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Kolorektales Karzinom - Neue Vorsorgestrategien - Salk

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medizin in salzburg<br />

Der Salzburger Arzt April 2005<br />

<strong>Neue</strong> <strong>Vorsorgestrategien</strong><br />

Das kolorektale <strong>Karzinom</strong> (CRC)<br />

stellt die zweithäufigste Tumorerkrankung<br />

bei Frauen dar bzw. steht an<br />

dritter Stelle bei Männern. Es zeigt sich<br />

eine deutlich höhere Inzidenz in westlichen<br />

Industrieländern und einem<br />

<strong>Kolorektales</strong> <strong>Karzinom</strong><br />

■ von OA Dr. Thomas Haas und<br />

Univ.-Prof. Dr. Frieder Berr<br />

signifikant Nord-Süd-Gefälle innerhalb<br />

der europäischen Union. In Österreich<br />

verstarben 2002 2.483 Menschen an<br />

einem kolorektalen <strong>Karzinom</strong>, davon<br />

waren 68% einem Dickdarmkarzinom<br />

und 32% einem Rektumkarzinom zuzuordnen.<br />

Für das Bundesland Salzburg<br />

wurden im Jahr 2000 insgesamt 46,7<br />

<strong>Neue</strong>rkrankungen pro 100.000 Einwohner<br />

an kolorektalem <strong>Karzinom</strong> gemeldet,<br />

davon entfallen 27,1/100.000<br />

auf das Dickdarmkarzinom und<br />

19,6/100.000 auf das Rektumkarzinom<br />

mit einem Überwiegen des männlichen<br />

Bevölkerungsanteiles. Etwa 30% der<br />

Tumore werden in einem nicht mehr<br />

kurativ resektablen Stadium diagnostiziert<br />

(Quelle: Statistik Austria).<br />

<strong>Neue</strong> Vorsorgestrategie für Österreich<br />

ist die flächendeckende Einführung der<br />

Vorsorgekoloskopie, geplant für die<br />

zweite Jahreshälfte 2005. Jeder Österreicher<br />

bzw. jede Österreicherin kann<br />

ab dem 50. Lebensjahr im Rahmen der<br />

Abb. 1A: Endoskopische Polypektomie<br />

im Sigma<br />

OA Dr. Thomas Haas und Univ.-Prof. Prim. Dr. Frieder Beer (rechts)<br />

Gesundenuntersuchung eine Koloskopie<br />

alle 10 Jahre in Anspruch nehmen.<br />

Die Hämokkult-Untersuchung soll in<br />

jährlichen Intervallen durchgeführt werden,<br />

hier soll der Beginn im Rahmen<br />

der Vorsorgeuntersuchung NEU allerdings<br />

auf das 50. Lebensjahr angehoben<br />

werden (Auskunft SGKK). Gleichzeitig<br />

werden zwischen Hauptverband und<br />

der österreichischen Gesellschaft für<br />

Gastroenterologie und Hepatologie<br />

qualitätssichernde Maßnahmen für die<br />

Durchführung dieser Untersuchungsmethode<br />

verhandelt, die die Sicherheit<br />

und Qualität der Untersuchung erhalten<br />

und verbessern sollen.<br />

Abb. 1B: Postinterventionelles Ergebnis<br />

nach endoskopischer Mukosektomie eines<br />

tubulovillösen Adenoms mit maligner<br />

Transformation<br />

In Deutschland wurde die Vorsorgekoloskopie<br />

für alle Versicherten ab dem<br />

55. Lebensjahr am 1.10.2002 in das<br />

Krebsfrüherkennungsprogramm aufgenommen.<br />

Inzwischen liegen prospektive<br />

Daten vor, die in den ersten 8 Monaten<br />

in einer gastroenterologischen Schwerpunktordination<br />

erhoben worden sind.<br />

Untersucht wurden 1090 Versicherte –<br />

69% Frauen, 31% Männer. In dieser<br />

Gruppe fanden sich 7 <strong>Karzinom</strong>e, die<br />

alle im Stadium T1 oder T2, N0 operiert<br />

werden konnten. Bei 4 Patienten fand<br />

sich ein maligner Polyp, die Malignomrate<br />

lag somit bei 1%. Darüberhinaus<br />

wurden bei 138 Patienten insgesamt<br />

161 Polypen abgetragen (12,4%), bei<br />

36% der untersuchten Patienten zeigten<br />

sich Polypensprossen, davon 20,9%<br />

Adenome. An Komplikationen ereigneten<br />

sich 1 Perforation nach Polypektomie<br />

