungsprozesse können<br />

hier zu erheblichen Synergieeffekten <strong>und</strong> Erkenntnisgewinn<br />

auf allen Seiten führen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Ein erfolgreiches Bildungsmanagement wird damit<br />

den Stellenwert des Wissens <strong>und</strong> die Bedeutung des<br />

Lernens im Unternehmen positiv beeinflussen. Es ist<br />

entscheidend, um den Weg zur „lernenden Organisation“,<br />

den viele Unternehmen zu Recht anstreben,<br />

beschreiten zu können. Nur, wenn das Know-how<br />

der Mitarbeiter wächst <strong>und</strong> die Anforderungen der<br />

Geschäftstätigkeit des Unternehmens exakt abdeckt<br />

sind, kann ein Unternehmen flexibel auf die Anforderungen<br />

des Marktes reagieren, innovative Produkte<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen entwickeln <strong>und</strong> mit effizienten<br />

Prozessen umsetzen. Das Schlagwort in diesem<br />

Zusammenhang ist „performance improvement“. Das<br />

Bewusstsein dafür muss jede Geschäftsführung unbedingt<br />

verinnerlichen <strong>und</strong> in der Unternehmenskultur<br />

transportieren.<br />

2.4.2. Personalentwicklung<br />

Bildungsmanagement ist ein Teil der Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> organisiert ganzheitlich die Vermittlung<br />

von arbeitsplatzbezogenem Wissen <strong>und</strong> Fähigkeiten.<br />

Personalentwicklung selbst umfasst jedoch deutlich<br />

mehr Aspekte. Personalentwicklung umfasst auch<br />

Aspekte des <strong>Talentmanagement</strong>s (siehe Punkt 2.2.),<br />

wie unter anderem die strategische Entwicklung der<br />

Mitarbeiter. Personalentwickler beschäftigen sich mit<br />

der Förderung der Beschäftigten beispielsweise über<br />

moderne Arbeitszeitkonzepte, um Rekrutierung <strong>und</strong><br />

Mitarbeiterbindung, aber auch um Team- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung.<br />

Bildung ist damit ein Mittel zur Erreichung der Ziele<br />

der Personalentwicklung. Beide Bereiche überschneiden<br />

sich in wichtigen Aspekten, zum Beispiel bei<br />

der Persönlichkeitsentwicklung, bei der Aufstellung<br />

individueller Karrierepläne oder der Ausweitung des<br />

Aufgaben- <strong>und</strong> Fähigkeitenspektrums. Bildungsmanagement<br />

kann <strong>und</strong> sollte deshalb nicht losgelöst<br />

von der Personalentwicklung bestehen, sondern<br />

vielmehr den übergeordneten Zielen gleichberechtigt<br />

zuarbeiten.<br />

2.4.3. Wissensmanagement<br />

Wissen ist die Summe aller Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

einer Person [Gonschorrek, 2003, S. 276]. Es<br />

entsteht, wenn Informationen gesammelt <strong>und</strong> miteinander<br />

verknüpft werden. Gespeichertes Wissen ist<br />

das Ergebnis von Lernprozessen. Es ist notwendig,<br />

für die Erbringung der Arbeitsleistung <strong>und</strong> wird immer<br />

individuell vom Mitarbeiter erworben. Das heißt,<br />

Wissen ist immer personengeb<strong>und</strong>en [nach Probst<br />

u.a. 1997, S.41, 44] <strong>und</strong> das wiederum bedeutet,<br />

mit Personen geht immer auch Wissen verloren. An<br />

dieser Stelle wird deutlich, dass die Speicherung, das<br />

Verfügbarmachen <strong>und</strong> Teilen des Wissens sowie die<br />

Nachfolgeplanung für jedes Unternehmen besonders<br />

wichtig sind.<br />

Gonschorrek nennt zahlreiche verschiedene Wissensarten<br />

[Gonschorrek, 2003, S. 277, S. 282f.]. Er<br />

unterteilt in Erfahrungswissen (Know-how), Faktenwissen<br />

(Know-what), Werte- <strong>und</strong> Prinzipienwissen<br />

(Know-why), in Handlungswissen (funktionales Wissen),<br />

Bildungswissen (überfunktionales Wissen) <strong>und</strong><br />

Legitimationswissen (Basiswissen, Basis aller Handlungen).<br />

Außerdem gibt es explizites Wissen (allen<br />

zugänglich) <strong>und</strong> implizites Wissen (in einer Person,<br />

unbekannt, nicht für das Unternehmen verwendet),<br />

es gibt deklaratorisches Wissen (mitteilbares Wissen,<br />

steckt in Sprache), prozedurales Wissen (steckt im<br />

Können von Personen, beobachtbar, aber schwer in<br />

Sprache zu fassen) <strong>und</strong> Metawissen (Gr<strong>und</strong>sätze,<br />

Prinzipien, Überzeugungen, Werte, Zusammenhänge).<br />

Träges Wissen wurde erworben, wird aber nicht angewendet,<br />

im Gegensatz zu intelligentem Wissen.<br />

Ziel eines Unternehmens wird es immer sein, einen<br />

möglichst großen Teil dieses Wissens in explizites<br />

intelligentes Wissen umzuwandeln, das allen zugänglich<br />

ist <strong>und</strong> aktiv für das Unternehmen verwendet<br />

wird. Wissensmanagement „löst die Probleme, wie<br />

man Know-how im Unternehmen entwickelt, ins<br />

Unternehmen holt <strong>und</strong> rechtzeitig <strong>und</strong> verbrauchsgerecht<br />

an die Verbrauchsstellen liefert“ [Gonschorrek,<br />

2003, S. 272]. Das bedeutet, dass Wissensmanagement<br />

eng mit dem Bildungsmanagement zusammenhängt.<br />

Beide Bereiche lassen sich nur noch künstlich<br />

abtrennen. Bildungsmanagement als Organisation<br />

des Wissenserwerbs ist ein Teilbereich des Wissensmanagements.<br />

Das bedeutet, dass beide Bereiche<br />

bei Strategie <strong>und</strong> Umsetzung unbedingt zusammenarbeiten<br />

müssen.<br />

23<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Begriffsdefinition<br />

24<br />

2.5. Aktuelle Herausforderungen im<br />

betrieblichen Bildungsmanagement<br />

Übergang zu selbstorganisiertem Lernen<br />

Neben der in Kapiel 2.4.1. beschriebenen Problematik<br />

des noch zu geringen Stellenwerts bei Geschäftsführung<br />

<strong>und</strong> Management, steht das betriebliche<br />

Bildungsmanagement aktuell vor zahlreichen weiteren<br />

Herausforderungen.<br />

Inhaltlich erlebt das Bildungsmanagement derzeit den<br />

Übergang vom fremdbestimmten zum selbstorganisierten<br />

<strong>und</strong> selbstgesteuerten Lernen [Gonschorrek,<br />

2003, S. 219-238], bei dem dem Mitarbeiter größere<br />

Eigenverantwortung für die Weiterentwicklung seines<br />

Wissens zukommt. Selbstorganisiertes Lernen<br />

bedeutet Individualisierung, Deinstitutionalisierung<br />

<strong>und</strong> Deregulierung der Bildungsleistungen. Ziel ist es,<br />

unterschiedliche Lernarrangements für verschiedene<br />

Lerngegenstände <strong>und</strong> Vorlieben <strong>und</strong> Lerntypen der<br />

Mitarbeiter anzubieten. Das kommt dem Gr<strong>und</strong>gedanken<br />

der Andragogik sehr entgegen, denn erwachsenengerechte<br />

Lernprozesse sollten auf die Freisetzung<br />

von Selbstorganisationsprozessen abzielen.<br />

So können die Erfahrungen aus dem Arbeitsalltag<br />

<strong>und</strong> dem persönlichen Leben flexibel <strong>und</strong> optimal<br />

angepasst werden. Das macht Lernen komplexer <strong>und</strong><br />

vielschichtiger <strong>und</strong> stellt andere Anforderungen an<br />

die Steuerung des Lernprozesses [Gütl, 2006, Kapitel<br />

„Differenzen bilden“ Gütl/Orthey, S. 39]. Der Weg von<br />

der Teilnehmerorientierung hin zum selbstgesteuerten<br />

Lernen ist ein Paradigmenwechsel [Gütl, 2006, Kapitel<br />

„Relevante Umwelten“ Meisel, S.335].<br />

diese Möglichkeiten erfolgreich zu nutzen, benötigen<br />

die Mitarbeiter jedoch eine professionelle Lernberatung<br />

<strong>und</strong> die Einbettung in ein Komplettangebot.<br />

Hartz prophezeit deswegen eine weitere lernorganisatorische<br />

<strong>und</strong> didaktisch-methodische Ausdifferenzierung<br />

der Lehr- <strong>und</strong> Lernsettings [Hartz, 2008, S. 236].<br />

Bildungsberatung<br />

Für das Management bedeutet der Weg zum selbstgesteuerten<br />

Lernen den Ausbau von interaktiven Lernformen<br />

sowie eine Erweiterung des Aufgabenprofils<br />

des Bildungsmanagements im Sinne einer Bildungsberatung,<br />

um den Mitarbeiter bei seiner Entwicklung<br />

optimal unterstützen zu können. Der Bildungsmanager<br />

muss Lernhelfer [vgl. Giesecke, 1985] werden. Die<br />

aktuelle Entwicklung geht weg von „Mikrodidaktik“,<br />

dem klassischen Seminar- <strong>und</strong> Kursgeschäft, hin zur<br />

„Makrodidaktik“ im Sinne der Eröffnung von Lernmöglichkeiten<br />

[vgl. zu den Begriffen Flechsig, 1989,<br />

Faulstich, 1999, S. 52]. Arnold spricht von Ermöglichungsdidaktik<br />

[vgl. Arnold, 1995].<br />

Beim selbstgesteuerten Lernen muss das Bildungsmanagement<br />

einen lernorientierenden Einfluss auf<br />

das Ziel des Lernens, den Inhalt, die Lernorganisation<br />

<strong>und</strong> die Überprüfung des Lernerfolges aufbauen [vgl.<br />

Weinert 1982, S. 100]. Das Fördern der Lernmotivation<br />

im Unternehmen ist dabei von entscheidender<br />

Bedeutung.<br />

Bildungsberatung soll Lernsupport leisten, das bedeutet,<br />

den Mitarbeiter vor, während <strong>und</strong> nach dem eigentlichen<br />

Seminar- <strong>und</strong> Kursgeschehen unterstützen<br />

[Siebert, 2003, S. 51], um die Umsetzung des Gelernten<br />

zu sichern <strong>und</strong> zu verbessern.<br />

Je nach Lernform ergibt sich daraus ein unterschiedlicher<br />

Selbststeuerungsgrad <strong>und</strong> in der Planung <strong>und</strong><br />

Durchführung ein Kontinuum zwischen Selbst- <strong>und</strong><br />

Fremdorganisation [Faulstich, 1999, S. 147-150].<br />

Durch neue Lernformen steigen deshalb der Planungs-,<br />

Organisations- <strong>und</strong> Steuerungsaufwand im<br />

Bildungsmanagement immens [Hartz, 2008, S. 236].<br />

Selbstgesteuertes Lernen wird heute allgemein propagiert,<br />

aber die Annahme, dass das sozial organisierte<br />

Lernen im Sinne von Präsenzveranstaltungen<br />

in den Hintergr<strong>und</strong> treten würde, hat sich nicht bestätigt.<br />

Das Selbstlernen wird in Unternehmen heute vielmehr<br />

als Support gesehen, als als Zusatzangebot. Um<br />

Mögliche Supportleistungen [ergänzt nach Gütl, 2006,<br />

Kapitel „Differenzen bilden“ Gütl/Orthey, S.49f.]:<br />

• Vor einer Bildungsmaßnahme: Beratung, Überblick<br />

zu Teilnahme- <strong>und</strong> Lernmöglichkeiten, Lerninteressen<br />

orientieren, Bildungsbedarf ermitteln, Tests zum<br />

Wissensniveau, Erstellen eines Ausbildungsplans,<br />

Analyse des Lerntyps<br />

• Während einer Bildungsmaßnahme: Lernprojekte,<br />

Transferprojekte, begleitendes Coaching, Mentoring,<br />

blended learning, Lerngruppen<br />

• Nach einer Bildungsmaßnahme: Follow-Up-Angebote,<br />

Praxisberatung, gemeinsame Evaluation, Bildung<br />

von Transferpartnerschaften<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


2.6. Definition weiterer<br />

Schlüsselbegriffe<br />

2.6.1. Nachhaltigkeit<br />

Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus<br />

der Forstwirtschaft <strong>und</strong> orientierte sich an der Leistungsfähigkeit<br />

des ökologischen Systems. Dort machte<br />

man es sich zur Maßgabe, nicht mehr Bäume zu<br />

fällen, als nachwachsen [Seufert, 2008, S. 58]. Heute<br />

findet er sich auch in betriebswirtschaftlichen Kontexten<br />

<strong>und</strong> bezieht dabei neben ökologischen Aspekten<br />

des betrieblichen Handelns auch die soziale Dimension<br />

mit ein. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht nur<br />

nach umweltverträglicher <strong>und</strong> ressourcenschonender<br />

Produktion streben, sondern auch Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Motivation der Mitarbeiter berücksichtigen.<br />

Nachhaltiges Handeln ist immer mit einer langfristigen<br />

Perspektive verb<strong>und</strong>en. Der Bestand, der Erfolg<br />

<strong>und</strong> das Wachstum des Unternehmens stehen im Vordergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> sollen mit vorausschauenden Methoden<br />

gesichert werden.<br />

Das Bildungsmanagement erfüllt in diesem Fall beide<br />

Parameter. Es betrifft die Mitarbeiter <strong>und</strong> soll sie bei<br />

der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen. Gleichzeitig<br />

drückt es auch die Wertschätzung der Unternehmensleitung<br />

aus <strong>und</strong> trägt somit zur Motivation <strong>und</strong><br />

Loyalität bei. Durch die strategische Ausrichtung <strong>und</strong><br />

die avisierte Anpassung an aktuelle <strong>und</strong> zukünftige<br />

Änderungen der Unternehmensumwelt spiegelt es<br />

den langfristigen Ansatz wider.<br />

2.6.2. Wie lernen Erwachsene<br />

Der Begriff Lernen wurde in den verschiedenen wissenschaftlichen<br />

Disziplinen bereits vielfach betrachtet<br />

<strong>und</strong> beschrieben. Die klassische Definition versteht<br />

darunter alle Vorgänge, die Informationen so verarbeiten,<br />

dass sie zu beobachtbaren Verhaltensänderungen<br />

führen oder bewirken, dass sich die Richtung<br />

der Verhaltensänderung (Disposition, Einstellung)<br />

eines Menschen verändert [Gonschorrek, 2003, S. 36,<br />

39]. Das Verhalten wird dabei aufgr<strong>und</strong> wiederholter<br />

Erfahrungen angepasst [Hillgard u.a., 1983, S. 31]. Die<br />

moderne Definition beschreibt Lernen als „begründetes<br />

<strong>und</strong> interessegelenktes Handeln im gesellschaftlichen<br />

Kontext“ [Klaus Holzkamp: konstruktivistischer<br />

Lernbegriff].<br />

Lernen ist dabei immer der Person immanent, denn<br />

es erfolgt nicht durch äußere Anstöße. Das Individuum<br />

stellt selbst neue Bedeutungszusammenhänge<br />

her [Faulstich, 1999, S. 31]. Lernen ist damit immer<br />

ein persönlicher <strong>und</strong> innerer Vorgang aus physiologischen/körperlichen<br />

(Nerven, Hormone), psychologischen<br />

(Erwartungen, Motive, Interessen, kognitive<br />

Muster) <strong>und</strong> sozialen Prozessen (Situation/Kontext).<br />

Gonschorrek beschreibt außerdem Teilprozesse des<br />

Lernens [Gonschorrek, 2003, S. 40]:<br />

• Wahrnehmung – Man nimmt etwas wahr, das man<br />

für interessant/behaltens- oder nachahmenswert<br />

hält.<br />

• Motivation – Man benötigt dafür Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Energie.<br />

• Gedächtnis – Man speichert das Wahrgenommene,<br />

soweit man es für wichtig hält.<br />

• Intelligenz – Man geht mit dem Gelernten immer<br />

wieder gedanklich, sprachlich oder praktisch um.<br />

Beim Lernen setzt sich der Mensch aktiv mit einem<br />

Sachverhalt, einer Problemstellung <strong>und</strong> seiner Umwelt<br />

auseinander. Dabei ist der Lerneffekt am größten,<br />

wenn der Lernende die Inhalte als interessant <strong>und</strong> für<br />

sich selbst relevant erachtet. Das Ideal ist deshalb<br />

ein selbstorganisiertes, selbstgesteuertes Lernen aus<br />

eigenem Interesse <strong>und</strong> eigener Motivation [Gonschorrek,<br />

2003, S. 53].<br />

Erwachsenenlernen<br />

In der Erwachsenenbildung wird häufig die Frage gestellt,<br />

ob Erwachsenen das Lernen schwerer fällt als<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Es wurde vielfach bewiesen,<br />

dass dem nicht so ist [Gonschorrek, 2003,<br />

S. 88f.], aber Erwachsene sind eine besondere Zielgruppe<br />

mit besonderen Anforderungen. Nur, wenn<br />

diese beachtet <strong>und</strong> erfüllt werden, kann das Lernen<br />

spaß- <strong>und</strong> erfolgsorientiert sein. Eine wichtige Anforderung<br />

ist die Teilnehmerorientierung, denn Erwachsene<br />

sind anspruchsvolle Lernk<strong>und</strong>en, die in jedem<br />

Fall ernst genommen werden müssen. Sie verfügen<br />

über vielfältige Erfahrung <strong>und</strong> Orientierungsmuster, an<br />

die man anknüpfen kann (Anschlusslernen) oder die<br />

man aufbrechen muss (transformatorisches Lernen).<br />

Außerdem muss die jeweilige Lebenswelt der Teilnehmer<br />

einbezogen werden <strong>und</strong> das vermittelte Wissen<br />

sowie die Lehrmethode müssen sich an der späteren<br />

Verwendung orientieren. Für Erwachsene ist es wichtig,<br />

dass das Wissen genutzt <strong>und</strong> angewendet werden<br />

kann <strong>und</strong> für die Arbeitsumgebung relevant ist.<br />

25<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Begriffsdefinition<br />

26<br />

Lernen für das Unternehmen<br />

Lernen ist ein Vorgang im Unternehmen, der Reflexion<br />

ins System einblendet. Reflexion bedeutet, zu sich<br />

selbst in Distanz zu gehen, sich beim Beobachten<br />

beobachten <strong>und</strong> dadurch das Wissen über Systemdynamiken<br />

<strong>und</strong> deren Muster zu erweitern bzw. diese<br />

auch zu verändern. Das Lernen erlaubt dem System,<br />

also dem Unternehmen, insofern eine Rückkopplung<br />

mit sich selbst zur Optimierung der eigenen Entwicklungsoptionen<br />

[Gütl, 2006, Kapitel „Differenzen bilden“<br />

,Gütl/Orthey, S. 16f.]. Das kritische Nachdenken<br />

über Gelerntes muss dem Mitarbeiter ausdrücklich<br />

erlaubt sein. Nur das Überprüfen des Bestehenden<br />

aufgr<strong>und</strong> neuer Erkenntnisse führt zur Verbesserung.<br />

Darum sind Transfermöglichkeiten <strong>und</strong> der<br />

Austausch mit Vorgesetzten <strong>und</strong> Kollegen besonders<br />

wichtig.<br />

2.6.3. Qualifikationen, Kompetenzen,<br />

Schlüsselqualifikationen<br />

Im beruflichen Kontext sind die Arbeitnehmer heute<br />

mit komplexen Anforderungen konfrontiert. Technologisierung,<br />

veränderte Formen der Zusammenarbeit,<br />

Internationalisierung <strong>und</strong> neue Mediennutzung führen<br />

zu veränderten Anforderungsprofilen sowie neuen<br />

Qualifikationen <strong>und</strong> Kompetenzen. Die Unterscheidung<br />

dieser Begriffe ist häufig unklar <strong>und</strong> unscharf.<br />

Qualifikationen<br />

Als Qualifikation gilt eine bestimmbare Einzelfähigkeit,<br />

mit der sich eine bestimmte Handlung vollziehen,<br />

eine bestimmte Aufgabe lösen lässt [Gonschorrek,<br />

2003, S. 181f.]. Die Qualifikation ist das<br />

„Entsprechungsverhältnis von individuellen Voraussetzungen<br />

der Arbeitskräfte <strong>und</strong> technisch-organisatorischen<br />

Bedingungen der Arbeitsmittel <strong>und</strong> der<br />

Arbeitsgegenstände“ [Faulstich, 1998, S. 78]. Dabei<br />

wird klar, dass sie zwei Bezugspunkte aufweist: den<br />

Arbeitsplatz/die Funktion <strong>und</strong> die Kompetenz des<br />

Individuums [Gonschorrek, 2003, S. 181]. Qualifikationen<br />

sind an rein ökonomischen, funktionalen Bedarfen<br />

orientiert <strong>und</strong> lassen sich mit operationalisierten<br />

Lernzielen beschreiben. Die Gesamtfähigkeit einer<br />

Person ist jedoch mehr als die Summe der Einzelqualifikationen.<br />

Die Bedeutung von solchen Einzelqualifikationen<br />

nimmt tendenziell eher ab.<br />

Kompetenz<br />

Kompetenz ist ein eher integrierender Begriff <strong>und</strong><br />

verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Sie beschreibt<br />

die umfassende Befähigung eines Menschen <strong>und</strong><br />

ist an Bedürfnissen des Subjekts <strong>und</strong> des Systems<br />

gleichzeitig orientiert. Die einzelne Person ist stärker<br />

im Fokus als bei der Qualifikation. Kompetenz ist die<br />

„Verfügbarkeit möglicher Handlungen für ein Handlungsfeld“<br />

[Gonschorrek, 2003, S. 182ff.]. Sie beschreibt<br />

ausgebildete Potenziale, die in Tätigkeiten/<br />

Handlungen erkennbar werden, <strong>und</strong> umfasst einen<br />

größeren, zusammenhängenden Tätigkeits- oder<br />

Handlungsbereich. Kompetenzen beziehen sich dabei<br />

immer klar auf berufliche Fragestellungen.<br />

Kompetenzen werden heute häufig in verschiedene<br />

Bereiche aufgeteilt [Gonschorrek, 2003, S. 185 f.]. Am<br />

häufigsten spricht man von Fachkompetenz, Methodenkompetenz,<br />

Sozialkompetenz <strong>und</strong> personaler<br />

Kompetenz. In den letzten Jahren ist die Medienkompetenz<br />

hinzugekommen [z.B. von Groeben/Hurrelmann<br />

(Hrsg.), 2002 oder Schell/Stolzenburg/Theunert<br />

(Hrsg.), 1999]. Mittlerweile finden sich jedoch<br />

auch Begriffe wie Selbstorganisationskompetenz,<br />

Gestaltungskompetenz, Umsetzungskompetenz [alle<br />

drei bei W<strong>und</strong>erer/Bruch/Wildemann, 1999].<br />

An dieser Stelle wird auch deutlich, dass der Begriff<br />

Kompetenzmanagement nicht unkritisch ist.<br />

Im alltäglichen Sprachgebrauch ist damit meist die<br />

Fachkompetenz gemeint, im Bereich Social Skills<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


vielleicht die Sozialkompetenz. Diese können bis zu<br />

einem gewissen Grad noch beobachtet, beurteilt <strong>und</strong><br />

in Bildungsmaßnahmen geschult <strong>und</strong> trainiert werden.<br />

Personale, Gestaltungs- oder Umsetzungskompetenz<br />

entziehen sich diesen Möglichkeiten jedoch<br />

weitestgehend <strong>und</strong> stellen das Management von<br />

Kompetenzen gr<strong>und</strong>sätzlich zur Diskussion.<br />

Schlüsselqualifikation<br />

Der Begriff der Schlüsselfähigkeit/-qualifikation<br />

wurde 1973 von Dieter Mertens als „Qualifikation<br />

von bleibendem Wert“ geprägt [Gonschorrek, 2003,<br />

S. 194ff.]. Er beschreibt übergreifende Fähigkeiten/<br />

Qualifikationen, die vielseitig einsetzbar sind <strong>und</strong> den<br />

Berufserfolg bestimmen, zum Beispiel Problemlösefähigkeit,<br />

Lernfähigkeit, Konfliktfähigkeit. Schlüsselqualifikationen<br />

beziehen sich nicht nur auf einen<br />

Lebensbereich, sondern sind in allen Lebenslagen<br />

einsetzbar. Die definitorische Unschärfe des Begriffs<br />

wird jedoch häufig kritisiert. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird<br />

der Begriff im Rahmen des Qualitätsmodells des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ausgeklammert.<br />

27<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


3. Handlungsfelder <strong>und</strong> Qualitätskriterien<br />

betrieblichen Bildungsmanagements<br />

Autorin: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie


3.1. Bestehende<br />

Konzepte/Forschungsstand<br />

3.1.1. Qualität im Bildungsmanagement<br />

Qualität stammt vom lateinischen Wort qualitas ab<br />

<strong>und</strong> bedeutet eigentlich völlig wertfrei Beschaffenheit,<br />

Eigenschaft, Zustand. In der Wirtschaft ist<br />

Qualität heute aber ein positiv konnotierter Begriff. Er<br />

impliziert Hochwertigkeit <strong>und</strong> Fehlerfreiheit.<br />

Fachlich ausgedrückt ist sie der „Grad der Übereinstimmung<br />

zwischen Ansprüchen bzw. Erwartungen<br />

(Soll) an ein Produkt <strong>und</strong> dessen Eigenschaften (Ist)“<br />

[Erdrich 2009 zitiert in Gessler, 2009, S. 224]. Die<br />

DIN EN ISO 8402 beschreibt sie als „Gesamtheit von<br />

Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung,<br />

festgelegte <strong>und</strong> vorausgesetzte Erfordernisse zu<br />

erfüllen“.<br />

alle Anforderungen an den Einsatz im vollem Maße<br />

erfüllt bzw. der Prozess so optimiert ist, dass keine<br />

Reibung an den Schnittstellen entsteht, alle Prozessschritte<br />

optimal ineinander greifen <strong>und</strong> nichts mehr<br />

weggelassen werden kann.<br />

Überträgt man diesen Ansatz auf das Bildungsmanagement,<br />

bedeutet das, dass das Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsmanagement<br />

eines Unternehmens dann<br />

von hoher Qualität ist, wenn die Bildungsziele des<br />

Unternehmens in einem sauberen, reibungsfreien<br />

Prozess erreicht werden <strong>und</strong> gleichzeitig die Bedürfnisse<br />

der Mitarbeiter in größtmöglichem Maße<br />

berücksichtigt werden. Qualität bedeutet dabei auch<br />

eine ressourcenoptimierte Gestaltung von Planung<br />

<strong>und</strong> Ablauf sowie Zufriedenheit bei den Mitarbeitern<br />

des Bildungsmanagements auf der einen Seite <strong>und</strong><br />

den Teilnehmern aller Bildungsmaßnahmen auf der<br />

anderen Seite.<br />

29<br />

Die DIN EN ISO 9000 gibt folgende Definition:<br />

Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale<br />

Anforderungen erfüllt.<br />

Anmerkung 1: Die Benennung „Qualität“ kann<br />

zusammen mit Adjektiven wie „schlecht“, „gut“<br />

oder „ausgezeichnet“ verwendet werden.<br />

Anmerkung 2: „Inhärent“ bedeutet im Gegensatz<br />

zu „zugeordnet“ einer Einheit innewohnend,<br />

insbesondere als ständiges Merkmal.<br />

(DIN EN ISO 9000:2005) [Hermann, 2011, S. 30]<br />

„Unter Verwendung des Fehlerbegriffs kann man gute<br />

Qualität einer Einheit auch als fehlerfreie Beschaffenheit<br />

beschreiben: Alle Qualitätsmerkmale einer<br />

Einheit erfüllen die Anforderungen.“ [Hermann, 2011,<br />

S. 37]<br />

Vereinfacht ausgedrückt ist Qualität bzw. hohe Qualität<br />

eines Produktes oder Prozesses dann erreicht,<br />

wenn das Produkt fehlerfrei <strong>und</strong> hochwertig ist <strong>und</strong><br />

Wenn man diesen Gedanken zugr<strong>und</strong>e legt, wird<br />

deutlich, dass die Aufstellung von Bildungszielen<br />

durch die Geschäftsführung entscheidend ist. Nur<br />

wenn das Ziel klar ist, kann überprüft werden, ob<br />

die getroffenen Maßnahmen zu seiner Erreichung<br />

erfolgreich sind. Bildungsmanagment muss damit<br />

immer strategisch betrachtet werden. Im Sinne des<br />

Qualitätsmanagements ist es dabei wichtig, dass alle<br />

Festlegungen <strong>und</strong> Prozesse sauber dokumentiert<br />

sind <strong>und</strong> das entsprechende Prozesswissen somit<br />

nicht personengeb<strong>und</strong>en ist. Ziel muss es sein, dass<br />

alle Abläufe allen Beteiligten klar <strong>und</strong> verständlich<br />

sind <strong>und</strong> eingehalten werden, weil sie einfach <strong>und</strong><br />

sinnvoll sind.<br />

3.1.2. Qualitätsmanagementkonzepte<br />

Qualitätsmanagement ist heute in den Unternehmen<br />

bereits weitestgehend flächendeckend implementiert.<br />

Das gilt für die produzierende Industrie ebenso wie<br />

für Dienstleistungsunternehmen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Handlungsfelder &<br />

30<br />

Als Qualitätsmanagement bezeichnet man Management,<br />

das qualitätsbezogene Ziele setzt <strong>und</strong> verfolgt<br />

[Hermann, 2011, S. 13]. Laut DIN EN ISO 9000 sind<br />

es aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Leiten<br />

<strong>und</strong> Lenken einer Organisation bezüglich Qualität, sie<br />

umfassen üblicherweise das Festlegen der Qualitätspolitik<br />

<strong>und</strong> der Qualitätsziele, die Qualitätsplanung,<br />

die Qualitätslenkung, die Qualitätssicherung <strong>und</strong> die<br />

Qualitätsverbesserung.<br />

Für den Deutschen <strong>Bildungspreis</strong> wurden zahlreiche<br />

Modelle <strong>und</strong> Konzepte analysiert <strong>und</strong> auf ihre<br />

Anwendbarkeit für das Bildungsmanagement geprüft.<br />

Die wichtigsten Qualitätsansätze werden hier vorgestellt.<br />

ISO 9000ff.<br />

Die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ist die wichtigste<br />

Vorgabe im Qualitätsmanagement. Sie umfasst insbesondere<br />

folgende drei Normen:<br />

• DIN EN ISO 9000:2005-12 „Qualitätsmanagementsysteme<br />

– Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Begriffe“<br />

• DIN EN ISO 9001:2008-12 „Qualitätsmanagement-<br />

systeme – Anforderungen“<br />

• DIN EN ISO 9004:2009-12 „Leiten <strong>und</strong> Lenken für<br />

den nachhaltigen Erfolg einer Organisation – ein<br />

Qualitätsmanagementansatz“<br />

Diese Normen beschreiben ein stark prozessorientiertes<br />

Verfahren. Es beschreibt einen Regelkreis<br />

von den K<strong>und</strong>enerwartungen bis zur Herstellung<br />

der K<strong>und</strong>enzufriedenheit. Die Normen geben einen<br />

deutlichen Rahmen vor, lassen aber unternehmensspezifische<br />

Ausdeutungen zu. Das Ziel ist die externe<br />

Zertifizierung.<br />

Die Basis der Betrachtungen bilden acht Gr<strong>und</strong>sätze<br />

des Qualitätsmanagements [Hermann, 2011, S. 199]:<br />

• K<strong>und</strong>enorientierung<br />

• Führung – Führungskräfte schaffen das interne<br />

Umfeld für die Zielerreichung<br />

• Einbeziehung der Personen<br />

• Prozessorientierter Ansatz – Lenkung von<br />

Tätigkeiten <strong>und</strong> Ressourcen als Prozess<br />

• Systemorienterter Managementansatz –<br />

alle Prozesse bilden ein System <strong>und</strong><br />

stehen zueinander in Wechselbeziehungen<br />

• Ständige Verbesserung<br />

• Sachbezogener Ansatz zur Entscheidungsfindung –<br />

Entscheidung aufgr<strong>und</strong> von Datenerhebung<br />

<strong>und</strong> -analyse<br />

• Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen<br />

– zielführendes Zusammenwirken aller Beteiligten<br />

innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette<br />

Diese Gr<strong>und</strong>sätze prägen das Verständnis von Qualität<br />

<strong>und</strong> setzen die Schwerpunkte für das Managementhandeln.<br />

Im Qualitätsmodell der DIN EN ISO<br />

9000 werden laut Hermann daraus folgende fünf<br />

Hauptprozesse mit zahlreichen Unterprozessen <strong>und</strong><br />

Dimensionen abgeleitet [Hermann, 2011, S. 198]:<br />

• Verantwortung der Leitung [Hermann, 2011, S.<br />

204]: Selbstverpflichtung der Leitung, K<strong>und</strong>enorientierung,<br />

Qualitätspolitik, Planung, Aufstellen von<br />

Qualitätszielen, Planung des QM-Systems, Verantwortung,<br />

Befugnis, Kommunikation, Managementbewertung<br />

• Management von Ressourcen [Hermann, 2011, S.<br />

206]: Bereitstellen von Ressourcen, personelle<br />

Ressourcen, Kompetenz, Schulung, Bewusstsein,<br />

Infrastruktur, Arbeitsumgebung<br />

• Produktrealisierung [Hermann, 2011, S. 207f]:<br />

Planung, k<strong>und</strong>enbezogene Prozesse, Ermittlung der<br />

Anforderungen bezogen auf das Produkt,<br />

Bewertung der Anforderungen, Entwicklung,<br />

Beschaffung, Produktion/Dienstleistungserbringung,<br />

Validierung der Prozesse zur Produktion/<br />

Dienstleistungserbringung, Kennzeichnung <strong>und</strong><br />

Rückverfolgung, Lenkung von Überwachungs- <strong>und</strong><br />

Messmitteln<br />

• Messung, Analyse, Verbesserung [Hermann, 2011,<br />

S. 211]: K<strong>und</strong>enzufriedenheit, internes Audit,<br />

Überwachung <strong>und</strong> Messung von Prozessen,<br />

Überwachung <strong>und</strong> Messung des Produkts, Lenkung<br />

fehlerhafter Prozesse, Datenanalyse, Verbesserung,<br />

Korrekturmaßnahmen, Verbeugungsmaßnahmen<br />

• Kontinuierliche Verbesserung<br />

Die DIN EN ISO 9001 legt Anforderungen an das<br />

Qualitätsmanagement (QM) fest. Sie beschreibt 20<br />

Qualitätselemente [Faulstich, 1999, S. 84f.], zum<br />

Beispiel zum Gesamtverfahren im QM, zu Verfügbarkeit<br />

von Daten <strong>und</strong> Dokumenten, zur Auswahl<br />

<strong>und</strong> Beschaffung externer Anbieter, zur Lenkung des<br />

Prozesses von Bildungs- <strong>und</strong> Beratungsleistungen,<br />

zur Prüfung <strong>und</strong> Verbesserung des Erfolgs <strong>und</strong> zu<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Qualitätskriterien<br />

Methoden zur Fehlererkennung <strong>und</strong> zum Umgang mit<br />

Beschwerden <strong>und</strong> Mängeln.<br />

Qualitätsmanagement nach dieser Normenreihe<br />

legt einen großen Fokus auf Prozessqualität. Insofern<br />

kann sie für das Bildungsmangement wichtige<br />

Impulse liefern. Eine Bezugnahme auf die Lehr-Lern-<br />

Interaktion ist jedoch schwierig, da die Ausrichtung<br />

ausschließlich auf die Organisation abzielt. Zudem ist<br />

die Implementierung <strong>und</strong> Unterhaltung des Systems<br />

mit hohem Dokumentations- <strong>und</strong> Kostenaufwand<br />

verb<strong>und</strong>en [Hartz, 2008, S. 243f.].<br />

EFQM<br />

Das Modell der EFQM – der European Fo<strong>und</strong>ation<br />

for Quality Management– ist die Gr<strong>und</strong>struktur eines<br />

Managementsystems für jede Art von Organisation<br />

<strong>und</strong> zielt auf nachhaltige Erfolge ab unter Berücksichtigung<br />

der verschiedenen Interessengruppen<br />

[Hermann, 2011, S. 255ff.]. Gr<strong>und</strong>lage ist dabei die<br />

Selbstbewertung nach neun Kriterien. Diese sind<br />

unterteilt in Befähiger- <strong>und</strong> Ergebniskriterien.<br />

Befähigerkriterien [Hermann, 2011, S. 258ff.]:<br />

• Führung (Mission, Vision, Kultur, Entwicklung<br />

des Managementsystems)<br />

• Strategie (aus Vision werden Ziele <strong>und</strong> Strategien<br />

mit konkreten Vorgehensweisen <strong>und</strong> Prozessen)<br />

• Mitarbeiter (Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung des gesamten<br />

Potenzials der Mitarbeiter, Fairness,<br />

Chancengleichheit, Beteiligung, Information)<br />

• Partnerschaften <strong>und</strong> Ressourcen<br />

• Prozesse, Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

(systematisch gestaltete <strong>und</strong> geführte Prozesse,<br />

optimaler K<strong>und</strong>ennutzen, nachhaltiges Nutzenversprechen,<br />

Betreuung über gesamten Lebenszyklus<br />

des Produkts, Pflege der K<strong>und</strong>enbeziehungen)<br />

Ergebniskriterien [Hermann, 2011, S. 264ff.]:<br />

• K<strong>und</strong>enbezogene Ergebnisse (K<strong>und</strong>enzfriedenheit)<br />

• Mitarbeiterbezogene Ergebnisse<br />

(Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation)<br />

• Gesellschaftsbezogene Ergebnisse (Wahrnehmung<br />

des Unternehmens in der Öffentlichkeit)<br />

• Schlüsselergebnisse (entscheidend für Markterfolg,<br />

Interessengruppe Kapitalgeber)<br />

Außerdem gibt das EFQM-Modell Denkanstöße, was<br />

eigentlich hohe Qualität ist. Dieses Gr<strong>und</strong>konzept<br />

der Excellence [Hermann, 2011, S. 256] beschreibt<br />

folgende Aspekte:<br />

• Verantwortung für nachhaltige Zukunft übernehmen<br />

• Ausgewogene Ergebnisse erzielen<br />

• Nutzen für K<strong>und</strong>en schaffen<br />

• Mit Vision, Inspiration <strong>und</strong> Integrität führen<br />

• Mit Prozessen managen<br />

• Durch Mitarbeiter erfolgreich sein<br />

• Innovation <strong>und</strong> Kreativität fördern<br />

• Partnerschaften aufbauen<br />

Das EFQM-Modell ist sehr offen <strong>und</strong> stark beteiligungsorientiert.<br />

