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Kfz-Spezial Nr. 2 - IG Metall 4 you

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<strong>Kfz</strong>spezial Ausgabe 2 / August 2007<br />

Seite 2<br />

DIE TARIFSITUATION – BUNDESWEIT<br />

So sieht’s aus<br />

In Ostdeutschland gelten bereits<br />

seit langem keine Flächentarifverträge<br />

mehr. Und auch der Westen<br />

ist „angefressen“: Keine Tarifverträge<br />

mehr in Niedersachsen und Bremen.<br />

Bayern soll zur tariffreien Zone<br />

werden. Die Arbeitgeber dort haben<br />

sich aus der Tarifpolitik verabschiedet,<br />

sie sind keine Tarifpartei mehr.<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> Bayern erwartet, „dass<br />

die Unternehmer nach und nach alle<br />

Tarifverträge aufkündigen“. In<br />

Baden-Württemberg haben die Arbeitgeber<br />

ebenfalls beschlossen,<br />

sich aus der Tarifverantwortung zu<br />

stehlen und sämtliche Tarifverträge<br />

zu kündigen. Nur in Hessen, der<br />

Pfalz, in Rheinhessen und im Saarland<br />

sind alle Tarifverträge noch<br />

ungekündigt in Kraft.<br />

In NRW hat der Warnstreik vom<br />

27. März den tarifpolitischen Amoklauf<br />

der Arbeitgeber gestoppt, nach<br />

dem massiven Protest der Beschäftigten<br />

kam der <strong>Kfz</strong>-Verband an den<br />

Verhandlungstisch zurück. Auch<br />

in Schleswig-Holstein und Hamburg<br />

zeigten die Proteste, Kundgebungen<br />

und Demonstrationen vom<br />

29./30 Mai Wirkung: Die Arbeitgeber<br />

haben beschlossen, Tarifpartei<br />

der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> zu bleiben.<br />

Wir wehren uns<br />

Rot im Kalender ankreuzen: Am 29. Februar 2008<br />

schlägt im <strong>Kfz</strong>-Gewerbe NRW „die Stunde der Wahrheit“.<br />

Dann nämlich endet die Friedenspflicht für die<br />

Tarifrunde 2008. Und dann muss die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> NRW<br />

kampffähig sein. „Entweder kriegen wir das hin oder<br />

wir haben auf ganz lange Zeit verloren“, sagte <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Bezirkssekretär<br />

Jörg Weigand. Am 15. August tagte<br />

in Sprockhövel die <strong>Kfz</strong>-Tarifkommission (Foto).<br />

Die Stimmung in der Tarifkommission ist gut, der Erfolg<br />

der Tarifrunde 2007 beflügelt. Erste Aktionsideen – zum Beispiel die schnellstmögliche Information der<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Mitglieder per SMS – werden diskutiert. Regelrechte Aktionsseminare sind geplant, Schulungen<br />

und Mitgliederversammlungen sowieso. Bis Ende September erstellen alle 46 <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Verwaltungsstellen<br />

einen „Masterplan“. Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> NRW macht die <strong>Kfz</strong>-Tarifrunde 2008 zum Top-Thema. Einhellige Meinung:<br />

„Wir müssen den Schwung vom Frühjahr auf den Keilriemen kriegen.“<br />

Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> rückt bundesweit zusammen. Erstmals findet am 29. August in Frankfurt/Main eine gemeinsame<br />

Tagung aller Tarifkommission im <strong>Kfz</strong>-Gewerbe statt. Ihr Motto lautet: „Aufstehen für den Flächentarifvertrag“.<br />

<strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>-Vize Berthold Huber: „Wir stehen vor der größten Herausforderung seit über 50 Jahren. Spätestens<br />

im Frühjahr 2008 hat ein Großangriff der Arbeitgeber auf die Themen Arbeitszeit und Entgelte zu erwarten.“<br />

