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Die Harnsaure Diathese (Uratdiathese) - Rhizoma Seminare

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Konstitutionsmedizin<br />

<strong>Die</strong> <strong>Harnsaure</strong> <strong>Diathese</strong> (<strong>Uratdiathese</strong>)<br />

Der Begriff '<strong>Diathese</strong>' bezeichnet einen pathophysiologischen Reaktionsmechanismus des<br />

Organismus, der bereits durch sehr schwache endo- und exogene Reize in Gang gesetzt, bzw.<br />

gehalten wird und stereotyp in immer ähnlicher Form abläuft.<br />

In diesem Sinne ist eine <strong>Diathese</strong> keine eigenständige Konstitution, sondern sie entwickelt sich<br />

auf der Basis eines Konstitutionstyps und modifiziert dessen Reaktionsmuster in typischer Weise,<br />

kann ihn manchmal sogar überlagern. Man könnte eine <strong>Diathese</strong> also als ¨konstitutionelle<br />

Komplikation¨ bezeichnen. Für die Konstitutionsdiagnostik und -therapie ist es daher notwendig,<br />

sowohl die konstitutionelle Situation, als auch die sich darauf 'aufgesetzte' <strong>Diathese</strong> zu<br />

analysieren, um beide Aspekte in das therapeutische Konzept zu integrieren.<br />

Eine <strong>Diathese</strong>, die in der täglichen Praxis eine grosse Rolle spielt ist die harnsaure <strong>Diathese</strong>. Ihre<br />

Bedeutung bei Erkrankungen des Bewegungsapparates ist weitgehend bekannt. <strong>Die</strong> Erkenntnis,<br />

dass sie aber u. a. auch in der Pathophysiologie von Herz- und Gefässkrankheiten und diversen<br />

'vegetativen Dysregulationen' massgeblich beteiligt sein kann, eröffnet zusätzliche und<br />

ergänzende Möglichkeiten für deren Therapie.<br />

Das Grundproblem der harnsauren <strong>Diathese</strong> liegt in einer Störung des Purinstoffwechsels, bei der<br />

einerseits eine vermehrte Produktion und andererseits eine reduzierte Ausscheidungskapazität für<br />

Harnsäure besteht. Je stärker die Bilanz zwischen Produktion und Ausscheidung gestört ist, umso<br />

grösser ist die Bedeutung dieses Zustandes bei der Entstehung bzw. Komplizierung von<br />

Krankheiten.<br />

<strong>Die</strong> Grafik stellt die chemischen Abbauprozesse der Aminosäuren Adenosin und Guanosin mit<br />

dem bei der <strong>Uratdiathese</strong> besonders ausgeprägten Enzymdefekt dar. Es fehlt die Urikase, unter<br />

deren Einfluss die Harnsäure zu dem leicht wasserlöslichen Allantoin synthetisiert wird (womit die<br />

meisten Säugetiere keine Probleme haben...).<br />

Das für die Pathophysiologie entscheidende Problem liegt aber nicht in der Erhöhung des<br />

Harnsäure – Spiegels im Blut, sondern vielmehr in deren Deponierung im Interstitium – besonders<br />

im Bereich bradytropher Gewebe. <strong>Die</strong>s ist als 'Sofortmassnahme' des Organismus zu sehen, mit<br />

dem Ziel, den pH-Wert des Blutes konstant zu halten – allerdings unter 'Inkaufnahme' aller<br />

Pathomechanismen, die sich aus der damit verbundenen Gewebsazidose mit Bildung von<br />

Uratkristallen ergeben.


Aus diesem Vorgang ergibt sich eine 'diagnostische Falle': Patient/innen mit harnsaurer<br />

<strong>Diathese</strong> müssen nicht zwangsläufig erhöhte Harnsäurewerte im Blut haben, da im<br />

Gewebe deponierte Harnsäure im Blut nicht nachweisbar ist. <strong>Die</strong>s ist vor allem der Fall bei<br />

asymptomatischen Patienten, bzw. bei denen die harnsäurebasierten Krankheiten in<br />

chronisch-degenerativer Form auftreten. Erst wenn es durch akute Entzündungsprozesse<br />

zur Lösung der Harnsäuredepots kommt (z. B. beim akuten Gichtanfall), wird eine<br />

Hyperurikämie manifest.<br />

Normale Harnsäurewerte im Blut sind demnach kein Ausschlusskriterium für eine<br />

<strong>Uratdiathese</strong>!<br />

<strong>Die</strong> Augendiagnose kann in solchen Fällen entscheidende Hinweise geben.<br />