sowie 4 Nachblutungen 1–14 Tage<br />

nach Polypektomie unter ASS. 99,4%<br />

der Patienten würden sich jederzeit<br />

wieder einen solchen Untersuchung unterziehen<br />

(Hüppe D. et al, Z. Gastroenterol,<br />

2004).<br />

Screening-Programme sollten zur<br />

Stratifizierung mit der Erfassung des<br />

16


April 2005 Der Salzburger Arzt medizin in salzburg<br />

individuellen Risikoprofiles eines Patienten<br />

beginnen, basierend auf Eigenund<br />

Familienanamnese (adaptiert nach<br />

den gültigen Leitlinien der amerikanischen<br />

gastroenterologischen Gesellschaft,<br />

Winawer S. et al, Gastroenterology<br />

2003)<br />

– Tests auf okkultes Blut weisen bei einmaliger<br />

Anwendung eine Sensitivität<br />

zwischen lediglich 30 und 50% auf,<br />

eine jährliche Testanwendung konnte<br />

in einer großen Untersuchung (Mandel<br />

J et al, NEJM 1993) eine Reduktion<br />

der Mortalität an CRC von 33%<br />

innerhalb von 13 Jahren gefunden<br />

werden. Nachteile sind einerseits<br />

falsch negative Befunde, anderseits<br />

finden sich trotz richtiger Anwendung<br />

(3-tägige Vermeidung von rotem<br />

Fleisch) häufig falsch positive Testergebnisse<br />

die dann eine (unter Umständen<br />

vermeidbare) weiterführende<br />

Koloskopie nach sich ziehen ohne<br />

von dem damit entstehendem Risiko<br />

und Unannehmlichkeiten zu profitieren.<br />

– Asymptomatischen Personen mit<br />

durchschnittlichem Risiko sollte ab<br />

dem 50. Lebensjahr eine Vorsorgekoloskopie<br />

angeboten werden, bei<br />

normalem Befund ist eine Wiederholung<br />

in 10 Jahren angezeigt. Rationale:<br />

Geringe kolonoskopische Inzidenz<br />

eines CRC bei Personen zwischen<br />

40 und 49 Jahren, es fand sich<br />

kein <strong>Karzinom</strong> bei 906 Probanden<br />

(NEJM 2002)<br />

– Personen mit erhöhtem Risiko<br />

• Personen mit CRC oder Adenomen<br />

bei einem erstgradigen Verwandten<br />

unter dem 60. Lebensjahr oder 2<br />

erstgradigen Verwandten mit CRC in<br />

jeglichem Alter sollte die Basiskoloskopie<br />

zum 40. Lebensjahr empfohlen<br />

werden oder 10 Jahre jünger als<br />

die Erstdiagnose in der Familie, je<br />

nachdem was zuerst zutrifft. Das Kontrollintervall<br />

wurde von der amerikanischen<br />

gastroenterologischen Gesellschaft<br />

in den aktuellen Leitlinien hier<br />

mit 5 Jahren festgesetzt.<br />

• Bei erstgradigen Verwandten mit<br />

CRC oder Adenomen über 60 Jahre<br />

sollte wie bei Personen mit durchschnittlichem<br />

Risiko (s.o.) gescreent<br />

werden.<br />

• Personen mit einem zweitgradigen<br />

Verwandten (Großeltern, Tante, Onkel)<br />

mit CRC sollten ebenfalls wie<br />

Personen mit durchschnittlichem Risiko<br />

behandelt werden.<br />

• Identifizierte Genträger oder Personen<br />

mit erhöhtem Risiko für die<br />

familiäre adenomatöse Polyposis sollten<br />

jährlich endoskopiert werden mit<br />

einem Beginn ab dem 10.–12. Lebensjahr.<br />

• Patienten nach Entfernung von größeren<br />

oder multiplen (> 3) Adenomen<br />

sollten erstmals nach 3 Jahren<br />

nachkontrolliert werden, nach Entfernung<br />

von 1 oder 2 kleinen (< 1cm)<br />

➡<br />

Endoskopie<br />

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www.olympus.at<br />

17


medizin in salzburg<br />

Der Salzburger Arzt April 2005<br />

tubulären Adenomen erscheint ein<br />

Kontrollintervall von 5 Jahren ausreichend.<br />

Das weitere follow-up sollte<br />

sich am Ergebnis der ersten Kontrollendoskopie<br />

orientieren.<br />

• Personen mit chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen wie Morbus<br />

