Komplettes Interview - Deutscher Bildungspreis
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experteninterviews HR<br />
Klaus Schöneberger<br />
Leiter Personalentwicklung<br />
GOTHAER Versicherungen<br />
Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />
Thema: Bildung als wichtigste Aufgabe der Personalentwicklung<br />
Was verstehen Sie unter betrieblichem<br />
Bildungsmanagement?<br />
Klaus Schöneberger: Ich persönlich sehe darin alle<br />
Prozesse vereint, die dazu beitragen, die Mitarbeiter<br />
im Unternehmen optimal auf jetzige und zukünftige<br />
Aufgaben vorzubereiten. Dem Bildungsmanagement<br />
muss ganz klar ein Managementzyklus zugrunde liegen:<br />
Erfassen des Bedarfs, Ableiten von Maßnahmen,<br />
Evaluation der Maßnahmen und ggf. Interventionssteuerung.<br />
Wo sehen Sie die Schnittstelle zwischen<br />
Bildungs- und Wissensmanagement?<br />
Matthias Wendler: Das Wissensmanagement gewinnt<br />
in dem Maße an Bedeutung wie informelles Lernen<br />
zunimmt. Das Wissen in den Unternehmen wächst<br />
stetig – den Überblick zu behalten und Erfahrungswissen<br />
so punktgerichtet zur Verfügung zu stellen,<br />
dass daraus Lerneffekte gezogen werden können,<br />
ist ein ganz wesentlicher Benefit für das Bildungsmanagement.<br />
In dem Moment, in dem ich Wissen im<br />
Unternehmen bereitstelle, stelle ich auch ein mögliches<br />
Lernfeld bereit.<br />
Stichwort informelles Lernen: wie können Unternehmen<br />
hier optimale Rahmenbedingungen<br />
schaffen?<br />
Matthias Wendler: Bei uns ist ein wichtiges Stichwort<br />
in diesem Zusammenhang die kollegiale Beratung.<br />
Wir stellen Settings zur Verfügung, in denen es den<br />
Mitarbeitern ermöglicht wird, Wissen und Erfahrungen<br />
zu teilen und weiterzugeben, um dadurch Lernprozesse<br />
anzuregen. So finden Vernetzung und informelles<br />
Lernen statt, nicht nur auf der kognitiven, sondern<br />
auch auf der Verhaltensebene. Dabei wird die Bedeutung<br />
sozialer Netzwerke weiter zunehmen.<br />
Klaus Schöneberger: Die kollegiale Beratung funktioniert<br />
bereichsübergreifend und hat auch einen positiven<br />
Effekt auf die Kultur und das Miteinander. Die<br />
Mitarbeiter lernen sich kennen und bauen Vertrauen<br />
auf. Wir beobachten, dass die gegenseitige Hilfsbereitschaft<br />
wächst, dass sich Kollegen anrufen, wenn<br />
es Probleme gibt.<br />
Wie lässt sich Bildungsmanagement nachhaltig<br />
im Unternehmen verankern?<br />
Klaus Schöneberger: Wichtig ist, dass Bildung ganz<br />
fest als Unternehmensziel definiert ist. Das heißt,<br />
dass es in den Unternehmensleitlinien verankert ist.<br />
Es muss zugleich Führungsaufgabe sein, die Führungskräfte<br />
müssen die Entwicklung ihrer Mitarbeiter<br />
als wichtigste Aufgabe begreifen.<br />
Muss das Thema Bildung im Organigramm<br />
sichtbar werden?<br />
Matthias Wendler: Das halte ich in einer Organisation<br />
unserer Größe für wichtig. Das Thema braucht Präsenz,<br />
muss ausdrücklich für alle Mitarbeiter sichtbar<br />
werden.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- und Talentmanagement 2012<br />
Matthias Wendler<br />
Bereich Personalentwicklung<br />
GOTHAER Versicherungen
Klaus Schöneberger: Bei kleineren Unternehmen<br />
wäre es vielleicht kontraproduktiv, das Thema Bildung<br />
so arbeitsteilig zu organisieren und zu verankern<br />
– dennoch ist es auch hier wichtig, dass die<br />
Mitarbeiter wissen, wer als Ansprechpartner fungiert<br />
und an wen sie sich wenden können. Letztendlich ist<br />
die Organisationsform des betrieblichen Bildungsmanagements<br />
immer auch abhängig von der Größe des<br />
Unternehmens.<br />
Wie kann das Thema Bildung bestmöglich in den<br />
Führungsaufgaben verankert werden?<br />
Klaus Schöneberger: Wir haben eine verpflichtende<br />
