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auch als PDF runterladen - Film & TV Kameramann

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Special<br />

Krisen- und Kriegsberichterstattung<br />

besten unsichtbar und lautlos sollten wir versuchen,<br />

unser Ziel zu erreichen. Was wir aber tun,<br />

ist das Gegenteil. Eine lärmende Grundschulklasse<br />

bei der Nachtwanderung, kommt es mir<br />

in den Sinn, krakeelende Feuermelder! Hallo,<br />

Hinterhalt, hier sind wir!<br />

Vorhandene Sachkenntnisse zusammenzubringen<br />

klappt nicht immer, erklärt uns<br />

Bischof später. Ein Anführer sollte die Kompetenzen<br />

der anderen nutzen, sagt er uns, und<br />

dass wir an keinem Heckenschützen ungeschoren<br />

vorbeigekommen wären, so laut und<br />

hell erleuchtet, wie wir herumgelaufen sind.<br />

Beim Jornalistenlehrgang im VN Ausbildungszentrum in Hammelburg, die von Oberstleutnant Volker<br />

Dewenter (links) geleitet wird: ein Hauptfeldwebel erklärt, wo man in einem Gebäude am besten Schutz<br />

sucht, und Truppenpsychologin Simone Weyand spricht über das Verhalten in einer Entführungssituation.<br />

Unser Weg führt quer durch Bonnland,<br />

dem Übungsdorf mitten auf dem 4.000 Hektar<br />

großen Truppenübungsplatz. Im Übungsszenario<br />

gehört es zu Nordrhönland, einer der<br />

kriegführenden Parteien, und ist uns Journalisten<br />

potentiell feindlich gesinnt. Trotzdem sollen<br />

wir da durch, bestätigt Bischof. Wieder<br />

machen wir diverses f<strong>als</strong>ch, versammeln uns<br />

mitten auf der Straße, deutlich sichtbar unter<br />

der einzig funktionierenden Straßenlaterne im<br />

Ort, laut debattierend, wohin es nun weiter -<br />

gehen soll. Schließlich, nach nur fünfeinhalb<br />

Kilometern Fußmarsch, erreichen wir ein<br />

»Hotel«. Vielen von uns kam der Fußmarsch viel<br />

länger vor. Mobile Truppenküche, Feldbetten,<br />

vor Türen und Fenster genagelte Wolldecken. Je<br />

mehr Zeit vergeht, desto mehr erwarten wir geradezu<br />

den »Zugriff«, Phase 1 der Entführung,<br />

wie wir gelernt haben. Die Übungskünstlichkeit<br />

lässt erneut grüßen.<br />

Aber sie lässt auf sich warten, die Phase 1.<br />

Bis zum nächsten Morgen, <strong>als</strong> das »Hotel« von<br />

schwerbewaffneten Maskierten gestürmt wird.<br />

Im größten Raum werden wir hastig zusammengepfercht,<br />

bekommen die Augen verbunden.<br />

Jetzt beginnt es <strong>als</strong>o, unser kleines<br />

Martyrium. Wir werden herumgestoßen, in<br />

einen Bus verfrachtet, herumgekurvt. Phase 2.<br />

So sehr wir uns <strong>auch</strong> bemühen, die Orientierung<br />

ist unweigerlich verloren. Am Ziel angekommen,<br />

die Augen noch immer verbunden,<br />

werden wir unwirsch durchsucht, dann ungeduldig<br />

in einen großen Raum bugsiert. Phase 3.<br />

Drangsalierung, Schikanen, Einschüchterungen,<br />

Angst einflößende Verhöre in grollendgebrochenem<br />

Englisch, qualvolle Zwangshaltungen<br />

bis zur völligen Erschöpfung. Stunden-,<br />

tage-, wochenlang »Dies ist nur eine Übung!«,<br />

schießt es mir durch den Kopf, <strong>als</strong> es zu arg<br />

wird. Geschlagen, zu Boden geworfen, mit<br />

Wasser übergossen werden wir nicht. Die Geiselnehmer<br />

fassen mich zu vorsichtig an, <strong>als</strong> sie<br />

mich irgendwohin führen, finde ich. Ein Trost,<br />

den es im Ernstfall nicht gäbe. Dann versuche<br />

ich, mich wieder darauf einzulassen, sie zu<br />

vergessen, die Übungskünstlichkeit. Auch die<br />

Übung ist schon schlimm genug. Nicht irgendwann<br />

»Exit« zu flüstern, wird zum Kampf gegen<br />

mich selbst.<br />

Mit gespreizten Beinen und ausgestreckten<br />

Armen stehe ich weit nach vorne an einen Pfosten<br />

gelehnt, versuche mich ruhig und für die<br />

Entführer unauffällig zu verhalten, während<br />

Kollegen brutal drangsaliert werden. Die<br />

Schmerzen in Beinen und Oberarmen sind<br />

schier unerträglich. Meine Zunge klebt am<br />

Gaumen. Mir kommt die im Unterricht besprochene<br />

Entspannungstechnik in den Sinn.<br />

Tatsächlich, sie bringt etwas Erleichterung. Wir<br />

Fotos: Ian Umlauff<br />

5 FILM & <strong>TV</strong> KAMERAMANN · 20. Februar 2013

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