Area 7 Programmheft - Christoph Schlingensief
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Theorie des Animatographen<br />
Waldgebiet, dessen Nutzung zu Zeiten anderer, vermeintlicher<br />
Revolutionen der Nationalen Volksarmee der DDR vorbehalten war.<br />
So trafen auch in „Odins Parsipark“ in Neuhardenberg bei Berlin<br />
Geschichten auf Geschichte, Mythen auf Menschen und Kunst auf<br />
Leben. Der isländische Animatograph und seine deutsche Nachbelichtung,<br />
eine zweite Drehbühne mit Namen „Ragnarök/Götterdämmerung“,<br />
übernahmen die Bildgewalt in den alten Munitionslagern<br />
und funktionierten sie – im Auftrag des allgegenwärtigen<br />
Parsifal – zu „Räumen zur Zeit“ um. Endgültig hatte hier die Kunst<br />
der Kunst den Krieg erklärt, hatte Rahmen gesprengt und das Sehen<br />
von Sehgewohnheiten befreit. Den Besuchern des Vergnügungsviertels<br />
stellte <strong>Schlingensief</strong> die Aufgabe, sich in die gesammelten<br />
Bilder zu projizieren, ins neue Kraftfeld einzutreten und<br />
den dauernden Kreislauf des Animatographen anzutreiben. Odin,<br />
der Einäugige unter uns Blinden, sollte sich nicht umsonst an der<br />
Weltenesche geopfert haben! Wer keinen Mut zum Alptraum hat,<br />
ist ein realer Versager.<br />
Vor dem Hintergrund der Dreharbeiten zu „African Twin Towers“ –<br />
der Geschichte eines größenwahnsinnigen Festspielleiters, der im<br />
Township AREA 7 in Lüderitz/Namibia, dem ehemaligen Deutsch-<br />
Südwest, gegen widrige Umstände eine Oper zur Aufführung bringen<br />
will und zu diesem Zweck eine Bühne in die degenerierte<br />
Armensiedlung bauen läßt – führte der Animatograph das Medium<br />
Film hinter sein Licht. Im Film wird der Film für tot erklärt, die<br />
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Animatograph, Lüderitz/Namibia, Oktober 2005