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Lymphatische Konstitution - Rhizoma Seminare

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<strong>Konstitution</strong>smedizin:<br />

Die Grundkonstitutionen in der Augendiagnose<br />

Allen Systemen irisdiagnostischer <strong>Konstitution</strong>stypologien liegt der gemeinsame 'Konflikt'<br />

zugrunde, dass sie einerseits die grundsätzlichen physiologischen und pathophysiologischen<br />

Reaktionsmuster des jeweiligen <strong>Konstitution</strong>styps beschreiben (woraus ein gewisses<br />

'Schubladendenken' resultieren kann), aber andererseits die Flexibilität aufweisen müssen,<br />

der individuellen 'Ausgestaltung' dieser Reaktionsmuster beim einzelnen Menschen gerecht zu<br />

werden.<br />

Es wurde immer wieder der Versuch unternommen, die <strong>Konstitution</strong>slehre auf einige wenige<br />

<strong>Konstitution</strong>stypen zu reduzieren. Dies hätte zwar den Vorteil der besseren Überschaubarkeit<br />

und leichteren Erlernbarkeit, führt aber zwangsläufig zu einer unzulässig starken<br />

Schematisierung, die der Individualität des einzelnen Patienten nicht gerecht werden kann und<br />

zu ungenaue Informationen für das zu entwickelnde Therapiekonzept liefert.<br />

Es sollen daher an dieser Stelle in einer Reihe von Fortsetzungsartikeln die wichtigsten<br />

<strong>Konstitution</strong>stypen nach Joachim Broy 1 beschrieben werden. Dieses System, das aus 21<br />

verschiedenen <strong>Konstitution</strong>stypen und sechs Diathese – Typen besteht, wird dem genannten<br />

'Spagat' zwischen Schematisierung und Individualisierung am ehesten gerecht und liefert<br />

zudem Therapiehinweise, die tief im Denkmodell der traditionellen europäischen<br />

Naturheilkunde wurzeln und – allen Modeerscheinungen der 'modernen' biologischen Medizin<br />

trotzend – zeitlos aktuell und hochwirksam sind.<br />

Trotz der Komplexität dieses <strong>Konstitution</strong>ssystems ist es (logischerweise) nicht möglich, jeden<br />

Menschen einem <strong>Konstitution</strong>styp zuzuordnen. Man wird daher bei den meisten Personen<br />

Elemente verschiedener <strong>Konstitution</strong>en finden, wobei – je nach Gesundheits- oder<br />

Krankheitssituation – meist ein Element im Vordergrund steht. Die Prioritäten der<br />

verschiedenen Elemente unterliegen aber – wie alle Lebensprozesse - einem ständigen<br />

dynamischen Wandel.<br />

Man spricht daher von "Mischkonstitutionen", deren Einzelelemente durch typische<br />

Zeichensetzungen im Auge erkennbar sind. Welches der Elemente jeweils aktuelle Bedeutung<br />

hat, ist im Auge nur bedingt feststellbar. Es ist daher unerlässlich, die Irisdiagnose durch<br />

weitere diagnostische Massnahmen zu ergänzen.<br />

Um in der verwirrenden Vielfalt der Iriszeichen die Entscheidung treffen zu können, welche<br />

Zeichen für die <strong>Konstitution</strong>sanalyse 'wichtig', und welche 'weniger wichtig' sind, muss der<br />

Irisdiagnostiker mit einer gewissen Systematik vorgehen, denn sonst kann er sich hoffnungslos<br />

verirren im Dschungel der Reizfasern, Pigmente, Lakunen, Krypten und Transversalen....<br />

Eine solche Systematik kann folgendermassen aussehen:<br />

1. Basiskonstitution (Blau, braun, oder Mischiris)<br />

2. Unterkonstitutionen<br />

3. Relevante Zeichensetzungen gemäss der zirkulären Topographie (von innen nach aussen)<br />

4. Relevante Zeichensetzungen gemäss der sektoralen Topographie ("Organsektoren")<br />

5. Relevante Zeichen der Conjunktiva (v. a Gefässe), Lider, Wimpern.<br />

Wobei eine klare Trennung der einzelnen Punkte praktisch nicht möglich ist, weil sich<br />

