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Hintergrund: Outdoor-Sport: Wie nehme ich meine ... - Outdoor Guide

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hintergrund hintergrund<br />

<strong>Outdoor</strong>­<strong>Sport</strong>: <strong>Wie</strong> <strong>nehme</strong> <strong>ich</strong> <strong>meine</strong> Kinder mit?<br />

Grosse Abenteuer<br />

für die<br />

<strong>Wie</strong> bringt man Kinder und Jugend­<br />

l<strong>ich</strong>e dazu, s<strong>ich</strong> mit Lust und<br />

Laune in der Natur zu bewegen? Und<br />

zwar so, dass dabei auch der Spass<br />

für die Erwachsenen n<strong>ich</strong>t auf der<br />

Strecke bleibt. Der outdoor guide hat<br />

mit Frauen und Männern gesprochen,<br />

48 |outdoor guide|sommer|09<br />

die es wissen müssen.<br />

Draussen scheint die Sonne. Der<br />

Berg ruft. Das Mountainbike lockt.<br />

Drinnen, am Frühstückstisch, ist die<br />

Stimmung allerdings alles andere als<br />

aufgeräumt. Den Nachwuchs locken<br />

ganz andere Dinge als Berge oder<br />

Mountainbike.<br />

Viele Familien kennen solche Situationen.<br />

Und die bange Frage: <strong>Wie</strong> motiviert<br />

man Töchter und Söhne für eine<br />

Wanderung oder eine Mountainbike-Ausfahrt? Einer, der<br />

darauf ganz s<strong>ich</strong>er eine Antwort weiss, ist Remo Kundert,<br />

wandererprobter Familienvater und Sachbuchautor (siehe<br />

auch «Links und Literatur»). Das Frühstück im Zug, sagt<br />

der professionelle Wanderleiter und Reisefachmann, sei<br />

das erste Highlight des Tages. «Unsere Kinder lieben das.»<br />

Mit einem guten Start in den Familienwandertag steigen<br />

die Chancen für ein gutes Gelingen des gemeinsamen<br />

Ausflugs. Ebenso w<strong>ich</strong>tig wie ein stressfreier Einstieg ins<br />

Wanderabenteuer sei die seriöse Vorbereitung im Vorfeld.<br />

Aber auch dann gelte: Das alles nützt n<strong>ich</strong>ts, wenn n<strong>ich</strong>t<br />

genügend Zeit eingeplant sei. «Zeit haben und s<strong>ich</strong> Zeit<br />

<strong>nehme</strong>n ist das A und O einer Bergwanderung mit Kindern<br />

und entscheidet mehr als alles andere über das Gelingen»,<br />

so Kundert. Zeitreserven seien besonders w<strong>ich</strong>tig,<br />

damit die Kinder genügend Platz für Entdeckungs- und<br />

Beobachtungspausen hätten. Es überrasche ihn immer<br />

wieder, was Kinder unterwegs alles entdecken. «Sie interessieren<br />

s<strong>ich</strong> für Kleinigkeiten, die uns Erwachsenen<br />

längst bekannt zu sein scheinen – und die uns dann doch<br />

wieder ins Staunen versetzen.»<br />

Wenn die Kinder das<br />

Kommando über<strong>nehme</strong>n<br />

Gestaunt ob den Entdeckungen und dem Verhalten seiner<br />

Kinder hat Remo Kundert schon oft. Einmal hätten<br />

die beiden sogar die Führung übernommen: «Ich war mit<br />

Text: Nicole Bärtschiger/Peter Bader<br />

Bilder: Visual Impact/Thomas Ulr<strong>ich</strong>/zvg<br />

outdoor guide|sommer|09|49


hintergrund<br />

<strong>meine</strong>n zwei Jungs in einer Hütte und wurde plötzl<strong>ich</strong><br />

krank», erzählt er. Die Kinder – damals fünf und acht Jahre<br />

alt – hätten ihn dann zurück zur Bahn gebracht. «Da haben<br />

m<strong>ich</strong> die Zwei wirkl<strong>ich</strong> überrascht und beeindruckt.»<br />