Unternehmensspezifische Besonderheiten<br />

können berücksichtigt werden, es ist allerdings<br />

nicht direkt auf pädagogische Qualität bezogen<br />

[Hartz, 2008, S. 243f.].<br />

TQM<br />

Total Quality Management wurde von Töpfer (u.a.)<br />

beschrieben. Es stellt ein strategisches, integriertes,<br />

ganzheitliches Managementsystem dar, über alle Teile<br />

der Wertschöpfungskette hinweg. Das Ziel ist eine<br />

hohe K<strong>und</strong>enzufriedenheit. Um das zu erreichen, gibt<br />

es vier TQM-Prinzipien: interne K<strong>und</strong>en-Lieferanten-<br />

Beziehung, funktionsübergreifende Optimierung,<br />

funktionsinterne Optimierung <strong>und</strong> die unmittelbare<br />

Qualitätssicherung. TQM verbindet Qualitätsmanagement<br />

mit K<strong>und</strong>enorientierung, Funktionsintegration,<br />

partizipativem Management, kontinuierlicher Verbesserung<br />

<strong>und</strong> berücksichtigt das soziale System<br />

[Faulstich, 1999, S. 83].<br />

Weitere Modelle<br />

Zahlreiche Modelle <strong>und</strong> Ansätze beschäftigen sich<br />

mit Qualitätsmanagement, für das Modell des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es wurden zum Beispiel noch<br />

herangezogen:<br />

• QM-Stufen-Modell/PAS 1037:2004<br />

• QES (+), Anlehnung an den klassischen<br />

Qualitätskreis von Deming<br />

• PAS 1032<br />

31<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Handlungsfelder &<br />

32<br />

3.1.3. Bildungsmanagementkonzepte<br />

Es gibt verschiedene Vorgaben <strong>und</strong> Modelle, die<br />

sich direkt auf Bildung beziehen. Allerdings behandeln<br />

diese in der Regel Weiterbildungsanbieter, das<br />

heißt Anbieter von Schulungen <strong>und</strong> Trainings. Diese<br />

Konzepte können hilfreich sein, allerdings sind die<br />

Rahmenbedingungen im betrieblichen Bildungsmanagement<br />

andere. So ist das Bildungsmanagement<br />

ein interner Dienstleister <strong>und</strong> an die Unternehmensstrategie<br />

geb<strong>und</strong>en. Außerdem fehlt die Gewinnerzielungsabsicht<br />

kommerzieller Anbieter.<br />

Hartz formuliert zudem eine generelle Kritik an derartigen<br />

Standards für Bildungseinrichtungen. Er meint,<br />

dass in der Erwachsenenpädagogik fallbezogenes,<br />

gerade nicht standardisiertes Handeln <strong>und</strong> eine hohe<br />

Flexibilität benötigt werden. Er spricht von „situativer<br />

Kompetenz“ <strong>und</strong> plädiert eher für eine weitere<br />

Professionalisierung der Branche als für Standardisierung<br />

der Bildung [Hartz, 2008, S. 245].<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will mit seinem Qualitätsmodell<br />

Orientierung <strong>und</strong> Hilfestellung sein.<br />

Es soll aber auch eine Vorgabe bieten, eine Art<br />

Best-Practice nach der Unternehmen ihr Bildungsmanagement<br />

aufbauen können. Die Initiatoren sind<br />

davon überzeugt, dass es in den gängigen Qualitätskonzepten<br />

Elemente gibt, die in jedem Fall erfüllt<br />

werden müssen. Abweichungen sind aber erlaubt <strong>und</strong><br />

erwünscht, sofern sie bewusst <strong>und</strong> begründet sind<br />

<strong>und</strong> zur Verbesserung des Bildungsmanagements<br />

beitragen. Oberste Maßgabe ist zudem immer die<br />

Angemessenheit, also die Frage inwieweit Strukturen<br />

<strong>und</strong> Maßnahmen zur Erreichung des Bildungs- <strong>und</strong><br />

Unternehmensziels beitragen. Es geht nicht zwingend<br />

um mehr Bildungsaktivitäten, sondern um eine<br />

bessere Anpassung zwischen Bedarf <strong>und</strong> Angebot,<br />

zwischen Anforderung <strong>und</strong> Leistung, Erwartung <strong>und</strong><br />

tatsächlichem Bildungserfolg.<br />

Folgende Konzepte mit direktem Bezug zur Weiterbildung<br />

sind ins Qualitätsmodell des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es eingeflossen.<br />

DIN ISO 29990<br />

Die internationale Norm DIN ISO 29990:2010 beschreibt<br />

„Lerndienstleistungen für die Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung — Gr<strong>und</strong>legende Anforderungen an<br />

Dienstleister“ [DIN Normentext, Dezember 2010]. Sie<br />

orientiert sich am PAS 1037:2004 QM Stufen-Modell<br />

<strong>und</strong> an der Prozessorientierung des PDCA-Zyklusses<br />

(Plan-Do-Check-Act). Sie gibt einen Servicestandard<br />

für Lerndienstleistungen vor <strong>und</strong> ist gleichzeitig ein<br />

Qualitätsmanagementsystem für Lerndienstleister in<br />

der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

Die Anforderungen sind jeweils direkt auf Weiterbildungsanbieter<br />

als eigenständige Unternehmen<br />

bezogen. Vorrangig geht es dabei um die betriebliche<br />

Ausbildung <strong>und</strong> jede Form der Weiterbildung. Der<br />

Standard richtet sich jedoch auch an Organisationen<br />

mit einem eigenen Bildungsbereich.<br />

Die ISO 29990 verfolgt eine ganzheitliche Herangehensweise<br />

<strong>und</strong> einen systemorientierten Ansatz<br />

[DIN 2011, S. 1]. Die Norm legt den Fokus auf den<br />

Lernenden, die Lernergebnisse, die Lerndienstleistung<br />

<strong>und</strong> die Kompetenz sowie die Auswahl eines<br />

geeigneten Lerndienstleisters. Besonders wichtig ist<br />

dabei die Partizipation aller Beteiligten [DIN 2011,<br />

S. 7]. Die Norm beschreibt die Anforderungen an die<br />

Lerndienstleistungen sowie Anforderungen an das<br />

Management des Lerndienstleisters [Normentext<br />

2010, Kommentar zur Norm DIN 2011].<br />

Anforderungen an die Lerndienstleistungen<br />

• Bestimmen des Lernbedarfs – Qualifikationsanaly-<br />

se, Wünsche <strong>und</strong> Ziele interessierter Parteien<br />

• Gestalten von Lerndienstleistungen – Ziele <strong>und</strong><br />

Umfang der Trainingsmaßnahme, Curriculum,<br />

Lerntransferunterstützung<br />

• Erbringen von Lerndienstleistungen – Lernressour-<br />

cen, Lernumgebung<br />

• Monitoring von Lerndienstleistungen – Feedback<br />

von den Lernenden<br />

• Evaluation durch Lerndienstleister – Evaluation des<br />

Lernens <strong>und</strong> des Dienstleisters<br />

Anforderungen an das Management des<br />

Lerndienstleisters<br />

• Allgemeine Managementanforderungen – Errichtung<br />

<strong>und</strong> Dokumentation eines Managementsystems<br />

• Strategie <strong>und</strong> Unternehmensmanagement – Erstellung<br />

eines Geschäftsplans<br />

• Managementbewertung – Prüfung in geplanten<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Qualitätskriterien<br />

Intervallen, Sicherstellung der Effektivität <strong>und</strong> Angemessenheit<br />

in Bezug auf Leitlinien <strong>und</strong> Ziele<br />

• Vorbeugende Maßnahmen <strong>und</strong> Korrekturmaßnahmen<br />

– Umgang mit Fehlern, Beseitigung der<br />

Ursachen<br />

• Finanzmanagement <strong>und</strong> Risikomanagement<br />

• Personalmanagement – Kompetenzsicherstellung<br />

der Mitarbeiter des Bildungsmanagements<br />

• Kommunikationsmanagement (intern/extern) –<br />

Information der Mitarbeiter, Schaffung von Möglichkeiten<br />

zur informellen Kommunikation<br />

• Ressourcenbereitstellung<br />

• Interne Audits<br />

• Feedback von interessierten Parteien<br />

Erfüllt ein Unternehmen alle Anforderungen, kann es<br />

sich nach der DIN ISO 29990 zertifizieren lassen.<br />

LQW<br />

Die Lernerorientierte Qualitätstestierung in der<br />

Weiterbildung (LQW) ist ein Qualitätsmanagement<br />

speziell für Bildungsorganisationen, das direkt aus<br />

dem Bildungsprozess heraus entwickelt wurde. Die<br />

Lernenden stehen im Mittelpunkt <strong>und</strong> die gesamte<br />

Qualität der Organisation wird auf die Lernenden<br />

ausgerichtet. LQW beinhaltet ebenfalls eine externe<br />

Testierung in Form eines Selbstreports mit anschließender<br />

Visitation. Diese richtet sich dabei stärker an<br />

den selbstbestimmten Qualitätskriterien der jeweiligen<br />

Organisation aus, als andere Konzepte.<br />

Das System LQW wendet sich an alle Organisationen<br />

der Erwachsenen-, Weiter- <strong>und</strong> Ausbildung in allen<br />

Bereichen der allgemeinen, beruflichen, betrieblichen,<br />

kulturellen, politischen, gewerkschaftlichen, ökologischen<br />

oder konfessionellen Bildung.<br />

Das Bildungsmanagement soll immer an den strategischen<br />

Entwicklungszielen der Organisation ausgerichtet<br />

sein. LQW betrachtet für die Umsetzung zwölf<br />

Qualitätsbereiche [Zech, 2008, Faulstich, 1999, S. 86]:<br />

• Leitbild – Das Unternehmen muss ein Leitbild im<br />

Bildungsmanagement entwickeln <strong>und</strong> eindeutige<br />

Ziele formulileren [Zech, 2008, S. 31ff.].<br />

• Bedarfsanalyse<br />

• Evaluation des Bildungsprozesses – Der Lernerfolg<br />

muss evaluiert werden.<br />

• Qualität des Lehrens, Lehr-Lern-Prozess – Jede<br />

Einrichtung muss für sich selbst definieren, was sie<br />

unter „gelungenem Lernen“ versteht [Hartz, 2008,<br />

S. 243f.]. Der Lehrende wird dabei als Lernbegleiter<br />

begriffen, der Lernprozesse ermöglicht <strong>und</strong> unterstützt<br />

[Zech, 2008, S. 77].<br />

• Qualität der Lerninfrastruktur<br />

• Zentrale Prozesse – Alle Prozesse <strong>und</strong> Arbeitsabläufe<br />

müssen klar definiert werden [Zech, 2008, S.<br />

58ff.].<br />

• Führung/Leitung/Entscheidung – Die Führung<br />

der Organisation orientiert sich an gemeinsamen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen.<br />

• Personalentwicklung – Die Mitarbeiter des Bildungsmanagements<br />

sollen in der Personalentwicklung<br />

erfasst sein <strong>und</strong> mit umfassenden Maßnahmen<br />

wie Aufgaben- <strong>und</strong> Kompetenzprofilen <strong>und</strong> eigenen<br />

Fortbildungen systematisch weiterentwickelt werden<br />

[Zech, 2008, S. 142ff.].<br />

• Controlling<br />

• Interne <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enkommunikation – Bewusstes<br />

Marketing der Qualität im Bildungsmanagement<br />

hilft die Außendarstellung der Organisation zu<br />

verbessern.<br />

• Angebotsinformation<br />

• Strategische Entwicklungsziele – Die Qualität der<br />

Organisationen wird in einem ständigen Prozess<br />

weiterentwickelt.<br />

Das Modell legt dabei einen kontinuierlichen Qualitätskreislauf<br />

von interner über externe Evaluation zur<br />

Aufstellung von strategischen Entwicklungszielen für<br />

die nächste Qualitätsperiode zugr<strong>und</strong>e.<br />

DVWO-Modell<br />

Der Dachverband der Weiterbildungsorganisationen<br />

e.V. DVWO hat die DIN EN ISO 9001 um unterrichts<strong>und</strong><br />

teilnehmerbezogenen Kriterien im Weiterbildungsprozess<br />

erweitert. Die sogennante DVWO-ProzessAcht©<br />

unterscheidet Prozesse der betrieblichen<br />

Organisation von den Lehr- <strong>und</strong> Lernprozessen <strong>und</strong><br />

stellt Qualitätskriterien in den Mittelpunkt des Qualifizierungsprozesses<br />

[DIN 2008, S. 28].<br />

Dafür werden Qualitätsdimensionen aufgestellt [DIN<br />

2008, S. 17]:<br />

• Äußere Qualitätsdimensionen [nach Donabedian]:<br />

Strukturqualität, Prozessqualität, Ergebnisqualität<br />

• Innere Qualitätsdimensionen: Didaktikqualität, Wertequalität,<br />

Transferqualität, Methodenqualität<br />

33<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Handlungsfelder &<br />

34<br />

Aus diesen Dimensionen leiten sich wiederum Qualitätskriterien<br />

<strong>und</strong> Qualitätsmerkmale ab.<br />

Die DIN EN ISO 9001 wird um einen weiteren Prozesskreislauf,<br />

der sich jedoch speziell auf die Besonderheiten<br />

der Bildungsbranche bezieht, erweitert.<br />

So beschreibt das Modell der ISO 9001 die funktionellen<br />

Bereiche der Businessadministration, der<br />

Kreislauf des DVWO den operationalen Bereich des<br />

Curriculumprozesses [DIN 2008, S. 29]. Im Kern des<br />

DVWO-Kreislaufes stehen dabei die Informationsverarbeitungsphasen<br />

im Lernprozess, also die verschiedenen<br />

Schritte wie ein Lernender neue Informationen<br />

aufnimmt <strong>und</strong> verarbeitet: Initialphase, Durativphase,<br />

Praxisphase, Konklusionsphase.<br />

In jeder dieser Phasen werden spezifische Lernziele<br />

auf sieben verschiedenen Leistungsniveaus<br />

(Taxonomie-Ebenen) definiert: kognitive Lernziele,<br />

affektive Lernziele <strong>und</strong> psychomotorische Lernziele.<br />

Die Weiterbilder haben zudem die Möglichkeit eigene<br />

weitere Taxonomien hinzuzufügen. Diese Aufteilung<br />

ermöglicht eine differenzierte Evaluation an vielen<br />

Stellen des Lehr-/Lernprozesses.<br />

Alle Anforderungen der ISO 9001, wie Verantwortung<br />

der Leitung, Management von Ressourcen, etc.,<br />

treffen auch in der Erweiterung des DVWO in vollem<br />

Umfang zu.<br />

CLIP<br />

Die European Fo<strong>und</strong>ation for Management Development<br />

(EFMD) hat für ihre Mitgliedsunternehmen ein<br />

Konzept entwickelt, das sich besonders auf Corporate<br />

Universities, Corporate Business Schools, interne<br />

Akademien <strong>und</strong> Management Institute bezieht:<br />

den Corporate Learning Improvement Process (CLIP).<br />

Ziel ist ein Shift vom klassischen Training hin zu<br />

einer ganzheitlichen Betrachtung von Lernmöglichkeiten.<br />

Das System strebt nach besserer Evaluation<br />

<strong>und</strong> Messung, um das Investment in Bildung nachhaltig<br />

zu legitimieren. Dazu stellt CLIP Schlüsselfaktoren<br />

für die Qualität des Bildungsmanagements vor.<br />

Die insgesamt 28 Qualitätsstandards von CLIP sind<br />

in neun Kapiteln festgelegt (CLIP Quality Standards,<br />

EFMD):<br />

• Strategische Positionierung: Mission, klare Strategie,<br />

Abstimmung mit der unternehmensweiten<br />

Strategie, Managementprozesse, hohe Positionierung<br />

des<br />

Bildungsmanagements, Schnittstellen zu anderen<br />

Personalprozessen<br />

• Zielmarkt: Marktverständnis, Marketing,<br />

K<strong>und</strong>enbeziehungen<br />

• Externe Dienstleister: Outsourcing, Auswahlprozess,<br />

Lieferantenbeziehungen<br />

• Mitarbeiter im Bildungsmanagement:<br />

Ausbildung, Qualifikation<br />

• Programme <strong>und</strong> Leistungen: Angebot, Produktentwicklung,<br />

Ressourcenausstattung, pädagogisches<br />

Know-how, Lernformen, Evaluation, Erfolgsmessung<br />

• Teilnehmer: Zielgruppen, Betreuung<br />

• Innovation <strong>und</strong> Entwicklung:<br />

Innovationsprozess, Universitätsprogramme<br />

• Ressourcen <strong>und</strong> Administration:<br />

Lernumgebung, Verwaltungsprozesse,<br />

finanzielle Ausstattung <strong>und</strong> Controlling<br />

• Internationalität: internationale Perspektive<br />

CLIP versteht sich als Mittel zum Benchmarking. Es<br />

soll gegenseitigen Austausch <strong>und</strong> das Lernen von<br />

den Erfahrungen anderer ermöglichen.<br />

Auch CLIP arbeitet bei der Bewertung der Unternehmen<br />

mit einer Verbindung aus interner Selbstprüfung<br />

<strong>und</strong> einem externen Audit.<br />

Weitere Modelle<br />

Im Bildungsmanagement gibt es weitere Modelle<br />

<strong>und</strong> Ansätze, zum Beispiel:<br />

• Bremer Weiterbildungsgesetz<br />

• BQM-Standard vom B<strong>und</strong>esverband der Träger<br />

beruflicher Bildung<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Qualitätskriterien<br />

3.2. Ziele, Selbstverständnis, Anforderungen<br />

an das Qualitätsmodell<br />

Die Initiatoren verfolgen mit dem Qualitätsmodell<br />

des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es einen universellen<br />

Anspruch. Das Modell ist umfassend <strong>und</strong> beschreibt<br />

alle wichtigen Aspekte des betrieblichen Bildungsmanagements.<br />

Das bedeutet auch, dass an anderen<br />

Stellen Abgrenzungen vorgenommen werden müssen,<br />

um die Anwendbarkeit des Modells zu garantieren<br />

<strong>und</strong> den Fokus auf das Bildungsmanagement<br />

nicht zu verlieren. Die Inhalte des Modells sind nachvollziehbar<br />

<strong>und</strong> valide. Die drei Dimensionen Strategie,<br />

Struktur <strong>und</strong> Leistungen werden durch einen<br />

detaillierten Fragenkatalog beschrieben.<br />

Das Anwendungsgebiet des Modells sind Weiterbildungsbereiche/-abteilungen<br />

von Unternehmen, unabhängig<br />

von Branche <strong>und</strong> Betriebsgröße. Es bezieht<br />

alle Mitarbeiter des Unternehmens mit ein, nicht nur<br />

die Führungskräfte. Es beschreibt ausdrücklich auch<br />

die Weiterbildung von technischen <strong>und</strong> gewerblichen<br />

Mitarbeitern auf allen Hierarchiestufen. Das Modell<br />

ist praxisnah <strong>und</strong> soll leicht <strong>und</strong> vollständig in die betriebliche<br />

Praxis übertragen werden. Es soll dabei vor<br />

allem praktische Hilfestellung für Führungskräfte <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter des betrieblichen Bildungsmanagements<br />

sein, keine wissenschaftliche Abhandlung.<br />

Gleichwohl ist es wissenschaftlich f<strong>und</strong>iert, bezieht<br />

die gängigen Ansätze zum Qualitäts- <strong>und</strong><br />

Bildungsmanagement ein <strong>und</strong> trägt aktuellen wissenschaftlichen<br />

Entwicklungen Rechnung. Durch<br />

die enge Verzahnung mit Praxisexperten ist das<br />

Modell zugleich „State-of-the-Art“ in der praktischen<br />

Realität. Es ist aber auch ein lebendes System. Nach<br />

jedem Durchlauf des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

mit Selbstauskunftsbogen, Auditierung <strong>und</strong> Preisverleihung,<br />

werden die neuesten Erkenntnisse aus<br />

den Unternehmen in einer jährlichen Revision in das<br />

Modell eingearbeitet. So wird die Aktualität gewährleistet.<br />

Außerdem ermöglicht dieses Vorgehen den<br />

Aufbau einer großen Datenbank zur betrieblichen<br />

Weiterbildung. Eine solche Datensammlung gibt es<br />

bisher noch nicht, sie kann die wissenschaftliche<br />

Forschung unterstützen <strong>und</strong> erlaubt es, den Unternehmen<br />

Benchmarks zur Verfügung zu stellen.<br />

Das Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

ist unabhängig von Geschäftsinteressen. Es ist ein<br />

fairer, gleichberechtiger, datenbasierter Auswahlprozess<br />

durch einen unabhängigen Beirat.<br />

35<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


4. Etablierung des Qualitätsmodells<br />

betrieblichen Bildungsmanagements<br />

Autorin 4.1: Anne Dreyer, TÜV SÜD Akademie<br />

Autorin 4.2-4.3: Magdalena Nowak, EuPD Research


4.1. Theoretische Herleitung<br />

des Qualitätsmodells<br />

Wissenschaftliche F<strong>und</strong>ierung<br />

Der erste Schritt bei der Erstellung des Qualitätsmodells<br />

war die Festlegung der Handlungsfelder im<br />

Bildungsmanagement, die das Modell abbilden soll.<br />

Gessler beschreibt verschiedene Aufgaben- <strong>und</strong><br />

Tätigkeitsfelder aufgeteilt nach Prozess- <strong>und</strong> Objektkategorien.<br />

Bildungsprodukt Bildungspersonal Bildungsorganisation<br />

Kontext<br />

Basisprozesse<br />

Rahmenbedingungen<br />

Lebenslanges Lernen<br />

Lernen <strong>und</strong> Lehren Wissensmanagement Bildungsmarketing<br />

Qualitätsmanagement<br />

37<br />

Steuerungsprozesse<br />

Transfermanagement<br />

<strong>und</strong> Evaluation<br />

Personalmanagement<br />

<strong>und</strong> Personalführung<br />

Bildungscontrolling<br />

Projektmanagement<br />

Innovationsprozesse<br />

Programmentwicklung<br />

<strong>und</strong> Revision<br />

Entrepreneurship<br />

Change Management<br />

Abb. 1: Strukturmodell der Handlungsfelder [Gessler, 2009, S. 23]<br />

Wie in den Kapiteln 3.1.2. <strong>und</strong> 3.1.3. dargestellt, legen<br />

die vorgestellten Konzepte aus Quälitätsmanagement<br />

<strong>und</strong> Bildung ihrerseits verschiedene Schwerpunkte.<br />

Aus den genannten Modellen wurden die Aspekte,<br />

die Einfluss auf die Qualität des Bildungsmanagements<br />

haben, extrahiert. An dieser Stelle soll gezeigt<br />

werden, welche Elemente der verschiedenen Konzepte<br />

mit ins Modell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

eingeflossen sind. Aus Platzgründen soll hier nur eine<br />

beispielhafte Auflistung einzelner Elemente angeführt<br />

werden.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Etablierung<br />

Aspekt<br />

Betrachtung in folgenden Modellen/Konzepten<br />

(beispielhaft)<br />

Prozessorientierung<br />

K<strong>und</strong>enzufriedenheit/K<strong>und</strong>ennutzen<br />

(K<strong>und</strong>en im Sinne der Teilnehmer/Nutzer<br />

der Bildungsmaßnahmen)<br />

Hohe Bedeutung der Führung<br />

Normenreihe DIN EN ISO 9000, DIN ISO 29990,<br />

DVWO-Modell<br />

Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />

EFQM, Excellence-Ansatz, TQM<br />

Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />

EFQM, LQW<br />

Selbstverpflichtung der Leitung Normenreihe DIN EN ISO 9000<br />

Vision, Mission, Kultur<br />

Strategische Ausrichtung<br />

EFQM, LQW, CLIP<br />

EFQM, LQW, CLIP<br />

Einbeziehung aller Mitarbeiter Normenreihe DIN EN ISO 9000, EFQM, ISO 29990<br />

38<br />

Ständige Verbesserung<br />

Entscheidung auf Basis von<br />

Datenerhebung <strong>und</strong> -analyse<br />

Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />

TQM, DVWO-Modell<br />

Gr<strong>und</strong>satz des QM, Normenreihe DIN EN ISO 9000,<br />

DVWO-Modell<br />

Optimaler Ressourceneinsatz Normenreihe DIN EN ISO 9000, ISO 29990<br />

Offener Zugang zu Daten <strong>und</strong> Dokumenten Normenreihe DIN EN ISO 9000<br />

Auswahl externer Anbieter<br />

Umgang mit Beschwerden<br />

Wahrnehmung des Unternehmens in<br />

der Öffentlichkeit<br />

Nachhaltigkeit<br />

Normenreihe DIN EN ISO 9000, LQW, CLIP<br />

Normenreihe DIN EN ISO 9000, ISO 29990, LQW<br />

EFQM, LQW<br />

Excellence-Ansatz<br />

Bildungsbedarfsanalyse DIN 29990, LQW, ISO 29990<br />

Gestalten von Bildungsmaßnahmen<br />

DIN 29990, DVWO-Modell<br />

Bewertung externer Bildungsanbieter DIN 29990<br />

Infrastruktur<br />

Internationalität<br />

LQW<br />

CLIP<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Aus der Synthese der Handlungsfelder von Gessler<br />

<strong>und</strong> der inhaltlichen Schwerpunkte der Normen, Konzepte<br />

<strong>und</strong> Modelle ergeben sich folgende besonders<br />

relevante Bereiche:<br />

Bildungsprodukt Bildungspersonal Bildungsorganisation<br />

Lebenslanges Lernen<br />

Qualitätsmanagement<br />

Strategie<br />

Bildungsplanung,<br />

Programmplanung <strong>und</strong><br />

-entwicklung, Transfermanagement<br />

<strong>und</strong><br />

Evaluation<br />

Personalmanagement<br />

<strong>und</strong> Personalführung<br />

Leitbild, Vision<br />

Bildungsstrategie<br />

Bildungsmarketing,<br />

Bildungscontrolling<br />

Rahmenbedingungen<br />

Infrastruktur<br />

Ressourcen <strong>und</strong><br />

Qualifikation<br />

Aufbau <strong>und</strong> Struktur<br />

Operationalisierung<br />

Lernen <strong>und</strong> Lehren,<br />

Durchführung der<br />

Bildungsmaßnahmen<br />

Organisation,<br />

Koordination, Beratung<br />

39<br />

Abb.2: EuPD Research, TÜV SÜD Akademie<br />

Bei der Erstellung von Bildungsleistungen ist zudem<br />

eine prozessorientierte Ablaufdarstellung sinnvoll, die<br />

die Teilaufgaben Planung, Durchführung <strong>und</strong> Kontrolle<br />

umfasst [Bäumer, 1999, S. 84-97].<br />

• Planung: Vorbereitung der Entscheidungen über die<br />

Durchführung von Weiterbildungsveranstaltungen<br />

• Planungsgr<strong>und</strong>lage Bedarfsanalyse: unternehmens<strong>und</strong><br />

arbeitsplatzbezogene Anforderungen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiterqualifikationen, dann Angebotsplanung,<br />

Festlegung der Inhalte <strong>und</strong> Parameter der<br />

Lehr-/Lernsituation<br />

• Durchführung: make or buy Lernarrangement<br />

(Methoden <strong>und</strong> Lernorte)<br />

• Kontrolle: Effektivität (Ziel-Ergebnis-Relation) <strong>und</strong><br />

Effizienz (Kosten-Nutzen-Relation)<br />

Verb<strong>und</strong>en mit den oben gezeigten relevanten Bereichen<br />

ergeben sich folgende Zusammenhänge:<br />

Die Leitlinien des Unternehmens <strong>und</strong> die Bildungsstrategie<br />

bilden die Gr<strong>und</strong>lage für das Handeln im<br />

Bildungsmanagement. Sie fließen in die Bildungsplanung<br />

<strong>und</strong> die unternehmensbezogene Bedarfsanalyse.<br />

Daraus wiederum ergibt sich die Programmplanung<br />

der anzubietenden Bildungsmaßnahmen.<br />

Die Management- <strong>und</strong> Führungskultur bestimmt den<br />

Umgang <strong>und</strong> die Motivation der Mitarbeiter.<br />

Um die strategischen Anforderungen erfüllen zu<br />

können, muss das Bildungsmanagement in der<br />

Unternehmensstruktur hierarchisch möglichst hoch<br />

angesiedelt <strong>und</strong> organisatorisch sinnvoll aufgebaut<br />

<strong>und</strong> vernetzt sein. Das Personal im Bildungsmanagement<br />

muss mit qualifizierten Ressourcen ausgestattet<br />

werden, sodass es die avisierten Aufgaben<br />

zuverlässig <strong>und</strong> in hoher Qualität erfüllen kann. Für<br />

jede Bildungsmaßnahme muss eine entsprechend<br />

professionelle Infrastruktur bereitgestellt werden.<br />

Die Durchführung bewegt sich im Handlungsfeld<br />

„Lernen <strong>und</strong> Lehren“ <strong>und</strong> beschreibt die konkrete<br />

Erbringung der Bildungsleistung. Das Personal des<br />

Bildungsmanagements organisiert die verschiedenen<br />

Maßnahmen, koordiniert die verb<strong>und</strong>enen Parteien<br />

<strong>und</strong> Dienstleister <strong>und</strong> berät die lernenden Mitarbeiter.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Etablierung<br />

40<br />

In der Kontrollphase kommen Transfersicherung,<br />

Evaluation <strong>und</strong> Bildungscontrolling zum Einsatz.<br />

Da diese direkt auf die Planung der weiteren Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> ggf. die Ausrichtung des Bildungsmanagements<br />

insgesamt einwirken, sind sie wiederum<br />

dem Punkt Strategie zuzuordnen. Hier zeigt sich das<br />

Prozesshafte, der Kreislaufansatz des Modells. Das<br />

Bildungsmarketing unterstützt das Bildungsmanagement<br />

bei der Kommunikation ins Unternehmen <strong>und</strong><br />

hat deshalb ebenfalls strategischen Charakter.<br />

Es ergeben sich aus dieser Herangehensweise drei<br />

übergeordnete Hauptbereiche des betrieblichen<br />

Bildungsmanagements, die das Qualitätsmodell des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es abbildet:<br />

• Strategie<br />

• Struktur<br />

• Leistungen<br />

Diese Bereiche sollen im Kapitel 5.3. einzeln detailliert<br />

betrachtet werden.<br />

Das Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

wurde mit erfahrenen Professoren <strong>und</strong> Wissenschaftlern<br />

verschiedener Fachrichtungen <strong>und</strong> Forschungsschwerpunkte<br />

geprüft <strong>und</strong> überarbeitet. Es entspricht<br />

dem aktuellen Stand der Forschung.<br />

4.2. Validierungsprozess des<br />

Qualitätsmodells<br />

Um ein Qualitätsmodell zu etablieren, das zum einen<br />

wissenschaftlichen Standards entspricht <strong>und</strong> zum<br />

anderen der betrieblichen Praxis gerecht wird, wurde<br />

ein nachhaltiger Validierungsprozess initiiert:<br />

• Den Ausgangspunkt bildete die Erfassung der<br />

bestehenden wissenschaftlichen Literatur zum<br />

Stand des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s sowie<br />

den existierenden Theoriemodellen.<br />

• In einem zweiten Schritt wurden die Erkenntnisse<br />

in einem umfassenden Workshop von Experten der<br />

TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research bewertet<br />

<strong>und</strong> strukturiert.<br />

• Die gesammelten Erkenntnisse der wissenschaftlichen<br />

Recherche wurden von Experten der TÜV<br />

SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research im nächsten<br />

Schritt in leitfadengestützten Tiefeninterviews mit<br />

ingesamt neun führenden Bildungsexperten <strong>und</strong> 20<br />

betrieblichen HR-Verantwortlichen aus elf unterschiedlichen<br />

Unternehmen evaluiert.<br />

• Die Ergebnisse der Tiefeninterviews wurden<br />

schließlich gemeinsam ausgewertet <strong>und</strong> in das<br />

Qualitätsmodell eingearbeitet, das dann wiederum<br />

den befragten Experten zurückgespiegelt wurde.<br />

• Im Anschluss wurde das Qualitätsmodell für den<br />

Bewerbungsprozess des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

aufgearbeitet <strong>und</strong> in den Qualifizierungsbogen<br />

<strong>und</strong> das Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

überführt.<br />

• In der Praxis validiert wird das Qualitätsmodell<br />

durch die Teilnehmer des ersten Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es. Sie bewerten im Qualifizierungsbogen<br />

jedes definierte Qualitätskriterium hinsichtlich<br />

dessen Relevanz für das Funktionieren des<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s im eigenen<br />

Unternehmen.<br />

• Nach dem Ende der Bewerbungsphase werden die<br />

Ergebnisse aller Bewerber ausgewertet. Es entsteht<br />

das erste wirklich praxisvalidierte Modell<br />

nachhaltigen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s.<br />

• Das Modell bildet schließlich die Gr<strong>und</strong>lage für<br />

einen transparenten <strong>und</strong> objektiven Bewerbungsprozess<br />

<strong>und</strong> zeigt allen Teilnehmern in einem zur<br />

Verfügung gestellten individuellen Benchmark ganz<br />

gezielt erfolgskritische Faktoren <strong>und</strong> Optimierungspotenziale<br />

auf.<br />

4.2.1. Interviews mit führenden<br />

Bildungsexperten aus Wissenschaft,<br />

Verbänden <strong>und</strong> Instituten<br />

Die für den Studienband interviewten Bildungsexperten<br />

wurden durch die TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong><br />

EuPD Research anhand klar definierter Kriterien<br />

ausgesucht. Zum einen sollten alle Themenschwerpunkte<br />

im Forschungsbereich Bildungs-, Talent- <strong>und</strong><br />

Kompetenzmanagement abgebildet werden, zum<br />

anderen sollte die Interdisziplinarität der Experten<br />

sichergestellt werden. Um dies zu erreichen, wurde<br />

im Rahmen der Recherche eine genaue Analyse<br />

des Forschungsbereiches vorgenommen <strong>und</strong><br />

führende Bildungsexperten kontaktiert. Die zumeist<br />

zweistündigen Gespräche gliederten sich in einen<br />

allgemeinen Teil, in dem Fragen zum Status quo des<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s in Deutschland<br />

beantwortet wurden, <strong>und</strong> einen spezifischen Teil, in<br />

dem das Qualitätsmodell im Fokus stand.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews wurden geführt mit:<br />

• Dr. Sascha Armutat, (S. 62|63) -<br />

Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />

• Prof. Dr. Michael Gessler (S. 64|65) -<br />

Universität Bremen<br />

• Thomas Gruber, (S. 66|69) -<br />

DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />

• Prof. Dr. Wolfgang Jäger, (S. 70|71) -<br />

Hochschule RheinMain<br />

• Prof. Dr. Ulrich Müller, (S. 72|73) -<br />

Institut für Bildungsmanagement,<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

• André Schleiter, (S. 74|77) -<br />

Wissenschaftlicher Beirat im DDN<br />

(Das Demographie Netzwerk)<br />

• Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider (S. 78|81) -<br />

Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />

IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit<br />

GmbH<br />

• Prof. Dr. Marc Solga, (S. 82|85) -<br />

Universität Bochum<br />

• Thomas Kirchenkamp, (S. 86|87) -<br />

Wilhelm Büchner Hochschule<br />

4.2.2. Interviews mit führenden<br />

HR-Experten<br />

Nach der wissenschaftlichen Validierung wurde das<br />

Qualitätsmodell Experten aus der Wirtschaft vorgestellt.<br />

Der Abgleich der Qualitätskriterien mit der<br />

realen Umsetzung in deutschen Unternehmen bildete<br />

den Schwerpunkt dieser ersten Validierungsphase.<br />

Ziel war es, ein Modell zu etablieren, das praxisorientiert<br />

<strong>und</strong> praktikabel ist. Dazu wurden Unternehmen<br />

verschiedener Branchen sowie unterschiedlicher<br />

Größen ausgewählt, die bereits über gute Bildungs<strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>systeme verfügen.<br />

Interviews wurden geführt mit:<br />

• Dennis Dennert, Pressesprecher,<br />

Markus Lecke, Leiter Team Bildungspolitik -<br />

Deutsche Telekom (S. 88|91)<br />

• Michael Backes, Leiter Personalentwicklung,<br />

Thomas Bauer, Leiter Personalplanung/-gewinnung<br />

<strong>und</strong> Organisation -<br />

Emschergenossenschaft/Lippeverband (S. 92|95)<br />

• Heike Glock, Mitarbeiterentwicklung -<br />

Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />

(S. 96|97)<br />

• Klaus Schöneberger, Leiter Personalentwicklung,<br />

Matthias Wendler, Bereich Personalentwicklung -<br />

GOTHAER Versicherung (S. 98|101)<br />

• Cornelia Andresen, HR Integrated Services Team<br />

IBM, Ralf Essigke, Managing Learning Consultant<br />

IBM, Johannes Förderreuther, IBM Global Business<br />

Service, Alike Pietsch, Leader IMT Germany Skill<br />

Development Center IBM - IBM (S. 102|105)<br />

• Mattias Säker, CEO, Fredrik Högemark, CIO -<br />

Kursfinder.de (S. 106|109)<br />

• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR -<br />

McDonald‘s Deutschland Inc. (S. 110|111)<br />

• Karl-Heinz Böhle, Leiter Personaleinsatz,<br />

Silke Gloss, Referentin Führungskräfteentwicklung<br />

- Rheinenergie AG (S. 112|115)<br />

• Raphaele Rose, Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung -<br />

SP_Data GmbH & Co. KG (S. 116|117)<br />

• Dr. Veit Echterhoff, Bildungspolitik/Bildungscontrolling,<br />

Dr. Werner Mölders, Leitender Werksarzt -<br />

ThyssenKrupp Steel Europe AG (S. 118|119)<br />

• Thomas Lindt, Director Product Management -<br />

VEDA GmbH (S. 120|121)<br />

41<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Etablierung<br />

4.3. Das Qualitätsmodell<br />

betrieblichen Bildungsmanagements<br />

Das Qualitätsmodell erfasst Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

als betriebliches Querschnittsthema. Es integriert<br />

ganzheitlich alle Phasen des Karriereverlaufes<br />

sowie alle Aspekte der Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />

im Unternehmen. Das Qualitätsmodell gliedert sich<br />

in die drei Teilbereiche strategisches, strukturelles<br />

<strong>und</strong> operatives Bildungsmanagement, die alle anhand<br />

mehrerer Kategorien definiert werden. Jeder Kategorie<br />

sind wiederum festgelegte, in den zahlreichen Experteninterviews<br />

geprüfte Qualitätskriterien zugewiesen.<br />

Bildungsmanagement<br />

Qualitätsbereiche 3 Säulen<br />

Analyse<br />

Strategie Struktur Leistungen<br />

Planung<br />

...<br />

Organisation<br />

Einbindung<br />

...<br />

Beratung<br />

Maßnahmen<br />

...<br />

42<br />

Qualitätskriterien<br />

Q1<br />

Q2<br />

Q3<br />

Q4<br />

...<br />

Q1<br />

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Q1<br />

Q2<br />

Q3<br />

Q4<br />

...<br />

Qualifi zierungsbogen<br />

Abb 3: Qualitätsmodell betrieblichen Bildungsmanagements, EuPD Research, TÜV SÜD Akademie, <strong>2012</strong><br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


4.3.1. Strategisches Bildungsmanagement<br />

Die strategische Ausrichtung des Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>s ist Gr<strong>und</strong>voraussetzung für das<br />

Gelingen nachhaltiger Personalpolitik. Strategisches<br />

Bildungsmanagement wird im Sinne des Qualitätsmodells<br />

in die Unterpunkte Bedarfsanalyse, Bildungsplanung,<br />

Mitarbeitergespräche, Praxistransfersicherung,<br />

Bildungscontrolling, interne Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiterrekrutierung operationalisiert.<br />

