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NoteselInfo 042011 - Noteselhilfe

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Es war der erste Frosttag im Spätherbst. Als ich den ersten Schreck überwunden und<br />

meine Gedanken neu sortiert hatte, wurde die Kleine erst einmal mit einem sauberen<br />

Handtuch und anschließend mit lecker duftendem Heu abgerubbelt, so wie ich es früher<br />

auch bei meinen Schäfchen gemacht hatte. Anschließend hängte ich gegen die<br />

Kälte eine Rotlichtlampe auf. Den Rest der Woche bekamen Miro und Lieselotte<br />

nächtliches Strohlager unter dem Vordach vor dem Stall ausgebreitet. Das Wetter<br />

spielte mit. Es war zwar kalt, aber wenigstens trocken.<br />

Bei frei lebenden Eseln stehen Mütter während<br />

der Prägungszeit ihrer Kleinen außerhalb<br />

der Herdenhierarchie. Selbst die Leitstute<br />

muss sich ihnen gegenüber zurückhalten.<br />

Und so war auch bei meinen Eseln fortan<br />

alles umgekehrt. Mama Dschinie bestimmte<br />

jetzt, wer in den Stall durfte. Ein<br />

strenger Blick oder eine schnelle Kopfbewegung<br />

genügten, und meine Mäuse wussten,<br />

dass sie zu verschwinden hatten. Lieselotte,<br />

bisher eindeutig die Chefin, fügte sich widerspruchslos<br />

in ihre neue Situation. Mein kleines<br />

Miromännchen versteckte sich hinter<br />

seiner Großen.<br />

Mit der unerwarteten Geburt war der Stall zu klein geworden. Bretter mussten her<br />

und das Vordach wurde kurzerhand eingehaust. Damit entspannte sich die räumliche<br />

Situation.<br />

Tiere geben sich bei mir immer selbst ihren Namen und bald war klar, dass Dschinies<br />

Baby künftig nur Marie heißen konnte. Es war ein ganz liebes kleines Eselmädchen,<br />

ohne jede Scheu Menschen gegenüber. Auch Mama Dschinie zeigte keine Angst um<br />

ihr Kleines, als sich unsere Weide in den nächsten Tagen in eine Pilgerstätte verwandelte.<br />

Jeder wollte das kleine Eselbaby sehen. Sogar unser Gasthund Belle durfte sich<br />

Marie bis auf zwei, drei Meter nähern, solange ich in der Nähe war. Und es war für<br />

Mama auch kein Problem, wenn ich der Kleinen ab der zweiten Woche jeden Abend<br />

rein symbolisch die Hufe säuberte. Mama Dschinie schaute mir dabei anfangs lediglich<br />

aufmerksam über die Schulter. Aber wehe einer meiner Esel wollte sich der Kleinen<br />

nähern! Dann wurde die sonst sanfte Dschinie zur wilden Furie.<br />

Es war Mariechen, die nach fünf, sechs Wochen die Verbindung zwischen ihrer Mutter<br />

und den alteingesessenen Tieren herstellte. Die Kleine hielt sich nun immer öfter in<br />

der Nähe von Lieselotte auf, und Dschinie akzeptierte es zusehends. Die Kälte des<br />

Winters tat ihr Übriges. Gemeinsam war es im warmen Stall für alle einfach angenehmer,<br />

als draußen im Schnee.<br />

Heute, nach fünf Monaten, sind die Vier zu einer kleinen Herde zusammen gewachsen.<br />

Für mich wäre unvorstellbar, wenn ich mich von dem unverhofften Zuwachs<br />

trennen müsste. Vergangenes Wochenende haben wir ein riesiges Loch in den Berg<br />

gebaggert. Damit kann die Grundfläche des Stalls fast verdoppelt werden, und meine<br />

Langohren bekommen endlich wieder ihr geliebtes Vordach zurück, unter dem man<br />

bei Regenwetter so schön dösen und über das Tal schauen kann. Dann hat mein<br />

Langohrquartett wieder einen richtigen kleinen Eselpalast.<br />

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