Abwechslungsre<strong>ich</strong>e Wege, schöne Landschaften oder die<br />

Auss<strong>ich</strong>t auf einen Gipfel genügen Erwachsenen oft bereits<br />

für eine genussre<strong>ich</strong>e Bergtour. Für Kinder sind spannende<br />

Pfade und eine interessante Umgebung zwar ebenfalls Voraussetzung<br />

dafür, dass der Ausflug in die Berge zum Erlebnis<br />

wird – doch eine Garantie sind sie deshalb noch lange<br />

n<strong>ich</strong>t. Erwachsene können eine Wanderung auch mal mit<br />

purem Willen beenden. Anders Kinder: Für sie ist der Weg<br />

das Ziel, besser: die Erlebnisse auf diesem Weg. Deshalb<br />

kann man mit Kindern eine Tour auch n<strong>ich</strong>t auf Biegen<br />

und Brechen durchboxen. «In gewissen Momenten<br />

ist es besser abzubrechen», ist Remo Kundert<br />

überzeugt. Er habe das auch schon getan. Auch<br />

wenn das eine «zieml<strong>ich</strong> frustrierende Sache» gewesen<br />

sei. Doch als der Entscheid dann gefällt und die<br />

neue Situation klar war, sei es auch mit dem Frust vorbei<br />

gewesen. «Man muss die Grenzen der Kinder akzeptieren;<br />

sie zu überfordern, bringt gar n<strong>ich</strong>ts.» Ansonsten verlie-<br />

50 |outdoor guide|sommer|09<br />

ren sie nur die Motivation und die<br />

Freude am Erlebnis in der Natur.<br />

Daniel Anker<br />

rät zu Lockerheit<br />

Die ältere der beiden Töchter des Berner <strong>Outdoor</strong>-Fachmanns<br />

Daniel Anker erwanderte schon mit zwei Jahren<br />

Kaliforniens 3000er. Auf dem Rücken des Vaters. Denn der<br />

schrieb einen Wanderführer über den Staat im Westen der<br />

USA. Der outdoor guide-Mitarbeiter hat viel Zeit mit seinen<br />

beiden «Girls» in der Natur verbracht. Auch weil er eben<br />

oft auf Recherche war. Was mit Kindern n<strong>ich</strong>t immer ideal<br />

ist. Denn dann kann man s<strong>ich</strong> an einem schönen «Brätli-<br />

Platz» n<strong>ich</strong>t spontan entscheiden den ganzen Nachmittag<br />

zu bleiben, weil der Vater die ganze Tour «abwandern»<br />

muss. Mit Kindern, sagt Anker, solle man s<strong>ich</strong> die Ziele<br />

aber n<strong>ich</strong>t allzu hoch setzen und spontan bleiben. Natürl<strong>ich</strong><br />

gehe es manchmal darum, Orte zu erwandern, eine<br />

Rast oder eine Glacé zu erdauern, auf Annehml<strong>ich</strong>keiten<br />

des Alltags zu verz<strong>ich</strong>ten. Und auch das Erleben von vorübergehender<br />

Hitze, Kälte, Durst oder Hunger gehören<br />

Die zehn «Gebote»<br />

– Erlebnisre<strong>ich</strong>e Wanderungen planen – für Erwachsene und Kinder.<br />

– Zeit haben und s<strong>ich</strong> Zeit <strong>nehme</strong>n.<br />

– Pausen zum Beobachten und Pausen zum Ausruhen.<br />

– S<strong>ich</strong>erheitsregeln definieren und durchsetzen. Keine bergsteigerischen Heldentaten planen.<br />

– Wetterber<strong>ich</strong>t im Vorfeld und aktuelle Wetterentwicklung verfolgen.<br />

hintergrund<br />

– In den Rucksack gehören nebst Verpflegung und Not apotheke unter anderem ein guter Wind­ und Regenschutz. Sonnen­<br />

brille, Sonnenschutz und Kopfbedeckung sind zwingend dabei. Für Kinder empfiehlt s<strong>ich</strong> Ersatzkleidung.<br />