Ausgangspunkt jeglicher strategischen Planung von<br />

Bildungsmanagement im Unternehmen ist die Anbindung<br />

der Bildungsziele an die Unternehmensziele.<br />

Um die strategischen Bildungsbedarfe zu bestimmen,<br />

müssen detaillierte Stellen- <strong>und</strong> Anforderungsprofile<br />

vorhanden sein, die mit den Qualifikationen <strong>und</strong><br />

Kompetenzen der Beschäftigten abgeglichen werden.<br />

Im Sinne der Zukunftsfähigkeit sollten zudem regelmäßige<br />

Potenzialanalysen durchgeführt werden <strong>und</strong><br />

bedarfsgerechte Karrieremodelle existieren.<br />

Sind die Bedarfe ermittelt, wird eine mittel- <strong>und</strong> langfristige<br />

Planung der Bildungskonzepte <strong>und</strong> -maßnahmen<br />

eingeleitet. Dabei sollen im Zuge einer lebenszyklusorientierten<br />

Personalentwicklung demografische<br />

Analysen der Belegschaft Berücksichtigung finden.<br />

Das wichtigste Instrument des strategischen Bildungsmanagements,<br />

mit Hilfe dessen sowohl die<br />

Bedarfe, Ziele als auch die Ergebnisse von Bildungsmaßnahmen<br />

erfasst werden, sind Mitarbeitergespräche.<br />

Diese sollten mindestens einmal im Jahr mit<br />

allen Beschäftigten durchgeführt werden <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

darin ein verbindlicher Bestandteil sein. Die<br />

daraus abgeleiteten Bildungsziele müssen festgelegt<br />

<strong>und</strong> schriftlich dokumentiert, ihre Einhaltung überprüft<br />

werden.<br />

Im betrieblichen Alltag wird dem Thema Praxistransfer<br />

nicht selten zu wenig Beachtung geschenkt.<br />

Dabei ist die Sicherstellung, dass die Inhalte, die sich<br />

der Mitarbeiter durch Weiterbildungsmaßnahmen<br />

aneignet, auch direkt am Arbeitsplatz angewandt<br />

werden können, essenziell. Hierfür bedarf es eines<br />

festgelegten Transferplans, das heißt eines Systems<br />

zur Erfassung von Bildungszielen vor der Einzelmaßnahme<br />

<strong>und</strong> der Überprüfung der Zielerreichung nach<br />

der Durchführung.<br />

Im Allgemeinen bildet die Praxistransfersicherung<br />

einen Teilbereich des Bildungscontrollings, das jede<br />

Bildungsmaßnahme im Hinblick auf Qualität <strong>und</strong> Effizienz<br />

evaluiert. Bildungscontrolling ist eine wesentliche<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung für ein gutes Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>. Die Ergebnisse des Bildungscontrollings<br />

dienen dazu, Bildungsziele zu prüfen <strong>und</strong><br />

entsprechende Interventionsmaßnahmen abzuleiten.<br />

Ein weiterer, wichtiger Erfolgsfaktor guten Bildungsmanagements<br />

ist die interne Kommunikation im Unternehmen.<br />

In der Praxis wird diesem Punkt noch zu<br />

wenig Bedeutung beigemessen. Dabei ist die richtige<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Information oft entscheidend für<br />

die Reichweite <strong>und</strong> den wahrgenommenen Stellenwert<br />

der betrieblichen Bildung im Unternehmen.<br />

Schließlich ist auch die Rekrutierung der Mitarbeiter<br />

Bestandteil eines strategischen Bildungsmanagements.<br />

Voraussetzung für die bedarfsgerechte Rekrutierung<br />

geeigneter Mitarbeiter ist das Vorhandensein<br />

einer mittel- <strong>und</strong> langfristigen Personalplanung<br />

mit entsprechenden Nachfolgeregelungen. Hierzu<br />

müssen Schlüsselpositionen im Unternehmen identifiziert<br />

werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit ist die<br />

Etablierung einer geeigneten Strategie des Employer<br />

Branding geboten.<br />

4.3.2. Strukturelles Bildungsmanagement<br />

Um strategisches Bildungsmanagement im Unternehmen<br />

abbilden zu können, bedarf es passender<br />

Strukturen. Bildung muss zum betrieblichen Querschnittsthema<br />

<strong>und</strong> zur Führungsaufgabe werden.<br />

Zentrale Elemente sind hier die Organisation, die<br />

Führungskräfte <strong>und</strong> Mitarbeiter sowie die technische<br />

Infrastruktur im Rahmen des Wissensmanagements.<br />

Für die strukturelle Abbildung des Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>s im Unternehmen sollte Bildungsmanagement<br />

in den Unternehmensleitlinien<br />

43<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Etablierung<br />

44<br />

schriftlich verankert sein <strong>und</strong> von der Unternehmensführung<br />

aktiv unterstützt werden. Die Aufgabenbereiche<br />

des Bildungsmanagements müssen definiert <strong>und</strong><br />

personell klar zugewiesen sein. Die für das Bildungsmanagement<br />

verantwortlichen Personen sollten über<br />

die notwendigen finanziellen <strong>und</strong> zeitlichen Ressourcen<br />

zur Erfüllung der Anforderungen des Stellenprofils<br />

verfügen. Von zentraler Bedeutung ist zudem,<br />

dass das Bildungsmanagement eng an alle Prozesse<br />

im Unternehmen angeb<strong>und</strong>en ist. So sollte der Steuerungskreis<br />

‚Bildungsmanagement‘ in regelmäßigem<br />

Austausch mit der Unternehmensleitung stehen. Im<br />

Zuge der Wertschätzung für das Bildungsmanagement<br />

sollte das Unternehmen bedarfsorientierte<br />

Weiterbildungskosten <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Aufwände<br />

übernehmen.<br />

Führungskräfte <strong>und</strong> Beschäftigte sind die wichtigsten<br />

Akteure des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s <strong>und</strong><br />

befinden sich in ständigem Austausch miteinander.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> sollte Weiterbildung ein fester<br />

Bestandteil sowohl der Führungsaufgaben als auch<br />

der Führungskräfteentwicklung sein. Zugleich sollen<br />

potenziell alle Mitarbeiter an Bildungsmaßnahmen<br />

teilnehmen, sich aktiv in das Bildungsmanagement<br />

einbringen können <strong>und</strong> Anspruch auf eine unabhängige<br />

Bildungsberatung haben. Betriebliche Bildung ist<br />

zudem fester Bestandteil der Mitarbeitergespräche.<br />

Im Sinne der Zukunftsfähigkeit ist es wichtig, dass<br />

das Unternehmen eine lebenszyklusorientierte Personalentwicklung<br />

verfolgt <strong>und</strong> Bildungsmaßnahmen<br />

genau auf definierte Zielgruppenbedarfe abgestimmt<br />

sind.<br />

Für die optimale Abwicklung aller strategischen<br />

Prozesse des Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />

muss eine geeignete Infrastruktur im Unternehmen<br />

vorhanden sein. Dazu ist es essenziell, dass das<br />

Bildungsmanagement über eine den Anforderungen<br />

entsprechende Software abgewickelt wird. Zunächst<br />

müssen den Beschäftigten Möglichkeiten gegeben<br />

werden, sich im Rahmen von eLearning über IT-gestützte<br />

Maßnahmen eigenständig fortzubilden. Hierfür<br />

ist auch eine Online-Plattform, über die sich die<br />

Mitarbeiter zu internen <strong>und</strong> externen Bildungsmaßnahmen<br />

austauschen sowie Soforthilfen anbieten,<br />

sehr sinnvoll. Des Weiteren sollten die Beschäftigten<br />

über die Software einen Überblick über den Status<br />

quo ihrer eigenen Lernentwicklung sowie regelmäßig<br />

Angebote zu passenden Weiterbildungsmaßnahmen<br />

erhalten <strong>und</strong> ihre Seminarauswahl <strong>und</strong> -verwaltung<br />

online abwickeln. Um diese Anforderungen zu erfüllen,<br />

muss das Unternehmen über eine umfassende<br />

Kompetenzmanagementsoftware mit Skillprofilen<br />

aller Beschäftigten verfügen.<br />

4.3.3. Operatives Bildungsmanagement<br />

Im operativen Bildungsmanagement werden alle<br />

strategischen Vorgaben praktisch umgesetzt. Ein optimales<br />

operatives Bildungsmanagement ist systematisiert<br />

<strong>und</strong> strukturiert. Es bietet einen umfassenden<br />

Leistungskatalog an, beinhaltet die Beratung der Beschäftigten<br />

im Hinblick auf geeignete Bildungsmaßnahmen,<br />

beurteilt die Möglichkeiten <strong>und</strong> die Qualität<br />

interner Leistungserbringung <strong>und</strong> evaluiert externe<br />

Dienstleister.<br />

Das operative Bildungsmanagement tritt in beratender<br />

Funktion an die Seite der Mitarbeiter <strong>und</strong><br />

unterstützt diese bei der Auswahl geeigneter Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Dabei werden alle Formen von<br />

Bildungsmaßnahmen analysiert <strong>und</strong> mit den Lernzielen<br />

abgeglichen, so dass der Mitarbeiter die Möglichkeit<br />

bekommt, sich im Rahmen flexibler Lernzeitmodelle<br />

fortzubilden.<br />

Um elastisch auf die Bedarfe des Unternehmens<br />

reagieren zu können, sollten Bildungsmaßnahmen,<br />

sofern strukturell möglich, auch intern abgewickelt<br />

werden. Wie bei externen Dienstleistern (siehe folgenden<br />

Absatz) müssen auch hier Maßnahmen der<br />

Qualitätskontrolle durchgeführt werden. Feste<br />

Standards für die fachliche <strong>und</strong> pädagogische Eignung<br />

derjenigen Mitarbeiter, die eine Lehrtätigkeit<br />

übernehmen, sollten definiert, die Lehrenden für<br />

den Zeitraum ihres Einsatzes von anderen Aufgaben<br />

freigestellt sein. Schließlich müssen angemessene<br />

Räumlichkeiten sowie qualitativ hochwertige <strong>und</strong><br />

didaktisch geprüfte Materialien durch den Betrieb zu<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Auch externe Dienstleister müssen einem ausführlichen<br />

Qualitätsmanagementprozess unterzogen werden,<br />

der in regelmäßigen Abständen wiederholt wird.<br />

Voraussetzung dafür ist die schriftliche Fixierung der<br />

Anforderungen, die das Unternehmen an den Anbieter<br />

stellt. Es sollten im Sinne der Qualitätssicherung<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit immer mehrere Dienstleister<br />

evaluiert werden. Die Auftragsvergabe erfolgt erst<br />

nach persönlichem Kontakt mit dem Anbieter. Der<br />

Dienstleister muss im Rahmen eines eigenen Qualitätsmanagementsystems<br />

einwandfreie, pädagogisch<br />

geschulte Trainer einsetzen <strong>und</strong> ein internes Trainthe-Trainer-Konzept<br />

vorweisen. Bildungsmaßnahmen<br />

sind im Hinblick auf Inhalt, Länge <strong>und</strong> Form klar<br />

definiert <strong>und</strong> werden über einen formalen Nachweis<br />

abgeschlossen.<br />

Ein bedarfsgerechtes Angebot an Bildungsmaßnahmen<br />

wird im Sinne des Qualitätsmodells in die<br />

drei Bereiche ‚into the job‘, ‚on the job‘ <strong>und</strong> ‚off the<br />

job‘ unterteilt. Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche<br />

Einteilung, die in der Praxis so noch<br />

selten Anwendung findet.<br />

Bei Maßnahmen, die im Bereich ‚into the job‘ angeboten<br />

werden, handelt es sich um Leistungen des<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s, die das Unternehmen<br />

zur Rekrutierung <strong>und</strong> Integration neuer<br />

Mitarbeiter implementiert hat <strong>und</strong>/oder die Mitarbeiter<br />

beim Berufseinstieg in Anspruch nehmen können.<br />

Die Maßnahmen reichen von dem Vorhandensein<br />

entwicklungsorientierter Berufseinsteiger-Programme<br />

wie beispielsweise Trainee-Programmen <strong>und</strong> der<br />

strukturierten Zusammenarbeit mit Universitäten bis<br />

zur Förderung dualer Studiengänge oder der Corporate<br />

University.<br />

‚On the job‘-Maßnahmen umfassen alle Angebote des<br />

Unternehmens, die Beschäftigte direkt am Arbeitsplatz<br />

wahrnehmen können. Inbegriffen sind beispielsweise<br />

das Intranet, eLearning-Maßnahmen, Mentoring<br />

<strong>und</strong> Coaching sowie Lernplattformen.<br />

‚Off the job‘-Angebote dagegen schließen alle Bildungsleistungen<br />

ein, die der Beschäftigte nicht an<br />

seinem Arbeitsplatz abwickeln kann. Im Wesentlichen<br />

handelt es sich dabei um externe Seminare, Konferenzen,<br />

Workshops oder ein Studium.<br />

45<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


5. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />

Autorin: Magdalena Nowak, EuPD Research


Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> ist eine gemeinsame<br />

Initiative von TÜV SÜD Akademie <strong>und</strong> EuPD Research.<br />

Er wird im Frühjahr 2013 verliehen – die Bewerbung<br />

steht allen Unternehmen <strong>und</strong> Organisationen ab<br />

dem 9. Mai <strong>2012</strong> offen. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />

versteht sich als breit angelegte Qualitätsinitiative zur<br />

Förderung nachhaltigen betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>s. Unterstützt wird der Deutsche<br />

<strong>Bildungspreis</strong> durch unsere Premiumpartner SP_Data<br />

<strong>und</strong> VEDA sowie unsere Partner avrami business<br />

communication, kursfinder.de <strong>und</strong> Wilhelm Büchner<br />

Hochschule. In der Öffentlichkeitsarbeit wird die Initiative<br />

von unseren Medienpartnern DIE WELT <strong>und</strong> der<br />

Haufe Gruppe getragen.<br />

5.1. Qualitätsmodell als Gr<strong>und</strong>lage<br />

Um bei der vergleichenden Bewertung verschiedener<br />

betrieblicher Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>systeme<br />

höchstmögliche Transparenz <strong>und</strong> Objektivität zu<br />

garantieren, liegt dem gesamten Bewerbungsprozess<br />

das wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> praxisvalidierte<br />

Qualitätsmodell des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es zugr<strong>und</strong>e.<br />

Um dessen Aktualität <strong>und</strong> Anschlussfähigkeit<br />

laufend zu sichern, wird der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong><br />

durch einen Beirat betreut, der führende Wissenschaftler,<br />

Repräsentanten renommierter Forschungsinstitute<br />

sowie Vertreter der Wirtschaft umfasst. Der<br />

Beirat wacht mit seiner Expertise über die Qualitätsstandards,<br />

die die Gr<strong>und</strong>lage des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

bilden, sichert die wissenschaftlich f<strong>und</strong>ierte<br />

Weiterentwicklung des Qualitätsmodells <strong>und</strong><br />

garantiert darüber hinaus die Validität des gesamten<br />

Bewerbungsprozesses. Die Mitglieder des Beirates<br />

begutachten <strong>und</strong> bewerten alle eingegangenen Bewerbungen<br />

<strong>und</strong> Analyseberichte der Finalr<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

bestimmen auf dieser Basis die jährlichen Gewinner.<br />

Zum Beirat des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es zählen:<br />

• Dr. Sascha Armutat, Deutsche Gesellschaft für<br />

Personalführung e. V.<br />

• Prof. Dr. Michael Gessler, Universität Bremen<br />

• Thomas Gruber, DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für<br />

Berufsbildung<br />

• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR bei<br />

McDonald‘s Deutschland Inc.<br />

• Prof. Dr. Ulrich Müller, Institut für Bildungsmanagement,<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

• Dr. Astrid Nelke, <strong>Deutscher</strong> Mittelstands-B<strong>und</strong><br />

(DMB) e.V.<br />

• Kirsten Rudolph, PQ GmbH, Paritätische Gesellschaft<br />

für Qualität <strong>und</strong> Management<br />

• André Schleiter, Wissenschaftlicher Beirat im ddn<br />

(Das Demographie Netzwerk)<br />

• Prof. Dr. Marc Solga, Universität Bochum<br />

5.2. Bewerbungsprozess<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> richtet sich an alle<br />

Unternehmen, Institutionen <strong>und</strong> Organisationen in<br />

Deutschland. Im Fokus stehen nicht nur diejenigen,<br />

die bereits ein Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

besitzen, sondern ganz gezielt auch Unternehmen,<br />

die sich bislang nur unsystematisch mit dem Thema<br />

auseinandergesetzt haben. Die Bewerbungsphase<br />

des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es wird auf der Personal<br />

Nord am 9. Mai gestartet.<br />

47<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Bildungspreis</strong><br />

48<br />

Um einen fairen Vergleich der eingegangenen<br />

Bewerbungen zu ermöglichen, wird der Deutsche<br />

<strong>Bildungspreis</strong> in unterschiedlichen Größenklassen<br />

<strong>und</strong> Branchenkategorien verliehen. Der Beirat des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es kann bei besonderen<br />

Leistungen <strong>und</strong> Projekten der Bewerber auf eigene<br />

Initiative Sonderpreise vergeben.<br />

• Gewerbe/Produktion – Großunternehmen<br />

• Gewerbe/Produktion – kleine/mittlere<br />

Unternehmen<br />

• Dienstleistung – Großunternehmen<br />

• Dienstleistung – kleine/mittlere Unternehmen<br />

• Innovationspreis<br />

Teilnehmen können Unternehmen,<br />

Organisationen, Institutionen <strong>und</strong><br />

Behörden aller Größen <strong>und</strong> Branchen.<br />

Die Teilnahme am Deutschen <strong>Bildungspreis</strong> ist zu<br />

jeder Zeit auf allen Bewerbungsstufen kostenfrei<br />

<strong>und</strong> lohnt sich:<br />

• Niedrigschwelliger Einstieg: an erster Stelle steht<br />

das Ausfüllen des Qualifizierungsbogens.<br />

• Alle Bewerber erhalten einen kostenlosen Benchmark<br />

des eigenen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />

sowie eine individuelle Stärken-Schwächen-<br />

Analyse.<br />

• In jeder der fünf Preiskategorien werden durch den<br />

Beirat drei Unternehmen für die Finalr<strong>und</strong>e bestimmt.<br />

Alle 15 Finalisten erhalten ein kostenloses<br />

Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>und</strong> können<br />

das dazugehörige Qualitätssiegel zwei Jahre<br />

lang nutzen.<br />

• Die Gewinner des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

werden auf der Konferenz <strong>und</strong> Preisverleihung des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es im Frühsommer 2013<br />

öffentlichkeitswirksam ausgezeichnet <strong>und</strong> durch<br />

die Medienpartner Haufe <strong>und</strong> DIE WELT aufmerksamkeitsstark<br />

kommuniziert.<br />

Schritt 1: Qualifizierungsbogen<br />

An erster Stelle des Bewerbungsprozesses steht das<br />

Ausfüllen des Qualifizierungsbogens. Dem Qualifizierungsbogen<br />

ist das Qualitätsmodell des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es hinterlegt. Alle Unternehmen, die<br />

den Qualifizierungsbogen ausgefüllt zurücksenden<br />

erhalten einen kostenlosen Benchmark im Vergleich<br />

mit der eigenen Branche <strong>und</strong> allen teilnehmenden<br />

Unternehmen.<br />

2. Schritt: Beirat wählt die Finalisten – Top 15 – aus<br />

Der wissenschaftliche Beirat des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es<br />

begutachtet <strong>und</strong> bewertet alle eingegangenen<br />

Bewerbungen <strong>und</strong> wählt die jeweils drei Besten<br />

in den fünf Preiskategorien des Wettbewerbs für das<br />

umfassende Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

aus.<br />

Schritt 3: Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

der Finalisten<br />

Alle 15 Finalunternehmen erhalten jeweils ein kostenloses<br />

Audit Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>.<br />

Das Audit wird durch die Experten des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es vor Ort in den Unternehmen durchgeführt.<br />

Es dauert einen Tag <strong>und</strong> wird anschließend<br />

in detaillierten Analyseberichten verschriftlicht. Hier<br />

werden ganz konkret besondere Stärken aber auch<br />

Optimierungspotenziale aufgezeigt <strong>und</strong> die Systeme<br />

auf diese Weise vergleichbar gemacht.<br />

4. Schritt: Beirat wählt die Gewinner der fünf Kategorien<br />

aus<br />

Die strukturierten Analyseberichte des Audits Bildungs-<br />

<strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> werden dem Beirat<br />

vorgelegt, der basierend darauf über die Vergabe<br />

der Preise mit einfacher Mehrheit entscheidet. Bei<br />

herausragenden Leistungen in bestimmten Bereichen<br />

steht es dem Beirat frei, Sonderpreise zu vergeben.<br />

5. Schritt: Preisverleihung<br />

Alle Finalisten erhalten kostenlosen Zugang zur<br />

Konferenz <strong>und</strong> Preisverleihung des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es.<br />

Die Gewinner werden publikumswirksam<br />

ausgezeichnet <strong>und</strong> in einer Anzeigenkampagne<br />

unserer Medienpartner beglückwünscht.<br />

6. Schritt: Revision des Qualitätsmodells<br />

Alle Erkenntnisse aus den Bewerbungen, Analyse<strong>und</strong><br />

Auditgesprächen fließen in das Qualitätsmodell<br />

zurück <strong>und</strong> garantieren so die Aktualität <strong>und</strong> den<br />

hohen Anspruch des Modells. Aktuelle Zahlen sowie<br />

alle weiterführenden Informationen werden im Jahrbuch<br />

„Bildungsmanagement 2013“ veröffentlicht.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


5.3. Initiatoren <strong>und</strong> Partner<br />

Auf folgenden Seiten finden Sie die Initiatoren des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es, inklusive Informationen<br />

zu den Partnern des Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es.<br />

5.3.1. Initiatoren<br />

EuPD Research (S. 50)<br />

TÜV SÜD Akademie GmbH (S. 51)<br />

5.3.2. Partner<br />

Premiumpartner:<br />

• SP_Data GmbH & Co. KG (S. 52)<br />

• VEDA GmbH (S. 53)<br />

Partner:<br />

• avrami business communication (S. 54)<br />

• kursfinder.de (S. 55)<br />

• Wilhelm Büchner Hochschule (S. 56)<br />

5.3.3. Medienpartner<br />

Phase 6<br />

Revision des<br />

Qualitätsmodells<br />

Phase 5<br />

Preisverleihung<br />

April 2013<br />

Abb 4: Bewerbungsprozess<br />

Phase 1<br />

Qualifizierungsbogen<br />

Mai bis November <strong>2012</strong><br />

DBP<br />

Phase 4<br />

Beirat wählt die Gewinner<br />

der fünf Kategorien aus<br />

Phase 2<br />

Beirät wählt die<br />

Finalisten -Top 15- aus<br />

Phase 3<br />

Audit Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong><br />

der Finalisten<br />

DIE WELT (S. 57)<br />

Haufe Gruppe, wirtschaft + weiterbildung (S. 57)<br />

49<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Initiatoren<br />

Unternehmensprofil von<br />

EuPD Research<br />

50<br />

EuPD Research ist ein führendes internationales<br />

Forschungsunternehmen im Bereich der nachhaltigen<br />

Managementsysteme <strong>und</strong> der sauberen Technologien<br />

(CleanTech). EuPD Research stellt höchste Qualitätsansprüche<br />

an ihre Arbeit, macht Forschung effizient,<br />

transparent <strong>und</strong> intelligent.<br />

EuPD Research versteht sich als strategischer<br />

Partner ihrer K<strong>und</strong>en, liefert proaktiv <strong>und</strong> passgenau<br />

die Informationen, die der K<strong>und</strong>e benötigt, um seine<br />

Unternehmensziele zu erreichen. Dabei greift EuPD<br />

Research auf ein interdisziplinäres Expertennetzwerk<br />

zurück. Präzise Methoden, kritisches Hinterfragen<br />

<strong>und</strong> eine exzellente Branchenexpertise zeichnen die<br />

Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen von EuPD Research<br />

aus <strong>und</strong> liefern dem K<strong>und</strong>en einen messbaren Mehrwert.<br />

EuPD Research lebt die Prinzipien der Nachhaltigkeit.<br />

Nachhaltige Managementsysteme sind darauf ausgelegt,<br />

jede Form von Unternehmenskapital (Humankapital,<br />

natürliche <strong>und</strong> finanzielle Ressourcen) zu<br />

identifizieren <strong>und</strong> optimal zu nutzen, um langfristig<br />

Stakeholder <strong>und</strong> Shareholder Value zu generieren.<br />

EuPD Research I Sustainable Management unterstützt<br />

Unternehmen seit mehr als 10 Jahren dabei,<br />

nachhaltige Lösungen zu finden <strong>und</strong> zu implementieren.<br />

Dies geschieht auf Basis umfassender<br />

Primärforschung <strong>und</strong> unter Einbindung eines umfangreichen<br />

Netzwerks von Experten aus Praxis <strong>und</strong><br />

Wissenschaft. Damit garantiert EuPD Research die<br />

Anschlussfähigkeit <strong>und</strong> Effizienz ihrer Lösungen in<br />

der Praxis.<br />

EuPD Research besitzt langjährige Erfahrung <strong>und</strong><br />

umfangreiche Expertise in folgenden Bereichen:<br />

• Managementanalysen<br />

• Managementworkshops<br />

• Modellierung nachhaltiger Managementsysteme<br />

• Ausbildung <strong>und</strong> Schulung<br />

• Benchmarkingstudien<br />

• Auditierung/Zertifizierung<br />

• K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />

• Mitarbeiterzufriedenheit<br />

• Markt- <strong>und</strong> Wettbewerbsanalysen<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Unternehmensprofil der<br />

TÜV SÜD Akademie GmbH<br />

Akademie<br />

Ob Führungskraft, Sachbearbeiter oder Techniker:<br />

Die Weiterbildung aller Mitarbeiter muss angesichts<br />

von Fachkräftemangel <strong>und</strong> demografischen Wandel<br />

strategisch geplant <strong>und</strong> umgesetzt werden. Deshalb<br />

unterstützt die TÜV SÜD Akademie die Unternehmen<br />

mit Bildungsbedarfsanalyse, ganzheitlicher Weiterbildungsberatung<br />

sowie umfassenden <strong>und</strong> individuellen<br />

Bildungslösungen.<br />

Die TÜV SÜD Akademie bietet ein breites Weiterbildungsprogramm,<br />

das mehr als 400 Fortbildungsthemen<br />

aus den Bereichen Management, Medizin <strong>und</strong><br />

Technik umfasst. Gerade Zukunftsthemen wie Elektromobilität,<br />

Energiemanagement oder Medizintechnik<br />

stehen derzeit im Fokus. Das Seminarangebot ist<br />

jedoch nur eine Facette des Leistungsspektrums.<br />

Als Komplettanbieter im Bildungsmanagement unterstützt<br />

die TÜV SÜD Akademie Unternehmen zum Beispiel<br />

bei Personalentwicklungsplanung <strong>und</strong> Bildungsbedarfsanalyse,<br />

beim Anlegen von Kompetenzprofilen<br />

<strong>und</strong> Qualifizierungsplänen oder beim Aufbau eines<br />

modernen Bildungscontrollings <strong>und</strong> der Sicherung<br />

des Wissenstransfers.<br />

R<strong>und</strong> 110.000 Teilnehmer bildet die TÜV SÜD Akademie<br />

jährlich weiter. Die mehr als 10.000 Seminare<br />

werden durch r<strong>und</strong> 60 verschiedene Fachtagungen<br />

ergänzt.<br />

Sitz der TÜV SÜD Akademie ist München, 500 Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> mehr als 3.000 Trainer an mehr als 80<br />

Standorten weltweit sorgen für eine flächendeckende<br />

Präsenz.<br />

Beispiele für Kompetenz <strong>und</strong> Erfahrung:<br />

• Wissenschaftlich f<strong>und</strong>iert: Das Qualitätsmodell des<br />

Deutschen <strong>Bildungspreis</strong>es ist Gr<strong>und</strong>lage unserer<br />

Analyseangebote.<br />

• Methodenvielfalt: Neben Seminaren <strong>und</strong> Workshops<br />

konzipiert die TÜV SÜD Akademie zum Beispiel<br />

auch e-Learning-Angebote.<br />

• Neue Zielgruppen erreichen: In speziellen Programmen<br />

qualifiziert die Akademie ausscheidende Angehörige<br />

der B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> Absolventen großer<br />

Universitäten für den Arbeitsmarkt <strong>und</strong> bringt diese<br />

hochqualifizierten Zielgruppen mit Unternehmen<br />

zusammen.<br />

51<br />

Alle Seminare <strong>und</strong> Leistungen werden zudem in<br />

vielen Sprachen weltweit angeboten. Die Inhalte von<br />

k<strong>und</strong>enspezifischen Weiterbildungsprojekten werden<br />

dabei individuell gemeinsam mit dem Unternehmen<br />

entwickelt, um den besten Lernerfolg für die Mitarbeiter<br />

zu garantieren.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Premiumpartner<br />

Unternehmensprofil der<br />

SP_Data GmbH & Co. KG<br />

52<br />

Seit 1988 steht der Name SP_Data für Personalsoftware<br />

im Mittelstand. Weniger Administration, weniger<br />

Routinearbeiten, mehr Zeit für strategische Aufgaben.<br />

Ein klares Ziel, das durch modulare <strong>und</strong> intuitiv zu<br />

bedienende Software erreicht werden kann.<br />

Mit intelligenten, standardisierten Produkten bedient<br />

SP_Data die individuellen K<strong>und</strong>enanforderungen der<br />

Personalabteilungen in Deutschland. Mehr als 1.200<br />

K<strong>und</strong>en nutzen die SP_Data Personalabrechnung,<br />

Zeitwirtschaft, Personaleinsatzplanung <strong>und</strong> das Mitarbeiterportal.<br />

Zusammen mit dem SP_Data-Servicekonzept<br />

werden daraus maßgeschneiderte Softwarelösungen<br />

für jedes K<strong>und</strong>enprofil – unabhängig von<br />

Unternehmensgröße <strong>und</strong> Branche.<br />

Spezielle Branchen wie Theater- <strong>und</strong> Kulturbetriebe,<br />

Reedereien <strong>und</strong> Seefahrtsunternehmen, aber auch<br />

Baubetriebe sind eng mit dem Unternehmen verb<strong>und</strong>en.<br />

Gemeinsam wurden <strong>und</strong> werden Lösungen<br />

konzipiert, die innerhalb der HR-Softwarelandschaft<br />

nur selten in dieser Vielfalt zu finden sind.<br />

Kooperation <strong>und</strong> Teamgeist haben SP_Data über die<br />

Jahre groß <strong>und</strong> erfolgreich gemacht. Gemeinsam<br />

mit Partnern aus der Softwarebranche geht SP_Data<br />

neue, innovative Wege <strong>und</strong> baut permanent die starke<br />

Position im Markt aus.<br />

Die wertvollste Ressource jedes Unternehmens<br />

- die Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter - steht bei<br />

SP_Data im Focus. Mitarbeiter sorgfältig auswählen,<br />

kompetenzorientiert weiterentwickeln <strong>und</strong> effizient<br />

einsetzen ist die Maxime <strong>und</strong> das Leitbild im Hause<br />

SP_Data.<br />

SP_Data überprüft regelmäßig die eigene Human-<br />

Ressource-Management-Strategie <strong>und</strong> optimiert Unternehmensprozesse<br />

im Hinblick auf die Motivation<br />

der Mitarbeiter <strong>und</strong> den Unternehmenserfolg. Unter<br />

Berücksichtigung sozialer Aspekte <strong>und</strong> Erfolgsfaktoren<br />

ist dies ein ständiger Prozess, der die Kultur <strong>und</strong><br />

Leistungsfähigkeit nachhaltig prägt.<br />

Die Philosophie des Gründers <strong>und</strong> Geschäftsführers<br />

hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren<br />

maßgeblich geprägt: mit dem entgegengebrachten<br />

Vertrauen eine große Verantwortung zu übernehmen<br />

– gleichermaßen für die Mitarbeiter <strong>und</strong> K<strong>und</strong>en.<br />

Kompetente Mitarbeiter, die mit persönlichem Einsatz<br />

<strong>und</strong> lösungsorientiertem Service täglich ihr Bestes<br />

geben, zeichnen das Bild der SP_Data. Das Herforder<br />

Unternehmen gibt sich nicht damit zufrieden, auf<br />

aktuelle Marktanforderungen zu reagieren – SP_Data<br />

hat den Anspruch, die Zukunft des Personalwesens<br />

aktiv <strong>und</strong> signifikant mitzugestalten.<br />

Die Flexibilität der Software ist ein Markenzeichen:<br />

so steht der Name SP_Data für moderne Softwareentwicklung<br />

<strong>und</strong> langjährige Erfahrungen in<br />

der Personalwirtschaft. Das Unternehmen hat durch<br />

Zuverlässigkeit, Sorgfalt <strong>und</strong> Sensibilität in Bezug<br />

auf Datenschutz gezeigt, dass sich Qualität am Markt<br />

durchsetzt.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Unternehmensprofil von<br />

VEDA<br />

Mehr als nur Software – VEDA setzt Maßstäbe für<br />

K<strong>und</strong>enerfolg<br />

Seit 1977 ist VEDA ganzheitlicher Lösungsanbieter<br />

für die Bereiche Human Resources, Finance & Accounting<br />

<strong>und</strong> IT mit den Kompetenzen:<br />

• Consulting<br />

• Education & Training<br />

• Outsourcing<br />

• Individuelle Software-Anwendungen als<br />

Best Practice-Lösungen<br />

• Modernste IT-Infrastruktur-Lösungen<br />

VEDA analysiert Prozesse <strong>und</strong> Strukturen <strong>und</strong> gestaltet<br />

praxiserprobte, ganzheitliche Lösungen, die<br />

auf die Zielsetzung der K<strong>und</strong>en ausgerichtet sind.<br />

Ziel ist: Höhere Prozesseffizienz <strong>und</strong> -transparenz,<br />

Standardisierung oder Outsourcing von Prozessen,<br />

mehr Serviceorientierung, Kostensenkung – VEDA-<br />

Lösungen steigern nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> den Unternehmenserfolg.<br />

Die ganzheitlichen Lösungen von VEDA decken die<br />

gesamte Wertschöpfungskette der personalwirtschaftlichen<br />

Handlungsfelder ab, von den operativen<br />

Handlungsfeldern wie der Entgeltabrechnung oder<br />

Zeitwirtschaft bis hin zu den strategischen wie dem<br />

Bildungs-, Kompetenz- oder <strong>Talentmanagement</strong>.<br />

Auf entscheidungsrelevante Informationen können<br />

Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskräfte jederzeit auch mobil<br />

zugreifen <strong>und</strong> Self-Services gestalten die Personalarbeit<br />

kosteneffizient.<br />

Themen sorgt VEDA mit individuellen Weiterbildungsszenarien<br />

für einen stets aktuellen Wissenstand der<br />

Mitarbeiter. Warum tut VEDA das Globalisierung,<br />

rasante technologische Entwicklungen, <strong>und</strong> Demografiewandel<br />

bedingen, dass Mitarbeiterwissen zum<br />

wichtigsten Wettbewerbsvorteil der Unternehmen<br />

wird. „Bildung“ ist USP, daher sind VEDA-Initiativen<br />

wie der „Deutsche <strong>Bildungspreis</strong>“ sehr wichtig, denn:<br />

Bei der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen geht<br />

es darum, zielgerichtet Strukturen <strong>und</strong> Prozesse zu<br />

schaffen, die Wissen auf allen Ebenen identifizier<strong>und</strong><br />

nutzbar machen <strong>und</strong> damit die Voraussetzungen<br />

schaffen, alle Potenziale zu erschließen <strong>und</strong> sie für<br />

die Herausforderungen der Zukunft zu nutzen.<br />

Diese komplexer werdenden Anforderungen lassen<br />

Beratung an Bedeutung gewinnen. Eine Prozessanalyse<br />

samt fachlich-konzeptioneller Beratung ist<br />

bei VEDA daher die Basis für jedes Projekt. VEDA-<br />

Consultants unterstützen K<strong>und</strong>en interdisziplinär mit<br />

professioneller Beratung nach einem ganzheitlichen<br />

Konzept:<br />

Der von VEDA entwickelte Beratungsansatz SHAPE<br />

(Sustainable Hands-on Analysis & Process Enhancement)<br />

definiert die wesentlichen Schritte im Prozess.<br />

Das Modell steht für nachhaltige, praxiserfahrene<br />

Analyse sowie konkret in Organisation <strong>und</strong> System<br />

umsetzbare Prozessverbesserung. K<strong>und</strong>en profitieren<br />

von effizienten, zuverlässigen <strong>und</strong> nahtlos integrierten<br />

Serviceleistungen.<br />

VEDA. Ganzheitliche Lösungen, individuell vernetzt in<br />

Ihrem Unternehmen.<br />

53<br />

Die permanente Weiterbildung der 150 VEDA-Mitarbeiter<br />

ist nicht nur im fachlichen Umfeld essenziell.<br />

Auch in den Themenbereichen Strategie, Projekt- <strong>und</strong><br />

Prozessmanagement oder in aktuellen Technologie-<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Partner<br />

Unternehmensprofil von<br />

avrami business communication<br />

54<br />

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“<br />

Aristoteles<br />

Seit mehr als 25 Jahren unterstützt avrami business<br />

communication Unternehmen bei der Qualifizierung<br />

von Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern in den Bereichen<br />

Sprachtraining <strong>und</strong> Kommunikation.<br />

Das Stichwort Internationalität bestimmt dabei das<br />

Trainingsportfolio <strong>und</strong> den Trainingsansatz.<br />

Das Angebot von avrami business communication<br />

deckt die Kompetenzfelder Fremdsprachen, interkulturelle<br />

Kompetenz <strong>und</strong> Soft Skills ab <strong>und</strong> ist auf<br />

die besonderen Herausforderungen internationaler<br />

Business Kommunikation fokussiert.<br />

Die große Stärke von avrami besteht darin, ganzheitliche<br />

Trainingslösungen nach dem avrami 3Dplus<br />

Modell anzubieten. Hierbei werden alle drei für das<br />

Kommunikationsverhalten relevanten Kompetenzen<br />

berücksichtigt <strong>und</strong> bedarfsspezifisch miteinander<br />

verknüpft.<br />

Die von avrami erstellten <strong>und</strong> umgesetzten Konzepte<br />

bieten international agierenden Unternehmen somit<br />

einen besonderen Mehrwert.<br />

Ein umfangreicher Expertenpool <strong>und</strong> ein hoher Anspruch<br />

an die Qualität der Trainings-, Beratungs- <strong>und</strong><br />

Serviceleistungen zeichnen avrami als erfolgreichen<br />

Partner international agierender Unternehmen aus.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


kursfinder<br />

de<br />

BERUFLICHE WEITERBILDUNG<br />

Unternehmensprofil von<br />

kursfinder.de<br />

Die Mission der international tätigen Educations.com<br />

Media Group ist seit 10 Jahren klar im Blick: Menschen<br />

weltweit dabei zu helfen, die richtige Bildungsmaßnahme<br />

zu finden, motiviert inzwischen über 100<br />

Mitarbeiter aus 10 Nationen. So finden heute jeden<br />

Monat über 1,3 Millionen Bildungsinteressierte in<br />

Deutschland, Skandinavien, den Niederlanden <strong>und</strong><br />

Großbritannien auf 15 offenen <strong>und</strong> einer Vielzahl<br />

firmenindividueller Portale die passende Bildungsmaßnahme<br />

für ihre persönliche Situation.<br />

Im Geschäftsbereich für berufliche Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

dreht sich dabei alles um die Frage: Wie<br />

finden Fachkräfte, Personalentwickler, Team- <strong>und</strong><br />

Gruppenleiter schnell Zugang zu den relevanten<br />

Informationen, die für eine sinnvolle Entscheidung<br />

notwendig sind – <strong>und</strong> die vor allem in einer aufbereiteten<br />

Form, wie sie für einen effektiven Vergleich<br />

unabdingbar ist<br />

Für ganz individuelle Situationen steht das Team persönlich<br />

mit einem Rechercheservice zur Verfügung.<br />

Wie können in Organisationen Zeit <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />

