Manuela Pesko

22 Snowboard
Manuela Pesko
«Auch
ich habe
Hochs
und
Tiefs»
Manuela Pesko (29) eilt von
Erfolg zu Erfolg. Sie behauptet sich
seit Jahren in der Snowboard-
Königsdisziplin Halfpipe mit einer
beeindruckenden Konstanz an der
Spitze. Doch was steckt hinter der
aktuellen Weltmeisterin Eine
Powerfrau, die offen über ihr Leben
und ihre Person spricht. Und nur
einer Frage mit Beharrlichkeit
ausweicht...
VON MARCEL ALLEMANN (text) und
walter L. Keller (Foto)
Sie wurden beim Weltcup in Saas
Fee Dritte. Soll ich Ihnen nun zu
Ihrem Podestplatz gratulieren
oder Sie als Erstes fragen,
weshalb Sie «nur» Dritte
geworden sind
Manuela Pesko: Gratulieren finde
ich immer gut.
In diesem Fall herzliche Gratulation
zu Ihrem dritten Rang!
Vielen Dank.
Sind Sie denn mit diesem dritten
Rang auch wirklich zufrieden
Meine Runs in Saas Fee waren nicht
optimal. Mit optimalen Läufen
wäre sicher mehr drin gelegen.
Aber ich bin trotzdem zufrieden,
denn seit über einem Jahr realisierte
ich in jedem Rennen einen
Podestplatz. In dieser Saison habe
ich schon wieder einen ersten und
einen dritten Rang auf dem Konto,
noch ehe die Saison richtig angefangen
hat.
Dann ist es trotz aller Erfolge
nicht so, dass für Sie nur noch
Siege zählen
Grundsätzlich ist mein Fokus darauf
ausgerichtet, einen optimalen
Run zu haben und eine gute Show
zu bieten. Wie es dann weitergeht,
darüber entscheiden ohnehin die
Judges mit ihren Noten. Wenn man
gewinnt, ist das superschön. Aber
es ändert nichts daran, dass man
jedes Mal wieder auf ein Neues
oben steht und sich in der Qualifikation
neu beweisen muss. Eine
Garantie hat man im Sport nicht,
wie man sie auch sonst im Leben
nicht hat.
Sie sind jetzt 29. Bei vielen Freestylern
ist zu beobachten, dass
sie ab 25 stagnieren. Was machen
Sie anders, dass Sie immer
noch besser werden
Ich habe sicher gute körperliche
Voraussetzungen. Ich bin fit,
mein Körper ist jung, ich habe
keinerlei gravierende Probleme.
Ausserdem konnte ich mich auf
allen Ebenen weiterentwickeln –
mental, persönlich und natürlich
auch im snowboarderischen
Bereich. Und dann ist selbstverständlich
auch meine Routine ein
Pluspunkt. Die Rennerfahrung
nehme ich mit und die kann mir
Mit Schwung
Manuela Pesko beim Weltcup in
Saas Fee am Freitag. Mit dem
3. Platz gelang ihr ein weiteres
Mal der Sprung aufs Podest –
diese Serie hält seit über einem
Jahr an.
Persönlich
Vorname Manuela Laura
Geboren 18. September 1978
Wohnort Lenzerheide GR
Grösse
1,70 m
Gewicht
60 kg
Zivilstand
ledig
Hobbys Motocross, Surfen
Lieblingsessen
Sushi
Lieblingsgetränk
Lieblingsmusik
Wasser
Gentleman
Erfolge Junioren-Weltmeisterin
alpin und overall 1997, Gesamtweltcupsiegerin
Halfpipe 2003,
2006, 2007, Vizeweltmeisterin
Halfpipe 2005, Weltmeisterin
Halfpipe 2007, 7. Olympische
Spiele Halfpipe 2006

SONNTAGSBLICK 4. November 2007 Das grosse Interview 23
dem Snowboard. Zunächst funktioniert
er nicht und man geht niedergeschlagen
nach Hause. Und
zwei Tage später geht es plötzlich.
Bei all Ihrer Offenheit. Ein
Tabuthema gibt es in allen Interviews
mit Ihnen. Wissen Sie, was
jetzt kommt
Ich lasse mich gerne überraschen!
Weshalb verraten Sie nicht, ob
Sie einen Freund haben
Weil es mein Privatleben betrifft.
Ich stehe aber nicht mit meinem
Privatleben im Vordergrund, sondern
mit dem Sport.
