Untitled - Urban Interior
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Der Tagesspiegel - 18.05.2009<br />
Prometheus spielt im Sand<br />
Antikes hinter der Bretterwand: Die Volksbühne<br />
wird vorübergehend zum Amphitheater.<br />
Bei abendlichem Schauer liegen<br />
Regencapes bereit, und eine Ausweichmöglichkeit<br />
ins Trockene besteht auch.<br />
Im Sand steckt eine rote Schaufel, auf<br />
den stufenweise ansteigenden, halbrunden<br />
Sitzreihen steht ein mit Farbe bespritzter<br />
Eimer. Sind es Arbeitsgeräte der<br />
emsigen Bauarbeiter oder Requisiten für<br />
die erste Inszenierung auf der „Agora“,<br />
der neuen Ausweichspielstätte der Volksbühne<br />
auf dem Rosa-Luxemburg-Platz?<br />
Ein Geheimnis ist bald gelüftet: Eigentlich<br />
dient die rote Schaufel der Brandbekämpfung<br />
im Theatergebäude, das<br />
zurzeit geschlossen ist und bis Mitte Oktober<br />
saniert wird. Doch Sascha Gierth,<br />
Bauprojektleiter der Agora, hat das Gerät<br />
kurzerhand zweckentfremdet und damit<br />
jede Menge Sand geplättet: „54 Tonnen<br />
haben wir vor dem Portal der Volksbühne<br />
aufgeschüttet, um die temporäre<br />
Spielfläche zu vergrößern“, erzählt er.<br />
Die Schauspieler werden so zum Greifen<br />
nah vor den maximal 400 Zuschauern stehen,<br />
die in dem Freilufttheater nach antikem<br />
Vorbild Platz finden. Sechs Wochen<br />
lang werden hier antike Dramen und<br />
Stoffe gespielt und für die Gegenwart<br />
gedeutet, den Anfang macht am Mittwochabend<br />
Dimiter Gotscheffs Inszenierung<br />
des „Prometheus“ von Aischylos.<br />
Jeden Sonnabend ab 22 Uhr wird bei<br />
griechischem Wein und Lamm vom Grill<br />
auch ein „Griechenmovie“ gezeigt, der<br />
erste dem antiken Motivkreis gewidmete<br />
Film ist Jürgen Kuttners Odyssee-Videoschnipselvortrag<br />
„Von Troja<br />
nach Ithaka“. „Das Besondere an dieser<br />
Open-Air-Reihe ist, dass die Zuschauer<br />
aus Lärmschutzgründen den Ton über<br />
Kopfhörer empfangen“, sagt Sabrina<br />
Zwach, Sprecherin der Volksbühne. Während<br />
ihrer Worte tritt ein Passant heran:<br />
Bernd Schütze ist Anwohner und vom<br />
„Agora“-Projekt nicht erbaut. Er spricht<br />
von „Narrenfreiheit“ und beschwert<br />
sich über die Lautstärke bei den Proben,<br />
mit vier Nachbarn will er Beschwerde<br />
beim Umweltamt einlegen. Projektleiter<br />
Gierth versteht den Unmut nicht und<br />
verweist auf die hohe Bretterwand: „Die<br />
Dezibel-Auflagen halten wir genau ein.“<br />
Für ein anderes mögliches Problem ist<br />
vorgesorgt: Bei abendlichem Schauer<br />
liegen Regencapes bereit, und eine Ausweichmöglichkeit<br />
ins Trockene besteht<br />
auch: Links neben dem „Amfiteatr“, wie<br />
Chefbühnenbildner Bert Neumann das<br />
Theater auf Polnisch nennt, steht ein<br />
mit Zeltplane überzogener Kubus. Hier<br />
soll das Herz der Agora besonders bürgernah<br />
schlagen: In dem Quader werden<br />
Studierende und junge Theaterschaffende<br />
Vorträge, Performances und Workshops<br />
veranstalten, bei denen jeder Interessierte<br />
Theaterluft schnuppern kann.<br />
Während die Bauarbeiter im Kubus noch<br />
letzte Schweißarbeiten erledigen, fangen<br />
im „Amfiteatr“ gleich die Proben<br />
für den „Prometheus“ an. Und nun erklärt<br />
sich auch, was es mit dem großen,<br />
bunten Eimer auf sich hat. Ein grauhaariger<br />
Mann sitzt im Zuschauerraum und<br />
liest konzentriert in einigen Papieren,<br />
ab und an streift er seine Zigarette über<br />
dem Metallbehälter ab: Es ist Regisseur<br />