Kapazitäten für das strategische Bildungsmanagement<br />

freigesetzt werden Wie kann die operative<br />

Weiterbildungsorganisation auf effiziente Art die<br />

Qualitätssicherung in der Personalentwicklung unterstützen<br />

Mit firmenindividuellen Portalen – integriert<br />

in bestehende Intranet, HR- <strong>und</strong> Einkaufslösungen<br />

– bildet die Educations.com Media Group Auswahl-,<br />

Genehmigungs-, Buchungs-, Abrechnungs- <strong>und</strong><br />

Feedbackprozesse ab. Auf dieser Basis entstehende<br />

Detailauswertungen lassen umfassende Optimierungen<br />

zu, die ohne eine zentrale Bündelung nicht<br />

sichtbar würden.<br />

55<br />

Fakten wie das Bildungsziel, der verfügbare Zeit- <strong>und</strong><br />

Budgetrahmen, die sinnvollste Art <strong>und</strong> der Ort der<br />

Durchführung sind dabei Eckpfeiler zur Orientierung<br />

– eine gute Auswahl bezieht immer auch den individuellen<br />

Kontext der Teilnehmer mit ein. kursfinder.de<br />

als deutsche Business Unit antwortet mit vielfältigen<br />

Filterkriterien in der Online-Suchmaschine, einem<br />

übersichtlichen Vergleich passender Alternativen <strong>und</strong><br />

liefert mit Bewertungen ehemaliger Teilnehmer der<br />

Maßnahmen wertvolle Hinweise für die richtige Wahl.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Partner<br />

Unternehmensprofil von<br />

Wilhelm Büchner Hochschule<br />

56<br />

Technische Hochschulabschlüsse neben dem Beruf<br />

Mit über 5.000 Studierenden ist die staatlich anerkannte<br />

Wilhelm Büchner Hochschule die größte<br />

private Hochschule für Technik in Deutschland. Das<br />

Studienangebot der in Pfungstadt bei Darmstadt<br />

ansässigen Fernhochschule richtet sich schwerpunktmäßig<br />

an Berufstätige. Es umfasst Bachelor-<br />

<strong>und</strong> Masterstudiengänge in den Fachrichtungen<br />

Informatik, Elektro- <strong>und</strong> Informationstechnik, Mechatronik,<br />

Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen <strong>und</strong><br />

Technologiemanagement. Ebenfalls zum Studienprogramm<br />

gehören akademische Weiterbildungen sowie<br />

Kurzstudiengänge.<br />

Die Wilhelm Büchner Hochschule entwickelt ihre Studiengänge<br />

in Kooperation mit Wirtschaft <strong>und</strong> Partnerhochschulen<br />

<strong>und</strong> bietet aktuelle, marktgerechte <strong>und</strong><br />

zukunftsorientierte Studieninhalte. Neben technischem<br />

Fachwissen werden auch fachübergreifende<br />

Kompetenzen wie Betriebswirtschaft, Führung <strong>und</strong><br />

Kommunikation vermittelt. Absolventen sind dadurch<br />

in der Lage, komplexe Projekte oder ganze Unternehmensbereiche<br />

zu führen.<br />

Das Erfolgsrezept der Wilhelm Büchner Hochschule<br />

liegt in ihrem Service-Anspruch <strong>und</strong> in ihrem flexiblen<br />

Fernstudienkonzept: Jeder Studierende bestimmt<br />

den Beginn des Studium sowie das Studientempo<br />

selbst <strong>und</strong> entscheidet, wann <strong>und</strong> wo er lernt. Dies<br />

ist möglich durch den Online-Campus „StudyOnline“,<br />

durchgehende persönliche Studienbetreuung, schnell<br />

erreichbare Tutoren sowie ein aktives Netzwerk aus<br />

Studierenden, Professoren <strong>und</strong> Tutoren. Zertifizierungen<br />

nach ISO 9001, ISO 29990 <strong>und</strong> PAS 1037 sowie<br />

die Akkreditierung der Studiengänge nach den Qualitätsrichtlinien<br />

des deutschen Akkreditierungsrates<br />

belegen die hohen Qualitäts- <strong>und</strong> Servicestandards.<br />

Seit mehreren Jahren prämiert die Fernhochschule<br />

ausgewählte Abschlussarbeiten ihrer Absolventen mit<br />

dem Börje-Holmberg-Förderpreis <strong>und</strong> honoriert die<br />

Entwicklung innovativer Lösungen in Kombination mit<br />

fachlicher Expertise. Außerdem zeichneten die Gesellschaft<br />

für Informatik sowie der Branchenverband<br />

Forum DistancE-Learning bereits mehrere Studierende<br />

der Wilhelm Büchner Hochschule aus.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Medienpartner<br />

Kurzprofile<br />

DIE WELT ist die moderne Medienmarke für<br />

Qualitätsjournalismus.<br />

Die überregionale Tageszeitung aus Berlin zählt zu<br />

den führenden Zeitungen Europas. DIE WELT bietet<br />

klar strukturierte Nachrichten, Hintergr<strong>und</strong>informationen,<br />

Analysen <strong>und</strong> Kommentare.<br />

wirtschaft + weiterbildung<br />

Das Magazin für Führung, Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> e-Learning.<br />

wirtschaft + weiterbildung ist das richtungsweisende<br />

Fachmagazin für alle, die Menschen in Unternehmen<br />

voranbringen wollen.<br />

Sie ist bekannt für Ihre exzellenten Politik-/Wirtschafts-<br />

<strong>und</strong> Finanznachrichten, sowie für starke<br />

Kommentare <strong>und</strong> Analysen preisgekrönter Autoren<br />

wie zum Beispiel Henryk M. Broder, Benjamin von<br />

Stuckrad-Barre, Wolfgang Zippert, Alan Posener oder<br />

Ulf Poschardt.<br />

Das Fachmagazin stellt die wichtigsten Trends <strong>und</strong><br />

Methoden in Führung, Personalentwicklung <strong>und</strong><br />

e-Learning auf den Prüfstand, bewertet diese aus<br />

Sicht der Praxis <strong>und</strong> gibt konkrete Umsetzungstipps.<br />

So bleiben Sie über alle relevanten Entwicklungen<br />

auf dem Laufenden <strong>und</strong> erweitern Monat für Monat<br />

Ihre Weiterbildungs- <strong>und</strong> Managementkompetenz.<br />

57<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


5.4. Ausblick<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will als gesamtgesellschaftliche<br />

Initiative die betriebliche Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />

in Deutschland stärken. Wie sich in vielen<br />

Interviews gezeigt hat, besteht hier in der Praxis noch<br />

großer Handlungsbedarf. Zwar geben Unternehmen<br />

von Jahr zu Jahr mehr Geld für die betriebliche Bildung<br />

aus, doch fehlt es oft noch an einem einheitlichen<br />

Gr<strong>und</strong>verständnis, was überhaupt erreicht werden soll.<br />

Eine Erfolgskontrolle findet kaum statt, es fehlt an der<br />

richtigen Einbettung der Bildung <strong>und</strong> Talentförderung<br />

in den Unternehmen. Bildung ist für die Unternehmen<br />

bislang noch selten Führungs- oder Wettbewerbsthema.<br />

Vor allem den kleinen <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />

fehlt es an einem Gr<strong>und</strong>verständnis dafür, dass<br />

Bildung <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> strategische Zukunftsthemen<br />

sind.<br />

58<br />

Die großen Herausforderungen, die der globale<br />

Wettbewerb <strong>und</strong> die demografische Entwicklung an<br />

die Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft stellen, können aber<br />

kaum von einem Unternehmen alleine gemeistert<br />

werden – es bedarf der gemeinsamen Anstrengung<br />

aller Akteure. Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will hierzu<br />

einen Beitrag leisten, indem er in der öffentlichen<br />

Wahrnehmung die betriebliche Bildung als gleichberechtigte<br />

dritte Säule neben der schulischen <strong>und</strong><br />

universitären Ausbildung etabliert. Gezielt soll auch<br />

der Austausch zwischen den Unternehmen, den<br />

Bildungsdienstleistern sowie der Politik gefördert<br />

werden, um durch gemeinsame Projekte optimale<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen <strong>und</strong> gesamtgesellschaftlich<br />

wertvolle Synergien zu heben.<br />

Der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> will besonders gelungene<br />

betriebliche Bildungssysteme identifizieren <strong>und</strong> Unternehmen<br />

so Anregungen zur Umsetzung im eigenen<br />

Unternehmen geben. Durch das gemeinsam mit<br />

Wissenschaft <strong>und</strong> Praxis erarbeitete Qualitätsmodell<br />

stellt der Deutsche <strong>Bildungspreis</strong> zum ersten Mal einen<br />

einheitlichen Rahmen für die Bewertung <strong>und</strong> Optimierung<br />

bestehender Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>ansätze<br />

bereit.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

59


6. Auszug aus Interviews mit<br />

führenden Experten


Interviews mit führenden<br />

Bildungsexperten aus Wissenschaft,<br />

Verbänden <strong>und</strong> Instituten<br />

• Dr. Sascha Armutat, (S. 62|63) -<br />

Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />

• Prof. Dr. Michael Gessler (S. 64|65) -<br />

Universität Bremen<br />

• Thomas Gruber, (S. 66|69) -<br />

DEQA-VET, B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />

• Prof. Dr. Wolfgang Jäger, (S. 70|71) -<br />

Hochschule RheinMain<br />

• Prof. Dr. Ulrich Müller, (S. 72|73) -<br />

Institut für Bildungsmanagement,<br />

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg<br />

• André Schleiter, (S. 74|77) -<br />

Wissenschaftlicher Beirat im ddn<br />

(Das Demographie Netzwerk)<br />

• Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider (S. 78|81) -<br />

Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />

IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit<br />

GmbH<br />

• Prof. Dr. Marc Solga, (S. 82|85) -<br />

Universität Bochum<br />

• Thomas Kirchenkamp, (S. 86|87) -<br />

Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Interviews mit führenden<br />

HR-Experten<br />

• Dennis Dennert, Pressesprecher,<br />

Markus Lecke, Leiter Team Bildungspolitik -<br />

Deutsche Telekom (S. 88|91)<br />

• Michael Backes, Leiter Personalentwicklung,<br />

Thomas Bauer, Leiter Personalplanung/-gewinnung<br />

<strong>und</strong> Organisation -<br />

Emschergenossenschaft/Lippeverband (S. 92|95)<br />

• Heike Glock, Mitarbeiterentwicklung -<br />

Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />

(S. 96|97)<br />

• Klaus Schöneberger, Leiter Personalentwicklung,<br />

Matthias Wendler, Bereich Personalentwicklung -<br />

GOTHAER Versicherung (S. 98|101)<br />

• Cornelia Andresen, HR Integrated Services Team<br />

IBM, Ralf Essigke, Managing Learning Consultant<br />

IBM, Johannes Förderreuther, IBM Global Business<br />

Service, Alike Pietsch, Leader IMT Germany Skill<br />

Development Center IBM - IBM (S. 102|105)<br />

• Mattias Säker, CEO, Fredrik Högemark, CIO -<br />

Kursfinder.de (S. 106|109)<br />

• Wilfried Horn, ehemaliger Director HR -<br />

McDonald‘s Deutschland Inc. (S. 110|111)<br />

• Karl-Heinz Böhle, Leiter Personaleinsatz,<br />

Silke Gloss, Referentin Führungskräfteentwicklung<br />

- Rheinenergie AG (S. 112|115)<br />

• Raphaele Rose, Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung -<br />

SP_Data GmbH & Co. KG (S. 116|117)<br />

• Dr. Veit Echterhoff, Bildungspolitik/Bildungscontrolling,<br />

Dr. Werner Mölders, Leitender Werksarzt -<br />

ThyssenKrupp Steel Europe AG (S. 118|119)<br />

• Thomas Lindt, Director Product Management -<br />

VEDA GmbH (S. 120|121)<br />

61<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Dr. Sascha Armutat<br />

Leiter Forschung <strong>und</strong> Themen<br />

DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />

Experteninterview mit der DGFP Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V.<br />

Thema: Die Anker der Qualität<br />

62<br />

Inwieweit ist Bildungsmanagement bereits in der<br />

deutschen Wirtschaft implementiert<br />

Dr. Sascha Armutat: Das ist sehr unterschiedlich<br />

<strong>und</strong> hängt oft eng mit der Größe der Unternehmen<br />

zusammen. Großunternehmen <strong>und</strong> Konzerne sind<br />

häufig schon sehr gut aufgestellt, beschäftigen viele<br />

Mitarbeiter im Bildungsbereich <strong>und</strong> haben eigene<br />

Corporate Universities. Bei kleinen <strong>und</strong> mittelständischen<br />

Unternehmen ist das in der Regel anders, weil<br />

die Ressourcen für eine derart intensive Bearbeitung<br />

des Themas schlicht nicht zur Verfügung stehen.<br />

Aber gerade bei diesen Unternehmen beobachten<br />

wir auch viel Kreativität <strong>und</strong> Engagement. Auch mit<br />

geringen Mitteln kann man sehr viel erreichen, wenn<br />

sie strategisch gut eingesetzt werden.<br />

Was kann ein Qualitätsmodell im Bildungsmanagement<br />

für die Unternehmen leisten<br />

Dr. Sascha Armutat: Die Einführung eines Standards<br />

ist nicht unproblematisch. Einerseits kann es<br />

Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung für die Unternehmen sein<br />

<strong>und</strong> einen gewissen Rahmen vorgeben. Besonders<br />

bei Prozessen <strong>und</strong> Struktur kann ein Standard sehr<br />

sinnvoll sein. Andererseits ist die jeweilige unternehmensspezifische<br />

Anpassung des Bildungsmanagements<br />

sehr wichtig. Unternehmen müssen die<br />

für sich passenden strategiekonformen Lernformen<br />

anbieten. Die Maßnahmen müssen zur Kultur <strong>und</strong><br />

zu den Zielen des Unternehmens passen. Da gibt es<br />

keine Vorgaben, das muss jedes Unternehmen für<br />

sich selbst entwickeln.<br />

Was bedeutet für Sie Qualität im<br />

Bildungsmanagement<br />

Dr. Sascha Armutat: Diese Frage kann man nur<br />

sehr schwer konkret beantworten. Vielmehr sollte<br />

man überlegen, was eigentlich die Anker der Qualität<br />

eines Systems im Allgemeinen sind. Aus den<br />

gängigen Qualitätsmanagementansätzen wie den<br />

DIN-Normen oder EFQM kann man gute Ansätze<br />

entnehmen. Meiner Meinung nach sollte man zuerst<br />

die entsprechenden Zielgruppen des Bildungsmanagements<br />

identifizieren <strong>und</strong> überlegen, wie sie am<br />

besten angesprochen werden können. Dann sollte<br />

sichergestellt werden, dass alle Akteure des Bildungsmanagements<br />

in der Lage sind, ihre Aufgaben<br />

optimal zu erfüllen. Das betrifft die Ausstattung mit<br />

Ressourcen, aber auch die Qualifikation <strong>und</strong> die Erfahrung<br />

der Mitarbeiter. Und schließlich müssen die<br />

Abläufe festgelegt, regelmäßig geprüft <strong>und</strong> optimiert<br />

werden. Das sind die drei wichtigsten Gr<strong>und</strong>lagen<br />

für eine hohe Qualität in einem Bildungsmanagementsystem.<br />

Im Unternehmen ist zudem ein starker<br />

Bezug zur Unternehmensstrategie entscheidend. Aus<br />

der Strategie für die nächsten Jahre muss abgeleitet<br />

werden, welche Kompetenzen relevant sind bzw. in<br />

Zukunft werden. Bei jeder geplanten Bildungsmaßnahme<br />

muss dann klar sein, welchen strategischen<br />

Impact sie bedient. Denn ich kann nur messen, ob<br />

eine Maßnahme erfolgreich war, wenn vorher ein<br />

entsprechendes Ziel definiert wurde.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Wie sollte das Bildungsmanagement im<br />

Unternehmen eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vernetzt sein<br />

Dr. Sascha Armutat: Das Bildungsmanagement hat<br />

zahlreiche Schnittstellen – sei es in die Personalentwicklung<br />

oder in den HR-Bereich insgesamt, in die<br />

Organisationsentwicklung oder ins Controlling. Wichtig<br />

ist, hier keine Trennung vorzunehmen, sondern<br />

die Aufgaben <strong>und</strong> Ziele der einzelnen Bereiche so zu<br />

integrieren, dass sie optimal ineinandergreifen. Am<br />

augenscheinlichsten ist das bei der Integration in andere<br />

Personalprozesse, zum Beispiel in die Nachfolgeplanung.<br />

Hier müssen Personalentwicklungsstrategien<br />

<strong>und</strong> die Weiterbildung zusammenwirken, um die<br />

langfristige Sicherung wichtiger Schlüsselpositionen<br />

zu gewährleisten.<br />

Was kann ein Unternehmen tun, um den Austausch<br />

zwischen diesen verschiedenen Bereichen<br />

zu verbessern<br />

Dr. Sascha Armutat: Da gilt das Gleiche wie in den<br />

meisten anderen Situationen im Unternehmensalltag<br />

auch: Kommunikation! Damit meine ich nicht nur,<br />

miteinander zu reden. Das ist auch wichtig, keine<br />

Frage. Am Ende sind es schließlich die Menschen in<br />

den einzelnen Abteilungen, die im Austausch miteinander<br />

stehen. Aber das Unternehmen kann schon<br />

in den Prozessen wichtige Kommunikationsschritte<br />

festlegen, die einen solchen Austausch garantieren.<br />

So kann ein Unternehmen zum Beispiel bestimmte<br />

interne Kennzahlen aus dem Bildungsmanagement<br />

festgelegen <strong>und</strong> regelmäßig einmal im Monat an alle<br />

Führungskräfte schriftlich kommunizieren. Und es<br />

sollte klar darlegen, welche unternehmensrelevanten<br />

Informationen aus dem Bereich Bildung in strategischen<br />

Entscheidungen berücksichtigt werden. Das<br />

kann helfen, die Zusammenhänge allen Mitarbeitern<br />

klar zu machen <strong>und</strong> so ein Verständnis für den hohen<br />

Stellenwert von Wissen <strong>und</strong> Bildung im Unternehmen<br />

zu schaffen.<br />

63<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Prof. Dr. Michael Gessler<br />

Berufliche Bildung <strong>und</strong> Berufliche Weiterbildung<br />

Universität Bremen<br />

Experteninterview mit der Universität Bremen<br />

Thema: Bildungsmanagement in der betrieblichen Praxis<br />

64<br />

Wie würden Sie den Status quo betrieblichen<br />

Bildungsmanagements in Deutschland beschreiben<br />

Prof. Michael Gessler: Es existiert eine Diskrepanz<br />

zwischen dem, was die Unternehmen in diesem<br />

Bereich erreichen wollen <strong>und</strong> dem, was sie bislang<br />

getan haben. Ich verweise auf die SCIL-Trendstudie<br />

der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2010. Viele<br />

Teilbereiche des betrieblichen Bildungsmanagements<br />

sind in Deutschland schon sehr gut umgesetzt,<br />

andere sind noch im Aufbau, wie beispielsweise<br />

das Transfermanagement. Es besteht auf jeden Fall<br />

Handlungsbedarf.<br />

In der betrieblichen Praxis werden Begriffe wie<br />

Personalentwicklung, Bildungsmanagement,<br />

<strong>Talentmanagement</strong> <strong>und</strong> Kompetenzmanagement<br />

oft synonym verwendet. Wo sehen Sie den<br />

Unterschied<br />

Prof. Michael Gessler: Man sollte die Begriffe nicht<br />

wahllos parallel verwenden, sondern sich für eine<br />

Begrifflichkeit <strong>und</strong> damit eine programmatische Aussage<br />

entscheiden. Bildungsmanagement ist ein eher<br />

klassischer Begriff, der am wenigsten einer Mode<br />

unterliegt <strong>und</strong> sehr umfassend ist. Kompetenzmanagement<br />

<strong>und</strong> Personalentwicklung beschreiben gut<br />

betriebliche Handlungsfelder. <strong>Talentmanagement</strong> ist<br />

wiederum ein Begriff, der spätestens seit dem Buch<br />

„The War for Talent“ von Michaels, Handfield-Jones<br />

<strong>und</strong> Axelrod eine hohe Aufmerksamkeit genießt <strong>und</strong><br />

sehr wettbewerbsorientiert ausgerichtet ist. Alternativ<br />

könnte statt Kompetenzmanagement, Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> auch der<br />

Oberbegriff verwendet werden – Human Resource<br />

Management. Dann werden nicht einzelne Segmente<br />

angesprochen, sondern die Summe personalpolitischer<br />

Maßnahmen. Die Frage ist, wen man adressieren<br />

möchte <strong>und</strong> auf welche Aspekte sich der Focus<br />

richten soll.<br />

Wo sehen Sie im Bildungsmanagement die<br />

größten Unterschiede zwischen KMU <strong>und</strong><br />

Großunternehmen<br />

Prof. Michael Gessler: Ein inhaltlicher Maßstab,<br />

der für Großunternehmen sinnvoll wäre, kann nicht<br />

ohne Weiteres auf KMU übertragen werden. KMU<br />

wenden eigene, ihren Bedürfnissen entsprechende<br />

Problemlösungen an. Die ISO 9001 beispielsweise<br />

trägt dem Rechnung. Qualität wird nicht inhaltlich,<br />

sondern formal definiert. Auf diese Weise haben KMU<br />

die Freiheit, sich eines Problems in der inhaltlichen<br />

Weise anzunehmen, die sie für die geeignetste halten.<br />

Maßnahmen sind adaptierbar. Der größte sichtbare<br />

Unterschied zwischen KMU <strong>und</strong> Großunternehmen<br />

besteht im Angebot: Laut der dritten Erhebung zur<br />

betrieblichen Weiterbildung, der CVTS3, bieten nur<br />

44 Prozent der deutschen Kleinunternehmen mit 10<br />

bis 19 Beschäftigten Kurse an, während bei Großunternehmen<br />

mit mehr als 1.000 Beschäftigten nahezu<br />

jedes Unternehmen Kurse anbietet. In Kleinunternehmen<br />

sind Mitarbeiter schwerer entbehrlich, die<br />

Finanzierung ist eng, der Bedarf muss offenk<strong>und</strong>ig<br />

sein <strong>und</strong> professionelle administrative Unterstützung<br />

ist selten. Betriebliche Weiterbildung ist damit viel<br />

stärker am täglichen Bedarf orientiert. Großunternehmen<br />

agieren hierbei strategischer.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Wo weichen Unternehmen häufig vom idealen<br />

betrieblichen Bildungsmanagement ab<br />

Prof. Michael Gessler: Neben dem Transfermanagement<br />

wäre das insbesondere die Ausrichtung des<br />

Bildungsmanagements an der Unternehmensstrategie.<br />

Zum Transfermanagement noch ein Wort:<br />

Weiterbildung steht oftmals in der Kritik, keine<br />

Wirkung zu produzieren. Dahinter stehen verschiedene<br />

Probleme: Den Nutzen zu quantifizieren ist nicht<br />

leicht. Berechnen lässt sich ein Return on Investment<br />

ohne Probleme, die Frage ist nur, wie gesichert <strong>und</strong><br />

wahrheitsgemäß die entsprechenden Zahlen sind. In<br />

einer Krise stellt sich der ROI beispielsweise anders<br />

dar als im konjunkturellen Aufschwung. Solche Effekte<br />

monetär zu isolieren, ist wie ein Glasperlenspiel.<br />

Die Nutzendarstellung schwankt damit zwischen<br />

vermeintlich harten Zahlen <strong>und</strong> vollkommener Unwissenheit.<br />

Hier liegt eine große Aufgabe. Insgesamt<br />

wäre eine ehrlichere Sichtweise wünschenswert –<br />

auch bei den Kritikern. Ein anderes Problem stellt der<br />

Arbeitskontext dar, der einen aktiven Transfer des<br />

Gelernten nur selten fördert. Hier müssten insbesondere<br />

Vorgesetzte mehr Verantwortung übernehmen.<br />

Die Aspekte ließen sich weiter ausdifferenzieren. Von<br />

einem Ideal sind wir weit entfernt. Darum geht es<br />

meines Erachtens aber auch nicht. Es geht vielmehr<br />

um den sachgerechten Umgang mit Realitäten <strong>und</strong><br />

die Nutzung von Chancen.<br />

Welche Zielgruppen sollten im Fokus des<br />

betrieblichen Bildungsmanagements stehen<br />

Prof. Michael Gessler: Die Zielgruppen sollten aus<br />

der Unternehmensstrategie abgeleitet werden.<br />

Absolut ist das schlecht zu beantworten. In der<br />

Zukunft werden ältere Mitarbeiter sicherlich eine<br />

größere Rolle spielen. Im Augenblick sind diese noch<br />

unterrepräsentiert <strong>und</strong> haben selten Zugang zur<br />

betrieblichen Weiterbildung. Warum dies so ist, liegt<br />

meiner Meinung nach an einer massiven Fehlannahme:<br />

Entsprechende Investitionen würden sich<br />

nicht lohnen. Eine beliebte Ausrede ist dann, ältere<br />

Mitarbeiter könnten nicht mehr lernen. Beides ist<br />

Unsinn. Es stimmt allerdings, dass einem Menschen<br />

das Lernen schwer fällt, wenn er keine Gelegenheiten<br />

erhält <strong>und</strong> keine Anlässe bestehen. Das ist keine<br />

Frage des Alters.<br />

Welche Bedeutung haben externe Dienstleister<br />

für das Bildungsmanagement<br />

Prof. Michael Gessler: Interne <strong>und</strong> externe Bildungsdienstleister<br />

sind gleichermaßen wichtig. Das hat den<br />

einfachen Gr<strong>und</strong>, dass bei internen Veranstaltungen<br />

innerbetriebliche Vorgänge auf den Prüfstand gestellt<br />

werden. Die Teilnehmer erfahren oftmals Dinge, deren<br />

sie sich nicht bewusst waren. Bei externen Veranstaltungen<br />

wiederum erweitern die Mitarbeiter durch<br />

den Austausch mit Anderen ihren Horizont, erhalten<br />

einen Benchmark <strong>und</strong> erleben, wohin die Reise in<br />

ihrer Branche geht. Interne Veranstaltungen können<br />

natürlich auch von externen Bildungsdienstleister<br />

durchgeführt werden <strong>und</strong> interne Bildungsdienstleister<br />

können auch extern unterwegs sein. Stärken<br />

haben beide Dienstleister. Es geht um eine sinnvolle<br />

Mischung.<br />

65<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Thomas Gruber<br />

DEQA-VET<br />

B<strong>und</strong>esinstitut für Berufsbildung<br />

Experteninterview mit dem Leiter von DEQA-VET<br />

Thema: Der Status quo der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in Deutschland<br />

66<br />

Wie ist der Status quo des betrieblichen<br />

Bildungsmanagements in Deutschland<br />

Thomas Gruber: Betrachtet man die Situation des<br />

betrieblichen Bildungsmanagements in Deutschland,<br />

so ergibt sich ein uneinheitliches Bild: Dies lässt sich<br />

darauf zurückführen, dass Form <strong>und</strong> Umfang von<br />

„Bildungsmanagement“ sehr stark von der Größe<br />

eines Betriebes abhängig sind <strong>und</strong> sich dazu je nach<br />

Art der beruflichen Bildung – Erstausbildung oder<br />

Weiterbildung – stark voneinander unterscheiden.<br />

Man wird sehen, dass größere mittelständische Unternehmen<br />

sowie Großunternehmen im Rahmen ihrer<br />

Personalrekrutierung Bildungsmanagement im Sinne<br />

der Qualitätssicherung der Personalentwicklung als<br />

ein Feld ihres unternehmerischen Handelns entdeckt<br />

haben <strong>und</strong> nutzen. Kleinst- <strong>und</strong> kleinere mittelständische<br />

Betriebe, die immerhin ca. 60 Prozent der<br />

Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, halten<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich kein eigenes Bildungsmanagement vor.<br />

Gegenüber den zuständigen Stellen sind sie jedoch<br />

verpflichtet, den Nachweis der Ausbildungsfähigkeit<br />

sowohl in fachlicher als auch persönlicher Hinsicht<br />

zu erbringen. In diesem Sinne unterliegt ein Ausbildungsbetrieb<br />

der Kontrolle der jeweiligen Kammer,<br />

die über die Ausbildungsfähigkeit des Betriebes<br />

befindet.<br />

Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen existieren<br />

für die Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Thomas Gruber: Neben zahlreichen Verordnungen<br />

<strong>und</strong> Gesetzen des B<strong>und</strong>es, zum Beispiel des Schutzes<br />

der Jugend, gibt es für den Bereich der betrieblichen<br />

Ausbildung das Berufsbildungsgesetz (BBiG),<br />

welches national verbindliche Mindeststandards für<br />

die Erstausbildung erklärt. Dies stellt sicher, dass die<br />

Abschlüsse der Erstausbildung in ganz Deutschland<br />

vergleichbar <strong>und</strong> akzeptiert sind. An der Entwicklung<br />

der Ausbildungsordnungen sind B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong><br />

Sozialpartner beteiligt. Die Rahmenlehrpläne der<br />

Länder für die berufsbildenden Schulen basieren auf<br />

den Ausbildungsordnungen <strong>und</strong> ermöglichen so das<br />

Zusammenwirken von Betrieb <strong>und</strong> Schule im dualen<br />

System. Dadurch wird erreicht, dass auch die Bedürfnisse<br />

der Wirtschaft berücksichtigt werden <strong>und</strong> somit<br />

bedarfsorientiert ausgebildet wird. Für Maßnahmen,<br />

unter anderem auf Gr<strong>und</strong>lage des Sozialgesetzbuches,<br />

hat sich seit 2004 die Allgemeine Zulassungsverordnung<br />

für Weiterbildung (AZWV, ab 01.04.<strong>2012</strong><br />

AZAV) etabliert. Zudem regeln die Länder im Rahmen<br />

ihrer Kulturhoheit eine Vielzahl von Bildungsgängen<br />

außerhalb des dualen Systems, zum Beispiel Ges<strong>und</strong>heitsberufe<br />

<strong>und</strong> Altenpflege.<br />

Wie funktioniert die Qualitätssicherung in dem<br />

Bereich Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Thomas Gruber: Aus Sicht einer nationalen Referenzstelle<br />

für Qualitätssicherung der beruflichen Bildung<br />

ist zu konstatieren, dass es keine einheitliche Qualitätssicherung<br />

der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in Deutschland<br />

gibt. Die Formen der Qualitätssicherung sind<br />

so vielgestaltig wie die Zahl der Beteiligten. Eine alle<br />

Bereiche umfassende, holistische Qualitätssicherung<br />

der Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung setzte ein gemeinsames<br />

Verständnis der Beteiligten von Ziel, Zweck <strong>und</strong> Inhalten<br />

von Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung voraus. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass in Deutschland überwiegend<br />

ein Bildungsverständnis existiert, welches sich im<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

frühen 19. Jahrh<strong>und</strong>ert etablierte. Dieses an die<br />

Bildungsrealität in Deutschland anzupassen, bedürfte<br />

des Dialoges aller an Bildung Beteiligter (Hochschule,<br />

Allgemein-, Berufs- <strong>und</strong> Erwachsenenbildung).<br />

Diesen Dialog versucht die Referenzstelle im Rahmen<br />

ihrer Aufgaben zu fördern. Die ersten Schritte<br />

sind bereits getan: So sei hier auf das duale System<br />

verwiesen, wo per legem ein Ziel sowie Mindeststandards<br />

für die Bildungsgänge <strong>und</strong> das Ausbildungspersonal<br />

formuliert werden. Ein anderes Beispiel ist<br />

das Fernunterrichtsschutzgesetz, das gleichermaßen<br />

qualitätssichernd wirkt.<br />

Welche Lernformen kommen in den<br />

Unternehmen zum Einsatz<br />

Thomas Gruber: Gr<strong>und</strong>sätzlich werden in den Betrieben<br />

alle pädagogischen didaktischen Mittel <strong>und</strong> Lernformen<br />

angewendet, die sich auch in den übrigen Bildungsbereichen<br />

unserer Gesellschaft finden lassen.<br />

Zu nennen wären hier Formen des Frontalunterrichts,<br />

wie auch die Projektarbeit oder der Einsatz von<br />

Fernunterrichtsmitteln. Allerdings hat die betriebliche<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung in loco einen nicht zu unterschätzenden<br />

Vorteil: Durch ihre viel größere Nähe zu<br />

den Bedürfnissen der Arbeitswelt können vermittelte<br />

Lerninhalte auch direkt am Arbeitsplatz umgesetzt<br />

werden. Im Bereich der Hochschulen wird versucht,<br />

dies beispielsweise mit Praktika zu erreichen. In den<br />

allgemeinbildenden Schulen werden zunehmend<br />

Maßnahmen der Berufsorientierung durchgeführt, die<br />

Jugendlichen eine Entscheidung hinsichtlich ihrer<br />

Karriereplanung erleichtern sollen. Zu den unterschiedlichen<br />

Lernformen gibt es zahlreiche Studien<br />

wie auch Modellversuche der Länder <strong>und</strong> des B<strong>und</strong>es.<br />

Wie schätzen Sie den Stellenwert des<br />

informellen Lernens ein<br />

Thomas Gruber: Das informelle Lernen nimmt einen<br />

bedeutenden Teil in der Biografie des lernenden Menschen<br />

ein. Es bezeichnet jegliches Lernen, welches im<br />

Alltag, am Arbeitsplatz, in Familien oder in der Freizeit<br />

stattfindet. Der Anteil des informellen Lernens wird<br />

vereinzelt auf 70 Prozent der Lernprozesse geschätzt.<br />

Es ist in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung<br />

nicht strukturiert <strong>und</strong> führt üblicherweise<br />

nicht zur Zertifizierung des Lernergebnisses. Es kann<br />

zielgerichtet sein, ist jedoch zumeist nicht intentional.<br />

In Deutschland ist das informelle Lernen <strong>und</strong> damit<br />

auch die Anerkennung <strong>und</strong> Zertifizierung informell erworbener<br />

Lernergebnisse erst in den zurückliegenden<br />

Jahren verstärkt ins Bewusstsein der Bildungspolitik<br />

gerückt. Die Abgrenzung wird zudem erschwert, da<br />

die Übergänge zwischen formellem <strong>und</strong> informellem<br />

Lernen fließend sind. Als Ergebnis gibt es mittlerweile<br />

einige Weiterbildungspässe als Instrumente zur<br />

Identifizierung <strong>und</strong> Anerkennung informell erworbener<br />

Lernergebnisse. Im Rahmen der europäischen Strategie<br />

des Lebenslangen Lernens nimmt das informelle<br />

Lernen einen großen Stellenwert ein.<br />

67<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Fortsetzung Experteninterview mit dem Leiter von DEQA-VET<br />

68<br />

Die Kopenhagen-Erklärung setzt sich mit den<br />

Zielen der beruflichen Bildung auseinander <strong>und</strong><br />

strebt die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes<br />

an. Wie wichtig ist dieser Ansatz<br />

<strong>und</strong> welchen Platz nimmt Deutschland im Vergleich<br />

zu anderen europäischen Ländern ein<br />

Thomas Gruber: Aus Sicht der deutschen Referenzstelle<br />

ist es in Anbetracht der demographischen<br />

Entwicklung <strong>und</strong> der Globalisierung ein vernünftiger,<br />

wenn nicht sogar notwendiger Ansatz. Die klassischen<br />

Nationalökonomien geraten bei den daraus<br />

erwachsenden Herausforderungen an ihre Leistungsgrenzen.<br />

In Anbetracht beider Entwicklungen<br />

ist es geboten, die Interdependenz von Arbeit <strong>und</strong><br />

Bildung anzuerkennen, Arbeit <strong>und</strong> Bildung vernetzt<br />

zu betrachten. Arbeit ist ohne Bildung nicht mehr<br />

denkbar, Bildung ohne Bezug zur Arbeitswelt nicht<br />

vorstellbar. Dabei bereitet die Allgemeinbildung den<br />

Menschen ebenso auf die berufliche Lebenswelt vor<br />

wie es die berufliche Bildung <strong>und</strong> die Hochschule<br />

tun – wenn auch in unterschiedlicher Weise. Lebenslanges<br />

Lernen bedeutet vor allem die Zurkenntnisnahme<br />

<strong>und</strong> Wertschätzung der menschlichen Arbeit<br />

<strong>und</strong> Leistung. Eingefahrene Denkmuster in der<br />

Bildungslandschaft werden dahingehend zu überprüfen<br />

sein, inwieweit sie noch die Lebenswirklichkeit<br />

der Menschen widerspiegeln <strong>und</strong> Antworten auf die<br />

oben beschriebenen Herausforderungen geben. Im<br />

Wettbewerb mit den anderen transnationalen Wirtschaftsräumen,<br />

insbesondere in Amerika <strong>und</strong> Asien<br />

können diese Antworten allein europäische Antworten<br />

sein. Als Bildungsrepublik gestaltet Deutschland<br />

den europäischen Prozess aktiv mit.<br />

Wie entscheidend ist die systematische<br />

Karriereplanung für Unternehmen Wie sieht<br />

es bei kleineren <strong>und</strong> mittleren Unternehmen<br />

aus<br />

Thomas Gruber: Bei großen mittelständischen Unternehmen,<br />

insbesondere wenn sie über ein Filialsystem<br />

verfügen oder Märkte im Ausland beliefern, gehören<br />

Karriereplanung <strong>und</strong> Personalentwicklung zu den zentralen<br />

Aufgaben des Managements. Dort haben sich<br />

tragfähige Systeme etabliert, die die unverzichtbare<br />

Basis der wirtschaftlichen Prosperität Deutschlands<br />

bilden. Doch auch kleine mittelständische Unternehmen<br />

entdecken die Notwendigkeit von Karriereplanung<br />

<strong>und</strong> Personalentwicklung zunehmend. Ein typischer<br />

Anlass, in diesem Bereich aktiv zu werden, ist zum<br />

Beispiel die bevorstehende Suche eines Nachfolgers<br />

in der Geschäftsführung. Hier entwickelten sich in den<br />

letzten Jahren unter Mitwirkung der Kammern entsprechende<br />

Strukturen. Dieser Trend zur Karriereplanung<br />

wird durch die aktuelle Arbeitsmarktsituation in naher<br />

Zukunft noch verstärkt wahrzunehmen sein. Schon<br />

jetzt ist spürbar, dass dem Arbeitsmarkt junge <strong>und</strong><br />

ausgebildete Menschen fehlen. Der Wettbewerb um<br />

die im Sinkflug befindliche Zahl von Jugendlichen wird<br />

es auch für kleine mittelständische Unternehmen zunehmend<br />

erfordern, neben einer qualitätsgesicherten<br />

betrieblichen Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Karriereplanung<br />

als Gr<strong>und</strong>lage der Personalbindung <strong>und</strong> Unternehmensentwicklung<br />

zu sehen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

69<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Prof. Dr. Wolfgang Jäger<br />

