Täuschen und Lügen - Wdr.de
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Vor <strong>de</strong>m eigentlichen Test fin<strong>de</strong>t ein Gespräch mit <strong>de</strong>m<br />
Tatverdächtigen statt, in <strong>de</strong>ssen Verlauf <strong>de</strong>r Wissenschaftler<br />
Fragen entwickelt, die auf eine imaginäre Tat<br />
abzielen. Das sind die so genannten Kontrollfragen. Der<br />
Vergleich zwischen <strong>de</strong>n Reaktionen auf die Kontrollfragen<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Reaktionen auf die Fragen nach <strong>de</strong>r echten Tat<br />
sollen dann Rückschlüsse auf eine Täterschaft o<strong>de</strong>r auf die<br />
Unschuld einer Person zulassen. Nach Meinung <strong>de</strong>r<br />
Befürworter dieser Metho<strong>de</strong> ist dieser Test manchmal die<br />
einzige Möglichkeit, einem Täter auf die Spur zu kommen.<br />
Gegner dieser Metho<strong>de</strong> sagen, dass zu viel von <strong>de</strong>r<br />
Erfahrung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Fähigkeiten <strong>de</strong>s Experimentators<br />
abhänge, vor allem bei <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Kontrollfragen.<br />
Außer<strong>de</strong>m reagierten beispielsweise Sexualstraftäter<br />
nicht unbedingt nach <strong>de</strong>m erwünschten Muster,<br />
son<strong>de</strong>rn sie reagierten eventuell mit größerer Erregung<br />
auf eine vorgestellte Tat, vielleicht sogar noch stärker als<br />
auf die tatsächlich begangene. Kritiker dieser Metho<strong>de</strong><br />
weisen darüber hinaus auf Menschen hin, die unschuldig<br />
in amerikanischen Gefängnissen sitzen, weil <strong>de</strong>r <strong>Lügen</strong><strong>de</strong>tektor<br />
angeblich ihre Schuld bewiesen hätte. Unter<br />
hohem psychischen Druck hätten diese Menschen dann<br />
falsche Geständnisse abgelegt – oft in <strong>de</strong>r Hoffnung auf<br />
ein mil<strong>de</strong>res Urteil.<br />
Der <strong>Lügen</strong><strong>de</strong>tektor vor Gericht<br />
In einigen Staaten <strong>de</strong>r USA ist <strong>de</strong>r Kontrollfragentest vor<br />
Gericht als Beweismittel zugelassen. Außer<strong>de</strong>m wird er<br />
dort auch bei Bewerbungsgesprächen zum Beispiel in <strong>de</strong>r<br />
Sicherheitsdienst-Branche eingesetzt. In Deutschland<br />
sieht die Situation an<strong>de</strong>rs aus: hier ist dieser Test höchst<br />
umstritten. Ein im Auftrag <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />
erstelltes Gutachten führte dazu, dass <strong>de</strong>r BGH im<br />
Dezember 1998 <strong>de</strong>n Kontrollfragentest als Beweismittel in<br />
Strafprozessen abgelehnt hat. Im Sommer 2003 folgte<br />
auch das Einsatzverbot für Zivilprozesse.<br />
Der Tatwissenstest darf jedoch angewandt wer<strong>de</strong>n, wenn<br />
vorher sicher ausgeschlossen wer<strong>de</strong>n kann, dass die zu<br />
untersuchen<strong>de</strong> Person bereits etwas über <strong>de</strong>n Tathergang<br />
erfahren hat. Denn auch auf gehörte o<strong>de</strong>r gelesene Details<br />
reagiert <strong>de</strong>r Körper <strong>und</strong> damit auch <strong>de</strong>r <strong>Lügen</strong><strong>de</strong>tektor.<br />
20<br />
Zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Hauptverhandlung sind aber oft schon<br />
allein durch die Medien zu viele Details bekannt gewor<strong>de</strong>n,<br />
als dass Experten <strong>de</strong>n Tatwissenstest noch anwen<strong>de</strong>n<br />
dürften.<br />
Der belogene <strong>Lügen</strong><strong>de</strong>tektor<br />
Vielleicht gibt es sie tatsächlich – wie in manchen<br />
Hollywoodfilmen – Geheimdienstagenten, die während<br />
ihrer Ausbildung gelernt haben, wie man die eigenen körperlichen<br />
Reaktionen so beherrscht, dass aus einem<br />
Schuldigen ein Unschuldiger wird. Aber für Normalsterbliche<br />
gilt das sicher nicht. Es gibt aber die Möglichkeit,<br />
beispielweise durch Bewegungen einen Test so zu verfälschen,<br />
dass er nicht mehr ein<strong>de</strong>utig auswertbar <strong>und</strong> damit<br />
unbrauchbar wird. Aber selbst das müsste man nach<br />
Ansicht von Wissenschaftlern zuerst erlernen.<br />
<strong>Lügen</strong> erkennen<br />
„<strong>Lügen</strong> haben kurze Beine“ sagt <strong>de</strong>r Volksm<strong>und</strong>. Und <strong>de</strong>r<br />
Romanfigur Pinocchio sieht man es sogar an, wenn sie<br />
lügt, <strong>de</strong>nn dann wächst ihr eine lange Nase. Im Alltag<br />
einen Lügner zu entlarven ist dagegen viel schwieriger.<br />
Häufig versuchen wir zum Beispiel aus <strong>de</strong>r gezeigten<br />
Nervosität auf <strong>de</strong>n Wahrheitsgehalt zu schließen. Diese<br />
hängt jedoch viel stärker vom Selbstbewusstsein <strong>de</strong>s vermeintlichen<br />
„Lügners“ ab. Ebenso ist die Intimität einer<br />
Situation o<strong>de</strong>r die Intensität <strong>de</strong>r emotionalen Regung kein<br />
zuverlässiger Indikator. Vielfach sind wir auch <strong>de</strong>r<br />
Meinung einen Lügner an seinem Gesichtsausdruck zu<br />
erkennen. Dabei haben wir bei dieser intuitiven Metho<strong>de</strong><br />
lediglich eine Zufallstrefferquote.<br />
Gesichter die <strong>Lügen</strong><br />
Der amerikanisch Psychologe Paul Ekman versucht seit<br />
Jahren eine Metho<strong>de</strong> zu entwickeln, die einen Lügner<br />
anhand seiner Mimik entlarvt. Dazu hat er je<strong>de</strong> mögliche<br />
Muskelbewegung im Gesicht <strong>und</strong> damit je<strong>de</strong>n Gesichts-<br />
21<br />
Zwei Personen zeigen ein<br />
falsches Lächeln, aber wer?