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Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung - Liebscher ... - Vahlen

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<strong>Arbeitshandbuch</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

von<br />

Dr. Thomas <strong>Liebscher</strong>, Dr. Jochem Reichert, Prof. Dr. Michael Schlitt, Prof. Dr. Dr. h.c. (TU Tiflis) Johannes Semler,<br />

Dr. Rüdiger Volhard, Roman Bärwaldt, Dr. Wolfgang Richter, Dr. Henning Schröer, Dr. Stefan Simon, Dr. Dieter<br />

Leuering, Dr. Hartmut Wicke, Kersten von Schenck, Dr. Thorsten Becker, Dr. Hans-Peter Fischer, Dr. Ulrich Jacob,<br />

Dr. Wolfgang Karehnke, Ralf Pickert, Dr. Thomas Rappers, Dr. Heinrich J. Rodewig, Dr. Thomas Stohlmeier, Franz<br />

Wagner, Michaela Balke, Matthias Höreth, Dr. Nicolas Ott, Dr. Thorsten Becker<br />

3. Auflage<br />

<strong>Arbeitshandbuch</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong> – <strong>Liebscher</strong> / Reichert / Schlitt / et al.<br />

wird vertrieben von beck-shop.de<br />

Thematische Gliederung:<br />

Aktiengesetz – Handels- und Wirtschaftsrecht<br />

Verlag Franz <strong>Vahlen</strong> München 2011<br />

Verlag Franz <strong>Vahlen</strong> im Internet:<br />

www.vahlen.de<br />

ISBN 978 3 8006 3703 4<br />

Inhaltsverzeichnis: <strong>Arbeitshandbuch</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong> – <strong>Liebscher</strong> / Reichert / Schlitt / et al.


Semler/Volhard, <strong>Arbeitshandbuch</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

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Revision, 05.01.2011<br />

Michael Schlitt/Thorsten Becker 197–199 § 4<br />

der Zwischenzeit noch Änderungen des Konzepts ergeben haben, <strong>die</strong> von der<br />

Zustimmung der <strong>Hauptversammlung</strong> nicht gedeckt sind. 516<br />

hh) Vorstandsberichte. Soweit der Vorstand der <strong>Hauptversammlung</strong> über bestimmte<br />

zur Beschlussfassung anstehende Maßnahmen Bericht zu erstatten hat,<br />

besteht eine Verpflichtung der Gesellschaft, <strong>die</strong>se Berichte zur Einsicht in dem Geschäftsraum<br />

der Gesellschaft auszulegen und den Aktionären auf deren Verlangen<br />

eine Abschrift zu übersenden (vgl. § 6 Rn 1 ff. und 17 ff.). Ob analog § 124 Abs. 2<br />

Satz 2 AktG auch eine Pflicht besteht, zumindest den wesentlichen Kern des Berichts<br />

in der Bekanntmachung zu veröffentlichen, ist streitig. Eine Bekanntmachungspflicht<br />

wird insbesondere <strong>für</strong> den ganzen oder teilweisen Ausschluss des Bezugsrechts<br />

bejaht. 517 Es empfiehlt sich indessen auch bei sonstigen, gesetzlich nicht<br />

geregelten, gleichwohl der Zustimmung der <strong>Hauptversammlung</strong> unterliegenden<br />

strukturändernden Maßnahmen, nicht nur den wesentlichen Inhalt der Verträge<br />

darzulegen, sondern zugleich den wesentlichen Inhalt des erforderlichen Strukturberichts<br />

bekannt zu machen. 518 Allerdings dürfen, insbesondere bei komplexen<br />

Vorhaben, <strong>die</strong> Anforderungen an den Inhalt einer solchen Bekanntmachung nicht<br />

überspannt werden; es genügt eine knappe, gedrängte Übersicht, <strong>die</strong> <strong>die</strong> wesentlichsten<br />

Eckpunkte angibt. Allen Aktionären, <strong>die</strong> sich eingehender informieren<br />

wollen, ist es zumutbar, den Strukturbericht einzusehen bzw. seine Übersendung zu<br />

verlangen.<br />

ii) Sonderbeschlüsse. Tangiert <strong>die</strong> Beschlussfassung nur <strong>die</strong> Rechtsstellung bestimmter<br />

Aktionärsgruppen, fordert das Gesetz an verschiedenen Stellen neben<br />

dem <strong>Hauptversammlung</strong>sbeschluss <strong>die</strong> Fassung eines (zusätzlichen) Sonderbeschlusses<br />

(siehe § 40 Rn 20 ff.). 519 Ein solches Erfordernis kann etwa bei Satzungsänderungen<br />

oder Kapitalerhöhungen bestehen (§§ 179 Abs. 3, 182 Abs. 2 AktG).<br />

In anderen Fällen, insbesondere in Konzernkonstellationen, ist kein <strong>Hauptversammlung</strong>sbeschluss,<br />

sondern nur ein isolierter Sonderbeschluss der außenstehenden<br />

Aktionäre herbeizuführen (siehe § 40 Rn 29 ff.). Zu nennen ist etwa der<br />

Abschluss eines Verzichts- oder Vergleichsvertrags zwischen dem herrschenden Unternehmen<br />

und den Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats der abhängigen<br />