Hochschule RheinMain<br />

Fachbereich Design Informatik Medien<br />

Experteninterview mit der Hochschule RheinMain<br />

Thema: Bildungsmanagement in Deutschland – Status quo <strong>und</strong> Besonderheiten<br />

70<br />

Was macht gutes betriebliches<br />

Bildungsmanagement aus<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Zunächst einmal muss betriebliches<br />

Bildungsmanagement immer an die Unternehmensstrategie<br />

<strong>und</strong> an das Geschäftsmodell der<br />

jeweiligen Organisation angeb<strong>und</strong>en werden. Zusätzlich<br />

ist es wichtig, dass die Mitarbeiter auch im Rahmen<br />

einer Employability-Strategie für den Arbeitsmarkt<br />

qualifiziert werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich muss man<br />

sich klar machen, was das Wort ‚Managen‘ bedeutet:<br />

Es steht für Planen, Organisieren <strong>und</strong> Kontrollieren.<br />

Das muss auch im Bereich Bildung geleistet werden.<br />

In der Praxis begegnet man aber immer wieder<br />

Personalern, die auf einer Insel leben <strong>und</strong> fernab<br />

der Bedarfe des eigenen Unternehmens vor sich hin<br />

arbeiten oder zu sehr eigenen Idealen folgen.<br />

Welche Fehler werden bei der Anbindung des<br />

Bildungsmanagements an die Unternehmensstrategie<br />

häufig begangen<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Oftmals folgt die Planung<br />

der Bildungsmaßnahmen für das nächste Jahr der<br />

altbekannten Regel: „Leuchtet mir kein eigenes Licht,<br />

schaue ich in den Vorbericht“. Damit wird weder den<br />

Bedarfen der Mitarbeiter noch denen des Unternehmens<br />

begegnet. Es fehlt die strategische Ausrichtung<br />

des Bildungsmanagements. Und noch eine Anmerkung<br />

zum Stichwort „Bedarfsanalyse“: Eine vollständige<br />

Bedarfsanalyse begründet den qualitativen<br />

Personalbedarf aus Sicht des Unternehmens aber<br />

auch die weitergehende Erfassung der Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Potenziale der Mitarbeiter. Diese Kombination<br />

ist nach wie vor nicht gängige Praxis. Darüber hinaus<br />

muss das Bildungsmanagement im Sinne eines<br />

<strong>Talentmanagement</strong>s eine gewisse Kontinuität aufweisen,<br />

strategisch <strong>und</strong> ressourcentechnisch. Ansonsten<br />

kann die Verzahnung mit der Unternehmensstrategie<br />

nur scheitern.<br />

Wie schätzen Sie den Entwicklungsstand betrieblichen<br />

Bildungsmanagements in Deutschland<br />

ein<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Ich würde die Lage so zusammenfassen:<br />

deutsche Unternehmen machen viele<br />

Dinge richtig, aber noch nicht genug richtige Dinge.<br />

Lassen Sie es mich auch noch in Zahlen ausdrücken:<br />

Richtig gutes Bildungsmanagement wird meines<br />

Erachtens von weniger als der Hälfte der Unternehmen<br />

geleistet. Das ist nicht als Vorwurf gemeint.<br />

Die Aufgaben des Bildungsmanagements sind sehr<br />

komplex <strong>und</strong> haben oftmals nicht den Stellenwert im<br />

Unternehmen, der ihnen gebührt.<br />

Woran liegt es, dass das Bildungsmanagement<br />

oft noch in den Kinderschuhen steckt<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Viele Personaler haben häufig<br />

nicht die Möglichkeit, sich in die Strategie <strong>und</strong> in den<br />

Planungs- <strong>und</strong> Entscheidungsrhythmus des Regelbetriebes<br />

einzuklinken. Sie bleiben außen vor. Ich stelle<br />

aber auch immer wieder fest, dass sich das betriebliche<br />

Bildungsmanagement in den letzten 20 Jahren<br />

kaum weiterentwickelt hat. Lässt man die Entwicklungen<br />

im eLearning mal außen vor, sind für mich keine<br />

gravierend neuen Themen oder Strukturen erkennbar.<br />

Die Gründe dafür sind vielfältig. Lange Zeit war das<br />

Budget für Weiterbildung Spielgeld, das man ausgeben<br />

<strong>und</strong> mit dem man mal experimentieren konnte.<br />

Daneben leiden viele Personalabteilungen unter einer<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

hohen Arbeitslast <strong>und</strong> der Komplexität der Arbeit. Die<br />

Organisation des Regelbetriebs stellt sie schon vor<br />

große Herausforderungen, die Ressourcen für andere<br />

Aufgaben sind begrenzt.<br />

Was empfehlen Sie den Unternehmen in punkto<br />

Bildungsmanagement<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Wir sollten uns hier zweifelsohne<br />

ein Beispiel an Unternehmen nehmen, die es<br />

besser machen. Häufig sind es international tätige<br />

Unternehmen. Der Trick hinter deren Strategie ist,<br />

dass sie mit einfachen, stringenten Modellen arbeiten.<br />

Wir Deutschen neigen zu „Overmanaging“, erstarren<br />

an methodischer Ideologie, Komplexität, Abstimmungen<br />

mit dem Betriebsrat <strong>und</strong> so weiter. Sehen Sie<br />

sich Unternehmen wie adidas, McDonald‘s, Procter<br />

& Gamble oder IBM an. Sie alle wenden pragmatische<br />

Konzepte an <strong>und</strong> sind in vielen Bereichen der<br />

Benchmark. Man kann es überspitzt so formulieren:<br />

Die Deutschen wollen immer 100 Prozent, können<br />

aber oftmals nur 80 Prozent umsetzen. Anstatt diese<br />

80 Prozent gut zu managen, suchen sie aber die<br />

fehlenden 20 Prozent. Mit ihrem Bildungsmanagement<br />

erfolgreiche Unternehmen arbeiten häufig nur<br />

mit 80 Prozent-Lösungen <strong>und</strong> sind besser. Gutes<br />

Bildungsmanagement braucht eine passende Strategie,<br />

innovative Konzepte <strong>und</strong> robuste Schritte in der<br />

Umsetzung.<br />

Was könnte in der betrieblichen Bildung besser<br />

gemanagt werden<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Der Einkauf von Bildungsmaßnahmen<br />

wird in weiten Teilen zu unprofessionell<br />

gemanagt. Es fehlt die ansonsten weit verbreitete<br />

Supply-Chain sowie die Evaluation. Das heißt, es<br />

mangelt auch an der Lieferantenqualifizierung, Trainerbewertung,<br />

etc. Generell sind viele Bildungsmaßnahmen<br />

zu oberflächlich <strong>und</strong> unterliegen Zeit- <strong>und</strong><br />

Kostenbeschränkungen. Das sind nur ein paar Aspekte.<br />

Man könnte in der Tat vieles verbessern. Letztlich<br />

ist es wichtig, dass die Unternehmen verstehen<br />

lernen, wie sie mit einem guten Bildungsmanagement<br />

zum Unternehmenserfolg beitragen können.<br />

Welche Möglichkeiten gibt es, Bildungsmaßnahmen<br />

in der Unternehmenskultur stärker zu<br />

verankern<br />

Prof. Wolfgang Jäger: Die Form <strong>und</strong> Qualität der Lernmaßnahmen<br />

ist hier sicherlich ganz entscheidend. Ich<br />

denke da beispielsweise an das Thema „informelles<br />

Lernen“. Im Rahmen von Projektarbeiten lernen Mitarbeiter<br />

handlungsorientiert <strong>und</strong> eignen sich extrafunktionale<br />

Kompetenzen an. Auch selbstorganisiertes<br />

Lernen rückt zunehmend in den Fokus. Mitarbeiter<br />

können durch die vielfältigen Formen mobilen Lernens<br />

oftmals ihren Bedarf schon selbst decken. Auch<br />

wie ein Unternehmen sich die sogenannte kollektive<br />

Intelligenz erschließt, ermöglicht Rückschlüsse auf<br />

die Unternehmenskultur. Der Umgang mit Wissen<br />

<strong>und</strong> die Zurverfügungstellung einer geeigneten<br />

Infrastruktur ist eine weitere zentrale Aufgabe des<br />

Wissensmanagements, das wiederum eine wichtige<br />

Basis des Bildungsmanagements ist. Schließlich ist<br />

die Bereitschaft, in Bildung zu investieren ein wichtiger<br />

Aspekt des Bildungsmanagements, in dem sich<br />

auch die jeweilige Unternehmenskultur widerspiegeln<br />

lässt.<br />

71<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller<br />

Institut für Bildungsmanagement<br />

PH Ludwigsburg (Pädagogische Hochschule)<br />

Experteninterview mit dem Institut für Bildungsmanagement, PH Ludwigsburg<br />

Thema: Vielfalt des Bildungsangebotes / blended learning<br />

72<br />

Welchen Stellenwert hat Bildungsmanagement<br />

in der aktuellen Arbeitsmarktdebatte<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Bildung ist das wichtigste<br />

Gut, das wir in Deutschland haben. Innovationen in<br />

der Wirtschaft, Technologieentwicklung, Bürgerbeteiligung<br />

an politischen Prozessen – das hängt alles<br />

in hohem Maße von der Bildung der Menschen ab.<br />

Dennoch hat das Thema Bildung in der öffentlichen<br />

Diskussion immer noch nicht den Stellenwert, der<br />

ihm zukommt. Bildungsmanagement steuert <strong>und</strong><br />

gestaltet Bildungsprozesse in Unternehmen <strong>und</strong><br />

Organisationen. Dabei gilt es, ökonomische <strong>und</strong> pädagogische<br />

Perspektiven miteinander in Einklang zu<br />

bringen. Aus meiner Sicht ist dabei ein ganzheitlicher<br />

Bildungsbegriff zentral. Hier geht es um individuelle<br />

Kompetenzen, aber auch um Werte <strong>und</strong> Haltungen,<br />

die ein Mensch in sein Leben <strong>und</strong> Arbeiten einbringt.<br />

Jeder Mitarbeiter hat Stärken <strong>und</strong> Schwächen, an<br />

denen man arbeiten kann, <strong>und</strong> Potenzial, das sich<br />

entwickeln lässt.<br />

Welchen Beitrag kann Bildungsmanagement<br />

zur Nachhaltigkeitsstrategie eines<br />

Unternehmens leisten<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Das Bildungsmanagement hat<br />

entscheidenden Einfluss auf die Nachhaltigkeitsstrategie,<br />

denn es ist essenziell für die langfristige<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.<br />

Dennoch nimmt die Personalentwicklung<br />

in den Nachhaltigkeitskonzepten der Unternehmen<br />

bislang eher wenig Raum ein. Das muss sich ändern.<br />

Welche Rolle sollte betriebliches<br />

Bildungsmanagement im Unternehmen einnehmen<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Entscheidend ist die Anbindung<br />

der Bildung an die Unternehmensstrategie. Die<br />

logische Konsequenz ist, dass die für die Bildung<br />

verantwortlichen Personen eng in die Entwicklung<br />

des Unternehmens eingeb<strong>und</strong>en sind. In der Praxis<br />

funktioniert das häufig über enge Schnittstellen zum<br />

Vorstand, beispielsweise durch regelmäßige Treffen.<br />

Daneben müssen Bildungs- <strong>und</strong> Lernprozesse in alle<br />

Unternehmens- <strong>und</strong> Arbeitsprozesse integriert sein.<br />

Dabei spielen die Führungskräfte eine herausragende<br />

Rolle. Ihre Einbindung ist ein wesentlicher Garant für<br />

das Gelingen des Bildungsmanagements.<br />

Was sollte dabei von den Unternehmen<br />

unbedingt beachtet werden<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Es sollte darauf geachtet<br />

werden, dass der Managementkreis PLAN – DO –<br />

CHECK – ACT geschlossen ist. Viele Unternehmen<br />

schwächeln gerade bei der Schließung des Kreises.<br />

So fließen Controlling-Ergebnisse nicht in die Programmgestaltung<br />

zurück <strong>und</strong> leisten somit keinen<br />

Beitrag zur Verbesserung der Steuerung, obwohl sie<br />

teils umfassend erhoben werden. Außerdem werden<br />

die Verantwortlichkeiten im Bildungsmanagement<br />

häufig nicht explizit zugeordnet <strong>und</strong> umfassend<br />

verteilt.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Wie sollte die optimale Finanzierung betrieblicher<br />

Weiterbildung aussehen<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Am Anfang steht die Analyse<br />

der Bedarfe des jeweiligen Mitarbeiters <strong>und</strong> seiner<br />

Abteilung, seines Teams. Sind die betrieblichen Bedarfe<br />

ermittelt <strong>und</strong> darauf aufbauend die Bildungsziele<br />

abgeleitet, sollten die Kosten zu 100 Prozent vom<br />

Unternehmen getragen werden. Dabei ist es hilfreich,<br />

wenn der Mitarbeiter neben seiner Führungskraft<br />

auch eine unabhängige Bildungsberatung in Anspruch<br />

nehmen kann. Verfolgt der Mitarbeiter mit der Bildungsmaßnahme<br />

auch eigene Ziele, ist sicherlich eine<br />

Co-Finanzierung sinnvoll.<br />

Hat die Anzahl von Weiterbildungstagen pro<br />

Mitarbeiter Aussagekraft über die Qualität des<br />

Bildungsmanagements<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Ich halte das für schwierig. Wie<br />

lange Mitarbeiter sich fortbilden dürfen oder sollen,<br />

hängt maßgeblich von der Branche sowie der Unternehmenskultur<br />

ab <strong>und</strong> ist nicht unbedingt ein Qualitätskriterium.<br />

Können Sie aktuell einen Wandel im<br />

Bildungsmanagement beobachten<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Natürlich hält die moderne<br />

Technik auch in das Bildungsmanagement Einzug.<br />

Bildungsmanagement wird immer häufiger <strong>und</strong><br />

umfangreicher durch IT-Lösungen unterstützt. Das<br />

ist eine sehr positive Entwicklung. Bei vielen wichtigen<br />

Prozessen führt kein Weg an der IT vorbei, aber<br />

ich rate immer zu schlanken Prozessen. Gerade im<br />

technischen Bereich überwiegt in vielen Firmen der<br />

Aufwand den Nutzen. So dauert zum Teil die Dokumentation<br />

eines Mitarbeitergespräches länger als das<br />

eigentliche Gespräch. Das ist nicht tragbar.<br />

Hat der Trend zu IT-gestütztem Bildungsmanagement<br />

auch Einfluss auf die Bildungsmaßnahmen<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: Definitiv, ich stelle immer<br />

wieder fest, dass vielfach eLearning-Konzepte genutzt<br />

werden. Das ist zu einem sehr großen Thema für die<br />

Unternehmen geworden, darin steckt viel Potenzial.<br />

Allerdings ist im Umgang mit eLearning-Maßnahmen<br />

auch Vorsicht geboten. Für meinen Geschmack wird<br />

IT-gestütztes Lernen zu häufig als Lösung herangezogen.<br />

Für viele Themen <strong>und</strong> Zielsetzungen ist<br />

jedoch das personalisierte Lernen mit einem Trainer<br />

am besten geeignet. Ich setze mich immer wieder für<br />

Vielfalt bei den Bildungsmaßnahmen ein. Das optimale<br />

Bildungsmanagement verknüpft personalisierte <strong>und</strong><br />

IT-gestützte Lernmaßnahmen zu einem sich befruchtenden<br />

Ganzen.<br />

Wird das Konzept von blended learning von<br />

Unternehmen angewandt<br />

Prof. Dr. Ulrich Müller: In der Praxis wird das in der<br />

Tat häufig so gemacht. Neben dem klassischen<br />

Weiterbildungsangebot kommen dann auch moderne<br />

Programme <strong>und</strong> Plattformen zur Wissensvermittlung<br />

zum Einsatz. Immer mehr Unternehmen verstehen<br />

mittlerweile, dass das Vorhandensein von eLearning-<br />

Konzepten alleine noch kein Qualitätskriterium ist.<br />

Was aber sehr wohl für die Qualität des Bildungsmanagements<br />

spricht, ist der Faktor Zeit. Je mehr Zeit<br />

dem Mitarbeiter für seine Weiterbildung zugestanden<br />

wird, desto höher ist die Wertschätzung des Unternehmens<br />

für die Bildungsmaßnahme.<br />

73<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

André Schleiter<br />

Mitglied des wissenschaftlichen Beirats<br />

ddn - Das Demographie Netzwerk<br />

Experteninterview mit André Schleiter, Co-Autor des Deutschen Lernatlas<br />

Thema: Die Entwicklung von Bildungsmanagement in deutschen Unternehmen<br />

74<br />

Was sind Ihrer Meinung nach zentrale Qualitätsmerkmale<br />

guten betrieblichen Bildungsmanagements<br />

André Schleiter: Nach meiner Ansicht ist es EuPD<br />

Research <strong>und</strong> der TÜV SÜD Akademie gut gelungen,<br />

die Qualitätskriterien für ein betriebliches Bildungsmanagement<br />

mit Blick auf seine strategische Verankerung,<br />

auf die notwendigen strukturellen Rahmensetzungen<br />

sowie auf die operative Umsetzung<br />

in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern <strong>und</strong> Praktikern<br />

zu definieren. Lassen Sie uns die Auflistung<br />

der einzelnen Elemente wie den Boden, Samen <strong>und</strong><br />

Pflanzen eines Gartens oder Parks betrachten. Jedes<br />

Merkmal für sich ist wichtig <strong>und</strong> in der Gesamtschau<br />

ergeben sie das Idealbild einer betrieblichen Lernlandschaft.<br />

Zugleich wird das Bildungsmanagement<br />

in der betrieblichen Praxis im Regelfall nicht so<br />

perfekt wie das sorgfältig definierte Ideal-Modell<br />

sein. So wie ein Gärtner orientiert an Bodenqualität,<br />

Jahreszeit <strong>und</strong> aktueller Wetterlage zu pflanzen <strong>und</strong><br />

kultivieren versteht, so kommt es für HR-Abteilungen<br />

<strong>und</strong> Personalverantwortliche darauf an, orientiert an<br />

den Unternehmenszielen einer betrieblichen Kultur<br />

des lebenslangen Lernens den Boden zu bereiten –<br />

auch wenn das Finanzbudget allzu begrenzt erscheinen<br />

mag. Ob bei einem Globalplayer oder in einem<br />

Kleinunternehmen: ein gutes betriebliches Bildungsmanagement<br />

zeigt seine Wirkung darin, dass es<br />

nicht nur Toptalente <strong>und</strong> Leistungsträger entwickelt<br />

<strong>und</strong> fördert, sondern auch bislang weniger lernaktive<br />

Mitarbeiter ermuntert, Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

auszubauen <strong>und</strong> womöglich etwas ganz Neues zu<br />

lernen. Freiräume für Lernerfahrungen geben, Offenheit<br />

für neue Ideen zeigen, die Ermunterung, auch<br />

mal unkonventionelle Verfahren zur Lösung herausfordernder<br />

Problemstellungen auszuprobieren – das<br />

sind „lernförderliche“ Orientierungen <strong>und</strong> Maßnahmen,<br />

ohne die auch ein perfekt organisiertes Bildungsmanagement<br />

keine neue Qualität des Lernens<br />

in der Arbeitswelt schafft.<br />

Woran lässt sich der Unterschied zwischen<br />

Lernen <strong>und</strong> Bildung wesentlich festmachen<br />

André Schleiter: Bildung ist ein kulturell ungemein<br />

aufgeladener <strong>und</strong> historisch gewachsener Begriff mit<br />

einer komplexen Bedeutung. Aus dem Althochdeutschen<br />

– Bildung für Schöpfung, Bildnis bzw. Gestalt<br />

abstammend bezeichnet Bildung die Formung<br />

des Menschen im Hinblick auf sein „Menschsein“.<br />

Wilhelm von Humboldt sagte sinngemäß, dass die<br />

Bestimmung des Menschen die Ausbildung seiner<br />

Individualität zu dem harmonischen Kunstwerk einer<br />

in all ihren Anliegen entwickelten Persönlichkeit ist,<br />

die zu allen Seiten der Welt ein positives Verhältnis<br />

hat. Damit wird deutlich: Bildung ist mehr als die<br />

Aneignung von möglichst viel Wissen. Unbestritten<br />

ist aber, dass eine gute berufliche Gr<strong>und</strong>bildung <strong>und</strong><br />

ständiges Dazulernen unentbehrlich für den Aufbau<br />

fachlicher Expertise sind. Doch Kompetenzpässe<br />

<strong>und</strong> Bildungszertifikate aller Art zeigen immer nur<br />

Teilausschnitte der persönlichen Bildung, die für<br />

den Erfolg des Unternehmens <strong>und</strong> gleichermaßen<br />

für die beruflichen Entwicklungsperspektiven eine<br />

immense Bedeutung hat. Urteilsvermögen, Integrität,<br />

Leistungswille <strong>und</strong> Verantwortungsgefühl – auch in<br />

kritischen Situationen das menschliche Maß im Auge<br />

zu behalten, das sind einige Merkmale einer gereiften<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Persönlichkeit <strong>und</strong> können als Ergebnis eines lebenslangen<br />

„Bildungsprozesses“ betrachtet werden. Wer<br />

die Frage nach dem Unterschied zwischen Lernen<br />

<strong>und</strong> Bildung etwas ironisch distanziert beantworten<br />

möchte, der mag sich an Werner Heisenberg halten,<br />

der bei einer Rede gesagt haben soll: „Bildung ist<br />

das, was übrig bleibt, wenn man alles vergessen hat,<br />

was man gelernt hat.“<br />

Lassen Sie uns einen einfachen Zugang zum Verständnis<br />

des Lernens wählen. Lernen ist der natürliche<br />

Arbeits- bzw. Entwicklungsmodus unseres<br />

Gehirns. Wir lernen ständig <strong>und</strong> in allen Lebensbereichen<br />

<strong>und</strong> entwickeln uns weiter. Mit dem kürzlich<br />

erschienen Deutschen Lernatlas wurde deutlich<br />

gezeigt, dass Lernen mehr als Schule, Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung ist. Ergänzend dazu: Spricht nicht<br />

vieles für die Annahme, dass das Lernen gar kein<br />

Ausnahmezustand ist, den wir dem Beschäftigten<br />

ständig <strong>und</strong> mit Nachdruck empfehlen müssen<br />

Sehen wir den Lernenden als Person eines möglichst<br />

selbstbestimmten Lern- <strong>und</strong> Aneignungsgeschehens<br />

- <strong>und</strong> weniger als einen zu managenden „K<strong>und</strong>en“.<br />

Diese neue Perspektive bereitet den Boden für die<br />

Erkenntnis, den Mitarbeiter als Menschen mit individuellen<br />

Ambitionen, Begabungen <strong>und</strong> einer eigenen<br />

„Bildungsbiographie“ zu verstehen, die bisweilen von<br />

Erfahrungen fehlender Ermutigung zum Lernen im<br />

Elternhaus <strong>und</strong> ausgebliebenen Erfolgen in Schule<br />

<strong>und</strong> Ausbildung tief geprägt ist.<br />

Hat sich das Lernen in den Unternehmen in den<br />

letzten Jahren verändert<br />

André Schleiter: Zugang zu Wissen durch Wikipedia,<br />

Firmen-Wikis <strong>und</strong> Blogs, blended learning <strong>und</strong> Web<br />

Based Trainings, LernApps auf dem Smartphone oder<br />

Tablet-PC, Podcasts <strong>und</strong> Serious Games, wachsende<br />

Akzeptanz von Online-Kurse <strong>und</strong> -Universitäten –<br />

diese Stichworte stehen für die rasanten Veränderungen<br />

in der Welt des Lernens. Dynamik <strong>und</strong> Wirkung<br />

für das Lernen in der Arbeitswelt sind in wenigen<br />

Sätzen kaum zu beschreiben. Nach meinem Eindruck<br />

erleben wir eine Revolution der Lernmöglichkeiten,<br />

die es zu gestalten gilt. Obendrein zeigt die Bildungsforschung<br />

immer stärker, wie bedeutend die vielfältigen<br />

Formen des informellen Lernens – also das<br />

Lernen jenseits von organisierten Weiterbildungskursen<br />

– für den unternehmerischen Erfolg sind.<br />

Wie können die Unternehmen optimale Rahmenbedingungen<br />

für betriebliche Bildung schaffen<br />

André Schleiter: Angesichts der dynamischen Entwicklung<br />

der Lernangebote <strong>und</strong> der wachsenden<br />

Anforderungen an die Flexibilität <strong>und</strong> Expertise muss<br />

sich der Beschäftigte regelmäßig fragen: Was kann<br />

ich gut <strong>und</strong> was sollte ich besser machen Was <strong>und</strong><br />

wie möchte ich lernen – an welcher Stelle brauche<br />

ich eine weitere Qualifizierung Bei diesen Fragen<br />

als Ansprechpartner Orientierung zu geben <strong>und</strong> zu<br />

helfen, realistische Lernziele <strong>und</strong> Maßnahmen zu<br />

entwickeln, das sind Kernaufgaben der Personalentwicklung.<br />

Unverzichtbar erscheint mir zugleich die<br />

deutliche Positionierung der betrieblichen Bildung<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

75<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Fortsetzung Experteninterview mit André Schleiter, Co-Autor des Deutschen Lernatlas<br />

76<br />

mit der Botschaft, dass jeder Beschäftigte selbst für<br />

seine Bildung verantwortlich ist. Denn es kommt auf<br />

den Lernwillen <strong>und</strong> die Veränderungsbereitschaft des<br />

Einzelnen an. Personaler <strong>und</strong> Führungskräfte sollten<br />

die im Unternehmen bisweilen noch anzutreffende<br />

mentale Haltung des „ausgelernt haben“ aufbrechen<br />

– mit Konsequenz <strong>und</strong> zugleich Empathie. Ein Gärtner<br />

weiß, dass er Pflanzen nicht zum Wachsen bringt,<br />

indem er an den Blättern zieht.<br />

Wie sieht ein auf ältere Mitarbeiter optimal<br />

abgestimmtes Bildungsmanagement aus<br />

André Schleiter: Je älter Menschen werden, desto<br />

weniger mögen sie es, „unterrichtet“ zu werden. Ab<br />

der Lebensmitte stellen sich dem Menschen persönliche<br />

<strong>und</strong> berufliche Wachstumsaufgaben, die einer<br />

verstärkten Aufmerksamkeit bedürfen. Ich meine,<br />

dass weniger das kalendarische Lebensalter als<br />

vielmehr die individuelle Zielsetzung, Vorqualifikation<br />

<strong>und</strong> Lerngewohnheiten die entscheidenden Bestimmungsfaktoren<br />

für die Gestaltung eines auf reifer<br />

werdende Beschäftigte abgestimmten Bildungsmanagements<br />

sein sollte. Es sollte also so individuell<br />

wie möglich <strong>und</strong> – mit Blick auf die administrativen<br />

Prozesse das heißt Buchung der Kurse, Raumbelegung,<br />

Lieferung von Kursmaterialien, Evaluierung von<br />

Trainern <strong>und</strong> Lernerfolgen, so standardisiert wie nötig<br />

sein.<br />

Lassen sich gesellschaftliche sowie unternehmenskulturbedingte<br />

Rahmenbedingungen<br />

definieren, die ein gutes Bildungsmanagement<br />

fördern<br />

André Schleiter: Eine Bildungsrepublik Deutschland<br />

mit wirklich blühenden „Lernlandschaften“ – ist<br />

das nicht ein attraktive Vorstellung In der Tat sind<br />

Unternehmen von einer „Lernlandschaft“ umgeben<br />

– hierzu gibt der Deutsche Lernatlas Hinweise, wie<br />

vorteilhaft die Bedingungen für schulisches, berufliches,<br />

soziales <strong>und</strong> persönliches Lernen auf der regionalen<br />

Ebene entwickelt sind. Unternehmen tragen<br />

mit ihrem Engagement für Ausbildung, durch ihre<br />

Kooperation mit Schulen, durch ihre Förderung von<br />

Sport, Kultur <strong>und</strong> gesellschaftlichem Engagement<br />

mit zu einem „Lernklima“ vor Ort bei. Mit Blick auf die<br />

Innovationskraft von Unternehmen <strong>und</strong> Entwicklungschancen<br />

der Beschäftigten gehört die Gestaltung von<br />

lernförderlichen Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> überhaupt<br />

mehr Aufmerksamkeit für das Lernen jedes Einzelnen<br />

ganz nach oben auf die Agenda der Unternehmensführung,<br />

Betriebsräte <strong>und</strong> Tarifpartner.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

77<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Priv.-Doz. Dr. Hilmar Schneider<br />

Direktor Arbeitsmarktpolitik<br />

IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />

Experteninterview mit der IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />

Thema: Bildungsmanagement auf dem deutschen Arbeitsmarkt<br />

78<br />

Bildungsmanagement gilt als Antwort auf die<br />

aktuellen Herausforderungen des Arbeitsmarktes,<br />

aber gibt es auch negative Aspekte, die mit<br />

Bildungsmanagement einhergehen<br />

Dr. Hilmar Schneider: Die gibt es. Für den Geschäftsführer<br />

eines Unternehmens kann eine strikte <strong>und</strong><br />

mechanische Regelung des Bildungsmanagements<br />

kontraproduktiv sein. Ich kann nachvollziehen,<br />

weshalb man Sachverhalte standardisieren will,<br />

aber in dem Moment, in dem Sie etwas formalisieren,<br />

kommen Ansprüche auf, die den Unternehmen<br />

unter Umständen das Leben schwer machen können.<br />

Zusätzlich greifen Gerechtigkeitsgesichtspunkte, es<br />

wird die Frage gestellt, warum in einen Mitarbeiter<br />

mehr investiert wird als in einen anderen. Dann muss<br />

ich als Personalverantwortlicher klar sagen, dass<br />

ich bei dem einen Mitarbeiter mehr Potenzial sehe<br />

als bei dem anderen, aber solche Nachrichten hören<br />

die Menschen nicht gerne. Um solche Konflikte zu<br />

vermeiden, müsste ich die Förderung jedem zugestehen.<br />

Das zieht aber für ein Unternehmen einen<br />

großen finanziellen <strong>und</strong> personellen Mehraufwand<br />

nach sich. Gerade bei mittelständischen Unternehmen<br />

ist das oft nicht umsetzbar.<br />

Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, Bildungsmaßnahmen<br />

auf Potenzialgruppen zu beschränken<br />

Dr. Hilmar Schneider: In einem vernünftig organisierten<br />

Unternehmen ist zu erwarten, dass die Führungskräfte<br />

ohnehin eine Vorstellung davon haben, wo die<br />

Potenziale ihrer Mitarbeiter liegen <strong>und</strong> wer die Leistungsträger<br />

sind, die es weiterzuentwickeln gilt. Das ist<br />

klare Führungsaufgabe.<br />

Wo sollten Unternehmen ansetzen, wenn sie im<br />

„War for Talents“ erfolgreich sein wollen<br />

Dr. Hilmar Schneider: Viele Unternehmen haben zwar<br />

begriffen, dass ein Mangel an Fachkräften herrscht,<br />

haben aber nicht die notwendigen Konsequenzen<br />

daraus gezogen. Man kann zwar den Wettbewerb<br />

um Talente ankurbeln <strong>und</strong> diesen auch gewinnen,<br />

aber das ist noch keine Lösung für die Gesamtwirtschaft.<br />

Talente vermehren sich nicht durch den „War<br />

for Talents“. Die Intensivierung des Wettbewerbs<br />

beeinflusst lediglich die Verteilung der Talente. Was<br />

wir aber brauchen, ist eine Erhöhung des Volumens<br />

<strong>und</strong> dafür sind reine Wettbewerbsgesichtspunkte<br />

nicht hinreichend. Volumen erhalte ich nur dadurch,<br />

dass ich bestehende Potenziale entwickle. Unternehmen<br />

können im Bereich der dualen Ausbildung<br />

sehr aktiv dazu beitragen, dass Jugendliche, denen<br />

die berufliche Richtung fehlt oder die keinen Schulabschluss<br />

haben, erfolgreich in das Arbeitsleben<br />

integriert werden. Man muss auch nicht immer nur in<br />

die Bildung investieren, man kann auch die Vereinbarkeit<br />

von Familie <strong>und</strong> Beruf fördern, um so Frauen<br />

zu gewinnen, die ansonsten erziehungsbedingt zu<br />

Hause bleiben würden.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Wird in Deutschland genug getan im Bereich<br />

Bildungsmanagement<br />

Dr. Hilmar Schneider: Genug sicher nicht, aber<br />

wahrscheinlich mehr als in anderen marktliberal<br />

verfassten Volkswirtschaften. Es gibt aber ein Gr<strong>und</strong>problem:<br />

die Messlatte, anhand derer Führungskräfte<br />

in Unternehmen bewertet werden, steht Nachhaltigkeitsaspekten<br />

diametral entgegen. Das gilt besonders<br />

für börsennotierte Unternehmen. Konzepte wie<br />

Bildung, die auf Langfristigkeit basieren, fließen nicht<br />

in die Bewertung ein <strong>und</strong> kommen unter die Räder.<br />

In Deutschland gibt es da zwei Lager: das eine sind<br />

Unternehmen, die am kurzfristigen Erfolg orientiert<br />

sind, das andere sind noch die vielen Familienunternehmen,<br />

die es sich leisten können, Nachhaltigkeitsgesichtspunkte<br />

in ihre Entscheidungen einfließen zu<br />

lassen.<br />

Ist der deutsche Arbeitsmarkt für den<br />

demografischen Wandel gerüstet<br />

Dr. Hilmar Schneider: Gr<strong>und</strong>lage dafür ist eine<br />

langfristige Personalplanung, zu der auch demografische<br />

Analysen gehören. Sie ist ein notwendiges <strong>und</strong><br />

selbstverständliches Steuerungsinstrument. Meine<br />

Erfahrung in der täglichen Praxis ist aber ernüchternd.<br />

Die Kennzahlensituation in vielen Unternehmen<br />

ist oft miserabel, es liegen weder Altersstruktur,<br />

noch Fluktuationszahlen oder Statistiken zu Neueinstellungen<br />

vor. Mit Blick auf die Quartalszahlen<br />

herrscht die Philosophie vor, die Lösung von Problemen<br />

erst dann anzugehen, wenn sie wehtun. Häufig<br />

sind das Konflikte zwischen dem Personal- <strong>und</strong> dem<br />

Finanzvorstand. In der Regel setzt sich dann der<br />

Finanzvorstand durch. In mittelständischen Familienunternehmen<br />

hat man oft einen besseren Überblick<br />

über die Personalsituation <strong>und</strong> kann besser planen.<br />

Gerade KMU sind da offener <strong>und</strong> nachhaltiger. Auf<br />

lange Sicht werden sie erfolgreicher sein, da im globalen<br />

Bereich die Karten neu gemischt werden. Die<br />

Musik spielt eindeutig bei den kleinen <strong>und</strong> mittleren<br />

Unternehmen.<br />

Was sind die derzeitigen Trendthemen im<br />

Bildungsmanagement<br />

Dr. Hilmar Schneider: <strong>Talentmanagement</strong> hat in den<br />

letzten Jahren ziemlich an Bedeutung gewonnen. Es<br />

wird in den Facetten betrieben, die früher nicht direkt<br />

mit Personalentwicklung in Verbindung gebracht<br />

wurden. Dabei taucht aus das Thema ‚Diversity‘<br />

auf, das für mich ein Teilbereich von <strong>Talentmanagement</strong><br />

ist. Dabei geht es um mehr als die klassische<br />

Vorstellung von Personalentwicklung: jeder einzelne<br />

soll im Team über sich hinaus wachsen <strong>und</strong> seine<br />

spezifischen Eigenschaften ins Team einbringen.<br />

Es ist nicht immer ratsam, den individuell besten<br />

Bewerber auszuwählen, sondern denjenigen, der am<br />

geeignetsten für das Team <strong>und</strong> das Unternehmen<br />

ist. Ein Team aus lauter Individualisten – <strong>und</strong> seien<br />

sie noch so leistungsstark – funktioniert in der Regel<br />

nicht besonders gut.<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

79<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Fortsetzung Experteninterview mit IZA - Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH<br />

Welche Rolle spielen die Führungskräfte im<br />

Bildungsmanagement<br />

80<br />

Dr. Hilmar Schneider: Sie sind die zentralen Figuren.<br />

Erfolgreiches Unternehmertum hat viel mit der Führungskultur<br />

zu tun, bei der Bildungsmanagement nur<br />

ein Teilbereich von vielen ist. Wertschätzung ist genauso<br />

zentral wie die Ermutigung, seine Fähigkeiten<br />

zur Entfaltung zu bringen. Leider begegnet man in der<br />

Praxis oft dem Fall, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter<br />

nur zögerlich entwickeln aus Angst, sie könnten<br />

ihnen eines Tages den Rang ablaufen. Die sogenannte<br />

„Wegbeiß-Strategie“ ist gerade in größeren Unternehmen<br />

sehr verbreitet. Nichtsdestotrotz führt kein Weg<br />

daran vorbei, den Führungskräften die Kompetenz<br />

zur Förderung von Potenzialen zu überlassen. Die<br />

Fähigkeit, das zu tun aber, sollte ein entscheidendes<br />

Auswahlkriterium bei der Rekrutierung von Führungskräften<br />

sein.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

81<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Prof. Dr. Marc Solga<br />

Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />

Experteninterview mit der Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />

Thema: Der Faktor Persönlichkeit in der betrieblichen Bildung<br />

82<br />

Wie definieren <strong>und</strong> beurteilen Sie das Thema<br />

<strong>Talentmanagement</strong><br />

Prof. Marc Solga: Im Kern umfasst <strong>Talentmanagement</strong><br />

zwei Ideen. Die Idee, Personalentwicklungsprozesse<br />

für Schlüsselpositionen langfristig zu gestalten<br />

<strong>und</strong> an die strategische Planung des Unternehmens<br />

anzukoppeln. Zweitens, die Idee der Integration vieler<br />

personalpsychologischer Maßnahmen <strong>und</strong> Instrumente:<br />

Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung sowie<br />

Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung sollen eng verzahnt,<br />

also aus einem Guss erfolgen. Eigentlich wird<br />

mit <strong>Talentmanagement</strong> nicht wirklich etwas Neues<br />

beschrieben. Die Ideen der Strategieorientierung<br />

<strong>und</strong> Verzahnung hat es schon vorher gegeben. Jetzt<br />

sind diese Ideen durch gesellschaftliche Veränderungsprozesse<br />

– Stichwort „War for Talents“ – zum<br />

Trend geworden. Außerdem hat der funkelnde Begriff<br />

<strong>Talentmanagement</strong> für eine ästhetische Aufwertung<br />

gesorgt.<br />

Welche Trends lassen sich in jüngerer Zeit in der<br />

HR-Community beobachten<br />

Prof. Marc Solga: In den letzten 15 bis 20 Jahren lässt<br />

sich eine Verschiebung der Schwerpunkte im Bereich<br />

Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung feststellen. Im<br />

Zuge der Betonung des Einflusses von Persönlichkeit<br />

auf die Arbeitsleistung ist die persönlichkeitsorientierte<br />

Personalauswahl immer stärker in den<br />

Mittelpunkt gerückt. Die Rekrutierung der „richtigen<br />

Mitarbeiter“ scheint heute oft wichtiger als die<br />

Förderung der bestehenden Belegschaft. In meinen<br />

Augen ist das keine gute Entwicklung. Personalauswahl<br />

ist wichtig. Sie ist aber erst die halbe Miete.<br />

Organisationale Identifikation, eigenverantwortliches<br />

Handeln <strong>und</strong> freiwilliges Arbeitsengagement – das<br />

sind Dinge, die sich erst durch gute Führung <strong>und</strong><br />

nachhaltige Personalentwicklung festigen. Denn<br />

Personalentwicklung ist mehr als die Vermittlung von<br />

Fachkenntnissen. Sie ist auch Wertevermittlung, partnerschaftliches<br />

Gestalten psychologischer Verträge,<br />

Unterstützung bei der Entwicklung von Karriereperspektiven.<br />

Für mich darf sich die qualitative, strategische<br />

Personalarbeit nicht in der Personalauswahl<br />

erschöpfen – Personalauswahl <strong>und</strong> -entwicklung<br />

bedingen einander <strong>und</strong> müssen einander ergänzen.<br />

Welchen Faktor spielt die Persönlichkeit der<br />

Mitarbeiter in der betrieblichen Bildung<br />

Prof. Marc Solga: Persönlichkeit spielt sicherlich eine<br />

bedeutsame Rolle im Zuge von Lern- <strong>und</strong> Lerntransferprozessen.<br />