Leistungs- und Potenzialbeurteilung, bei der Führungskräfte<br />
in Gesprächen mit den Mitarbeitern die<br />
heutigen Leistungen thematisieren und bewerten und<br />
auch die Potenziale analysieren. Es wird also auch<br />
auf die potenziellen Karrierepfade Bezug genommen<br />
und entsprechende Fördermaßnahmen identifiziert.<br />
Die Basis hierfür bildet bei der GOTHAER ein Kompetenzmodell,<br />
das sich durch alle Personalinstrumente<br />
zieht. Auch unser Bildungskatalog orientiert sich am<br />
Kompetenzmodell.<br />
Inwieweit lässt sich der Erfolg des<br />
Bildungsmanagements in der Praxis bestimmen?<br />
Matthias Wendler: Bei der GOTHAER wird es in Zukunft<br />
so aussehen, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte<br />
im Vorfeld einer Maßnahme Lernziele<br />
definieren und diese ins Bildungssystem einstellen.<br />
Nach einem gewissen Zeitraum werden beide dann<br />
von uns gefragt, welche Erwartungen und Ziele<br />
realisiert wurden. So erhalten wir als Bildungsmanagement<br />
ein wirklich gutes Wirkungscontrolling.<br />
Halten Sie es für wichtig, als Bildungsmanager<br />
einen Überblick zu haben wie sich die Kompetenzen<br />
der Mitarbeiter in Gänze entwickeln?<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- und Talentmanagement 2012<br />
Klaus Schöneberger: Ich halte es durchaus für ein<br />
Qualitätskriterium des Bildungsmanagements, ob ein<br />
Unternehmen in der Lage ist, zentral fachliche und<br />
methodische Qualifikationen aller Mitarbeiter parat zu<br />
haben. Das trifft aber nur auf die Hard Skills zu, bei<br />
den Soft Skills macht das weniger Sinn. Hier sehe ich<br />
das grundlegende Problem der Vergleichbarkeit – die<br />
Führungskräfte beurteilen bei uns die Ausprägung<br />
von einzelnen Soft Skills nicht im Hinblick auf einen<br />
abstrakten Maßstab, sondern im Blick auf die Anforderungen<br />
der aktuellen Funktion.<br />
Was sind die wichtigsten Kennzahlen, die ein<br />
Unternehmen im Bildungsmanagement haben<br />
muss?<br />
Matthias Wendler: Auf jeden Fall die Bildungstage<br />
pro Mitarbeiter, die Qualifizierungsquote. Daneben<br />
ist die Qualifizierungstiefe interessant, der Blick auf<br />
die aktiven Nutzer der Bildungsmaßnahmen: Gibt es<br />
bestimmte Mitarbeitergruppen bzw. Abteilungen, die<br />
sich besonders intensiv oder solche, die sich kaum<br />
beteiligen? Die Ergebnisse solcher Analysen ermöglichen<br />
allererst ein Steuern und Überprüfen von<br />
Bildungsmaßnahmen.<br />
Fortsetzung auf folgender Seite.
experteninterviews HR<br />
Fortsetzung Experteninterview mit GOTHAER Versicherungen<br />
Braucht man als Unternehmen eine Software<br />
zum Handling des Bildungsmanagements?<br />
Matthias Wendler: Ich glaube, es geht nicht mehr<br />
ohne eine gute Software. Wer Bildungsangebote<br />
effizient organisieren, schnell auf Auswertungen<br />
zugreifen und<br />
eLearning Angebote bequem verwalten und in Lernprozesse<br />
einbinden will, braucht ein Bildungssystem,<br />
das an die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen<br />
angepasst und sehr einfach zu bedienen ist.<br />
Klaus Schöneberger: Wir haben eine Bildungsplattform,<br />
die ins Intranet integriert ist. Wir haben Foren,<br />
Chatrooms, Datenbanken eingerichtet, die auch gut<br />
genutzt werden. Die Funktionalitäten sollen sich auch<br />
zukünftig immer weiterentwickeln. Der Austausch zu<br />
Fachthemen in Chatrooms und Foren ist ausdrücklich<br />
gewollt. Es ist sehr wichtig, die Teilnehmer von<br />
Bildungsmaßnahmen in Vorbereitungs- und Nachbereitungsphasen<br />
miteinander in Kontakt zu bringen.<br />
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- und Talentmanagement 2012
<strong>Deutscher</strong> <strong>Bildungspreis</strong> – Bildungs- und Talentmanagement 2012