Gesellschaft. 520<br />

Soweit Beschlussgegenstände zusätzlich der Zustimmung bestimmter Gruppen<br />

von Aktionären unterliegen, gelten <strong>die</strong> <strong>für</strong> <strong>Hauptversammlung</strong>sbeschlüsse bestehen-<br />

______________________________________________________________________________<br />

516 Groß AG 1996, 111, 115 f.<br />

517 Vgl. BGHZ 120, 141, 156; Hüffer § 186 AktG Rn 23; ders., Harmonisierung des aktienrechtlichen<br />

Kapitalschutzes, NJW 1979, 1065, 1070; Krieger in MünchHdbAG § 56 Rn 95;<br />

Butzke B Rn 92; Quack, Die Schaffung genehmigten Kapitals unter Ausschluss des Bezugsrechts<br />

der Aktionäre, ZGR 1983, 257, 263; Timm, Der Bezugsrechtsausschluss beim genehmigten<br />

Kapital, DB 1982, 211, 217; aA Marsch, Zum Bericht des Vorstands nach § 186 Abs. 4 Satz 2<br />

AktG beim genehmigten Kapital, AG 1981, 211, 213; Becker BB 1981, 394, 395; Schaaf<br />

Rn 128; wohl auch Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 39; Servatius in Spindler/Stilz § 186<br />

AktG Rn 32.<br />

518 Zust. Groß AG 1996, 111, 116; aA Butzke B Rn 95; Steiner § 1 Rn 57; Schaaf Rn 129.<br />

519 Das Erfordernis eines Sonderbeschlusses kann auch statutarisch angeordnet werden, § 138<br />

Satz 1 AktG.<br />

520 §§ 309 Abs. 3, 310 Abs. 4, 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG. Zu der Unterscheidung siehe auch<br />

Hüffer § 138 AktG Rn 2.<br />

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Revision, 05.01.2011<br />

§ 4 200–203 Die Einberufung<br />

den Bekanntmachungserfordernisse entsprechend. 521 Die der Sonderbeschlussfassung<br />

unterliegenden Verträge sind ebenfalls dem wesentlichen Inhalt nach bekannt zu machen.<br />

Dabei macht es keinen Unterschied, ob <strong>die</strong> isolierte Beschlussfassung in einer<br />

gesonderten Versammlung oder nur in einem separaten Abstimmungsvorgang<br />

zu erfolgen hat. 522 Anders ist es nur, wenn der zusätzliche Sonderbeschluss in<br />

einer gesonderten Abstimmung gefasst werden soll, <strong>die</strong> in enger Verbindung mit<br />

dem <strong>Hauptversammlung</strong>sbeschluss steht. In <strong>die</strong>sem Fall reicht es aus, wenn dem<br />

Bekanntmachungserfordernis einmal genügt wird, da sich eine doppelte Bekanntmachung<br />

als unnötiger Formalismus erweisen würde (zB § 182 Abs. 2 AktG). 523<br />

Bei isolierten Sonderbeschlüssen der außenstehenden Aktionäre gelten <strong>die</strong><br />

Bekanntmachungserfordernisse ebenfalls entsprechend. 524 Erfolgt <strong>die</strong> isolierte Beschlussfassung<br />

in einer gesonderten Abstimmung, muss <strong>die</strong>se als eigener Tagesordnungspunkt<br />

angekündigt werden (§§ 121 Abs. 3 Satz 2 iVm. 138 Satz 2 AktG). 525<br />

3. Vorschläge der Verwaltung zu den Gegenständen der Tagesordnung<br />

a) Grundsatz. Vorstand und/oder Aufsichtsrat haben in der Bekanntmachung<br />

grundsätzlich zu jedem Gegenstand der Tagesordnung einen antragsmäßig zu formulierenden<br />

Beschlussvorschlag zu unterbreiten (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG).<br />

Diese Regelung bezweckt, den Aktionären den Beschlussgegenstand – über dessen<br />

zumeist nur grobe Konkretisierung in der Tagesordnung hinaus – näher zu erläutern,<br />

um den Aktionären so eine sachgerechte Vorbereitung auf <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

und ggf. <strong>die</strong> Bevollmächtigung eines Dritten zur Stimmausübung zu<br />

ermöglichen. 526<br />

Zu – von den Tagesordnungspunkten und den dazu gemachten Vorschlägen der<br />

Verwaltung zu unterscheidenden – Anträgen werden <strong>die</strong> Vorschläge der Verwaltung<br />

erst, wenn sie in der <strong>Hauptversammlung</strong> tatsächlich gestellt werden. 527 Auch wenn<br />

das Gesetz davon spricht, dass Beschlüsse über <strong>die</strong> Gegenstände der Tagesordnung<br />

gefasst werden (§ 124 Abs. 4 Satz 1 AktG), erfolgt <strong>die</strong> Beschlussfassung genau genommen<br />

über <strong>die</strong> konkreten, dazu gestellten Anträge. 528 Die Vorschläge der Verwaltung<br />

sind antragsmäßig zu formulieren. 529 Eine Begründung ist ihnen nicht notwendigerweise<br />

beizufügen, 530 wiewohl in der Praxis häufig einige erläuternde Bemerkungen<br />

vorangestellt werden.<br />

Die Unterbreitung von Alternativ- oder Eventualvorschlägen wird überwiegend<br />