Aber Sie sprechen doch auch
völlig offen darüber, wie Sie in
Ihrem Privatleben sind, wenn Sie
zum Beispiel erzählen, wie Sie
als Kind waren. Was ist denn da
der Unterschied
Da geht es aber um meine Person.
Es geht darum, wie ich Manuela
Pesko, die Snowboard-Weltmeisterin,
bin. Und da ist es auch kein Problem
für mich, Auskunft zu geben.
Etwas anderes ist es, wenn es um
mein persönliches, privates Umfeld
geht.
Das ist aber unfair gegenüber
allen Single-Männern!
Man sagt doch immer, die schönste
Freude ist die Vorfreude…
niemand mehr nehmen, gerade
an wichtigen Wettkämpfen
wächst man.
Wie weit planen Sie Mit bald
30 Jahren gehören Sie im
Snowboard schon fast zum
alten Eisen.
Es gibt auch starke Fahrerinnen auf
der Tour, die rund vier Jahre älter
sind als ich. Solange mir der Sport
Freude bereitet, es mir körperlich
gut geht und ich das Gefühl habe,
dass ich mich noch weiterentwickeln
kann, möchte ich weitermachen.
Vor fünf Jahren kannte man Sie
nur in der Snowboard-Szene.
Nun sind Sie als Weltmeisterin
einer breiten Öffentlichkeit ein
Begriff. Was bedeutet Ihnen das
Es gefällt mir, Öffentlichkeitsarbeit
zu betreiben. Mir gefällt es, dass
sich die Leute daran erfreuen, wenn
jemand Erfolg hat. Ausserdem finde
ich toll, wenn ich den Jungen ein
Vorbild sein kann und ihnen vorzeigen
kann, dass man mit Sport etwas
erreichen kann.
«
Ich bin eine
Snowboarderin,
aber auch eine Frau»
Sie haben sich schon in Lifestyle-
Magazinen sexy und feminin
ablichten lassen. Ist das der
Gegenpart zur wilden Snowboarderin
Das ist meine weibliche Seite, die
ich in mir habe. Viele kennen mich
nur mit Daunenjacke und Helm
und wissen gar nicht, wie ich sonst
bin. Ich bin einerseits eine Snowboarderin,
anderseits aber auch
eine Frau – und ich habe beides
zusammen in mir.
Sie gelten als offener, sympathischer
Sonnenschein. Ich habe
noch nie jemanden gehört, der
etwas Negatives über Sie gesagt
hat. Wie eignet man sich ein
solch positives Image an Ist
da auch eine Spur Berechnung
dabei
Nein, ich bin von Natur aus ein
fröhlicher und offener Mensch. So
war ich schon als Kind. Stets ein
positiv denkendes Energiebündel.
Das ist meine Art und hat nichts mit
Berechnung zu tun. Ich denke auch
nicht, dass man den Leuten in
dieser Hinsicht etwas vormachen
kann. Das würde früher oder später
auffliegen.
Wie kommt es, dass Sie immer
so gute Laune haben Das Leben
ist ja nicht immer ein Honigschlecken.
Das ist so. Auch ich habe Tage, an
denen ich nicht so viel vertrage
und müde bin. Und auch ich habe
meine Hochs und Tiefs. Aber nach
einem Tief sage ich mir jeweils:
«Jetzt fangen wir nochmals neu
an.» Es ist wie bei einem Trick auf
Also gut, ich gebe auf. Lassen
Sie uns das Thema wechseln.
Diese Woche geriet eine Schweizer
Sportlerin unrühmlich in die
Schlagzeilen. Haben Sie das
trotz dem Weltcup in Saas Fee
mitbekommen
Ja, am Rande.
Wie denken Sie über den «Fall
Hingis»
Ein schwieriges Thema. Martina
Hingis ist eine grossartige Sportlerin.
Was sie geleistet hat, ist ausgezeichnet.
Was sie getan oder nicht
getan hat, das kann nur sie beantworten.
Hingis muss selbst wissen,
wofür sie einsteht und wofür
nicht.
Wie halten Sie es mit Drogen
Sie sind für mich kein Thema. Wirklich
nicht!
Haben Sie auch nie einen Joint
ausprobiert
Nein. Wie gesagt, das ist für mich
kein Thema.
Aber Cannabis ist in der Snowboardszene
weit verbreitet.
Cannabis ist weitverbreitet. Bei mir
war es einfach so, dass es mich nie
interessiert hat. Ich habe stets versucht,
mich jeweils selbst zu beruhigen
und für Balance zu sorgen,
sofern dies mal nötig war. •