Unterkonstitutionen häufig durch zirkuläre Zeichensetzungen zu erkennen geben.<br />

Man erkennt aus dieser Vorgehensweise, dass es sich bei der Augendiagnose nicht um eine<br />

singuläre Detaildiagnostik handelt, sondern um eine 'Verknüpfungsdiagnostik', die die<br />

dynamischen Regulationsvorgänge im System 'Organismus' analysiert und Möglichkeiten zu<br />

deren therapeutischer Beeinflussung zeigt. Daher kann es auch nicht ihr Anliegen sein, eine<br />

Diagnose im Sinne der Organpathologie zu stellen! (Womit sie dem im Begriff 'Diagnose'<br />

steckenden Anspruch des "Durchschauens" eigentlich eher gerecht wird, als die üblicherweise<br />

darunter verstandene punktuelle 'Zustandsbeschreibung' eines Organs bzw. Gewebes...)<br />

Diese Thematik wurde in der Co'med 6/02 bereits ausführlich beschrieben.<br />

Entsprechend der o. g. Systematik sollen nun die beiden Grundkonstitutionen besprochen<br />

werden, die in der Augenfarbe erkennbar werden und die elementare Basis jeder<br />

Augendiagnose darstellen:<br />

1 Literaturhinweis: Broy, Joachim: Die <strong>Konstitution</strong>, Foitzick – Verlag, München


Das blaue Auge: <strong>Lymphatische</strong> <strong>Konstitution</strong><br />

Das braune Auge: Hämatogene <strong>Konstitution</strong> (von Häm (gr.) = Blut)<br />

Das 'grüne' Auge gibt es (zumindest aus dem Blickwinkel des Augendiagnostikers)<br />

eigentlich gar nicht: Dies sind Mischformen, bei denen in einer blauen Iris<br />

Pigmente mit brauner und / oder gelblicher Farbe eingelagert sind, was<br />

makroskopisch im Tageslicht die Farbmischung 'grün' ergibt. Diese Mischfarben<br />

können keiner einzelnen <strong>Konstitution</strong> zugeordnet werden, sie treten vielmehr als<br />

augendiagnostisches Element bei verschiedenen <strong>Konstitution</strong>stypen auf.<br />

An diesem Punkt wird jetzt vielleicht die Frage aufkommen, weshalb die Grundkonstitutionen<br />

ausgerechnet auf der Basis der beiden Körpersäfte Lymphe und Blut definiert werden. Dies<br />

liegt in der Geschichte der Augendiagnostik begründet, die aus dem humoralmedizinischen<br />

Denkmodell der traditionellen europäischen Naturheilkunde entstanden ist. Dabei ist der<br />

Begriff 'Lymphe' bereits eine Begriffsadaption an die heutige Terminologie, denn das blaue<br />

Auge lässt die Dominanz des 'Phlegma – Prinzips' der traditionellen Heilkunde erkennen, was<br />

auf körperlicher Ebene am deutlichsten in den vielfältigen Funktionen des Lymphsystems in<br />

Erscheinung tritt.<br />

(So gesehen, könnte man das blaue Auge präziser als "Phlegmatogene <strong>Konstitution</strong>"<br />

bezeichnen.)<br />

Auch die Bezeichnung der hämatogenen <strong>Konstitution</strong> bezieht sich nicht auf die Blutflüssigkeit,<br />

wie sie im Gefässystem fliesst, sondern auf das vom humoralpathologischen Kardinalsaft<br />

'Sanguis' vertretene 'warm – feuchte' Funktionsprinzip.<br />

Die Grundkonstitutionen bringen also die grundsätzliche Reaktionsweise des jeweiligen<br />