<strong>für</strong> zulässig gehalten. 531 Dem ist zu folgen, da der Vorstand durch einen Al-<br />

______________________________________________________________________________<br />

521 Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 51; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 59;<br />

Holzborn in Bürgers/Körber § 138 AktG Rn 4.<br />

522 Werner, FS Fleck, 1988, S. 401, 412.<br />

523 Vgl. Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 59.<br />

524 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 59.<br />

525 Hüffer § 138 AktG Rn 5.<br />

526 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 66.<br />

527 Hüffer § 124 AktG Rn 12; Reger in Bürgers/Körber § 124 AktG Rn 17.<br />

528 Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 47; Steiner § 1 Rn 46.<br />

529 Reger in Bürgers/Körber § 124 AktG Rn 17.<br />

530 Eckardt in Geßler/Hefermehl § 124 AktG Rn 29; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 74.<br />

531 Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 26; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 76;<br />

Hüffer § 124 AktG Rn 12; Steiner § 1 Rn 47; Rieckers in Spindler/Stilz § 124 AktG Rn 37.<br />

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Michael Schlitt/Thorsten Becker 204–206 § 4<br />

ternativ- oder Eventualvorschlag der <strong>Hauptversammlung</strong> lediglich signalisiert, dass<br />

es nicht nur eine im Interesse der Gesellschaft liegende Entscheidung gibt. Dies gilt<br />

auch <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern. 532 Ein Alternativvorschlag liegt<br />

bspw. vor, wenn der Vorstand vorschlägt, <strong>die</strong> Satzung entweder in der einen oder<br />

der anderen Form zu ändern. Bei einem Eventualvorschlag handelt es sich um einen<br />

Vorschlag, der nur dann zur Abstimmung gestellt wird, wenn <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

den Hauptvorschlag abgelehnt hat. 533 Auch wenn sich zwei Vorschläge<br />

als noch so gleichwertig aufzudrängen scheinen, besteht indessen keine Verpflichtung<br />

der Verwaltung, Alternativvorschläge zu unterbreiten. 534<br />

Die <strong>Hauptversammlung</strong> ist an <strong>die</strong> Vorschläge der Verwaltung nicht gebunden.<br />

535 Soweit sich <strong>die</strong> Beschlussfassung noch im Rahmen des bekannt gemachten<br />

Tagesordnungspunkts hält (wo<strong>für</strong> der Inhalt des Beschlussvorschlags durchaus von<br />

Bedeutung sein kann), 536 ist <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong> nicht darauf beschränkt, den<br />

Antrag entweder anzunehmen oder abzulehnen, sondern kann einen von den Vorschlägen<br />

abweichenden Beschluss fassen.<br />

Davon zu unterscheiden ist <strong>die</strong> Frage, ob <strong>die</strong> Verwaltung an ihre Anträge<br />

gebunden ist. Einigkeit besteht darüber, dass Vorstand und Aufsichtsrat ihre Vorschläge<br />

in der <strong>Hauptversammlung</strong> fallen lassen können, also nicht gezwungen<br />

sind, ihre Vorschläge tatsächlich zur Abstimmung zu stellen. 537 Unter gewissen<br />

Umständen können Vorstand und Aufsichtsrat in der <strong>Hauptversammlung</strong> auch von<br />

ihren Vorschlägen abweichende Anträge stellen. Dies gilt nicht nur, wenn nach<br />

der Bekanntmachung neue Tatsachen entstanden oder bekannt geworden sind, 538<br />

sondern auch dann, wenn <strong>die</strong> Verwaltung zu der Einsicht gelangt ist, dass ein abweichender<br />

Vorschlag dem Gesellschaftsinteresse besser Rechnung trägt. 539 Im<br />

Hinblick auf <strong>die</strong> damit <strong>für</strong> Kreditinstitute verbundenen Schwierigkeiten, <strong>die</strong> von<br />

ihren Depotkunden mit der Ausübung des Stimmrechts beauftragt wurden, sollte<br />

mit <strong>die</strong>ser Befugnis indessen zurückhaltend umgegangen werden. 540<br />

b) Adressaten der Vorschlagspflicht. Die Pflicht, Vorschläge zu den Gegenständen<br />

der Tagesordnung zu unterbreiten, trifft Vorstand und Aufsichtsrat. Verlangt<br />

eine Aktionärsminderheit, dass Gegenstände auf <strong>die</strong> Tagesordnung gesetzt<br />

werden, muss <strong>die</strong>se jedem neuen Gegenstand eine Begründung oder eine Be-<br />

______________________________________________________________________________<br />

532 Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 26; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 77; aA<br />

Laabs, Darf der Aufsichtsrat zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Alternativ-Vorschläge machen?,<br />

BB 1968, 1014.<br />

533 Ziemons in Schmidt/Lutter § 124 AktG Rn 17. Als ein Beispiel <strong>für</strong> einen im Gesetz angelegten<br />

Eventualvorschlag wird zB § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG genannt, Rieckers in Spindler/Stilz<br />

