Magazin Berner Wirtschaft 04/2011 - Handels- und Industrieverein ...
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«Töipeli-Steuererhöhungsinitiative»<br />
kommt 2012 vors Volk<br />
Seit 1.1.<strong>2011</strong> ist ein neues kantonales Steuergesetz<br />
in Kraft, welches u.a. per <strong>2011</strong> eine Reduktion<br />
der Vermögenssteuern um 6% brachte <strong>und</strong><br />
per 2012 den Einkommenssteuertarif um einen<br />
halben Steuerzehntel senken wird (vgl. den Bericht<br />
in der <strong>Berner</strong> <strong>Wirtschaft</strong> Nr. 2/10, S. 9). Ein<br />
Referendum wurde nicht ergriffen. Dies vorab<br />
deshalb, weil der Grosse Rat einen Volksvorschlag<br />
mittels eines so genannten Eventualantrags präventiv<br />
verunmöglicht hat. Allerdings hat die grollende<br />
Linke eine Volksinitiative unter dem irreführenden<br />
Titel «faire Steuern für Familien»<br />
lanciert, welche die Vermögens- <strong>und</strong> Einkommenssteuern<br />
wieder erhöhen <strong>und</strong> zudem die für<br />
den Kanton Bern <strong>und</strong> dessen Berggebiet wichtige<br />
Pauschalbesteuerung streichen möchte. Diese<br />
«Töipeli-Steuererhöhungs-Initiative» wird im<br />
nächsten Jahr dem Volk vorgelegt.<br />
Gegenwärtig arbeitet der Grosse Rat an einem<br />
Gegenvorschlag, welcher die in Kraft getretenen<br />
Steuersenkungen belassen, jedoch die Pauschalbesteuerung<br />
verschärfen will. Der erste Vorschlag<br />
der Grossratskommission, mit welchem<br />
der Mindestbetrag für die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage<br />
auf ein steuerbares Einkommen von CHF 400 000<br />
festlegen wollte, wurde vom Rat in der Novembersession<br />
mit Recht zurückgewiesen. Er hätte<br />
eine faktische Abschaffung der Pauschalbesteuerung<br />
bedeutet.<br />
Eine Steuererhöhung kommen nicht in Frage!<br />
Die Initiative der Linken würde zu einer (weiteren)<br />
Verschlechterung des Ranges (heute ca.<br />
Rang 23!) des Kantons Bern im interkantonalen<br />
Steuer vergleich führen. Zudem ist einmal mehr<br />
festzuhalten, dass der Kanton Bern kein Einnahmen-<br />
sondern ein Ausgabenproblem hat, zeigt<br />
doch die nachstehende Grafik eindrücklich, dass<br />
die Steuer einnahmen noch nie so hoch waren wie<br />
heute.<br />
Mio. CHF<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
2002<br />
2003<br />
20<strong>04</strong><br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
0<br />
Entwicklung der Steuereinnahmen im Kanton Bern<br />
Die Pauschalbesteuerung muss bleiben!<br />
Unter gewissen Voraussetzungen können hier<br />
nicht erwerbstätige Ausländer anstelle der ordentlichen<br />
Einkommens- <strong>und</strong> Vermögensbesteuerung<br />
die so genannte Besteuerung nach<br />
dem Aufwand, auch bezeichnet als Pauschalbesteuerung,<br />
wählen. Bei dieser Veranlagungsart<br />
wird eine Person auf der Gr<strong>und</strong>lage des Aufwandes,<br />
den sie für ihre Lebenshaltung in der Schweiz<br />
betreibt, besteuert. Die Besteuerung nach dem<br />
Aufwand führt gr<strong>und</strong>sätzlich zu einer angemessenen<br />
Festsetzung der Steuer. Sie trägt der<br />
Tatsache Rechnung, dass bei den betreffenden<br />
Personen eine Ermittlung des weltweiten Einkommens<br />
<strong>und</strong> Vermögens mit Schwierigkeiten<br />
verb<strong>und</strong>en wäre. Für Personen, die nach dem<br />
Aufwand besteuert werden, bedeutet dies in erster<br />
Linie eine entscheidende verfahrensmässige<br />
Erleichterung. Den Vorwurf, die Aufwandbesteuerung<br />
fördere die Steuerflucht vom Ausland in<br />
die Schweiz, ist nicht gerechtfertigt. Die Aufwandbesteuerung<br />
ist ein Instrument zur Stärkung<br />
der Standortattrak tivität <strong>und</strong> zur Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen. Neben der Schweiz<br />
kennen auch andere Länder in Europa die Aufwandbesteuerung.<br />
Beispiele sind Grossbritannien,<br />
Irland, Österreich, Belgien, Luxemburg,<br />
Malta, Zypern <strong>und</strong> Liechtenstein. Der Kanton<br />
Bern hat im Moment über 200 pauschal Besteuerte.<br />
R<strong>und</strong> 90% davon wohnen im <strong>Berner</strong> Oberland.<br />
Die entsprechenden Steuereinnahmen belaufen<br />
sich auf ca. CHF 20 Mio. Franken pro Jahr.<br />
Das entspricht einem durchschnittlichen Steuerbetrag<br />
von CHF 100 000 pro Person. Die Aufwandbesteuerten<br />
stellen zudem einen erheblichen<br />
<strong>Wirtschaft</strong>sfaktor dar. Man rechnet, dass<br />
Investitionen (z.B. Chaletbau) <strong>und</strong> Konsum zu<br />
weiteren Abgaben führen (Mehrwertsteuer,<br />
Gr<strong>und</strong>stückgewinnsteuer, Handänderungssteuer,<br />
Steuern der Arbeitnehmenden, Konsumation,<br />
Wohltätigkeiten etc.), welche am Schluss insgesamt<br />
ungefähr CHF 80 Mio. ausmachen. Die<br />
Abschaffung der Pauschalbesteuerung würde im<br />
2009<br />
2010<br />
<strong>2011</strong><br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
Budget/AFP<br />
Rechnung<br />
Kanton Bern r<strong>und</strong> 2500 Arbeitsplätze vernichten.<br />
Auch eine Anhebung des Mindestbetrags des<br />
steuerbaren Einkommens auf CHF 400 000, so<br />
wie es die Grossratskommission zunächst beabsichtigte,<br />
wäre mit Blick auf die Verteilung der Pauschalbesteuerten<br />
(viele «Kleinere» gemäss nachstehender<br />
Tabelle) problematisch <strong>und</strong> käme einer<br />
faktischen Abschaffung der Pauschalbesteuerung<br />
gleich. Die Problematik eines Mindestbetrages liegt<br />
nämlich gr<strong>und</strong>sätzlich darin, dass er im Unterschied<br />
zu allen anderen Faktoren keine Rücksicht<br />
auf die konkreten Lebenshaltungskosten nimmt.<br />
Affaire à suivre.<br />
Pauschalbesteuerte<br />
(Stand ca. Mitte <strong>2011</strong> ohne prov. Veranlagungen)<br />
Einkommensklassen<br />
Anzahl<br />
(steuerbares Einkommen Kanton)<br />
0 – 99 999 24<br />
100 000 – 199 999 84<br />
200 000 – 299 999 34<br />
300 000 – 399 999 25<br />
400 000 – 499 999 10<br />
500 000 – 599 999 7<br />
600 000 – 799 999 9<br />
800 000 – 999 999 13<br />
ab 1 Mio. 6<br />
Total 212<br />
<strong>Berner</strong> <strong>Wirtschaft</strong><br />
<strong>04</strong>∣11<br />
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