Kurzbericht der Studenten - Hochschule Magdeburg-Stendal
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<strong>Kurzbericht</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Studenten</strong> über die Türkeiexkursion vom 3.08.2007 bis 21.08.2007<br />
Patara ist eine antike Stadt an <strong>der</strong> Mittelmeerküste Lykiens in <strong>der</strong> heutigen Türkei. Sie galt als eine<br />
<strong>der</strong> wichtigsten Städte Lykiens. Sie taucht erstmals zur Zeit Alexan<strong>der</strong>s des Großen auf. Von dem<br />
geschichtsträchtigen Ort - bedeutendster Hafen aus <strong>der</strong> Zeit Lykiens (schon in antiker Zeit<br />
verlandet), Geburtsstätte des Heiligen Nikolaus (Bischoff von Myra), Apollon-Heiligtum mit Orakel<br />
– ist heute nicht mehr viel erhalten. Einige Gebäude, wie etwa das Theater, das Bouleuterion,<br />
mehrere Kirchen, eine Therme, ein Leuchtturm und das Stadttor, sind heute zu besichtigen und<br />
erzählen von griechischer und römischer Zeit. Die heutige Stadt (Gelemiş) liegt wenige Kilometer<br />
vom Strand entfernt im Landesinneren und beherbergt einige kleinere Hotels, Läden und<br />
Restaurants. Seit einigen Jahren finden im antiken Patara systematische Ausgrabungen statt.<br />
Durch Professor Dr. Götz Grosche entstand vor einigen Jahren eine erfolgreiche Zusammenarbeit<br />
mit den türkischen Archäologen <strong>der</strong> Universität Antalya (Akdeniz). Seitdem fahren jährlich<br />
<strong>Studenten</strong> <strong>der</strong> HS <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong> nach Patara und unterstützen die Ausgrabungen mit<br />
Vermessungsarbeiten.<br />
Die Exkursion begann am 3. August 2007 in <strong>Magdeburg</strong>. Nach dem Transfer von <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong><br />
zum Flughafen Halle-Leipzig musste das umfangreiche Gepäck eingecheckt werden. Die ganze<br />
Ausrüstung und das persönliche Gepäck hatte eine Umfang von 17 Gepäckstücken bei einem<br />
Gesamtgewicht von ca. 250 Kg. Nach den Zollformalitäten und einem Flug von 3,5 Stunden<br />
kamen wir am 4. August um 3 Uhr in Antalya an. Auch hier mussten die Zollformalitäten erledigt<br />
und <strong>der</strong> Mietwagen in Empfang genommen werden. Nach einer Fahrt von 4 Stunden waren wir<br />
endlich um 9:00 Uhr Ortszeit in Patara. Nach ein wenig Erholung verschafften wir uns am<br />
Nachmittag einen Überblick über die Grabungsstätten, die Landschaft mit ihren Hügeln, Dünen<br />
und dem ca. 12 km langen Sandstrand.<br />
Im Wesentlichen glie<strong>der</strong>te sich unsere Arbeit in zwei Aufgabenstellungen. Zuerst sollte eine<br />
komplette Erfassung des Bouleuterions von Patara mithilfe eines Laserscanners durchgeführt<br />
werden. Weiterhin war eine Steinerfassung im antiken Theater von Tlos unser Ziel.<br />
Laserscan in Patara<br />
Mit einem Laserscanner (Fa. Callidus) ausgerüstet machte sich das Team daran, das Gebäude zu<br />
erfassen. Basierend auf Distanz- und Richtungsmessungen tastet <strong>der</strong> Scanner alles in seiner<br />
Umgebung befindliche in einem vorgegebenen Raster ab und erzeugt so eine Punktwolke. Je<br />
nach Bedarf werden am Scanner verschiedene Einstellungen bezüglich <strong>der</strong> Genauigkeit o<strong>der</strong> des<br />
Messbereichs getroffen. Bei <strong>der</strong> Messung muss als erstes <strong>der</strong> Standort des Scanners<br />
aufgenommen werden. Anhand <strong>der</strong> im Gelände vorhandenen Festpunkte konnte über eine Freie<br />
Stationierung unser eigener Standpunkt mit einer Totalstation ermittelt werden und daraufhin <strong>der</strong><br />
Standpunkt des Scanners.<br />
Um einen Gegenstand wirklich 3D-mäßig zu erfassen, muss er möglichst von allen Seiten<br />
gescannt werden. War ein Scan beendet, wurde <strong>der</strong> Scanner umgesetzt, <strong>der</strong> neue Standort des<br />
Scanners aufgemessen und <strong>der</strong> nächste Scan gestartet. Um am Ende alle Scans (43 Stück)<br />
zusammenfügen zu können, wurde jeweils beim Scannen ein Prisma aufgemessen, dass ebenfalls<br />
von seiner Lage her bekannt war. Anhand dieses einheitlichen Punktes konnten die einzelnen<br />
Messungen zusammengefügt werden, so dass sich am Ende eine 3D-Punktwolke ergab, die das<br />
Bouleuterion darstellte.<br />
Steinerfassung in Tlos<br />
In <strong>der</strong> folgenden Woche verlagerte sich unser Tätigkeitsbereich nach Tlos, einer Siedlung auf<br />