Typische augendiagnostische Zeichen:<br />

<strong>Die</strong> harnsaure <strong>Diathese</strong> tritt augendiagnostisch in zwei recht unterschiedlichen Formen in<br />

Erscheinung:<br />

Typ 1: 'Schmutzig' wirkende, gelb – bräunliche ¨Verwischung¨ des gesamten Irisstromas, bes.<br />

deutlich in der Ziliarzone erkennbar.<br />

Zusätzlich treten häufig Schnupftabakpigmente oder schwarz / braune Pigmentierungen,<br />

vorzugsweise in der Humoralzone, auf.<br />

Typ 2: Leuchtend weisse Aufhellung in der Ziliarzone, bes. der Humoralzone, direkt aussen an die<br />

Krause angrenzend.<br />

Hier muss man zwischen dem ¨Phlegma-Weiss¨ und dem ¨Säure-Weiss¨ differenzieren:<br />

Vermehrte Phlegma – Ansammlungen bzw. -stockungen zeigen sich eher in wolkiger / flockiger<br />

Form und haben ein nicht 'matteres' Weiss, wie die Säurezeichen, die meist ganze Regionen<br />

einnehmen. Allerdings sind auch Kombinationen möglich (= Mit Harnsäure verunreinigtes<br />

Phlegma)<br />

Bild 1: Lymphatisch – neuropathische Konstitution<br />

mit HS-<strong>Diathese</strong>, die in den schmutzig-bräunlichen<br />

Farbverschmierungen erkennbar wird.


Bild 2: Lymphatisch – hydrogenoide Konstitution<br />

mit HS-<strong>Diathese</strong>, die als leuchtendes Weiss auf der Krause<br />

zwischen 2 und 5 Uhr und auf den Tophi erkennbar wird.<br />

Wirkprinzipien der Harnsäure:<br />

Harnsäure ist ein ausgesprochen aggressiver Reizfaktor, der im Sinne der traditionellen<br />

europäischen Naturheilkunde (TEN) eine 'Verunreinigung' der physiologischen Säfte darstellt.<br />

Dabei kann die Harnsäure sowohl die Qualitäten der Cholera (Gelbgalle) [= warm und trocken],<br />

als auch der Melancholera (Schwarzgalle) [= kalt und trocken] entfalten. In welcher Weise dies<br />

geschieht, richtet sich in erster Linie nach der individuellen konstitutionellen Situation des<br />

Patienten, die seine grundsätzliche Reaktionsweise prägt.<br />

In jedem Fall begünstigt die Harnsäure 'Trocknungsprozesse': Reduzierte Versorgung der<br />

Körpergewebe mit physiologischer Feuchtigkeit, was nach dem Verständnis der TEN nicht nur eine<br />

Störung im Wasserhaushalt bedeutet, sondern auch Mangel an 'Nahrungsenergie', die<br />

Voraussetzung für sämtliche physiologischen Gewebsfunktionen, incl. Abwehr- und<br />

Regenerationsprozesse ist. Das so entstehende Defizit an Energiereserven ist verantwortlich für<br />

chronisch-degenerative Krankheitsverläufe und Heilungsblockaden. Ein ganz typisches Beispiel<br />

hierfür ist die Epicondylitis humeri (¨Tennisellbogen¨): <strong>Die</strong>se wird meist ausgelöst durch eine<br />

temporäre Überbelastung, heilt dann aber nicht mehr spontan aus, sondern nimmt einen<br />

chronischen Verlauf mit der bekannten Therapieresistenz. 'Schuld' an diesem Verlauf ist nicht<br />

selten eine harnsaure <strong>Diathese</strong>. Ähnlich verhält es sich bei der Entstehung von Arthrosen: In<br />

vielen Fällen setzen Traumata (Sturz, Überlastung) die degenerativen 'Abnutzungsprozesse' in<br />

Gang, deren tieferer Hintergrund aber in der harnsäurebedingten Regenerationsstörung zu<br />

suchen ist 1 . Auch der Mangel an Synovialflüssigkeit ist Ergebnis des Trockenheitsprinzips der HS.<br />

Eine weitere Analogie findet man bei degenerativen Discopathien. <strong>Die</strong> Aufzählung liesse sich<br />

beliebig fortsetzen...<br />

Auch die in der TEN als 'Kristallose' bezeichnete Neigung zur Steinbildung (v. a Nieren- und<br />

Gallensteine), sowie Ablagerung von Uratkristallen sind Ergebnisse der 'trockenen' humoralen<br />