Organismus auf endo- und exogene Reize aller Art zum Ausdruck – sowohl im physiologischen,<br />

als auch im pathologischen Bereich! Da aber – definitionsgemäss - im Zustand der Gesundheit<br />

die permanenten Anpassungsvorgänge störungs- und symptomfrei ablaufen, werden die<br />

konstitutionsspezifischen Reaktionsmuster häufig erst im Krankheitsfall als typische<br />

pathophysiologische Prozesse mit entsprechender Symptomatik erkennbar. Und in diesem<br />

Bereich bekommen sie für den Behandler auch erst praktische Bedeutung als 'Wegweiser' für<br />

eine individuelle <strong>Konstitution</strong>stherapie. Konkret bedeutet dies, dass die <strong>Konstitution</strong>stherapie<br />

eines braunäugigen Menschen anders aussehen muss, als Die für eine Person mit blauen<br />

Augen – auch wenn diese Menschen an der gleichen Krankheit (gemäss schulmedizinischer<br />

Definition) leiden!<br />

Auch wenn es banal klingt: Die Wahrnehmung der Augenfarbe 'blau' oder 'braun' gibt also<br />

bereits – wenn auch noch sehr 'unscharfe' – Basisinformationen über die<br />

'Reaktionsprogramme' des jeweiligen Organismus! Die weiterführende Analyse der<br />

Unterkonstitutionen und der iridologischen Detailzeichen lassen diese Informationen<br />

zunehmend präzise werden.<br />

Die lymphatische <strong>Konstitution</strong><br />

Typische Zeichen in der Iris:<br />

Blaue bis blaugraue Farbe. Die Irisfasern sind zart, aber gut erkennbar und relativ homogen<br />

angeordnet, d. h., es treten wenig Strukturzeichen wie Lakunen, Krypten und Abweichungen<br />

einzelner Fasern von der radialen Verlaufsrichtung auf. Es treten in der gesamten Iris keine<br />

gravierenden Helligkeitsabweichungen auf (weder starke Aufhellungen, noch Abdunkelungen).<br />

Lediglich die Humoralzone (direkt aussen an der Krause angrenzende zirkuläre Zone, auch<br />

Blut-/ Lymphzone genannt) ist häufig etwas heller und wirkt 'verschmiert', wobei gelegentlich<br />

diskrete Pigmente (gelb – braun) aufgelagert sein können. Auch dezent hellere oder dunklere<br />

radiäre Streifen in der Ziliarzone können auftreten.<br />

Treten in einer lymphatischen Iris helle, verwischte Wolken oder Flocken in Ziliarrandnähe auf,<br />

sind dies bereits Zeichen für pathologische Reaktionsmuster des lymphatischen Systems, was<br />

als Veränderungen in Richtung lymphatisch – hyperplastischer, bzw. lymphatisch –<br />

hypoplastischer <strong>Konstitution</strong> zu bewerten ist.


Diese Iriden einer 36 – jährigen Frau entsprechen weitgehend dem Idealbild einer<br />

lymphatischen <strong>Konstitution</strong>. Folgende Zeichen lassen jedoch bereits pathophysiologische<br />

Prozesse erkennen: Der helle Magenring um die Pupille und die Zickzackkrause<br />

(hyperkinetische Zustände von Magen und Darm – humoral und motorisch), multiple Lakunen<br />

direkt an der Krause (endokrin – vegatative Labilität), leuchtend weisse Aufhellungen in der<br />

Humoralzone (lymphatische Reizzustände) und die deutlichen Auflockerungen, Lakunen und<br />

Krypten mit Reizzeichen (re bei 5:30, li bei 6:30), die auf organpathologische Prozesse im<br />

Genitalbereich (bes. Uterus) hinweisen und weiterer Abklärung bedürfen.<br />

Die humorale Situation:<br />

Zum Verständnis sind einige Basisinformationen über die Säfteentstehung, bzw.<br />

