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PORTRAIT<br />
PAPST FRANZISKUS<br />
Darf ich vorstellen – Papst Franziskus<br />
Wenn wir rausgehen auf die Straße, dann können Unfälle<br />
passieren. Aber wenn sich die Kirche nicht öffnet, nicht rausgeht,<br />
und sich nur um sich selbst schert, wird sie alt. Wenn<br />
ich die Wahl habe zwischen einer Kirche, die sich beim Rausgehen<br />
auf die Straße Verletzungen zuzieht und einer Kirche, die erkrankt,<br />
weil sie sich nur mit sich selbst beschäftigt, dann habe ich keine<br />
Zweifel: Ich würde die erste Option wählen. Papst Franziskus<br />
Mit Jorge Bergoglio kommt zum ersten<br />
Mal ein Papst aus Lateinamerika.<br />
Bereits beim letzten Konklave 2005<br />
war der argentinische Jesuit der stärkste<br />
Kontrahent Joseph Ratzingers gewesen.<br />
Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen<br />
Gesundheit ging er in die neue<br />
Papstwahl eher als Außenseiter unter den<br />
Favoriten. Mit ihm steigt nun zum ersten<br />
Mal ein Jesuit auf den Petrus-Stuhl. Nach<br />
Angaben des Vatikan hat der Argentinier<br />
seine Doktorarbeit in Deutschland<br />
beendet. Er wird oft auch „Kardinal der<br />
Armen" genannt, dazu passt der von ihm<br />
erwählte Papstname. Mit „Franziskus"<br />
setzte er das erste Zeichen - er nennt sich<br />
nach dem Heiligen Franz von Assisi, der<br />
von 1181/82 bis 1226 lebte. Dieser Name<br />
steht für ein Leben in Armut und an der<br />
Seite der Armen. Als Sohn eines wohlhabenden<br />
Tuchhändlers in Assisi (<strong>Mitte</strong>litalien)<br />
verzichtete Franziskus auf allen Reichtum<br />
und gründete einen Bettelorden, der<br />
eine Erneuerung der katholischen Kirche<br />
bewirkte. Seinen Namen hat noch keiner<br />
der bisher 265 Päpste gewählt. „Franziskus"<br />
gibt einen ersten Hinweis, in welche<br />
Richtung der neue Pontifex die kriselnde<br />
Weltkirche mit ihren 1,2 Milliarden Mitgliedern<br />
führen will.<br />
Kampf gegen Armut und Homo-Ehe<br />
Trotz seines Strebens, Distanz zu der Politik<br />
zu halten, kollidierte Bergoglio in<br />
den vergangenen Jahren mehrfach mit<br />
den Regierungen von Néstor und Cristina<br />
Kirchner. Er kritisierte mehrfach<br />
Korruption und Armut scharf. Erst vor<br />
wenigen Wochen warnte er vor der „alltäglichen<br />
Übermacht des Geldes mit seinen<br />
teulischen Folgen von Drogen und<br />
Korruption sowie dem Handel von Menschen<br />
und Kindern, zusammen mit der<br />
materiellen und moralischen Misere".<br />
Außerdem wandte er sich 2010 frontal<br />
und erfolglos gegen die Legalisierung der<br />
Homo-Ehe in Argentinien. Als Bergoglio<br />
die Gesetzesvorlage zur gleichgeschlechtlichen<br />
Ehe als „Teufels-Manöver" bezeichnete,<br />
antwortete Staatschein Cristina<br />
Kirchner, diese Kritik erinnere an die<br />
Zeiten der Inquisition.<br />
Vorwurf: Nähe zur Militärdiktatur<br />
Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936<br />
als Sohn italienischer Einwanderer geboren.<br />
Sein Vater war Bahnangestellter<br />
in der argentinischen Hauptstadt. Dort<br />
ging er auf eine technische Schule, die<br />
er als Chemie-Techniker absolvierte. Mit<br />
21 Jahren ging er ins Priester-Seminar.<br />
Im selben Alter wurde ihm wegen einer<br />
schweren Lungenentzündung ein Teil der<br />
rechten Lunge entfernt.<br />
Nach seiner Priesterweihe 1969 wurde er<br />
1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens<br />
berufen. In diesen für Argentinien sehr<br />
schwierigen Jahren, in denen nach sozialem<br />
Aufruhr das Militär die Staatsmacht übernahm,<br />
führte Bergoglio seine Ordensbrüder<br />
streng in strikt religiöse Aufgaben zurück.<br />
Der einzige Jesuit im Konklave übernahm<br />
1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und<br />
wurde 2001 zum Kardinal berufen.<br />
Bergoglio wird eine zu große Nähe zur<br />
damaligen Militärdiktatur Argentiniens<br />
vorgeworfen. Er wurde beschuldigt, zwei<br />
Jesuiten nicht vor der Verfolgung durch<br />
die Junta geschützt zu haben. Er erklärte<br />
stets, er habe wenige Tage vor dem<br />
Staatsstreich 1976 die beiden Patres vor<br />
bevorstehender Gefahr gewarnt und ihnen<br />
angeboten, im Jesuitenhaus Schutz<br />
zu suchen. Die beiden Priester, die in<br />
Elendsvierteln in Buenos Aires predigten,<br />
sollen nach Bergoglios Aussagen<br />
dieses Angebot abgelehnt haben. Zwei<br />
Monate später wurden die beiden von<br />
Militärs entführt und fünf Monate lang<br />
in der berüchtigten Marineschule ESMA<br />
in Haft gehalten. Danach beschuldigten<br />
sie Bergoglio.<br />
Interessen: Tango und Fußball<br />
Beim Konklave nach dem Tod von Johannes<br />
Paul II. proilierte sich Bergoglio<br />
bei den ersten Runden nach unbestätigten<br />
Pressemeldungen mit bis zu 40 Stimmen<br />
als ein Kandidat, der die Wahl Joseph<br />
Ratzingers blockieren könnte. Der<br />
Argentinier soll aber seine Aufstellung<br />
zurückgezogen haben, um die Konfrontation<br />
zu vermeiden. Seine gemessen<br />
ausgesprochenen, aber inhaltlich unzweideutigen<br />
Worte bei heiklen doktrinären<br />
Fragen werden in der Kirche geschätzt.<br />
Als Argentinier kam Bergoglio nicht umhin,<br />
Fußballfan zu sein und in seiner Jugend<br />
auch Tango zu tanzen. Erstligist San<br />
Lorenzo de Almagro ist „sein" Verein.<br />
Hölderlin, Borges und Dostojewski sind<br />
seine beliebtesten Autoren. Auf der Leinwand<br />
bevorzugt er die Filme des italienischen<br />
Neorealismus - jetzt wird er neben<br />
dessen Kulissen leben. Seit dem 13. März<br />
ist er nun das 266. Oberhaupt der katholischen<br />
Kirche seit dem Heiligen Petrus.<br />
ukl/DPA/Reuters<br />
Quelle: http://www.stern.de/panorama/papstfranziskus-portraet-sein-neuer-name-ist-programm-1983640.html)<br />
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kath 01/2013