§ 124 Rn 37.<br />

534 Butzke B Rn 87.<br />

535 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 4. Eine Ausnahme bildet <strong>die</strong> Regelung des § 6<br />

Abs. 6 Montan-MitbestG, dazu Rn 175.<br />

536 Vgl. dazu Rn 178.<br />

537 Hüffer § 124 AktG Rn 12.<br />

538 Hüffer § 124 AktG Rn 12.<br />

539 Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 26; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 80;<br />

Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 53; Butzke B Rn 87; aA Eckardt in Geßler/Hefermehl<br />

§ 124 AktG Rn 32; enger wohl auch Hüffer § 124 AktG Rn 12.<br />

540 Vgl. dazu auch Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 81.<br />

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§ 4 207–210 Die Einberufung<br />

schlussvorlage beilegen (siehe Rn 58 ff. und 225; § 122 Abs. 2 Satz 2 AktG in der<br />

Neufassung das ARUG).<br />

Die Beschlussfassung im Vorstand und im Aufsichtsrat über <strong>die</strong> zu unterbreitenden<br />

Vorschläge stellt eine Leitungsaufgabe dar, <strong>für</strong> <strong>die</strong> das Gesamtorgan zuständig<br />

ist. Der Vorstand muss folglich beschlussfähig besetzt sein. 541 Die Beschlussfassung<br />

kann aber auch im Umlaufverfahren erfolgen (§ 108 Abs. 4 AktG). Der<br />

Aufsichtsrat kann <strong>die</strong> Entscheidung über <strong>die</strong> Verabschiedung des Vorschlags allerdings<br />

auch einem Ausschuss übertragen. 542<br />

In der Praxis schließt sich der Aufsichtsrat dem Vorschlag des Vorstands zumeist<br />

an, so dass ein gemeinsamer Vorschlag bekannt gemacht werden kann. 543 Auch<br />

bei Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Vorstands handelt es sich aber<br />

– formal betrachtet – um getrennte Vorschläge beider Gremien. 544 Vorstand und<br />

Aufsichtsrat können daher auch unterschiedliche Vorschläge unterbreiten. Divergieren<br />

<strong>die</strong> Vorschläge, muss <strong>die</strong> Bekanntmachung erkennen lassen, welches Organ<br />

welchen Vorschlag unterbreitet. 545 Dass sich Gremien nicht auf einen gemeinsam<br />

abgestimmten Vorschlag einigen können, befreit sie nicht von ihrer Vorschlagspflicht.<br />

546 Sieht man von den Fällen der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und des<br />

Abschlussprüfers ab, bei denen nur der Aufsichtsrat vorschlagsberechtigt ist (§ 318<br />

Abs. 1 HGB, §§ 142, 124 Abs. 3 AktG), ist es nicht zulässig, dass nur eines der beiden<br />

Organe einen Beschlussvorschlag unterbreitet. Hat eines der beiden Organe<br />

keinen oder nur einen mangelhaften Beschluss gefasst, liegt kein ordnungsgemäßer<br />

Beschlussvorschlag vor. Die gefassten Beschlüsse der <strong>Hauptversammlung</strong> sind dann<br />

anfechtbar. 547<br />

c) Vorschlagsfreie Gegenstände. Vorschläge der Verwaltung sind nur zu denjenigen<br />

Gegenständen der Tagesordnung zu unterbreiten, bei denen eine Beschlussfassung<br />

in der <strong>Hauptversammlung</strong> erfolgt. Ein Beschlussvorschlag kommt<br />

demnach nicht in Betracht, soweit es sich um reine Vorlagen (§ 175 Abs. 1 AktG)<br />

Anzeigen (§ 92 Abs. 1 AktG) oder sonstige Gegenstände ohne Beschlussfassung<br />

handelt. 548<br />

Eines Vorschlags von Vorstand und Aufsichtsrat bedarf es nicht, soweit Beschlussgegenstände<br />

in Rede stehen, um <strong>die</strong> <strong>die</strong> Tagesordnung auf Verlangen einer Minderheit<br />

einer vom Vorstand einberufenen <strong>Hauptversammlung</strong> ergänzt wurde<br />

______________________________________________________________________________<br />

541 BGH ZIP 2002, 172 – Sachsenmilch III; OLG Dresden AG 2000, 43, 44; OLG Dresden AG<br />

1999, 517, 518; LG Dresden DB 1998, 2157; LG Heilbronn AG 2000, 373, 374; Hüffer § 124 AktG<br />

Rn 12; Tröger NZG 2002, 211; aA Rottnauer NZG 2000, 414 ff.; Götz, Gesamtverantwortung des<br />

Vorstands bei vorschriftswidriger Unterbesetzung, ZIP 2002, 1745 ff.<br />

542 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 71; Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 53;<br />

Hüffer § 124 AktG Rn 13; Ziemons in Schmidt/Lutter § 124 AktG Rn 21.<br />

543 Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 53 („Vorstand und Aufsichtsrat schlagen vor,<br />

. . .“); Reger in Bürgers/Körber § 124 AktG Rn 16<br />

544 Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 46; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 72;<br />