Qualität der HS.<br />

Bei einer konstitutionellen Tendenz zu cholerischer (gelbgalliger) Reizbeantwortung wirkt die HS<br />

als 'heisser' Reizfaktor: Akute Entzündungsprozesse, hyperkinetische Syndrome der Hohlorgane,<br />

Dysregulationen der Gefässdynamik, sowie nervale Reizzustände sind häufig auftetende Folgen.<br />

<strong>Die</strong> Krankheiten werden im Detail w. u. noch beschrieben.<br />

Eine konstitutionell melancholische (schwarzgallige) Grundsituation hingegen führt dazu, dass die<br />

Harnsäure die Dynamik physiologischer Lebensprozesse reduziert, was in Form von<br />

'Reaktionsstarre' und insuffizienten Abwehrprozessen (chronische Verlaufsformen) zum Ausdruck<br />

kommt und schlussendlich Degeneration in jeder Form begünstigt.<br />

1 <strong>Die</strong> aus der Technik übernommene Vorstellung einer mechanischen Abnutzung ist auf einen<br />

lebendigen Organismus nicht übertragbar – jedenfalls nicht auf einen Gesunden. Nur ein<br />

Missverhältinis zwischen Zellabbau und Regeneration erklärt die Degeneration. Schon die<br />

Tatsache, dass es viele Senioren gibt, die keine arthrotischen Veränderungen entwickeln,<br />

zeigt, dass ¨Abnutzung¨ kein zwangsläufiger Alterungsprozess ist, sondern erst aufgrund<br />

pathogenetischer Faktoren – wie der harnsauren <strong>Diathese</strong> – entsteht.


Wie bei jeder Retention ausscheidungspflichtiger Substanzen, können auch bei der HS-<strong>Diathese</strong><br />

Ekzeme und Katarrhe entstehen, die als Kompensationsmechanismen für die insuffiziente<br />

Ausscheidung durch die physiologischen Ausscheidungsorgane zu interpretieren sind. In diesem<br />

Zusammenhang sind häufig Magenschleimhautentzündungen mit oder ohne Ulcus (als Stauungs-,<br />

oder Ausscheidungsgastritis), Reizdarmsyndrome, Zystitis ('Reizblase'), aber auch Bronchitiden zu<br />

beobachten.<br />

In Stichworten ist das<br />

¨Thema¨ der Pathophysiologie: Überreizung, Entzündung, Kristallose<br />

Dabei stehen die folgenden drei Organbereiche im Zentrum der Krankheitsentstehung:<br />

Gelenke Blutgefässe Nervensystem<br />

Akute, subakute,<br />

chronische<br />

Entzündungen von<br />

Gelenken und<br />

periartikulären Geweben<br />

Wirbelsäulen - Syndrome<br />

Degenerative Prozesse<br />

„Ausheilungsblockade“<br />

( z. B. nach Traumata )<br />

arteriell<br />

Tonusvermehrung<br />

Kongestionen<br />

Hypertonie<br />

Hyperkinetische<br />

Herz- und<br />

Gefässsyndrome<br />

venös<br />

Tonusverminderung<br />

Plethora<br />

Varikosis<br />

„Vegetative Dysregulation“<br />

Unruhezustände / Gereiztheit<br />

Schlafstörungen<br />

Depressive Verstimmung<br />

Kopfschmerzen / Migräne<br />

Prämenstruelles Syndrom<br />

Neuralgien<br />

<strong>Die</strong> Mechanismen der <strong>Uratdiathese</strong> bei rheumatischen Erkrankungen ("Gelenkgicht") wurde oben<br />

bereits beschrieben.<br />

Zusammenfassend einige für die <strong>Uratdiathese</strong> typische Krankheiten, bzw. Symptome:<br />

• Arthritis urica (Nicht nur am Grosszehengrundgelenk, sondern kann grundsätzlich an jedem<br />

Gelenk auftreten)<br />

• 'Wirbelsäulensyndrome'<br />

• Ischias- und andere Neuralgien (Als radikulärer Reizzustand, aber auch durch HS-bedingte<br />

Hyperreaktivität des Nervs [s. u.])<br />

• Arthrosis deformans<br />

• Schwellung und Steifheitsgefühl der Hände (bes. morgens)<br />

<strong>Die</strong> im Folgenden beschriebenen Pathomechanismen wurden in der traditionellen Naturheilkunde<br />

als "Eingeweidegicht" oder "unentwickelte Gicht" bezeichnet.<br />

Im Bereich des Herz-Gefässsystems ist ist die unterschiedliche Reaktionsweise der Blutgefässe<br />

auf den Harnsäure – Reiz interessant: Während der arterielle Schenkel mit Tonuserhöhung<br />

reagiert, was bis zum Spasmus gehen kann, kommt es im venösen Bereich zur Dilatation.<br />