– Generell empfiehlt s<strong>ich</strong> das «Zwiebelschalenprinzip» (mehrere dünne Sch<strong>ich</strong>ten übereinander). Faserpelz/Fleece bewährt<br />

s<strong>ich</strong>, Jacken aus Mikrofasergewebe sind bei Kindern kein Muss, sie schwitzen weniger als Erwachsene.<br />

– Kleine wie auch grosse Füsse brauchen r<strong>ich</strong>tige Berg­ oder Trekkingschuhe, die den Knöchel stützen und eine stabile,<br />

rutschfeste Gummiprofilsohle haben.<br />

– Die Ausrüstung kleinerer Kinder gehört in den Elternrucksack! Der Kinderrucksack darf n<strong>ich</strong>t mehr als zehn Prozent des<br />

Körpergew<strong>ich</strong>ts des Kindes wiegen.<br />

– Dem Hungerast vorbeugen. Kinder haben einen höheren Bedarf an Nährstoffen, Eiweissen und Vitaminen als Erwachsene<br />

und sie müssen viel und regelmässig trinken. Für eine 2­ bis 3­stündige Wanderung sollte mindes tens ein Liter Getränk pro<br />

Kind eingeplant werden. Es ist w<strong>ich</strong>tig, neben der Hauptmahlzeit auch ausre<strong>ich</strong>end Zwischen verpflegung aus dem Rucksack<br />

zaubern zu können.<br />

Quelle: «Bergfloh 1, Glarnerland und Zentralschweiz, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein.<br />

� Kinder folgen ihrer Intuition – und haben deshalb gute Voraussetzungen fürs Kayak-Fahren. �<br />

«Zeit haben und s<strong>ich</strong> Zeit <strong>nehme</strong>n» – auch fürs «Bräteln» und Spielen am Fluss.<br />

outdoor guide|sommer|09|51


5<br />

hintergrund<br />

Auf dem Mountainbike lernen Kinder in Sachen Technik und Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t schnell.<br />

dazu. Im Vordergrund dürfe aber s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t Leistungsdenken<br />

stehen. «W<strong>ich</strong>tig ist die Bewegung an der frischen<br />

Luft.» Kleine Abenteuer können dabei n<strong>ich</strong>t schaden: Familie<br />

Anker fuhr einmal per Autostopp auf der Ladefläche<br />

eines Lieferwagens zurück in die Zivilisation. «Das prägt<br />

s<strong>ich</strong> bei den Kindern ein.»<br />

Ohnehin sollte bei allen <strong>Outdoor</strong>-<br />

Aktivitäten mit Kindern das Spielerische<br />

im Vordergrund stehen,<br />

ist Anker überzeugt: Wandern<br />

in Auenwäldern und entlang von<br />

Flüssen ist viel interessanter als auf breiten<br />

Schotterstrassen. Spielen und «choslen»<br />

an Flüssen oder Seen kann den ganzen<br />

Nachmittag dauern («besonders geeignet<br />

52 |outdoor guide|sommer|09<br />

das Lötschental»). Gesch<strong>ich</strong>ten erzählen oder s<strong>ich</strong> von<br />

den Kindern Gesch<strong>ich</strong>ten erzählen lassen («<strong>meine</strong> Tochter<br />

erzählte stundenlang aus ihrer Phantasiewelt»), Ratespiele<br />

oder das Vorausgehen und Verstecken von Bonbons<br />

können eine Wanderung «kindergerecht» machen. Dazu<br />

gehört auch, dass Kolleginnen und Kollegen auf die Touren<br />

mitgenommen werden dürfen. Bewegung und Abenteuer<br />

lassen s<strong>ich</strong> aber auch in grossen Städten erleben: Vor<br />

zwei Jahren legte Familie Anker in Paris in vier Tagen satte<br />

35 Kilometer zurück.<br />

Daniel Anker rät also zu Lockerheit. Das gilt auch für den<br />

Umgang mit <strong>Outdoor</strong>-taugl<strong>ich</strong>er Kleidung. Einmal marschierte<br />