-transformation im Organismus notwendig: Die 'kalte, rohe' Nahrung wird in einem<br />

dreistufigen Assimilationsprozess (= 'Kochung'/ Coctio) schlussendlich zu 'Sanguis'<br />

umgewandelt. Nur Sanguis hat die 'warmen und feuchten' Qualitäten, die notwendig sind, um<br />

einerseits die Körpergewebe aufzubauen, bzw. zu regenerieren und andererseits die<br />

energetisch – informativen Steuerungsprozesse zu realisieren. Den anderen Kardinalsäften<br />

kommt hierbei eine stark untergeordnete Bedeutung zu, die sich auf spezielle Teilbereiche<br />

beschränkt. Dies bedeutet, dass das Ziel jeder Säfteentstehung und -transformation darin<br />

besteht, Sanguis zu erzeugen. Elementare Voraussetzung hierzu ist die Fähigkeit des<br />

Organismus, in ausreichender Menge Wärme zu produzieren, durch die die Rohnahrung<br />

'gekocht' wird, bzw. 'rohe Säfte' zu Sanguis weiter transformiert werden kann.<br />

Wärme: Nichtmaterielles, energetisches Prinzip<br />

Aktivform der Energie<br />

Dynamik, Bewegung<br />

Initiierung und Durchführung der<br />

physiologischen Funktionen jedes Gewebes<br />

Initiierung und Durchführung von Adaptions-<br />

und Abwehrprozessen<br />

TCM: YANG<br />

Feuchtigkeit: Materielles Prinzip<br />

Speicherform der Energie / Energiereserven<br />

TCM: YIN<br />

Dieser Mechanismus ist entscheidend für das Verständnis der phlegmatischen Säftesituation,<br />

die der lymphatischen <strong>Konstitution</strong> zugrundliegt, und bietet – wie wir später noch sehen<br />

werden – wichtige Ansatzpunkte für die <strong>Konstitution</strong>stherapie des Lymphatikers.<br />

Phlegma ist die etwas 'rohere' Vorstufe des Sanguis, sozusagen ein 'Zwischenprodukt' der<br />

Säftetransformation, das zwar die Feuchtigkeit, nicht jedoch das Wärmepotential des Sanguis<br />

besitzt. Die humoralen Qualitäten des Schleims sind daher als 'kalt und feucht' definiert.


Phlegma ist die physiologische Speicherform der Energie im Organismus, die einerseits in Blut-<br />

und Lymphflüssigkeit und andererseits in Form von Fettdepots vorhanden ist. Damit jedoch<br />

das im Phlegma vorhandene Energiepotential genutzt werden kann, muss es in die<br />

energetische Aktivform (= Sanguis) weiter'gekocht' werden. Das aber setzt die Existenz der<br />

dazu notwendigen Wärme voraus. Und genau hier liegt der pathophysiologische 'Knackpunkt'<br />

des Lymphatikers! Bei diesen Menschen besteht eine veranlagungsbedingte Tendenz zur<br />

Insuffizienz der Wärmeprozesse. In Bezug auf die gesundheitliche Situation eines<br />

Lymphatikers bedeutet dies: Solange er in der Lage ist, ausreichend Wärme zu produzieren,<br />

bleibt er gesund, aber je grösser ein evtl. Wärmedefizit ist, umso deutlicher entwickelt sich<br />

seine konstitutionelle Situation in eine pathologische Richtung. (Diese <strong>Konstitution</strong>stypen<br />

werden in folgenden Ausgaben der Co'med beschrieben.) Aus diesem Mechanismus kann sich<br />

ein fataler Teufelskreis entwickeln: Ein Wärmedefizit verringert die Sanguisproduktion und<br />

vermehrt das Phlegma, wodurch sich das Wärmepotential wiederum verringert .... Folge ist<br />

eine pathologische Zunahme des Phlegmaanteils im Säftehaushalt, dem sich der Organismus<br />

häufig nur – mangels eines physiologischen Ausscheidungsorgans 2 - durch katarrhalische,<br />

bzw. ekzematische Ausscheidungsprozesse entledigen kann, womit die wichtigsten<br />