Arterielle Kongestion kombiniert mit passiven venösen Abflussstörungen ergibt Stauungszustände<br />

im Kapillarbereich, durch die sowohl die Versorgung des betroffenen Gewebes, als auch die<br />

Entsorgung interstitieller Metaboliten eingeschränkt wird. <strong>Die</strong> draus resultierende Blockade der<br />

interstitiellen Transitstrecke schränkt einerseits die Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen ein<br />

und erschwert andererseits die neuralen und hormonellen Regelfunktionen. Beides schränkt die<br />

Leistungsfähigkeit und die Regelungs- und Adaptionsfähigkeit des betroffenen Gewebes erheblich<br />

ein, und kann in extremen Fällen sogar zur Umschaltung auf einen anaeroben 'Notstoffwechsel'


führen, der wiederum eine gesteigerte Produktion saurer Metaboliten zur Folge hat. Aus diesen<br />

Mechanismen kann sich ein Circulus vitiosus entwickeln, der u. a. in der Pathogenese von<br />

Herzinfarkt und Apoplexie eine zentrale Rolle spielt, wie die Forschungen von Dr. med. Berthold<br />

Kern belegen 2 .<br />

Direkt erkennbar sind die vaskulären Harnsäurewirkungen an folgender Symptomatik:<br />

• Hypertonie<br />

• Kongestive Zustände des Kopfes: Kopfdruck, -schmerzen, Schwindelgefühle, Ohrgeräusche<br />

• Funktionelle Gefässpasmen (z.B. Mb. Raynaud)<br />

Analog dazu sind hyperkinetische Herzsyndrome typisch für die <strong>Uratdiathese</strong>:<br />

• Verstärkte Herzdynamik mit oder ohne Tachykardie ("Herz klopft bis zum Hals")<br />

• Paroxysmale Tachykardie<br />

• Stenokardie<br />

Im venösen Bereich führt die <strong>Uratdiathese</strong> zu folgenden Krankheitszuständen, die funktionell und<br />

mit organischen Befunden auftreten können:<br />

• Abdominalplethora (Latente oder manifeste Pfortaderstauung)<br />

Wichtige irisdiagnostische Zeichen: Krausenektasierung generell oder in den Sektoren der<br />

Bauchorgane; Transversalen, bes. Leber-, Nieren- und Milzsektor<br />

• Kleinbeckenplethora (Mögliche Folgen: Stauungszystitis mit Symptomatik der 'Reizblase';<br />

Hypermenorrhoe; Myome; Prostatitis; Prostatahypertrophie<br />

• Plethora in den (klappenlosen) Vertebralvenen der LWS (-> hartnäckig rezidivierende<br />

lumbale Wurzelreizsyndrome und Lumboischialgiesyndrome)<br />

<strong>Die</strong>ser Pathomechanismus ist relativ häufig! Daher sollte an diese Möglichkeit diagnostisch<br />

immer gedacht werden, wenn Röntgen / CT / MRT keine Befunde zeigen, die die Schmerzen<br />

plausibel erklären, bzw. bei hartnäckiger Therapieresistenz.<br />

Achten Sie auf die bei 'Abdominalplethora' iridologischen Zeichen!<br />

• Varikose; Phlebitis; Thrombosen; Hämorrhoiden<br />

<strong>Die</strong> pathogenetischen Wirkungen der Harnsäure auf Nervengewebe stellt ein häufiges, aber in<br />

vielen Fällen unerkanntes Problem der HS <strong>Diathese</strong> dar. <strong>Die</strong> in der obigen Tabelle aufgeführten<br />

Symptome werden daher häufig als 'psychosomatische Störungen' fehldiagnostiziert – und auch<br />

so behandelt.<br />

Es handelt sich dabei durchweg um Reizzustände, die alle Bereiche des Nervensystems<br />

(Vegetativum, sensibles und motorisches NS) betreffen können und so zu einer grossen Vielfalt<br />

unspezifischer Beschwerdebilder führen können.<br />

Ein häufig geschildertes Symptom ist innere Unruhe: "Ich habe das Gefühl, in meinem Bauch<br />

vibriert es, ich weiss aber nicht, wieso...", oft verknüpft mit Gereiztheit und<br />

Überforderungsgefühlen. Auch bei Phobien sollte man an die Harnsäure als pathogenetischen<br />