einem Hochplateau in ca. 470 m Höhe. Diese „glänzende Metropolis <strong>der</strong> lykischen Nation“ war<br />
ebenso wie Patara eine <strong>der</strong> bedeutendsten Städte <strong>der</strong> damaligen Zeit. Unter hethitischer,
ömischer und byzantinischer Obrigkeit verlebte <strong>der</strong> Ort eine sehr wechselhafte Geschichte.<br />
Bauten, wie beispielsweise die Akropolis, eine Basilika, die Thermen und das Theaters, zeugen<br />
noch heute davon.<br />
Die Entstehungszeit des Theaters in Tlos ist zeitlich um Christi Geburt einzuordnen. Es fiel jedoch<br />
auf, das einige Inschriften in den Sitzreihen <strong>der</strong> oberen Ränge griechischen Ursprungs waren,<br />
weswegen eine zeitliche Zuordnung nicht ganz sicher ist. Während Theater im griechischem<br />
Baustil oft an einem Berghang gebaut waren, eine exakt halbkreisförmige Cavea<br />
(Zuschauerränge) besaßen und die Skene (Bühne) relativ einfache Verzierungen aufwiesen,<br />
wurden Theater im römischen Baustil meist freistehend gebaut, hatte die Cavea eine Winkel von<br />
190-200° Spannweite und eine, oft durch einen Säule nsaum umgebene, Skene mit imposanten<br />
Verzierungen. Das Theater in Tlos ist eine Art Mischprodukt aus beiden und stellt somit eine<br />
Beson<strong>der</strong>heit dar, welche sich aber auch bei vielen an<strong>der</strong>en Theatern (z. B. Patara) <strong>der</strong> Region<br />
Lycia und Pamphylia feststellen ließ. Durch den Jahrtausende anhaltenden Zerfall sind einige<br />
Mauern in das Innere des Theaters zusammengefallen. Die Aufgabe in Tlos bestand in <strong>der</strong><br />
Erfassung <strong>der</strong> Steine in Bezug auf ein anzulegendes Raster. Das Raster hat einen Maschenweite<br />
von 5x5 m und orientiert sich an <strong>der</strong> Außenwand des Bühnengebäudes. Durch die Einmessung<br />
<strong>der</strong> markanten Eckpunkte eines jeden Steines und die örtliche Nummerierung des Steines kann<br />
nach einer Umlagerung <strong>der</strong> Steine <strong>der</strong>en ursprüngliche Lage zurückverfolgt werden. So können<br />
die Archäologen, nach erfolgter Beräumung <strong>der</strong> Steine und Säuberung des Theaters von Bewuchs<br />
und Erde, an Hand <strong>der</strong> ehemaligen Lage im Trümmerfeld die ungefähre Herkunft des jeweiligen<br />
Steins ermitteln, um die Rekonstruktion zu vereinfachen. Außerdem wurden unter Anleitung von<br />
Stefan Kiel, Mitarbeiter an <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>Magdeburg</strong>-<strong>Stendal</strong>, zusätzlich Luftbil<strong>der</strong> mit Hilfe eines<br />
Helium-Ballons aufgenommen. Sie dienen im Wesentlichen <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong><br />
Ausgrabungsstätten und <strong>der</strong> Übersicht über das gesamte Grabungsgelände in Tlos.<br />
Außerdem<br />
Die einzigen freien Tage während <strong>der</strong> Exkursion waren die Sonntage. An einem dieser Tage<br />
hatten wir die Möglichkeit, die antike Stadt Kekova zu besichtigen. Ein Seebeben verursachte eine<br />
Senkung des Meeresbodens, wobei die Stadt in <strong>der</strong> Antike versank. Eine ganze Hafenanlage und<br />
Teile <strong>der</strong> einstigen byzantinischen Stadt stehen heute unter Wasser. Die Stadt ist nur durch ein<br />
Boot zu erreichen. Spezielle Boote mit Glasboden ermöglichen einen beeindruckenden Blick auf<br />
Teile dieser versunkenen Stadt. Außerdem haben wir eine antike Wasserleitung besichtigt, die<br />
Patara in <strong>der</strong> Antike mit Wasser versorgt hatte. Die Reste <strong>der</strong> Wasserleitung gaben einen<br />
beson<strong>der</strong>en Eindruck <strong>der</strong> antiken Ingenieurkunst. Am letzten Sonntag ergriffen wir die Gelegenheit<br />
und erkundeten den nahe gelegenen Fluss Esen mit Paddelbooten.<br />
Fazit<br />
Wir haben in <strong>der</strong> kurzen Zeit einen Ausschnitt <strong>der</strong> tollen Landschaft gesehen und einen kleinen<br />
Einblick in die türkische Lebensweise (mit ihrer Offenheit, Leichtigkeit, und Lebensfreude) erhalten.<br />
Wir konnten viele nette Leute kennen lernen und hatten viel Spaß. Trotz unterschiedlicher<br />
Herkunft und seltener Verständigungsprobleme war es ein tolles, unkompliziertes Miteinan<strong>der</strong>.<br />
Auffällig waren die wie auch in Deutschland üblichen bürokratischen Stolpersteine.<br />
Anja Poenicke<br />
Stefanie Zalewski<br />
Constance Fenner<br />
Enrico Müller<br />
<strong>Magdeburg</strong>, Dezember 2007