Sportlicht Jun 2011 - SG Essen-Schönebeck
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Wunderläufer Achim Achilles wagt sich auf neues Terrain. Statt<br />
Ausdauer bolzt er nun Kraft. Liegestütze sollen ihm bierfassgroße<br />
Oberarmmuskeln bescheren, er träumt schon vom Posen im<br />
Strandbad. Seine Frau hat für das neue Hobby ihres Gatten nur<br />
ein Grinsen übrig.<br />
Heute ist es mal wieder soweit. Soll ich gleich morgens? Oder<br />
doch erst mitten in der Nacht? Wehtun wird es allemal, schon<br />
wegen der Nachwirkungen von vorgestern. Meine Arme spüre<br />
ich seit einer Woche nicht mehr. Die letzten Tage habe ich immer<br />
das gleiche Sweatshirt getragen. Heben der Arme ist unmöglich,<br />
selbst der Fahrradlenker erweist sich als unhaltbar. Dafür ist mein<br />
Muskelzuwachs rekordverdächtig, auch wenn er sich in Zentimetern<br />
noch nicht so ganz exakt dokumentieren lässt.<br />
Immerhin: Ich habe mich in den ersten Trainingstagen auf über<br />
50 Liegestützen in zehn Minuten hochgearbeitet, verteilt auf fünf<br />
Sätze mit je 90 Sekunden Pause. Klingt beeindruckend, ist aber<br />
mörderisch. Der Muskelkater fackelt vom Nacken durch den<br />
Schultergürtel in die Arme und wieder zurück in den Restkörper.<br />
Egal. Ich zieh´ das jetzt durch. Außerdem würde mich meine Facebook-Gruppe<br />
zum „Weichei des Monats“ erklären, wenn ich<br />
unter scheinheiligen Ausflüchten aufhörte. Ich bin nicht mal der<br />
Schlechteste. Es sind ja auch nur noch fünf Wochen. Dann bin ich<br />
Arnie. Oder Matsche.<br />
Es war mal wieder eine dieser borderlinigen Internet-Aktionen.<br />
Diesmal: „In 6 Wochen schaffst Du 100 Liegestütz am Stück“.<br />
Binnen weniger Stunden hatten sich 70 flüchtige Internet-Bekanntschaften<br />
gegenseitig geschworen, das Programm gemeinsam<br />
durchzuhecheln. Wahrscheinlich bin ich der einzige, der die<br />
Übungen wirklich absolviert. Alle anderen liegen mit Caipirinha in<br />
der Hängematte mit ihrem W-Lan-Netbook auf den Knien und beömmeln<br />
sich über diesen Achim-Trottel, der tatsächlich glaubt, die<br />
Mitmacher solcher Gruppen erledigten artig ihr Training.<br />
Liegestütze führen zu wilden<br />
Strandbad-Phantasien<br />
Ich tu`s. Bierfassgrosse Oberarmmuskeln sind schließlich eine<br />
verlockende Aussicht. Obenrum ist praktisch jeder Läufer ausbaufähig.<br />
Im Strandbad, in Sichtweite des Fritten-Standes, könnte<br />
ich in diesem Sommer beiläufig ein Viertelstündchen vor mich hin<br />
pumpen. Vielleicht ein kluges Buch dabei lesen, ganz so, als ob<br />
nichts dabei wäre, mal eben 100 Liegestütze zu absolvieren. Nur<br />
eine kleine Lockerungseinheit für zwischendurch, selbstverständlich<br />
wie Nasebohren. Die T-Shirt-Ärmel werde ich mit beherzten<br />
Schnitten öffnen müssen, wegen der immensen Kraftpakete.<br />
Mona würde im Sommerkleidchen dekorativ auf einem Bizeps hocken,<br />
am anderen hätten die Kinder ein Schaukel aufgehängt.<br />
In meiner seit Jahren konstanten Leichtgläubigkeit hatte ich auch<br />
diesmal wieder auf ein Wunder, eine Abkürzung, einen Trick, irgendeine<br />
Art der Erleichterung gehofft. Aber das Trainingsprogramm<br />
erweist sich als exakt genauso stumpf wie eine Marathonvorbereitung.<br />
Jeden zweiten Tag wird geliegestützt, jedes Mal<br />
mehr, am Ende soweit die Ärmchen tragen. Schlauerweise hatte<br />
ich beim Eingangstest meinen Ehrgeiz gezügelt und war nach<br />
acht, na gut: sechs echten und sieben, vielleicht auch nur vier<br />
eher hingehudelten Wiederholungen in einer mittelstarken Startgruppe<br />
untergeschlüpft.<br />
Fundstück<br />
Achilles` Verse<br />
Pumpen, bis die Polizei kommt<br />
Das Programm ist dennoch unmenschlich. Spätestens wenn die<br />
Nase zum dritten Mal in Bodennähe kommt, entweicht meinem<br />
hochroten Schädel ein Stöhnen mit der Wucht einer Elefanten-<br />
Flatulenz. Beim ersten Mal<br />
stürzte Mona noch ins Zimmer.<br />
Ihr besorgter Blick ging<br />
umgehend in breites Grinsenüber.<br />
Offenbar teilte sie meine<br />
Strandbad-Phantasien nicht<br />
ganz. Vielleicht hätte ich in<br />
der ersten Woche auch mehr<br />
anziehen sollen als meine<br />
rote Wettkampfbadehose. Immerhin<br />
hatte ich ein Handtuch<br />
über den Spiegel gehängt, um<br />
keine allzu hässlichen Bilder<br />
für den Rest meines Lebens<br />
ins Gedächtnis zu brennen.<br />
Gefühlt sah ich ziemlich athletisch<br />
aus. Und meine Geräusche<br />
sprachen allemal<br />
dafür.<br />
Netterweise verließ meine<br />
Frau das Schlachtfeld rasch wieder ohne dumme Fragen. Partner<br />
von ambitionierten Freizeitsportlern sind bizzare Auftritte gewohnt.<br />
Die Nachbarn weniger. Das Pochen unter mir stammte zweifelsfrei<br />
von einem Besenstiel, der im unteren Stockwerk an die Decke<br />
gestoßen wurde. Außerdem war es keine gute Idee, das Fenster<br />
offen stehen zu lassen. Im Innenhof wird das leiseste Alltagsgeräusch<br />
durch vielfaches Echo zu einem Orkan verstärkt, der noch<br />
Minuten später die Hauswände auf und ab tost.<br />
Hauswart Meier hat bestimmt schon die Polizei gerufen. Die Cops<br />
wiederum werden die Feuerwehr alamieren. In wenigen Minuten<br />
würden Männer mit Knarren und Bolzenschneidern unsere Wohnung<br />
stürmen, weil sie einen Fall grober Männermisshandlung<br />
vermuteten. Dabei mache ich doch nur Liegestütz. Und es fehlen<br />
nur noch 87.<br />
(Quelle: www.spiegel.de)<br />
Impressum<br />
Sportgemeinschaft<br />
<strong>Essen</strong>-<strong>Schönebeck</strong> 19/68 e.V.<br />
Redaktion/Gestaltung/Layout:<br />
Nadine Angstmann<br />
nadine.angstmannw@sg-schoenebeck.de<br />
Druck:<br />
P & W Druck und Verlag GmbH<br />
© <strong>2011</strong> <strong>SG</strong>S<br />
Auflage: 13.000<br />
Das nächste <strong>Sportlicht</strong><br />
erscheint am 01.12.<strong>2011</strong>.