Kofaktor denken. Ein- und Durchschlafstörungen, bzw. oberflächlicher, unruhiger und wenig<br />

erholsamer Schlaf zeigen, wie stark diese Patienten 'unter Strom stehen' und nicht 'abschalten'<br />

können. Hält ein solcher Zustand über längere Zeit an, ist auch eine Entwicklung in Richtung<br />

Depression möglich.<br />

Migräne und unterschiedliche Arten von Kopfschmerzen können auf der Basis zweier<br />

harnsäureinduzierter Pathomechanismen entstehen: Einerseits als Folge der bereits<br />

beschriebenen Störungen der Gefässdynamik, die zu kongestiven und plethorischen Zuständen<br />

im Kopf mit der Folge perivasaler Ödeme führen, und andererseits durch die direkte Reizung des<br />

Nervengewebes.<br />

<strong>Die</strong>se Mechanismen können auch Hintergrund von Neuralgien sein – unabhängig von deren<br />

Lokalisation. Selbst wenn organische Veränderungen, wie Spinalwurzelkompression (z. B. Ischias-,<br />

Intercostalneuralgie) oder Zahnwurzelabszesse oder Sinusitiden (z. B. Trigeminusneuralgie) als<br />

primärer Auslöser nachweisbar sind, kann dennoch die Harnsäure als 'Verstärkungsfaktor', bzw.<br />

Heilungsblockade eine Rolle im multikausalen Ursachennetz spielen. <strong>Die</strong> Erfahrungen des Autors<br />

zeigen, dass bei Neuralgiepatienten fast ausnahmslos eine <strong>Uratdiathese</strong> besteht.<br />

2 Eine sehr umfassende Sammlung von Arbeiten zu diesem Thema hat der Kollege Wolf-<br />

Alexander Melhorn auf seiner Webseite zusammengetragen:<br />

www.melhorn.de/Strophplaedoyer/


Ein weiteres Beispiel für einen Sympomenkomplex mit multikausalem Hintergrund ist das<br />

Prämenstruelle Syndrom (PMS). <strong>Die</strong> primär hormonell bedingten vegetativen Dysregulationen und<br />

Stimmungsschwankungen an den Tagen vor Menstruationsbeginn werden durch die HS-<strong>Diathese</strong><br />

deutlich verstärkt. Bei vielen betroffenen Frauen bekommt auch erst die Kombination der<br />

zyklischen Hormonschwankungen mit einer Harnsäurebelastung pathogenes Potential. In solchen<br />

Fällen kann die Therapie der harnsauren <strong>Diathese</strong> die Beschwerden deutlich reduzieren.<br />

In der Bildung von Harnsäuresteinen kommt die 'Kristallose'-Tendenz der <strong>Uratdiathese</strong> sehr<br />

deutlich – und äußerst schmerzhaft - zum Ausdruck.<br />

Als Spätfolge der HS-<strong>Diathese</strong> sind Uratablagerungen im Nierenmark bekannt, die zu interstitieller<br />

Nephritis mit nephrotischer Degeneration führen können ("Gichtniere")<br />

<strong>Die</strong> Therapie sollte zwei grundsätzliche Ziele verfolgen:<br />

1. Reduktion der HS – Produktion<br />

2. Anregung der Elimination über die Niere.<br />

Für Punkt 1. sind Umstellungen in der Ernährung notwendig: Deutliche Einschränkung des Fleisch-<br />

und Wurstkonsums, insbesondere von Innereien und Wild. Dauerhaftes Ziel sollte eine vielseitige<br />

Ernährung mit Gemüse, Sauermilchprodukten und Obst sein. Obwohl die exogene Harnsäure aus<br />

der Nahrung nur ca. 10% beträgt, kann eine sinnvolle Diät doch entscheidend dazu beitragen, die<br />

Kompensationsfähigkeit des Organismus zu erhalten, bzw. wiederzugewinnen und damit<br />

Symptomfreiheit zu erreichen. Zudem fördert dauernde Fehlernährung die Produktion endogener<br />

Harnsäure, was in besonderm Masse für alkoholische Getränke, Nikotin und Zucker<br />

(Süssigkeiten!) gilt. Überforderungs- und Streßsituationen begünstigen ebenfalls die <strong>Uratdiathese</strong>.<br />

Mit den unten aufgeführten Arzneien stehen weitere Möglichkeiten zur Reduktion der HS-<br />

Produktion zur Verfügung.<br />

Zu 2.: Elementare Voraussetzung für eine gesteigerte renale Ausscheidung der Harnsäure ist eine<br />