Dimiter Gotscheff mit seinem ganz<br />
persönlichen Proben-Aschenbecher.<br />
Ad Hoc News - 19.05.2009<br />
Volksbühne eröffnet Spielstätte Agora<br />
mit «Prometheus» (Bild geplant)<br />
Berlin (ddp-bln) Die Berliner Volksbühne<br />
am Rosa-Luxemburg-Platz eröffnet am<br />
Mittwoch (20 Mai) ihre Interimsspielstätte<br />
Direkt vor dem Theater entstand in<br />
den vergangenen Wochen unter dem Namen<br />
Agora eine hölzerne Freiluftbühne.<br />
Berlin (ddp-bln). Die Berliner Volksbühne<br />
am Rosa-Luxemburg-Platz eröffnet am<br />
Mittwoch (20. Mai) ihre Interimsspielstätte.<br />
Direkt vor dem Theater entstand<br />
in den vergangenen Wochen unter dem<br />
Namen Agora eine hölzerne Freiluftbühne.<br />
Gegeben wird zur Eröffnung Aischylos‘<br />
«Prometheus» in der deutschen<br />
Übersetzung von Heiner Müller. Regie<br />
führte Dimiter Gotscheff. Die Agora sei<br />
komplett fertig für die Premiere, sagte<br />
eine Sprecherin am Dienstag. Sie fügte<br />
hinzu: ‚Gotscheff findet die Bühne toll.»<br />
Die Agora soll der Volksbühne während<br />
der Sanierung des Hauses über den<br />
Sommer neben dem Prater in Prenzlauer<br />
Berg und weiteren Orten Ersatzspielstätte<br />
sein. Sie bietet Platz für 336 Zuschauer.<br />
Die Premiere am Mittwoch ist ausverkauft.<br />
Bis August sind in der Agora unter anderem<br />
«Vögel ohne Grenzen» nach Aristophanes<br />
«Die Vögel», «Die Geschäfte des<br />
Herrn Julius Caesar» von Bertolt Brecht<br />
sowie «Medea» von Seneca zu sehen.<br />
Die Sanierungsarbeiten der Volksbühne<br />
sollen den Planungen zufolge im Oktober<br />
abgeschlossen sein. Für 12,5 Millionen<br />
Euro erhält das traditionsreiche Theater<br />
moderne Bühnentechnik, und der<br />
Zuschauerraum wird erneuert. Zudem<br />
werden die Sanitäranlagen erneuert.<br />
Berliner Morgenpost - 26.05.2009<br />
Anwohnerklagen<br />
Open-Air-Aufführungen der Volksbühne<br />
sind zu laut<br />
Die neue Open-Air-Spielstätte der Volksbühne<br />
erregt Anwohner in der Rosa-Luxemburg-Straße.<br />
Die Lautstärke der Aufführungen<br />
mit zum Teil lauten Schreien<br />
der Schauspieler seien mitunter so laut,<br />
dass man in den benachbarten Wohnungen<br />
massiv gestört werde. Nun hat<br />
sich eine Anwohnerinitiative gegründet.<br />
In diesen Tagen sorgt die Volksbühne in<br />
Mitte nicht mit ihren ausgefallenen Inszenierungen<br />
für Aufregung, sondern diesmal<br />
geht es ganz profan um Ruhestörung.<br />
Zahlreiche Anwohner rund um den Rosa-<br />
Luxemburg-Platz beklagen seit Tagen<br />
„Schreie von Schauspielern“ und „Getöse<br />
durch Musiker“. Tatsächlich finden Proben<br />
und Vorstellungen des Theaters bis<br />
zur Sommerpause unter freien Himmel<br />
statt – in der Agora, dem hölzernen Bauwerk<br />
vor dem Hauptportal. Die Volksbühne<br />
wird für zwölf Millionen Euro saniert.<br />
Seit die Künstler mit den Open-Air-<br />
Proben für „Prometheus“, „Vögel ohne<br />
Grenzen“ und „Die Geschichten des Julius<br />
Caesar“ auf dem Theater-Vorplatz<br />
begonnen haben, ist bei Anwohnern Unmut<br />
über den Lärm angesagt. „Ab morgens<br />
um 10 Uhr geht es los“, schimpft<br />
Bernd Schütze, „und dann geht es bis<br />
in den Abend.“ Inzwischen hat er eine<br />
Mieterinitiative gegründet, um gegen<br />
die tägliche Ruhestörung vorzugehen.<br />
„Die Chancen schätze ich eher gering<br />
ein, denn das Freilufttheater wurde<br />
vom Senat genehmigt. Angeblich<br />
würden sämtliche Umweltauflagen<br />
eingehalten“, sagt Bernd Schütze.