Crohn oder Colitis ulcerosa weisen<br />

ein deutlich erhöhtes Risiko auf, nach<br />

längerem Verlauf ein kolorektales<br />

<strong>Karzinom</strong> zu entwickeln wobei nach<br />

neueren Daten das Risiko für beide<br />

Erkrankungen ähnlich sein dürfte. Patienten<br />

mit Pancolitis sollten alle 1-2<br />

Jahre ab einem achtjährigen Verlauf<br />

endoskopisch kontrolliert werden, für<br />

Patienten mit Linksseitenkolitis erscheint<br />

möglicherweise ein längeres<br />

Kontrollintervall ausreichend. Ein extensives<br />

Biospieprotokoll zur Dysplasiediagnostik<br />

ist erforderlich.<br />

Hintergrund der endoskopischen Vorsorge<br />

ist die gute und einfache Erfassung<br />

und Behandlung der häufigen Vorläuferstrukturen<br />

des kolorektalen <strong>Karzinom</strong>s.<br />

Am Anfang stehen nur mikroskopisch<br />

zu erfassende hyperproliferative<br />

Schleimhautareale, die in einer kontinuierlichen<br />

Entwicklung mehrheitlich in<br />

Adenome und dann z. T. in Dysplasien /<br />

epitheliale Neoplasien und schließlich in<br />

ein <strong>Karzinom</strong> übergehen (sog. Adenom-<br />

<strong>Karzinom</strong>-Sequenz). Dieser Übergang<br />

dauert zumindest mehrere (8–15) Jahre.<br />

Koloskopisch sind 90–95% dieser Adenome<br />

zu erfassen, mit dem Hämokkult-<br />

Test aber bestenfalls 50% der Adenome.<br />

Eine endoskopische Entfernung dieser<br />

primär gutartigen adenomatösen Polypen<br />

erzielt eine weit über 90% gelegene<br />

Heilungschance (Abb. 1). Nach der<br />

WHO spricht man histopathologisch<br />

von präkanzerösen kolorektalen Läsionen<br />

(polypöse und flache Adenome,<br />

familiäre adenomatöse Polypose, chronisch<br />

entzündliche Darmerkrankungen).<br />

Davon zu unterscheiden sind die klinisch<br />

bzw. anamnestisch definierten<br />

präkanzerösen kolorektalen Bedingungen;<br />

diese sind entweder erworbene<br />

Konditionen wie Status post kolorektalem<br />

<strong>Karzinom</strong>, post Entfernung von kolorektalen<br />

Adenomen, Zweittumorerkrankung,<br />

oder genetische Dispositionen<br />

wie erstgradige Verwandtschaft mit<br />

<strong>Karzinom</strong>-/Adenompatienten (ca. 15%<br />

der CRC), das hereditary non polyposis<br />

colorectal cancer Syndrom (HNPCC)<br />

(ca. 5–10%) oder die familiäre adenomatöse<br />

Polypose (FAP) (ca. 1% der CRC)<br />

(Robertson et al, 1999).<br />

Coloskopische Diagnostik. Optimierung<br />

der vorbereitenden Darmreinigung,<br />

endoskopische Beurteilung unter<br />

Spasmolyse und differenzierte Färbemethoden<br />

(Abb. 2) werden in Verbindung<br />

mit technischen Weiterentwicklungen<br />

wie der Zoom-Endoskopie in der gastroenterologischen<br />

Endoskopie eingesetzt<br />

und ermöglichen dem Untersucher eine<br />

immer bessere Diagnosestellung und<br />

Therapiemöglichkeit zur sicheren und<br />

kompletten Abtragung präkanzeröser<br />

kolorektaler Läsionen.<br />

Gastroenterologische Endoskopie<br />

Universitätsklinik für innere Medizin 1,<br />

Gastroenterologie und Hepatologie,<br />

Nephrologie, Stoffwechselerkrankungen<br />

und Diabetologie<br />

SALK / PMU Salzburg<br />

Indigocarmin-Färbung eines kleinen flachen<br />

Adenomes in Darstellung mit hochauflösender<br />

Videoendoskopie: Der Farbstoff<br />

wird nicht absorbiert und verstärkt daher<br />

den Kontrast der Mukosaoberfläche.<br />

Der Salzburger Arzt<br />

Meine<br />

Info-<br />

Seiten<br />

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