Beispielsweise konnten wir in mehreren<br />

Studien den Einfluss des Merkmals Proaktivität<br />

belegen. Proaktive Persönlichkeiten zeichnen sich<br />

durch ein hohes Maß an Eigeninitiative <strong>und</strong> Veränderungsbereitschaft<br />

aus. Sie sind bereit, selbstgesteuert<br />

Dinge zu verändern, die nicht laufen, wie sie laufen<br />

sollten. Wir finden, dass proaktive Mitarbeiter eine<br />

größere Bereitschaft zeigen, Lernangebote zu nutzen.<br />

Zugleich sind sie initiativer bei der Anwendung des<br />

Gelernten. Sie nehmen den Trainingstransfer selbst<br />

in die Hand, ohne durch Aufforderung, Überwachung<br />

<strong>und</strong> Beurteilung dazu gedrängt zu werden. Eine Herausforderung<br />

an das betriebliche Bildungsmanagement<br />

besteht sicherlich darin, Mitarbeiterkompetenzen<br />

persönlichkeits- <strong>und</strong> potenzialgerecht zu fördern.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Was sind Fehler im Bildungsmanagement, die<br />

Unternehmen häufig begehen<br />

Prof. Marc Solga: Ich sehe ein großes Verbesserungspotenzial<br />

beim Transfermanagement, also bei<br />

Maßnahmen, die die Anwendung des Gelernten im<br />

Arbeitsalltag zu unterstützen versuchen. Kenntnisse<br />

<strong>und</strong> Fertigkeiten sollen ja nicht bloß gelernt, sondern<br />

auch angewendet werden. Vielfach scheitern Trainingsinitiativen<br />

am Arbeitsumfeld, weil es dort nicht<br />

transferförderlich zugeht – hier herrschen Zeit- <strong>und</strong><br />

Arbeitsdruck, oft fehlt es an direkten Anwendungsgelegenheiten<br />

<strong>und</strong> an aktiver Unterstützung durch<br />

Vorgesetzte <strong>und</strong> Kollegen. Es existieren aber viele<br />

elegante Lösungen für die Transferproblematik. Sie<br />

werden nur leider in der Praxis selten konsequent<br />

umgesetzt.<br />

In den USA verstehen sich viele Personalentwickler<br />

zunehmend als Performance Manager. Performance<br />

Management bedeutet, Leistungsverbesserung als<br />

das entscheidende Ziel zu setzen. Dann muss man<br />

nach Trainings <strong>und</strong> Coachings ganz notwendig auch<br />

Anwendungsprozesse begleiten <strong>und</strong> fördern. Performance<br />

Management bedeutet aber auch, Bausteine<br />

aus den Bereichen Personalpsychologie <strong>und</strong> Organisationsentwicklung<br />

zu kombinieren: Trainings,<br />

Coachings, Leistungsbeurteilungs- <strong>und</strong> Anreizsysteme,<br />

aber auch die Veränderung technologischer<br />

Strukturen <strong>und</strong> Geschäftsprozesse. Also wieder die<br />

Idee der strategischen Verzahnung von Ansätzen <strong>und</strong><br />

Instrumenten.<br />

Sie sprachen gerade von den USA. Sind die<br />

Amerikaner im Bildungsmanagement im Vergleich<br />

zu Deutschland besser gerüstet<br />

Prof. Marc Solga: Ich denke, das kann man so nicht<br />

sagen. Internationalisierung <strong>und</strong> Globalisierung<br />

führen ja dazu, dass es viel Austausch <strong>und</strong> Wissenstransfer<br />

gibt <strong>und</strong> sich die Inhalte <strong>und</strong> die didaktischen<br />

Formate nach <strong>und</strong> nach angleichen.<br />

Lassen sich Unterschiede im Bildungsmanagement<br />

entlang unterschiedlicher Branchen feststellen<br />

Prof. Marc Solga: Da mag es sicherlich Zielgruppenunterschiede<br />

geben. Aber ich glaube, entscheidender<br />

ist eigentlich der organisationsspezifische Reife- <strong>und</strong><br />

Professionalisierungsgrad im HR-Management. Eine<br />

wichtige Rolle spielt natürlich auch die Beschaffenheit<br />

beruflicher Aufgaben. Bei geschlossenen<br />

Aufgaben, also solchen, bei denen ein festes Inventar<br />

konkreter Handlungsschritte auf immer dieselbe Art<br />

<strong>und</strong> Weise durchzuführen ist, sind ganz andere Bildungs-<br />

<strong>und</strong> Unterstützungsmaßnahmen erforderlich<br />

als bei offenen Aufgaben. Letztere sind so beschaffen,<br />

dass man als Aufgabeninhaber stets situationsspezifisch<br />

variieren <strong>und</strong> improvisieren muss. Es gibt<br />

keinen sicheren Weg zur Lösung. Führungsaufgaben<br />

sind typischerweise offene Aufgaben. Sie setzen eine<br />

viel anspruchsvollere Form der Personalentwicklung<br />

voraus.<br />

83<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Fortsetzung Experteninterview mit Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Psychologie<br />

84<br />

Wie lässt sich die Effizienz von Bildungsmaßnahmen<br />

überzeugend messen<br />

Prof. Dr. Marc Solga: Um die Effizienz von Bildungsmaßnahmen<br />

im Sinne eines Return on Investment<br />

zu beurteilen, müssen Sie alle Effekte, die eine<br />

bestimmte Maßnahme hat, valide quantifizieren <strong>und</strong><br />

anschließend in Euro beziffern können. Beides ist<br />

außerordentlich schwierig. Wie wollen Sie beispielsweise<br />

die Zunahme von Mitarbeiterzufriedenheit nach<br />

einem Führungstraining in Geld ausdrücken Ich<br />

denke, da werden oft Versprechungen gemacht, die<br />

eigentlich nicht zu halten sind.<br />

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, ihre<br />

Mitarbeiter langfristig an sich zu binden<br />

Prof. Dr. Marc Solga: Bindung lässt sich durch zahlreiche<br />

Instrumente gestalten. Zugleich bietet die<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Organisationspsychologie eine Fülle von<br />

Konzepten an, auf die man sich dabei beziehen könnte.<br />

Ich nenne mal ein paar Schlagworte: Gestaltung<br />

psychologischer Verträge, Management von Gerechtigkeitswahrnehmungen,<br />

persönlichkeitsförderliche<br />

Aufgabengestaltung, Umgang mit Mikropolitik bzw.<br />

Konfliktmanagement. Das sind ganz überwiegend<br />

Führungsaufgaben. Wenn es um die Herstellung <strong>und</strong><br />

Aufrechterhaltung von Bindung geht, ist der direkte<br />

Vorgesetzte die entscheidende Größe. Deshalb sollte<br />

Beziehungsgestaltung ein zentrales Element in der<br />

Führungskräfteentwicklung sein.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

85<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Interviews mit führenden<br />

Thomas Kirchenkamp<br />

Kanzler der Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Experteninterview mit der Wilhelm Büchner Hochschule<br />

Thema: Die Rolle des berufsbegleitenden Fernstudiums in der Talententwicklung<br />

86<br />

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen<br />

einem berufsbegleitenden Fernstudium <strong>und</strong> dem<br />

betrieblichen <strong>Talentmanagement</strong><br />

Thomas Kirchenkamp: Das berufsbegleitende Fernstudium<br />

ist ein starkes Instrument, um motivierte<br />

Mitarbeiter zu fördern <strong>und</strong> weiterzuentwickeln. Die<br />

akademische Qualifizierung ausgebildeter technischer<br />

Fachkräfte zu Informatikern oder Ingenieuren<br />

ist aufgr<strong>und</strong> des Fachkräftemangels ein zentrales<br />

Thema. Ich denke hier beispielsweise an einen Elektrotechniker,<br />

der sich durch ein Bachelor-Studium in<br />

Elektro- <strong>und</strong> Informationstechnik weiter qualifiziert.<br />

Geht es darum, Wissen zu einem ganz bestimmten<br />

Themenbereich wie Qualitäts- <strong>und</strong> Prozessmanagement<br />

ins Unternehmen zu holen, muss es oft kein<br />

komplettes Bachelor-Studium sein. Es gibt auch<br />

akademische Zertifikatslehrgänge, die spezifische<br />

Schwerpunkte aus einem Bachelor- oder Masterstudiengang<br />

herausgreifen. Leider findet das Potenzial,<br />

das in der akademischen Weiterentwicklung vorhandener<br />

Mitarbeiter steckt, bislang noch viel zu wenig<br />

Beachtung.<br />

Wie funktioniert ein berufsbegleitendes<br />

Fernstudium<br />

Thomas Kirchenkamp: Ein modernes Fernstudium<br />

beruht auf einem Methoden-Mix aus schriftlichen<br />

Studienmaterialien, Online-Studium, Präsenzphasen<br />

wie beispielsweise Laborkursen <strong>und</strong> persönlicher<br />

Betreuung. Auf Basis ausführlicher Studienhefte<br />

steuern die Fernstudierenden das Lernen eigenverantwortlich.<br />

Um die theoretischen Gr<strong>und</strong>lagen zu<br />

veranschaulichen, enthalten die Studienhefte<br />

zahlreiche praxisnahe Beispiele, Übungen <strong>und</strong><br />

schriftlich zu lösende Aufgaben. Wichtig ist, dass die<br />

Teilnehmer von ihren Tutoren eine individuelle Beurteilung<br />

ihrer Lernerfolge erhalten. Um neben fachlichem<br />

Wissen auch die kommunikativen <strong>und</strong> sozialen<br />

Kompetenzen der Studierenden auszubauen, arbeiten<br />

innovative Anbieter mit Chatrooms, Fachforen<br />

<strong>und</strong> virtuellen Seminarräumen auf einem hochschuleigenen<br />

Online-Campus.<br />

Wie viel Zeit muss in ein technisches Fernstudium<br />

investiert werden <strong>und</strong> wie lange dauert es<br />

Thomas Kirchenkamp: In der Regel ist von r<strong>und</strong> 15<br />

bis 20 St<strong>und</strong>en pro Woche auszugehen. Um Studium<br />

<strong>und</strong> Beruf vereinbaren zu können, sind flexible Rahmenbedingungen<br />

wichtig. Sie ermöglichen es, dass<br />

die Studierenden ihr Lerntempo <strong>und</strong> die Lernzeiten<br />

eigenverantwortlich an ihren persönlichen Alltag anpassen<br />

können. Bezüglich der Dauer eines berufsbegleitenden<br />

Fernstudiums herrscht oft die Vorstellung,<br />

dass es länger dauern müsse als ein Präsenzstudium.<br />

Ein Ergebnis aus einer Absolventenbefragung<br />

der Wilhelm Büchner Hochschule, die im Frühjahr<br />

2011 durchgeführt wurde, widerlegt dies: 85 Prozent<br />

der befragten Absolventen gaben an, ihren Abschluss<br />

in der Regelstudienzeit bzw. mit ein oder höchstens<br />

zwei Semestern mehr oder weniger geschafft zu<br />

haben.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Bildungsexperten<br />

Welche Vorteile haben Unternehmen, die das<br />

berufsbegleitende Fernstudium in ihr Weiterbildungsportfolio<br />

aufnehmen<br />

Thomas Kirchenkamp: Die Unternehmen profitieren<br />

von dem hohen Praxisbezug <strong>und</strong> dem intensiven<br />

Wissenstransfer, der vom ersten Tag des Studiums<br />

an stattfindet. Sie brauchen nicht mehrere Jahre zu<br />

warten, bis der „fertige“ Ingenieur, Betriebswirt oder<br />

Wirtschaftsinformatiker sein Wissen einbringt. Denn<br />

in einem Fernstudium werden Kompetenzerwerb <strong>und</strong><br />

Arbeitswelt von Studienbeginn an eng miteinander<br />

verknüpft: Die Studierenden bringen die fachliche<br />

Expertise aus ihrer einschlägigen Berufstätigkeit in<br />

das Studium ein. Gleichzeitig wenden sie ihr neu<br />

erworbenes Wissen direkt im Berufsalltag an. Diesen<br />

Praxisbezug bezeichnen wir gerne als den „Rückenwind“,<br />

der berufstätige Studierende antreibt.<br />

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass kaum Arbeitszeit<br />

ausfällt, da das Studieren überwiegend in der Freizeit<br />

erfolgt.<br />

Welche Hausaufgaben müssen im Rahmen des<br />

betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>s<br />

erledigt werden, um mehr Mitarbeiter für ein<br />

Fernstudium zu gewinnen<br />

Thomas Kirchenkamp: Ich sehe hier drei Aufgaben:<br />

Erstens müssen die Führungskräfte in den entsprechenden<br />

Abteilungen dafür sensibilisiert werden,<br />

motivierte <strong>und</strong> leistungsbereite Fachkräfte als potenzielle<br />

Teilnehmer zu identifizieren. Zweitens gilt es,<br />

Modelle zu entwickeln, mit denen Beruf <strong>und</strong> Studium<br />

gut zu vereinbaren sind. Die Möglichkeiten reichen<br />

von finanzieller Unterstützung über flexible Arbeitszeitgestaltung<br />

bzw. einer Reduzierung der Arbeitszeit<br />

bis hin zu extra freien Tagen für die Prüfungsvorbereitung.<br />

Drittens empfiehlt es sich, Karrierewege zu<br />

definieren <strong>und</strong> zu kommunizieren. Sie zeigen Interessierten,<br />

welche Aufstiegsoptionen sie sich durch ein<br />

berufsbegleitendes Fernstudium eröffnen.<br />

Die Wilhelm Büchner Hochschule verfügt über<br />

jahrelange Erfahrung im Qualitätsmanagement.<br />

Welche Chancen sehen Sie für Unternehmen, die<br />

Qualitätsrichtlinien für das Management von<br />

Weiterbildung <strong>und</strong> Talentförderung einführen<br />

Thomas Kirchenkamp: Qualität ist ein Leitbild unserer<br />

Hochschule. Ein wichtiger Qualitätsbaustein<br />

beispielsweise ist die Zertifizierung nach ISO 9001.<br />

Diese stellt sicher, dass sämtliche Prozesse in allen<br />

Unternehmensbereichen den international anerkannten<br />

Richtlinien entsprechen. Darüber hinaus lassen<br />

wir sämtliche Studiengänge auf die vom deutschen<br />

Akkreditierungsrat definierten Qualitätskriterien überprüfen.<br />

Hinzu kommen weitere Qualitätssiegel. Für<br />

Unternehmen wird ein intensives Qualitätsmanagement<br />

im Bereich Bildung <strong>und</strong> Talentförderung ähnlich<br />

positive Auswirkungen haben: Es werden definierte<br />

Qualitätsstandards verbindlich etabliert <strong>und</strong> eingehalten;<br />

außerdem verankert sich der Qualitätsanspruch<br />

in der tagtäglichen Arbeit. Letztendlich profitiert die<br />

berufliche Weiterentwicklung der Talente im Unternehmen<br />

<strong>und</strong> mit ihr die Innovations- <strong>und</strong> Konkurrenzfähigkeit<br />

des Unternehmens.<br />

87<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Dennis Dennert<br />

Pressesprecher<br />

Deutsche Telekom<br />

Markus Lecke<br />

Leiter Team Bildungspolitik<br />

Deutsche Telekom<br />

Experteninterview mit der Deutschen Telekom<br />

Thema: Zielgruppenspezifisches Lernen im Unternehmen<br />

88<br />

Gibt es bei der Deutschen Telekom ein<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

Markus Lecke: Wir haben zum einen den Bereich<br />

Bildungspolitik, der sich übergeordnet im Konzern<br />

mit Bildung wie dem Angebot berufsbegleitender<br />

Studiengänge oder der Auswahl akademischer Kooperationspartner<br />

beschäftigt. Zum anderen liegen<br />

die Aufgaben des klassischen Bildungsmanagements<br />

bei uns in der Verantwortung des Competence Center<br />

Human Resources Development. Dieses ist wiederum<br />

in unterschiedliche Bereiche unterteilt. <strong>Talentmanagement</strong>,<br />

also die systematische Identifizierung,<br />

Förderung <strong>und</strong> Bindung besonders leistungsfähiger<br />

Mitarbeiter, ist einer dieser Bereiche.<br />

Wie sähen Ihrer Meinung nach die perfekten<br />

Rahmenbedingungen für ein gutes betriebliches<br />

Bildungsmanagement aus<br />

Markus Lecke: Zunächst muss das Unternehmen<br />

die gr<strong>und</strong>legenden Ziele <strong>und</strong> Rahmenbedingungen<br />

des betrieblichen Bildungsmanagements definieren.<br />

Es muss klar werden, wie die Bildungsbedarfe<br />

identifiziert <strong>und</strong> der Erfolg von Maßnahmen ermittelt<br />

werden. Ein gutes Bildungsmanagement ist in die<br />

Führungsaufgaben integriert <strong>und</strong> stellt eine Verbindung<br />

zwischen dem Bedarf der Mitarbeiter <strong>und</strong> den<br />

Unternehmenszielen her. Es müssen individuelle<br />

Entwicklungsgespräche, sei es einzeln, sei es im<br />

Rahmen des Mitarbeitergespräches, geführt werden.<br />

Daneben sollte der Mitarbeiter die Möglichkeit haben,<br />

sich durch eine unabhängige Bildungsberatung individuell<br />

<strong>und</strong> vertraulich beraten zu lassen. Schließlich<br />

ist auch wichtig, dass allen Mitarbeitern ein Forum<br />

oder Tool bereitgestellt wird, über das sie ihr Feedback<br />

an die Verantwortlichen herantragen können.<br />

Inwiefern sollte sich Bildungsmanagement an<br />

betrieblichen Zielgruppen orientieren<br />

Markus Lecke: Klar muss sein, dass alle Zielgruppen<br />

eines Unternehmens in das Bildungsmanagement<br />

integriert werden. Das ist ein wesentliches Qualitätskriterium<br />

exzellenter Mitarbeiterförderung. Jeder<br />

Mitarbeiter ist einzigartig <strong>und</strong> muss deshalb auch<br />

im Bildungsmanagement einzeln betrachtet werden.<br />

Über ein festes Kompetenzmanagementsystem sollten<br />

individuelle Entwicklungspotenziale identifiziert<br />

<strong>und</strong> unter Berücksichtigung der Unternehmensziele<br />

Strategien zu deren Hebung erarbeitet werden. Die<br />

konkrete Ausarbeitung der Konzepte unterscheidet<br />

sich dann von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. Dabei sollte<br />

beachtet werden, dass sich die Bildungsplanung<br />

nicht nach den Qualifikationen der Mitarbeiter zu<br />

richten hat, sondern nach den Kompetenzen <strong>und</strong> der<br />

tatsächlichen Leistung.<br />

Welche Lernformen sind für welche Zielgruppen<br />

am besten geeignet<br />

Markus Lecke: Zunächst mal muss man hier zwischen<br />

Altersgruppen unterscheiden. Mitarbeiter über 40<br />

lernen anders als ihre jüngeren Kollegen. Die optimale<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Lösung ist sicherlich lebensphasenorientiertes Lernen<br />

– allerdings setzen die meisten Unternehmen das<br />

bisher so nicht um. Eine sehr effektive Methode ist es,<br />

formelles Lernen durch informelles Lernen anzureichern<br />

<strong>und</strong> den Austausch zwischen den Mitarbeitern<br />

anzuregen, zum Beispiel mit Hilfe von Peergroupmeetings<br />

in sozialen Netzwerken.<br />

Dennis Dennert: Bei der Diskussion um zielgruppengerichtetes<br />

Lernen spielt beginnend bei der Erstausbildung<br />

das Thema Lernprozessbegleitung eine<br />

wesentliche Rolle. Dabei ist nicht nur die didaktische<br />

Methode ausschlaggebend, sondern auch die Vermittlung<br />

von Eigenverantwortung.<br />

Stichwort „Diversity“ – wie wird das Thema im<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> bei der<br />

Telekom abgebildet<br />

Dennis Dennert: Einer der Schwerpunkte unseres<br />

„Diversity“-Verständnisses ist die vielfältige Mischung<br />

von Generationen. Das Mentorenprinzip, dass der<br />

Senior den Junior ausbildet <strong>und</strong> berät, ist ja weit verbreitet.<br />

In unserem „Reverse-Mentoring“-Programm<br />

wenden wir auch das umgekehrte Prinzip an. Gerade<br />

wenn es um Social Media <strong>und</strong> ähnliche Themen geht,<br />

sind jüngere Mitarbeiter den Älteren oftmals voraus<br />

<strong>und</strong> können selber als Mentoren tätig werden.<br />

Wie hoch schätzen Sie aktuell den Stellenwert<br />

von informellem Lernen bei Ihren Zielgruppen<br />

ein<br />

Markus Lecke: Informelles Lernen funktioniert schon<br />

sehr lange, ohne dass wir es explizit beim Namen<br />

nennen. Die Angebote des Austausches sind gewachsen.<br />

Blogs, Netzwerke <strong>und</strong> generell Web 2.0 Formate<br />

haben die Möglichkeiten des informellen Lernens professionalisiert.<br />

Gleichzeitig fand ein Umdenken in der<br />

Arbeitswelt statt, das die Entwicklung noch bestärkte.<br />

Es wird heute weniger auf die formale Qualifikation als<br />

auf die Kompetenzen der Mitarbeiter geachtet. Bei der<br />

Telekom haben wir ein konzernweites Kompetenzmodell<br />

zur Einschätzung <strong>und</strong> Bewertung der Mitarbeiter<br />

eingeführt. Natürlich darf man nicht aus den Augen<br />

verlieren, dass gerade informelles Lernen nur sehr<br />

schwer systematisch erfasst <strong>und</strong> gemessen werden<br />

kann. Das stellt das Bildungscontrolling vor Probleme.<br />

Kann denn der Mehrwert von Bildungsmaßnahmen<br />

überhaupt durch das Bildungscontrolling<br />

erfasst werden<br />

Markus Lecke: Der generierte Mehrwert kann durchaus<br />

gemessen werden, allerdings nicht in Quartalszahlen,<br />

sondern mittelfristig zum Beispiel über die<br />

Veränderungen in den individuellen Kompetenzprofilen<br />

der Mitarbeiter bzw. der Leistung der Mitarbeiter.<br />

89<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit der Deutschen Telekom<br />

90<br />

Wie muss ein gutes Bildungscontrolling<br />

aussehen<br />

Markus Lecke: Zunächst gilt es, für Bildungsmaßnahmen<br />

Ziele zu definieren <strong>und</strong> diese jeweils mit<br />

überprüfbaren Kriterien zu hinterlegen. Diese Zielvereinbarung<br />

sollte zwischen Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskraft<br />

erfolgen <strong>und</strong> auf einem firmenweiten Kompetenzmanagementsystem<br />

fußen. Im Anschluss muss<br />

identifiziert werden, inwieweit diese Ziele erreicht<br />

wurden. Die Abfrage der Zufriedenheit im Anschluss<br />

einer Maßnahme lässt allerdings kaum einen Schluss<br />

auf die dadurch erzielten Effekte zu. Bewertet wird<br />

dann eher das Ambiente <strong>und</strong> die Kompetenz bzw.<br />

Eloquenz der Trainer. Besser ist es, im Abstand von<br />

mehreren Wochen noch einmal ein Entwicklungsgespräch<br />

zwischen Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskraft<br />

anzusetzen, in welchem überprüft wird, ob durch die<br />

Maßnahmen die definierten Ziele erreicht werden<br />

konnten, zum Beispiel über die Veränderungen in den<br />

individuellen Kompetenzprofilen.<br />

Wie können Unternehmen betriebliches Bildungsmanagement<br />

im Rahmen ihrer Employer<br />

Branding Strategie nutzen<br />

Markus Lecke: Für junge Fachkräfte ist das Image<br />

der Firma, in der sie künftig arbeiten wollen, sehr<br />

wichtig, sogar wichtiger als das Gehalt. Ein gutes<br />

Bildungsmanagement stärkt <strong>und</strong> pflegt dieses Image<br />

erheblich. Ein gut strukturiertes Angebot an Maßnahmen<br />

der Qualifizierung, das sowohl dem Interesse<br />

der Mitarbeiter auf eine Steigerung der Employability<br />

als auch den Unternehmenszielen Rechnung trägt,<br />

wirkt sich sehr positiv auf die Mitarbeiterbindung aus.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

91


Experteninterviews HR<br />

Thomas Bauer<br />

Leiter Personalplanung/<br />

-gewinnung <strong>und</strong> Organisation<br />

Emschergenossenschaft/<br />

Lippeverband<br />

Michael Backes<br />

Leiter Personalentwicklung<br />

Emschergenossenschaft/<br />

Lippeverband<br />

Experteninterview mit der Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />

Thema: Unternehmenskultur <strong>und</strong> Bildung<br />

92<br />

Herr Backes, Sie sind bereits lange im Bereich<br />

der Personalentwicklung tätig. Messen Unternehmen<br />

dem Thema Bildung heute mehr Bedeutung<br />

bei als früher<br />

Michael Backes: Definitiv. Die Unternehmen verstehen<br />

zunehmend, dass sie Mitarbeiter brauchen, die<br />

am Puls der Zeit arbeiten können, die vorbereitet sind<br />

auf neue Aufgaben <strong>und</strong> diese aktiv angehen wollen<br />

<strong>und</strong> können.<br />

Thomas Bauer: Viele Firmen in Deutschland agieren<br />

heute zielgerichteter <strong>und</strong> richten sich nach den<br />

Bedarfen der jeweiligen Zielgruppe aus. Die Verantwortlichkeiten<br />

sind heute genauer definiert. Bildungsmanagement<br />

ist in Großunternehmen häufig als Führungsaufgabe<br />

definiert <strong>und</strong> wird mit Verantwortung<br />

belegt. Auch das Angebot der Bildungsmaßnahmen<br />

ist stark gewachsen.<br />

Wie steht Deutschland in punkto Bildungsmanagement<br />

im internationalen Vergleich da<br />

Michael Backes: Ich würde sagen irgendwo im Mittelfeld.<br />

Das größte Problem ist, dass dem Bildungsmanagement<br />

in sehr vielen Unternehmen der rote<br />

Faden fehlt. Es wird zu oberflächlich weitergebildet.<br />

Die Angebote sind weder auf die Bedarfe des Unternehmens<br />

noch auf die Wünsche des Mitarbeiters<br />

abgestimmt. Dadurch gelingt es nicht, Maßnahmen<br />

dort einzusetzen, wo sie benötigt werden. Aus meiner<br />

Erfahrung kann ich sagen, dass häufig ein stichfestes<br />

Qualitätsmanagement der Bildungsangebote fehlt, so<br />

dass die Qualität nicht selten mangelhaft ist.<br />

Mit Blick auf das Qualitätsmodell des Deutschen<br />

<strong>Bildungspreis</strong>es: welche Aspekte scheinen Ihnen<br />

besonders wichtig<br />

Michael Backes: Zunächst einmal ist die Verankerung<br />

der Bildung in den Leitlinien des Unternehmens<br />

essenziell. Ein Unternehmen muss sein Bildungsmanagement<br />

strategisch ausrichten <strong>und</strong> dafür Sorge<br />

tragen, dass nicht an den Bedarfen „vorbeigebildet“<br />

wird. Dafür ist es sicherlich notwendig, dass Vorstand<br />

<strong>und</strong> Personalentwicklung im engen Austausch stehen.<br />

Dieser Austausch muss institutionalisiert sein.<br />

Gleiches gilt für die Führungsphilosophie einer Organisation.<br />

Bildung muss systematisch in den Köpfen<br />

aller Beteiligten verankert werden, denn das ist die<br />

Basis für die Implementierung des Bildungsmanagements.<br />

Ausgangspunkt ist das Bekenntnis <strong>und</strong> die<br />

Verpflichtung der Führungskräfte zur Weiterbildung.<br />

Darüber hinaus halte ich es für sehr wichtig, alle Mitarbeiter<br />

in das Bildungsmanagement zu integrieren.<br />

Das ist zweifelsohne eine große Herausforderung,<br />

derer man sich in der Praxis oft nicht stellt, aber sie<br />

ist für den Unternehmenserfolg ausschlaggebend.<br />

Wie funktioniert die strategische Anbindung des<br />

Bildungsmanagements an das Unternehmen<br />

Michael Backes: Die Geschäftsführung legt die<br />

Hauptaufgaben der Geschäftsbereiche langfristig<br />

fest. Aus diesen Hauptaufgaben werden die Hauptziele<br />

für die Bildungsplanung definiert, die von den<br />

Führungskräften jahresbezogen auf die eigenen<br />

Mitarbeiter gespiegelt werden. Durch Mitarbeitergespräche<br />

<strong>und</strong> Zielvereinbarungen werden diese<br />

Ziele festgehalten <strong>und</strong> zu einem späteren Zeitpunkt<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


im Rahmen des Bildungscontrollings evaluiert. Dem<br />

geht eine Bedarfsanalyse voraus, bei der im Vorfeld<br />

Arbeitsplatzprofile <strong>und</strong> Anforderungsanalysen erstellt<br />

werden.<br />

Thomas Bauer: Diesen Prozess können <strong>und</strong> sollten<br />

Unternehmen aller Größen <strong>und</strong> Branchen leisten. Die<br />

Emschergenossenschaft als mittelständisches Unternehmen<br />

beispielsweise handhabt das in der Weise<br />

seit vielen Jahren.<br />

Welche Rolle sollten die Mitarbeiter bei der Festlegung<br />

ihrer Bildungsziele spielen<br />

Michael Backes: Die Mitarbeiter sollten ihre Bildungsziele<br />

gemeinsam mit der Führungskraft definieren <strong>und</strong><br />

darüber hinaus auch gleich die Kriterien bestimmen,<br />

mit welchen die Erreichung dieser Ziele gemessen<br />

werden kann. Das ist ein sehr aufwändiger Vorgang, der<br />

sich aber wirklich lohnt.<br />

Thomas Bauer: Wir haben aus der Praxis gelernt,<br />

dass man von den Führungskräften nicht erwarten<br />

kann, dass sie alle Bildungsziele mit allen Mitarbeitern<br />

definieren. Wir pflegen eine Kultur der Offenheit,<br />

in der sich Führungskräfte auch helfen lassen. In einem<br />

Dialog zwischen Führungskraft, Mitarbeiter <strong>und</strong><br />

Personalentwicklung werden dann die Ziele abgeleitet.<br />

Gr<strong>und</strong>lage ist die Stellenausschreibung, in der<br />

alle wichtigen Kompetenzen der Position beschrieben<br />

sind. Das ist pragmatisch handhabbar.<br />

Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur für<br />

das Bildungsmanagement<br />

Michael Backes: Die Unternehmenskultur ist sicherlich<br />

ein Schlüsselfaktor. Ohne eine transparente,<br />

offene Unternehmenskultur fehlt dem Bildungsmanagement<br />

die notwendige Basis. Um die Mitarbeiter<br />

leistungsfähig <strong>und</strong> motiviert zu halten, braucht es<br />

die richtigen betrieblichen Rahmenbedingungen. Wir<br />

setzen hierbei ganz klar einen Fokus auf die Themen<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Bildung <strong>und</strong> gute Führung.<br />

Welche Bedeutung haben Innovationen im Bildungsmanagement<br />

Michael Backes: Man muss als Unternehmen immer<br />

offen sein für innovative Konzepte. Allerdings sollte<br />

auch hinterfragt werden, ob <strong>und</strong> inwiefern neue<br />

Konzepte <strong>und</strong> Maßnahmen sinnvoll sind. Was man<br />

als Innovation definiert, hängt stark davon ab, durch<br />

was für eine Unternehmenskultur, Position <strong>und</strong> Größe<br />

eine Firma charakterisiert ist.<br />

Thomas Bauer: Als Personaler sollte man da realistisch<br />

sein. In einem traditionellen, seriösen Unternehmen<br />

lassen sich nicht die gleichen Konzepte verwirklichen<br />

wie in einer jungen IT-Firma.<br />

93<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit der Emschergenossenschaft/Lippeverband<br />

94<br />

Die Unternehmenskultur spielt auch bei der Rekrutierung<br />

von neuen Mitarbeitern eine wesentliche<br />

Rolle. Wie kann sich ein Unternehmen am<br />

besten im „War for Talents“ positionieren<br />

Thomas Bauer: Wiederum ist hier die Bedarfsanalyse<br />

von zentraler Bedeutung, denn sie bildet den Ausgangspunkt<br />

für die mittel- <strong>und</strong> langfristige Personalplanung<br />

unter Berücksichtigung des Wettbewerbs.<br />

Schließlich gilt es, seine Arbeitgeberattraktivität<br />

durch Instrumente zu stärken, die passend <strong>und</strong><br />

glaubwürdig sind. Man muss eruieren, wo ein Engagement<br />

Sinn macht. Als traditionelles Unternehmen<br />

macht es keinen Sinn, bisherige Wege der Personalbeschaffung<br />

komplett zu verlassen. Vielmehr geht es<br />

darum, zielgruppenorientiert zu rekrutieren, das heißt<br />

sowohl klassische als auch neue Medien zu nutzen.<br />

Die Diversifizierung der Kanäle ist für mich nur dann<br />

ein Qualitätskriterium, wenn sie damit den richtigen<br />

Mitarbeiter für die passende Stelle erreichen.<br />

Was erwarten denn die Bewerber von einem<br />

guten Arbeitgeber<br />

Thomas Bauer: Wir beobachten, dass junge Arbeitnehmer,<br />

befragt nach ihrem bevorzugten Arbeitgeber,<br />

andere Prioritäten angeben als noch vor einigen Jahren.<br />

Geld als einziger Anreiz funktioniert schon lange<br />

nicht mehr. Hochqualifizierte Mitarbeiter beurteilen<br />

das Unternehmen immer mehr anhand weicher Faktoren.<br />

Sie achten auf Image <strong>und</strong> Unternehmenskultur,<br />

das soziale Umfeld, die Kollegen. Auch die Sicherheit<br />

des Arbeitsplatzes spielt eine Rolle, genauso wie der<br />

Erhalt der Work-Life-Balance. Darüber hinaus wird<br />

vielfach auf Sozialleistungen geachtet.<br />

Michael Backes: Besonders die Karriereplanung ist<br />

wichtig. Die Personalentwicklung muss dafür sorgen,<br />

dass eine Karriereplanung vorhanden ist. Dazu<br />

müssen die Unternehmensstrukturen transparent<br />

sein. Ein neuer Mitarbeiter sollte seine Entwicklungsperspektiven<br />

<strong>und</strong> -möglichkeiten kennen, das trägt<br />

entscheidend zur Motivation bei.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