Hüffer § 124 AktG Rn 12; Reger in Bürgers/Körber § 124 AktG Rn 16.<br />

545 Baumbach/Hueck § 124 AktG Anm. 7; Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 46; Werner<br />

in Großkomm. § 124 AktG Rn 72.<br />

546 Ziemons in Schmidt/Lutter § 124 AktG Rn 23.<br />

547 BGH ZIP 2002, 172; LG Frankfurt/Main NZG 2004, 672.<br />

548 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 67.<br />

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Michael Schlitt/Thorsten Becker 211, 212 § 4<br />

(§ 124 Abs. 3 Satz 3 iVm. § 122 Abs. 2 AktG). 549 Die Verwaltung muss auch dann<br />

keine Vorschläge zu den Beschlussgegenständen unterbreiten, wenn <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

aufgrund des Verlangens einer Aktionärsminderheit durch den Vorstand<br />

(§ 122 Abs. 1 AktG) oder aufgrund einer gerichtlichen Ermächtigung durch <strong>die</strong><br />

Minderheit (§ 122 Abs. 3 AktG) selbst einberufen wurde. Freilich ist <strong>die</strong> Verwaltung<br />

nicht daran gehindert, ihrerseits Vorschläge zu den Tagesordnungspunkten zu<br />

machen, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Ablehnung des von der Minderheit begehrten Beschlusses gerichtet<br />

sind. 550 Eine Vorschlagspflicht entfällt ebenfalls bei Einberufung der <strong>Hauptversammlung</strong><br />

auf Verlangen eines Hauptaktionärs im Rahmen eines Squeeze Out<br />

Beschlusses nach § 327 c AktG. 551<br />

d) Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern. Ein Wahlvorschlag durch <strong>die</strong> Verwaltung<br />

ist auch dann nicht erforderlich, wenn <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong> bei der Wahl<br />

von Aufsichtsratsmitgliedern keinen Ermessensspielraum hat (§ 124 Abs. 3 Satz 2<br />

AktG iVm. § 6 Montan-MitbestG). Eine solche Bindung sieht § 6 Abs. 6 Montan-MitbestG<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahlvorschläge des Betriebsrats vor. Eine solche Bindung<br />

besteht nicht <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahl des elften Mitglieds (§ 8 Abs. 1 iVm. § 4 Abs. 1 lit. c<br />

Montan-MitbestG). Für <strong>die</strong>ses sog. neutrale Aufsichtsratsmitglied muss der Aufsichtsrat<br />

folglich einen Beschlussvorschlag unterbreiten. 552 Über <strong>die</strong>sen Vorschlag<br />

entscheiden <strong>die</strong> übrigen Aufsichtsratsmitglieder dann mit der Mehrheit aller Stimmen.<br />

Bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern darf nur der Aufsichtsrat einen Vorschlag<br />

machen. Gleiches gilt <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahl von Abschluss- und Sonderprüfern<br />

(§ 318 Abs. 1 HGB, § 142 AktG). 553 Dass ein Vorschlag des Vorstands in beiden<br />

Fällen nicht zulässig ist, beruht auf der Überlegung, dass der Vorstand keinen Einfluss<br />

auf <strong>die</strong> Zusammensetzung des ihn kontrollierenden Organs und damit auf seine<br />

eigene Überwachung nehmen darf. 554 Auch wenn der Vorstand in Publikumsgesellschaften<br />

de facto erheblichen Einfluss auf <strong>die</strong> Auswahl der Kandidaten hat,<br />

handelt es sich doch de iure um einen alleinigen Vorschlag des Aufsichtsrats. 555<br />

______________________________________________________________________________<br />

549 Zur Begründungspflicht der Aktionärsminderheit nach § 122 Abs. 2 Satz 2 AktG siehe Rn 222.<br />

550 Eckardt in Geßler/Hefermehl § 124 AktG Rn 33; Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG<br />

Rn 40; Hüffer § 124 AktG Rn 15; Reger in Bürgers/Körber § 124 AktG Rn 20; v. Falkenhausen<br />

BB 1966, 337, 339; abw. Henn Rn 780, der eine Pflicht zur Stellungnahme analog § 125 Abs. 1<br />

AktG bejaht.<br />

551 Ziemons in Schmidt/Lutter § 124 AktG Rn 29; Krieger BB 2002, 53, 59; Angerer BKR 2002,<br />

260, 265; aA Hüffer § 327 a AktG Rn 8; Vetter AG 2002, 176, 186.<br />

552 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 79; Hüffer § 124 AktG Rn 14; Reger in Bürgers/<br />

Körber § 124 AktG Rn 19.<br />

553 Siehe auch OLG München AG 2003, 645. Vgl. Zöllner in Kölner Komm. § 124 AktG Rn 47;<br />

vgl. auch BGH ZIP 2003, 290 – HypoVereinsbank, wonach <strong>die</strong> gesetzeswidrige Bekanntmachung<br />

eines Vorschlags von Vorstand und Aufsichtsrat über <strong>die</strong> Wahl eines Sonderprüfers nicht dadurch<br />

geheilt werden kann, dass vor der Abstimmung erklärt wird, der Vorschlag werde nur vom Aufsichtsrat<br />

unterbreitet.<br />

554 Hüffer § 124 AktG Rn 13; Steiner § 1 Rn 48. Zur Anfechtbarkeit des Beschlusses bei einem<br />

Vorstandsvorschlag vgl. Rn 242.<br />

555 Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 73. In der Praxis unterbreitet der Vorstand dem Aufsichtsrat<br />

regelmäßig einen oder mehrere Vorschläge <strong>für</strong> den künftigen Abschlussprüfer, vgl. Forster,<br />