seine 17-jährige Tochter in Jeans und Turnschuhen<br />

runter vom Monléson durch den Schnee. Sie kam wohlbehalten<br />

unten an. Kleider seien gerade für Jugendl<strong>ich</strong>e ein<br />

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w<strong>ich</strong>tiges Identifikationsmerkmal. Sie müssten s<strong>ich</strong> darin<br />

wohl fühlen, ansonsten der Spass schon vor dem Aufbruch<br />

in die Natur aufhöre. Solange es n<strong>ich</strong>t gefährl<strong>ich</strong> wird,<br />

muss es also n<strong>ich</strong>t <strong>Outdoor</strong>-Kleidung sein. Aber auch so,<br />

ist Daniel Anker überzeugt, sei es ganz schwierig bei den<br />

eigenen Kindern einen «<strong>Outdoor</strong>-Keim» zu legen. In der<br />

Pubertät, so zumindest seine Erfahrung mit der 17-jährigen<br />

Tochter, werde es schwierig sie zu motivieren. Beim<br />

Klettern, sagt er, sei das wohl anders. «Da kommen schnell<br />

die ersten Erfolgserlebnisse. Und damit beginnt ein Feuer<br />

zu brennen, das n<strong>ich</strong>t mehr erlischt.»<br />

Die Kinder n<strong>ich</strong>t überfordern<br />

Der Einfluss von <strong>Sport</strong> und Bewegung auf das Sozialver­<br />

halten, das psychische Wohlbefinden und die kognitiven<br />

Fähigkeiten der Kinder ist wenig erforscht. Das Bundesamt<br />

für <strong>Sport</strong> BASPO beherbergt seit August 2008 in<br />

Magglingen die so genannte Modellklasse. Idee des vier<br />

Jahre dauernden Kindergarten­ und Schulprojekts ist, die<br />

22 Kinder bereits im frühen Alter für die Bewegung zu<br />

sensibilisieren. Das Projekt wird mit einer Dissertation von<br />

Ophélia Jeanneret, Assistentin an der Eidgenössischen<br />

Hochschule für <strong>Sport</strong> Magglingen EHSM, wissenschaftl<strong>ich</strong><br />

begleitet: «Untersucht wird der Einfluss von zusätzl<strong>ich</strong>er<br />

Bewegung auf die kognitive Entwicklung eines Kindes,<br />

also der Einfluss auf Konzentration und Intelligenz sowie<br />

Kreativität und Selbständigkeit.»<br />

Im Fokus sind die 4­ bis 8­Jährigen. «In diesem Alter liegt<br />

eine hohe motorische Lernfähigkeit vor, insbesondere im<br />

Bere<strong>ich</strong> Koordination», so Jeanneret. Eine Förderung in<br />

dem Alter wirke s<strong>ich</strong> direkt und positiv auf die künftigen<br />

motorischen Fähigkeiten aus. «Zudem ist es das Alter des<br />

Entdeckens, die Kinder sind neugierig auf ihre Umwelt.»<br />

Bei Kindern ist Bewegung also n<strong>ich</strong>t in erster Linie geplant,<br />

sie geschieht spielerisch. Der Zugang von Erwachsenen<br />

zur sportl<strong>ich</strong>en Betätigung unterscheidet s<strong>ich</strong> davon deutl<strong>ich</strong>.<br />

«Erwachsene planen bewusst und haben meist auch<br />

ein sportl<strong>ich</strong>es Ziel», bemerkt die <strong>Sport</strong>wissenschaftlerin.<br />

