Ohne Namen-2 - Deutsche Parkinson Vereinigung eV
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Hausarzt-Zuschlag für chronisch kranke<br />
Patienten und andere Merkwürdigkeiten<br />
Um zu verstehen, liebe Leserin, lieber Leser, worum es sich bei dem Hausarzt-Zuschlag<br />
für chronisch kranke Patienten handelt, möchte ich Sie entführen<br />
in einen Teil des Dschungels unserer Gesundheitsreform.<br />
Die Chroniker-Regelung, ein<br />
Ergebnis dieser Gesundheitsreform(Wettbewerb-Stärkungsgesetz,<br />
in Kraft seit dem 01.04.2007),<br />
ist Ihnen als <strong>Parkinson</strong>-Patient bestimmt<br />
ein Begriff. Aber wissen Sie<br />
auch, was „Therapiegerechtes Verhalten“<br />
ist? Was man sich darunter<br />
vorzustellen hat, darüber haben<br />
sich nicht nur der Vorstand und die<br />
Geschäftsführung der dPV, sondern<br />
auch der Ärztliche Beirat der<br />
dPV den Kopf zerbrochen. Nach<br />
einem Beschluss des Gemeinsamen<br />
Bundesausschusses (G-BA)<br />
soll nämlich nicht-therapiegerechtes<br />
Verhalten „bestraft“ werden,<br />
sprich die Belastungsgrenze für Zuzahlungen<br />
bei chronisch Kranken<br />
von einem Prozent der jährlichen<br />
Bruttoeinnahmen soll in einem solchen<br />
Fall nicht mehr gelten, sondern<br />
die zwei Prozent Leistungsgrenze<br />
für Gesunde.<br />
Nun heißt es in der vom G-BA<br />
vorgelegten Richtlinie, dass der Arzt<br />
die geeignete Therapie bestimmt<br />
und dass auf diese Weise sichergestellt<br />
werden soll, dass von der<br />
verminderten Belastungsgrenze<br />
nicht profitiert, wer den eigenen Heilungserfolg<br />
gefährdet. Ich kann<br />
mir allerdings beim besten Willen<br />
nicht vorstellen, wie ein Arzt kontrollieren<br />
kann, ob sein Patient die<br />
verschriebenen Medikamente immer<br />
in der verordneten Dosis und<br />
Zeit einnimmt. Oder wie kann er<br />
kontrollieren, ob sein Patient die<br />
verordneten krankengymnastischen<br />
Übungen zu Hause auch durchführt?<br />
Ob die genannte Richtlinie in dieser<br />
Form Wirklichkeit wird, bleibt abzu-<br />
warten. Denn es regt sich Widerstand.<br />
So lehnen es beispielsweise<br />
die Hausärzte mehrheitlich ab, Patienten<br />
per Unterschrift ein therapiegerechtes<br />
Verhalten zu bestätigen.<br />
Nach Meinung der Hausärzte<br />
hat eine solche Erklärung in der<br />
Arzt-Praxis nichts zu suchen, weil<br />
das Verfahren unsinning ist und das<br />
Vertrauensverhältnis Arzt-Patient<br />
beschädigen könnte.<br />
Betreten wir den nächsten Pfad<br />
durch den „Gesundheits-Dschungel:<br />
Sind Sie vertraut mit den Begriffen<br />
„Gesundheitsfonds“, „Versichertenpauschale“,<br />
„Einzelleistung“, „Leistungskomplex“,<br />
„Grund - Konsiliaroder<br />
Zusatzpauschale“, „Strukturpauschale“<br />
oder „Qualitätszuschlag“?<br />
Ich beneide unsere Ärzte nicht, die<br />
sich mit solchen Begriffen der Abrechnungsbestimmungen<br />
ihr Geld<br />
verdienen müssen. Das immer komplizierter<br />
werdende Gesundheitssystem<br />
belastet arbeitsmäßig auch<br />
unsere Ärzte. Ein Beispiel dafür ist<br />
der vor kurzem hinzugekommene<br />
Hausarzt-Zuschlag für chronisch<br />
kranke Patienten. Mit diesem Instrument<br />
sollen Allgemeinmediziner<br />
zum Dreh- und Angelpunkt in der<br />
ambulanten Gesundheitsversorgung<br />
werden. Gremien der Kassenärztlichen<br />
Bundesvereinigung (KBV)<br />
sowie Vertreter der Krankenkassen-Spitzenverbände<br />
einigten sich<br />
auf einen sog. „Hausarzt-Zuschlag“<br />
für multimorbide und chronisch kranke<br />
Patienten. Voraussetzung für diesen<br />
Zuschlag ist jedoch, dass chronisch<br />
kranke Patienten mindestens<br />
zwei Mal pro Quartal ihren Hausarzt<br />
aufsuchen müssen. Mit dem<br />
„Hausarzt-Zuschlag“ ist der Einheitliche<br />
Bewertungsmaßstab (EBM)<br />
B U N D E S V E R B A N D<br />
1<br />
dPV-Nachrichten Nr. 104 (April 2008)<br />
E E E D D I I T T T O O R R I I A A L<br />
L<br />
von Magdalene Kaminski<br />
um eine weitere Vergütungsrichtlinie<br />
erweitert worden (unter dem<br />
EBM ist im deutschen Gesundheitswesen<br />
ein Verzeichnis zu verstehen,<br />
nach dem vertragsärztlich ambulant<br />
erbrachte Leistungen der gesetzlich<br />
Krankenversicherten abgerechnet<br />
werden). Der Zuschlag wird<br />
zusätzlich zur Versichertenpauschale<br />
gezahlt, die die Hausärzte für jeden<br />
Patienten - nach Altersklassen<br />
gestaffelt - erhalten soll. Über die<br />
Höhe des Zuschlags und der Versichertenpauschale<br />
muss allerdings<br />
noch weiter beraten werden (die genannte<br />
Versichertenpauschale ist eine<br />
leistungsunabhängige Pro-Kopf-<br />
Vergütung für Hausärzte und soll<br />
Teil der neuen EBM 2008 sein). Der<br />
zweimal pro Quartal festgelegte<br />
Patienten-Besuch beim Arzt ist<br />
übrigens ein Kompromiss. Der ursprüngliche<br />
Vorschlag der Krankenkassen<br />
hatte drei Arztbesuche<br />
pro Quartal für die Zahlung zur Bedingung<br />
gemacht; gegen diesen<br />
Vorschlag konnten sich die Ärzte<br />
jedoch erfolgreich zur Wehr setzen.<br />
Die Einführung von Qualitätszuschlägen<br />
für besondere hausärztliche<br />
Leistungen wurde bis auf wenige<br />
Ausnahmen erst einmal verschoben.<br />
Für qualitätsgesicherte<br />
Leistungen wie z. B. Sonografie (Ultraschall),<br />
Proktoskopie (Spiegelung<br />
des Enddarms), Langzeit-<br />
EKG und Blutdruckmessungen wird<br />
es frühestens ab der zweiten Jah-