95


Experteninterviews HR<br />

Heike Glock<br />

Mitarbeiterentwicklung<br />

Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />

Experteninterview mit der Endress+Hauser Messtechnik GmbH+Co.KG<br />

Thema: Unternehmensindividuelle Lösungen im Bildungsmanagement<br />

96<br />

Wie ist das Bildungsmanagement bei<br />

Endress+Hauser aufgebaut<br />

Heike Glock: Wir nutzen eher den Begriff Personalentwicklung.<br />

Die Personalentwicklung ist in der<br />

HR-Abteilung integriert <strong>und</strong> wir arbeiten sehr eng mit<br />

den anderen HR-Kollegen zusammen. Dadurch sind<br />

wir beispielsweise in den Workflow für Neueinstellungen<br />

<strong>und</strong> Versetzungen integriert. Das heißt, wir<br />

können hier auf Neueinstellungen <strong>und</strong> Versetzungen<br />

sofort reagieren <strong>und</strong> die Mitarbeiter für entsprechende<br />

Maßnahmen, zum Beispiel Einführungsschulungen<br />

vorsehen oder maßgeschneiderte Maßnahmen für ein<br />

verändertes Aufgabenspektrum entwickeln.<br />

Durch unsere sehr offene Kultur haben wir kurze <strong>und</strong><br />

direkte Wege zu allen Ebenen <strong>und</strong> Bereichen <strong>und</strong><br />

sind mittendrin.<br />

Wie kann ein Unternehmen Bildungsmanagement<br />

an seinen Bedürfnissen ausrichten<br />

Heike Glock: Für mich bedeutet Qualität im Bildungsmanagement,<br />

dass alle Maßnahmen an den Bedürfnissen<br />

des Unternehmens <strong>und</strong> des Mitarbeiters gleichermaßen<br />

ausgerichtet sind. Das bezieht sich zum<br />

einen auf die Lernformen, aber in besonderem Maße<br />

auch auf die Inhalte. Nur wenn diese unternehmensindividuell<br />

gestaltet sind, also die tatsächlichen Gegebenheiten<br />

im Unternehmen <strong>und</strong> die Aufgaben an<br />

den einzelnen Arbeitsplätzen einbeziehen, kann der<br />

Mitarbeiter wirklich davon profitieren. Das bedeutet<br />

zum Beispiel auch, dass Weiterbildung funktionsindividuell,<br />

also speziell für jede Funktion <strong>und</strong> Tätigkeit<br />

konzipiert sein muss.<br />

Wie wird das bei Endress+Hauser umgesetzt<br />

Heike Glock: Wir arbeiten mit einer Mischung aus<br />

Standardschulungen <strong>und</strong> individuellen Lösungen, die<br />

in enger Abstimmung mit der Führungskraft eingesetzt<br />

werden. Außerdem jobbegleitende Maßnahmen<br />

– die kann man nicht standardisieren, sondern die<br />

müssen immer einen ganz engen Bezug zum Unternehmensalltag<br />

haben. Bei unseren Seminaren achten<br />

wir darauf, dass bei allen Inhouse-Angeboten unsere<br />

Spezifika einbezogen werden, das heißt, bei externen<br />

Anbietern entwickeln wir die Inhalte gemeinsam.<br />

Welche Bedeutung hat informelles Lernen<br />

Heike Glock: Informelles Lernen wird immer wichtiger,<br />

besonders, wenn es darum geht, bedarfsgerecht<br />

zu lernen. Es gibt nun einmal verschiedene Lerntypen,<br />

davor darf das Bildungsmanagement die Augen<br />

nicht verschließen. Informelles Lernen ist jedoch<br />

ganz stark Frage der Unternehmenskultur <strong>und</strong> kann<br />

vom Bildungsmanagement nur begrenzt beeinflusst<br />

werden. Wichtig ist der offene Umgang miteinander.<br />

Wir versuchen das zum Beispiel mit interdisziplinären<br />

Arbeitskreisen, Plattformen, unserem Wiki <strong>und</strong> einer<br />

Chatfunktion am PC zu unterstützen.<br />

Was ist noch entscheidend für den Erfolg<br />

des Bildungsmanagements<br />

Heike Glock: Die Nachhaltigkeit – Weiterbildung<br />

muss immer am konkreten Bedarf der Mitarbeiter orientiert<br />

sein. Und es darf kein „Lernen auf Vorrat“ sein,<br />

sondern muss sofort in die Praxis umgesetzt werden.<br />

Nur dann bleibt wirklich etwas hängen <strong>und</strong> nur so<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


können die Prozesse im Unternehmen langfristig optimiert<br />

werden. Methodik <strong>und</strong> Didaktik sind natürlich<br />

auch sehr wichtig.<br />

Wie erreichen Sie die Mitarbeiter<br />

mit Ihren Angeboten<br />

Heike Glock: Die Weiterbildung wird in den Mitarbeitergesprächen<br />

geplant. Dabei werden die Wünsche<br />

des Mitarbeiters <strong>und</strong> der Bedarf am Arbeitsplatz<br />

zusammengebracht. Jeder bekommt dann einen individuellen<br />

Vorschlag, für dessen Umsetzung er selbst<br />

verantwortlich ist. Das heißt, die Mitarbeiter kommen<br />

meist von allein zu uns. Uns ist wichtig, dass<br />

Weiterbildung nicht von oben verordnet ist, sondern<br />

auf freiwilliger Basis geschieht – quasi Lernen aus<br />

einer Selbsterkenntnis heraus. Dafür ist die Unternehmenskultur<br />

natürlich besonders wichtig. Das geht<br />

nur, wenn Bildung als Wert vom Management getragen<br />

<strong>und</strong> aktiv gelebt wird.<br />

Welche Fähigkeiten muss ein Bildungsmanager<br />

dafür mitbringen<br />

Heike Glock: Am wichtigsten ist die Erfahrung innerhalb<br />

des Unternehmens. Ich muss das Unternehmen,<br />

die Abläufe, die Entscheider, das Zusammenspiel der<br />

verschiedenen Abteilungen <strong>und</strong> die Herausforderungen<br />

der einzelnen Tätigkeiten sehr gut kennen, um<br />

eine übergreifende <strong>und</strong> strategische Perspektive einnehmen<br />

zu können. Nur, wenn ich das Unternehmen<br />

wirklich kenne, kann ich passgenaue Bildungsangebote<br />

erstellen. Und Erfahrung hilft zudem auch bei<br />

der Anerkennung der eigenen Person aber auch des<br />

Bildungsmanagements bei der Geschäftsführung.<br />

97<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Klaus Schöneberger<br />

Leiter Personalentwicklung<br />

GOTHAER Versicherungen<br />

Matthias Wendler<br />

Bereich Personalentwicklung<br />

GOTHAER Versicherungen<br />

Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />

Thema: Bildung als wichtigste Aufgabe der Personalentwicklung<br />

98<br />

Was verstehen Sie unter betrieblichem<br />

Bildungsmanagement<br />

Klaus Schöneberger: Ich persönlich sehe darin alle<br />

Prozesse vereint, die dazu beitragen, die Mitarbeiter<br />

im Unternehmen optimal auf jetzige <strong>und</strong> zukünftige<br />

Aufgaben vorzubereiten. Dem Bildungsmanagement<br />

muss ganz klar ein Managementzyklus zugr<strong>und</strong>e liegen:<br />

Erfassen des Bedarfs, Ableiten von Maßnahmen,<br />

Evaluation der Maßnahmen <strong>und</strong> ggf. Interventionssteuerung.<br />

Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Wissensmanagement<br />

Matthias Wendler: Das Wissensmanagement gewinnt<br />

in dem Maße an Bedeutung wie informelles Lernen<br />

zunimmt. Das Wissen in den Unternehmen wächst<br />

stetig – den Überblick zu behalten <strong>und</strong> Erfahrungswissen<br />

so punktgerichtet zur Verfügung zu stellen,<br />

dass daraus Lerneffekte gezogen werden können,<br />

ist ein ganz wesentlicher Benefit für das Bildungsmanagement.<br />

In dem Moment, in dem ich Wissen im<br />

Unternehmen bereitstelle, stelle ich auch ein mögliches<br />

Lernfeld bereit.<br />

Stichwort informelles Lernen: wie können Unternehmen<br />

hier optimale Rahmenbedingungen<br />

schaffen<br />

Matthias Wendler: Bei uns ist ein wichtiges Stichwort<br />

in diesem Zusammenhang die kollegiale Beratung.<br />

Wir stellen Settings zur Verfügung, in denen es den<br />

Mitarbeitern ermöglicht wird, Wissen <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

zu teilen <strong>und</strong> weiterzugeben, um dadurch Lernprozesse<br />

anzuregen. So finden Vernetzung <strong>und</strong> informelles<br />

Lernen statt, nicht nur auf der kognitiven, sondern<br />

auch auf der Verhaltensebene. Dabei wird die Bedeutung<br />

sozialer Netzwerke weiter zunehmen.<br />

Klaus Schöneberger: Die kollegiale Beratung funktioniert<br />

bereichsübergreifend <strong>und</strong> hat auch einen positiven<br />

Effekt auf die Kultur <strong>und</strong> das Miteinander. Die<br />

Mitarbeiter lernen sich kennen <strong>und</strong> bauen Vertrauen<br />

auf. Wir beobachten, dass die gegenseitige Hilfsbereitschaft<br />

wächst, dass sich Kollegen anrufen, wenn<br />

es Probleme gibt.<br />

Wie lässt sich Bildungsmanagement nachhaltig<br />

im Unternehmen verankern<br />

Klaus Schöneberger: Wichtig ist, dass Bildung ganz<br />

fest als Unternehmensziel definiert ist. Das heißt,<br />

dass es in den Unternehmensleitlinien verankert ist.<br />

Es muss zugleich Führungsaufgabe sein, die Führungskräfte<br />

müssen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter<br />

als wichtigste Aufgabe begreifen.<br />

Muss das Thema Bildung im Organigramm<br />

sichtbar werden<br />

Matthias Wendler: Das halte ich in einer Organisation<br />

unserer Größe für wichtig. Das Thema braucht Präsenz,<br />

muss ausdrücklich für alle Mitarbeiter sichtbar<br />

werden.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Klaus Schöneberger: Bei kleineren Unternehmen<br />

wäre es vielleicht kontraproduktiv, das Thema Bildung<br />

so arbeitsteilig zu organisieren <strong>und</strong> zu verankern<br />

– dennoch ist es auch hier wichtig, dass die<br />

Mitarbeiter wissen, wer als Ansprechpartner fungiert<br />

<strong>und</strong> an wen sie sich wenden können. Letztendlich ist<br />

die Organisationsform des betrieblichen Bildungsmanagements<br />

immer auch abhängig von der Größe des<br />

Unternehmens.<br />

Wie kann das Thema Bildung bestmöglich in den<br />

Führungsaufgaben verankert werden<br />

Klaus Schöneberger: Wir haben eine verpflichtende<br />

Leistungs- <strong>und</strong> Potenzialbeurteilung, bei der Führungskräfte<br />

in Gesprächen mit den Mitarbeitern die<br />

heutigen Leistungen thematisieren <strong>und</strong> bewerten <strong>und</strong><br />

auch die Potenziale analysieren. Es wird also auch<br />

auf die potenziellen Karrierepfade Bezug genommen<br />

<strong>und</strong> entsprechende Fördermaßnahmen identifiziert.<br />

Die Basis hierfür bildet bei der Gothaer ein Kompetenzmodell,<br />

das sich durch alle Personalinstrumente<br />

zieht. Auch unser Bildungskatalog orientiert sich am<br />

Kompetenzmodell.<br />

Inwieweit lässt sich der Erfolg des<br />

Bildungsmanagements in der Praxis bestimmen<br />

Matthias Wendler: Bei der Gothaer wird es in Zukunft<br />

so aussehen, dass die Mitarbeiter <strong>und</strong> Führungskräfte<br />

im Vorfeld einer Maßnahme Lernziele<br />

definieren <strong>und</strong> diese ins Bildungssystem einstellen.<br />

Nach einem gewissen Zeitraum werden beide dann<br />

von uns gefragt, welche Erwartungen <strong>und</strong> Ziele<br />

realisiert wurden. So erhalten wir als Bildungsmanagement<br />

ein wirklich gutes Wirkungscontrolling.<br />

Halten Sie es für wichtig, als Bildungsmanager<br />

einen Überblick zu haben wie sich die Kompetenzen<br />

der Mitarbeiter in Gänze entwickeln<br />

Klaus Schöneberger: Ich halte es durchaus für ein<br />

Qualitätskriterium des Bildungsmanagements, ob ein<br />

Unternehmen in der Lage ist, zentral fachliche <strong>und</strong><br />

methodische Qualifikationen aller Mitarbeiter parat zu<br />

haben. Das trifft aber nur auf die Hard Skills zu, bei<br />

den Soft Skills macht das weniger Sinn. Hier sehe ich<br />

das gr<strong>und</strong>legende Problem der Vergleichbarkeit – die<br />

Führungskräfte beurteilen bei uns die Ausprägung<br />

von einzelnen Soft Skills nicht im Hinblick auf einen<br />

abstrakten Maßstab, sondern mit Blick auf die Anforderungen<br />

der aktuellen Funktion.<br />

Was sind die wichtigsten Kennzahlen, die ein<br />

Unternehmen im Bildungsmanagement haben<br />

muss<br />

Matthias Wendler: Auf jeden Fall die Bildungstage<br />

pro Mitarbeiter, die Qualifizierungsquote. Daneben<br />

ist die Qualifizierungstiefe interessant, der Blick auf<br />

die aktiven Nutzer der Bildungsmaßnahmen: Gibt<br />

es bestimmte Mitarbeitergruppen bzw. Abteilungen,<br />

die sich besonders intensiv oder solche, die sich<br />

kaum beteiligen Die Ergebnisse solcher Analysen<br />

ermöglichen zuerst ein Steuern <strong>und</strong> Überprüfen von<br />

Bildungsmaßnahmen.<br />

99<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />

100<br />

Braucht man als Unternehmen eine Software<br />

zum Handling des Bildungsmanagements<br />

Matthias Wendler: Ich glaube, es geht nicht mehr<br />

ohne eine gute Software. Wer Bildungsangebote<br />

effizient organisieren, schnell auf Auswertungen<br />

zugreifen <strong>und</strong> eLearning Angebote bequem verwalten<br />

<strong>und</strong> in Lernprozesse einbinden will, braucht ein Bildungssystem,<br />

das an die Bedürfnisse der verschiedenen<br />

Nutzergruppen angepasst <strong>und</strong> sehr einfach zu<br />

bedienen ist.<br />

Klaus Schöneberger: Wir haben eine Bildungsplattform,<br />

die ins Intranet integriert ist. Wir haben Foren,<br />

Chatrooms <strong>und</strong> Datenbanken eingerichtet, die auch<br />

gut genutzt werden. Die Funktionalitäten sollen sich<br />

auch zukünftig immer weiterentwickeln. Der Austausch<br />

zu Fachthemen in Chatrooms <strong>und</strong> Foren ist<br />

ausdrücklich gewollt. Es ist sehr wichtig, die Teilnehmer<br />

von Bildungsmaßnahmen in Vorbereitungs- <strong>und</strong><br />

Nachbereitungsphasen miteinander in Kontakt zu<br />

bringen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

101


Experteninterviews HR<br />

Cornelia Andresen<br />

HR Integrated Services Team<br />

IBM<br />

Ralf Essigke<br />

Managing Learning<br />

Consultant<br />

IBM<br />

Johannes Förderreuther<br />

IBM Global Business Services<br />

IBM<br />

Alike Pietsch<br />

Leader IMT Germany Skill<br />

Development Center, IBM<br />

102<br />

Experteninterview mit IBM<br />

Thema: Bildungsmanagement im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

Wie positioniert sich IBM im sogenannten „War<br />

for Talents“<br />

Alike Pietsch: Auch als großes IT-Unternehmen stellen<br />

wir fest, dass die Anzahl an qualifizierten Bewerbungen<br />

in den IT-spezifischen Bereichen abgenommen<br />

hat <strong>und</strong> dass der Kampf um die besten Talente<br />

im deutschen Markt härter geworden ist. Dieser Trend<br />

hält aus unserer Sicht an.<br />

Da wir als global integriertes Unternehmen, das länderübergreifend<br />

<strong>und</strong> in internationalen Projektteams<br />

arbeitet, weltweit hochqualifizierte Mitarbeiter haben,<br />

hat diese Situation allerdings bislang keine wesentlichen<br />

Auswirkungen auf uns.<br />

Ralf Essigke: Unser Ziel ist es auch in Deutschland,<br />

die besten Talente für IBM zu gewinnen. Wir arbeiten<br />

hier sehr eng mit Universitäten zusammen <strong>und</strong><br />

haben eine Reihe neuer Personalmarketingaktivitäten<br />

gestartet, um die besten Absolventen frühzeitig kennenzulernen,<br />

ihnen Einblick in die IBM zu geben <strong>und</strong><br />

sie für IBM zu begeistern. Dies gilt natürlich auch für<br />

Experten <strong>und</strong> Führungskräfte aus unterschiedlichen<br />

Bereichen.<br />

Johannes Förderreuther: Wir gehen auf die aktuellen<br />

Anforderungen azf dem Arbeitsmarkt ein <strong>und</strong><br />

richten unser Recruitment immer entsprechend den<br />

aktuellen Veränderungen in den Märkten <strong>und</strong> unsere<br />

Anforderungen, die wir als Globally Integrated<br />

Company an die Bewerber stellen, aus. Mit der „New<br />

Generation/Digital Natives“, die andere Ansprüche an<br />

Unternehmen stellen <strong>und</strong> auch anders angesprochen<br />

werden wollen, verändert sich auch die Zielgruppenansprache.<br />

Immer stärker genutzt werden soziale<br />

Netzwerke <strong>und</strong> die proaktive Suche nimmt zu. Darauf<br />

stellen wir uns mit unseren Recruitment-Maßnahmen<br />

ein. Auch die Gestaltung der Bildungsmaßnahmen<br />

hat sich durch technische Neuerungen wie eLearning,<br />

Apps, etc. gewandelt. Ein digitaler Lebensstil hat<br />

dazu geführt, dass Mitarbeiter problemlos zu Hause<br />

oder auf dem Weg zur Arbeit lernen können.<br />

Ralf Essigke: Skill Development/Weiterentwicklung<br />

ist auch zentrales Element der Ausbildung von<br />

jungen Mitarbeitern. Frisch diplomierte Arbeitnehmer<br />

können viele Aufgaben nicht übernehmen, weil ihnen<br />

wichtige Arbeitserfahrung fehlt. Sie müssen sich,<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


103<br />

genauso wie ihre älteren Kollegen, zur eigenen Weiterbildung<br />

verpflichten. Das ist in der Unternehmenskultur<br />

von IBM sehr stark verankert.<br />

Welche Bedeutung haben Kompetenzen im<br />

Bildungsmanagement<br />

Johannes Förderreuther: Kompetenzen sind heute<br />

viel wichtiger als die formale Qualifikation. Auch die<br />

Unterscheidung in Führungskräfte <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />

halten wir für überholt. Wir differenzieren nicht<br />

zwischen Führungskräften <strong>und</strong> Mitarbeitern. Jeder<br />

Mitarbeiter führt in seinem Bereich, jeder Mitarbeiter<br />

übernimmt Verantwortung. Und dafür ist es essenziell,<br />

dass er die Fähigkeit hat, Wissen <strong>und</strong> Erfahrung<br />

weiterzugeben. Wir haben bei IBM ein Kompetenzprofil<br />

für drei unterschiedliche Zielgruppen, für die<br />

fünf verschiedene Reifestufen definiert sind. Die<br />

Erwartungen an jedes Kompetenzprofil <strong>und</strong> jede Reifestufe<br />

sind anders.<br />

Alike Pietsch: IBM setzt auf Employability ihrer<br />

Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter. Konkret bedeutet<br />

dies: Wir fordern von unseren Mitarbeitern, dass sie<br />

ihre Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung eigenverantwortlich in<br />

die Hand nehmen. Dabei leisten wir als Unternehmen<br />

gezielte Hilfestellung. Im Rahmen der langfristigen<br />

Personalplanung wurde eine Skill-Demand-Analyse<br />

durchgeführt, in der für jedes Jobprofil klar festgelegt<br />

wurde, welche Kompetenzen künftig vorhanden sein<br />

müssen. Der Prozess ist transparent, jeder Mitarbeiter<br />

hat die Möglichkeit zu sehen, welche Skills er in<br />

der Zukunft benötigt, um dem Profil<br />

zu entsprechen.<br />

Wie werden Kompetenzen im Unternehmen<br />

konkret erfasst<br />

Ralf Essigke: Wir haben einen sogenannten Career<br />

Smart Process. Bildungsmaßnahmen werden geplant,<br />

umgesetzt <strong>und</strong> kontrolliert. Dieser Prozess ist in der<br />

Betriebsvereinbarung definiert <strong>und</strong> kann wöchentlich,<br />

monatlich oder jährlich durchgeführt werden.<br />

Wir unterscheiden zwischen Skills, Fertigkeiten <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten. Die Skills für die einzelnen Zielgruppen<br />

<strong>und</strong> Profile sind weltweit einheitlich mit einem<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit IBM<br />

104<br />

vorgeschriebenen Bewertungssystem festgelegt. Bei<br />

den Fertigkeiten handelt es sich um fachbezogene<br />

Kompetenzen, in denen IBM genau festlegt, was von<br />

dem Mitarbeiter erwartet wird. Fähigkeiten sind dann<br />

die in der Praxis angewandten Fertigkeiten. Daneben<br />

erfasst das System alle Businessvereinbarungen<br />

<strong>und</strong> Lernaktivitäten des Einzelnen. Das gibt dem<br />

Unternehmen eine gewisse Planungssicherheit <strong>und</strong><br />

dem Mitarbeiter einen ganzheitlichen Überblick über<br />

seinen Status quo, seine Entwicklungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> seine individuelle Planung.<br />

Werden im Rahmen des Employability-Konzepts<br />

auch die Wünsche der Mitarbeiter<br />

berücksichtigt<br />

Johannes Förderreuther: Selbstverständlich – er<br />

entscheidet ja eigenverantwortlich mit, welche Ziele<br />

er erreichen möchte <strong>und</strong> wie sich sein beruflicher<br />

Werdegang entwickelt. Voraussetzung ist natürlich,<br />

dass die Wünsche <strong>und</strong> Vorstellungen des Mitarbeiters<br />

nachvollziehbar <strong>und</strong> realisierbar sind <strong>und</strong> dem<br />

Jobprofil entsprechen. Wir begegnen nicht selten<br />

Mitarbeitern, die eine klare Vorstellung davon haben,<br />

welchen Karriereweg sie künftig einschlagen möchten.<br />

Dann versuchen wir, gemeinsam mit ihm einen<br />

Entwicklungsplan zu erarbeiten, damit er die Position<br />

belegen kann. Das Gleiche gilt auch für die finanzielle<br />

Abdeckung von Bildungsmaßnahmen. Prinzipiell sind<br />

wir für alles offen, in der Regel werden Individuallösungen<br />

entwickelt.<br />

Ist eine unabhängige Bildungsberatung wichtig<br />

Alike Pietsch: Eine unabhängige Bildungsberatung<br />

ist sehr wichtig. Der Mitarbeiter muss die Möglichkeit<br />

haben, vertraulich über seine Wünsche zu sprechen.<br />

Außerdem hat die Bildungsberatung dank der Job<strong>und</strong><br />

Kompetenzprofile einen besseren Überblick über<br />

die Unternehmensbereiche, in denen es einen hohen<br />

Bedarf an bestimmten Skills oder Ressourcen gibt.<br />

Nicht selten kann sie dem Mitarbeiter mehr Optionen<br />

aufzeigen als dessen Führungskraft, beispielsweise<br />

bei gewünschten Auslandseinsätzen.<br />

Ist es sinnvoll, ein festes Weiterbildungskontingent<br />

für die Mitarbeiter festzulegen<br />

Cornelia Andresen: Wir setzen auf gezielte Weiterbildungsmaßnahmen,<br />

um unseren Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter die Skills zu vermitteln bzw. die Skills<br />

weiterzuentwickeln, die sie künftig benötigen, um in<br />

unserem einem integrierten Unternehmen erfolgreich<br />

zu sein. Dies erfodert natürlich individelle Entwicklungspläne<br />

<strong>und</strong> -maßnahmen. Daher ist ein festes<br />

Weiterbildungskontingent in meinen Augen nicht<br />

sinnvoll, denn auch hier gilt der Gr<strong>und</strong>satz „mehr ist<br />

nicht unbedingt besser“. Die Einleitung von Bildungsmaßnahmen<br />

ist also von dem Bedarf des Unternehmens<br />

<strong>und</strong> des jeweiligen Mitarbeiters abhängig <strong>und</strong><br />

muss folglich personen- <strong>und</strong> situationsbezogen sein.<br />

Außerdem arbeiten wir bei IBM intensiv mit eLearning-Maßnahmen.<br />

Viele Mitarbeiter bevorzugen es,<br />

über Plattformen, Apps oder in virtuellen Klassenräumen<br />

zu lernen. Die Systeme wurden von IBM entwickelt<br />

<strong>und</strong> sind optimal auf die Bedarfe der Mitarbeiter<br />

zugeschnitten.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Welche Rolle spielt der Austausch der Mitarbeiter<br />

untereinander<br />

Johannes Förderreuther: Wir legen sehr viel Wert auf<br />

den Austausch unter den Mitarbeitern. Die notwendige<br />

Struktur ist bereitgestellt, aber man muss auch<br />

darauf achten, dass die Foren aktiv genutzt werden.<br />

Intern wird alle drei Wochen eine Web-Konferenz<br />

mit der HR-Community veranstaltet, die dazu dient,<br />

Probleme anzusprechen <strong>und</strong> sich gegenseitig zu<br />

unterstützen. Die Manager-Community ist ebenfalls<br />

weltweit vernetzt.<br />

Ralf Essigke: Die Unternehmenswerte von IBM sind<br />

in den Unternehmengr<strong>und</strong>sätzen verankert. In einem<br />

kreativen Brainstorming von tausenden Mitarbeitern<br />

r<strong>und</strong> um den Globus wurden sie 2003 neu diskutiert<br />

<strong>und</strong> überarbeitet. Diese Formen der Integration <strong>und</strong><br />

Kommunikation fördern effektiv die Motivation zum<br />

Unternehmenserfolg beizutragen <strong>und</strong> sich weiterzubilden.<br />

Die Ideen wurden auf einem Forum platziert,<br />

diskutiert <strong>und</strong> ausgewählt. Werte sind ein wichtiges,<br />

strategisches Element jedes Unternehmens. Einer<br />

unserer Gr<strong>und</strong>werte ist „trust and personal responsibility<br />

in all relationships“.<br />

Welche Möglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht, das<br />

Bildungscontrolling effektiver zu gestalten<br />

Johannes Förderreuther: Wir führen im Rahmen des<br />

Project Assessments in regelmäßigen Abständen formalisierte<br />

Feedbacks durch. Es handelt sich um ein<br />

360° -Feedback, bei dem neben dem Mitarbeiter auch<br />

die Führungskraft bewertet wird. Dazu haben wir spezielle<br />

Managerfeedback-Programme entwickelt.<br />

Alike Pietsch: Das Feedback wird in der digitalen<br />

Personalakte mit streng limitierten Zugriffsrechten<br />

hinterlegt. Auch die Zielvereinbarung aus dem Mitarbeitergespräch<br />

wird darin erfasst.<br />

Wenn Sie Qualität im Bildungsmanagement an<br />

drei Faktoren festmachen müssten, welche<br />

wären diese<br />

Alike Pietsch: Ich würde sagen, dass zielgruppenorientiertes<br />

Lernen mit einem wohl definierten Inhalt ein<br />

wesentliches Qualitätsmerkmal eines guten Bildungsmanagements<br />

ist. Als nächstes ist es sicherlich<br />

von ausschlaggebender Bedeutung für das Unternehmen,<br />

Leistungsträger mit Potenzial zu entdecken, zu<br />

fördern <strong>und</strong> an die richtige Position im Unternehmen<br />

zu bringen. Und zuletzt ist die strikte Anbindung des<br />

Bildungsmanagements an die Unternehmensstrategie<br />

ausschlaggebend. Bildungsmanagement muss<br />

wirtschaftlich sein <strong>und</strong> sich als Wertbeitrag im operativen<br />

Handel niederschlagen.<br />

105<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Mattias Säker<br />

CEO<br />

kursfinder.de<br />

Fredrik Högemark<br />

CIO<br />

kursfinder.de<br />

Experteninterview mit kursfinder.de<br />

Thema: Strategisches Bildungsmanagement aus schwedischer Sicht<br />

106<br />

Laut statistischem B<strong>und</strong>esamt sind sich 32 Prozent<br />

der deutschen Unternehmen der Bedeutung<br />

von lebenslangem Lernen bewusst <strong>und</strong> halten es<br />

für unverzichtbar. Wie schätzen Sie die Relevanz<br />

des Themas ein<br />

Mattias Säker: Europaweit begleiten wir jährlich über<br />

15 Millionen Bildungsinteressierte aller Alters- <strong>und</strong><br />

Berufsgruppen – darunter Individuen genauso wie<br />

Organisationen. Wir unterscheiden gern die Begriffe<br />

Bildung <strong>und</strong> Lernen. Wenn sich betriebliche Bildung<br />

durchgehend an den Unternehmenszielen ausrichtet,<br />

ist viel geschafft. Es ist nicht lange her, da waren<br />

Weiterbildungsmaßnahmen hauptsächlich Baustein<br />

der Belohnung <strong>und</strong> Bindung wertvoller Mitarbeiter,<br />

um einmal von gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen<br />

abzusehen. Natürlich steht Employer Branding<br />

noch immer auf der Liste der Ziele, die es mit<br />

den Maßnahmen zu erreichen gilt. Aber eben nicht<br />

mehr allein. Und genau die Verknüpfung zwischen<br />

Unternehmensentwicklung hin zum Ziel <strong>und</strong> persönlicher<br />

Weiterentwicklung der Individuen wird zum<br />

Schlüssel echter Mitarbeiterbindung: richtig geplant<br />

<strong>und</strong> kommuniziert kann Bildungsmanagement<br />

sinnstiftend <strong>und</strong> somit sogar beruflichen Zivilisationskrankheiten<br />

wie Burnout entgegen wirken. Die<br />

Summe: ein gebildeter Betrieb mit einer signifikant<br />

besseren Zielerreichung. Das ist Unternehmensverantwortung.<br />

Für das Lernen selbst ist <strong>und</strong> bleibt das<br />

Individuum verantwortlich – ein Leben lang.<br />

Den vielfältigen Anforderungen, die sich für die<br />

Personalpolitik ergeben, können Unternehmen<br />

nur mit einem systematischen Ansatz begegnen.<br />

Wie unterstützt kursfinder.de Unternehmen im<br />

Bereich Bildungsmanagement <strong>und</strong> nachhaltiger<br />

Personalentwicklung<br />

Fredrik Högemark: Als Educations.com Media<br />

Group – ein Unternehmen mit schwedischen Wurzeln<br />

– bestätigen wir wohl nicht selten das Bild des<br />

praktischen Schwedens, wir glauben, dass die beste<br />

Theorie erst in der praktischen Umsetzung existiert<br />

<strong>und</strong> wirkt. Lassen Sie uns mit Aufgaben starten, die<br />

wir Unternehmen nicht abnehmen können: Ziele<br />

setzen, kommunizieren <strong>und</strong> sinnvolle Maßnahmen<br />

ableiten. Wir fühlen uns vielmehr für das verantwortlich,<br />

was danach kommt: den strategisch geplanten<br />

Aktionen zum Leben verhelfen, auf effiziente Art das<br />

richtige Programm finden. So suchen <strong>und</strong> finden<br />

heute zum Beispiel Henkel Mitarbeiter in Skandinavien<br />

passende Weiterbildungen externer Anbieter<br />

über unsere umfangreiche Datenbank – integriert in<br />

das Henkel-Intranet. Bei jedem Schritt – der Suche,<br />

Anfrage, Buchung, Abrechnung <strong>und</strong> Bewertung – nutzen<br />

sie automatisierte Prozesse. So wird sowohl der<br />

Wunsch übergeordneter Abteilungen nach Effizienz<br />

<strong>und</strong> Controllingmöglichkeiten als auch der Bedarf an<br />

relevanter Vielfalt <strong>und</strong> Individualität im Bildungsprogramm<br />

erfüllt.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Neben der Investitionsbereitschaft in die berufliche<br />

Weiterbildung ist aber auch das Weiterbildungscontrolling<br />

essentiell. Welche Möglichkeiten<br />

bietet kursfinder.de, den Praxistransfer von<br />

Bildungsmaßnahmen zu ermitteln<br />

Fredrik Högemark: Auch hier setzen wir auf Prozesse,<br />

die in der Praxis vor allem eines sind: leicht<br />

anzuwenden. Direkt nach Durchführung der Maßnahme<br />

erhalten die Teilnehmer eine E-Mail mit der<br />

Bitte um Bewertung nach relevanten Kriterien. Das<br />

Feedback wird in der Datenbank mit dem betreffenden<br />

Bildungsangebot verknüpft <strong>und</strong> ist damit für alle<br />

Kollegen im Unternehmen abrufbar. So instrumentalisiert<br />

<strong>und</strong> professionalisiert das Tool die bewährte<br />

M<strong>und</strong>-zu-M<strong>und</strong>-Empfehlung – der gesamten Organisation<br />

wird so eine Konzentration auf die sinn- <strong>und</strong><br />

wertvollsten Angebote ermöglicht.<br />

Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach Führungskräfte<br />

<strong>und</strong> wie können Sie für die Weiterbildung<br />

der Mitarbeiter sensibilisiert werden<br />

Mattias Säker: Vor allem in Konzernen mit mehreren<br />

Hierarchiestufen ist nicht nur die Übersetzung von<br />

übergeordneten Unternehmenszielen in operative Abteilungsziele<br />

eine Herausforderung, sondern gerade<br />

das Verknüpfen mit den Ambitionen der Persönlichkeiten<br />

in den Teams. Für diese ausschlaggebende<br />

Aufgabe kann das Gespräch über „Weiterbildung“<br />

zur Brücke werden: Welche Fähigkeiten braucht das<br />

Team, um das Ziel zu erreichen Welche Fähigkeiten<br />

bringt jedes Teammitglied schon mit <strong>und</strong> trägt damit<br />

zum Erfolg bei In welchen Punkten muss das Team<br />

mehr lernen Basierend auf individuellen Stärken<br />

<strong>und</strong> Schwächen, bei welcher Person wirkt sich eine<br />

Maßnahme am stärksten aus Welchen Anteil <strong>und</strong><br />

welche Rolle hat die Person damit an der Zielerreichung<br />

des Teams Wir glauben, dass mit einem<br />

solchen Kommunikations- <strong>und</strong> Entwicklungsprozess<br />

– kontinuierlich gelebt – echte Identifizierung entsteht.<br />

So können Führungskräfte mit dem einstigen<br />

„Agendapunkt Weiterbildung“ einer zentralen Aufgabe<br />

gerecht werden.<br />

107<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit kursfinder.de<br />

108<br />

Im europäischen Vergleich ist die Teilnahmequote<br />

deutscher Beschäftigter an Weiterbildungsmaßnahmen<br />

unterdurchschnittlich. Welche<br />

Unterschiede existieren Ihrer Erfahrung nach<br />

zwischen der betrieblichen Bildung in Deutschland<br />

<strong>und</strong> Schweden<br />

Mattias Säker: Lassen Sie uns von einem nackten<br />

Vergleich von Zahlen absehen, dafür sind die Unternehmensstrukturen<br />

der beiden Volkswirtschaften<br />

zu unterschiedlich – in beiden Ländern läßt sich<br />

die qualitativ relevante Teilnahme an Maßnahmen<br />

sicher optimieren. Die Schwedische Kultur hat einen<br />

– nennen wir es – „natürlichen“ Blick auf Weiterbildung,<br />

der mit dem deutschen Sprichwort sehr gut<br />

getroffen wird: „es ist noch kein Meister vom Himmel<br />

gefallen“. Dieses Gr<strong>und</strong>verständnis ermöglicht einen<br />

offenen Blick auf die natürlich vorhandenen Stärken<br />

von Individuen – weitestgehend frei von Erwartungshaltungen.<br />

So ist die Teilnahme an Weiterbildung per<br />

se erst einmal wertneutral: weder ein Zeichen von<br />

Schwäche noch Stärke oder Status. Ein sichtbares<br />

Beispiel für die Unterschiede in Europa ist vor allem<br />

das Selbstverständnis, mit dem das Top Management<br />

Weiterbildung in Anspruch nimmt <strong>und</strong> darüber<br />

spricht: eine gute Basis für das Bewusstsein einer<br />

lernenden Organisation.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

109


Experteninterviews HR<br />

Wilfried W. Horn<br />

Ehemaliger Director HR<br />

McDonald‘s Deutschland Inc.<br />

Experteninterview mit der McDonald‘s Deutschland Inc.<br />

Thema: Stellenwert des Bildungsmanagements im Unternehmen<br />

110<br />

Nutzt McDonald’s den Begriff<br />

Bildungsmanagement<br />

Wilfried Horn: Nein, dieser Begriff wird nicht benutzt.<br />

Früher sprachen wir allgemein von Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung. Heute wird ausschließlich<br />

der Begriff <strong>Talentmanagement</strong> verwendet.<br />

Das hängt natürlich auch mit unserem Mutterkonzern<br />

in Amerika zusammen. Wir verstehen <strong>Talentmanagement</strong><br />

dabei als strategisches Bildungsmanagement<br />

<strong>und</strong> wollen gegenüber dem Mitarbeiter als „enabler“<br />

oder „coach“ agieren. Das heißt, dass der Beratungsansatz<br />

heute viel stärker im Vordergr<strong>und</strong> steht, als<br />

früher.<br />

Welche Position sollte das Bildungsmanagement<br />

im Unternehmen erhalten<br />

Wilfried Horn: Im Bildungsmanagement ist es besonders<br />

wichtig, dass die Unternehmensleitung dahinter<br />

steht <strong>und</strong> das Thema Bildung in der Kultur verankert<br />

ist. Bei McDonald’s hängt das Bildungsmanagement<br />

direkt am Vorstand, um den hohen Stellenwert zu betonen.<br />

Das ist entscheidend, um die nötige Aufmerksamkeit<br />

zu bekommen, strategisch einbezogen zu<br />

werden <strong>und</strong> Entscheidungen im ganzen Unternehmen<br />

umsetzen zu können. In vielen anderen Unternehmen<br />

ist das Thema häufig in irgendeinen anderen Bereich<br />

angegliedert. Das macht die Arbeit einfach schwierig.<br />

Wissen <strong>und</strong> Weiterbildung sind heute so wichtig, das<br />

muss ganz nach oben.<br />

Welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur<br />

Wilfried Horn: Die Kultur kann viel dazu beitragen,<br />

dass Wissen als wichtiger Wert im Unternehmen gesehen<br />

wird. Je stärker es in der Kultur verankert ist,<br />

desto größer ist auch das Engagement der Führungsebene.<br />

Kultur wird von allen Mitarbeitern gelebt, aber<br />

das Management kann sie beeinflussen <strong>und</strong> formen.<br />

Regelmäßige Weiterbildung sollte als Standard<br />

gesehen werden, jeder Mitarbeiter, egal auf welcher<br />

Hierarchiestufe, muss sein Wissen aktualisieren <strong>und</strong><br />

ausbauen. Wenn das ein von allen geteilter Unternehmenswert<br />

ist, muss das Bildungsmanagement nicht<br />

mehr allzu viel „Überzeugungsarbeit“ leisten <strong>und</strong><br />

die Mitarbeiter nehmen die Angebote gern an. Das<br />

„Kümmern“ um die Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten der<br />

Mitarbeiter hat ja auch viel mit Wertschätzung zu tun<br />

<strong>und</strong> wirkt sich sehr positiv auf die Motivation aus.<br />

Wie wichtig ist die strategische Ausrichtung<br />

des Bildungsmanagements<br />

Wilfried Horn: Ganz wichtig! Die Bildungsstrategie<br />

setzt die Vorgaben der Unternehmensstrategie <strong>und</strong><br />

der HR-Strategie um. Sie stellt sicher, dass alle Mitarbeiter<br />

die geforderten Kenntnisse <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />

besitzen oder erlangen, um die Unternehmensziele<br />

zu erreichen. Das schaffe ich nicht, wenn ich einfach<br />

ohne Plan anfange. Beim Aufstellen von Strategien<br />

ist externe Hilfe oft sinnvoll, weil sie einen unvoreingenommenen<br />

Blick auf das Unternehmen bietet. In<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


jedem Fall gilt aber: eine Strategie zu haben, ist gut,<br />

aber sie muss auch umgesetzt werden. Es nützt alles<br />

nichts, wenn es am Ende nur ein Lippenbekenntnis ist.<br />

Welche Faktoren sind noch entscheidend für<br />

die Qualität im Bildungsmanagement<br />

Wilfried Horn: Eine zentrale Steuerung der Bildungsaktivitäten<br />

ist auf jeden Fall sinnvoll. Wichtig ist aber<br />

auch, nicht nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen,<br />

sondern für jeden Bedarf die passende Maßnahme<br />

anzubieten. Bildungsmanagement braucht heute insgesamt<br />

mehr Struktur. Wir sprechen von strukturiertem<br />

Lernen, zum Beispiel von Kursen, die aufeinander<br />

aufbauen, oder von alternativen Lernformen begleitet<br />

werden. Empfehlenswert ist eine Mischung aus<br />

Standardprogrammen <strong>und</strong> individuellen Angeboten.<br />

Außerdem wird die IT immer wichtiger, sei es bei der<br />

Analyse, bei der Organisation <strong>und</strong> Abwicklung oder<br />

der Bereitstellung von Bildungsangeboten.<br />

Wie setzen Sie das bei McDonald’s in<br />

die Praxis um<br />

Wilfried Horn: Nach der unternehmensweiten Planung<br />

schauen wir uns die Weiterbildung personenspezifisch<br />

an. Das heißt, es wird geprüft, wo eine Person<br />

Stärken hat, wo sie wachsen kann. Daraus ergibt sich<br />

ein gezielter, sehr individueller Weiterbildungsplan.<br />

Unsere Bildungsangebote stellen wir funktionsübergreifend<br />

zusammen, das bedeutet, dass die Mitarbeiter<br />

der verschiedenen Abteilungen gemeinsam<br />

lernen, auch gemeinsam mit den Führungskräften.<br />

Generell haben wir den Anspruch, die Mitarbeiter<br />

auch direkt in ihrer Tätigkeit zu entwickeln. Projektarbeit<br />

ist für uns zum Beispiel ein Mittel, um die Leute<br />

aus der Expertenrolle hinein in die Potenzialentwicklung<br />

zu bringen. Bei uns verläuft Karriere nicht linear,<br />

sondern auch über den Wechsel zwischen Abteilungen,<br />

zum Beispiel vom Einkauf ins Controlling. Das<br />

hängt natürlich eng mit unserer Kultur zusammen<br />

<strong>und</strong> funktioniert nur, weil die Geschäftsführung dahintersteht.<br />