Das Überfordern der Kinder bei gemeinsamen sportl<strong>ich</strong>en<br />

Aktivitäten müsse verhindert werden, um ihnen n<strong>ich</strong>t die<br />

Freude an der Bewegung zu <strong>nehme</strong>n. «Kinder sind keine<br />

Erwachsenen im Kleinformat.»<br />

www.baspo.ch<br />

54 |outdoor guide|sommer|09<br />

Thomas Ulr<strong>ich</strong>:<br />

«Den Ehrgeiz müssen<br />

sie selber entwickeln.»<br />

Vom Klettern mit Kindern hält derweil<br />

einer n<strong>ich</strong>t viel, der selber ein<br />

zieml<strong>ich</strong> Wilder ist: Thomas Ulr<strong>ich</strong>, 41,<br />

Bergführer, Fotograf und Abenteurer aus<br />

dem Berner Oberland. Als er zum ersten<br />

Mal mit seinen drei Töchtern (8, 13, 14) im<br />

Klettergarten war, fiel einer von ihnen ein<br />

Stein auf den Arm. «Ein solches Erlebnis kann<br />

tiefe Spuren hinterlassen und vieles zerstören. Davor habe<br />

<strong>ich</strong> grössten Respekt.» Viel lieber fährt er mit ihnen in die<br />

Berge mit Zelt und Kochausrüstung und verbringt dort eine<br />

Nacht im Freien. Zelt aufbauen, Feuer machen, kochen: Als<br />

Erwachsener müsse man s<strong>ich</strong> in solchen Momenten zurück<strong>nehme</strong>n,<br />

den Kindern zwar Tipps geben, sie aber die<br />

Arbeit selber erledigen lassen. «Das gibt ihnen Selbstvertrauen.<br />

Und macht Lust auf mehr.» Neben solchen Camping-Ausflügen<br />

(«besonders schöne Orte gibt es dafür am<br />

Hardergrat im Berner Oberland») ist Familie Ulr<strong>ich</strong> sehr<br />

oft mit den Skis unterwegs. Das haben die Töchter früh<br />

gelernt, aber n<strong>ich</strong>t so, wie es in der Schweiz gebräuchl<strong>ich</strong><br />

ist. In Norwegen, dem Heimatland seiner Frau, stehen die<br />

Kleinen erst mal auf Langlaufskis, laufen mit ihnen, bewältigen<br />

kurze Abfahrten, <strong>nehme</strong>n kleine Schanzen – und<br />

haben mit dem Halten des Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>ts überhaupt keine<br />

Probleme mehr, wenn es auf die alpinen Latten geht.<br />

Die jungen Damen bringen für das Skifahren entsprechendes<br />

Talent mit, so dass es an Schülerrennen auch<br />

schon mal gute Resultate gibt. Aber der Vater hat n<strong>ich</strong>t im<br />

Sinn, sie mit seinem Ehrgeiz anzutreiben. Sein Anspruch<br />

ist ein anderer: «Ich will ihnen viele <strong>Sport</strong>- und <strong>Outdoor</strong>-<br />

Erlebnisse bescheren, dann merken sie von selber, für was<br />

sie Talent haben. Aber den Ehrgeiz müssen sie selber entwickeln.<br />

Das musste <strong>ich</strong> auch.»<br />

Dabei gibt es für die Töchter des Abenteurers natürl<strong>ich</strong><br />

auch aussergewönl<strong>ich</strong>e Erlebnisse. Er, der während langer<br />

Zeit ein Unter<strong>nehme</strong>n betrieb, das Gleitschirmpassagierflüge<br />

anbot, nahm sie mit in die Lüfte – die jüngste sogar<br />

noch mit dem «Nuggi» im Mund. Aus ihr ist inzwischen<br />

«die Wildeste» der drei geworden. Wenn Thomas Ulr<strong>ich</strong> sie<br />

heute auf einen Gleitschirmflug mitnimmt, muss er eine<br />

Spirale fliegen, s<strong>ich</strong> mit der Thermik wieder nach oben<br />

treiben lassen, um die nächste Spirale zu fliegen. «Es kann<br />

n<strong>ich</strong>t wild genug sein.»<br />

Literatur und Links<br />

«Bergfloh 1, Glarnerland und Zentralschweiz, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein.<br />

Mit Farbfotos und Routenskizzen, erschienen im Rotpunktverlag, ISBN 978­3­85869­384­6, CHF 42.–.<br />

«Bergfloh 2, Ostschweiz und Graubünden, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein.<br />

Mit Farbfotos und Routenskizzen, erschienen im Rotpunkt verlag, ISBN 978­3­85869­347­1, CHF 42.–.<br />

