auch als PDF runterladen - Film & TV Kameramann
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Special<br />
Krisen- und Kriegsberichterstattung<br />
feuern, will man sich unweigerlich auf den<br />
Boden stürzen.<br />
»Ist das nicht alles übertrieben«, fragen<br />
manche, die Rollenspiele und Demonstrationen<br />
echter Waffen und Explosionen Die Realität<br />
gibt Antwort: Am Freitag vor Lehrgangsbeginn<br />
wird in Syrien der Kriegsreporter James<br />
Foley, ein <strong>Kameramann</strong>, entführt. Bis Redaktionsschluss<br />
dieser Ausgabe, das heißt nach 60<br />
Tagen, ist er noch immer nicht wieder in Freiheit.<br />
Nur fünf Tage später, es ist der zweite Lehrgangstag,<br />
warnt eine Rundmail des Hamburger<br />
»Jede Situation ist anders. Wir können Ihnen<br />
nur Handlungsanleitungen geben.« Es geht<br />
darum ein Gefühl dafür zu entwickeln,<br />
welches Verhalten das Richtige sein könnte.<br />
Journalistenzentrums vor den Gefahren beim<br />
Einsatz in Krisengebieten. Unmittelbarer Anlass:<br />
Im Gazastreifen sind wieder zwei Journalisten<br />
ums Leben gekommen – zwei Kameraleute.<br />
Also: Der 3. Ausbildungstag. Thema: Geiselnahme.<br />
In Krisengebieten wie Afghanistan<br />
eine regelrechte Industrie – und sehr lukrativ.<br />
Ähnliches gilt für den Irak, aber <strong>auch</strong> für Mittelund<br />
Südamerika sowie Teile des afrikanischen<br />
Kontinents.<br />
Wie laufen Geiselnahmen ab Opfer sind<br />
meist Zivilisten, Mitarbeiter von NGOs. Und<br />
Journalisten. Wo liegen die Gefahren Was tun,<br />
wenn es einen erwischt Deeskalieren sei die<br />
Devise, erklären Dewenter<br />
und Truppenpsychologe Florian<br />
Nasterlack noch im warmen<br />
Unterrichtsraum. Die<br />
Ruhe bewahren, keine Aggressionen<br />
provozieren, mit<br />
den Kräften haushalten. Die<br />
Wahrheit sagen in allen Punkten,<br />
die die Geiselnehmer im<br />
Internet überprüfen können.<br />
Sich wertvoll machen. Journalisten<br />
sind wertvoll, genauso<br />
Geiseln mit Familie. Am besten<br />
man ist beides – je höher<br />
das mögliche Lösegeld, desto<br />
höher die Überlebenschancen.<br />
Man darf sich nicht verausgaben,<br />
muss dem Stress standhalten, der<br />
Angst. Entspannung sei das A und O. »Machen<br />
Sie sich klar:«, sagt Dewenter mehrm<strong>als</strong>, »Sie<br />
sind zwar eine Geisel, aber Sie sind noch am<br />
Leben!« Um Lösegeld zu bekommen, müssen<br />
die Geiseln am Leben bleiben. Das wüssten die<br />
Geiselnehmer ganz genau. Tot sei man wertlos.<br />
Die Übung zur Geiselnahme werde heftig,<br />
deutet der Offizier vage an. Sie ist der Höhe -<br />
punkt des Lehrganges. Hier sollen wir alles einsetzen,<br />
was wir gelernt haben. Wenn sie über<br />
unserer Kräfte gehe, sollten wir unseren Entführern<br />
das Wort »Exit!« zuflüstern,<br />
am besten dreimal.<br />
Dann sei der Spuk für uns vorbei.<br />
Schämen bräuchten wir<br />
uns dafür nicht. »Wir wollen<br />
niemanden traumatisieren!«,<br />
betont der Offizier. Selbst<br />
wenn wir aus der Übung ausstiegen, hätten wir<br />
schon eine ganze Menge gelernt, vor allem<br />
über uns selbst.<br />
Stunden später. Bei ständigem Nieselregen<br />
haben wir eine irreguläre Straßensperre hinter<br />
uns gebracht, eine gute Gelegenheit für eine<br />
Geiselnahme. Nichts. Danach ein regulärer<br />
Checkpoint. Keine bandenartige Miliz, sondern<br />
reguläre Truppen hinter Betonbarrikaden,<br />
einheitlich bewaffnet und uniformiert,<br />
barsch im Auftreten, aber diszipliniert. Man<br />
will uns gerade weiterfahren lassen, wir entspannen<br />
uns wieder, da krachen Schüsse. Reflexartig<br />
finden wir uns auf dem Boden. Ein<br />
heftiges Feuergefecht bricht los, lässt uns im<br />
Beim Lehrgang in Hammelburg werden Journalisten unter Feuer<br />
genommen. Sich hinwerfen, orientieren, noch bessere Deckung<br />
suchen, heißt es in solchen Momenten.<br />
Foto: Ian Umlauff<br />
3 FILM & <strong>TV</strong> KAMERAMANN · 20. Februar 2013