111<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Karl-Heinz Böhle<br />

Leiter Personaleinsatz<br />

RheinEnergie AG<br />

Silke Gloss<br />

Referentin Führungskräfteentwicklung<br />

RheinEnergie AG<br />

Experteninterview mit der RheinEnergie AG<br />

Thema: Bedarfsorientiertes Bildungsmanagement<br />

112<br />

Was verstehen Sie unter Bildungsmanagement<br />

Karl-Heinz Böhle: Bildungsmanagement ist ein weites<br />

Feld. Zum Bildungsmanagement gehören im Gr<strong>und</strong>e<br />

alle Strukturen <strong>und</strong> Prozesse, die für die Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung sowie die Qualifizierung der Mitarbeiter<br />

eines Unternehmens notwendig sind. Mitarbeiterentwicklung<br />

ist eine Kernaufgabe jedes zukunftsgerichteten<br />

Unternehmens.<br />

Silke Gloss: Gutes Bildungsmanagement ist im Interesse<br />

des Unternehmens <strong>und</strong> der Arbeitnehmer – es<br />

steigert die Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Innovationskraft<br />

der Organisation <strong>und</strong> erhöht die Employability der<br />

Mitarbeiter. Zudem merken wir, dass weiche Themen<br />

wie Bildung <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit auch für die Arbeitgebermarke<br />

<strong>und</strong> das Recruiting zunehmend wichtiger<br />

werden.<br />

Was sind wesentliche Qualitätsmerkmale<br />

guten Bildungsmanagements<br />

Karl-Heinz Böhle: Wichtig ist zum einen, dass das<br />

Bildungsmanagement strategisch ist, das heißt, dass<br />

klar definiert wird, welchen Beitrag es zur Unternehmensentwicklung<br />

leisten kann <strong>und</strong> soll. Zum zweiten<br />

muss sichergestellt werden, dass alle Mitarbeiter einbezogen<br />

werden. Das Bildungsmanagement muss so<br />

aufgesetzt werden, dass es die Bedarfe der Mitarbeiter<br />

abbildet <strong>und</strong> Teil der Unternehmensprozesse ist.<br />

Wo sehen Sie die Abgrenzung zwischen<br />

Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

Karl-Heinz Böhle: Das Bildungsmanagement bezieht<br />

alle Mitarbeiter mit ein <strong>und</strong> sorgt dafür, dass diese<br />

optimal für ihren heutigen <strong>und</strong> zukünftigen Einsatz<br />

im Unternehmen qualifiziert werden. Das <strong>Talentmanagement</strong><br />

stellt im Gegenzug die High Potentials in<br />

den Fokus. Das sind durchschnittlich zwei bis drei<br />

Prozent der Mitarbeiter, die aufgr<strong>und</strong> ihrer Leistung<br />

ausgewählt <strong>und</strong> auf besonders verantwortungsvolle<br />

Positionen vorbereitet werden sollen.<br />

Wie lässt sich Bildungsmanagement nachhaltig<br />

im Unternehmen verankern<br />

Karl-Heinz Böhle: Bildung muss zur Führungsaufgabe<br />

werden. Dafür ist es wichtig, einen engen Austausch<br />

mit dem Vorstand zu etablieren <strong>und</strong> von diesem<br />

Unterstützung zu erhalten. Der hohe Stellenwert<br />

muss nach innen <strong>und</strong> nach außen deutlich werden.<br />

Die Personalentwicklung ist ganz klar Aufgabe der<br />

Führungskräfte – auch wenn das in der Praxis nicht<br />

immer so gelebt wird. Wir legen großen Wert darauf,<br />

dass unsere Führungskräfte diese Aufgabe ernst<br />

nehmen, schulen <strong>und</strong> unterstützen diese dabei wo<br />

wir können. Führungskräfte sollen sich als Coaches<br />

der Mitarbeiter verstehen.<br />

Wie kann Bildung denn in der Praxis als<br />

Führungsaufgabe gelebt werden<br />

Karl-Heinz Böhle: Maßnahmen des Bildungsmanagements<br />

sind dann effektiv, wenn sie sich an<br />

den tatsächlichen Bedarfen der Mitarbeiter <strong>und</strong> des<br />

Unternehmens bzw. der jeweiligen Abteilung orientieren.<br />

Aufgabe der Führungskräfte ist es, diese<br />

Bedarfe zu erfassen <strong>und</strong> entsprechende Maßnahmen<br />

zur Entwicklung der Mitarbeiter einzuleiten. Regelmäßige<br />

verpflichtende Mitarbeitergespräche haben sich<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


hierfür als probates Mittel erwiesen. In diesen Mitarbeitergesprächen<br />

sollte die Entwicklung der Mitarbeiter<br />

immer ein wesentlicher Bestandteil sein. Basis<br />

hierfür bildet ein Abgleich der Anforderungen des<br />

jeweiligen Arbeitsplatzes mit den Kompetenzen des<br />

Mitarbeiters. Im Sinne der Nachhaltigkeit gilt es dabei<br />

natürlich immer, die potenziellen Karrierepfade in die<br />

Planung der Bildungsmaßnahmen einzubeziehen. Die<br />

Durchführung der Mitarbeitergespräche <strong>und</strong> deren<br />

Ergebnisse sollten schriftlich dokumentiert werden.<br />

Silke Gloss: Dabei ist eine Verpflichtung der Führungskräfte<br />

zur Bedarfserfassung sinnvoll, eine<br />

Verpflichtung zur Durchführung von Bildungsmaßnahmen<br />

nicht. Denn Bildungsmaßnahmen sollten<br />

kein Selbstzweck sein, sondern sich immer an den<br />

Bedarfen orientieren.<br />

Wie ist diesbezüglich das Feedback der<br />

Führungskräfte<br />

Karl-Heinz Böhle: Durch die Tatsache, dass die Bedarfe<br />

aus dem Gespräch zwischen Führungskraft <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter abgeleitet werden, wird der Führungskraft<br />

natürlich viel Verantwortung auferlegt. Sie entscheidet<br />

darüber, ob der Bedarf gerechtfertigt ist oder nicht.<br />

Aber die Führungskräfte haben großes Vertrauen in<br />

das System, weil sie nicht nur einen optimalen Überblick<br />

haben, sondern dadurch auch zu bedarfsorientiertem<br />

Handeln verpflichtet sind.<br />

Wie lässt sich der Praxistransfer von<br />

Bildungsmaßnahmen sicherstellen<br />

Karl-Heinz Böhle: Wichtig ist es, für jede Maßnahme<br />

Lernziele zu definieren <strong>und</strong> diese nach Abschluss der<br />

Maßnahme auch zu überprüfen. Der Praxistransfer<br />

der Lerninhalte ist auch ganz wesentlicher Bestandteil<br />

unserer Seminare – alle Trainer werden hierzu im<br />

Vorfeld intensiv gebrieft <strong>und</strong> versuchen, dann direkt<br />

im Seminar mit den Teilnehmern Ansatzpunkte für<br />

individuelle Umsetzungspläne zu identifizieren.<br />

Silke Gloss: Der Mitarbeiter selbst legt einen Transferplan<br />

fest, der einem ungefähren Zeitrahmen von<br />

drei Monaten entspricht. Die Führungskraft evaluiert<br />

diesen Transferplan dann im jährlichen Mitarbeitergespräch.<br />

Dabei ist uns aber wichtig, dass der Aufwand<br />

im Verhältnis zum Nutzen steht. Die Führungskräfte<br />

sind oft überlastet. Das Thema Dokumentation rückt<br />

daher nicht selten in den Hintergr<strong>und</strong>. Dennoch ist<br />

hier ein Anstupsen sinnvoll. Wir verfahren nach dem<br />

Prinzip der Selbstinitiative, da wir die Erfahrung<br />

gemacht haben, dass Zwang sich kontraproduktiv<br />

auswirkt.<br />

Stichwort Controlling: lässt sich der Nutzen<br />

betrieblichen Bildungsmanagements berechnen<br />

Karl-Heinz Böhle: Zunächst liegt der Nutzen ganz klar<br />

auf der Hand: Qualifizierte, engagierte Mitarbeiter<br />

sind unser wichtigstes Kapital. Diese zu unterstützen<br />

113<br />

Fortsetzung auf folgender Seite.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Fortsetzung Experteninterview mit der RheinEnergie AG<br />

114<br />

<strong>und</strong> stets optimal auf die heutigen <strong>und</strong> zukünftigen<br />

Anforderungen vorzubereiten, ist essenziell für die<br />

Wettbewerbsfähigkeit jedes Unternehmens. Diesen<br />

Mehrwert in eine konkrete Zahl zu gießen, also den<br />

Return on Investment zu berechnen, erachte ich aber<br />

als schwierig.<br />

Silke Gloss: Ich bin der Meinung, dass Kosten-<br />

Nutzen-Analysen nicht sinnvoll sind, da hier zu viele<br />

unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen. Es gibt<br />

in der Literatur durchaus Formeln dazu, die ich aber<br />

als nicht valide erachte. In Produktionsunternehmen<br />

mag das einfacher sein, zum Beispiel, indem man<br />

die Produktions- bzw. Ausschussquote betrachtet,<br />

im Dienstleistungsbereich ist das meines Erachtens<br />

nicht wirklich möglich. Dennoch kann man festmachen,<br />

dass die Mitarbeiterzufriedenheit durch ein<br />

gutes Bildungsmanagement steigt. Bildungsmaßnahmen<br />

werden bei uns über Seminarfeedbackbögen,<br />

Gruppenbarometer <strong>und</strong> letztlich durch den Betriebsrat<br />

evaluiert.<br />

Inwiefern kann man Bildungsmanagement als ein<br />

Instrument der Mitarbeiterbindung verstehen<br />

Silke Gloss: Wir machen immer wieder die Erfahrung,<br />

dass Weiterbildung <strong>und</strong> Entwicklungsperspektiven für<br />

junge Mitarbeiter sehr wichtig sind. Generell spielen<br />

Themen wie Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeiten,<br />

Home-Office, Überst<strong>und</strong>enausgleich, Arbeitsplatzsicherheit<br />

<strong>und</strong> Teamgeist für die langfristige Bindung<br />

eine größere Rolle als das Gehalt.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong><br />

115


Experteninterviews HR<br />

Raphaele Rose<br />

Leitung Vertrieb <strong>und</strong> Beratung<br />

SP_Data GmbH & Co. KG<br />

Experteninterview mit der SP_Data GmbH & Co. KG<br />

Thema: HR-Software im Unternehmen<br />

116<br />

Was bringt den Unternehmen der Einsatz<br />

einer HR-Software<br />

Raphaele Rose: Gr<strong>und</strong>sätzlich erfüllt HR-Software im<br />

Unternehmen die Funktion eines wichtigen Datenlieferanten<br />

für unternehmerische Entscheidungen.<br />

HR-Software gibt Auskunft über die komplette Personalsituation,<br />

vom Kosten- über den Leistungs- bis hin<br />

zum Ausbildungsfaktor im Unternehmen.<br />

Woran erkennt man eine gute HR-Software<br />

Raphaele Rose: Gute HR-Software schafft Transparenz<br />

für unternehmerisches Handeln. Dafür muss die<br />

Software exakt auf den Bedarf des Unternehmens<br />

ausgerichtet sein. Die genauen Anforderungen an<br />

eine solche Software sind damit gleichzeitig so bunt,<br />

wie die Unternehmenskultur in Deutschland. Die<br />

Nachfrage reicht von einfachen Auswertungstools bis<br />

hin zu komplexen Portal- <strong>und</strong> Workflowfunktionalitäten<br />

– vom einfachen Standard bis zum Individualsegment.<br />

Wichtig ist zudem eine klare <strong>und</strong> intuitive<br />

Handhabung, damit die Software auch gleich ihren<br />

Nutzen zeigen kann.<br />

Wo sehen Sie in der betrieblichen Praxis<br />

Optimierungspotenziale in Bezug auf HR-Software<br />

Raphaele Rose: HR-Software wird aus Kostengründen<br />

oftmals noch ohne ausreichende Schulungen in<br />

den Betrieben eingeführt. Dies führt dazu, dass die<br />

Anwendungen nicht richtig bedient werden bzw. die<br />

Potenziale der Software nicht ausgenutzt werden<br />

können. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass Anwender,<br />

die sich permanent – analog dem schnellen<br />

technischen <strong>und</strong> gesetzlichen Wandel – mit Softwareänderungen<br />

<strong>und</strong> -erweiterungen befassen, ein<br />

wertvoller Baustein auf dem Weg zum Unternehmenserfolg<br />

sind. Wird das Thema der Veränderung <strong>und</strong><br />

Anpassung in der Software durch den User vernachlässigt,<br />

ist jede Anwendung innerhalb von drei Jahren<br />

veraltet <strong>und</strong> trägt nicht mehr den wirklichen Nutzen.<br />

Welche Trends sehen Sie in Bezug auf den<br />

Einsatz von HR-Software<br />

Raphaele Rose: Der allgemeine Trend zur Individualisierung<br />

findet im Bereich der HR-Software immer<br />

stärker eine Entsprechung. Standardanwendungen,<br />

die sich individuell auf das Unternehmen anpassen<br />

lassen, werden verstärkt nachgefragt. Zudem steht die<br />

Usability, die Bedienungsfre<strong>und</strong>lichkeit der Software<br />

immer stärker im Vordergr<strong>und</strong> – ein Trend, auf den wir<br />

schon lange reagiert haben.<br />

Welche Entwicklungen erkennen Sie im betrieblichen<br />

Bildungsmanagement in den letzten<br />

Jahren<br />

Raphaele Rose: Wir beobachten, dass der Markt für<br />

eLearning wächst. Gerade für mittelständische Unternehmen<br />

sind eLearning-Konzepte interessant, da ein<br />

Grad an maximaler Ausbildung bei minimalem Kostenaufwand<br />

<strong>und</strong> Zeitfenster erreicht wird. Allerdings<br />

sind nicht alle Weiterbildungsanbieter der steigenden<br />

Nachfrage in diesem Bereich gewachsen. Präsenzseminare<br />

stehen immer noch stark im Fokus – auch<br />

weil die Ausbildung via eLearning zu Unrecht häufig<br />

schlechter beurteilt wird. Bei solchen eLearning-Konzepten<br />

sind zusätzlich Dokumentationen, Abfragen<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


zw. Feedbackmöglichkeiten erforderlich, damit der<br />

Erfolg der Seminare entsprechend gemessen werden<br />

kann. Hier gibt es noch deutlichen Nachholbedarf in<br />

den Unternehmen.<br />

Inwieweit unterscheiden sich die Anforderungen<br />

an HR-Software in KMU <strong>und</strong> Großunternehmen<br />

Raphaele Rose: Großunternehmen haben in der<br />

Regel stärker formalisierte Organisationsstrukturen<br />

<strong>und</strong> Arbeitsprozesse sowie eine stärker funktional<br />

orientierte Differenzierung der Aufgabenstellungen in<br />

der Personalabteilung. Arbeitsbereiche sind gesplittet<br />

zwischen Entgeltabrechnung, Personalmanagement<br />

(z.B. Recruiting, Aus- <strong>und</strong> Weiterbildungsplanung,...),<br />

Personalcontrolling sowie häufig der Betreuung der<br />

Führungskräfte. In KMU sind diese Aufgaben oftmals<br />

auf ein bis drei Personen vollumfänglich verteilt.<br />

Eine gute HR-Software muss beiden Anforderungen<br />

gerecht werden, ohne den jeweiligen K<strong>und</strong>enkreis<br />

zu vernachlässigen. Sie muss alle Funktionalitäten<br />

vereinigen, da die gesetzlichen Anforderungen nicht<br />

an die Unternehmensgröße gekoppelt sind.<br />

Wie sieht die optimale HR-Software aus<br />

Raphaele Rose: Zunächst einmal müssen Unternehmen<br />

aller Branchen- <strong>und</strong> Größenordnungen die Qualifizierung<br />

ihrer Mitarbeiter ernst nehmen. Realisierbar<br />

ist es nur dann, wenn engagierte Menschen ein Ziel<br />

vor Augen haben <strong>und</strong> dieses von der obersten Ebene<br />

gelebt wird. Entsprechende Strukturen <strong>und</strong> eine<br />

durchdachte Bildungsstrategie geben Planungssicherheit.<br />

Sobald die operative Ebene nachhaltig<br />

arbeitet, ist der Erfolg des Bildungsmanagements<br />

garantiert.<br />

Die optimale Unterstützung durch HR-Software fängt<br />

schon bei der ersten Stufe der Personaladministration<br />

im Bereich Abrechnung <strong>und</strong> Archivierung an. Wir<br />

stellen fest, dass die meisten Unternehmen bereits<br />

auf solche Systeme zurückgreifen.<br />

Gleiches gilt auch für die zweite Stufe der HR-Verwaltung,<br />

wo Vorgänge wie Reporting, Kennzahlensysteme,<br />

Zeitwirtschaft <strong>und</strong> Zeitmodelle, Personalplanung<br />

sowie Instrumente wie die digitale Personalakte<br />

durch eine entsprechende Software gestützt werden.<br />

Die höchste Stufe ist sicherlich das Vorhandensein<br />

von Skill- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong>-Software, die das<br />

Erfassen der Kompetenzen <strong>und</strong> Qualifikationen der<br />

Mitarbeiter sowie Score-Abgleiche <strong>und</strong> Potenzialanalysen<br />

ermöglicht. Allerdings sind es derzeit nur wenige<br />

große Unternehmen, die auf ein solches System<br />

zurückgreifen.<br />

117<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Dr. Werner Mölders<br />

Leitender Werksarzt<br />

ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />

Dr. Veit Echterhoff<br />

Bildungspolitik/Bildungscontrolling<br />

ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />

Experteninterview mit ThyssenKrupp Steel Europe AG<br />

Thema: Bildungsmanagement im Branchenvergleich<br />

118<br />

Warum ist Bildungsmanagement wichtig<br />

für Unternehmen<br />

Dr. Veit Echterhoff: Gute, exzellent ausgebildete Mitarbeiter<br />

sind die entscheidende Variable, die über die<br />

Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet.<br />

Ein bedarfsgerechtes Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

ist deshalb für uns überlebensnotwendig.<br />

Verändert sich der Bildungsbedarf in<br />

den Unternehmen<br />

Dr. Werner Mölders: Erfahrungswissen („haben wir<br />

schon immer so gemacht“) rückt immer weiter in den<br />

Hintergr<strong>und</strong>, denn um uns technologisch weiterzuentwickeln,<br />

reicht das lange nicht aus. Fachliches Wissen<br />

kann man sich nicht durch Erfahrung aneignen.<br />

Dr. Veit Echterhoff: Beim Erfahrungswissen steht<br />

eher das Außerfachliche im Vordergr<strong>und</strong>. Wenn ein<br />

Mitarbeiter in den Ruhestand geht, gibt er seinem<br />

Nachfolger kein Fachwissen mit auf den Weg, sondern<br />

eher die Wissensbestandteile, die sich um das<br />

Fachwissen gruppieren.<br />

Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen<br />

Wissens- <strong>und</strong> Bildungsmanagement<br />

Dr. Veit Echterhoff: Transparenz ist ein wesentliches<br />

Merkmal einer guten Unternehmenskultur. Und<br />

Transparenz ist ohne Wissensmanagement in einem<br />

Konzern wie unserem nicht mehr herzustellen. Die<br />

kontextabhängige Verfügbarkeit von Informationen<br />

<strong>und</strong> der fachliche Austausch darüber bilden die Basis<br />

vieler Lernprozesse <strong>und</strong> sind damit auch Voraussetzung<br />

für ein ganzheitliches Bildungsmanagement.<br />

Wie sieht es mit den Kosten für Bildung aus –<br />

zu welchem Anteil werden sie übernommen<br />

Dr. Veit Echterhoff: Bei uns werden die Kosten<br />

für die Weiterbildung komplett vom Unternehmen<br />

getragen. In Fällen, in denen eine unmittelbare, das<br />

heißt arbeitsplatzbezogene, Notwendigkeit für die<br />

Weiterbildung nicht vorliegt, aber das Unternehmen<br />

ein gr<strong>und</strong>sätzliches Interesse daran hat, dass der<br />

Mitarbeiter die Bildungsmaßnahme wahrnimmt, wie<br />

beispielsweise bei Sprachkursen, tragen wir die<br />

Kosten <strong>und</strong> die Mitarbeiter müssen sich mit einer<br />

zeitanteiligen Investition einbringen.<br />

Dr. Werner Mölders: Wenn Weiterbildungen betriebserwünscht<br />

bzw. betriebsnotwendig sind, werden<br />

diese eigentlich immer getragen.<br />

Wo sollte das Bildungsmanagement im<br />

Unternehmen im Idealfall angesiedelt sein<br />

Dr. Veit Echterhoff: Bildung ist ganz klar Thema<br />

der Personalabteilung. Bei uns findet man dort den<br />

Teamkoordinationsbereich Recruiting <strong>und</strong> Personalentwicklung<br />

<strong>und</strong> darunter gibt es dann das<br />

Seminarzentrum, das Managementtraining <strong>und</strong> die<br />

Ausbildung. Das zusammengenommen repräsentiert<br />

letztlich das Bildungsmanagement.<br />

Dr. Werner Mölders: Wichtig ist, dass im Organigramm<br />

ersichtlich wird, wo welche Themen behandelt<br />

werden. Die meisten Unternehmen haben aber<br />

ihren eigenen Weg was die organisationale Ansiedelung<br />

betrifft. Sichergestellt sein sollte aber ein<br />

regelmäßiger Austausch aller beteiligten Akteure des<br />

Bildungsmanagements.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Wie gehen Sie sicher, dass das Bildungsangebot<br />

die Bedarfe der Mitarbeiter deckt<br />

Dr. Veit Echterhoff: Wir haben einen Bildungskatalog,<br />

in dem für alle Themen Weiterbildungsangebote<br />

gelistet sind. Um den Katalog aktuell zu halten, findet<br />

eine jährliche Bedarfsanalyse statt. Hierfür wird jeder<br />

Bereich im Unternehmen aufgerufen, sich den Katalog<br />

anzuschauen <strong>und</strong> Feedback zu geben, ob es hinsichtlich<br />

der Inhalte bzw. auch der Weiterbildungsformen<br />

Ergänzungsbedarf gibt.<br />

Wie sichern Sie die Anbindung des Bildungsmanagements<br />

an die Unternehmensziele<br />

Dr. Veit Echterhoff: Im Gr<strong>und</strong>e ist das der Vorgang,<br />

den ich eben beschriebe habe. Dazu kommt die Frage,<br />

welche Mitarbeiter mit welchen Kompetenzen für<br />

die nächsten Jahre benötigt werden. Dazu haben wir<br />

ein Tool entwickelt, das uns zeigt, wie sich der Bedarf<br />

in den nächsten Jahren entwickeln wird <strong>und</strong> wie wir<br />

unsere Rekrutierung darauf ausrichten können. So<br />

rechnen wir für mehrere Jahre im Voraus aus, wie die<br />

Belegschaft dann aussehen soll.<br />

Wie muss ein professionelles Recruiting aussehen<br />

Dr. Veit Echterhoff: Das System muss sich nach dem<br />

Bedarf des Unternehmens richten <strong>und</strong> immer mit der<br />

Zeit gehen. Eine gute Arbeitgebermarke wird für die<br />

Gewinnung neuer Mitarbeiter hierbei immer wichtiger.<br />

Wir versuchen durch viele betriebliche Zusatzleistungen,<br />

eine gute Unternehmenskultur <strong>und</strong> leistungsgerechte<br />

Bezahlung als möglichst attraktiver Arbeitgeber<br />

wahrgenommen zu werden. Unsere Erfahrung<br />

seit vielen Jahren ist, dass Recruiting sehr lokal<br />

stattfindet. Hier sind wir diverse Kooperationen mit<br />

Schulen/Universitäten eingegangen <strong>und</strong> engagieren<br />

uns aktiv für benachteiligte Jugendliche.<br />

Was sind relevante Kennzahlen im Bildungsmanagement,<br />

die für Sie im Benchmark mit<br />

anderen Unternehmen von Interesse wären<br />

Dr. Veit Echterhoff: Interessant wäre sicherlich ein<br />

Vergleich der Bildungsformen <strong>und</strong> -inhalte, also etwa<br />

eine Statistik, welche Seminartypen wie häufig nachgefragt<br />

werden. Dann natürlich ein Benchmark von<br />

Teilnehmern <strong>und</strong> Teilnehmertagen, dazu die Intensität<br />

in den verschiedenen Alters- <strong>und</strong> Gehaltsgruppen.<br />

Welche Lernformen sollten im Bildungsmanagement<br />

Berücksichtigung finden<br />

Dr. Veit Echterhoff: Wichtig ist, dass nicht nur die<br />

Lerninhalte dem Bedarf des Mitarbeiters entsprechen,<br />

sondern auch die Lernformen. Wir haben sehr gute<br />

Erfahrungen mit eLearning gemacht, vor allem wenn<br />

es ergänzend eingesetzt wird. Zeitgleich versuchen<br />

wir, formelle Lernformen wie Seminare mit informellen<br />

zu verbinden. Das informelle Lernen ist sehr<br />

komplex, hier ist es schwierig, Aussagen zu treffen,<br />

welche Lernformen am erfolgversprechendsten sind.<br />

Informelles Lernen passiert stetig. Wir versuchen, dafür<br />

geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, also<br />

etwa einen Austausch der Seminarteilnehmer zum<br />

Umsetzen des Erlernten zu unterstützen.<br />

Veröffentlichen Sie einen Jahresbericht zum<br />

Thema Bildung<br />

Dr. Veit Echterhoff: Das ist integraler Bestandteil<br />

unseres Konzernjahresberichtes. Und es gibt einen<br />

Nachhaltigkeitsbericht, der alle zwei Jahre erscheint<br />

<strong>und</strong> in dem Bildung ein Thema ist.<br />

119<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Experteninterviews HR<br />

Thomas Lindt<br />

Director Product Management<br />

VEDA GmbH<br />

Experteninterview mit der VEDA GmbH<br />

Thema: IT-gestütztes Bildungsmanagement – Die Unterschiede zwischen KMU <strong>und</strong><br />

Großunternehmen <strong>und</strong> die Kennzahlenfrage<br />

120<br />

Warum ist ein gutes Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong> so wichtig<br />

Thomas Lindt: Für die Zukunft von Unternehmen <strong>und</strong><br />

Beschäftigten ist die berufliche Weiterbildung längst<br />

zu einem Schlüsselfaktor geworden. Stetig wachsendes<br />

Wissen <strong>und</strong> die ansteigende Schnelligkeit von<br />

Veränderungen schaffen kontinuierlich steigende<br />

Lernbedarfe. Auch der Faktor der Mitarbeiterbindung<br />

darf nicht außer Acht gelassen werden. Unternehmen,<br />

die nicht kontinuierlich <strong>und</strong> strategisch in die Entwicklung<br />

der eigenen Mitarbeiter investieren, setzen die<br />

eigene Zukunft auf‘s Spiel. Bildungsmanagement ist<br />

da ein ganz zentraler Prozess, der Antworten auf die<br />

aktuellen <strong>und</strong> zukünftigen Kernprobleme liefert, die<br />

derzeit in der HR diskutiert werden.<br />

Welche Vorteile bringt der Einsatz von Software<br />

im Betrieblichen Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong><br />

Thomas Lindt: Eine Software bringt sehr viele Vorteile<br />

– auch <strong>und</strong> insbesondere in KMU. Eine gute Software<br />

federt die steigende Komplexität des Bildungs- <strong>und</strong><br />

<strong>Talentmanagement</strong>s ab. Sie hilft dabei, die Prozesse<br />

transparent <strong>und</strong> die Maßnahmen effizienter zu machen.<br />

Auf Basis von Daten kann ich als Personalmanager<br />

dann sehen, welche Voraussetzungen meine<br />

Mitarbeiter erfüllen <strong>und</strong> daraus den Bildungsbedarf<br />

ableiten. Außerdem leistet eine gute HR-Software<br />

Prozessunterstützung. Allen Beteiligten werden Vorschläge<br />

<strong>und</strong> Informationen in einer hohen Geschwindigkeit<br />

geliefert.<br />

Allerdings möchte ich betonen, dass die IT immer im<br />

Hintergr<strong>und</strong> des Bildungsmanagements steht. Sie<br />

muss in der Lage sein, umzusetzen <strong>und</strong> zu unterstützen.<br />

Die zu Gr<strong>und</strong>e liegende Strategie muss aber<br />

genau definiert sein <strong>und</strong> auch durchgesetzt werden,<br />

denn sie ist die Gr<strong>und</strong>voraussetzung für ein erfolgreiches<br />

Bildungsmanagement. Wenn sie nicht vorhanden<br />

ist, dann hilft auch das beste IT-Programm nicht.<br />

Wo stehen die KMU in punkto<br />

Bildungsmanagement<br />

Thomas Lindt: Noch sehr weit hinten. Gerade KMU<br />

muss bewusst werden, dass sie im Bereich Bildung<br />

im Wettbewerb mit Großunternehmen mithalten<br />

müssen, weil sie ansonsten im „War for Talents“<br />

scheitern. Kleine <strong>und</strong> mittelständische Unternehmen<br />

müssen dafür sensibilisiert werden, denn demographischer<br />

Wandel, Fachkräftemangel <strong>und</strong> Abwanderung<br />

sind Fakten, die auch heute nicht mehr ignoriert<br />

werden können <strong>und</strong> alle Unternehmen betreffen.<br />

Kosten durch Einsparungen an der Qualifizierung der<br />

Mitarbeiter zu senken, ist ganz klar zu kurz gedacht.<br />

In der betrieblichen Praxis aber haben KMU strukturelle<br />

Nachteile bei der Umsetzung eines Bildungsmanagements.<br />

Diese können durch Vernetzung oder<br />

Zusammenschlüsse von mehreren KMU kompensiert<br />

werden. Ein Vorteil der KMU ist das im Durchschnitt<br />

breitere Einsatzspektrum der Mitarbeiter. Die Mitarbeiter<br />

erhalten oft einen besseren Einblick in die<br />

Unternehmensprozesse – ihnen wird oft mehr Verantwortung<br />

angetragen.<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


Gibt es spezifische, besonders auffällige Fehler,<br />

die KMU in der Personalentwicklung begehen<br />

Thomas Lindt: Sehr oft werden gar keine passenden<br />

IT-gestützten Lösungen angewendet, sondern es wird<br />

weiterhin mit Excel-Tabellen gearbeitet. Eine strategische<br />

Planung genau wie ein adäquates Controlling<br />

werden so verhindert. Dies geht natürlich auf Kosten<br />

der Effizienz der Bildungsmaßnahmen. Das, was KMU<br />

als Personalentwicklung betrachten, ist häufig gar<br />

keine Personalentwicklung. Essenzielle Bereiche des<br />

Bildungsmanagements werden dann im Gießkannenprinzip<br />

durch mehrere Abteilungen oder auch eine<br />

einzige Person betreut. Da hat der deutsche Mittelstand<br />

noch großen Nachholbedarf.<br />

Wie wichtig ist das Thema Kennzahlen im<br />

Bildungsmanagement<br />

Thomas Lindt: Das ist ein absolut elementarer Punkt<br />

im Bildungsmanagement. Es gibt Kennzahlensysteme,<br />

mit denen man aussagekräftig messen kann,<br />

wie erfolgreich Bildungsmaßnahmen sind <strong>und</strong> ob sie<br />

einen Mehrwert im Sinne der Unternehmensstrategie<br />

generieren. Die Kennzahlen sind von Unternehmen<br />

zu Unternehmen unterschiedlich, je nachdem, wo<br />

der Fokus liegt. Dennoch ist es für die Zukunft sehr<br />

wichtig, Unternehmen zu vermitteln, wie wichtig<br />

solche Kennzahlen sind. Dabei muss zwischen harten<br />

<strong>und</strong> weichen Kennzahlen unterschieden werden.<br />

Weiche Kennzahlen, die im Rahmen von Mitarbeitergesprächen<br />

oder -befragungen erhoben werden, sind<br />

anders zu interpretieren als harte, die betriebswirtschaftlichen<br />

Analysen standhalten.<br />

In welchen Bereichen wird die Bedeutung von<br />

Kennzahlen für das Bildungsmanagement am<br />

deutlichsten<br />

Thomas Lindt: Die Ziele des Bildungsmanagements<br />

sollten immer anhand von konkreten Kennzahlen an<br />

die Unternehmensstrategie angeb<strong>und</strong>en sein. Sie<br />

kommen im Evaluationsprozess <strong>und</strong> Controlling zum<br />

Tragen. Auf diese Weise lassen sich Qualifikationsleerkosten<br />

vermeiden.<br />

Welche Trends lassen sich im IT-gestützten<br />

Bildungsmanagement in den letzten Jahren<br />

ausmachen<br />

Thomas Lindt: In der Vergangenheit wurden häufig<br />

Insellösungen eingesetzt. Heute sucht man die<br />

Verbindung <strong>und</strong> Vereinheitlichung von Maßnahmen.<br />

Es werden verschiedene Lerntechniken durch eine<br />

Lernplattform verknüpft. Das Thema eLearning<br />

gewinnt dahingehend immer mehr an Bedeutung.<br />

Gerade in dem Bereich sind die Interessen der Mitarbeiter<br />

entscheidend. Die Frage ist, ob diese eher am<br />

Wochenende über ein eLearning-Programm lernen<br />

wollen oder es doch vorziehen, mehrere Tage auf<br />

eine Schulung zu fahren. Der Arbeitgeber muss seine<br />

Anforderungen <strong>und</strong> die seiner Mitarbeiter flexibel<br />

anpassen, Stichworte sind Work-Life Balance <strong>und</strong><br />

Zeitmanagement.<br />

121<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


7. Literaturverzeichnis


7. Literaturverzeichnis<br />

• Bäumer, Jens: Weiterbildungsmanagement. Eine<br />

empirische Analyse deutscher Unternehmen. Rainer<br />

Hampp Verlag, München, Mering 1999.<br />

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Leitfaden zur Umsetzung der DIN ISO 29990.<br />

Beuth Verlag, Berlin, Wien, Zürich 2011.<br />

• DIN Deutsches Institut für Normung (Hrsg.): DIN<br />

ISO 29990. Beuth Verlag, Berlin, Wien, Zürich 2010.<br />

• DIN EN ISO 9001: 2008-12. Qualitätsmanagementsysteme<br />

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Abschnitt 6.2 Personelle Ressourcen. Beuth, Berlin<br />

2008.<br />

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www.efmd.org/accreditation-main/clip, 26.03.2011.<br />

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www.efmd.org/accreditation-main/clip, 26.03.2011.<br />

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• Faulstich, Peter; Zeuner, Christine:<br />

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Einführung in Theorie, Didaktik <strong>und</strong> Adressaten.<br />

Juventa Verlag, Weinheim, München 1999.<br />

• Gessler, Michael (Hrsg.): Handlungsfelder des<br />

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Waxmann Verlag GmbH, Münster 2009.<br />

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Medienkompetenz. Juventa Verlag, Weinheim 2002.<br />

• Gütl, Brigitte; Orthey, Frank Michael; Laske, Stephan<br />

(Hrsg.): Bildungsmanagement.<br />

Differenzen bilden zwischen System <strong>und</strong> Umwelt.<br />

Rainer Hampp Verlag, München, Mering 2006.<br />

• Hartz, Stefanie; Schrader, Josef (Hrsg.):<br />

Steuerung <strong>und</strong> Organisation in der Weiterbildung.<br />

Verlag Julius Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2008.<br />

• Hasanbegovic, Jasmina: Beratung im betrieblichen<br />

Bildungsmanagement – Analyse <strong>und</strong> Gestaltung<br />

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Carl Hanser Verlag, München 2011.<br />

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• Jäger, Wolfgang; Lukasczyk, Alfred (Hrsg.):<br />

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Luchterhand, Köln 2009.<br />

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In: Gesprächskreises Arbeit <strong>und</strong> Qualifizierung der<br />

Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2011.<br />

• Loebe, Herbert; Severing, Eckart (Hrsg.):<br />

Qualitätssicherung in der betrieblichen Bildung.<br />

Eine Studie in sechs Fallbeispielen. W. Bertelsmann<br />

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Einstieg. In: Gessler, Michael (Hrsg.):<br />

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Wissen managen – Wie Unternehmen ihre<br />

wertvollste Ressource optimal nutzen. Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung Verlag, Frankfurt 1997.<br />

• Schell, Fred; Stolzenburg, Elke; Theunert, Helga<br />

(Hrsg.): Medienkompetenz. München 1999.<br />

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berufliche Bildung. In: DIN Deutsches Institut für<br />

Normung (Hrsg.). Beuth Verlag, Berlin, Wien, Zürich<br />

2008.<br />

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VS Verlag für Sozialwissenschaften,<br />

Wiesbaden 2008.<br />

• Seyda, Susanne; Werner, Dirk: IW-Weiterbildungserhebung<br />

2011 – Gestiegenes Weiterbildungsvolumen<br />

bei konstanten Kosten. In: IW-Trends – Vierteljahresschrift<br />

zur empirischen Wirtschaftsforschung,<br />

39. Jahrgang, Heft 1/<strong>2012</strong>.<br />

• Spiegel-Online: Fachkräftemangel – Brüderle will<br />

Gastarbeiter mit Begrüßungsgeld locken,<br />

30.07.2010.<br />

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Unternehmen (CVTS3). Wiesbaden 2007.<br />

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Professionell führen. Neuwied 1999.<br />

• Zech, Rainer: Handbuch Qualität in der Weiterbildung.<br />

Beltz Verlag, Weinheim, Basel 2008.<br />

123<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- <strong>und</strong> <strong>Talentmanagement</strong> <strong>2012</strong>


8. Impressum


Herausgeber<br />

Redaktion<br />

Akademie<br />

EuPD Research<br />

Adenauerallee 134<br />

D-53113 Bonn<br />

Tel +49 (0) 228 97143-0<br />

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TÜV SÜD Akademie GmbH<br />

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www.tuev-sued.de/akademie<br />

Magdalena Nowak<br />

EuPD Research<br />

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m.nowak@eupd-research.com<br />

Anne Dreyer<br />

TÜV SÜD Akademie<br />

Tel +49 (0)89 5791-1180<br />

anne.dreyer@tuev-sued.de<br />

Konzept & Design<br />

Bildnachweis<br />

Art Direction<br />

Thomas Schmiejka<br />

Tel +49 (0) 228 85426-0<br />

Fax +49 (0) 228 85426-11<br />

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Logo/Signet-Design:<br />

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S. 6 - David Schaffer / OJO Images / Getty Images<br />

S. 14 - Fuse / Fuse / Getty Images<br />

S. 18 - ruberball / ruberball / Getty Images<br />

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S. 36 - Westend61 / Westend 61 / Getty Images<br />

S. 46 - David Schaffer / OJO Images / Getty Images<br />

S. 60 - Andy Heazlewood / Flickr / Getty Images<br />

S. 108 - David Lees / Digital Vision / Getty Images<br />

S. 110 - David Lees / Digital Vision / Getty Images<br />

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