Untitled - Urban Interior
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die in ihre Hauseingänge urinierten.<br />
„Außerdem wussten die teilweise selber<br />
nicht, wofür denn ihre Straße am nächsten<br />
Wochenende gesperrt werde.“ Der<br />
ursprüngliche Sinn der Straßenfeste aber<br />
sei die Pflege der gutnachbarschaftlichen<br />
Verhältnisse. Bei den Grossanlässen sie<br />
dies aber nicht mehr der Fall gewesen.<br />
Eine Brücke soll zur Erholungsanlage<br />
werden<br />
Manchmal treibt der Kampf gegen den<br />
Lärm auch seltsame politische Blüten. An<br />
der verkehrsberuhigten Admiralbrücke<br />
am Landwehrkanal in Kreuzberg hatte<br />
die Umweltstadträtin Jutta Kalepky (für<br />
Grüne) den Anwohnern in Aussicht gestellt,<br />
die verkehrsberuhigte Spielstraße<br />
wieder für den Verkehr freizugeben, um<br />
die „Aufenthaltsqualität“ des bei Bongo-<br />
und Gitarrespielern beliebten Treffpunktes<br />
zu schmälern. Klagen von Anwohnern<br />
über die nächtlichen Partys hatten die<br />
Umweltstadträtin zum Handeln gezwungen.<br />
Doch das Vorgehen war mit den<br />
Fraktionen in der BVV nicht abgestimmt,<br />
und deshalb musste sie inzwischen einen<br />
Rückzieher machen. Nun will es die SPD<br />
mit ihrem Stadtrat Peter Beckers, zuständig<br />
für das Ordnungsamt, mit einem Alkoholverbot<br />
auf der Brücke richten. Die<br />
Idee: „Wir sperren die Brücke gänzlich für<br />
den Individualverkehr und erklären sie zur<br />
öffentlichen Grün und Erholungsanlage“,<br />
sagt Beckers. Dann könne der Bezirk ein<br />
Alkoholverbot und Platzverweise erlassen.<br />
Vorbild soll der Alexanderplatz sein, wo<br />
seit Januar dieses Jahres ein Alkoholverbot<br />
gilt. Nach Auskunft des zuständigen<br />
Stadtrates Joachim Zeller (CDU)<br />
mit guter Wirkung. Bei 53 Kontrollen<br />
seit Anfang April seien lediglich acht<br />
Platzverweise ausgesprochen worden,<br />
63 Mal hätten „ Bürgergespräche“ genügt.<br />
Im Februar, wurden bei 37 Alkohol-<br />
Kontrollen noch 17 Verstöße geahndet.<br />
Auch in Prenzlauer Berg greift das Bezirksamt<br />
zum Schutz der Anwohner vermehrt<br />
zu Verboten. Der Bezirk Pankow<br />
verhängte jetzt ein Grillverbot für den<br />
Falkplatz – und entsprach damit dem<br />
Anwohnerwillen. Bezirksbürgermeister<br />
Matthias Köhne (SPD) hatte sich am<br />
10. Juni beim Bürgerverein Gleimviertel<br />
mit Bürgern aus Gleimstraße und<br />
Am Falkplatz zusammengesetzt. Diese<br />
beschweren sich bereits seit geraumer<br />
Zeit über Lärm und vor allem über<br />
Rauchschwaden aus dem Park neben<br />
Mauerpark und Max-Schmeling-Halle.<br />
Grillverbot für den Falkplatz<br />
Der Bezirk gab ihnen letztlich Recht. „Unzumutbar“<br />
sei die Lärmbelästigung, sagt<br />
der grüne Stadtrat von Pankow, Jens-<br />
Holger Kirchner. „Es ist schließlich nicht<br />
nett, wenn man jede Nacht bis 2 Uhr die<br />
Klampfe hören muss und bei Südwestwind<br />
wegen der Rauchschwaden und des<br />
Gestanks nicht mehr die Fenster öffnen<br />
