Medizinische Versorgung auf dem Land - Coloplast
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Collegial | Sommer 2011 | Fokus<br />
Nur ein kleines Schild ist am Haus angebracht:<br />
„Dres. med. Mühlenfeld, Brase, Cepek, Coutelle –<br />
Hausärztliche Gemeinschaftspraxis.“ Erstaunlich, vor<br />
anderen Ärztehäusern stehen für vier Namen ganze<br />
Säulen. Es ist Mittwochmorgen acht Uhr, Bremen-<br />
Woltmershausen, ein Stadtteil am Fluss gelegen, der<br />
schon ländliche Züge trägt. In der Praxis herrscht<br />
ein Betrieb, wie in jeder anderen auch um diese Zeit.<br />
Das Wartezimmer ist voll, Patienten stehen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
Gang. Eine Frau mit einer roten Umhängetasche<br />
öffnet schwungvoll die Tür. Das muss sie sein: Karin<br />
Hilker, die VERAH-Mitarbeiterin („<strong>Versorgung</strong>sassistentin<br />
in der Hausarztpraxis“), mit der wir zu<br />
Hausbesuchen verabredet sind. Nach kurzer Begrüßung<br />
geht es in ein Nebenzimmer. Dort wird Karin<br />
Ein typischer VERAH-Tag für Karin Hilker: Am Morgen,<br />
kurz bevor es <strong>auf</strong> Tour geht, bespricht sie mit<br />
Dr. Mühlenfeld die einzelnen Besuche. Vor Ort dann<br />
gibt es zwar auch wieder Schriftliches zu regeln, im<br />
Mittelpunkt steht aber eindeutig der Patient.<br />
Bilder: Tristan Vankann<br />
Hilker schon von Dr. Hans-Michael Mühlenfeld<br />
erwartet, ihrem Chef. Gemeinsam wollen sie noch<br />
einmal den heutigen Hausbesuchsplan besprechen.<br />
Für jeden Patient ist ein „Hausbesuchsprotokoll“<br />
vorbereitet. „Frau Kaisen (Name geändert) müssen<br />
Sie unbedingt nach ihren Medikamenten fragen“,<br />
gibt ihr der Arzt mit <strong>auf</strong> den Weg. „Ich hörte, dass<br />
es ihr nicht gut geht.“ Karin Hilker macht <strong>auf</strong> <strong>dem</strong><br />
Protokoll unter „Medikationsabgleich“ einen Eintrag.<br />
„Und bei Herrn Meister (Name geändert) achten Sie<br />
bitte dar<strong>auf</strong>, wie er die Folgen seines Sturzes überstanden<br />
hat.“ Karin Hilker steckt die Unterlagen in<br />
ihre Tasche. „Angeblich soll er wieder mobil sein“,<br />
antwortet sie. „Ich werde ja sehen.“ Dr. Mühlenfeld<br />
fällt noch etwas ein: „Und beste Grüße natürlich an<br />
alle. Nächsten Monat komme ich wieder persönlich.“<br />
Untersuchen, Reden, Kümmern<br />
Fünf Minuten später sitzt die Arzthelferin schon<br />
hinterm Steuer. Zeit für eine kurze Einführung:<br />
„Mittwochs ist der Tag, an <strong>dem</strong> ich die delegierbaren<br />
Hausbesuche übernehme“, erklärt sie. „Vor zwei Jahren<br />
habe ich als eine der Ersten die dazu notwendige<br />
VERAH-Ausbildung abgeschlossen. Heute arbeite<br />
ich das Curriculum zum Teil selber aus“, berichtet<br />
Karin Hilker mit einem gewissen Stolz. „Ich konnte<br />
mich weiterbilden und sammle Erfahrung auch<br />
außerhalb der Praxis.“ Routiniert parkt sie das Auto<br />
in eine Lücke vor einem Heim für Betreutes Wohnen.<br />
„Hier wohnt Frau Kaisen. Sie ist vor Kurzem aus <strong>dem</strong><br />
Krankenhaus entlassen worden und soll heute in die<br />
Kurzzeitpflege umziehen. Wahrscheinlich ist sie auch<br />
deswegen in keiner guten Stimmung.“ Wir werden<br />
sehen.<br />
Eine alte Dame sitzt geduckt in einem tiefen Sofa.<br />
Vor ihr <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Tisch steht eine Schachtel voll mit<br />
Medikamenten. Karin Hilker erkundigt sich nach<br />
ihrem Befinden. Sie misst den Blutdruck. Anschließend<br />
nimmt sie Blut ab. Dann kommt sie <strong>auf</strong> die<br />
Medikamente zu sprechen. Es bestätigt sich, was<br />
Dr. Mühlenfeld schon vermutete und wahrscheinlich<br />
der Hauptgrund für ihr momentanes Unwohlsein ist:<br />
Frau Kaisen hat bestimmte Dosierungen nicht beachtet.<br />
Karin Hilker setzt sich neben die alte Dame <strong>auf</strong>s<br />
Sofa: „Von diesem Medikament nehmen Sie nur eine<br />
Tablette am Tag“, schärft sie ihr ein. „Und zwar Morgens<br />
gleich nach <strong>dem</strong> Aufstehen.“ Etwas unwirsch<br />
quittiert Frau Kaisen die Anweisung. Gedanklich<br />
ist sie mehr bei ihrem Umzug als bei ihren Medikamenten.<br />
„Die Kurzzeitpflege ist doch gleich hier im<br />
nächsten Haus“, versucht Karin Hilker zu beruhigen.<br />
Ohne Erfolg. „Dort kenne ich doch die Leute gar<br />
nicht“, entgegnet die jetzt immer munterer werdende<br />
Frau. Satz für Satz kommt eine Unterhaltung über<br />
gute und weniger gute Veranstaltungen im Heim in<br />
Gang, unterbrochen von medizinischen Hinweisen.<br />
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