MG, Schneider, Balsam und <strong>die</strong> Folgen – was können Aufsichtsräte und Abschlussprüfer gemeinsam<br />

tun?, AG 1995, 1, 2.<br />

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§ 4 213–217 Die Einberufung<br />

Für den Inhalt des Wahlvorschlags enthält das Gesetz genaue Vorgaben. Der<br />

Wahlvorschlag hat neben dem Namen und dem Wohnort auch den ausgeübten<br />

Beruf der Kandidaten zu enthalten. 556 Auf <strong>die</strong>se Weise sollen den Aktionären <strong>die</strong><br />

Eignung, <strong>die</strong> individuelle Belastungssituation und mögliche Interessenkonflikte der<br />

zur Wahl Vorgeschlagenen besser vor Augen geführt werden. 557 Die Angabe tatsächlich<br />

gar nicht mehr praktizierter Berufe, wie etwa „Rechtsanwalt“, ist nicht<br />

ausreichend. Vielmehr ist auch <strong>die</strong> Stelle (Unternehmen etc.) anzugeben, bei der<br />

der Kandidat seiner hauptberuflichen Tätigkeit nachgeht (zB Vertriebsleiter der XY-<br />

GmbH). 558 Diese Angaben gewinnen besondere Bedeutung vor dem Hintergrund<br />

der im Deutschen Corporate Governance Kodex enthaltenen Regelung, nach der<br />

dem Aufsichtsrat nur solche Mitglieder angehören sollen, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> erforderlichen<br />

Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen (Ziff. 5.4.1<br />

DCGK). Weitere Angaben zur Person sind indessen nicht erforderlich.<br />

Weitere Mandate in anderen gesetzlich zu bildenden Aufsichtsräten muss <strong>die</strong><br />

Tagesordnung nicht notwendigerweise aufführen. Diese sind auch bei börsennotierten<br />

Gesellschaften nur Gegenstand der Mitteilung an <strong>die</strong> Depotbanken und<br />

Aktionärsvereinigungen (§ 125 Abs. 1 Satz 5 AktG; dazu Rn 250 f.). Die Praxis<br />

verfährt gleichwohl in vielen Fällen so, <strong>die</strong>se Angaben auch in <strong>die</strong> Einberufungsbekanntmachung<br />

mit aufzunehmen. Der Vorschlag des Aufsichtsrats muss so viele<br />

Personen enthalten, wie Mitglieder in den Aufsichtsrat zu wählen sind.<br />

Beschlüsse des Aufsichtsrats über Wahlvorschläge bedürfen der Mehrheit der<br />

Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat (§ 124 Abs. 3 Satz 5, 1. HS AktG). Das<br />

Sonderbeschlussrecht der Anteilseignervertreter soll vermeiden, dass <strong>die</strong> Arbeitnehmervertreter<br />

Einfluss auf <strong>die</strong> Auswahl der von den Aktionären zu wählenden<br />

Personen nehmen. Folgerichtig haben <strong>die</strong> Arbeitnehmervertreter auch kein Recht<br />

zur Mitberatung. 559<br />

Problematisch ist, ob <strong>die</strong> Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds auch ohne Unterbreitung<br />

und Bekanntmachung eines Wahlvorschlags zulässig ist, wenn der zunächst<br />

vorgeschlagene Kandidat zwischen Einberufung und <strong>Hauptversammlung</strong><br />

seine Kandidatur zurückzieht oder stirbt. Nach richtiger, den praktischen Bedürfnissen<br />

Rechnung tragender, wenn auch bestrittener Ansicht ist eine Wahl in <strong>die</strong>sem<br />

Fall zulässig, da auch ein Gegenantrag der Aktionäre zur Aufsichtsratswahl nicht<br />

bekannt gemacht werden müsste. 560 Gleiches muss gelten, wenn der von der Verwaltung<br />

vorgeschlagene Kandidat nicht <strong>die</strong> erforderliche Mehrheit der Stimmen<br />

auf sich vereinigt und in der <strong>Hauptversammlung</strong> ein neuer Kandidat vorgeschlagen<br />

wird.<br />

e) Wahl des Abschlussprüfers. Der Beschlussvorschlag <strong>für</strong> <strong>die</strong> Wahl von Prüfern,<br />

insbesondere des Abschlussprüfers, ist ebenfalls ausschließlich vom Aufsichtsrat<br />

______________________________________________________________________________<br />

556 § 124 Abs. 3 Satz 4 idF des KonTraG vom 27. 4. 1998, BGBl. I S. 786. Nicht zu den<br />

Pflichtangaben gehört <strong>die</strong> Eigenschaft nach § 100 Abs. 5 AktG als sog. Financial Expert, Mutter/<br />