kann.“ Das Grillverbot sei bereits nach<br />
Inkrafttreten des Grünanlagengesetzes<br />
wirksam, die einstige Grill-Erlaubnis für<br />
den Falkplatz ist zurückgezogen worden.<br />
Kontrolliert aber wird erst ab 1. Juli.<br />
Bis dahin muss sich Kirchner mit seinen<br />
Kollegen vom Umweltamt über den Einsatz<br />
und die Vorgehensweise der Ordnungsamtsmitarbeiter<br />
verständigen.<br />
Alteingesessene beklagen<br />
sich am Kollwitzplatz<br />
Um Lärm geht es auch beim Streit um<br />
den Markt am Kollwitzplatz. Doch dieser<br />
hat bereits „eskalierende Züge“ angenommen,<br />
sagt Kirchner. Mit „fast polizeistaatlichen<br />
Methoden“ wehre sich die<br />
Bürgerinitiative „Besser leben im Kiez“<br />
gegen den berlinweit bekannten Markt.<br />
„Sicherheitsabstände wurden mit dem<br />
Zollstock nachgemessen, das Markttreiben<br />
jeden Sonnabend fotografiert“, sagt<br />
Kirchner, den die BI bereits als Vertreter<br />
der Genehmigungsbehörde anzeigte.<br />
Da es nach Ansicht des grünen Stadtrates<br />
aber möglich sein muss, „in einem szenigen<br />
und toleranten Ortsteil wie Prenzlauer<br />
Berg“ aufeinander zuzugehen,<br />
lud Kirchner am vergangenen Montag<br />
zum Runden Tisch in den Speisesaal der<br />
Grundschule am Kollwitzplatz. Dort aber<br />
musste er feststellen, dass das „Verhältnis<br />
zwischen der Anwohner-Bürgerinitiative<br />
und dem Marktbetreiber zerrüttet ist“.<br />
Die BI ist des morgendlichen Lärms beim<br />
Aufbau des Marktes überdrüssig und<br />
plädiert für eine Verlagerung zur Kulturbrauerei.<br />
Kirchner findet die „Gemengelage,<br />
in der unterschiedliche Lebensentwürfe<br />
aufeinanderprallen“ interessant.<br />
Denn nicht alle Anwohner verteufeln den<br />
Markt, „sehr viele“ würden ihn „lieben“.<br />
Und mitnichten stimme die These, dass<br />
es sich bei den Beschwerdeführern um<br />
Zugereiste handele, die sich eine teure<br />
Wohnung im Szenebezirk kauften und<br />
nun ihre Ruhe haben wollten. „Nein, bei<br />
der BI handelt es sich um Alteingesessene,<br />
die zum Teil schon seit 1986 in der<br />
Knaackstraße leben. “ Um zu schlichten,<br />
will der Stadtrat nun die Sondernutzungserlaubnis<br />
für den Marktbetreiber<br />
statt ab 7 Uhr nun erst ab 9 Uhr erteilen.<br />
Lärm ist unbestritten ein Gesundheitsrisiko,<br />
das in Berlin Zehntausende um den<br />
gesunden Schlaf in der Nacht bringt, weil<br />
es in ihrer Straße lauter als 55 Dezibel ist.<br />
Das ist die Größe, die Lärmwirkungsforscher<br />
als für die Gesundheit ausschlaggebenden<br />
Schwellenwert ermittelt haben.<br />
Etwa 190.000 Berliner erreicht in<br />
der Nacht sogar ein Pegel oberhalb von<br />
60 Dezibel. Angesichts dieser von der<br />
Senatsverwaltung für Gesundheit veröffentlichten<br />
Zahlen ist es eigentlich verwunderlich,<br />
dass nicht noch mehr Menschen<br />
gegen die nächtliche Ruhestörung<br />
auf die Barrikaden gehen. Doch gegen<br />
die größte Lärmquelle, den Straßenverkehr,<br />
regt sich erstaunlich wenig Protest.