Krankheitsgruppen des lymphatischen Formenkreises bereits genannt sind.<br />

Eine Steigerung der physiologischen Wärmeproduktion ist nur durch körperliche Aktivität zu<br />

erreichen, während passive Wärmezufuhr in Hinblick auf die Sanguisbildung weitgehend<br />

ineffizient ist.<br />

Ein weiteres Grundproblem des Phlegmatikers / Lymphatikers liegt in der Ernährung: Zu<br />

reichliches Essen, aber auch einige spezielle Nahrungsmittel erzeugen ein Übermass an<br />

Phlegma. In diesem Zusammenhang ist besonders zu nennen:<br />

1. Ungesäuerte Milch ('Trinkmilch') – Wesentlich unproblematischer sind Sauermilchprodukte<br />

(Quark, Joghurt, Kefir, Käse...).<br />

2. Zucker (Süssigkeiten, Limonaden!)<br />

3. Biologisch minderwertige Fette (Frittierfett, Kokosfette, Margarine)<br />

4. Weissmehlprodukte (Teigwaren!)<br />

5. Schweinefleisch (Wurst!)<br />

(in dieser Reihenfolge!)<br />

Wenn man die heutige Lebensweise vieler Menschen betrachtet, die durch körperliche<br />

Inaktivität (Schule, Schreibtischtätigkeit...) und Über- und Fehlernährung geprägt ist,<br />

verwundert es nicht, dass die lymphatisch induzierten Krankheiten stark zugenommen haben<br />

und weiter zunehmen.<br />

Die kalt / feuchten Wirk- bzw. Funktionsprinzipien des Phlegmas kommen am deutlichsten im<br />

Lymphsystem und den mit Diesem funktionell eng verknüpften Organen (v. a. alle<br />

Schleimhäute und Haut) zum Ausdruck. Auch wenn die Gleichung Lymphe = Phlegma nicht<br />

korrekt (bzw. sehr unvollständig) ist, repräsentiert die Lymphe doch den Körpersaft mit den<br />

phlegmaähnlichsten Eigenschaften. Wie bereits erwähnt, resultiert aus dieser Tatsache die<br />

Namensgebung der lymphatischen <strong>Konstitution</strong>.<br />

Funktionelle Besonderheiten der lymphatischen <strong>Konstitution</strong>:<br />

Normalerweise liegt der Flüssigkeitsdruck im Gewebe über dem in den Lymphkapillaren.<br />

Dieses Strömungspotential ist die Voraussetzung für die Resorption der lymphpflichtigen<br />

interstitiellen Flüssigkeit in die Lymphkapillaren. Die Strömung der Lymphe wird durch den<br />

Tonus des Lymphgefässes und durch Druckdifferenzen des umliegenden Gewebes<br />

('Muskelpumpe') erzeugt und aufrecht erhalten.<br />

Bei der lymphatischen <strong>Konstitution</strong> kommt es durch geringfügige Störfaktoren<br />

(Temperaturdifferenzen, Klimaveränderungen, Nahrung, immunologische Abwehrprozesse...)<br />

2 Das Problem 'Überernährung' besteht erst seit weniger als hundert Jahren. Die gesamte<br />

entwicklungsgeschichtliche Zeit davor war Nahrungsmangel und ein hoher Energieaufwand bei der<br />

Nahrungsbeschaffung die Regel. Es bestand daher überhaupt keine biologische Notwendigkeit, ein<br />

Ausscheidungsorgan für Phlegma zu entwickeln, während für die anderen Säfte physiologische<br />

Ausscheidungswege bestehen: Cholera wird von der Leber abgesondert und via Gallenwege<br />

ausgeschieden. Melancholera wird von der Milz abgesondert und via Magen ­ Darm – Trakt<br />

ausgeschieden.


zur Detonisierung der Lymphkapillaren und damit zur Stagnation des Lymphflusses. Folge ist<br />

ein 'Rückstau' in den interstitiellen Raum mit mehr oder weniger starken Ödemen. Dies ist der<br />

