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Sportlicht Jun 2011 - SG Essen-Schönebeck

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22<br />

Wunderläufer Achim Achilles wagt sich auf neues Terrain. Statt<br />

Ausdauer bolzt er nun Kraft. Liegestütze sollen ihm bierfassgroße<br />

Oberarmmuskeln bescheren, er träumt schon vom Posen im<br />

Strandbad. Seine Frau hat für das neue Hobby ihres Gatten nur<br />

ein Grinsen übrig.<br />

Heute ist es mal wieder soweit. Soll ich gleich morgens? Oder<br />

doch erst mitten in der Nacht? Wehtun wird es allemal, schon<br />

wegen der Nachwirkungen von vorgestern. Meine Arme spüre<br />

ich seit einer Woche nicht mehr. Die letzten Tage habe ich immer<br />

das gleiche Sweatshirt getragen. Heben der Arme ist unmöglich,<br />

selbst der Fahrradlenker erweist sich als unhaltbar. Dafür ist mein<br />

Muskelzuwachs rekordverdächtig, auch wenn er sich in Zentimetern<br />

noch nicht so ganz exakt dokumentieren lässt.<br />

Immerhin: Ich habe mich in den ersten Trainingstagen auf über<br />

50 Liegestützen in zehn Minuten hochgearbeitet, verteilt auf fünf<br />

Sätze mit je 90 Sekunden Pause. Klingt beeindruckend, ist aber<br />

mörderisch. Der Muskelkater fackelt vom Nacken durch den<br />

Schultergürtel in die Arme und wieder zurück in den Restkörper.<br />

Egal. Ich zieh´ das jetzt durch. Außerdem würde mich meine Facebook-Gruppe<br />

zum „Weichei des Monats“ erklären, wenn ich<br />

unter scheinheiligen Ausflüchten aufhörte. Ich bin nicht mal der<br />

Schlechteste. Es sind ja auch nur noch fünf Wochen. Dann bin ich<br />

Arnie. Oder Matsche.<br />

Es war mal wieder eine dieser borderlinigen Internet-Aktionen.<br />

Diesmal: „In 6 Wochen schaffst Du 100 Liegestütz am Stück“.<br />

Binnen weniger Stunden hatten sich 70 flüchtige Internet-Bekanntschaften<br />

gegenseitig geschworen, das Programm gemeinsam<br />

durchzuhecheln. Wahrscheinlich bin ich der einzige, der die<br />

Übungen wirklich absolviert. Alle anderen liegen mit Caipirinha in<br />

der Hängematte mit ihrem W-Lan-Netbook auf den Knien und beömmeln<br />

sich über diesen Achim-Trottel, der tatsächlich glaubt, die<br />

Mitmacher solcher Gruppen erledigten artig ihr Training.<br />

Liegestütze führen zu wilden<br />

Strandbad-Phantasien<br />

Ich tu`s. Bierfassgrosse Oberarmmuskeln sind schließlich eine<br />

verlockende Aussicht. Obenrum ist praktisch jeder Läufer ausbaufähig.<br />

Im Strandbad, in Sichtweite des Fritten-Standes, könnte<br />

ich in diesem Sommer beiläufig ein Viertelstündchen vor mich hin<br />

pumpen. Vielleicht ein kluges Buch dabei lesen, ganz so, als ob<br />

nichts dabei wäre, mal eben 100 Liegestütze zu absolvieren. Nur<br />

eine kleine Lockerungseinheit für zwischendurch, selbstverständlich<br />

wie Nasebohren. Die T-Shirt-Ärmel werde ich mit beherzten<br />

Schnitten öffnen müssen, wegen der immensen Kraftpakete.<br />

Mona würde im Sommerkleidchen dekorativ auf einem Bizeps hocken,<br />

am anderen hätten die Kinder ein Schaukel aufgehängt.<br />

In meiner seit Jahren konstanten Leichtgläubigkeit hatte ich auch<br />

diesmal wieder auf ein Wunder, eine Abkürzung, einen Trick, irgendeine<br />

Art der Erleichterung gehofft. Aber das Trainingsprogramm<br />

erweist sich als exakt genauso stumpf wie eine Marathonvorbereitung.<br />

Jeden zweiten Tag wird geliegestützt, jedes Mal<br />

mehr, am Ende soweit die Ärmchen tragen. Schlauerweise hatte<br />

ich beim Eingangstest meinen Ehrgeiz gezügelt und war nach<br />

acht, na gut: sechs echten und sieben, vielleicht auch nur vier<br />

eher hingehudelten Wiederholungen in einer mittelstarken Startgruppe<br />

untergeschlüpft.<br />

Fundstück<br />

Achilles` Verse<br />

Pumpen, bis die Polizei kommt<br />

Das Programm ist dennoch unmenschlich. Spätestens wenn die<br />

Nase zum dritten Mal in Bodennähe kommt, entweicht meinem<br />

hochroten Schädel ein Stöhnen mit der Wucht einer Elefanten-<br />

Flatulenz. Beim ersten Mal<br />

stürzte Mona noch ins Zimmer.<br />

Ihr besorgter Blick ging<br />

umgehend in breites Grinsenüber.<br />

Offenbar teilte sie meine<br />

Strandbad-Phantasien nicht<br />

ganz. Vielleicht hätte ich in<br />

der ersten Woche auch mehr<br />

anziehen sollen als meine<br />

rote Wettkampfbadehose. Immerhin<br />

hatte ich ein Handtuch<br />

über den Spiegel gehängt, um<br />

keine allzu hässlichen Bilder<br />

für den Rest meines Lebens<br />

ins Gedächtnis zu brennen.<br />

Gefühlt sah ich ziemlich athletisch<br />

aus. Und meine Geräusche<br />

sprachen allemal<br />

dafür.<br />

Netterweise verließ meine<br />

Frau das Schlachtfeld rasch wieder ohne dumme Fragen. Partner<br />

von ambitionierten Freizeitsportlern sind bizzare Auftritte gewohnt.<br />

Die Nachbarn weniger. Das Pochen unter mir stammte zweifelsfrei<br />

von einem Besenstiel, der im unteren Stockwerk an die Decke<br />

gestoßen wurde. Außerdem war es keine gute Idee, das Fenster<br />

offen stehen zu lassen. Im Innenhof wird das leiseste Alltagsgeräusch<br />

durch vielfaches Echo zu einem Orkan verstärkt, der noch<br />

Minuten später die Hauswände auf und ab tost.<br />

Hauswart Meier hat bestimmt schon die Polizei gerufen. Die Cops<br />

wiederum werden die Feuerwehr alamieren. In wenigen Minuten<br />

würden Männer mit Knarren und Bolzenschneidern unsere Wohnung<br />

stürmen, weil sie einen Fall grober Männermisshandlung<br />

vermuteten. Dabei mache ich doch nur Liegestütz. Und es fehlen<br />

nur noch 87.<br />

(Quelle: www.spiegel.de)<br />

Impressum<br />

Sportgemeinschaft<br />

<strong>Essen</strong>-<strong>Schönebeck</strong> 19/68 e.V.<br />

Redaktion/Gestaltung/Layout:<br />

Nadine Angstmann<br />

nadine.angstmannw@sg-schoenebeck.de<br />

Druck:<br />

P & W Druck und Verlag GmbH<br />

© <strong>2011</strong> <strong>SG</strong>S<br />

Auflage: 13.000<br />

Das nächste <strong>Sportlicht</strong><br />

erscheint am 01.12.<strong>2011</strong>.

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