Quinke AG-Report 2010, 102.<br />

557 Hüffer § 124 AktG Rn 16; Claussen DB 1998, 177, 182; Lingemann/Wasmann BB 1998, 853,<br />

857.<br />

558 LG München Der Konzern 2007, 448; Lingemann/Wasmann BB 1998, 853, 857.<br />

559 Hüffer § 124 AktG Rn 17.<br />

560 Steiner § 1 Rn 49; aA Zöllner in Kölner Komm. § 119 AktG Rn 72.<br />

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Michael Schlitt/Thorsten Becker 218–220 § 4<br />

zu unterbreiten (vgl. auch Rn 212). Der Vorschlag hat Namen, ausgeübten Beruf<br />

und Wohnort anzugeben (§ 124 Abs. 3 Satz 4 AktG). Wird eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />

zum Abschlussprüfer vorgeschlagen, sind deren Firma und Sitz<br />

anzugeben. 561 Entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung besteht keine<br />

Pflicht, bestehende Beraterverträge iSv. § 114 AktG bekannt zu machen. 562<br />

f) Gewinnverwendungsvorschlag. Der Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats<br />

zur Beschlussfassung über <strong>die</strong> Verwendung des Bilanzgewinns ist in gleicher<br />

Weise zu untergliedern wie der sich anschließende Beschluss der Hauptver-<br />

sammlung (vgl. § 170 Abs. 2 Satz 2 AktG). Der Vorschlag muss daher den Bilanzgewinn,<br />

den zur Verteilung an <strong>die</strong> Aktionäre auszuschüttenden Betrag, den in <strong>die</strong><br />

Gewinnrücklagen einzustellenden Betrag sowie den Gewinnvortrag ausweisen. Im<br />

<strong>Hauptversammlung</strong>sbeschluss ist darüber hinaus noch ein etwa zusätzlich entstehender<br />

Aufwand infolge einer Abweichung vom Vorschlag der Verwaltung auszuweisen<br />

(§ 174 Abs. 2 AktG). Dieser kann naturgemäß im Vorschlag der Verwaltung<br />

noch nicht genannt werden. 563<br />

g) Strukturändernde Maßnahmen. Legt der Vorstand der <strong>Hauptversammlung</strong><br />

einen bereits ausgehandelten oder abgeschlossenen, jedoch unter Zustimmungs-<br />

oder Rücktrittsvorbehalt stehenden Vertrag mit erheblichen strukturändernden<br />

Auswirkungen zur Entscheidung vor, kann sich sein Vorschlag auf <strong>die</strong><br />

Zustimmung zum Abschluss <strong>die</strong>ses Vertrags beschränken. Unterbreitet der Vorstand<br />

der <strong>Hauptversammlung</strong> demgegenüber nur das unternehmerische Konzept<br />

der Maßnahme, 564 weil zur Umsetzung des Vorhabens noch weitere Verhandlungen<br />

oder Schritte erforderlich sind, ist in den Beschlussvorschlag eine nähere, ggf.<br />

auch durch Verweisung auf <strong>die</strong> Darstellung im Strukturbericht erfolgende Konkretisierung<br />

des Konzepts sowie <strong>die</strong> Ermächtigung zur Durchführung der Maßnahme<br />

aufzunehmen. 565<br />

4. Ergänzung der Tagesordnung<br />

a) Antragsberechtigte. Eine Aktionärsminderheit kann nicht nur <strong>die</strong> Einberufung<br />

der <strong>Hauptversammlung</strong>, sondern auch <strong>die</strong> Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände<br />

in <strong>die</strong> Tagesordnung und deren Bekanntgabe verlangen (§ 122 Abs. 2<br />

Satz 1 AktG). Dieses Recht besteht unabhängig davon, welches Organ <strong>die</strong> <strong>Hauptversammlung</strong><br />

einberufen hat. 566 Im Vergleich zum Einberufungsverlangen ist das Tagesordnungsergänzungsverlangen<br />

an geringere Voraussetzungen geknüpft. Es kann<br />

______________________________________________________________________________<br />

561 Eckardt in Geßler/Hefermehl § 124 AktG Rn 40; Werner in Großkomm. § 124 AktG Rn 75;<br />

Ziemons in Schmidt/Lutter § 124 AktG Rn 35.<br />

562 So aber Hellwig ZIP 1999, 2117, 2128, der eine Mitteilungspflicht jedenfalls bei börsennotierten<br />

Gesellschaften annimmt.<br />

563 Hüffer § 170 AktG Rn 6. Dieser zusätzliche Aufwand gem. § 174 Abs. 2 Nr. 5 AktG bezog<br />

sich im Grunde nur auf Steuerrückstellungen und Steueraufwand infolge des zuvor geltenden<br />

gespaltenen Steuersatzes bei der Abweichung vom Vorschlag der Verwaltung. Der inzwischen<br />

unabhängig von der Rücklagenbildung einheitliche Körperschaftssteuersatz gem. § 23 KStG lässt<br />

den in § 174 Abs. 2 Nr. 5 erwähnten Zusatzaufwand nur noch selten Relevanz zukommen, vgl.<br />