Foto: Manfred Vollmer<br />

„Der Hund beißt nicht,<br />

der will nur spielen!“<br />

Der <strong>Kfz</strong>-Verband NRW hat eine<br />

„Information für alle Mitarbeiter“<br />

verfasst. Überschrift: „Manteltarifvertrag<br />

gekündigt“.<br />

Es gehe „vor allem um neue<br />

Lösungen beim Thema Arbeitszeit“.<br />

Das Einkommen solle<br />

sich „nicht verschlechtern“.<br />

Wie ist diese Mitarbeiterinformation<br />

in den Betrieben angekommen<br />

<strong>Kfz</strong>-<strong>Spezial</strong> hat drei<br />

Betriebsratsvorsitzende gefragt.<br />

„Die große Frage ist doch: Was wollen<br />

die Arbeitgeber eigentlich Die<br />

40-Stunden-Woche Das kommt<br />

für uns überhaupt nicht in Frage!<br />

Tariflexikon<br />

Ihre Beruhigungspille,<br />

dass unser<br />

Einkommen<br />

unangetastet<br />

bleibt, wirkt<br />

nicht. In dem<br />

Punkt sind<br />

meine Kollegen<br />

äußerst<br />

sensibel: Das letzte Weihnachtsgeld<br />

sollte uns gekürzt werden.<br />

Dagegen haben wir geklagt. Und<br />

die volle Summe erst einen Tag vor<br />

Prozessbeginn erhalten.“<br />

Christa Rienermann,<br />

Betriebsratsvorsitzende<br />

von Neotechnik, Bielefeld<br />

Manteltarifvertrag: Er enthält – im Unterschied zum Entgelttarifvertrag<br />

– alle Bestimmungen über die wesentlichen<br />

Arbeitsbedingungen, z.B. Regelungen zur Länge und Verteilung<br />

der Arbeitszeit, zu Einstellung und Kündigung, Erholungs- und<br />

Sonderurlaub, zusätzliches Urlaubsgeld, vorübergehende Freistellungen<br />

sowie Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.<br />

Tarifautonomie: Sie bedeutet das Recht der Tarifpartner,<br />

selbstständig und ohne staatliche Einmischung Arbeitsbedingungen<br />

(z. B. Löhne und Gehälter, Arbeitszeit und Urlaubsdauer)<br />

vereinbaren zu können. Sie ist gesetzlich garantiert.<br />

Für die Dauer der Gültigkeit des Tarifvertrages verpflichten sich<br />

die Arbeitgeber, die vereinbarten Bedingungen und Leistungen<br />

„Die Arbeitgeber wollen uns verhohnepiepeln.<br />

Sie tun so, als sei<br />

alles halb so schlimm. Stell dir vor,<br />

ein Pitbull rast auf dich zu – und von<br />

weit her ruft Herrchen ‚Der beißt<br />

nicht, der will nur spielen!’ Meine<br />

Kollegen sind gut informiert, die lassen<br />

sich nicht auf den Arm nehmen.<br />

Wenn es dem <strong>Kfz</strong>-Verband wirklich<br />

darum geht, die Wettbewerbsbedingungen<br />

zu<br />

verbessern,<br />

dann sollte er<br />

dafür sorgen,<br />

dass alle Unternehmen<br />

tariftreu sind.<br />

Die Arbeitsbedingungen<br />

zu verschlechtern<br />

ist keine Lösung. Das bringt<br />

unsere Branche nur in Verruf.“<br />

Karl-Heinz Reidenbach, Betriebsratsvorsitzender<br />

von VW Tölke & Fischer, Krefeld<br />

KAMPFPREISE<br />

Billig, billiger, ATU<br />

Mit einem Kampfpreis hat ATU für<br />

Unruhe in der <strong>Kfz</strong>-Branche gesorgt:<br />

Für nur 49,99 Euro verkaufte die<br />

Werkstattkette vom 18. bis 30. Juni<br />

in allen Lidl-Supermärkten Gutscheine<br />

für eine komplette Auto-Inspektion.<br />

Wie viele, wollten weder<br />

Lidl noch ATU am Ende verraten.<br />

Eine Wiederholung der Aktion ist<br />

jedenfalls nicht geplant. Trotzdem<br />

zu gewähren; die Gewerkschaften garantieren die Wahrung des<br />

Arbeitsfriedens.<br />

Tarifloser Zustand: Wo es keinen Tarifvertrag gibt oder keiner<br />

mehr gilt, herrscht ein sogenannter tarifloser Zustand.<br />

Tarifflucht: Wenn eine Firma aus dem Arbeitgeberverband<br />

oder der Innung austritt oder – innerhalb des Verbandes – in<br />

dessen OT-Bereich (ohne Tarifbindung) wechselt, nennen wir das<br />

Tarifflucht.<br />

Tarifvertragsparteien: Der Tarifvertrag ist ein privatrechtlicher<br />

Vertrag zwischen tariffähigen Parteien. Auf Arbeitnehmerseite<br />