Hintergrund für die bei Lymphatikern häufig zu beobachtende teigige, gedunsene Konsistenz<br />

der Haut, sowie hyperplastische Zustände von Schleimhäuten, Mandeln und Lymphknoten.<br />

Hinzu kommt, dass bei der lymphatischen <strong>Konstitution</strong> die Qualität der Lymphflüssigkeit selbst<br />

verändert ist: Je geringer das zur Verfügung stehende Wärmepotential ist, umso 'kälter und<br />

zähflüssiger' wird die Lymphe, was deren Abtransport zusätzlich negativ beeinflusst.<br />

Die Abwehrstrategie des Lymphatikers liegt eher in einer defensiven Bewältigung<br />

gesundheitschädlicher Faktoren durch Bildung von Antikörpern, als in deren aggressiver<br />

Bekämpfung. Darin unterscheidet sie sich deutlich von der hämatogenen <strong>Konstitution</strong>, bei der<br />

die biologisch vorteilhaftere (wenngleich symptomatisch 'unangenehmere') aggressive<br />

Bekämpfung durch akute Entzündungsprozesse im Vordergrund steht.<br />

Personen mit lymphatischer <strong>Konstitution</strong> erkranken häufiger und es besteht eine starke<br />

Tendenz zur Chronifizierung entzündlicher Prozesse. Damit besteht auch eine Disposition zu<br />

Herdbildung mit allen focal bedingten Folgeerkrankungen (v. a. rheumatischer Formenkreis).<br />

Obwohl die lymphatische <strong>Konstitution</strong> im medizinischen Sinne (noch) nicht pathologisch ist,<br />

zeigen sich doch bereits im Kindesalter dispositionelle Tendenzen zu den typischen<br />

Krankheiten des lymphatisch – skrofulösen Formenkreises: Rezidivierende Katarrhe, wobei<br />

sämtliche Schleimhäute – auch vikariierend – betroffen sein können, Tonsillenhypertrophie,<br />

adenoide Wucherung, Lymphknotenschwellungen, Infektanfälligkeit, ekzematische<br />

Hautkrankheiten. Bei pathophysiologischer Weiterentwicklung entstehen auf dieser Basis<br />

allergische Krankheiten.<br />

Gerade bei Kindern spielt das Thema 'Lymphatismus' eine sehr zentrale Rolle: Nahezu jedes<br />

Kind (auch wenn es braune Augen hat!) reagiert als Lymphatiker! Die spezifischen, im Auge<br />

erkennbaren, konstitutionellen Faktoren kommen erst ab etwa dem 7. Lebensjahr zum Tragen<br />

und sind erst nach der Pubertät voll ausgebildet.<br />

Die grundsätzliche Bedeutung des Lymphsystems für den menschlichen Organismus kommt<br />

auch in der Tatsache zum Ausdruck, dass es entwicklungsgeschichtlich das 'ältere'<br />

Fliesssystem ist, welches noch vor dem Blutsystem entstanden ist. Auch die Tatsache, dass die<br />

Natur zwei parallele 'Entsorgungssysteme' (Lymph- und Venensystem), aber nur ein<br />

Versorgungssystem (Arterien) geschaffen hat, sollte als Beleg dafür gesehen werden, dass der<br />

Elimination von Metaboliten ein biologisch höherer Stellenwert eingeräumt wird, als der<br />

Gewebsversorgung. Man könnte es auch so interpretieren, dass für die Entsorgung kritischer<br />

Substanzen ein erhöhter natürlicher 'Sicherheitsstandard' gilt, der für die Versorgung<br />

offensichtlich nicht erforderlich ist.<br />

Eine Insuffizienz des Lymphsystems ist daher als sehr schwerwiegender pathogenetischer<br />

Faktor zu bewerten.<br />

Therapievorschläge:<br />

Auch wenn eine Therapie des Lymphatikers erst notwendig wird, wenn pathologische<br />