Wahre Abenteuer. Auf die ganz grossen Abenteuerreisen<br />

hat er seine Töchter allerdings noch nie mitgenommen.<br />

Einmal wollte er mit der ganzen Familie im Outback von<br />

Kanada eine Blockhütte bauen und dort während einem<br />

Jahr leben. Sie liessen es schliessl<strong>ich</strong> sein. So bleibt ihm ein<br />

grosser Traum: «Einmal möchte <strong>ich</strong> mit <strong>meine</strong>n Töchtern<br />

auf Abenteuerreise mit Hundeschlitten gehen.»<br />

Silvia Fürst:<br />

«Das Ausdauertraining kann warten.»<br />

Dass Kinder mögl<strong>ich</strong>st viele verschiedene <strong>Sport</strong>arten kennen<br />

lernen sollen, davon ist auch die ehemalige Mountainbike-Spitzenfahrerin<br />

Silvia Fürst überzeugt (Gold,<br />

Silber und zwei Mal Bronze an Weltmeisterschaften im<br />

Cross Country). «Die Kinder», sagt sie, «sollen vieles ausprobieren.<br />

Wir dürfen sie n<strong>ich</strong>t in eine R<strong>ich</strong>tung drängen.<br />

Sie sollen am Schluss selber entscheiden, was ihnen am<br />

besten gefällt.» Sie, die selber keine Kinder hat, gibt von<br />

April bis September als J+S-Leiterin einmal in der Woche<br />

Mountainbike-Kurse für Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e ab acht<br />

Jahren. Und dort stehen Spass und Spiel im Vordergrund:<br />

Bike-Polo, Fussball spielen mit dem Fahrrad, Hindernisfahrten<br />

über Stock und Stein. So machen die Kids, insbe-<br />

hintergrund<br />

«Bergfloh3, Berner Oberland und Wallis, Bergwandern mit Kindern», Remo Kundert und Werner Hochrein.<br />

Mit Farbfotos und Routenskizzen, erscheint im April 2009 im Rotpunktverlag, ISBN 978­3­85869­394­5, ca. CHF 42.–.<br />

«Erlebniswanderungen mit Kindern, Höhlentouren, Wasserwege und Gipfelspass in den Schweizer Bergen», Jochen Ihle.<br />

Zahlre<strong>ich</strong>e Karten und farbige Abbildungen, erschienen im Werd­Verlag, ISBN 978­3­85932­537­I, CHF 34.90.<br />

«Erlebniswanderungen mit Jugendl<strong>ich</strong>en, Fun und Faszination für die ganze Familie», Jochen Ihle.<br />

Zahlre<strong>ich</strong>e Karten und farbige Abbildungen, erscheint im April 2009 im Werd­Verlag, ISBN 978­3­85932­612­5, CHF 32.90.<br />

«Kanuland Schweiz, Aare Kanu und Highlights», Mattias Rohrer und Roman Steger, Offizieller Führer der Stiftung SchweizMobil,<br />

erschienen im AT Verlag, ISBN 978­3­03800­403­5, CHF 29.90.<br />

«Wildnis erleben – Praktische Anleitungen für <strong>Outdoor</strong>­Aktivitäten mit Kindern und Jugendl<strong>ich</strong>en», Fiona Danks und<br />

Jo Schofield. Mit zahlre<strong>ich</strong>en Farbfotos, erschienen im AT Verlag, ISBN 978­3­03800­455­4, CHF 34.90.<br />

www.jochen­ihle.ch – Bücher und Tourentipps, www.ppb.ch – Bücherwerkstatt und Angebote, www.sac.ch – Jugend,<br />

www.jugendundsport.ch – Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e, www.alpenverein.de – Broschüren, www.myswitzerland.com – Erlebnisse<br />

und Familien.<br />

sondere was Technik und Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t betrifft, schnelle<br />

