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Stahlbau Nachrichten - Verlagsgruppe Wiederspahn

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<strong>Stahlbau</strong>-<strong>Nachrichten</strong><br />

Bauen mit Stahl<br />

Berechnungen ergaben, dass die Schnittgrößenverteilung<br />

wesentlich durch die gewählte<br />

Form der Gründung beeinfl usst wird: eine<br />

Pfahlgründung mit elastischer Einspannung,<br />

bei der räumlich geneigte Stützen aus Rohrprofi<br />

len in Köcher einbinden und die Stiele in<br />

Längsrichtung durch kopfbandartige Profi le<br />

in die Fischbauchträger eingespannt sind. Das<br />

Resultat ist eine hochgradig unbestimmte<br />

Tragstruktur, die global als Rahmensystem<br />

wirkt. Eine realistische Modellierung der<br />

Gründung als Federsystem beinhaltet also,<br />

dass gekoppelte Steifi gkeiten erfasst werden.<br />

Daher wurden die Pfähle mit ihrer elastischen<br />

Bettung in dem Modell berücksichtigt.<br />

Gemäß DIN-Fachbericht 103 dürfen Fachwerke<br />

als gelenkig modelliert werden, was<br />

ermöglichte, einen Teil der Verbindungen<br />

als gelenkig anzunehmen. In anderen Bereichen<br />

werden hingegen biegesteife Verbindungen<br />

benötigt, um Gleichgewicht zu<br />

gewährleisten. Dies gilt insbesondere für die<br />

Rotationen, die eine Verformung der Untergurte<br />

senkrecht zur Binderebene behindern.<br />

Aufgrund der Rahmenwirkung treten in den<br />

Untergurten des Fischbauchträgers aber gerade<br />

über den Stützen große Druckkräfte auf,<br />

weshalb zur Stabilisierung des Untergurtes<br />

eine seitliche elastische Aufl agerung erforderlich<br />

wurde, realisiert durch die biegesteife<br />

Ausführung des Quersystems. Somit waren<br />

die Knoten teilweise gelenkig, teilweise als<br />

biegesteife Verbindungen auszubilden und<br />

nachzuweisen.<br />

Die Bemessung der Knoten orientierte sich<br />

an DIN EN 1998-1-8, die als Norm Bemessung<br />

und Ausführung von Knotenverbindungen<br />

im <strong>Stahlbau</strong> regelt und zudem umfangreiche<br />

(Bemessungs-)Verfahren für stumpf gestoßene<br />

und verschweißte Knoten von Rohrfachwerken<br />

verfügbar macht. Die Berechnungen<br />

erfolgen zum einen für die Durchleitung von<br />

Straßenquerung<br />

»mit« Fischbauchträgern<br />

© Müller Offenburg GmbH<br />

20<br />

Schräggestellte Stützen<br />

© Müller Offenburg GmbH<br />

Normalkräften, die zum Nachweis von Fachwerksystemen<br />

dienen. Zum anderen können<br />

auch Momente in und aus der Tragwerksebene<br />

(heraus) nachgewiesen werden, was<br />

für biegesteife Rahmenknoten notwendig<br />

ist. Da diese Bemessungsverfahren auf Traglastbetrachtungen<br />

beruhen und plastische<br />

Tragreserven voraussetzen, sind sie für den<br />

Nachweis ermüdungsbeanspruchter Bauteile<br />

freilich nicht geeignet.<br />

Gemäß DIN-Fachbericht 103 sind für Fußgängerbrücken<br />

nun keine Ermüdungsberechnungen<br />

vorgeschrieben. Eine wesentliche<br />

Schwierigkeit stellten indessen die geometrischen<br />

Randbedingungen dar, denn die<br />

angegebenen Gleichungen gelten für eine<br />

Knotenausführung mit Winkeln θ ≥ 30°. Da<br />

die vorliegende Struktur jedoch mit deutlich<br />

geringeren Winkeln aufwartet, waren dementsprechend<br />

zusätzliche Untersuchungen<br />

unumgänglich. Hierzu wurde zunächst ein<br />

Nachweisprogramm entwickelt, das die<br />

automatische Bemessung eines räumlichen<br />

Knotens für die unterschiedlichen geometrischen<br />

Knotenausbildungen (Y-, K-, X-Knoten)<br />

erlaubt, und für die kritischsten Knoten dann<br />

Sensitivitätsbetrachtungen durchgeführt,<br />

um den Einfl uss von Winkeländerungen auf<br />

die Traglast zu ermitteln. Die Berechnungen<br />

zeigten, dass die Traglast im Allgemeinen für<br />

fl achere Winkel zunimmt. Die Bemessung<br />

erfolgte daher konservativ mit θ = 30° für<br />

Knoten mit Winkeln < 30° – unter der Bedingung<br />

einer vollständigen bzw. sauberen Umschweißung:<br />

Werden die Winkel zu klein, ist<br />

die gewählte Lösung nicht mehr zutreffend.<br />

Auswirkungen für die Fertigung<br />

An dieser Stelle ist ein Zusammenwirken<br />

zwischen Planung und Fertigung ebenfalls<br />

zwingend: Nicht nur die Fertigungsseite darf<br />

eine optimierte Planung erwarten, auch der<br />

Fertigungsbereich des <strong>Stahlbau</strong>unternehmens<br />

muss sich für eine zweckmäßige, an der<br />

Praxis orientierte Planung engagieren, um die<br />

erwünschte Kostenoptimierung zu erzielen.<br />

In der Werkstatt wurden daher Aufschweißversuche<br />

für unterschiedliche Winkel durchgeführt,<br />

wobei sich deren Schweißbarkeit bis<br />

ca. 20° noch nachwiesen ließ. Der Anschluss<br />

des Kopfbandes an den Untergurt hat aber<br />

einen Winkel von θ ≈ 13°: Die Durchleitung<br />

der hohen Druckkräfte wurde hier durch den<br />

Einsatz eines eingeschlitzten Knotenblechs<br />

realisiert, und zwar in Abstimmung mit der<br />

Prüfi ngenieurin.<br />

Die Bemessung aller Knoten erfolgte dann<br />

als Nachlauf numerisch auf Basis der bereits<br />

beschriebenen Algorithmen. Aufgrund der<br />

frühzeitigen Zusammenarbeit zwischen<br />

Fertigung und Planung war es möglich, die<br />

Knoten weitestgehend stumpf gestoßen und<br />

vollverschweißt und damit sehr wirtschaftlich<br />

zu verwirklichen. Diese enge Kooperation erlaubte<br />

darüber hinaus eine klare Gliederung<br />

des Tragwerks in handhabbare Montageeinheiten,<br />

so dass die geometrisch anspruchsvollen<br />

Knoten ohne Komplikationen und höchst<br />

effektiv im Fertigungsbetrieb erstellt werden<br />

konnten.<br />

So wurde das Bauwerk mit seiner ambitionierten<br />

Konstruktion und seiner optisch schönen<br />

Gestaltung sowohl unter fertigungs- als<br />

später auch unter montageseitigen Aspekten<br />

letztlich problemlos errichtet.

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