Entwicklungen erkennbar werden, lohnt es sich durchaus, präventive Massnahmen zu<br />

ergreifen, die vorwiegend im diätetischen Bereich 3 liegen:<br />

• Meiden der o. g. Nahrungsmittel. Ein Drittel der Nahrung sollte aus Rohkost bestehen (Obst,<br />

Salate, Gemüse). Vollkornprodukte (aber Vorsicht mit nicht - erhitztem Getreideschrot<br />

(Schrotmüsli!): Wird von vielen Personen absolut nicht vertragen. Besser: Getreideflocken.)<br />

Bei Fleisch (gut für Lymphatiker: Rind, Lamm) sollte auf Qualität geachtet werden und es<br />

sollte max. zwei Mal wöchentlich auf dem Speiseplan stehen.<br />

Sehr wertvoll: Meeresfisch (Hoher Jodgehalt!), Rote Beete, Möhren, Sellerie, Hirse, Mais<br />

Speisen sollten kräftig gewürzt werden (alles was im englischen Sprachgebrauch als 'hot'<br />

bezeichnet wird, 'erwärmt' die Speisen im humoralen Sinne). Basilikum, Thymian, Oregano,<br />

Knoblauch.<br />

3 Diätetik bedeutete im Verständnis der traditionellen Heilkunde nicht nur die Anpassung der Ernährung<br />

an die individuellen Gegebenheiten, sondern allgemein sinnvolle 'Lebensführung'.


• Aktive Bewegung an der frischen Luft regt die körpereigene Wärmeproduktion an und<br />

fördert damit die physiologische Weiterentwicklung von Phlegma in Sanguis.<br />

Ausgleichssport ist beim Lymphatiker besonders wichtig!<br />

• Abhärtung: Starke Abschirmung von Kälte fördert den Lymphatismus. Lymphatiker sollten<br />

grundsätzlich in einem ungeheizten Zimmer schlafen und – auch im Winter – das Fenster<br />

zumindest 'gekippt' haben. Bewegung draussen bei jedem Wetter!<br />

Evtl. kalte Güsse, zumindest über Arme und Beine, nach Duschen oder Baden.<br />

Phytotherapie:<br />

Hier gibt es zwei Hauptaspekte, die bei der Auswahl der zu verwendenden Pflanzen zu<br />

beachten sind:<br />

1. Anregung der Wärmeprozesse<br />

2. Lymphspezifische Wirkung (Verbesserung der humoralen Qualität der Lymphe und<br />

Tonisierung der Lymphgefässe)<br />

Ad 1.: Die Anregung der Wärmeprozesse im Verdauungstrakt ist zentraler Wirkungsansatz<br />

sämtlicher Bitterstoffdrogen. Die Tonisierung des Magens und die Stimulation der<br />

Verdauungssäfte von Magen, Pankreas, Darmdrüsen und Galle sind Voraussetzung für die<br />

'Coctio' der traditionellen Naturheilkunde und somit für die perfekte Transformation der<br />

Nahrung zu Sanguis.<br />

Auch die Weiterverarbeitung des Phlegmas zu Sanguis wird durch Bitterstoffe perfektioniert.<br />

Praktisch bewährt haben sich für diesen Indikationsbereich drei Heilpflanzen:<br />

• Acorus calamus (= Calamus aromaticus), Kalmus<br />

Offizinell: Rhiz. Calami, Tct. Calami<br />

Kalmus hat neben seiner 'kochungsfördernden' Wirkung eine direkte Lymphwirkung:<br />

"Kalmus bringt die kalte, zähe Lymphe des Kopfes zum Fliessen" (Gehirn, Lymphapparat<br />

und Schleimhäute des Kopfes)<br />

• Angelica archangelica, Erzengelwurz<br />

Offizinell: Rad. Angelicae, Tct. Angelicae<br />

Angelika hat neben ihrer 'kochungsfördernden' Wirkung eine direkte Lymphwirkung,<br />

besonders auf das Lymphsystem des Thorax. Sie wurde daher früher auch als "Brustwurz"<br />

bezeichnet.<br />

Zusätzlich gute psycho-tonisierende Wirkung.<br />

• Artemisia abrotanum, Eberraute<br />

Offizinell: Hb. Abrotani, Abrotanum Urtinktur<br />

Abrotanum hat neben seiner 'kochungsfördernden' Wirkung eine direkte Lymphwirkung,<br />

besonders auf das intestinale Lymphsystem (GALT). Damit hat er eine besondere<br />