können nur Gewerkschaften Tarifverträge abschließen. Auf<br />

Arbeitgeberseite können das Innungen oder Arbeitgeberverbände,<br />

auch ein einzelner Arbeitgeber kann Tarifvertragspartei sein.<br />

Fotos: Manfred Vollmer<br />

„Unsere Geschäftsführung<br />

hat die<br />

Mitarbeiterinformation<br />

nicht ans<br />

Schwarze Brett<br />

gehangen, ich<br />

vermute absichtlich.<br />

Sie ist intelligent genug<br />

um zu wissen, dass nur zufriedene<br />

Mitarbeiter Spitzenarbeit leisten.<br />

Unsere Leute lassen sich nicht hinters<br />

Licht führen. Wenn der <strong>Kfz</strong>-Verband<br />

behauptet, nur die Arbeitszeit<br />

verändern zu wollen, glaubt das<br />

niemand. Man kennt das doch:<br />

Gibst du ihnen den kleinen Finger,<br />

wollen sie die ganze Hand. Von vernünftigen<br />

Arbeitgebern erwarte ich,<br />

dass sie die Scharfmacher im <strong>Kfz</strong>-<br />

Verband zurückpfeifen.“<br />

Kurt Sybertz, Betriebsratsvorsitzender von<br />

Autohaus Fleischhauer, Aachen<br />

bleiben Fragen. Der Schnäppchenpreis<br />

lag deutlich unter dem Preis<br />

für eine einzige Verrechnungsstunde<br />

aller im Zentralverband<br />

Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe<br />

(ZDK) organisierten Werkstätten<br />

(2006: durchschnittlich 63,12 Euro).<br />

Dem ZDK war die ATU-Aktion deshalb<br />

„nicht geheuer“. Ein ATU-Sprecher<br />

behauptete, man sei deshalb<br />

so billig, „weil wir die Prozesse im<br />

Griff haben“. Aha. <strong>Kfz</strong>-<strong>Spezial</strong> kann<br />

sich auch andere Gründe denken:<br />

Könnte es sein, dass ATU sich nicht<br />

an die Tarifverträge hält Dann wäre<br />

die Firma deshalb so billig, weil sie<br />

ihren Beschäftigten das Geld aus<br />

der Tasche zieht. PS: ATU gehört<br />

dem US-Finanzinvestor KKR, der<br />

weltweit größten „Heuschrecke“.<br />

Urteile<br />

Befristung I: Ein befristeter Arbeitsvertrag,<br />

der den sachlichen Grund für<br />

die Befristung nicht erkennen lässt<br />

oder einen falschen Grund nennt, ist<br />

rechtswidrig.<br />

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />

vom 26. April 2007 (2 Sa 793/06)<br />

Befristung II: Das Argument, einen<br />

Arbeitsplatz zu einem späteren Zeitpunkt<br />

mit einem Leiharbeiter besetzen<br />

zu wollen, ist kein sachlicher Grund für<br />

einen befristeten Arbeitsvertrag.<br />

Bundesarbeitsgericht vom 17. Januar<br />

2007(7 AZR 20/06)<br />

Eingruppierung: Der Betriebsrat hat<br />

ein Mitbeurteilungsrecht bei der Frage,<br />

ob ein bislang außertariflich vergüteter<br />

Angestellter nach einer Versetzung weiterhin<br />

außertariflich einzugruppieren ist<br />

oder nunmehr unter die tarifliche Vergütungsordnung<br />

fällt. Das ergibt sich aus<br />

Paragraf 99 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes.<br />

Bundesarbeitsgericht vom 12. Dezember<br />

2006 (1 ABR 13/06)<br />

Internetzugang: Der Arbeitgeber<br />

muss dem Betriebsrat die für seine Arbeit<br />

erforderlichen Sachmittel zur Verfügung<br />

stellen (Paragraf 40 Betriebsverfassungsgesetz).<br />

Dazu gehört auch ein<br />

Zugang zum Internet.<br />

Landesarbeitsgericht Niedersachsen<br />

vom 9. März 2007 (3 TaBV 47/06)<br />

Entgeltumwandlung: Laut Betriebsrentengesetz<br />

kann der Arbeitnehmer<br />

vom Arbeitgeber verlangen,<br />

dass von seinem Entgelt bis zu vier Prozent<br />

der Beitragsbemessungsgrenze in<br />

der Rentenversicherung – also bis zu<br />

210 Euro monatlich – durch Entgeltumwandlung<br />

in eine betriebliche Altersversorgung<br />

fließen. Weigert sich der<br />

Arbeitgeber, das zu tun, kann er dazu<br />

verurteilt werden.<br />

Bundesarbeitsgericht vom 12. Juni 2007<br />

(3 AZR 14/06)

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