Schulz in Bürgers/Körber § 174 AktG Rn 5.<br />

564 Zu den Voraussetzungen vgl. Rn 196.<br />

565 Groß AG 1996, 111, 114; Reichert, ZHR Beiheft Bd. 68, S. 26, 59.<br />

566 Werner in Großkomm. § 122 AktG Rn 47.<br />

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§ 4 221–224 Die Einberufung<br />

nicht nur von Aktionären, <strong>die</strong> eine Mindestbeteiligung von 5% des Grundkapitals<br />

auf sich vereinigen, ausgeübt werden, sondern auch von solchen, deren anteiliger<br />

Aktienbesitz zusammen mindestens € 500 000 erreicht. 567 Der <strong>die</strong> Ergänzung<br />

begehrende Aktionär muss daher nicht tatsächlich einen Minderheitsanteil halten –<br />

auch der Mehrheitsaktionär kann <strong>die</strong> Ergänzung der Tagesordnung verlangen. 568<br />

Für das Einberufungsverlangen wie <strong>für</strong> den Tagesordnungspunkt „Geltendmachung<br />

von Ersatzansprüchen“ muss <strong>die</strong> Aktionärsminderheit auch eine Mindestbesitzzeit<br />

glaubhaft machen (§§ 122 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 3 iVm. § 142 Abs. 2 Satz 2<br />

AktG). Damit ist <strong>die</strong> Minderheit, <strong>die</strong> eine Sonderprüfung erzwingen kann (§ 142<br />

Abs. 2 AktG), jedenfalls in der Lage, <strong>die</strong> Tagesordnung um den darauf gerichteten<br />

Gegenstand zu ergänzen.<br />

Die gesetzlichen Schwellenwerte können durch <strong>die</strong> Satzung der Gesellschaft<br />

weiter herabgesetzt, nicht jedoch erhöht werden. 569 Setzt <strong>die</strong> Satzung das <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />

Einberufung einer <strong>Hauptversammlung</strong> maßgebliche Quorum herab, soll sich damit<br />

– anders als im umgekehrten Fall – auch ohne eine entsprechende statutarische<br />

Bestimmung eine Erleichterung <strong>für</strong> das Tagesordnungsbegehren verbinden. 570<br />

Hinsichtlich der Berechnung des Quorums und des Nachweises der Aktionärseigenschaft<br />

gilt das zum Einberufungsbegehren Gesagte entsprechend (vgl. Rn 32 ff.<br />

und Rn 57).<br />

b) Inhalt und Form des Ergänzungsverlangens. Das Begehren nach Ergänzung<br />

der Tagesordnung muss nunmehr entweder begründet oder mit einer Beschlussvorlage<br />

versehen werden (§ 122 Abs. 2 Satz 2 AktG). Der Antrag ist schriftlich<br />

zu stellen und an den Vorstand der Gesellschaft zu adressieren, auch wenn <strong>die</strong><br />

Einberufung der <strong>Hauptversammlung</strong> durch den Aufsichtsrat erfolgt ist. 571<br />

Der durch das ARUG geänderte § 122 AktG ermöglicht es den Minderheitsaktionären<br />

eine Ergänzung der Tagesordnung nicht nur um Beschlussgegenstände,<br />

sondern auch um Verhandlungspunkte ohne Beschlussfassung zu verlangen. 572 Damit<br />

geht jedoch keine Erweiterung der Kompetenzen der <strong>Hauptversammlung</strong> dergestalt<br />

einher, dass zukünftig eine Aussprache zu vielseitigen Themen verlangt werden<br />

könnte. Die <strong>Hauptversammlung</strong> bleibt auch künftig nur im Ausnahmefall <strong>für</strong><br />

Verhandlungspunkte ohne Beschlussfassung zuständig. Dies sind etwa <strong>die</strong> Entgegennahme<br />

der Verlustanzeige (§ 92 Abs. 1 AktG), des Jahresabschlusses und des<br />

Lageberichts (§ 175 Abs. 1 AktG). Das Minderheitsverlangen muss sich im Rahmen<br />

<strong>die</strong>ser Kompetenzen bewegen. 573<br />

Will <strong>die</strong> Aktionärsminderheit lediglich Gegenanträge zu den Vorschlägen<br />

der Verwaltung unterbreiten, bedarf es keines Tagesordnungsergänzungsbegehrens.<br />

______________________________________________________________________________<br />

567 § 122 Abs. 2 S. 1 AktG idF des Art. 3 § 1 Ziff. 7 EuroEG vom 9. 6. 1998, BGBl. I S. 1242.<br />

Bis zum 31. 12. 1998 DM 1 Mio.<br />

568 vgl. OLG Hamm DStr 2003, 219 mit Anm. König/Römer; Halberkamp/Gierke NZG 2004,<br />

494, 495 f; Rieckers in Spindler/Stilz § 122 AktG Rn 8.<br />

569 Werner in Großkomm. § 122 AktG Rn 44; Hüffer § 122 AktG Rn 9.<br />

570 Eckardt in Geßler/Hefermehl § 122 AktG Rn 18; Werner in Großkomm. § 122 AktG<br />

Rn 44.<br />

571 Franz-Jörg Semler in MünchHdbAG § 35 Rn 41; Baumbach/Hueck § 122 AktG Anm. 4.<br />

572 Seibert/Florstedt ZIP 2008, 2145, 2149; Horn ZIP 2008, 1558, 1562.<br />

573 So auch Horn ZIP 2008, 1558, 1561 f.<br />

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