Bedeutung bei der Behandlung der allergischen Diathese, von<br />

Lebensmittelunverträglichkeiten und -allergien, entzündliche Erkrankungen der<br />

Darmschleimhaut. (Mb. Crohn und Colitis ulcerosa sind typische skrofulöse Erkrankungen,<br />

bei der der Lymphatismus in eine stark pathologische Richtung 'entgleist' ist.)<br />

Zudem: Stabilisierende Wirkung auf das renale Lymphsystem.<br />

Ad 2.: Als 'stabilisierende Lymphmittel' sollen hier vier Pflanzen herausgestellt werden, die sich<br />

in meiner Praxis besonders bewährt haben:<br />

• Juglans regia, Walnuss<br />

Offizinell: Fol. Juglandis, Juglans Urtinktur<br />

Juglans ist eine der wichtigsten Pflanzen zur konstitutionellen Stabilisierung des<br />

Lymphsystems: Verbessert die Qualität der Lymphe und tonisiert die Lymphgefässe.


• Scrophularia nodosa, Knotige Braunwurz<br />

Offizinell: Hb. Scrophulariae, Rad. Scrophulariae, Tct. Scrophulariae<br />

Die Braunwurz dient nicht nur zur Stabilisierung, sondern ist bereits ein hochwirksames<br />

Mittel bei Krankheiten des lymphatisch – skrofulösen Formenkreises (bes.: <strong>Lymphatische</strong><br />

Hyperplasie, Infektanfälligkeit, Ekzeme)<br />

Der Name zeigt, dass diese Pflanze schon seit Jahrhunderten für diese Indikationen<br />

verwendet wurde.<br />

• Euphrasia officinalis, Augentrost<br />

Offizinell: Hb. Euphrasiae, Tct. Euphrasiae<br />

Der Augentrost hat seine Hauptindikation bei entzündlichen Augenerkrankungen (das sind<br />

meist skrofulöse Krankheiten!), ist aber mit gutem Erfolg auch als allgemeine<br />

'Lymphpflanze' bei katarrhalischen Erkrankungen der Kopfschleimhäute einzusetzen<br />

(Chron. Rhinitis, Sinusitis, Tubenkatarrh, Otitis media). Ein Versuch lohnt sich auch bei<br />

'Schleimkopfschmerzen' und Migräne (nicht im Anfall, aber als <strong>Konstitution</strong>smittel) und bei<br />

Innenohrschwindel.<br />

• Clematis recta, Aufrechte Waldrebe<br />

Offizinell: Hb. Clematidis<br />

Die Anwendung von Clematis ist wegen ihrer Giftigkeit nicht ganz unproblematisch. Es<br />

empfiehlz sich die Anwendung in homöopathisch potenzierter Form ab D3.<br />

<strong>Konstitution</strong>ell wirkendes Lymphmittel, vor allem bei lymphatisch – skrofulösen<br />

Erkrankungen des Urogenitaltraktes. (Chron. Zystitis [plus Solidago virgaurea!], Reizblase<br />

(ist häufig ein 'Ausscheidungskatarrh über die Blasenschleimhaut), Fluor albus, Adnexitis,<br />

Prostatitis (häufig skrofulöser Hintergrund)<br />

Anschrift des Autors:<br />

Friedeman Garvelmann<br />

Heilpraktiker und RHIZOMA ? <strong>Seminare</strong><br />

Hauptstr. 8<br />

D-79790 Küssaberg ? Kadelburg<br />

Tel.: 07741-2926<br />

email: f.garvelmann@rhizoma.de<br />

www.rhizoma.de

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