Fortschritte. Kondition, ist sie überzeugt, können die Kinder<br />

auch später noch trainieren. Denn die sollen mit der<br />

<strong>Sport</strong>art «Spass und n<strong>ich</strong>t Leiden und hartes Ausdauertraining<br />

verbinden.»<br />

«Wurzeln und Flügel für die Kinder»<br />

«Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen:<br />

Wurzeln und Flügel – dieses Goethe-Zitat trifft den<br />

Nagel auf den Kopf», sagt derweil Matthias<br />

Rohrer, Vater von zwei Kindern, Kanuexperte<br />

und vielseitiger <strong>Outdoor</strong>-<strong>Sport</strong>ler. Um<br />

diesem Anspruch gerecht zu werden, ist er<br />

mit seinen beiden Kindern (6, 8) viel in der<br />

Natur unterwegs. «Wir leben in der Stadt<br />

und deshalb ist es uns w<strong>ich</strong>tig, dass die Kinder<br />

rauskommen, s<strong>ich</strong> bewegen und ihre Energie<br />

loswerden können», so Rohrer. Die vielfältigen<br />

Erlebnisse und Eindrücke seien indes<br />

n<strong>ich</strong>t nur gut für den Körper, sondern auch<br />

für den Geist. «Nach einem Nachmittag oder einem<br />

Tag draussen im Wald sind die Kinder abends meist in<br />

aufgeräumter und zufriedener Stimmung.» Matthias<br />

outdoor guide|sommer|09|55


�<br />

hintergrund<br />

Rohrer nimmt seine Kinder auch mit zum Klettern. Und<br />

hat – im Gegensatz zu Thomas Ullr<strong>ich</strong> – dabei nur gute<br />

Erfahrungen gemacht. Es sei erstaunl<strong>ich</strong> wie le<strong>ich</strong>tfüssig<br />

bereits kleine Kinder an einer Kletterwand «hochkraxeln»<br />

– angeseilt natürl<strong>ich</strong>. «Im Gegensatz zu Erwachsenen folgen<br />

Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e beim Klettern vielmehr ihrer<br />

Intuition», so Rohrers Beobachtung. Schön zu sehen sei<br />

auch die Freude und der Stolz in den Augen der Kinder<br />

nach Erfolgserlebnissen.<br />

Auch Paddeln gehört natürl<strong>ich</strong> zum <strong>Sport</strong>programm: Im<br />

letzten Frühling war Familie Rohrer zwei Wochen in der<br />

Ardèche (F) in den Kanuferien. Das Kanu ist Matthias<br />

Rohrer’s grosse Leidenschaft. Mit seiner Firma «Globepaddler»<br />

bietet er Kanu-Touren und -Kurse für Kinder<br />

Nach einem Tag im Wald sind die Kinder meist in aufgeräumter und zufriedener Stimmung.<br />

56 |outdoor guide|sommer|09<br />

und Erwachsene an. «Kajak for Kids» beinhaltet mehrtägige<br />

Kurse oder Lager für Kinder ab zehn Jahren. Motivieren<br />

müsse man Kinder und Jugendl<strong>ich</strong>e eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t.<br />

Damit die Motivation auch erhalten bleibt, sei es w<strong>ich</strong>tig<br />

auf spielerische Art ans Paddeln heran zu gehen. Ballspiele<br />

auf dem Wasser eignen s<strong>ich</strong> dazu ideal. «Im Gegensatz<br />

zu Erwachsenen geht es mit Kindern n<strong>ich</strong>t in erster Linie<br />

darum, mögl<strong>ich</strong>st viele Kilometer zu bewältigen», so Rohrer.<br />

Grössere Distanzen werden nur in bewegtem Wasser<br />

zurückgelegt. Erlebnis und «Action» sind dabei w<strong>ich</strong>tig.<br />

Gle<strong>ich</strong>wohl ist zu bedenken, dass Kajak- und Kanufahren<br />

anspruchsvoll ist und koordinative Fähigkeiten von zentraler<br />

Bedeutung sind. Das, sagt Rohrer, komme Kindern<br />

entgegen: «Weil sie auch hier in erster Linie ihrer Intuition<br />

und weniger ihrem Verstand folgen.» ]<br />

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outdoor guide|sommer|09|57<br />

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