Flüssigkeitszufuhr von ca. 2 l / Tag 3 beim Erwachsenen. Steht diese 'Spülflüssigkeit' nicht in<br />

ausreichender Menge zur Verfügung, können durch Heilpflanzen oder Homöopathika aus den<br />

interstitiellen Depots gelöste Harnsäuren nicht augeschieden werden und werden rasch an<br />

anderem Ort wieder abgelagert. Eine Symptomatik der 'umherziehenden Schmerzen' kann auf<br />

diesem Mechanismus beruhen!<br />

<strong>Die</strong> Forderung nach einer vermehrten Trinkmenge kann ideal durch Verordnung von<br />

Teemischungen realisiert werden. Aus diese Weise schlägt man sogar 'zwei Fliegen mit einer<br />

Klappe': Pflanzentherapeutische Therapieimpulse plus Flüssigkeitszufuhr. (Rezeptvorschläge<br />

folgen w. u.)<br />

Vorschläge zur Konstitutionsttherapie:<br />

Heilpflanzen:<br />

Berberis vulgaris – Berberitze / Sauerdorn<br />

<strong>Die</strong> Berberitze hat eine zentrale Bedeutung bei der Behandlung der <strong>Uratdiathese</strong>. Sie ist indiziert<br />

beim Hepatorenalen Syndrom. D. h., sie 'koordiniert' die Zusammenarbeit von Leber und Niere<br />

und verbessert auf diese Weise die Fähigkeit der Leber, die HS in für die Nieren ausscheidbare<br />

Form zu bringen.<br />

Bekannt ist Berberis auch als Konstitutionstherapeutikum bei Gallen- und Nierensteinen.<br />

<strong>Die</strong> (im humoralmedizinischen Sinne) kühlende Qualität dieser Pflanze (kalt und trocken im 2.<br />

3 Häufig werden auch grössere Trinkmengen empfohlen. Wie bei allen Diätempfehlungen sollte<br />

man dabei aber pragmatisch bleiben und sich an dem Machbaren orientieren, denn es muss<br />

erreicht werden das die Betroffenen sich dauerhaft angewöhnen, mehr zu trinken. 'Verlangt'<br />

man dabei zu viel, wird vielleicht über ein paar Tage viel getrunken und dann kehrt der Patient<br />

zu seinen Gewohnheiten zurück, denn interessanterweise neigen gerade HS-Patienten häufig<br />

dazu, ausgesprochen wenig zu trinken und die geringe Menge dann auch noch in Form von<br />

Kaffee...


Grad) dämpft 'hitzige' hyperkinetische und akut entzündliche Prozesse im Organismus, wie sie<br />

oben beschrieben wurden und leitet übermässige und 'verunreinigte' Feuchtigkeit aus.<br />

Verwendungsformen: Frct. Berberidis (Optimal als Kaltauszug, aber auch Infus möglich.)<br />

Berberis Urtinktur<br />

Berberitzenfrüchte eignen sich gut als Teedroge in Mischungen. Sie geben dem wässrigen Auszug<br />

einen angenehm erfrischenden säuerlichen Geschmack.<br />

Salix spec. - Weide (verschiedene Arten)<br />

<strong>Die</strong> kühlende Wirkung der Weidenrinde dämpft akute Arthritiden durch Ausleitung der<br />

Harnsäuren. Weitere Indikationen sind Fieberzustände und Neuralgische Schmerzen.<br />

Verwendungsformen: Cort. Salicis (Optimal als Kaltauszug, aber auch Infus möglich.)<br />

Salix Urtinktur<br />

Spezialtitäten, wie z. B. Assalix (Bionorica), Rheumatab Salicis<br />

(Schuck), Salix Bürger (Ysatfabrik), Assplant (Robugen)<br />

Spiraea ulmaria (=Filipendula ulmaria) – Mädesüss<br />

Neben ihrer allgemeinen harnsäureausleitenden Wirkung ist das Mädesüss schwerpunktmässig<br />

bei den beschriebenen harnsäurebedingten Gefässfehlregulationen indiziert. Ihre (erst in jüngerer<br />

Zeit beschriebene) durchblutungsfördernde Wirkung ist auf diesen Wirkmechanismus<br />

zurückzuführen. <strong>Die</strong>s bedeutet aber auch, dass sie nicht bei allen Durchblutungsstörungen<br />

wirksam ist, sondern nur bei harnsäurebedingten kongestiven oder plethorischen Zuständen.<br />

(<strong>Die</strong>se notwendige Differenzierung, ist bei der phytotherapeutischen Bewertung dieser Pflanze<br />

nach klinischen Kriterien leider 'unter den Tisch' gefallen!)<br />

Verwendungsformen: Flor. Spiraeae, = Flor. Filipendulae (Infus)<br />

Hb. Spiraeae, = Hb. Filipendulae<br />

Spiraea Urtinktur<br />

Ein sehr bewährtes Gefäss - Präparat, das (neben Arnica, Cimicifuga, Melilotus und Ruta grav.) die<br />

Spiraea enthält, ist das Capillaron (Madaus)<br />

Urtica dioica / urens – Brennessel<br />

<strong>Die</strong> Brennessel gehört zu den alten antidyskratischen Heilpflanzen mit 'blutreinigender' Wirkung.<br />

(Eigentlich sollte man - präziser - von 'gewebsreinigender' Wirkung sprechen)<br />

Urtica mobilisiert interstitielle HS- Ablagerungen und fördert deren Ausscheidung über die Niere<br />

und ist damit ein wichtiges Basismittel für die HS-<strong>Diathese</strong>.<br />

Besonders günstig wirkt sie bei akuten und chronischen Gelenkentzündungen und<br />

Hautausschlägen (= Ersatzausscheidung für HS)<br />

Zusätzlich hervorzuheben ist die anregende Wirkung der Brennessel auf die Blutbildung und die<br />

Verbesserung der Blutqualität (= Sanguisqualität) im humoralmedizinischen Sinne. Damit ist sie<br />

eine Heilpflanze ersten Ranges bei konstitutionellen Anämien ('Chlorose').<br />

Verwendungsformen: Hb. Urticae<br />

Tct. Urticae<br />

Extr. Urticae fluid. (u. a. m.)<br />

Brennesseltee sollte vor jeder Einnahme frisch zubereitet werden, da er rasch 'jauchig' riecht und<br />

schmeckt. Er kann daher nicht auf Vorrat zubereitet werden.<br />

Eine interessante Anwendungsform für die Selbsttherapie ist das absichtliche Berühren (Schlagen)<br />

der Haut über schmerzhaften Gelenken oder Muskelpartien mit Brennesselkraut ('Urtikation'). Der<br />

Wirkmechanismus und die Hautreaktion ist mit dem Baunscheidtverfahren vergleichbar, es


kommt aber (im Vergleich zu den üblichen histaminhaltigen Baunscheidtölen 4 ) zu wesentlich<br />

heftigerer Quaddelbildung mit Juckreiz, der viele Stunden anhält und ist daher nur für 'zähe<br />

Naturen' geeignet.<br />

Betula alba – Birke<br />

Auch die Birke fördert die Lösung interstitieller HS-Kristalle und deren Elimination durch die<br />

Nieren. Hinzu kommt eine ausgeprägte aquaretische Wirkung.<br />

Indikationen: Akute und chronisch-degenerative Gelenkerkrankungen, chronische Ekzeme und<br />

Hautunreinheiten, sowie Nephrolithiasis.<br />

Verwendungsformen: Fol. Betulae (Infus)<br />

Tct. Betulae<br />

Frischsaft<br />

Birkenblätter eignen sich gut in Drogenmischungen.<br />

Bei der Konstitutionsbehandlung der HS-<strong>Diathese</strong> ist häufig ergänzend eine Tonisierung des<br />

Magens notwendig, um einerseits die enzymatischen Verdauungsprozesse direkt und indirekt zu<br />

optimieren, und um andererseits die Produktion von Na-Hydrogencarbonat anzuregen. <strong>Die</strong>se<br />

basische Puffersubstanz entsteht 'parallel' zur Salzsäureproduktion in den Belegzellen der<br />

Magenschleimhaut und wird ins Blut abgegeben.<br />

<strong>Die</strong>se essentiellen Magenfunktionen können mit Bitterstoffpflanzen angeregt werden: Acorus<br />

calamus, Angelica archangelica, Centaurium umbellatum, Gentiana lutea, Artemisia absinthii und<br />

vulgaris, Imperatoria ostruthium u. a. m.<br />

Für den Irisdiagnostiker ist die Insuffizienz der Magenfunktionen relativ leicht an einer<br />

abgedunkelten Krausenzone und / oder einem dunklen Begleitschatten um die Pupille zu<br />

erkennen. Auch generelle und sektorale Krausenektasierungen weisen auf eine Magenatonie hin,<br />

die immer auch an eine unzureichende Produktion der Magensäfte geknüpft ist.<br />

Homöopathika:<br />

Lycopodium D4 oder höher<br />

Chronische Dyspepsie mit Meteorismus und daraus resultierender Leberüberlastung. Dyscholie,<br />

(latente) Pfortaderstauung. Konzentrierter, stark riechender Urin mit Sedimenten (Kristallose)<br />

Colchicum D4 oder höher<br />

Akute und chronische Arthritiden und Periarthritiden auf Harnsäurebasis<br />

Formica rufa D4 oder höher<br />

Konstitutionelles Umstimmungsmittel bei katarrhalischen und ekzematischen<br />

Ersatzausscheidungen, starker Pruritus. Wandernde Schmerzen im Bewegungsapparat.<br />

Acid. benzoicum D4 oder höher<br />

Schleimhautreizungen, bes. Magen, Blase, Prostata. Gelenkschmerzen mit HS-Kristall-<br />

Ablagerungen.<br />

Ammonium phosphoricum D4 oder höher<br />

Wichtiges Basismittel bei <strong>Uratdiathese</strong>. Akute und chronische Schmerzen der Gelenke und<br />

Muskulatur, WS-Syndrome, Neuralgien.<br />

Ledum D4 oder höher<br />

Gelenk- und Rückenschmerzen mit Steifheitsgefühl, rezidivierend. Feste, kalkartige Ablagerungen<br />

4 Z. B.: Baunscheidt-ÖL BZ, Coradol-Pharma, Tel. 02238-940251, info@coradol.de,<br />

www.coradol.de.<br />

Eine weitere Rezeptur für die Herstellung eines Baunscheidtöls in einer Apotheke kann beim<br />

Autor angefordert werden.<br />

Weitere Informationen zum Baunscheidt – Verfahren: www.baunscheidt.org


in den Geweben. Verschlechterung der Beschwerden durch (Bett)Wärme.<br />

Schüssler'sche Biochemie:<br />

Natrium phosphoricum D6<br />

„Hält HS in Lösung“<br />

Natrium sulfuricum D6<br />

„Fördert interstitielle Reinigung“, dämpft cholerische Schärfen<br />

Silicea D12<br />

„Kanalisiert das Bindgewebe“ - Aktiviert den lymphatischen Abtransport und das gewebsständige<br />

Immunsystem.<br />

Einige Spezialitäten:<br />

Berberis Kpl. Nestmann Tropfen<br />

HS-bedingte Gelenk- und Rückenschmerzen, auch mit neuralgischem Charakter<br />

Urtica Kpl. Nestmann Tropfen<br />

Degenerative Gelenkerkrankungen auf HS-Basis.<br />

Mundipur spag. Pekana<br />

Interstitielle Verschlackung, HS-<strong>Diathese</strong><br />

Natr. carbon. Oligoplex Madaus<br />

Rheumat. Beschwerden auf HS-Basis<br />

Darüber hinausgehend enthalten die Komplexmittelreihe von Nestmann und die Oligoplexreihe<br />

von Madaus einige sehr sinnvoll zusammengestellte Präparate, die hier nicht im Einzelnen<br />

aufgeführt werden können. In den entsprechenden Firmenkompendien werden sie zwar organ-,<br />

bzw. symptomorientiert beschrieben, entfalten ihre Wirkung jedoch vorwiegend über<br />

konstitutionelle Ansätze im Sinne der TEN.<br />

Rezepturvorschläge:<br />

Frct. Berberidis<br />

Hb. Virgaureae<br />

Fol. Betulae<br />

Frct. Foeniculi cont. aa ad 100.0<br />

M. f. spec.<br />

DS: 3-4 Tassen täglich als Kaltauszug (evtl. auch als Infus)<br />

Ind.: Allgemeine Anregung der HS-Ausscheidung über die Nieren.<br />

Frct. Berberidis<br />

Hb. Agrimoniae<br />

Hb. Alchemillae<br />

Fol. Melissae aa ad 100.0<br />

M. f. spec.<br />

DS: 3 Tassen täglich als Infus<br />

Ind.: Vegetative Dysregulation auf HS-Basis


Lycopodium D6 dil. 20.0<br />

Berberis Urtinktur 50.0<br />

Tct. Fumariae 30.0<br />

M. f. dil.<br />

DS: 3 x tgl. 25 Tr. v. d. E.<br />

Ind.: HS-<strong>Diathese</strong> mit hepatorenalem Syndrom und Dyspepsie<br />

Anschrift des Autors:<br />

Friedeman Garvelmann<br />

Heilpraktiker und RHIZOMA – <strong>Seminare</strong><br />

Hauptstr. 8<br />

D-79790 Küssaberg – Kadelburg<br />

Tel.: 07741-2926<br />

email: f.garvelmann@rhizoma.de<br />

www.rhizoma.de

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